Umfrage 2 (2007/2008)

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Umfrage 2 (2007/2008)
www.maneo.de
Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
IMPRESSUM
Gewalterfahrungen von schwulen und bisexuellen Jugendlichen
und Männern in Deutschland.
Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
Herausgeber:
MANEO – Das schwule Anti-Gewalt-Projekt in Berlin
Bülowstraße 106, 10783 Berlin
Telefon: 030-2163336
Mail: [email protected]
Home:
www.maneo.de
www.maneo-fallmeldungen.de
www.maneo-toleranzkampagne.de
www.tag-gegen-homophobie.de
Spendenkonto:
Mann-O-Meter e.V.
Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 100 205 00
Konto-Nr. 312 60 00, Stichwort: MANEO-Opferhilfe
Wir danken der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin (DKLB), die die MANEO-Umfrage 2
finanziell unterstützt hat.
Berlin im März 2009
Seite 2
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Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
Seite 3
Inhalt
Kurzbeschreibung der Untersuchung
4
Bastian Finke
Vorwort
6
Bodo Lippl
1.
2.
3.
4.
4.1.
4.2.
4.3.
4.4.
5.
6.
6.1.
6.2.
6.3.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
Materialband
Einführung
Zur Befragung und zu den Befragungsteilnehmern
Homophobie in der Bevölkerung
Gewaltbetroffenheit und Gewaltformen
Subjektiv bedeutsamster Vorfall
Mehrfachviktimisierung
Zeugenschaft
Wer ist von Gewalt wie stark betroffen?
Zeit und Ort der berichteten Vorfälle
Wahrnehmung und Beschreibung der Täter
Geschlecht, Alter und Anzahl der Täter
Bekanntheit und Hintergrund der Täter
Waffeneinsatz
Verletzung und Verarbeitung der erlebten Gewalt
Einschätzung zum schwulenfeindlichen Hintergrund
der Vorfälle
Anzeigeverhalten und Einstellung zur Polizei
Sicherheitsgefühl und tatsächliche Betroffenheit
Zusammenfassung
Literatur
Anhang
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
9
10
14
16
16
18
19
19
22
24
24
26
27
27
28
30
33
35
36
37
38
39
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Seite 4
Kurzbeschreibung der Untersuchung
Projekttitel:
Gewalterfahrungen von schwulen und bisexuellen Jugendlichen und Männern
Ziele:
•
•
•
•
•
Untersuchungsmethodik:
•
•
•
Datenerhebungsverfahren:
•
•
Stichprobe und
Auswahl:
•
•
Erkenntnisse über das Ausmaß antischwuler Gewalt in Deutschland (und insbesondere in Berlin): "Dunkelfeld", Bestandaufnahme über Vorfälle, die sich in den
letzten 12 Monaten ereignet haben.
Aufklärung über den Grad der "Bagatellisierung" von Gewalt (auch durch schwule und bisexuelle Männer selbst)
Überprüfung bzw. Validierung bisheriger Studien bzw. der offiziellen Meldung
antischwuler Gewalttaten
Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Erklärung antischwuler Gewalttaten
Schwerpunkt der Wiederholungsbefragung: Antischwule Gewalt an Schulen
Schriftliche und Online Befragung von bi- und homosexuellen Männern mittels
eines standardisierten Erhebungsinstruments.
Erst- und Wiederholungsbefragung (nach einem Jahr)
Datenauswertung mittels deskriptiver und multivariater Analyseverfahren.
Schriftliche Befragung ("Selbstausfüller") durch Beilage der Fragebögen in den
Berliner Printmedien "Siegessäule" und "Blu" mit einer Bewerbung der zeitgleichen Online-Befragung (mit identischem Fragebogeninhalt, aber einer den Online-Bedürfnissen angepassten Version).
Extensive Pressearbeit und Bewerbung der Umfrage in szenetypischen Medien
und Internetportalen (dbna, Eurogay, Gaychat, Gayforum/Gay.de, Gayromeo,
Gayroyal, Gay-web, Homo.net und Queer.de).
Prinzipielle Unmöglichkeit einer repräsentativen Stichprobenziehung aufgrund
"heikler", schwer zugänglicher Population
Selbstselektion der Befragten (d.h. hohe Teilnahmemotivation kann angenommen,
jedoch keine Repräsentativität sichergestellt werden)
MANEO 1 (2006/07)
Auflage des schriftlichen Fragebogens:
Schriftlicher Rücklauf:
Online-Beteiligung (Aufruf der Webseite):
Vollständig abgeschlossene Online-Fälle:
Unvollständige Online-Fälle:
Auswertbare Fälle (d.h. Fälle mit
vollständigen Angaben):
MANEO 2 (2007/08)
Auflage des schriftlichen Fragebogens:
Schriftlicher Rücklauf:
Online-Beteiligung (Aufruf der Webseite):
Vollständig abgeschlossene Online-Fälle:
Unvollständige Online-Fälle:
Auswertbare Fälle:
N = 125.000
N = 347
N = 35.951 (100%)
N = 23.610 (65.7%)
N = 12.341 (34.3%)
N = 23.949
N=
N = 208
N = 23.170 (100%)
N = 17.269 (74.5%)
N = 5.901 (25.5%)
N = 17.477
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Befragungszeitraum:
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Seite 5
MANEO 1 (2006/07)
1. Dezember 2006 bis 31. Januar 2007 (2 Monate)
MANEO 2 (2007/08)
1. Dezember 2007 bis 31. Januar 2008 (2 Monate)
Projektinitiative
und Leitung:
Bastian Finke (MANEO-Projektleiter)
MANEO ist das schwule Anti-Gewalt-Projekt in Berlin. Aufgaben: Opferhilfearbeit,
Meldestelle (Erfassungsarbeit von Gewalttaten), Gewaltprävention (Gewaltschutz und
Kriminalprävention) und Engagement (Mobilisierung bürgerschaftlichen Engagements).
Email: [email protected]
Internet: http://www.maneo.de, http://www.maneo-toleranzkampagne.de,
http://www.maneo-fallmeldungen.de, http://www.tag-gegen-homophobie.de
Methodische und
wissenschaftliche
Beratung:
Kodierung, Kontrolle, Bereinigung und
Auswertung der Daten:
Analysen
und Bericht:
•
•
•
Dr. Bodo Lippl, Institut für Sozialwissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin
Dr. Michael Bochow, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB)
Prof. Dr. Martina Stallmann, Evangelische Fachhochschule Berlin (EFB)
•
•
•
Dr. Bodo Lippl, Humboldt-Universität zu Berlin & Leibniz-Universität Hannover
Moritz Fedkenheuer, Humboldt-Universität zu Berlin (MANEO 1)
Tarik Abou-Chadi, Humboldt-Universität zu Berlin (MANEO 2)
Dr. Bodo Lippl, Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin
Empirische Sozialforschung
Unter den Linden 6
10099 Berlin
Email:
[email protected]
Internet:
http://www.sowi.hu-berlin.de/lehrbereiche/empisoz
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Vorwort
von Bastian Finke
Exakt ein Jahr nach unserer ersten MANEO-Umfrage1 (1. Dezember 2006 bis 31. Januar 2007) konnten wir zwischen dem 1. Dezember 2007 und dem 31. Januar 2008 unsere zweite große MANEOUmfrage planmäßig durchführen. Wie schon die erste Umfrage wurde auch die Wiederholungsstudie
ermöglicht durch die Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin (DKLB), dank deren finanzieller Förderung uns abermals die Umsetzung der Studie gelang.
Für die wissenschaftliche Beratung und Begleitung der beiden Umfragen möchte ich mich ausdrücklich
bei Dr. Bodo Lippl, Dr. Michael Bochow und Prof. Dr. Martina Stallmann bedanken. Zusammen als
Wissenschaftsteam haben wir die MANEO-Umfrage 2 vorbereitet, die Erkenntnisse aus unserer ersten
Umfrage diskutiert und darauf aufbauend die zweite Umfrage konzipiert. Bedanken möchte ich mich
außerdem bei dem studentischen Mitarbeiter Tarik Abou-Chadi, der die Datencodierung und Datenbereinigung sowie die Zusammenstellung der Tabellen durchgeführt hat. Mein Dank gilt auch unserem
Grafiker Hans Günter Kegel, der den Papierfragebogen entwickelte, welcher in einer Auflage von
100.000 Stück gedruckt und den Szenezeitschriften Siegessäule und Blu pünktlich beigelegt werden
konnte. Und schließlich möchte ich mich bei unseren Programmier- und Internetspezialisten Johanna
Schulze und Loi Finke bedanken, die, mit Unterstützung des Softwareanbieters unipark.de, diese zweite
Umfrage programmiert und online gestellt haben. Der Online-Fragebogen wurde dank der Unterstützung
durch die schwulen Internatportale Gayromeo, Gaychat, Gayforum, Gayroyal, dbna, Eurogay, Homo.net,
Queer.de und gay-web beworben und verlinkt. Die Vorbereitungen für die erfolgreiche Durchführung
der Umfrage waren erheblich, nicht weniger die Auswertungen. Ohne das großartige Entgegenkommen
dieser und weiterer Unterstützer sowie das weit über das finanziell tatsächlich bezahlbare Engagement
unserer Helfer und Mitarbeiter wäre auch die zweite MANEO-Umfrage nicht finanzierbar gewesen.
Dafür möchte ich mich bei allen im Namen unseres Projektes vielmals bedanken.
Nach der ersten MANEO-Umfrage, an der sich 24.500 Personen beteiligten, waren es in der zweiten
Umfrage erneut 17.500 Personen, die uns Informationen zur Verfügung stellten. In der zweiten Umfrage berichteten uns etwa 7.100 Personen von Vorfällen, die sie in den letzten 12 Monaten erlebt
haben. Hinter den Fallzahlen stehen vor allem Erlebnisse, die eine große Mehrheit der betroffenen
Personen nicht unberührt gelassen haben. Bei der Betrachtung der Fallzahlen vergessen wir außerdem
allzu schnell, dass die unmittelbar von Pöbeleien, Bedrohungen und auch körperlichen Übergriffen
betroffenen Personen jeweils für sich in sozialen Zusammenhängen leben und arbeiten. Die Erlebnisse
lassen in vielen Fällen ebenso wenig Familienangehörige, Freunde und Bekannte unberührt, oder andere Schwule, die es auch hätte treffen können.
Vorurteilsmotivierte Gewalt bedroht den sozialen Frieden in unserer Gesellschaft. Die Gewalt trägt
dazu bei, dass eine ganze Bevölkerungsgruppe verunsichert wird. Nur mit wenigen Ausnahmen benannten alle von Vorfällen betroffenen Personen mindestens ein Merkmal aus der Liste unserer MA1
Vgl. Gewalterfahrungen von schwulen und bisexuellen Jugendlichen und Männern in Deutschland, Ergebnisse
der MANEO-Umfrage 2006/2007, MANEO (Hrsg.), Berlin 2007.
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NEO-Kriterien, mit denen wir vorurteilsmotivierte Hassgewalt identifizieren2. Blicken wir auf die
Anzahl der Anzeigen, so müssen wir feststellen, dass erneut nur etwa 10% dieser Vorfälle bei der Polizei zur Anzeige gekommen sind.
Auf drei europäischen Fachkonferenzen zum Thema „Homophobie und schwulenfeindliche Gewalt im
öffentlichen Raum“, die wir 2006, 2007 und 2008 in Berlin organisierten, haben wir wiederholt die
Gründe diskutiert, die dafür verantwortlich gemacht werden müssen, warum das Anzeigeverhalten
unter schwulen Männern so niedrig ist und was dagegen getan werden kann3. Denn in den vielen Diskussionen, die wir im politischen Umfeld, mit der Verwaltung und mit der Polizei geführt haben, ist
uns immer wieder erklärt worden, dass abseits von spektakulären Vorfällen erst Zahlen, also bei der
Polizei angezeigte Vorfälle, dazu führen werden, dass homophobe Gewalt ernster genommen wird.
Als ursächlich für das niedrige Anzeigeverhalten, insgesamt für das geringe öffentliche Interesse gegenüber dem Problem homophober Hassgewalt, sehen wir eine Vielzahl von Faktoren. Hierzu zählt
maßgeblich die lang anhaltende Diskriminierungs- und Verfolgungsgeschichte von Homosexuellen in
unserer deutschen Gesellschaft – aber auch in anderen Kulturen. Dies umso mehr, je mehr Menschen
sich aus anderen Ländern und Kulturen in Deutschland niederlassen. Ausgrenzung und Diskriminierung bis hin zu öffentlichen Mordaufrufen vernehmen wir noch immer in Äußerungen einer Vielzahl
von religiösen Glaubensvertretern 4. Aufrufe zu Toleranz sind hier noch immer eine Seltenheit.5
Erst am 17. Mai 1990 wurde Homosexualität als Krankheitsbegriff aus dem Manual psychischer Erkrankungen der WHO gestrichen. In Deutschland blicken wir vor allem auf die 122 Jahre lang anhaltende Verfolgungsgeschichte schwuler Männer durch den Strafparagraphen 175 zurück, den die Nazis
benutzten, um tausende schwuler Männer zu ermorden. Auch nach dem Ende des Dritten Reiches war
das Martyrium für homosexuelle Männer nicht beendet. Weitere Tausende schwuler Männer wurden
in der Bundesrepublik unter dem § 175 StGB ins Zuchthaus gebracht. Dieser Unrechtsparagraph wurde erst 1994 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen. Mittlerweile haben wir in Deutschland ein Antidiskriminierungsgesetz (AGG) und in Berlin eine Landesverfassung, die ausdrücklich benennt, dass niemand wegen seiner sexuellen Identität benachteiligt werden darf.
Änderungen in den Köpfen der Menschen vollziehen sich langsam. Vor dem Hintergrund der sich ändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und der Europäischen Union, mit denen Diskriminierung gegen Homosexuelle verboten und Gewalt geächtet wird, wächst gleichsam auch die Ungeduld unter schwulen Männern, weil noch immer zu wenig gegen die Bagatellisierung homophober
Gewalt getan wird. Die rechtlichen Rahmenbedingungen drohen leere Worthülsen zu bleiben, so lange
2
Vgl. www.maneo-toleranzkampagne.de/werkstatt3report-de.pdf, Seite 13 ff
Ein umfassender Forderungskatalog, der sich an Politik und Verwaltungen richtet, wurde auf der MANEOWerkstatt 3 (2008) erarbeitet. In: Finke, Bastian. Homophobie und schwulenfeindliche Gewalt im öffentlichen Raum: Wie kommt Licht ins Dunkelfeld – Können Schwule vor Übergriffen besser geschützt werden?
Berlin 2008. www.maneo-toleranzkampagne.de/werkstatt3report-de.pdf
4
Finke, Bastian. MANEO-Lesewerk 1, Berlin 2009.
5
Vgl. Ganz im Gegensatz dazu steht geradezu vorbildlich das „Wort der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg“, das auf der Synode am 02.08.1991 zur Gewalt gegen Homosexuelle verabschiedet wurde: „… Wir bitten daher unsere Gemeinden, homosexuelle Mitchristen als Schwestern und Brüder
anzunehmen. Wir appellieren an die Menschen in unserem Land, Toleranz gegenüber den homosexuellen
Mitbürgern zu üben und ihnen die Furcht vor Verunglimpfung zu nehmen, damit sie ihre gesellschaftliche
Prägung nicht verleugnen müssen. Wir fordern die Verantwortlichen in unserer Gesellschaft dazu auf, Maßnahmen zum Schutz von Homosexuellen zu treffen und Gewaltakte gegen sie im Ansatz zu verhindern.“
3
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Homosexuelle nicht klar und deutlich vor Diskriminierung und Übergriffen geschützt werden, homophobe Gewalttaten nicht konsequenter ermittelt und aufgeklärt werden. Dies beginnt auf den Schulhöfen, wo gerade junge Schwule mit den Erfahrungen von Diskriminierung und Alltagsbeleidigungen
regelmäßig konfrontiert sind, ebenso in Sportvereinen und freien Jugendeinrichtungen. So lange verantwortliche Erwachsene nicht eingreifen und sich schützend vor Schwule und Lesben stellen, so lange
werden Schwule und Lesben lernen, dass ihre Identität nicht geschützt wird, dass sie als Menschen nicht
wahrgenommen werden, dass ihnen fundamentale Menschenrechte nicht zuerkannt werden.
In diesem Kontext kommt der Hilfe für Opfer von homophober, vorurteilsmotivierter Gewalt ein besonderer Stellenwert zu. Denn der Angriff gegen einen oftmals willkürlich ausgewählten Homosexuellen besitzt eine stets einschüchternde Botschaft gegen die ganze Gruppe, stellt damit nicht zuletzt eine
Bedrohung und einen Angriff auf die Menschenwürde als Gemeinschaftswert dar. Hassverbrechen
richten sich gegen die Grundfeste unserer demokratischen Gesellschaft. Sie bedrohen und verletzen
elementar das Menschenrecht: das Recht eines jeden Menschen, gleichwertig und Mitbürger unserer
Gesellschaft zu sein. Deshalb sind von der Gesellschaft klare Unterstützungssignale an die Opfer und
eine unmissverständliche Botschaft an alle Homosexuellen erforderlich, dass auf diese angstmachende
Botschaft die Gemeinschaft mit einer starken Gegenbotschaft reagiert und die potentiellen Opfer stärkt
und ermutigt. Die Opferhilfearbeit für homosexuelle Gewaltopfer muss deshalb gestärkt werden. Opferhilfearbeit trägt wesentlich zum Genesungsprozess der Betroffenen und damit auch zum sozialen
Frieden bei. Wenn Opferhilfearbeit richtig funktioniert – und so erleben wir dann die Betroffenen in
unseren Opferhilfearbeit –, sind sie die letzten Menschen, die nach schärferen Gesetzen und mehr
Sanktionen rufen.
Verstärkt werden muss außerdem die Gewaltprävention, d.h. in erster Linie Gewaltschutz- und kriminalpräventive Maßnahmen in den schwulen und schwullesbischen Szenen. Auch hier muss die Politik
ein unmissverständliches Signale setzen. Das hohe Dunkelfeld nicht-angezeigter Straftaten macht es
erforderlich, hier vertrauensbildend zu arbeiten und damit vor allem den Tätern die „Sicherheit“ zu
nehmen, Homosexuelle würden sich nicht wehren, gingen nicht zur Polizei, würden bei der Polizei
nicht ernst genommen, nicht gleichwertig behandelt. MANEO hat hier stets „pro-aktiv“ gearbeitet,
d.h. wir haben nie eine abwartende Haltung eingenommen, sondern sind stets im Rahmen unserer
Vorort-Arbeit auf die schwulen Szenen zugegangen. Auch die Polizei muss ihre Hausaufgaben machen. Vor allem sind Bemühungen seitens der Polizeibehörde zu verstärken, die eigenen Mitarbeiter
mit Fort- und Weiterbildungsangeboten zu schulen. Ein völlig falsches Signal wäre es zu meinen, die
Polizei müsse die Schulung des Bürgers im richtigen Umgang mit der Polizei intensivieren.
Die homosexuellen Szenen brauchen ein unmissverständliches und starkes gesellschaftliches Signal,
mit dem deutlich wird, dass die Gesellschaft ihre Sorgen und Ängste ernst nimmt, dass sich die Gesellschaft mit ihnen solidarisiert, dass sie sich nach der langen Geschichte der Verfolgung und Diskriminierung von Homosexuellen nun wirklich kümmern will.
Information zum Autor:
Bastian Finke (49), Dipl. Soziologe, Psychotraumatherapeut (HeilPG), Fachberater für Opferhilfe, Mediator in
Strafsachen, MANEO-Projektleiter seit 1990. Studium der Soziologie an der FU-Berlin und der Queen’s University of Belfast. Engagiert in der Anti-Gewalt-Arbeit seit 1977.
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Gewalterfahrungen von schwulen und bisexuellen Jugendlichen und
Männern in Deutschland. Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
von Dr. Bodo Lippl
Einführung in die Untersuchung
Gewalttaten, die Opfer aufgrund der sexuellen Orientierung erfahren, müssen wie andere Formen von
vorurteilsmotivierter Hassgewalt (z.B. aufgrund von Rasse, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Behinderung etc.) als besonders schwerwiegend bewertet und entsprechend verurteilt werden. Die besondere
Qualität dieser Gewalttaten ist darin zu sehen, dass nicht nur einzelne Opfer geschädigt werden, sondern letztlich immer auch die gesamte Gruppe betroffen ist, mit der einzelne Opfer ein gemeinsames
Hassmerkmal teilen (vgl. Deutsches Forum für Kriminalprävention 2006). Was den Einzelnen beispielsweise aufgrund ihrer sexuellen Orientierung an Gewalt widerfährt, richtet sich direkt und indirekt immer auch gegen die gesamte Gruppe homosexueller Männer und Frauen und letztlich sogar
gegen das auf freie Entfaltung gerichtete demokratische Zusammenleben. Wegschauen, Banalisieren
und Verstecken der eigenen sexuellen Orientierung sind zwar einfache Lösungen, aber der falsche
Weg, um mit derartiger Hassgewalt umzugehen und diese zu verhindern. Nur mit ehrlicher Betrachtung und einem offenen Umgang lässt sich der Schaden für eine dem Schutz ihrer Minderheiten verpflichtete Demokratie begrenzen und die (gesunde) persönliche Entwicklung sexuell anders orientierter Menschen sicherstellen.
Aus diesem Grund hat MANEO, das schwule Anti-Gewalt-Projekt in Berlin, nach der Vorjahresstudie
(vgl. Lippl 2007, Fedkenhauer & Lippl 2007) von Dezember 2007 bis Januar 2008 eine zweite Umfrage unter schwulen, bi- und transsexuellen Jugendlichen und Männern über erlebte Gewalterfahrungen durchgeführt.6 In der vorliegenden Studie werden zentrale Ergebnisse vorgestellt. Die Beteiligung
an der zweiten Umfrage war wieder außerordentlich hoch, auch wenn die Fallzahl der Vorjahresumfrage nicht ganz erreicht werden konnte. Aufgrund der Selbstidentifizierung der Befragungsteilnehmer
hinsichtlich der eigenen sexuellen Orientierung und wegen der Selbstselektion bzw. Eigenmotivation
der Befragten zur Umfrageteilnahme kann jedoch nicht von Repräsentativität (in Bezug auf alle
Schwulen und Bisexuellen) gesprochen werden. Dies kann jedoch keine Umfrage unter Homosexuellen mit den bisherigen methodischen Instrumentarien leisten, da repräsentative Stichproben nur bei
bekannter Grundgesamtheit gezogen werden können. Diese ist im Fall von Schwulen und Bisexuellen
unbekannt und wohl auch nie umfassend zu eruieren, da sexuell anders Orientierte nicht registriert
werden, eine Definition schwierig ist, und viele aus diesem Personenkreis nicht dazu stehen, derartig
orientiert zu sein. Dennoch bezeugt die starke Teilnahme an der Umfrage eindrucksvoll das erhebliche
Interesse an diesem Thema unter Schwulen und Bisexuellen, die sich als solche definieren und angesprochen fühlen. Eine Masse an Teilnehmenden ist im Falle einer schwer zugänglichen Personengruppe methodisch besser, da Repräsentativität ohnehin nicht möglich ist.
Der Bericht zur Vorjahresuntersuchung beschäftigte sich mit dem Thema "Unsichtbares sichtbar machen". Die Dunkelziffer und die unzureichende Datenlage zu schwulenfeindlichen Gewalttaten wur6
Bei der konzeptionellen Diskussion und der Erstellung des Fragebogens haben Dr. Michael Bochow, Prof.
Dr. Martina Stallmann und Bastian Finke von MANEO mitgewirkt. Herzlichen Dank für die anregenden
Diskussionen und insbesondere an Michael Bochow für die Kommentierung dieses Berichts.
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den hierbei besonders hervorgehoben. Opferbefragungen bzw. Befragungen innerhalb der Szene können das Dunkelfeld in diesem schwer zugänglichen Feld zum Teil erhellen und zumindest Hinweise
über das Ausmaß an derartigen Gewalttaten aus der Sicht der Opfer beisteuern, die in Statistiken von
Behörden nicht oder nur unzureichend registriert werden. Der vorliegende Bericht zur zweiten Umfrage steht unter der besonderen Fragestellung der Bagatellisierung und möchte aufzeigen, in welchen
Bereichen schwulenfeindliche Gewalttaten heruntergespielt bzw. als solche nicht registriert und ernst
genommen werden.
Zur Befragung und zu den Befragungsteilnehmern
Auf der Basis der Erfahrungen mit berichteten schwulenfeindlichen Gewalttaten, die in der ersten
Umfrage gewonnen wurden und die MANEO als schwules Überfalltelefon in Berlin seit seinem Bestehen gesammelt hat, wurde der Fragebogen der Vorjahresuntersuchung im Herbst 2007 verbessert
und geringfügig modifiziert, um die Vergleichbarkeit mit der Vorjahresbefragung zu gewährleisten.
Außerdem wurde er um einen Fragebogenteil speziell für Schüler ergänzt. Diese hatten sich als besonders von Gewalt gefährdete Gruppe erwiesen. Der Fragebogen wurde (1.) schriftlich in den Dezemberausgaben schwuler Printmedien in Berlin beigelegt (in Berlin: Siegessäule und Blu) und zusätzlich
(2.) online zum Ausfüllen im Internet aufbereitet. Über einen Zeitraum von zwei Monaten (1. Dezember 2007 bis 31. Januar 2008) konnten schwule und bisexuelle Jugendliche und Männer an der Umfrage teilnehmen. Während des gesamten Erhebungszeitraums wurde die Umfrage über Presse und Internetportale der Schwulenszene (dbna, Eurogay, Gaychat, Gayforum/Gay.de, Gayromeo, Gayroyal,
Gay-web, Homo.net und Queer.de) intensiv beworben und publik gemacht. Gerade Schwule und Bisexuelle erweisen sich als eine über das Medium Internet gut zugängliche Untersuchungspopulation,
speziell auch für Opferbefragungen (vgl. Treibel & Funke 2004).
Insgesamt stehen 17.477 (Vorjahresuntersuchung: 23.949) vollständig auswertbare Fälle für Analysen
zur Verfügung. Nur ein marginaler Teil von 208 (Vorjahresuntersuchung: 347) Fällen ist durch die
postalische Rücksendung oder Abgabe der schriftlich ausgefüllten Fragebögen eingegangen. Der überwiegende Teil ist erwartungsgemäß durch die für die Untersuchungspopulation offenbar komfortabler zu bedienende Online-Befragung zustande gekommen, die nicht nur im schriftlichen Fragebogen, sondern auch in Medien und über Internetportale der Schwulenszene beworben wurde. Von den
insgesamt 23.170 (Vorjahr: 35.951) Aufrufen der Befragungs-Webseite sind 17.269 (Vorjahr: 23.610)
Befragungen vollständig (d.h. bis zum Ende) durchgeführt worden. Das entspricht einer Ausfüllquote
von 74.5 Prozent (Vorjahr: 65,7 Prozent), was im Vergleich zu anderen Online-Erhebungen als ausgezeichnet gewertet werden kann. Ausfälle finden sich größtenteils gleich zu Beginn des OnlineErhebungsinstruments, was nochmals die hohe Teilnahmebereitschaft der Befragten unterstreicht.
Einige wenige Fälle mussten ausgeschlossen werden, weil sie auf einen homophoben, rechtsradikalen
oder psychisch verwirrten Hintergrund schließen ließen und unsinnige Angaben enthielten. Nur 37.9
Prozent aller Teilnehmer an der zweiten Umfrage haben auch an der ersten Umfrage teilgenommen.
Der überwiegende Teil sind damit neue Teilnehmer. Offenbar ist es nicht umfassend gelungen, die
Teilnehmer der Vorjahresuntersuchung für eine erneute Beteiligung zu gewinnen.
Inhalte des Fragebogens waren (1.) Fragen zu Gewalterfahrungen (persönlich als Opfer und als Zeuge)
und Risikoeinschätzungen, (2.) Fragen zu dem Vorfall, der die Befragten in den letzten 12 Monaten
am stärksten betroffen hat, (3.) Fragen zum schwulen Selbstverständnis, zum Outing und zum Aus-
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gehverhalten, (4.) Fragen zur Situation an Schulen und speziell für Schüler und schließlich (5.) allgemeine Fragen zur Person. Die Befragung online durchzuführen dauerte durchschnittlich 9.4 (Vorjahr:
7.5) Minuten, wenn kein Gewaltvorfall angegeben wurde, und 15.3 (Vorjahr: 13.4) Minuten, wenn ein
solcher berichtet und zusätzliche Fragen hierzu beantwortet werden mussten. Die längere Befragungsdauer ist neuen Fragen geschuldet, die in das Erhebungsinstrument aufgenommen wurden.
Umfragen beinhalten Angaben der Befragten und ermitteln deren Einschätzungen, Wahrnehmungen
und Bewertungen. Sie sind subjektiv, erheben Sachverhalte ausschließlich aus der Sicht der Befragten
und können damit keine tatsächliche 'objektive' Realität abbilden. Daher sind Opferbefragungen "in
vielfacher Hinsicht nicht ganz unproblematisch, denn sie erfassen in der Regel nicht aktuelle, sondern
vergangene, zudem meist unangenehme Ereignisse. Erinnerungsschwierigkeiten, Verdrängungen,
Beschönigungen und sekundäre Viktimisierungen führen ebenso zu einer reduzierten Zuverlässigkeit
und Gültigkeit von Angaben" (Lamnek 1997: 247). Ihre Stärke besteht vor allem darin, ein Korrektiv
zu offiziellen Kriminalstatistiken zu sein, und ein tieferes Verständnis durch Zusammenhangsanalysen
zwischen Tat-, Täter- und Opfermerkmalen zu ermöglichen (vgl. Lamnek 2001: 394).
Als problematisch erweist sich in Umfragen insbesondere, Hassgewalt aufgrund der sexuellen Orientierung von 'normaler' Gewalt eindeutig zu trennen. Es muss letztlich auch hier der Selbsteinschätzung
der Befragten überlassen werden, ihnen widerfahrene Gewalttaten als homophobe Hassgewalt zu klassifizieren. In der Umfrage wurden deshalb erhebliche Anstrengungen unternommen, den Grad der
schwulenfeindlichen Ausrichtung der berichteten Gewalttaten zu ermitteln. In eigenen Fragen wurden
einerseits objektive Kriterien für Schwulenfeindlichkeit herangezogen und abgefragt, die von MANEO aus dem US-amerikanischen Kontext für Deutschland übertragen wurden (sog. FBI-Kriterien,
vgl. Finke 2002). Andererseits wurden die Befragten um die Einschätzung gebeten, wie sicher sie
selbst sind, dass die erfahrene Gewalt tatsächlich einen schwulenfeindlichen Hintergrund hatte. Mit
derartigen Kontrollmöglichkeiten kann empirisch sichergestellt werden, dass auch tatsächlich homophobe Hassgewalt in den in der Umfrage berichteten Vorfällen vorliegt.
Wie können die Befragungsteilnehmer charakterisiert werden? Zwischen der ersten und der zweiten
Umfrage gibt es offenbar keine nennenswerten Unterschiede in der Zusammensetzung der Stichprobe
(vgl. Tab. 1). Die große Ähnlichkeit hinsichtlich der Verteilung der soziodemographischen Merkmale
der Befragungsteilnehmer in beiden Untersuchungswellen spricht für eine Stabilität sowohl der Messung als auch der Selektion der Befragungsteilnehmer. Auch wenn ein Vergleich zwischen den einzelnen Befragungswellen aufgrund der Selbstselektion der Befragungsteilnehmer und der fehlenden Verknüpfungsmöglichkeit zwischen den beiden Wellen auf individueller Ebene (z.B. durch eine PanelStudie) nicht möglich ist, ermöglicht die annähernd ähnliche Zusammensetzung der beiden Stichproben viele Vergleichsmöglichkeiten. Veränderungen in der Gewaltbelastung von bisexuellen und
schwulen Jugendlichen und Männern zwischen 2006/07 und 2007/08 sind dennoch mit Vorsicht zu
bewerten, denn es kann nicht sicher ausgeschlossen werden, dass derartige Veränderungen auf eine
unterschiedliche Zusammensetzung der Untersuchungspopulation anstatt auf tatsächliche Veränderungen über die Zeit zurückzuführen sind.
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Seite 12
Tab. 1: Beschreibung der Befragten
MANEO 1
2006/07
MANEO 2
2007/08
Gesamt
Gesamtbevölkerung
71.5
9.1
13.2
0.4
0.3
3.4
2.1
72.3
9.0
13.0
0.5
0.3
0.1
4.8
71.8
9.1
13.1
0.4
0.3
2.0
3.3
33.3
33.4
33.3
bis 18
19 - 25
26 - 30
31 - 35
36 - 40
41 - 50
über 51
2.5
24.5
20.2
13.9
14.7
17.8
6.5
2.6
24.6
18.7
15.1
14.2
18.4
6.5
2.5
24.5
19.6
14.4
14.5
18.0
6.5
6.7
10.3
6.5
9.1
10.1
17.7
39.6
Noch Schüler
Keinen/Anderer/Unbek. Abschluss
Haupt-/Volksschule/POS, 8./9. Klasse
Mittl. Reife, Realschulabschluss/POS
(Fach-)Hochschulreife, erweiterte OS
(Fach-)Hochschulabschluss
5.1
0.8
11.0
31.0
24.8
27.3
4.9
1.9
10.8
26.9
26.5
29.1
5.0
1.2
10.9
29.3
25.5
28.1
2.6
46.4
25.4
9.9
15.6
41.9
4.8
0.9
4.5
3.9
10.0
5.3
2.4
1.0
12.3
5.6
5.1
2.1
0.3
45.1
5.3
1.3
4.9
4.3
9.1
4.5
1.7
1.0
10.4
5.1
5.7
0.9
0.8
43.2
5.0
1.1
4.7
4.1
9.6
5.0
2.1
1.0
11.5
5.4
5.3
1.6
0.5
Selbstbezeichnung
Schwul
Homosexuell
Bisexuell
Heterosexuell
Transsexuell/-gender
Lehne Selbstdefinition ab
Anderes
Durchschnittl. Alter (in Jahren)
Männer*
Altersgruppen
Bildung
Erwerbsstatus
Angestellter
Beamter
Un-/ angelernter Arbeiter
Facharbeiter
Freiberuflich Tätiger
Selbständiger
Arbeitsloser/Arbeitssuchender
Rentner/Pensionär
Wehr-/Ersatzdienstleistender
Student
Auszubildender
Schüler
Anderes
Soldat (Zeit-, Berufssoldat)
www.maneo.de
Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
MANEO 1
2006/07
MANEO 2
2007/08
Gesamt
bis 400 €
401-600 €
601-1000 €
1001-1500 €
1501-2000 €
2001-3000 €
3001-5000 €
mehr als 5000 €
keine Angabe
-
8.5
8.2
14.4
22.2
19.7
15.5
8.3
3.3
[10.2]
8.5
8.2
14.4
22.2
19.7
15.5
8.3
3.3
[10.2]
Migrationshintergrund***
Inl. SB/Inl. geb./deutsche Spr.
Inl. SB/Ausl. geb./deutsche Spr.
Inl. SB/Inl. geb./nichtdeutsche Spr.
Inl. SB/Ausl. geb./nichtdeutsche Spr.
Ausl. SB/Ausl. geb./deutsche Spr.
Ausl. SB/Ausl. geb./nichtdeutsche Spr.
Ausl. SB/Inl. geb./deutsche Spr.
Ausl. SB/Inl. geb./nichtdeutsche Spr.
91.3
2.3
1.4
0.9
1.5
1.3
0.9
0.5
90.1
2.0
1.3
0.8
2.5
1.5
1.3
0.5
90.8
2.2
1.4
0.9
1.9
1.4
1.0
0.5
Parteiwahl (Sonntagsfrage, Bund)
CDU/CSU
SPD
FDP
Grüne
Linkspartei
Andere
darunter: Rechte Parteien
-
20.2
26.3
17.7
22.6
11.5
1.0
0.7
20.2
26.3
17.7
22.6
11.5
1.7
Keine
Mit einem Mann
Mit einer Frau
Mit Mann und Frau
Sonstiges
48.8
45.2
5.3
0.5
0.2
49.8
44.9
4.7
0.5
0.2
49.2
45.1
5.0
0.5
0.2
Durchschnittl. Partnerschaftsdauer bis zur Befragung (in Monaten)
-
33.9
33.9
12.6
17.4
10.6
23.0
12.7
23.8
40.5
59.5
13.6
15.2
7.8
19.1
18.0
26.3
36.6
63.4
13.0
16.5
9.4
21.4
14.9
24.9
38.8
61.2
Seite 13
Gesamtbevölkerung
Nettoeinkommen
bis 300 €
300-700 €
700-1100 €
1100-1500 €
1500-2000 €
2000-2900 €
2900-5000 €
mehr als 5000 €
1.5
9.3
17.5
22.7
20.6
16.5
9.4
2.5
Gesamt**
CDU/CSU
SPD
FDP
Grüne
Linkspartei
Andere
39
30
9
9
9
4
unter 5.000
5.000-20.000
20.000-100.000
100.000-500.000
über 500.000
14.5
27.9
24.3
18.9
14.4
Partnerschaft
Einwohnerzahl (Wohnort)
unter 10.000
10.000-50.000
50.000-100.000
100.000-500.000
500.000-1 Million
über 1 Million
bis 100.000
100.000 und mehr
66.6
33.4
www.maneo.de
Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
MANEO 1
2006/07
-
MANEO 2
2007/08
180.9
Durchschnittl. Körpergewicht (in kg)
-
79.3
79.3
Durchschnittl. Body Mass Index
(BMI)
-
24.2
24.2
23.949
17.477
41.426
Durchschnittl. Körpergröße (in cm)
Fallzahl
Gesamt
Seite 14
Gesamtbevölkerung
180.9
Anteile in Prozent.
*
Datenbasis: Mikrozensus von 2002, Campusfile, nur Männer.
**
Ergebnisse der Sonntagsfrage vom 11.01.2008 von Infratest dimap (http://www.infratest-dimap.de/?id=51)
für die gesamte wahlberechtigte Bevölkerung
***
Kombinationen: Inländische versus ausländische Staatsbürgerschaft (SB), im In- oder Ausland geboren,
Sprechen in deutscher oder nicht-deutscher Sprache in der Familie.
Von der Zusammensetzung her überrascht es nicht, dass die Befragungsteilnehmer im Vergleich zur
allgemeinen Bevölkerung der Tendenz nach deutlich jünger und höher gebildet sind, wenngleich ungeklärt bleiben muss, ob dies auf die in der Online-Umfrageforschung bekannte allgemein stärkere
Onlinepräsenz bzw. Internetnutzung jüngerer und höher Gebildeter (Bandilla & Hauptmanns 1998)
oder auf die mit zunehmendem Alter einhergehende stärkere Szeneferne (und damit geringere Kontaktmöglichkeit mit der Umfrage) zurückzuführen ist. Ferner zeigt sich, dass sich die Befragten in
Bezug auf die Einkommenslage im Vergleich zur Gesamtbevölkerung eher nicht unterscheiden. Deutliche Unterschiede ergeben sich jedoch bei der Größe des Wohnortes und der politischen Präferenzen.
Während Bisexuelle und Schwule zu 61.2 Prozent überwiegend in großen Städten (über 100.000 Einwohner) leben, wohnt die Gesamtbevölkerung zu 66.6 Prozent eher in kleineren Städten und auf dem
Land (unter 100.000 Einwohner). Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung schneiden die kleineren Parteien bei den befragten Bisexuellen und Schwulen deutlich besser ab als die beiden Volksparteien.
Insbesondere die Grünen (22.6 Prozent), die FDP (17.7 Prozent) und die Linkspartei (11.5 Prozent)
werden vergleichsweise deutlich stärker gewählt als die SPD (26.3 Prozent) und die Unionsparteien
CDU/CSU (20.2 Prozent).
Homophobie in der Bevölkerung
Wenn Gewalterfahrungen von Schwulen und Bisexuellen kommentiert oder erklärt werden sollen,
spielt das gesellschaftliche Einstellungsklima zur Homosexualität eine erhebliche Rolle. Die Ablehnung in der Gesellschaft und im Interaktionsumfeld wird von Schwulen und Bisexuellen registriert
und gespürt. Sie kann dazu führen, dass sich sexuell anders orientierte Menschen damit ins Private
zurückziehen, diverse Verhaltensweisen zum Selbstschutz entwickeln und im schlimmsten Falle psychisch erkranken, wenn sie ihre eigene Sexualität nicht ausleben können oder verleugnen müssen.
Während ablehnende Einstellungen des Umfeldes für sexuell entgegen der heterosexuellen Norm Orientierte als Bedrohung der eigenen Existenz empfunden werden können, finden potenzielle Täter jedoch darin die Legitimationsgrundlage des eigenen gewalttätigen Verhaltens gegenüber sexuell anders
Orientierten. Die meist moralisch begründete Ablehnung von Homosexualität kann sich in Situationen, in denen sich ein Schwuler oder Bisexueller offen zu den eigenen Neigungen und den damit ver-
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Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
Seite 15
bundenen Lebensweisen bekennt, in gewalttätiger Form gegenüber den offen bekennenden Schwulen
und Bisexuellen entladen. Ein ablehnendes Einstellungsklima der Bevölkerung wirkt sich also negativ
auf eine gesunde psychosexuelle Entwicklung anders orientierter Menschen aus und stellt den Nährboden für jene Gewalttäter bereit, schwulenfeindliche Gewalt anzuwenden, weil sie sich in ihrem Verhalten bestätigt und legitimiert fühlen.
Abb. 1: Homophobie in der Bevölkerung - Deutschland im internationalen Vergleich
4.3
4.8
5.6
5.9
Island
Niederlande
Dänemark
Schweden
Irland
Großbritannien
Norwegen
Belgien
Luxemburg
Schweiz
Spanien
Italien
Frankreich
Deutschland
Österreich
Portugal
Bulgarien
Finnland
Tschechien
Israel
Slowenien
Griechenland
Slowakei
Ungarn
Polen
Estland
Zypern
Ukraine
Russland
Türkei
8.1
9.7
9.7
10.0
10.6
10.9
11.0
12.0
12.1
13.5
14.1
14.7
17.8
19.7
20.3
21.9
23.8
28.3
28.9
30.8
32.1
33.3
37.5
42.0
44.8
57.9
0
Durchschnitt: 17.1 20
40
60
Schwule und Lesben sollten ihr Leben so führen, wie sie es wollen. - Ablehnung in Prozent
Datenbasis: European Social Survey 2002-2006, Durchschnitt über alle Befragungszeitpunkte, wenn Daten zu
mehreren Zeitpunkten vorlagen; eigene Berechnung.
In Deutschland sind 13.5 Prozent der Bevölkerung ablehnend gegenüber Schwulen und Lesben eingestellt (vgl. Abb. 1). Damit liegt Deutschland im Mittelfeld der ausgewählten Länder, für die vergleichbare Daten aus den repräsentativen nationalen Bevölkerungsumfragen im Rahmen des "European Social Surveys" vorlagen. Island, die Niederlande, Dänemark und Schweden erweisen sich als jene Länder mit dem geringsten Anteil derer, die meinen, dass Schwule und Lesben ihr Leben nicht so führen
sollten, wie sie es wollen. Zypern, die Ukraine, Russland und vor allem die Türkei gelten dagegen als
jene Länder mit der stärksten homophoben Bevölkerungseinstellung. In der Türkei ist sogar die Mehrheit der Bevölkerung gegen schwul-lesbische Lebensweisen eingestellt.
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Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
Seite 16
Gewaltbetroffenheit und Gewaltformen
Wie schon bei der ersten MANEO-Umfrage soll zunächst die Gewaltbetroffenheit im Zentrum der
Analysen stehen. Zudem können verschiedene Formen erfahrener Gewalt unterschieden und genauer
betrachtet werden.
1.1. Subjektiv bedeutsamster Vorfall
Vorab wird der eine Vorfall genauer betrachtet, der die Befragten in den letzten 12 Monaten am
stärksten betroffen hat, und zu dem detaillierte Folgefragen gestellt wurden. Wie bereits in der Vorjahresuntersuchung wurde auch diesmal eine umfangreiche Liste an elf juristisch relevanten Vorfallformen abgefragt. Offenbar ist dies jedoch eine Feineinteilung, die die Befragten bei ihrer Selbsteinstufung zum Teil überfordert. Deswegen und um eine einfachere Darstellungsweise zu erhalten, wurden
(1.) die Vorfallformen zusammengefasst. Belästigung/Beleidigung, Bedrängung/Nötigung und Bedrohung wurden allesamt als Bedrohung gewertet. Diebstahl, Eigentumsbeschädigung und Raub wurden
als Eigentumsdelikte klassifiziert. Alle Körperverletzungen mit unterschiedlichen Verletzungsgraden
wurden ebenso zusammengefasst. Ferner wurden (2.) Vorfälle außerhalb des einjährigen Bezugszeitraumes aus diesen Analysen ausgeschlossen, da genaue Zeitangaben zu diesem Vorfall erhoben wurden und damit ein präziser Ausschluss möglich ist. Wie in der Vorjahresuntersuchung hat sich gezeigt,
dass die Befragten auch Vorfälle jenseits des gesetzten Zeitrahmens angegeben haben. Neben dem
schlichten Überlesen des Bezugszeitraums im Fragetext ist dies vermutlich darauf zurückzuführen,
dass die Umfrage für die Befragten auch eine Art Ventil darstellt, um das Erlebte los zu werden und
damit ein Stück weit zu verarbeiten. Immerhin haben 35.1 Prozent der von Gewalt Betroffenen den
eigenen Angaben zufolge nicht mit dem näheren sozialen Umfeld darüber gesprochen. Schließlich
wurden (3.) Vorfallformen zusätzlich danach korrigiert, ob eine körperliche Verletzung eingetreten ist.
Dabei wurde die Information aus einer zusätzlichen Frage nach der Stärke der körperlichen Verletzung
herangezogen. Demzufolge sind 9.2% der ursprünglich von den Befragten als Bedrohungen eingestuften Vorfälle mit einer Körperverletzung einhergegangen und wurden daher als Körperverletzung gewertet. Auch 9.3% der Eigentumsdelikte sind mit einer Körperverletzung verbunden gewesen (d.h.
Raubdelikte) und wurden deswegen als Körperverletzung klassifiziert.
Diese offenbar falschen Zuordnungen durch die Befragten können vermutlich damit erklärt werden,
dass erfahrene Gewalt von den Opfern selbst bagatellisiert wird (z.B. "Ich hatte ein blaues Auge, bin
aber 'nur' bedroht worden). Für die Darstellung der Ergebnisse der Vorjahresuntersuchung in diesem
Bericht wurden dieselben Korrekturen ebenfalls vorgenommen.
Ob ein Vorfall genannt wurde und um welche Vorfallform es sich handelte, ist in der korrigierten
Weise für beide Untersuchungswellen in Abb. 2 ersichtlich. 40.6 Prozent aller Befragten haben in den
letzten 12 Monaten Gewalt erlebt, 59.4 Prozent haben keinen Vorfall angegeben (rechtes Kreisdiagramm für die jüngste Untersuchungswelle). Ein Großteil von 27.9 Prozent aller Befragten geben eine
Bedrohung an, 8.6 Prozent eine Körperverletzung und 4.1 Prozent ein Eigentumsdelikt. Der Anteil
derer, die in der Vorjahresuntersuchung Opfer mindestens einer Gewalttat geworden sind, lag um 5.1
Prozent deutlich geringer bei 35.5 Prozent (vgl. Lippl 2007, 2008a). Es darf angesichts der Datenlage
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Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
Seite 17
Abb. 2: Gewaltbetroffenheit und Gewaltformen (korrigierte Verteilung des subjektiv bedeutsamsten Vorfalls)
MANEO 1: 2006/07
MANEO 2: 2007/08
Körperverletzung
4.6%
Körperverletzung
8.6%
Eigentumsdelikt
4.0%
Eigentumsdelikt
4.1%
Bedrohung
26.9%
kein Vorfall
64.5%
kein Vorfall
59.4%
Bedrohung
27.9%
Datenbasis: MANEO 1 2006/07 und MANEO 2 2007/08; alle Fälle (N=41.426).
nicht unbedingt der Schluss gezogen werden, dass die Gewalttaten gegenüber Schwulen und Bisexuellen tatsächlich zugenommen hätten, wenngleich auch einiges dafür spricht. Der Anstieg in den Anteilen derer, die von Gewalt betroffen sind, kann durch einen tatsächlichen Anstieg an Gewalttaten, aber
ebenso auch durch eine stärkere Teilnahme Betroffener aufgrund einer erhöhten Motivation zustande
gekommen sein. Dass sich die Anteile zwischen denen, die an der ersten und an der zweiten Umfrage
gleichermaßen teilgenommen haben, nicht nennenswert von denen unterscheiden, die nur in der zweiten Umfrage, nicht aber in der ersten teilgenommen haben, spricht dafür, dass das Problem einer unterschiedlichen Selektion bei der Umfrageteilnahme eher geringfügig sein dürfte. Unter dieser Annahme, was allerdings methodisch nie vollständig und sicher zu klären ist, kann ein Zuwachs an Gewalt gegenüber Schwulen und Bisexuellen nicht ausgeschlossen werden. Letztendlich kann dies jedoch nicht umfassend anhand der vorliegenden Befragungsdaten geklärt werden, denn dazu hätte eine
aufwendige Paneluntersuchung durchgeführt werden müssen.
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Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
Seite 18
1.2. Mehrfachviktimisierung
Auch wenn nur zu einem Vorfall, der die Befragten am stärksten betroffen hat, detaillierte Angaben
erhoben wurden, muss betont werden, dass die Befragten auch mehrfach von schwulenfeindlicher
Gewalt in den letzten 12 Monaten betroffen sein konnten. Die Erfassung von derartiger Mehrfachviktimisierung (also die Betroffenheit durch mehrere unterschiedliche Gewaltformen und/oder mehreren
Gewalttaten desselben Typs) ist durch die Möglichkeit der Mehrfachnennung durch die Befragten und
der Angabe der Häufigkeiten innerhalb einer Gewaltform sichergestellt (vgl. Abb. 3).
Abb. 3: Häufigkeit der Gewalterfahrungen nach Gewaltformen - Mehrfachviktimisierung
Belästigt/beleidigt
39.7
4.9
Mit Gegenstand beworfen
13.6
Bedrängt/genötigt
4.2
Bespuckt
Bedroht
14.9
7.9
Eigentum beschädigt
9.3
Bestohlen
3.8
Beraubt
9.7
Körp. Angriff (nicht verletzt)
Körp. Angriff (leicht verletzt)
4.3
1.2
Körp. Angriff (schwer verletzt)
0
10
1-2 mal
20
Prozent
3-5 mal
30
40
mehr als 5 mal
Datenbasis: MANEO 2 2007/08; alle Fälle (N=17.477); Mehrfachnennungen nach Formen waren möglich.
Allerdings können bei dieser Analyse keine Zusammenfassungen und Korrekturen (nach dem Zeitraum und dem Verletzungsgrad) vorgenommen werden. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden,
dass hier auch Gewalttaten außerhalb des in der Frageformulierung gesetzten 12-monatigen Bezugszeitraums berichtet wurden (overreporting). Dieses kann jedoch in den Analysen nicht geprüft werden.
Der Vergleich mit dem kontrollierbaren subjektiv bedeutsamsten Vorfall legt es allerdings nahe, dass
in der ersten Befragungswelle ca. 9 Prozent der Vorfälle und in der zweiten Befragungswelle ca. 4.5
Prozent der Vorfälle außerhalb des gesetzten 12-monatigen Zeitrahmens liegen und vermutlich in dieser Größenordnung auch bei der Mehrfachviktimisierung überschätzt werden. Aus den Angaben der
Befragten kann jedoch ein Eindruck darüber gewonnen werden, inwieweit eine Mehrfachbelastung
durch Gewaltvorfälle vorliegt. Der Vergleich mit der Vorjahresuntersuchung (vgl. Lippl 2007) zeigt,
dass sich am Muster in beiden Erhebungswellen nichts Nennenswertes geändert hat.
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Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
Seite 19
55.1 Prozent aller Befragten ist diesen Angaben zufolge in beiden Befragungswellen kein Vorfall widerfahren, 20.3 Prozent geben nur eine Vorfallart an, 24.6 Prozent aller Befragten geben dagegen in
beiden Umfragewellen mehr als eine Vorfallart an (nicht abgebildet). Die beiden Befragungswellen
unterscheiden sich in dieser Hinsicht nicht voneinander. Eine detaillierte Übersicht über das Ausmaß
der Mehrfachviktimisierung nach dem Wohnort (Bundesländer, Stadtbezirke und Städte) findet sich
im Materialband zu dieser Untersuchung (vgl. Abou-Chadi & Lippl 2009).
1.3. Zeugenschaft
Neben der direkten Betroffenheit durch schwulenfeindliche Gewalttaten als Opfer, die innerhalb eines
gesetzten Zeitrahmens auch mehrfach eingetreten sein kann, werden Schwule und Bisexuelle indirekt
auch als Zeugen solcher Vorfälle unmittelbar berührt (vgl. Tab. 2). 63.1 Prozent der Befragten geben
an, keinen schwulenfeindlichen Vorfall als Zeuge erlebt zu haben, 16.6 Prozent berichten eine Vorfallform, 20.3 Prozent sogar mehr als eine Vorfallform als Zeuge.
Tab. 2: Zeugenschaft eines schwulenfeindlichen Vorfalls (Mehrfachnennung)
MANEO 1
2006/07
MANEO 2
2007/08
Gesamt
Kein Vorfall
63.5
63.1
63.3
Eine Vorfallform
16.8
16.6
16.7
Mehr als eine Vorfallform
19.7
20.3
19.9
Fallzahl
Prozent
23.949
17.477
41.426
100.0
100.0
100.0
Datenbasis: MANEO 1 2006/07 und MANEO 2 2007/08; alle Fälle (N=41.426).
In beiden Umfragewellen ist es nur jeweils ein Anteil von 44.5 Prozent aller Befragten, der in den
letzten 12 Monaten weder selbst von Gewalt betroffen war, noch einen Gewaltvorfall als Zeuge erlebt
hat (nicht abgebildet). Die Mehrheit der Befragten (55.5 Prozent) hat jedoch einen schwulenfeindlichen Vorfall in den letzten 12 Monaten erlebt, sei es als unmittelbares Opfer oder als Zeuge derartiger
Gewalt. Für die Mehrheit der Schwulen und Bisexuellen gehört Gewalterfahrung in der einen oder
anderen Form also zur Lebensbewältigung.
1.4. Wer ist von Gewalt wie stark betroffen?
Um zu klären, wer von Gewalt stärker als andere betroffen ist, können die individuellen Merkmale der
befragten Personen und jene Aspekte in Betracht gezogen werden, die zusätzlich zu dem Vorfall erhoben wurden, der für die Befragten in den letzten 12 Monaten am bedeutsamsten war.
Die Betroffenheit von schwulenfeindlicher Gewalt hängt offenbar stark vom Alter ab (vgl. Abb. 4).
Jüngere sind mit Gewalt deutlich stärker konfrontiert als Ältere. Erst mit zunehmendem Alter nimmt
die Gewalterfahrung offensichtlich ab. Die Gruppe mit dem höchsten Anteil an Gewalterfahrungen
sind die Schüler an allgemeinbildenden Schulen (60.6 Prozent), gefolgt von Schülern an beruflichen
Schulen (54.9 Prozent). Der Anteil in der Gruppe der bis 25 Jahre alten Jugendlichen, die nicht mehr
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Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
Seite 20
Schüler sind, ist mit 50.9 Prozent geringer als bei den Schülern (vgl. Lippl 2008b). Insbesondere sind
es die Bedrohungen und Körperverletzungen, denen jüngere Schwule und Bisexuelle ausgesetzt sind.
Eigentumsdelikte dagegen spielen in dieser Gruppe eine deutlich geringere Rolle und treten erst mit
zunehmendem Alter stärker hervor. Während also Eigentumsdelikte mit zunehmendem Alter zunehmen, sind Bedrohungen und Körperverletzungen in jungen Lebensjahren und insbesondere in den
Schulen am stärksten ausgeprägt (vgl. Lippl 2008b).
Abb. 4: Subjektiv bedeutsamster Vorfall nach Alter
37.3
Bis 18
48.5
19 - 25
1.1
35.9
60.3
26 - 30
Alter
41.3
20.2
2.3 13.2
28.8
3.5 7.5
31 - 35
63.2
25.7
4.1 6.9
36 - 40
63.2
25.2
4.8 6.9
66.2
41 - 50
Über 51
21.4
70.9
0
Kein Vorfall
20
Bedrohung
18.4
40
60
Vorfallform - Prozent
Eigentumsdelikt
6.5 5.9
80
5.6 5.1
100
Körperverletzung
Datenbasis: MANEO 2 2007/08.
In der zweiten Umfragewelle wurde erstmals nach dem verfügbaren Einkommen der Personen gefragt.
Die Analyseergebnisse zeigen einen deutlichen Effekt des sozialen Status, gemessen am Einkommen.
Finanziell besser Gestellte sind deutlich weniger durch Gewalt betroffen als finanziell schlechter Gestellte (vgl. Abb. 5). Insbesondere werden Wohlhabendere weniger bedroht und körperlich verletzt.
Allerdings sind Eigentumsdelikte bei reicheren Bisexuellen und Schwulen stärker ausgeprägt als bei
ärmeren. Die Analysen zum Einfluss des Bildungsniveaus der Opfer zeigen jedoch keinen systematischen Zusammenhang mit der Gewaltbetroffenheit oder den Formen der Gewalt.
Die Alltagsgewissheit, dass Gewalt gegenüber Schwulen und Bisexuellen hauptsächlich in den großen
Städten vorkomme, wird auch durch die zweite Umfragewelle deutlich widerlegt. Die Größe des
Wohnorts hat weder einen Einfluss auf die Betroffenheit von Gewalt noch auf die Gewaltformen.
Stadt und Land unterscheiden sich hier offenbar nicht (vgl. Abb. 6).
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Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
Seite 21
Abb. 5: Subjektiv bedeutsamster Vorfall nach verfügbarem Einkommen
bis 400 €
47.9
401-600 €
34.8
51.7
601-1000 €
32.7
53.9
1001-1500 €
2.2 15.1
32.2
59.8
1501-2000 €
3.0 12.7
3.6 10.3
28.3
62.9
4.0 8.0
26.1
4.4 6.6
2001-3000 €
66.0
22.2
5.3 6.5
3001-5000 €
65.5
23.1
5.0 6.4
mehr als 5000 €
64.5
0
20
Kein Vorfall
Bedrohung
20.3
40
60
Vorfallform - Prozent
Eigentumsdelikt
8.6 6.6
80
100
Körperverletzung
Datenbasis: MANEO 2 2007/08.
Abb. 6: Subjektiv bedeutsamster Vorfall nach der Größe des Wohnorts
Unter 10.000
59.0
28.7
3.5 8.9
10.000 - 50.000
60.5
26.8
4.2 8.5
50.000 - 100.000
61.3
26.9
3.4 8.4
100.000 - 500.000
58.7
28.8
4.0 8.5
500.000 - 1 Million
60.3
27.5
4.0 8.2
Über 1 Million
58.5
0
Kein Vorfall
20
Bedrohung
27.7
40
60
Vorfallform - Prozent
Eigentumsdelikt
4.8 9.0
80
Körperverletzung
100
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Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
Seite 22
Datenbasis: MANEO 2 2007/08.
Zwischen den einzelnen Bundesländern lassen sich geringe Unterschiede in der Gewaltbetroffenheit
der dort wohnhaften Befragten finden (vgl. Tab. 3). Die drei Bundesländer mit den wenigsten berichteten Vorfällen sind Bremen (62.2 Prozent berichten hier keinen Vorfall), Thüringen (62.2 Prozent)
und Brandenburg (65.8 Prozent). Die stärkste Belastung mit schwulenfeindlicher Gewalt findet sich in
Hamburg (55.7 Prozent berichten hier keinen Vorfall), Rheinland-Pfalz (56.4 Prozent) und SachsenAnhalt (56.7 Prozent). Allerdings sind die Unterschiede zwischen den Bundesländern nicht sehr stark
ausgeprägt. Eine detaillierte Übersicht über die Gewaltbelastung in einzelnen Stadtbezirken der
schwulen Metropolen sowie der größeren Städte lässt sich aus den Tabellen des Materialbandes zu
dieser Untersuchung entnehmen (vgl. Abou-Chadi & Lippl 2009).
Tab. 3: Subjektiv bedeutsamster Vorfall nach dem Bundesland des Wohnorts (Prozent)
kein Vorfall
M1
M2
Bedrohung
Eigentumsdelikt
Körperverletzung
M1
M1
M1
M2
M2
M2
Fallzahl
Gesamt
M1
M2
67.2
61.0
25.7
28.6
3.2
3.7
3.9
6.8
2.473
1.637
Baden-Württemberg
66.9
62.0
25.8
26.1
3.3
3.7
3.9
8.2
3.044
1.944
Bayern
61.2
57.0
27.3
28.4
5.0
4.8
6.6
9.9
3.008
2.148
Berlin
65.1
65.8
29.6
23.4
2.4
3.7
2.9
7.1
456
269
Brandenburg
65.9
62.2
22.0
21.8
7.5
5.7
4.7
10.4
255
193
Bremen
62.8
55.7
26.5
30.9
5.5
4.9
5.2
8.5
1.006
776
Hamburg
65.8
60.4
26.1
26.0
3.4
4.5
4.7
9.2
1.763
1.191
Hessen
63.3
59.3
29.3
28.2
3.9
1.2
3.5
11.3
406
248
Mecklenburg-Vorp.
64.2
60.6
28.6
29.1
3.6
2.6
3.6
7.7
1.752
1.130
Niedersachsen
62.9
59.1
27.7
28.2
4.5
4.6
4.9
8.1
5.411
3.477
Nordrhein-Westfalen
65.6
56.4
26.6
30.5
3.7
4.9
4.1
8.1
910
528
Rheinland-Pfalz
62.6
60.0
32.7
27.4
1.4
2.9
3.2
9.7
278
175
Saarland
65.9
61.9
26.3
26.6
3.5
2.3
4.2
9.2
1.016
650
Sachsen
63.2
56.7
28.4
29.5
3.4
3.9
5.0
9.9
503
312
Sachsen-Anhalt
65.3
59.6
28.4
25.3
3.5
4.1
2.8
11.0
542
364
Schleswig-Holstein
64.1
62.2
27.9
26.6
3.3
1.1
4.8
10.1
420
267
Thüringen
70.0
56.7
18.2
31.7
7.4
3.1
4.4
8.5
270
319
Deutschland unbek.
56.0
57.3
27.0
29.1
7.0
4.1
10.0
9.6
100
910
Österreich
67.7
61.1
19.2
24.3
7.1
5.8
6.1
8.8
99
787
Schweiz
70.2
49.3
20.2
37.8
4.3
7.4
5.3
5.4
208
148
Anderes Land
64.5
59.4
26.9
27.9
4.0
4.1
4.6
8.6 23.920 17.473
Gesamt
Prozentuierungsbasis: alle Fälle der jew. Befragungswelle; M1: MANEO 1 2006/07; M2: MANEO 2 2007/08
Zeit und Ort der berichteten Vorfälle
Die schwulenfeindlichen Gewaltvorfälle ereignen sich nicht gleichsam zu allen Zeiten und an allen
Orten (vgl. Abb. 4). Sie finden vor allem am Wochenende (d.h. am Freitag mit 17.7 Prozent und vor
allem am Samstag mit 30.4 Prozent aller Vorfälle) verstärkt statt und geschehen überwiegend (in 43.1
Prozent aller genannten Vorfälle) am späteren Abend und in der Nacht.
Entgegen den Vermutungen ereignen sich homophobe Gewalttaten nicht an unbekannten Orten, an
denen Schwule und Bisexuelle leicht zu Opfern werden können, sondern an Orten, die das Opfer gut
kennt. 51.6 Prozent der Opfer kennen den Ort des Vorfalls sehr gut und 32.6 Prozent eher gut. Die
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Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
Seite 23
meisten Vorfälle (40.1 Prozent) finden den Angaben zufolge im öffentlichen Straßenland statt (vgl.
Abb. 5). Allerdings ist der Gewaltort zum Teil auch deliktspezifisch. Während Bedrohungen und Körperverletzungen überwiegend im öffentlichen Raum stattfinden und Bedrohungen zudem verstärkt in
der Schule, ereignen sich Eigentumsdelikte vermehrt im häuslichen Bereich und in Bars oder Kneipen.
In 18.5 Prozent der Vorfälle handelt sich den Angaben zufolge um einen szenenahen Ort, an dem der
Vorfall stattgefunden hat. Insbesondere Eigentumsdelikte (28.7 Prozent) und Körperverletzungen
(22.0 Prozent) ereignen sich stärker als Bedrohungen (15.9 Prozent) in der Nähe der homosexuellen
Szene.
Abb. 4: Wochentag und Uhrzeit des Vorfalls
20
17.7
12.8
9.3
9.0
Montag
Dienstag
11.1
9.8
0
10
Wochentag
30
30.4
Uhrzeit
3 - 9 Uhr
Mittwoch
Donnerstag
Freitag
Samstag
Sonntag
8.4
9 - 15 Uhr
23.2
15 - 21 Uhr
25.4
21 - 3 Uhr
43.1
0
10
20
30
40
Prozent
Datenbasis: MANEO 2 2007/08.
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Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
Seite 24
Abb. 5: Ort des Vorfalls
Öffentliches Straßenland
Kaufhäuser/Geschäfte
Öffentliche Verkehrmittel
Park/Waldgebiet/Klappe
In eigener Wohnung
Vor Wohnungs-/Hauseingangstür
Unmittelbare Nachbarschaft
In anderer Wohnung
In einem Lokal/Café
Vor einem Lokal/Café
Party/geschl. Veranstaltung
Öffentl. Veranstaltung (CSD etc.)
Schule/Ausbildungs-/Arbeitsplatz
Freizeit-/Sportveranstaltung
Behörde/Öffentl. Einrichtung
Internet/E-Mail
Briefpost/Anrufe
40.1
3.0
9.1
3.9
3.9
2.3
2.5
1.8
8.7
3.0
4.1
2.8
9.7
1.6
0.9
1.8
0.5
0
10
20
30
Prozent
40
Datenbasis: MANEO 2 2007/08.
Wahrnehmung und Beschreibung der Täter
1.5. Geschlecht, Alter und Anzahl der Täter
Die Täter schwulenfeindlicher Gewalt sind überwiegend jung und männlich (vgl. Abb. 6). In 86.3
Prozent der Fälle sind nur männliche Täter beteiligt. Im überwiegenden Teil der genannten Fälle ist
der Täter den Angaben zufolge zwischen 18 und 24 Jahre alt. An dieser Stelle muss jedoch betont
werden, dass insbesondere die Altersangaben zu den Tätern auf den Einschätzungen der Befragten
beruhen und möglicherweise Fehleinschätzungen unterliegen können.
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Seite 25
Abb. 7: Geschlecht und Alter der Täter
Männlich
86.3
Weiblich
3.6
Beide Geschlechter
6.1
Unbekannt
4.0
0
Jünger als 14 Jahre
20
40
60
80
1.2
14 bis 17 Jahre
18.3
18 bis 24 Jahre
53.2
25 bis 35 Jahre
25.2
36 bis 50 Jahre
9.9
Über 50 Jahre
2.5
0
10
20
30
Prozent
40
50
Datenbasis: MANEO 2 2007/08.
In Bezug auf die Anzahl der Täter bei schwulenfeindlicher Gewalt ergeben die Analysen Unterschiede
in den beiden Befragungswellen. Während in der ersten Befragung Gewalttaten überwiegend von
mehreren Tätern begangen wurden (59.3 Prozent), sind es in der zweiten Befragung überwiegend Einzeltäter (53.5 Prozent). Inwieweit sich die Täterstruktur tatsächlich innerhalb eines Jahres verändert
hat, kann jedoch nicht weiter geklärt werden. Sicher ist jedoch, dass die Anzahl der Täter deliktspezifisch ist. Betrachtet man die Anzahl der Täter nach den Gewaltformen (in einer ausführlicheren Version), ist unschwer zu erkennen, dass vor allem bei körperlichen Angriffen mit zunehmendem Verletzungsgrad deutlich stärker mehrere Täter involviert sind (vgl. Abb. 8).
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Seite 26
Abb. 8: Anzahl der Täter nach Gewaltformen
Bedrohung
53.9
Eigentumsdelikt
73.2
Eigentumsdelikt (mit Körperverletzung)
50.0
Körperverletzung (ohne)
46.5
Körperverletzung (leicht)
42.3
Körperverletzung (schwer)
30.1
0
46.1
26.8
50.0
53.5
57.7
69.9
20
40
60
80
Anzahl der Täter - Prozent
einer
100
zwei und mehr
Datenbasis: MANEO 2 2007/08.
Abb. 9: Bekanntheit der Täter
Familienangehöriger
1.3
Fester Partner
.7
gute/r Freund/in
3
Nachbar/in
2.8
Mitschüler/in
4.9
Arbeitskollege/in
4.4
Vorgesetzte/r
.7
Andere/r Bekannte/r
7.6
Unbekannte/r
74.6
0
20
40
Prozent
60
80
Datenbasis: MANEO 2 2007/08.
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Seite 27
1.6. Bekanntheit und Hintergrund der Täter
Bei einem Viertel der berichteten Vorfälle sind die Täter den Opfern bekannt (25.4 Prozent), im überwiegenden Teil (74.6 Prozent) dagegen sind sie Unbekannte (vgl. Abb. 9). Der Bekanntheitsgrad der
Täter ist nicht deliktspezifisch, hängt aber vom Alter der Opfer ab. Insbesondere jüngere Schwule und
Bisexuelle kennen ihre Täter sehr viel mehr als ältere. 72.8 Prozent der bis 18 Jahre alten kennen ihre
Täter. Bei den 19-25 jährigen sind es immerhin noch 33.0 Prozent. Dies verweist insbesondere auf die
Schüler, deren Täterumfeld überwiegend im Kontext der Schule zu sehen ist. 66.8 Prozent der von
Schülern angegebenen Gewalterfahrungen entfallen den Angaben zufolge auf Mitschüler als Täter
(vgl. Lippl 2008b).
Betrachtet man die Angaben der Befragten zum weiteren Umfeld der Täter, muss sicherlich darauf
hingewiesen werden, dass eine solche Einschätzung aus Opferperspektive oft schwierig und daher
problematisch ist. In der zweiten Umfragewelle wurde daher der Versuch unternommen, den Hintergrund der Täter durch subjektive Einschätzungen (in der Form von Rating-Skalen) zu erheben. Vier
Stimuli wurden vorgegeben: der rechtsradikale, der deutsche Hintergrund, die Zuordnung zu einer
schwulenfeindlichen Gruppierung sowie die Einschätzung, die Täter seien selbst schwul. Diejenigen,
die als schwule Täter eingeschätzt wurden, sind mit einem Anteil von 62.8 Prozent größtenteils Unbekannte, aber auch entferntere Bekannte (14.4 Prozent) und gute Freunde (7.0 Prozent). Es handelt sich
nur zu einem sehr geringen Anteil um Gewalt durch einen Partner (3.9 Prozent).
Der Überblick über die detaillierten Ergebnisse zu diesen Einschätzungen (vgl. Tab. 4) zeigt, dass
insbesondere die Zugehörigkeit zu einer schwulenfeindlichen Gruppierung und die Tatsache, dass die
Täter selbst schwul sein könnten, von ca. einem Fünftel deutlich weniger sicher eingeschätzt werden
als ein rechtsradikaler oder ein deutscher Hintergrund. Ob ein deutscher oder ein nichtdeutscher Hintergrund vermutet wird, können nur 7.6 Prozent der Befragten nicht sicher sagen.
Tab. 4: Einschätzung zum Hintergrund der Täter
Täter war/en rechtsradikal
Täter war/en Deutsche/r*
Täter gehört/en schwulenfeindlicher Gruppierung an
Täter war/en selbst schwul
Zusammenfassung
(ohne "weiß nicht")
trifft gar
nicht zu
trifft eher
nicht zu
trifft eher
zu
trifft voll
zu
weiß nicht
genau
Gesamt
50.1
28.3
21.2
8.2
10.2
12.3
4.3
43.6
14.2
7.6
100.0
100.0
30.1
17.8
17.6
12.2
22.3
100.0
47.8
18.9
7.1
5.5
20.7
100.0
trifft
nicht zu
trifft
zu
Gesamt
83.1
16.9
100.0
Täter war/en rechtsradikal
39.6
60.4
100.0
Täter war/en Deutsche/r*
Täter gehört/en schwulen61.6
38.4
100.0
feindlicher Gruppierung an
84.1
15.9
100.0
Täter war/en selbst schwul
Datenbasis: MANEO 2 2007/08; * Prozentuierungsbasis: nur in Deutschland wohnende Befragte.
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Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
Seite 28
Von denen, die sich in ihrer Einschätzung sicher sind, nehmen 16.9 Prozent einen rechtsradikalen Hintergrund der Täter an. 60.4 Prozent der in Deutschland wohnenden Befragten denken, dass es Deutsche waren, folglich vermuten 39.6 Prozent eine nichtdeutsche Herkunft bzw. einen Migrationshintergrund bei den Tätern. Die im Bericht zur Vorjahresuntersuchung geäußerte Befürchtung, dass der
dort in einer offenen Frage erhaltene Anteil nichtdeutscher Täter mit 16 Prozent der Fälle unterschätzt
sein dürfte (vgl. Lippl 2007), kann damit als bestätigt angesehen werden. Trotz dieses hohen Anteils
nicht-deutscher Täter muss konstatiert werden, dass es offenbar mehrheitlich deutsche Täter sind, die
schwulenfeindliche Gewalt ausüben (60.4 Prozent). 38.4 Prozent sehen die Täter als Angehörige einer
schwulenfeindlichen Gruppierung, was in der Befragungsvorlage allerdings nicht weiter spezifiziert
wurde. 15.9 Prozent der Befragten mit einem Gewaltvorfall meinen, die Täter waren selbst schwul.
Die Gewaltvorfälle, in denen schwul eingeordnete Täter beteiligt waren, können gemessen an objektiven Gesichtspunkten (sog. "FBI-Kriterien", vgl. Finke 2001) überwiegend als sicher schwulenfeindlich (80.8 Prozent) und vermutlich schwulenfeindlich (14.7 Prozent) eingeschätzt werden. In nur 4.6
Prozent dieser Fälle liegt kein eindeutig schwulenfeindlicher Hintergrund vor. In der subjektiven Einschätzung durch die Befragten selbst sehen 56.4 Prozent einen deutlichen, 20.2 eher keinen deutlichen
und 23.4 Prozent gar keinen schwulen Hintergrund des Vorfalls. Diese Befunde legen es nahe, dass
zumindest in der Mehrheit der Vorfälle, in denen Schwule selbst zum Täter werden, auch von einem
schwulenfeindlichen Hintergrund ausgegangen werden kann. Eine theoretische Diskussion darüber,
inwieweit Schwule selbst schwulenfeindlich sein können, kann an dieser Stelle nicht geführt werden.
Als Erklärung für das Motiv dieser Tat, in denen den Befunden nach überwiegend Unbekannte aufeinander treffen, bietet sich die Ablehnung eigener schwuler Anteile bzw. der Selbsthass auf Seiten der
schwulen Täter an, der sich an anderen Schwulen und Bisexuellen entlädt. Um das Phänomen jedoch
besser zu verstehen, müsste es genauer untersucht werden.
1.7. Waffeneinsatz
In 7.6 Prozent aller Vorfälle sind den Angaben der Befragten zufolge Waffen im Einsatz gewesen.
Allerdings ist der Waffeneinsatz deliktspezifisch. Während in nur 2.9 Prozent aller Bedrohungen und
7.1 Prozent aller Eigentumsdelikte Waffen verwendet wurden, überwiegt dieser bei den Körperverletzungen mit einem Anteil von 20.4 Prozent. Dabei handelte es sich in 67.2 Prozent aller Fälle mit einem Waffeneinsatz um Stichwaffen, in 40.0 Prozent um Hieb- und Schlagwaffen, in 11.1 Prozent um
Schusswaffen und in 7.0 Prozent um Betäubungsmittel.
Verletzung und Verarbeitung der erlebten Gewalt
Das Ausmaß an körperlichen und psychischen Verletzungen auf Seiten der Opfer ist den Angaben der
Opfer zufolge erheblich (vgl. Tab. 5). Insgesamt ist in 15.6 Prozent der Vorfälle eine Körperverletzung
eingetreten, in 13.6 Prozent der Taten nur eine leichte, in 1.8 Prozent eine schwere und in 0.2 Prozent
eine lebensbedrohliche. In 9.6 Prozent der Fälle war eine Behandlung notwendig. In 3.7. Prozent der
Vorfälle musste sogar eine ärztliche Behandlung durchgeführt werden. Dies unterstreicht - vom persönlichen Leid der Opfer einmal abgesehen - umso mehr, dass schwulenfeindliche Gewalt auch materielle Folgekosten für die Gesellschaft verursachen.
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Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
Seite 29
Eine psychische Belastung wird nur von einem geringen Anteil von 26.3 Prozent der Gewaltopfer
ausgeschlossen. Der überwiegende Anteil von 73.7 Prozent fühlt sich durch den Vorfall psychisch
verletzt (47.0 Prozent leicht, 20.5 Prozent stark und 6.2 Prozent sehr stark). In nur 4.4 Prozent der
Vorfälle ist eine psychotherapeutische Beratung oder Hilfe in Anspruch genommen worden.
Den Ergebnissen kann entnommen werden, dass die körperliche Verletzung und vor allem die psychische Belastung deutlich stärker ausfallen als die Behandlung und Hilfe danach. Eine Übertreibung der
Verletzungen, aber auch deren Bagatellisierung ist als Begründung dafür denkbar, wenngleich dies
nicht abschließend durch die Analysen geklärt werden kann. Allerdings sprechen die offenen Anmerkungen der Befragten eher für die These einer Bagatellisierung hinsichtlich der Verletzungen.
Tab. 5: Körperliche und psychische Verletzung
Körperlich
Prozent
Körperlich verletzt?
überhaupt nicht
leicht
schwer
lebensbedrohlich
Gesamt
Prozent
Psychisch belastet?
84.4
13.6
1.8
0.2
100.0
Med. Behandlung erforderlich?
nein
ja, Selbstbehandlung
ja, ärztl. Behandlung
Gesamt
Psychisch
überhaupt nicht
leicht
stark
sehr stark
Gesamt
26.3
47.0
20.5
6.2
100.0
Psychotherapeutische Beratung/
Hilfe?
90.4
5.9
3.7
100.0
nein
ja
95.6
4.4
Gesamt
100.0
Datenbasis: MANEO 2 2007/08.
Weitere Hinweise auf eine nicht gelungene Bearbeitung der erfahrenen Gewalt liefert der Befund, dass
nur 64.9 Prozent der Gewaltopfer mit ihrem näheren sozialen Umfeld darüber gesprochen haben. 35.1
Prozent dagegen tragen das Erlebte allein mit sich herum. Zwar sind der Austausch darüber und die
damit verbundene Verarbeitung im Falle körperlicher Gewalt stärker ausgeprägt als etwa bei der Bedrohung. Wenn jedoch mehr als ein Drittel im persönlichen Umfeld nicht darüber spricht, kann dies
neben einer Traumatisierung oder Scham auch als Zeichen der Bagatellisierung gewertet werden.
Einschätzung zum schwulenfeindlichen Hintergrund der Vorfälle
Um sicherzustellen, dass bei den erhobenen Vorfällen auch tatsächlich ein schwulenfeindliches Tatmotiv vorlag, wurden in der zweiten Befragungswelle verstärkte methodische Anstrengungen unternommen. Zum einen wurden "objektive" Aspekte und Umstände der Tat abgefragt, mit denen seit den
90er Jahren bereits in den USA homophobe Gewalttaten in den polizeilichen Behörden erhoben wurden. MANEO hat diese sogenannten FBI-Kriterien bereits vor Jahren für den deutschen Kontext über-
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Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
Seite 30
tragen (vgl. Finke 2002) und stellt diese aktualisiert auf der Internetseite zur Verfügung. Zum anderen
wurden die Befragungsteilnehmer auch selbst danach gefragt, wie deutlich für sie die Hinweise sind,
dass es sich um eine schwulenfeindliche Tat gehandelt hat.
Die Übersicht über die objektiven Kriterien von Schwulenfeindlichkeit (vgl. Abb. 10) zeigt, in welchem Umfang spezifische Aspekte von den Befragten für den berichteten Vorfall angegeben wurden.
Mehr als die Hälfte der Befragten mit einem genannten Vorfall berichtet von schwulenfeindlichen
Äußerungen der Täter (56.1 Prozent). 27.2 Prozent der Befragten geben an, dass sie als Paar erkennbar
waren. 25.4 Prozent meinten an Kleidung, Verhalten oder Symbolen als Schwule identifiziert worden
zu sein.
Abb. 10: "Objektive" Kriterien für den schwulenfeindlichen Hintergrund der Vorfälle
Schwulenfeindliche Äußerung
56.1
Erkennbar als Paar
27.2
Erkennbar an Kleidung/Verhalten/Symbolen
25.4
Bekannter Szeneort/-umfeld
11.6
Täter bereits diskriminierend aufgefallen
8.7
Tat gegen mich aufgrund Szeneengagement
4.8
Tat an einem schwullesbischen Feiertag
4.2
Tat an bekanntem gewaltbelasteten Ort
3.9
Schwulenfeindliche Symbole (Täter)
3.2
Anderes
13.3
0
20
40
60
Prozent
Datenbasis: MANEO 2 2007/08.
Die einzelnen Kriterien wurden mit Mehrfachnennung abgefragt. In 56.2 Prozent der Fälle wurde nur
ein Kriterium genannt, in 42.0 Prozent der Vorfälle sogar mehr als ein Kriterium. In nur 206 Fällen
(1.8 Prozent der Vorfälle) wurde keines der Kriterien angegeben bzw. die Frage nicht beantwortet.
Jedem Kriterium kann eine Bewertung zugeordnet werden, wie sicher bzw. wahrscheinlich die Schwulenfeindlichkeit der Tat mit diesem Kriterium ist. Durch eine solche Bewertung kann für die Umfragedaten festgestellt werden, inwieweit ein homophober Hintergrund tatsächlich vorliegt (vgl. Tab. 6).
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Seite 31
Tab. 6: Kriterien für den schwulenfeindlichen Hintergrund nach Gewaltformen
Bedrohung
Eigentumsdelikt
Körperverletzung
Gesamt
"Objektive" Kriterien
nicht antischwul
vermutlich antischwul
sicher antischwul
sehr sicher antischwul
Gesamt
Fallzahl
0.9
4.9
23.0
71.2
100.0
4816
18.3
16.4
39.3
26.0
100.0
672
2.7
6.0
27.8
63.5
100.0
1475
3.0
6.3
25.6
65.2
100.0
6963
Subjektive Einschätzung
gar nicht deutlich
eher nicht deutlich
eher deutlich
sehr deutlich
Gesamt
Fallzahl
4.5
12.2
37.9
45.4
100.0
4863
46.0
24.1
20.6
9.3
100.0
717
Grad an Schwulenfeindlichkeit der Tat
8.2
9.5
12.2
13.4
33.3
35.2
46.3
41.9
100.0
100.0
1502
7082
Datenbasis: MANEO 2 2007/08.
In nur 3.0 Prozent der berichteten Vorfälle kann sicher nicht von einer schwulenfeindlichen Tat ausgegangen werden. Diese finden sich überwiegend in den Eigentumsdelikten. 6.3 Prozent sind nur vermutlich, 25.6 sicher und 65.2 sehr sicher als schwulenfeindlich einzustufen. Herek, Cogan & Gillis
(2002) konnten in einer kalifornischen Studie an einem Subsample unter Einsatz mündlicher Interviews zeigen, dass ein geringer Prozentsatz (9%) der von den Befragten ursprünglich als homophob
klassifizierten Gewalttaten nach entsprechend genauem Nachfragen durch die geschulten Interviewer
keinen eindeutig homophoben Hintergrund mehr aufwiesen. Die MANEO-Umfrage liegt mit einem
Anteil von 3.0 Prozent an sicher nicht schwulenfeindlichen Vorfällen deutlich darunter. Allerdings
können diese Angaben auch nicht wie in der kalifornischen Studie validiert werden, so dass eine Unsicherheit bleibt.
Betrachtet man die subjektiven Einschätzungen der Befragten, lässt sich feststellen, dass 22.9 Prozent
der Vorfälle von den befragten Opfern selbst als gar nicht deutlich oder eher nicht deutlich schwulenfeindlich eingeschätzt werden. Der überwiegende Teil von 77.1 Prozent der Gewaltvorfälle wird dagegen als eher und sehr deutlich schwulenfeindlich bewertet. Inwieweit diese Einschätzungen zuverlässig sind, muss ungeklärt bleiben. Möglich und sogar wahrscheinlich ist es, dass auch hier Gewalttaten
auf Seiten der Befragten bagatellisiert werden. In jedem Fall lassen diese und die weiteren Einschätzungen zu den Kriterien für Schwulenfeindlichkeit wenig Zweifel an der homophoben Ausrichtung
der meisten Taten zu.
Anzeigeverhalten und Einstellung zur Polizei
Gerade für die Sichtbarkeit homophober Taten ist das Anzeigeverhalten bei der Polizei von besonderem Interesse. Auch in der zweiten Befragungswelle wurden nur 11,7 Prozent aller Gewaltvorfälle bei
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Seite 32
der Polizei zur Anzeige gebracht. In 88,3 Prozent der Fälle dagegen wurde die Polizei nicht verständigt.
Betrachtet man das Anzeigeverhalten in Verbindung mit den einzelnen Formen von Gewalt (vgl. Abb.
11), kann aufgezeigt werden, dass die Polizei dann verstärkt eingeschaltet wird, wenn eine Körperverletzung oder ein Eigentumsdelikt vorliegen.7 Auch mit der Schwere der Verletzung oder des Eigentumsdeliktes nimmt auch die polizeiliche Meldung zu. Selbst im Falle einer schweren Körperverletzung werden allerdings nur 57.5 Prozent dieser Gewalttaten zur Anzeige gebracht. Damit wird fast ein
Drittel dieser als besonders schwer einzustufenden Gewaltkriminalität nicht angezeigt. Zwar kann
bestätigt werden, dass das Anzeigeverhalten und damit auch die Dunkelziffer auch bei schwulenfeindlicher Gewalt deliktspezifisch sind (vgl. Lamnek 2001: 395), und dass das Anzeigen bei der Polizei
und damit die Sichtbarkeit mit dem Verletzungsgrad, dem Alter und dem materiellen Status zunehmen. Insgesamt aber kann der sehr niedrige Anteil von angezeigten schwulenfeindlichen Gewaltvorfällen nicht zufriedenstellen, denn es geht auch um die staatliche Registrierung vorurteilsmotivierter
Gewalttaten. Nur was sichtbar in den polizeilichen Statistiken ist, wird von der Politik als Problem
wahrgenommen und entsprechend angegangen.
Abb. 11: Verständigung/Anzeige bei der Polizei nach Gewaltformen
Bedrohung
96.5
Eigentumsdelikt
61.2
Eigentumsdelikt (mit Körperverletzung)
45.9
Körperverletzung (ohne)
89.4
Körperverletzung (leicht)
75.3
Körperverletzung (schwer)
42.5
3.5
38.8
54.1
10.6
24.7
57.5
0
20
40
60
80
100
Polizei verständigt bzw. Anzeige erstattet? - Prozent
nein
ja
Datenbasis: MANEO 2 2007/08.
7
Auch in einer Untersuchung an einer repräsentativen Stichprobe erwachsener Bundesbürger wurden nach den
Angaben der Opfer Eigentumsdelikte (Wohnungseinbrüche: 87.0 Prozent, Raub: 73.7 Prozent und Diebstahl:
56.0 Prozent) erheblich häufiger als Körperverletzungen (38.7 Prozent) und Bedrohungen (16.2 Prozent) zur
Anzeige gebracht (vgl. Mansel & Albrecht 2003: 352). Verglichen mit der Gesamtbevölkerung ist die Anzeigebereitschaft unter den befragten Bisexuellen und Schwulen insgesamt deutlich niedriger.
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Tab. 7: Verständigung/Anzeige bei der Polizei und Gefühl, ernst genommen zu werden, nach
dem Bundesland des Vorfalls
Bundesland des Vorfalls
Ja, Polizei wurde verständigt
Anzeige erstattet
Baden-Württemberg
Bayern
Berlin
Brandenburg
Bremen
Hamburg
Hessen
Mecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Rheinland-Pfalz
Saarland
Sachsen
Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein
Thüringen
Deutschland unbek.
10.5
8.7
11.1
16.7
12.3
13.7
10.9
9.6
8.9
13.5
12.0
11.1
8.2
18.3
15.6
7.7
9.2
Gesamt
11.7
(eher) nicht
ernst genommen
41.9
41.9
33.3
63.6
20.0
44.7
39.2
45.4
36.1
35.4
39.1
12.5
50.0
54.2
35.0
42.9
35.3
(eher) ernst
genommen
58.1
58.1
66.7
36.4
80.0
55.3
60.8
54.5
63.9
64.7
60.9
87.5
50.0
45.8
65.0
57.1
64.7
37.5
62.4
Datenbasis: MANEO 2 2007/08; Anteile in Prozent.
Es gibt nicht unerhebliche Unterschiede im Anzeigeverhalten, wird dieses nach dem Bundesland, in
dem der Vorfall stattgefunden hat, betrachtet (vgl. Tab. 7). Während in Sachsen-Anhalt, Brandenburg
und Schleswig-Holstein der Anteil einer polizeilichen Meldung deutlich höher liegt, ist er in Bayern,
Sachsen und Thüringen am niedrigsten. Wurde eine Anzeige erstattet, kann den Angaben entnommen
werden, dass sich 37.5 Prozent der Opfer nicht von der Polizei ernst genommen fühlt. In Brandenburg,
Sachsen-Anhalt und Sachsen ist der Anteil am höchsten, in Berlin, Bremen und dem Saarland am
niedrigsten.
Insgesamt ist das Anzeigeverhalten unter Schwulen und Bisexuellen nicht sehr ausgeprägt. Ein Grund
dafür ist sicherlich der bereits angesprochene Befund, dass die Polizei schwule und bisexuelle Gewaltopfer aus deren Sicht offenbar noch immer nicht ausreichend ernst nimmt, wenn sie Anzeige erstatten.
Offenbar haben Schwule und Bisexuelle insgesamt kein ausreichendes Vertrauensverhältnis zur Polizei. Denn nur 39.2 Prozent aller Befragten geben an, dass sie Vertrauen in die Polizei haben, dass diese die Sicherheitsbelange von Schwulen und Bisexuellen berücksichtigt. 60.8 Prozent haben dieses
Vertrauen nicht (vgl. Tab. 8 im Anhang). Weitere Gründe, warum die Polizei nicht verständigt oder
Anzeige erstattet wurde, wurden in der Befragung von den Opfern selbst ermittelt (vgl. Abb. 12).
Mehr als die Hälfte der Opfer (57.3 Prozent) findet die Gewalttat offensichtlich nicht so schlimm, als
dass eine Anzeige oder Meldung bei der Polizei gerechtfertigt wäre. Auch der erhöhte Aufwand bzw.
die vielen Umstände (39,5 Prozent) deuten möglicherweise auf eine Bagatellisierung durch die Opfer
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hin. Mehr als ein Viertel der Befragten zeigt Zweifel an der Polizeiarbeit oder resigniert, dass die Täter
ohnehin nicht ermittelt werden.
Abb. 12: Gründe für Nicht-Verständigung/Nicht-Anzeige bei der Polizei
Weil es nicht so schlimm war
57.3
Wäre mir zu viel Umstand gewesen
39.5
Polizei würde Anliegen nicht ernst nehmen
33.8
Täter wird eh nicht gefunden/ermittelt
30.5
Weil ich den Tatort bald verlassen
19.6
Möchte nicht als Schwuler erfasst werden
18.7
Angst vor Rache des/der Täter/s
14.0
Scham wegen meiner Hilflosigkeit
6.5
Peinlich, da während sexueller Handlung
2.6
Weil ich mich selbst belasten könnte
1.0
Weil ein anderer die Polizei verständigte
0.8
0
20
40
60
Prozent
Datenbasis: MANEO 2 2007/08.
Dass dies jedoch pauschal nicht zutreffen muss, belegt die erhobene Täterermittlungsquote bzw. Aufklärungsquote unter denjenigen Befragten, die Anzeige erstattet haben. Demnach konnte den Angaben
der Befragten zufolge in immerhin 40.1 Prozent (Vorjahr: 37.6 Prozent) der Fälle, die zur Anzeige
gebracht wurden, die Täter gefasst werden, 14.9 Prozent (Vorjahr: 12.5 Prozent) wissen es (noch)
nicht. Bei 45.0 Prozent (Vorjahr: 49.8 Prozent) der angezeigten Fälle konnten die Täter nicht gefasst
werden.
Sicherheitsgefühl und tatsächliche Betroffenheit
Abschließend soll der Blick darauf gelenkt werden, wie sich das Sicherheitsgefühl bzw. Risikobewusstsein unter den befragten schwulen und bisexuellen Jugendlichen und Männern darstellt. Für wie
wahrscheinlich halten sie es, dass Schwule insgesamt und insbesondere auch sie selbst Opfer einer
homophoben Gewalttat werden und wie stark sind sie tatsächlich davon betroffen (vgl. Abb. 13).
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Abb. 13: Sicherheitsgefühl und tatsächliche Betroffenheit
Wahrscheinlichkeit, dass Schwule
Opfer von Gewalt werden
54.0
46.0
Wahrscheinlichkeit, selbst
Opfer von Gewalt zu werden
79.7
Tatsächlich selbst
Opfer von Gewalt geworden
20.3
59.4
0
20
40
40.6
60
Prozent
80
100
kommt nicht vor/wird mir nicht passieren/eher gering
ist nicht passiert
hoch/sehr hoch
ist passiert
Datenbasis: MANEO 2 2007/08.
Unabhängig davon, ob ein Vorfall in der Umfrage berichtet wurde, geben 46.0 Prozent der Befragten
an, dass die Wahrscheinlichkeit für offen schwul lebende Männer, Opfer einer schwulenfeindlichen
Gewalttat zu werden, entweder nicht vorkommt oder eher gering ist. 54.0 Prozent sind dagegen der
Ansicht, dass dieses Risiko hoch bzw. sehr hoch ist. Davon unterscheidet sich deutlich die Einschätzung der Wahrscheinlichkeit, selbst Opfer einer schwulenfeindlichen Gewalttat zu werden. Insgesamt
geben 79.7 Prozent der Befragten an, dass die Wahrscheinlichkeit, selbst Opfer zu werden gar nicht
existiert oder nur gering ist, während nur 20.3 Prozent das Risiko als eher hoch bzw. sehr hoch einschätzen.8
Das Risiko, selbst Opfer einer schwulenfeindlichen Gewalttat zu werden, wird also deutlich geringer
eingeschätzt als das allgemeine Risiko unter allen Schwulen. Eigen- und Fremdwahrnehmung gehen
also auseinander. Insgesamt sind aber den Angaben zufolge tatsächlich 40.6 Prozent Opfer einer Gewalttat geworden. Die Risikoeinschätzung für andere Schwule und Bisexuelle liegt also deutlich näher
an der tatsächlichen Gewaltbetroffenheit unter Schwulen und Bisexuellen als das Risiko für einen
selbst. Für sich selbst sieht man die Gefahr nicht und spielt sie herunter, obwohl sie tatsächlich größer
8
Auch wenn der Vergleich hier nicht unmittelbar möglich ist, zeigen Umfragedaten im Rahmen des Eurobarometers (EB 58.0) für das Jahr 2002, dass ca. 11 Prozent der deutschen Bevölkerung glaubt, dass sie in den
nächsten 12 Monaten selbst Opfer einer Körperverletzung werden (vgl. Dittmann 2005: 9).
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ist. Alles in allem scheinen diese Befunde also darauf hinzudeuten, dass das eigene Risiko innerhalb
der Szene unterschätzt und damit bagatellisiert wird.
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Zusammenfassung
Im Vergleich zur Vorjahresuntersuchung haben sich zwar in vielen Aspekten keine neuen und gravierenden Veränderungen ergeben. Diese waren jedoch auch nicht zu erwarten und wären angesichts der
Selbstselektion der Befragten bzw. des Fehlens einer Repräsentativität zu allen Schwulen und Bisexuellen ohnehin nicht mit methodischer Sicherheit aufrecht zu erhalten. Vielmehr spricht die Stabilität in
den Beschreibungen und Zusammenhangsanalysen für die nachhaltige Problematik schwulenfeindlicher Gewalt. Dennoch konnten auch einige neue Erkenntnisse gewonnen werden.
Insgesamt konnte an mehreren Stellen aufgezeigt werden, inwieweit vorurteilsmotivierte Gewalt gegenüber Schwulen und Bisexuellen durch diese selbst bagatellisiert wird. 1. Im Sicherheitsempfinden
unter den Befragten ergaben die Analysen, dass die Einschätzung vorherrscht, dass es andere zwar
durchaus treffen kann, einen selbst jedoch eher nicht. Dass dies eine Fehlwahrnehmung ist, zeigt die
tatsächliche Gewaltbetroffenheit, die in der Umfrage selbst berichtet wird. 2. Die geringe Anzeigequote (von 12 Prozent) bei der Polizei und das Gefühl, dort nicht ernst genommen zu werden, zeigen einmal mehr, dass das Verhältnis zwischen Polizei und Schwulen weiter verbessert werden muss. Allerdings zeugt es auch von Bagatellisierung, wenn erfahrene Gewalttaten nicht angezeigt werden und
dies damit begründet wird, dass alles "nicht so schlimm sei". 3. Körperverletzungen werden durch die
Befragten zum Teil falschen Gewaltformen zugeordnet. Ein "blaues Auge" ist jedoch keine Bedrohung, sondern eine Körperverletzung. Derartige Falschzuordnungen deuten möglicherweise auf eine
Bagatellisierung der Delikte hin, häufig entzieht sich der Hintergrund einer einfachen Deutung; diese
Falschzuordnungen können auch indirekte Hinweise darauf sein, dass keine angemessene psychische
Verarbeitung der erlebten Gewalttat erfolgen konnte und dass weiterhin Gefühle der Scham, der
Schuld oder unterschiedliche Formen der Traumatisierung vorliegen; um diesen Hintergrund weiter
aufzuklären, bedürfte es anderer Befragungsformen. 4. Körperliche und insbesondere psychische Verletzungen werden offenbar nicht in ausreichendem Maße versorgt und bearbeitet, wenn Hilfe und Beratung nur in geringem Maße in Anspruch genommen werden. Insbesondere spricht der relativ niedrige Anteil derer, die über die erfahrene Gewalt mit ihrem persönlichen Umfeld reden, nicht für eine
zufriedenstellende Aufarbeitung des Geschehenen. 5. Der schwulenfeindliche Hintergrund der berichteten Vorfälle wird in der subjektiven Einstellung offenbar unterschätzt, wenn objektive Indizien, die
für eine schwulenfeindliche Ausrichtung der Tat sprechen, faktisch angeführt werden.
Umfragen wie diese können dazu beitragen, homophobe Gewalterfahrungen innerhalb der schwulen,
bi- und transsexuellen Szenen sichtbarer zu machen und damit das eigene Sicherheitsgefühl der Mitglieder zu hinterfragen. Sie geben eine bessere Aufklärung ohne zu dramatisieren und sie liefern relevantes empirisches Material, das für eine Gesamtbetrachtung ebenso bedeutsam ist wie die Sammlung
einzelner Fallgeschichten. Von daher ist es notwendig und sinnvoll, derartige Umfragen in regelmäßigen Abständen zu wiederholen und auch international durchzuführen. Auch die Bagatellisierung der
erfahrenen Gewalt kann durch Befragungen sichtbar gemacht werden und in die Szene kommuniziert
werden. Bagatellisierungen verhindern eine angemessene Auseinandersetzung mit schwulenfeindlicher Gewalt und führen dazu, auf ein offeneres und psychisch gesünderes Leben als sexuell anders
Orientierter zu verzichten. Für ein "Mehr an gelebtem Leben" zu kämpfen lohnt sich mehr als ein sich
Wegducken, nicht nur für sich selbst, sondern auch für die ganze schwul-lesbische Community.
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Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
Seite 38
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Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
Seite 39
www.maneo.de
Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
Seite 40
13. Anhang
Tab. 8: Einstellungen unter Schwulen und Bisexuellen
MANEO 1
2006/07
MANEO 2
2007/08
"Trifft zu"
"Trifft zu"
Ich zeige mich als Schwuler/Bisexueller offen und frei in der Öffentlichkeit.
56.0
51.7
Ich vermeide Verhaltensweisen, durch die ich als Schwuler/ Bisexueller erkannt werden könnte.
41.0
39.4
Ich unterscheide nach Orten, wo ich als Schwuler/Bisexueller offen auftreten
kann.
57.9
57.7
Ich bin zunächst vorsichtig, wenn ich neue Leute in der Szene kennen lerne.
59.4
59.1
Alles in allem fühle ich mich sicher als Schwuler/Bisexueller an dem Ort, wo
ich lebe.
83.4
83.3
Ich glaube, dass man es mir ansieht, dass ich schwul/bisexuell bin.
24.7
24.7
Schwule/Bi-/Transsexuelle wehren sich nicht ausreichend gegen Diskriminierung und schwulenfeindliche Gewalt.
53.1
56.1
Ich habe Vertrauen in die Polizei, dass diese Sicherheitsbelange von Schwulen/Bisexuellen berücksichtigt.
34.2
39.2
In unserer Gesellschaft wird genug gegen schwulenfeindliche Gewalt unternommen.
20.5
21.0
23.937
17.477
Fallzahl
Prozentuale Anteile derjenigen an allen Befragten, nach deren Auffassung die Aussage eher und voll zutrifft.
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Ergebnisse der MANEO-Umfrage 2 (2007/2008)
Seite 41
14. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abb. 1: Homophobie in der Bevölkerung - Deutschland im internationalen Vergleich ....................................... 15
Abb. 2: Gewaltbetroffenheit und Gewaltformen (korrigierte Verteilung des subjektiv bedeutsamsten Vorfalls) 17
Abb. 3: Häufigkeit der Gewalterfahrungen nach Gewaltformen - Mehrfachviktimisierung................................. 18
Abb. 4: Subjektiv bedeutsamster Vorfall nach Alter ............................................................................................ 20
Abb. 5: Subjektiv bedeutsamster Vorfall nach verfügbarem Einkommen ............................................................ 21
Abb. 6: Subjektiv bedeutsamster Vorfall nach der Größe des Wohnorts.............................................................. 21
Abb. 7: Geschlecht und Alter der Täter ................................................................................................................ 25
Abb. 8: Anzahl der Täter nach Gewaltformen ...................................................................................................... 26
Abb. 9: Bekanntheit der Täter............................................................................................................................... 26
Abb. 10: "Objektive" Kriterien für den schwulenfeindlichen Hintergrund der Vorfälle ...................................... 30
Abb. 11: Verständigung/Anzeige bei der Polizei nach Gewaltformen ................................................................. 32
Abb. 12: Gründe für Nicht-Verständigung/Nicht-Anzeige bei der Polizei ........................................................... 34
Abb. 13: Sicherheitsgefühl und tatsächliche Betroffenheit................................................................................... 35
Tab. 1: Beschreibung der Befragten...................................................................................................................... 12
Tab. 2: Zeugenschaft eines schwulenfeindlichen Vorfalls (Mehrfachnennung) ................................................... 19
Tab. 3: Subjektiv bedeutsamster Vorfall nach dem Bundesland des Wohnorts (Prozent) .................................... 22
Tab. 4: Einschätzung zum Hintergrund der Täter ................................................................................................. 27
Tab. 5: Körperliche und psychische Verletzung ................................................................................................... 29
Tab. 6: Kriterien für den schwulenfeindlichen Hintergrund nach Gewaltformen................................................. 31
Tab. 7: Verständigung/Anzeige bei der Polizei und Gefühl, ernst genommen zu werden, nach dem Bundesland
des Vorfalls ........................................................................................................................................................... 33
Tab. 8: Einstellungen unter Schwulen und Bisexuellen........................................................................................ 40
Information zum Autor:
Dr. Bodo Lippl, geb. am 30.04.1970. Studium der Kath. Theologie und Soziologie in München, Wiss. Mitarbeiter am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin, zurzeit Verwaltung der Professur
"Methoden der empirischen Sozialforschung" an der Leibniz Universität Hannover, Mitglied im wissenschaftlichen Beirat von MANEO.