Schleswig-Holsteinischer Landtag Umdruck 17/2078
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Schleswig-Holsteinischer Landtag Umdruck 17/2078
Schleswig-Holsteinischer Landtag Umdruck 17/2078 Landesgeschäftsstelle Andreas-Gayk-Straße 15 24103 Kiel Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein e.V. Andreas-Gayk-Straße 15 · 24103 Kiel Schleswig-Holsteinischen Landtag Bildungsausschuss Frau Susanne Herold Vorsitzende Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Ihr Zeichen Unser Zeichen Tel. (0431) 590 99 - 10 Fax (0431) 590 99 - 77 [email protected] www.verbraucherzentrale-sh.de Telefon Datum 17.03.2011 Stellungnahme der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein zu Ä0HGLHQNRPSHWHQ]LQGHU,QIRUPDWLRQVJHVHOOVFKDIW³ Drucksache17/861 Sehr geehrte Frau Vorsitzende Herold, sehr geehrte Mitglieder des Bildungsausschusses, vorab bedanken wir uns für die Möglichkeit zur Medienkompetenz in der Informationsgesellschaft Stellung nehmen zu dürfen. In unserem Beratungsalltag erleben wir große Defizite in diesem Bereich, die sich zum Teil direkt auf die finanzielle Situation der Verbraucher und Verbraucherinnen* auswirken können. Wie auch die Definition der Landesregierung in der Drucksache 17/229 deutlich macht, sind bei der Medienkompetenz verschiedene Aspekte zu berücksichtigen. Medienkompetenz bedeutet aus Sicht der Verbraucherzentrale SchleswigHolstein auch, dass Verbraucher mit Medien an sich und den darin enthaltenen Angeboten selbstbestimmt und verantwortungsbewusst umgehen. Dazu gehören die Kenntnis des wachsenden Angebots sowie die Fähigkeiten, sich notwendige Informationen aus den Medien ziehen und die Güte des Angebots bewerten zu können. Verbraucher müssen sich über die unterschiedlichen Interessenlagen bewusst sein sowie Rechte und Pflichten von Anbietern und Nutzern kennen. Die Anzahl der Internetnutzer in Deutschland steigt stetig. Kaum noch ein Haushalt ist ohne Zugang. Das Internet mit seinen vielfältigen Angeboten ist aus dem Alltag von Verbrauchern nicht mehr wegzudenken. Soziale Netzwerke, Instant Messenger, Blogs und ähnliche Portale haben längst Einzug in das gesellschaftliche Leben erhalten. Verbraucher genießen HSH Nordbank BLZ 210 500 00 Kto. 53005196 Steuer-Nr. 19 294 76194 Anerkannt als gemeinnützige Körperschaft durch das Finanzamt Kiel-Nord Eingetragen im Vereinsregister Nr. VR 1700 Amtsgericht Kiel Vorstandsvorsitzender Peter Beushausen * Wegen der besseren Lesbarkeit wird im weiteren Text auf die Nennung der weiblichen Form verzichtet. Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein e.V. Geschäftsführer Stefan Bock Seite 2 von 3 Seiten des Schreibens vom 17.03.2011 Vorteile der digitalen Welt durch schnelle Kommunikation und oftmals Vereinfachung des Alltags. Allerdings sehen sie sich auch vielfältigen zivil- und datenschutzrechtlichen Problemen gegenüber. Anbieter (seriöse wie unseriöse) haben durch das Internet einen anderen, schnelleren und direkteren Zugang zu ihren Kunden. Das Internet bietet ihnen neue Möglichkeiten Verbraucher zu beeinflussen. Diese müssen nun lernen, mit diesen Veränderungen umzugehen. Regeln, Mechanismen und Verhaltensweisen, die sich im herkömmlichen Leben bewährt haben, gelten oftmals nicht mehr. Eine repräsentative Befragung der Verbraucherzentrale SH ergab, dass knapp 1/4 aller jungen Menschen im Alter zwischen 11 und 21 Jahren bereits eine Rechnung von sogenannten Internetabzockern erhalten haben (durchschnittlich 100 Euro). Davon haben rund 13% gezahlt. Der Schaden nur in der befragten Altersgruppe beläuft sich in Schleswig-Holstein auf 1,2 Millionen Euro. Hochgerechnet wären das im gesamten Bundesgebiet gut 36 Millionen Euro. In allen diesen Fällen haben junge Menschen gezahlt, ZHLOHLQÄ$QELHWHU³ohne rechtliche Grundlage geschickt und mit einem ausgeklügelten Drohszenario eine Forderung gestellt hat. Wie viele von diesen jungen Menschen hätten gezahlt, wenn ein wildfremder Mensch einen ähnlichen Betrag für eine nie geleistete Dienstleistung außerhalb des Internets verlangt hätte? In sozialen Netzwerken, wie Facebook, geben täglich Tausende höchstpersönliche Daten (Kontaktdaten, Bilder und Meinungen) preis. Wie viele würden ihrem Postboten genauso freizügig Auskunft geben oder private Bilder auf Posterwänden veröffentlichen? Darüber hinaus scheinen Jugendliche bei Urheberrechtsverletzungen durch illegalen Download kaum ein Unrechtsempfinden zu entwickeln. Denn unsere Studie ergab auch, dass 54 % der befragten Jugendlichen in Schleswig-Holstein schon illegale Downloads aus dem Netz vorgenommen haben. Erstaunt sind die Jugendlichen und insbesondere deren Eltern, wenn Rechnungen von Abmahnanwälten mit hohen vierstelligen EuroBeträgen eintreffen. Auch ist aus dem Beratungsalltag der Verbraucherzentrale SH bekannt, dass nicht nur junge Menschen in die diversen Fallen des Internets gelockt werden, sondern dass sich dieses Phänomen wie ein roter Faden durch sämtliche Gesellschaftsschichten zieht. Diese Einschätzung hat sich dann auch durch eine weitere Umfrage aus dem Jahr 2010, in der die Verbraucherzentrale SH Senioren zu ihren Erfahrungen mit dem Internet befragten, bestätigt. Folglich steigen die Anfragen in den Beratungsstellen der Verbraucherzentrale SH im Zusammenhang mit neuen Medien ständig an. Wesentlich umfangreicher, als in der Antwort der Landesregierung dargestellt, sind daher auch unsere Angebote zu diesem Thema. Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein informiert, berät, unterstützt und bildet fort, Seite 3 von 3 Seiten des Schreibens vom 17.03.2011 insbesondere zu den Themen Abzocke im Internet und neuerdings auch mit Smartphone-Apps, Online-Shopping, Datenschutz, Verhalten in sozialen Netzwerken, Urheberrechte und Filesharing sowie Verträge mit Telekommunikations- und Multimediaanbietern. Hierzu führt die Verbraucherzentrale SH allein 2010 in Schulen 152 Unterrichtseinheiten durch und bildeten in Kooperation mit dem IQSH auch Lehrkräfte fort. Leider muss die Verbraucherzentrale SH aufgrund einer Haushaltskürzung ihr Schuldenpräventionsprojekt ÄWas-kostet-die-Welt³LQGHPGLH9HUPLWWlung von Medienkompetenz einen wesentlichen Inhalt ist, ab 2012 einstellen. Das Projekt der Verbraucherzentrale SH inkl. der dazugehörigen Broschüre ist grundlegender Bestandteil des von der UN ausgezeichneten LandesprojektHVÄ[± $XJHQDXILP*HOGYHUNHKU³ Angesichts der gesammelten Erfahrungen und der Studienergebnissen befürwortet die Verbraucherzentrale SH eine stärkere Förderung der Medienkompetenz durch die Landesregierung. Mit freundlichen Grüßen Stefan Bock Geschäftsführer [email protected]