schmissas, m.

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ZULASSUNG VON BETRIEBEN –
FLEXIBILITÄT VERSUS STANDARDS
50. ARBEITSTAGUNG DES ARBEITSGEBIETES
LEBENSMITTELHYGIENE DER DVG
DR. MED. VET. MARTIN SCHMISSAS
LANDESAMT FÜR NATUR,
UMWELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ
NORDRHEIN-WESTFALEN
Zulassung von Betrieben – Flexibilität versus Standards
I.
Rechtliche Stellung der Zulassungsbehörde
Gemeinschaftsrecht, Bundesrecht und Grundbegriffe des
Verwaltungsrechts
II.
Beispiele für Standards
Das Einfrieren von Fleisch
Die Reinigung der Milch
III. Bedeutung der Begriffe Flexibilität und Standard
50. Arbeitstagung Lebensmittelhygiene
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LANUV NRW
Zulassung von Betrieben – Flexibilität versus Standards
Gemeinschaftsrecht
Lebensmittelunternehmer dürfen … Erzeugnisse tierischen
Ursprungs nur in Verkehr bringen, wenn sie ausschließlich
in Betrieben bearbeitet und behandelt worden sind, die …
zugelassen worden sind.
Sie erteilt einem Betrieb … nur dann die Zulassung,
wenn der Lebensmittelunternehmer nachgewiesen
hat, dass er die entsprechenden Anforderungen des
Lebensmittelrechts erfüllt.
50. Arbeitstagung Lebensmittelhygiene
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Artikel 4
Abs. 1
853/2004
Artikel 31
Abs. 2
882/2004
LANUV NRW
Zulassung von Betrieben – Flexibilität versus Standards
Bundesrecht
Zweck des LFGB
Zweck des Gesetzes ist es,
1. bei Lebensmitteln den Schutz der Verbraucher
durch Vorbeugung gegen eine oder Abwehr einer
Gefahr für die menschliche Gesundheit sicherzustellen,
§ 1 LFGB
2. vor Täuschung beim Verkehr mit Lebensmitteln,
zu schützen,
...
50. Arbeitstagung Lebensmittelhygiene
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LANUV NRW
Zulassung von Betrieben – Flexibilität versus Standards
Grundbegriffe des Verwaltungsrechts
Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und Gleichbehandlungsgrundsatz
Die Verwaltung darf
keine Maßnahmen treffen, die einem Gesetz widersprechen
(Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes),
nur tätig werden, wenn sie dazu durch Gesetz ermächtigt
worden ist (Grundsatz des Vorbehaltes des Gesetzes).
gleiche Fälle nicht ohne sachlichen Grund unterschiedlich
behandeln (Gleichbehandlungsgrundsatz)
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Art. 20 GG
Art. 14 GG
Art. 3 GG
Eine Maßnahme der Verwaltung darf die Freiheitsansprüche des
Einzelnen gegenüber dem Staat nur soweit beschränken, als es
zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich ist.
(Geeignetheit, Erforderlichkeit, Angemessenheit)
50. Arbeitstagung Lebensmittelhygiene
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LANUV NRW
Zulassung von Betrieben – Flexibilität versus Standards
Grundbegriffe des Verwaltungsrechts
Ermessen und Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe
Ermessen liegt vor, wenn die Verwaltung bei Verwirklichung
eines bestimmten Tatbestandes zwischen verschiedenen
Verhaltensweisen wählen kann (und auch muss).
Auslegung ist die Ermittlung und Feststellung des rechtlich
maßgeblichen Sinngehalts von Normen und Normbegriffen
im Hinblick auf einen konkreten Einzelsachverhalt.
§ 40
VwVfG NRW
Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat
sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
50. Arbeitstagung Lebensmittelhygiene
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LANUV NRW
Zulassung von Betrieben – Flexibilität versus Standards
Einfrieren von Fleisch
Die Vorgeschichte
1. Betrieb
In einem Gefrierhaus wurde feinzerlegtes Fleisch in einem
Schockfroster eingefroren. Nach dem Auftauen wurde der
mikrobiologische Verderb des Fleisches festgestellt.
2. Betrieb
Ein Betrieb beantragte eine Zulassung für das Einfrieren von
Fleisch. Ein Schockfroster war nicht vorhanden.
3. Betrieb
Bei einem Dönerhersteller wurde mehrfach festgestellt, dass
im Schockfroster eingefrorene Ware mit Kerntemperaturen
zwischen 0 und -3°C ausgeliefert wurde.
50. Arbeitstagung Lebensmittelhygiene
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LANUV NRW
Zulassung von Betrieben – Flexibilität versus Standards
Einfrieren von Fleisch
Die rechtlichen Gesichtspunkte
… muss … auf eine Kerntemperatur
von -18° C … (ein)gefroren werden.
Anhang III
Abschnitt V
Kapitel III
Nr. 4 e)
853/2004
Anhang III
Abschnitt V
Kapitel III
853/2004
… Separatorenfleisch … muss … innerhalb von zwölf
Stunden nach seiner Gewinnung eingefroren werden
und innerhalb von sechs Stunden eine Kerntemperatur
von -18 °C oder darunter erreichen.
50. Arbeitstagung Lebensmittelhygiene
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LANUV NRW
Zulassung von Betrieben – Flexibilität versus Standards
Einfrieren von Fleisch
Die rechtlichen Gesichtspunkte
Tiefgefrorene Lebensmittel im Sinne dieser Verordnung
sind Lebensmittel, die einem geeigneten Gefrierprozess
(Tiefgefrieren) unterzogen worden sind, bei dem der Bereich der maximalen Kristallisation entsprechend der Art
des Lebensmittels so schnell wie nötig durchschritten
wird, mit der Wirkung, dass die Temperatur des Lebensmittels an allen seinen Punkten nach der thermischen
Stabilisierung mindestens minus 18 Grad C beträgt …
§ 1 TLMV
Ein geeigneter Schnellgefrierprozess muss vor
Gesundheitsgefahren und Täuschungen beim
Verkehr mit Lebensmitteln schützen !
50. Arbeitstagung Lebensmittelhygiene
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LANUV NRW
Zulassung von Betrieben – Flexibilität versus Standards
Einfrieren von Fleisch
Die fachlichen Gesichtspunkte
Verfahren sind geeignet, wenn sie nach dem Stand von Wissenschaft und Technik arbeiten.
Ein Standardverfahren für das Einfrieren von Fleisch ist das
Einfrieren im Kaltluftstrom (-25 bis -45°C, 2 bis 9 m/s )
Der Bereich der maximalen Kristallbildung liegt bei Fleisch
zwischen -1,5 und -5 °C
(GÖTZE, 1979; MÜLLER, 1996)
Für Fleisch soll eine Gefriergeschwindigkeit von 1 cm / h nicht
unterschritten werden
(KURZHALS, 2007; TROEGER, 2006; FEHLHABER/JANETSCHKE (Hrsg.), 1992)
50. Arbeitstagung Lebensmittelhygiene
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LANUV NRW
Zulassung von Betrieben – Flexibilität versus Standards
Einfrieren von Fleisch
Der Standard
Bei der Zulassungsinspektion von Betrieben,
die Hackfleisch, Fleischzubereitungen oder
Separatorenfleisch einfrieren, prüft das LANUV
gegen folgenden Standard:
Die mittlere lineare Gefriergeschwindigkeit
beträgt mindestens 1 cm / h
In einer angemessenen Zeit nach dem
Schockfrosten sinkt die Kerntemperatur auf
mindestens -18°C
50. Arbeitstagung Lebensmittelhygiene
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LANUV NRW
Zulassung von Betrieben – Flexibilität versus Standards
Reinigung der Milch
Die rechtlichen Gesichtspunkte
Vor der Wärmebehandlung oder vor der Verarbeitung
ist Milch mit Zentrifugen oder anderen Einrichtungen
mit gleicher Reinigungswirkung zu reinigen.
Ein Lebensmittelunternehmer darf ... Rohstoffe … nicht akzeptieren, wenn sie … aller Voraussicht nach mit … fremden Stoffen derart kontaminiert sind, dass selbst nach ihrer
… Vorbehandlung … das Endprodukt für den menschlichen
Verzehr nicht geeignet wäre.
50. Arbeitstagung Lebensmittelhygiene
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MilchV
Anlage 6
Nr. 1.2
(aufgehoben)
Anhang II
Kapitel IX
Nr. 1
852/2004
LANUV NRW
Zulassung von Betrieben – Flexibilität versus Standards
Reinigung der Milch
Die rechtlichen Gesichtspunkte
Lebensmittel gelten als nicht sicher, wenn davon auszugehen ist, dass sie für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet sind.
…, ist zu berücksichtigen, ob das Lebensmittel infolge einer
durch Fremdstoffe bewirkten Kontamination für den Verzehr
inakzeptabel geworden ist.
Wenn Lebensmittelunternehmer erwägen, Rohmilch … einer
Hitzebehandlung zu unterziehen, müssen sie Folgendem
Rechnung tragen:
a) …
b) den Anforderungen, die die zuständige Behörde gegebenenfalls hierzu vorgibt, wenn sie Betriebe zulässt ...
50. Arbeitstagung Lebensmittelhygiene
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Artikel 14
Absatz 2
Buchstabe b,
Absatz 5
178/2002
Anhang III
Abschnitt IX
Kapitel II
Teil II
Nr. 2 b
853/2004
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Zulassung von Betrieben – Flexibilität versus Standards
Reinigung der Milch
Die fachlichen Gesichtspunkte
Verfahren sind geeignet, wenn sie nach dem Stand von Wissenschaft und Technik arbeiten.
Der Stand der Technik wird durch jahrelang bestehende Rechtsvorschriften mit geprägt. Die Richtlinie des Erhitzerausschusses zur
„Typprüfung von Dauererhitzern für Milch“ sieht weiterhin die
Prüfung der Wirksamkeit der Reinigungsverfahren vor.
Durch die Reinigung der Milch mit Zentrifugen oder feinporigen
Sieben (Lochdurchmesser 50 bis 100 µm) lassen sich fremde Stoffe
wie Haare, Stroh- und Schmutzpartikel entfernen.
50. Arbeitstagung Lebensmittelhygiene
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LANUV NRW
Zulassung von Betrieben – Flexibilität versus Standards
Reinigung der Milch
Die fachlichen Gesichtspunkte
50. Arbeitstagung Lebensmittelhygiene
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LANUV NRW
Zulassung von Betrieben – Flexibilität versus Standards
Reinigung der Milch
Die fachlichen Gesichtspunkte
50. Arbeitstagung Lebensmittelhygiene
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LANUV NRW
Zulassung von Betrieben – Flexibilität versus Standards
Reinigung der Milch
Der Standard
Bei der Zulassungsinspektion von Betrieben,
die Rohmilch verarbeiten, prüft das LANUV
gegen folgenden Standard:
Die Rohmilch wird in Zentrifugen oder
Einrichtungen gleicher Reinigungswirkung
gereinigt.
50. Arbeitstagung Lebensmittelhygiene
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Zulassung von Betrieben – Flexibilität versus Standards
Flexibilität - Standards
Das deutsche Recht kennt nicht den Begriff der „Flexibilität“,
wohl aber die am Normzweck ausgerichtete
Einzelfallentscheidung.
Die Flexibilität des Gemeinschaftsrechts öffnet definierte
Handlungsspielräume für eine nationale Gesetzgebung.
Auslegung und Ermessen sind national die maßgeblichen
Begriffe im Verwaltungsverfahren.
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Zulassung von Betrieben – Flexibilität versus Standards
Flexibilität - Standards
Standards ergeben sich durch Auslegung von Rechtsvorschriften und sind damit ein Ergebnis von „Flexibilität“.
Standards sind ein Element der behördlichen Kontrolltätigkeit.
Standards befördern die Gleichbehandlung von Unternehmen.
Der Stand von Wissenschaft und Technik bildet eine wichtige
Grundlage für Standards.
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