M. Schneider, G. Singh, L. J. Taylor - Implantat
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M. Schneider, G. Singh, L. J. Taylor - Implantat
145 Olympia: Anatomisch, poliert, geringes Risiko, dünner Zementmantel M. Schneider, G. Singh, L. J. Taylor Die moderne Zementiertechnik hat zu exzellenten Langzeitüberlebensraten in der primären Hüftendoprothetik geführt. Die aseptische Lockerung stellt ein seltenes Ereignis in der ersten Dekade dar (Aamodt et al. 2004, Britton et al. 1996, Gerritsma-Bleeker et al. 2000, Issack et al. 2003, Malchau et al. 2002, Raber et al. 2001, Savilahti et al. 1997, Wroblewski et al. 1999). Zementmäntel zu reduzieren, wird der in beiden Ebenen anatomisch geformte, konische und hochpolierte Olympia®-Schaft seit 1996 implantiert. In diesem Kapitel werden die klinisch-radiologischen Ergebnisse der ersten 120 Implantate dargestellt, die zwischen 1996 und 1998 eingesetzt wurden. Design Die Technik der Zementeinbringung hat den wichtigsten Einfluss auf die Langzeitergebnisse zementierter Schaftprothesen. Trotzdem scheinen bestimmte Schaftdesigns bessere Ergebnisse zu erzielen (Malchau et al. 2002), wobei zum Teil sehr unterschiedliche Verankerungsphilosophien zu Grunde liegen (Huiskes 1980, Verdonschot und Huiskes 1997). Ein modernes Schaftsystem sollte für den Operateur und auch für den auszubildenden Assistenten einfach und reproduzierbar zu implantieren sein. Das Design sollte Fehler verzeihen und möglichst Überlebensraten von mindestens 95 % nach 10 Jahren aufweisen (National Institute of Health 1998). Dafür erscheint ein kompletter Zementmantel mit ausreichender Dicke um den Schaft signifikante Voraussetzung zu sein (Ebramzadeh et al. 1994, Joshi et al. 1993 und 1998). Unzweifelhaft können dünne oder defizitäre Zementmäntel zu Rissbildungen führen, die einen Leitweg für Abriebpartikel bilden und Osteolysen und Lockerung bewirken (Anthony et al. 1990). Demzufolge ist nicht nur eine gute Zementverzahnung, sondern ein intraoperativ hergestellter perfekter Zementmantel um den Schaft von entscheidender Bedeutung. Der Operateur ist hauptverantwortlich für die Herstellung dieses Zementmantels, wobei weitere Faktoren wie femorale Anatomie, Knochenpräparation, Schaftdesign, -oberfläche und -größe sowie die Verwendung eines intramedullären Markraumstoppers Einfluss nehmen können. Die meisten heute verwendeten Schaftdesigns sind gerade konfiguriert. Die s-förmige Femuranatomie in der lateralen Ebene führt jedoch zu dem zwangsläufigen Problem der typischen, schrägen, nicht zentrierten „Fehl“orientierung in der sagittalen, lateralen Ebene (Crawford et al. 1999). Dies bestätigen klinische und experimentelle Daten auf lateralen Röntgenbildern, womit insbesondere antero-proximal und postero-distal ein erhöhtes Risiko für dünne Zementmäntel vorliegt (Breusch et al. 2001, Crawford et al. 1999, Östgaard et al. 2001). Um diesem Problem gerecht zu werden und das Risiko dünner Der Olympia® Schaft (Biomet UK ltd.) ist ein konischer, in beiden Ebenen anatomisch geformter Schaft (rechts und links unterschiedlich) mit einer hochpolierten Oberfläche, die eine mittlere Oberflächen-Rauigkeit (Ra) von 10 nm aufweist (Abb. 1). Das modulare Design wird aus einer geschmiedeten Stahllegierung hergestellt (BS7252 Part 9; high nitrogen steel) und hat einen 12/14 Euro-Konus. • Anatomische Form: Der Schaft ist doppelt anatomisch geformt (Abb. 1) und in 7 Größen, nach rechts und links unterschieden, verfügbar (0 – 6). Der Standard CCD-Winkel liegt bei 134 – 137°, abhängig von der Schaftgröße mit einem standar- Abb. 1 Photographie des Olympia-Schaftes zur Verdeutlichung der anatomischen Geometrie in beiden Ebenen. 146 disierten wahren “Offset“ von 40 - 46,55 mm. Lateralisierte “Offset” Schäfte sind erhältlich (CCD 129-133°; Offset von 43 bis 50,4 mm). Der reduzierte Prothesenhalsdurchmesser ermöglicht einen verbesserten Bewegungsumfang und minimiert das Luxationsrisiko aufgrund eines Impingement. • Poliert: Die hochpolierte Oberfläche (Ra 10 mm) reduziert Scherkräfte und Zementabrieb an der Implantat-Zement-Kontaktfläche. RSA-Daten (Kärrholm et al. 2000) haben bewiesen, dass sich alle Schafttypen unabhängig von ihrer Geometrie vom Zementmantel lösen (“debonding“) und somit im Zementmantel bewegen. Durch das Auftreten einer nur minimalen distalen Migration des Schaftes, um dem Kaltfluss des Zementes zu folgen, erlaubt die konische Form eine zusätzliche Verankerung und Kraftübertragung auf den umliegenden Zementmantel. Polierte Designs sind nicht nur „zement-freundlich“, erleichtern aber darüber hinaus die OP-Technik bei Revisionen. • Konisches Design: Der Schaft ist dreidimensional konisch geformt. Der oval metaphysäre Anteil führt zu einer erhöhten Rotationsstabilität. Die doppelt konische, distale Keilfrom erlaubt limitiert die Migration des Schaftes bei erhöhter intrinsischer Rotationsstabilität. • Anteversion: Die 3-dimensionale Geometrie folgt der natürlichen Schwingung des Femurs und führt zu einer natürlichen Anteversion des Implantats. Zusätzlich wird durch den proximalen, ovalen Durchmesser ein homogenerer Zementmantel erzielt. Der Schaft muss nicht in Anteversion implantiert werden, sondern wird im Schenkelhals ausgerichtet. Dies vermeidet dünne Zementmäntel proximal. M. Schneider, G. Singh, L. J. Taylor mentarium schützen die Abduktorenmuskulatur, insbesondere während eines antero-lateralen Zugangs und erlauben zusätzlich die Anwendung eines “minimal-invasiven” Zugangs. Eine weit laterale Knochenpräparation, wie dies bei Geradschäften der Fall ist, ist nicht erforderlich. Lateral wird lediglich der laterale Teil des Schenkelhalses reseziert. Dadurch ist das Risiko von Trochanterfrakturen minimal. Patienten und Methode Zwischen November 1996 und Oktober 1998 implantierte der Seniorautor die ersten 120 Olympia®Schäfte bei 111 Patienten (Tab. 1). Es wurden 71 weibliche und 40 männliche Patienten mit einem Durchschnittsalter von 74,2 Jahren (51 – 91 Jahre) operiert. In 116 Fällen lag eine primäre Arthrose, in 3 Fällen eine Schenkelhalsfraktur und einmal eine konservativ behandelte posttraumatische Arthrose vor. Alle Patienten waren nicht voroperiert worden. Tab. 1 Patientendaten. Patienten (n) 111 Implantate (n) 120 Nachuntersuchung - Implantatüberleben - Klinisch 92 - Radiologisch 69 Zeitraum Operation (Jahre) 1996 - 1998 Zeitraum Nachuntersuchung (Jahre) 2004 - 2005 Re-Operationen (n) • Zentraliser: Obwohl die Form des Schaftes eine Zentrierung im femoralen Kanal erleichtert, sind jeweils 4 distale PMMA Zentraliser, abhängig von dem Kanaldurchmesser, vorhanden, um einen Kontakt zwischen Knochen und Schaftspitze zu vermeiden. • Zementmantel “freundlich”: Die anatomische Form in beiden Ebenen reduziert das Risiko dünner Zementmäntel in allen Gruen-Zonen. Durch fehlende Kanten reduziert sich der Punkt-Stress auf den Zementmantel. Schablonen mit 2 und 3 mm Abständen ermöglichen eine präoperative Schaftauswahl, um einen Zementmantel von mindestens 2-3 mm distal und 4-7 mm proximal erreichen zu können. • Abduktoren-und Zugangsfreundlich: Die Schaftgeometrie und das einfache Implantationsinstru- 120 3 - Hüfte/periprothetische Fraktur 3 - Schaftwechsel wegen Femur-Pseudarthrose 1 Überlebensrate nach mittleren 6,7 Jahren (%) - aseptische Lockerung 100 - Implantatwechsel jeglicher Ursache 99,2 Die Operationen wurden unter „laminar flow“ Bedingungen durchgeführt. Perioperativ wurde eine 3-malige Gabe eines Cephalosporins als Antibiotikaprophylaxe verabreicht. Bei allen Operationen waren der gleiche 1. Assistent und Anästhesist anwesend. Die Operation wurde in Seitlage mit einem lateralen transglutaealen Hardinge-Zugang durchgeführt. Die Olympia: Anatomisch, poliert, geringes Risiko, dünner Zementmantel Prothese wurde mit modernen Zementierungsverfahren unter Anwendung eines distalen Markraumsperrers, pulsativer Lavage („jet-lavage“) und proximaler kontinuierlicher Druckbeaufschlagung („pressurization“) implantiert und mit Palacos-Gentamicin®-Knochenzement verankert. In dieser Serie waren noch keine distalen Zentrierungshilfen („Centraliser“) vorhanden. Die Schaftgrößen 3 (34 %) und 4 (30 %) wurden am häufigsten verwendet. Es wurden modulare Metallköpfe implantiert (28 mm in 80 %, 32 mm in 16 % und 22 mm in 4 % der Fälle). Als azetabuläre Komponenten kamen sowohl zementierte (Ogee® 11 %, Elite® 56 %; DePuy International Ltd.) als auch zementfreie (Spotorno Spreizpfanne® 33 %; Zimmer Inc.,Warsaw ) Implantate zur Anwendung. 147 Ergebnisse Implantatüberleben Die Überlebensrate hinsichtlich aseptischer Lockerung lag bei 100 % nach 7-9 Jahren und 99,2 % für Implantatwechsel jeglicher Ursache (Standardabweichung 0,0092 % für die kumulative Überlebensrate) (Tab. 1, Abb. 2). Alle Patienten konnten hinsichtlich der Implantatüberlebensrate kontaktiert und ausgewertet werden. Nicht alle Patienten waren zu einer radiologischen Untersuchung bereit oder aus medizinischen Gründen in der Lage. Kein Patient gab starke oder moderate Schmerzen bei der letzten klinischen Kontrolle an. Alle Patienten bewerteten das subjektive Operationsergebnis mit zufrieden oder sehr zufrieden. Alle klinischen Daten wurden prospektiv erhoben und zur klinischen Evaluation wurde der Harris-Hip Score (Harris 1969) und der Oxford-12 Hüftfragebogen (Dawson et al. 1996) verwendet. Die klinische Untersuchung und Fragebogenauswertung wurden im Zeitraum 2004 – 2005 von einem der Autoren durchgeführt (G.S.). Die prä- und postoperativen Röntgenbilder wurden vom Erstautor als unabhängigem Untersucher analysiert. Die vorhandenen Röntgenbilder wurden hinsichtlich Osteolysen, radiologischer Saumbildung an der Knochen-Zement-Kontaktzone, Nachsinterung des Schaftes und signifikanter Pfannenmigration ausgewertet. Die Qualität der Zementmäntel wurde nach der von Barrack vorgeschlagenen Klassifikation bewertet (Barrack et al. 1992). Zusätzlich wurden eventuelle Zementmantelbrüche und die Dicke des Zementmantels in den 14 GruenZonen (ap und lateral) gemessen (Gruen et al. 1979, Johnston et al. 1990). Die Implantatausrichtung wurde nach varischer/valgischer und sagittaler Fehlorientierung bewertet, wobei eine Abweichung bis 3° zur Schaftmitte als normal toleriert wurde (Joshi et al. 1998). Osteolysen wurden als neu aufgetretene, zystische Läsionen mit endostaler Knochenresorption („scalloping“) definiert (Brooker et al. 1973). Statistische Auswertung Die Auswertung erfolgte mit der von Armitage und Berry beschriebenen life-table Analyse (Armitage und Berry 1994). Als Endpunkt wurde eine Implantatrevision wegen aller möglichen Ursachen definiert. Alle statistischen Auswertungen wurden mit der SPSS 12.0 Version vorgenommen (SPSS Inc., Chicago, Illinois). Abb. 2 Olympia Schaft: Überlebensrate (Endpunkt: Schaftrevision jeglicher Ursache). Tab. 2 Zementmanteldicke Olympia®-Schaft nach GruenZone (%). Zone ≥ 2mm < 2mm ≤ 1mm 11 100 0 0 12 100 0 0 13 98,5 1,5 0 14 100 0 0 15 91,2 4,4 4,4 (Valgus) 16 98,5 1,5 0 17 100 0 0 18 82,9 17,1 0 19 94,3 5,7 0 10 100 0 0 11 100 0 0 12 91,4 8,6 0 13 100 0 0 14 94,3 5,7 0 148 M. Schneider, G. Singh, L. J. Taylor Abb. 2 Status der Patientennachuntersuchung. 119 der originalen 120 Implantate waren bis zum letzten Beobachtunszeitpunkt nicht revidiert worden. 25 Patienten (27 Implantate) waren vorher verstorben, wobei alle Implantate zum Todeszeitpunkt in situ verblieben waren (Abb. 3). Die mittlere Implantatüberlebensrate lag bei 6,7 Jahren (0,2-9 Jahre; median 7 Jahre). Dislokationen oder Infektionen wurden nicht beobachtet. 3 Revisionsoperationen wurden wegen periprothetischer Frakturen nach Stürzen mit adäquatem Trauma durchgeführt. Es handelte sich in allen 3 Fällen um subprothetische Frakturen mit stabilen Implantaten, die als Gruppe-C-Frakturen nach der Vancouver-Klassifikation gruppiert wurden (Brady et al. 1999). Es erfolgte jeweils eine Plattenosteosynthese, wobei nachfolgend eine Pseudarthrose auftrat. Dieser Fall erforderte einen Wechsel auf einen langen, distal verankerten unzementierten Schaft. Eine Lockerung des zementierten Olympia-Schaftes hatte nicht vorgelegen. Zum letzten Untersuchungszeitpunkt wurde kein Schaft als „gefährdet für einen Wechsel“ definiert. Bisher waren ebenfalls keine Pfannenlockerungen oder –wechsel beobachtet worden. Klinische Ergebnisse Harris-Hip-Score Der mittlere Score für die nachuntersuchten Patienten lag bei 87,4 (67 – 91 ± 5.31). 52% hatten mehr als 90 Punkte und 92 % mehr als 80 Punkte. Oxford-Hip-Score Der mittlere Score zum 5-Jahresuntersuchungszeitpunkt lag bei 13,2 Punkten (12 – 21 ±1.67). 51 % hatten einen maximalen Score von 12 Punkten und nur 2 % hatten mehr als 24 Punkte. Radiologische Ergebnisse Bei allen untersuchten Patienten wurden Röntgenbilder in anterior-posteriorem und lateralem Strahlengang angefertigt. Im Untersuchungszeitraum 2004/5 konnten nur 69 von 92 Hüften geröntgt werden. Ein messbares Nachsinken eines Schaftes und radiologische Lysesäume konnten nicht festgestellt werden. Azetabuläre oder femorale Osteolysen wurden ebenfalls nicht beobachtet. 21 % der Pfannenkomponenten wiesen radiologische Säume < 2mm in Zone 1 nach DeLee and Charnley (1976) auf, wobei keine Migration der zementierten oder zementfreien Komponenten festgestellt wurde. Die visuelle Analyse und Messung der Röntgenbilder zeigten keine Anzeichen eines Polyethylenabriebs. Schaft: In AP-Orientierung war die Neutralposition (± 3°) 76,4 %, varisch in 5,9 % und valgisch in 17,7 %. Die Ausrichtung in der lateralen Ebene war in 75,7 % neutral (± 3°), in anteriorer in 2,7 % und posteriorer Position in 21,6 % der Fälle. Tabelle 2 zeigt die gemessene Zementmanteldicke in den Gruen-Zonen 1-14. In mehr als 4/5 der Fälle konnte ein optimaler Zementmantel dokumentiert werden (Abb. 4, 5). In 17,1 % wurde ein dünner, aber kompletter Zementmantel < 2mm antero-proximal in Gruen Zonen 8/9 und in 8,6 % postero-distal in Zone 12 beobachtet. 67,6 % der Röntgenbilder wurden als Barrack A klassifiziert (“white out”) und die restlichen 32,4 % als Barrack B. Radiologisch mangelhafte C oder D Graduierungen konnten nicht beobachtet werden. Olympia: Anatomisch, poliert, geringes Risiko, dünner Zementmantel 149 Abb. 4 Postoperative Röntgenaufnahmen 8,5 Jahre mit Zementmantel Qualität Barrack A ohne Hinweis für Nachsinken, Lysesäume oder Lockerung des Schaftes. Um die Pfanne zeigt sich ein nicht-progredienter Saum. Das laterale Bild veranschaulicht die optimale Ausrichtung der Prothese entsprechend der proximalen Femuranatomie. Sogar in Gruen Zone 8/9 auf Höhe der proximalen Femur-Kurvatur zeigt sich ein kompletter Zementmantel. (Beachte: Die Fadenanker werden routinemäßig vom Seniorautor zum Muskelverschluss verwendet). Diskussion In dieser prospektiv konsekutiven Untersuchung der ersten 120 Olympia®-Schäfte eines einzelnen erfahrenen Operateurs wurden exzellente Resultate hinsichtlich Implantatüberlebensrate, klinischer und radiographischer Ergebnisse beobachtet. Bis zu einem Beobachtungszeitraum von 9 Jahren konnte kein Implantatversagen festgestellt werden und eine Revision wegen aseptischer Lockerung war bisher nicht erforderlich. Obwohl noch keine Langzeitüberlebensraten von mindestens 10 Jahren vorliegen, ist es unwahrscheinlich, dass bis zu diesem Zeitraum schlechte Ergebnisse zu erwarten sind. Es ist daher anzunehmen, dass dieser Schafttyp - wie gefordert eine - Überlebensrate von mindestens 95% nach 10 Jahren aufweist (National Institute of Health 1998). Aus unseren Erfahrungen und Ergebnissen ist nicht abzuleiten, ob in der 2. Dekade bessere Ergebnisse im Vergleich mit geraden Schaftdesigns zu erwarten sind. Trotzdem war die Inzidenz dünner Zementmäntel reduziert und es lässt sich schlussfolgern, dass ein anatomisches Design ein geringeres Risiko für dünne Zementmäntel in der sagittalen Ebene aufweist, als dies für einige Geradschäfte berichtet worden ist (Clauss et al. 2005, Garellick et al. 1999, Östgaard et al. 2001). 150 Eine kürzlich veröffentlichte Studie mit mehreren Operateuren berichtete über eine Inzidenz von 64,2 % “dünner” bzw. defizitärer Zementmäntel in der Zone 8 in der lateralen Projektionsebene bei einem Geradschaft. Nach einem mittleren Beobachtungszeitraum hatten die dünnen Zementmäntel jedoch nicht zu Osteolysen oder Implantatversagen geführt, wobei die Autoren diese Gruppe allerdings als „Risikogruppe“ definierten (Clauss et al. 2005). Für die meisten Implantattypen liegen nur wenige radiologische Daten vor, die die 2. laterale Ebene miteinbeziehen. Aufgrund der S-förmigen proximalen Femuranatomie ist es schwierig, mit konventionellen Schaftdesigns einen optimalen Zementmantel zu erzielen (Breusch et al. 2001, Östgaard et al. 2001, Valdivia et al. 2001). Selbst eine distale Zentrierungshilfe im Bereich der Schaftspitze hat diesbezüglich keinen präventiven Effekt in den proximal-anterioren Zonen 8/9 (Breusch et al. 2001). Dies wurde auch in anatomischen Präparatstudien mit 6 verschiedenen Schaftdesigns bestätigt und die beschriebenen Zonen wurden definiert als „Zonen mit erhöhtem Risiko für defizitäre Zementmäntel“ (Valdivia et al. 2001). Dünne oder defizitäre Zementmäntel können das Implantatüberleben reduzieren, sie haben eine reduzierte Fähigkeit der Energieabsorption und können somit eher zerrüttet werden und dann mechanisch versagen (Alfaro-Adrian et al. 1999, Ebramzadeh et al. 1994, Jasty et al. 1986, Kwak et al. 1979). In Kombination mit Abriebvorgängen erhöht sich dann das Auftreten lokalisierter Granulome an der ZementKnochen-Kontaktfläche mit resultierender Osteolyse (Anthony et al. 1990, Jasty et al. 1986, Kwak et al. 1979). Osteolysen haben zudem ein höheres Risiko für periprothetische Frakturen, die einen Mechanismus des Spätversagens darstellen (Berry 2003, Clohisy et al. 2004). Trotz sehr guter bisheriger Erfahrungen mit dem beschriebenen Implantattyp weist diese Studie einige Kritikpunkte auf. Alle Operationen wurden durch einen erfahrenen Operateur durchgeführt, der bei allen Patienten gute bis exzellente Zementierungsqualität erzielte. Insofern ist eine Übertragbarkeit dieses Schaftdesigns auf weniger erfahrene Operateure nicht zu interpretieren. Des Weiteren konnten nicht bei allen Patienten radiologische Analysen durchgeführt werden, obwohl es klinisch bei diesen Patienten keine Hinweise auf eine aseptische Lockerung gab. In den analysierten Röntgenbildern konnte ein Nachsinken des Schaftes in den Zementmantel nicht beobachtet werden. Eine exaktere Röntgen-Stereometrieanalyse (RSA) mit der höchsten Messgenauigkeit (Kärrholm et al. 2000) steht jedoch noch aus. M. Schneider, G. Singh, L. J. Taylor Der polierte Exeter®-Geradschaft hat beschriebene mittlere Migrationsraten bis zu 2 mm (Alfar-Adrian et al. 1999, Stefansdottir et al. 2004), die die Überlebensrate nach 8-12 Jahren nicht negativ beeinflussten (Williams et al. 2002). Die Hypothese, dass eine frühzeitige Migration das Risiko einer Implantatlockerung erhöht, ist daher nicht auf alle Schaftdesigns übertragbar (Nilsson 1996). Posteriore Migrationen (Retroversion des Schaftes) könnten, in der RSA nachweisbar, dabei eine signifikantere Rolle einnehmen (Kärrholm et al. 2000). Diese Beobachtungen verbleiben kontrovers in der Diskussion über die Bedeutung einer Schaftmigration, da ein Nachsinken des Schaftes zu Zementmantel-Rissen führen kann, wie es auch in humanen Präparaten nachgewiesen worden ist (Draenert et al. 2005). Es erscheint daher der Schluss logisch, dass ein unbeschädigter Zementmantel die Chance einer verlängerten Überlebensrate erhöht. Zusammenfassung • Der beschriebene anatomische Olympia®Schaft weist exzellente radiologische Ergebnisse auf und zeigt eine Überlebensrate von 100 % hinsichtlich aseptischer Lockerung und 99,2 % für Revisionen jeglicher Ursache nach 7-9 Jahren. • Ein Nachsinken des Schaftes, radiologische Lysesäume oder Osteolysen wurden nicht beobachtet. • Die Inzidenz dünner Zementmäntel ist gering, insbesondere in den Hochrisikozonen 8/9 in der lateralen Ebene. • Basierend auf den bisher erzielten Ergebnissen und Erfahrungen ist die weitere klinische Anwendung dieses polierten, konischen, anatomischen Schaftdesigns gerechtfertigt. Literatur Aamodt A, Nordsletten L, Havelin LI, Indrekvam K, Utvag SE, Hviding K: Documentation of hip prostheses used in Norway: a critical review of the literature from 1996 - 2000. Acta Orthop Scand 2004; 75(6): 663-76 Alfaro-Adrian J, Gill HS, Murray DW: Cement migration after THR. A comparison of Charnley Elite and Exeter femoral stems using R.S.A. 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