Chevrolet Belair 1958

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Chevrolet Belair 1958
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US-Cars
17 2011
Doppelscheinwerfer und Chrom
so weit das Auge reicht.
Zwischen den Zeiten
Chevrolet Belair 1958
C
hevrolet, die weltbekannte
Automarke mit Schweizer
Wurzeln, ist 100 Jahre alt.
Nach dem 57er Chevy mit den
markanten Kotflügeln, die sich
senkrecht zum Himmel aufrichteten, - heute die populärste ChevySerie der Nachkriegszeit unter Oldtimer-Freunden -, dümpelte das
Styling für den 1958er Jahrgang
quasi orientierungslos dahin. Ausgerechnet, denn 1958 gilt wegen
dem russischen Sputniks und der
Weltausstellung in Brüssel mit dem
Atomium als irres Jahr. Das 58er
Facelift mit den gestaucht gerundeten Karosserieenden, gemäss
Ausweis 1710 kg schwer, hielt nur
ein Jahr. Im Anschluss kam es zum
Belair/Impala mit den ausserirdischen Heckflossen, und die Eidgenossen verwarfen landesweit das
Frauenstimmrecht.
Der zurückhaltende 58er Belair repräsentiert so etwas wie das Zwischenzeitliche. Man möchte es
kaum glauben, denn hinter der
auffälligen Zweifarbenlackierung
präsentiert sich ein Interieur, das sollen wir es so direkt sagen? - ei-
Da geht was rein.
nem Treffpunkt für erotische Erlebnisse zur Ehre gereichte. Der
Trim ist nach 53 Jahren etwas abgewetzt. Jörg Surber hat über das
Internet einen Satz originale Sitzbezüge bestellt, und diese innert
ein paar Wochen postalisch einwandfrei erhalten. Das ist Amerika, wo es keine Ritterburgen, aber
dafür eine gepflegte Automobilheritage gibt. Über alles gesehen
muss der Oldtimer-Händler inklusive Einarbeitung beim Sattler
mit zirka 2000 Franken Nebenkosten rechnen, damit der Belair wieder wie seinerzeit im Showroom
da steht. Ein Klacks im Vergleich
zu dem, was der Chevy heutzutage an Wert repräsentiert, sofern es
sich um ein originales Exemplar,
und erst noch um ein viertüriges
Hardtop handelt.
Der abgelichtete Chevy ist kein Volumenauto, sondern ein exklusives
Derivativ der Belair-Serie 1958, ein
viertüriges Hardtop nämlich; die
vier Seitenfenster runter gekurbelt
entsteht ein so genanntes Faux
Cabriolet, ein luftiges aber weitgehend zugfreies Fahrerlebnis für
vier bis sechs Personen (drei vorne,
Kommandopult 1958.
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drei im Fond) bietend. Die Aussenlänge ist selbst aus heutiger Sicht
unverschämt (531 cm), die Breite (197 cm) ist es auch. Toll bleibt
aber die Übersicht; man kann hinter dem Lenkrad ziemlich genau
einschätzen, wo der Bug vorne endet. Und der installierte «2-BarrelV8» erfüllt, anders als die Einsteiger-Reihensechszylinder, bis zum
heutigen Tag seine Pflicht als souveränes Aggregat. Nicht sportiv,
einfach locker über eine zweistufige Wandlerautomatik rübergebracht. Das Fahrgefühl ist etwas
mulmig, man versteht, wieso Doris Day auf der Leinwand ständig
am Lenkrad gerudert hat. Der Belair bremst und lenkt in der Art eines von Umfragen verunsicherten Politikers, schliesslich kommt
man sicher an. Millionen von Amerikanern sind so glücklich gefahren, haben, auf etwas raumgreifenderem Niveau als die Europäer
mit den modischen Panoramascheiben ihren Nachbarn kundgetan, wie erfolgreich sie sich in der
Nachkriegsgesellschaft behaupten. Schon 1961 wurden die Flossen der Chevys wieder gestutzt.
Alle zwölf Monate ein neues Design, über Jahrzehnte die gleiche
Technik.
Das 50jährige Bestehen von General Motors 1958 konnte in ruhigeren Gewässern zelebriert werden, als das 100jährige vor drei
Jahren. Die amerikanische Autoindustrie feierte Urständ. Die Märkte
waren weitgehend abgeschottet,
die Amerikaner drüben, die Engländer länderübergreifend dank
dem Commonwealth fein raus, Italiener und Franzosen wegen ihrer
US-Cars
Kleinwagenkompetenz im Heimmarkt unangreifbar; jeder konnte so schöne Gewinne einfahren.
Die Deutschen hatten den VW
Käfer, den Opel Rekord und den
Ford Taunus, jeder auf seine Art
zu Hause schon ziemlich begehrt,
im Export aber abgesehen von
Österreich und der Schweiz keine
Nummern. GM und Ford bauten in
Grossbritannien Modelle, die mit
den Deutschen keinerlei Gemeinsamkeiten hatten, und teilweise
auf verschiedenen Vertriebsschienen verkauft wurden (Vauxhall
und Ford GB).
Hierzulande wurden die echten
Amerikaner von der Aristokratie
gegenüber Mercedes bevorzugt.
Die Marke Audi lag auf Eis, BMW
kämpfte um das Überleben, Volvo
wagte erste Schritte in den Export.
Gutbetuchte wählten zwischen
amerikanischen und englischen
Autos, Medienstars zogen die Italiener in die Evaluation mit ein. Die
arabischen Staaten verkehrten mit
von Eseln gezogenen Karren.
1958 produzierte Chevrolet 532 00
Belair und 187 00 davon abgeleitete Station Wagon, dazu die ersten
60 000 höher positionierten Impalas auf Belair-Basis. Ein Prachtsexemplar davon steht in Sirnach
(www.us-car-center.ch), zuvor war
es 22 Jahre lang in der gleichen
Hand. 1959, als Fidel Castro in Kuba
die Revolution ausrief, und Ringier
den «Blick» an die Kioske brachte,
wurden 447 000 Belairs aber schon
473 000 Impalas, dazu 209 000 Station Wagons gebaut.
Text und Fotos: Jürg Wick
Ohne Mittelpfosten: Dieser Belair ist ein so genanntes Faux Cabriolet.
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