Kartierung der Vorkommen der Würfelnatter (Natrix tessellata) und
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Kartierung der Vorkommen der Würfelnatter (Natrix tessellata) und
Kartierung der Vorkommen der Würfelnatter (Natrix tessellata) und weiterer Reptilienarten entlang der Gewässersysteme von Traun und Donau in Oberösterreich Im Auftrag der Oberösterreichischen Landesregierung Bearbeiter: Johannes Hill Rudolf Klepsch Wien, November 2008 Zusammenfassung Im Juni und Juli 2008 wurde von den Autoren an neun Begehungstagen an ausgewählten Bereichen der Gewässersysteme von Traun und Donau schwerpunktmäßig nach der Würfelnatter (Natrix tessellata) gesucht. Im Zuge der Erhebungen wurde eine detaillierte Aufnahme der Lebensräume und der Gefahren, denen die (potentiellen) Populationen von N. tessellata ausgesetzt sind, durchgeführt. Außerdem wurde die übrige Herpetofauna aufgenommen und deren Verbreitung dargestellt. Eine reproduzierende Würfelnatternpopulation konnte im Zuge der Kartierung im Bereich des Katzbaches sowie des benachbarten Haselbaches nördlich von Linz-Plesching nachgewiesen werden. Frühere Sichtungen der Art konnten im Rahmen der Erhebungen nicht bestätigt werden. Die Würfelnatter wird von den Autoren nach vorliegen Ergebnissen im Untersuchungsgebiet als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft. Alle Maßnahmen zum Erhalt und zur Förderung dieser Reptilienart dienen auch dem Fortbestand einer Reihe anderer anspruchsvoller und bedrohter Tier- und Pflanzenarten. HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 2 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 4 2. Material und Methode 2.1 Untersuchungsgebiet 2.2 Auswahl der Standorte 2.3 Erfassung der Lebensräume, Umfang der Erhebungen 2.3.1 Erhebungsbogen 2.4 Auswertung 6 6 7 8 8 10 3. Ergebnisse 3.1 Fundpunkte der Reptilien an den ausgewählten Standorten 3.2 Würfelnatter 3.2.1 Verbreitung im Untersuchungsgebiet 3.2.1.1 Beschreibung der Standorte 3.2.2 Lebensraumansprüche 3.2.2.1 Aquatischer und terrestrischer Lebensraum 3.2.3 Abschätzung der Bestandsgröße 3.2.4 Potentielle Gefahrenquellen an den Standorten 3.2.5 Potentiell geeignete Standorte 11 11 12 12 12 13 13 14 14 15 4. Diskussion 4.1 Historische und gegenwärtige Verbreitungssituation der Würfelnatter 4.1.1 Traun und Zubringer 4.1.2 Donau und Zubringer 4.2 Habitatansprüche der Würfelnatter 17 17 17 17 19 5. Schutzmaßnahmen für die Würfelnatter 20 6. Literatur 21 7. Anhang - Fotodokumentation 23 HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 3 1. Einleitung Als stark aquatisch adaptierte Schlangenart besiedelt die Würfelnatter (Natrix tessellata) in Österreich hauptsächlich die wärmebegünstigten Flach- und Beckenlandschaften Ost- und Südösterreichs. Die Art benötigt am Arealrand ihres Vorkommens naturnahe Flussökosysteme mit einem hohen Strukturangebot und Fischreichtum. Gesicherte Nachweise existieren aus den Bundesländern Oberösterreich, Niederösterreich, Wien, Burgenland, Steiermark und Kärnten (CABELA et al. 2001). Aus Oberösterreich liegen nur wenige Funddaten in der Herpetofaunistischen Datenbank der Herpetologischen Sammlung des Naturhistorischen Museums in Wien (HFDÖ) vor. Gezielte Erhebungen zur Verbreitung der Würfelnatter und ihrer Lebensräume in diesem Bundesland wurden bislang nicht durchgeführt. Als Zeigerart für intakte Flussökosysteme mit hohem Strukturangebot und Fischreichtum kommt der Würfelnatter eine große Bedeutung im Biotop- und Artenschutz zu. Ziel des gegenständlichen Projektes war es, a) die gegenwärtige Verbreitungssituation dieser Art im Untersuchungsgebiet zu erheben, b) die Lebensräume der einzelnen Vorkommen mittels einer Lebensraumanalyse zu beschreiben, c) Schutzmaßnahmen zu erarbeiten. Aufgrund ihrer Ansprüche ist sie ein guter Indikator für den ökologischen Zustand der Fließgewässer und ihres Umlandes. Die Bedeutung der Würfelnatter als Zeigerart: • Gewässergüte (Beschränkung auf Fließgewässer hoher Güteklassen) • Schutzwürdigkeit von Flusslandschaften (Beschränkung auf naturnahe Flusssysteme, welche sowohl von sich aus schützenswert als auch für andere gefährdete Arten bedeutsam sind) • Bestandssituation der Fischfauna (Zeiger für natürliche Reproduktion von Fischarten, auch von wirtschaftlich relevanten) Durch fortschreitende Veränderung und Zerstörung ihrer Lebensräume (Intensivierung der Landwirtschaft, flussbauliche Maßnahmen, Siedlungs- und Industriebau) in den vergangen 100 Jahren erlitt die Würfelnatter in Österreich starke Bestandseinbußen (CABELA et al. 2001). Gefährdung und Schutzstatus der Würfelnatter (nach GOLLMANN 2007): Rote Liste Österreich: „stark gefährdet“ Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie: Anhang IV (beinhaltet streng zu schützende Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse) Berner Konvention: Anhang II (enthält die streng geschützten Tierarten, die weder gefangen, getötet, gehalten noch mutwillig gestört werden dürfen) Von DUDA et al. (2006, 2007b) durchgeführte Untersuchungen über die Verbreitung der Art im Südlichen Wiener Becken und im Nationalpark Donauauen zeigten den notwendigen Handlungsbedarf hinsichtlich zu setzender Schutzmaßnahmen auf. Insgesamt war der bisherige Kenntnisstand über aktuelle Vorkommen und Verbreitung der Würfelnatter im Oberösterreich für die Erstellung von Schutz- und Förderungskonzepten nicht ausreichend. Alle dokumentierten Fundorte stammten von Zufallsbeobachtungen HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 4 (HFDÖ). Aufgrund der Kartierungsdefizite konnte keine genaue Aussage über die gegenwärtige Verbreitung und Bestandssituation dieser Schlange im Untersuchungsraum gemacht werden. Da im Rahmen der Kartierungsarbeiten eine reproduzierende Würfelnatternpopulation am Stadtrand von Linz vorgefunden wurde, können nun konkrete Schutzmaßnahmen für diese Art überlegt werden. HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 5 2. Material und Methode 2.1 Untersuchungsgebiet Das Untersuchungsgebiet erstreckte sich entlang der Gewässersysteme der Traun (Lambach bis Donaumündung) und der Donau (Urfahr bis niederösterreiche-oberösterreichische Landesgrenze) sowie einiger Zubringer der Traun (Krems, Aiterbach, Fischlhamer Bach, Alm) und der Donau (Dimbach, Katzbach, Haselbach, Naarn, Aist). Sämtliche Untersuchungsstandorte liegen in den von GRILLITSCH & CABELA (1992) für die Würfelnatter ausgewiesenen klimatischen Gunstlagen. Abb. 1: Lage der Untersuchungsstandorte (Kartengrundlage: AustrianMap, © Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen) HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 6 2.2 Auswahl der Standorte Die Auswahl der Untersuchungsstandorte wurde anhand von Fundmeldungen von N. tessellata in der Herpetofaunistische Datenbank des Naturhistorischen Museums Wien (HFDÖ) sowie eigener Beobachtungen (KLEPSCH unpubl.) getroffen. Weiters wurden Lebensräume, welche auf Grundlage der Karte ÖK 50 geeignet erschienen, untersucht. Auch Gespräche und eine Begehung mit A. SCHUSTER (Amt der Oberösterreichischen Landesregierung) halfen, geeignete Untersuchungsstellen ausfindig zu machen. Schwerpunkte der Freilanderhebungen waren Uferböschungen an Traun und Donau, sowie in diese Flüsse einmündende Bäche bzw. Gerinne. Im Hinblick auf eine möglichst hohe Nachweiswahrscheinlichkeit sollten die Untersuchungsstandorte die Lebensraumansprüche der Würfelnatter bestmöglich gewährleisten. Folgende Kriterien mussten für eine Festlegung als Untersuchungsstandort wenigstens teilweise erfüllt sein: - Ausgewählte Uferbereiche von Traun und Donau sowie Fließgewässer, welche in Traun oder Donau münden bzw. benachbarte Gerinne und Bäche, ausreichende Besonnung muss vorhanden sein. - Uferböschungen mit guter Besonnung und mäßig dichter Strauch- und Baumschicht, jedoch dichterer Krautschicht; Wegränder und Wiesen im Uferbereich - Zonen mit geringer Wassertiefe bzw. mit verminderter Strömungsgeschwindigkeit Folgende Abschnitte der Gewässersysteme von Traun und Donau wurden im Rahmen der Feldarbeiten untersucht: Untersuchungsstandorte - Fließgewässer 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. Rapperswinkel E Ort - Krems Audorf W Ort - Krems Rapperswinkel NW Ort - Traun Thalheim NE Ort - Traun Schauersberg - Aiterbach Fischlham - Fischlhamer Bach Fischlhamer Au - Traun (+Altarm, Fischteiche) Fluchtwang - Traun Kraftwerk Lambach - Traun Almspitz - Alm Kraftwerk Marchtrenk - Traun Kraftwerk Traun-Pucking - Traun Frindorf E Ort - Innerwasser Neuhofen SE Ortsrand - Krems Ebelsberg N Ort - Traun (+Altarm, Bach, Flutungstümpel) St. Nikola an der Donau - Dimbach Dornach - Donau (+Altarm) Mitterkirchen E Ort - Naarn (+ Altarm) Obersebern - Aist Windegg S Ort - Urfahrer Sammelgerinne (+ Altarm, parallel zur Donau) Plesching S Ort - Katzbach (+ Donau) Urfahrer Wände - Donau Linz, Jachthafen und Flugplatz - Donau Plesching W Ort - Haselbach Plesching NW Ort - Katzbach HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 7 2.3 Erfassung der Lebensräume, Umfang der Erhebungen Begehungsmodus An den einzelnen Standorten wurden die Uferbereiche nach Möglichkeit auf einer Länge von einigen 100 Metern abgegangen. Gezielt wurde an Blockwürfen und locker bewachsenen Uferbereichen nach N. tessellata gesucht. Auch von der Uferlinie weiter entfernte Bereiche wie Waldränder, Dämme, locker bewachsene Böschungen und Totholzansammlungen wurden in die Untersuchung miteinbezogen. Kartierungen fanden bei sonniger bis leicht bewölkter Wetterlage und Lufttemperaturen zwischen 20°C und 28°C statt. Ein Untersuchungsabschnitt wurde zeitgleich von zwei Personen abgesucht. Beobachtete Reptilienarten und Angaben zum Lebensraum bzw. dessen Gefährdung wurden in Erhebungsbögen eingetragen, außerdem erfolgte eine fotografische Dokumentation aller Standorte. Für die Charakterisierung der Würfelnatter-Lebensräume (s. Kap. 2.3.1) wurde der Erhebungsbogen von DUDA et al. (2006) verwendet. Die Untersuchung erfolgte in den Monaten Juni und Juli 2008. Insgesamt fanden Begehungen im Ausmaß von 18 Personentagen an den 25 Untersuchungsstellen statt. 2.3.1 Erhebungsbogen: Parameter (Gewässer, terrestrischer Lebensraum) Erklärung zum Erhebungsbogen • • • • • • • • • • Gewässertyp: • 1 = Quelle • 2 = Bach • 3 = Fluss • 4 = Altarm • 5 = Teich/Weiher/Tümpel/Schotterteich/etc. • 6 = Retentionsbecken/Rückstau Fließgeschwindigkeit: • 0 = keine • 1 = mäßig • 2 = hoch W a s s e r t i e f e : abgeschätzt an der tiefsten Stelle des jeweiligen Gewässerabschnitts • 0 = 0 - 20 cm • 1 = 20 - 50 cm • 2 = > 50 cm Wassertrübung: • 0 = keine Trübung • 1 = schwache Trübung • 2 = starke Trübung Störsteine, Buhnen, Traversen: • 0 = keine vorhanden • 1 = vereinzelt • 2 = durchgehend Totholz, Steine (im Wasser): • 0 = nicht vorhanden • 1 = vereinzelt • 2 = häufig Flachwasserzonen: • 0 = nicht vorhanden • 1 = vereinzelt • 2 = regelmäßig Wasservegetation: • 0 = nicht vorhanden • 1 = vereinzelt • 2 = flächig Vegetationsstruktur (im Wasser): • 0 = keine • 1 = horizontal • 2 = vertikal • 3 = horizontal & vertikal Sand-/Kiesbänke: • 0 = nicht vorhanden HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 8 • • • • • • • • • 1 = vereinzelt • 2 = flächig Gewässerbreite: • 0=<1m • 1=1-3m • 2=>3m Neigung der Uferböschung: • 0 = eben • 1 = < 45° • 2 = > 45° V e g e t a t i o n s d i c h t e ( a n L a n d ) : Uferlinie bis 10 m breiter Uferstreifen • 0 = Krautschicht weitgehend fehlend • 1 = Krautschicht aufgelockert • 2 = Krautschicht durchgehend Felsen/Gemäuer: • 0 = keine vorhanden • 1 = vereinzelt • 2 = durchgehend Totholz (an Land): • 0 = keines vorhanden • 1 = vereinzelt • 2 = häufig Besonnung: • 0 = keine/gering • 1 = mäßig • 2 = gut Fische: • 0 = keine • 1 = mäßig/vereinzelt • 2 = viele/Jungfische • Strukturvielfalt im Landhabitat: • 0 = gering: wenig oder kaum Angebot an verschiedenen Strukturtypen und Sonderstandorten • 1 = mittel: mäßig hohes Angebot an verschiedenen Strukturtypen und Sonderstandorten • 2 = hoch: hohes Angebot an verschiedenen Strukturtypen und Sonderstandorten Die im Landhabitat oder an dieses angrenzend auftretenden Lebensraumtypen oder Strukturen wurden folgenden Kategorien zugeordnet: Acker, Laub-/Auwald, Ruderalfläche, Brache, Wiese, Überschwemmungsfläche, Siedlung, Gärten, Lagerplatz, Industriegelände Böschung/Damm, Bahndamm, Misthaufen, Waldrand, Kahlschlag, Wehranlage, Kraftwerk. HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 9 2.4 Auswertung Beschreibung der Standorte Die im Rahmen dieser Arbeit festgestellten Fundorte von N. tessellata wurden beschrieben, zu einem Fundortkomplex zusammengefasst und kartographisch dargestellt. Nachfolgende Punkte werden in Rahmen der D i s k u s s i o n behandelt: Gegenwärtige und historische Verbreitung Die aktuelle, im Rahmen dieser Arbeit dokumentierte Verbreitungssituation der Art im Untersuchungsgebiet wurde mit Angaben aus der Herpetofaunistischen Datenbank (HFDÖ) sowie des Verbreitungsatlas von Österreich (CABELA et al. 2001) und Oberösterreich (WEIßMAIR & MOSER 2008) verglichen und unter Einbeziehung der vorliegenden Ergebnisse diskutiert. Habitatansprüche Die Habitatansprüche von N. tessellata im Untersuchungsgebiet wurden im Lichte der gängigen Literatur und unter Einbeziehung der aktuellen Ergebnisse diskutiert. Schutzmaßnahmen für die Würfelnatter Basierend auf den Ergebnissen wurden für die im Rahmen dieser Arbeit festgestellten Fundorte der Art dringlich erforderliche Maßnahmen zum Schutz der Art dargestellt sowie Vorschläge zum Habitatmanagement erarbeitet und die Durchführung weiterer Detailerhebungen angeregt. HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 10 3. Ergebnisse 3.1 Fundpunkte der Reptilien an den ausgewählten Standorten X Artenanzahl pro Standort Äskulapnatter Würfelnatter Ringelnatter Schlingnatter Mauereidechse Zauneidechse Standort Blindschleiche Tabelle 1: Reptilienarten pro Standort 1 Rapperswinkel E Ort - Krems 1 2 Audorf W Ort - Krems 0 3 Rapperswinkel NW Ort - Traun 0 4 Thalheim NE Ort - Traun X 1 5 Schauersberg - Aiterbach X 1 6 Fischlham - Fischlhamer Bach 7 Fischlhamer Au - Traun 8 Fluchtwang - Traun 9 Kraftwerk Lambach - Traun 10 0 X 3 X 2 X 2 Almspitz - Alm X 1 11 Kraftwerk Marchtrenk - Traun X 1 12 Kraftwerk Traun-Pucking - Traun X 3 13 Frindorf E Ort - Innerwasser 14 Neuhofen SE Ortsrand - Krems X 1 15 Ebelsberg N Ort - Traun X 1 16 St. Nikola an der Donau - Dimbach 17 Dornach - Donau X 1 18 Mitterkirchen E Ort - Naarn X 1 19 Obersebern - Aist 20 Windegg - Urfahrer Sammelgerinne 21 Plesching S Ort - Katzbach 22 Urfahrer Wände - Donau 23 Linz, Jachthafen u. Flugplatz - Donau 24 Plesching W Ort - Haselbach 25 Plesching NW Ort - Katzbach Summe X X X X X X 0 X 1 X 1 X X 1 X 2 X 1 X 1 X 1 7 1 X X X X X 2 1 8 12 HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 2 5 11 3.2 Würfelnatter 3.2.1 Verbreitung im Untersuchungsgebiet Nachweise von N. tessellata erfolgten an zwei benachbarten Standorten an Haselbach und Katzbach in der Nähe des Pleschinger Badesees. Abb. 2: Nachgewiesenes Verbreitungsgebiet von Natrix tessellata (Kartengrundlage: AustrianMap, © Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen). 3.2.1.1 Beschreibung der Standorte Begleitherpetofauna (Reptilien): Lacerta agilis, Coronella austriaca, Zamenis longissimus Katzbach Das aktuell nachgewiesene Vorkommen am Katzbach erstreckt sich längs eines ca. 700 m langen Abschnittes. Bachaufwärts stellt die Wehranlage unterhalb der Landesstrasse (Kreuzungsbereich Freistädter Strasse - Mauthausener Strasse) eine Barriere für Fische dar. Daher konnte N. tessellata auch oberhalb nicht mehr nachgewiesen werden (fehlende Nahrungsgrundlage). Unterhalb des Zusammenflusses mit dem Haselbach gelangen im Zuge der Erhebungen keine Nachweise. Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, dass die Art auch bis zum Uhrfahrer Sammelgerinne vorkommt (aktuelle Nachweise in WEIßMAIR & MOSER 2008). Dieser Standort ist durch mäßig hohe Beschattung (Büsche, Bäume) entlang des Baches charakterisiert. Angrenzend daran befindet sich linksufrig ein Hochwasserdamm, welcher höchstwahrscheinlich als Winterquartier dient. Das Umland ist von agrarischer Nutzung geprägt, rechtsufrig existiert eine Waldinsel sowie eine Kleingartensiedlung. Längs des Bachlaufes befinden sich beiderseits Wanderwege, welche von Radfahrern und Spaziergängern mit Hunden frequentiert werden. Haselbach Am Haselbach konnte N. tessellata von der Mündung in den Katzbach ca. 500 m bachaufwärts nachgewiesen werden. Im Gegensatz zu vorhin erwähnten Bach dominieren hier entlang des Uferverlaufes Hochstaudenfluren sowie dichte Gebüschbestände. Eine ausreichende Besonnung ist daher nur eingeschränkt gegeben. Am linken Ufer befindet sich angrenzend an HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 12 einem Fußweg ein Hochwasserdamm, welcher aufgrund der einheitlich niedrigen Mahdhöhe kaum Versteckmöglichkeiten für die Schlangen bietet. Rechtsufrig liegen oberhalb der Bachböschung die Zufahrtsstraße zum Pleschinger Badesee sowie ein Parkplatz. Auch hier sind Sonnplätze nur sehr spärlich vorhanden. 3.2.2 Lebensraumansprüche 3.2.2.1 Aquatischer und terrestrischer Lebensraum G e w ä s s e r m o r p h o l o g i e und F i s c h f a u n a Gewässertiefe Die Gewässertiefe betrug an den Sichtungsstellen am Haselbach zwischen 20 und 50 cm, der Katzbach wies an den Beobachtungsbereichen Tiefen unter 20 cm auf. Gewässerbreite Der Haselbach wies an den Fundstellen eine Breite über drei Metern, der Katzbach eine zwischen einem und drei Metern auf. Flachwasserzonen: Beide Fließgewässer wiesen regelmäßig Flachwasserzonen auf. Wasservegetation An beiden Bächen konnte im Bereich der beobachteten Würfelnattern keine Wasservegetation festgestellt werden. Totholz und/oder Steine im Wasser: Am Haselbach befanden sich Totholz und/oder Steine vereinzelt auf dem Gewässerboden, am Katzbach waren diese Requisiten häufig zu sehen. Störsteine: Der Haselbach wies an den Sichtungsstellen von N. tessellata keine Störsteine auf, im Katzbach traten diese Strukturen vereinzelt auf. Fische: Viele Fische und Jungfische konnten an allen Würfelnatternfundorten (Katzbach und Haselbach) festgestellt werden. Fließgeschwindigkeit: Beide Bäche, an denen die Würfelnatter nachgewiesen werden konnte, wiesen eine mäßige Fließgeschwindigkeit auf. Gewässertrübung: Der Haselbach zeigte eine schwache Trübung, während der Wasserkörper des Katzbaches keine Trübung aufwies. Ufermorphologie, Landlebensraum: Böschungsneigung: An Fundorten der Würfelnatter betrug die Uferböschungsneigung mehr als 45°, Strukturvielfalt im Landhabitat: HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 13 Die Würfelnatternlebensräume wiesen eine mittlere Strukturvielfalt des Landlebensraumes, d. h. ein mäßig hohes Angebot an verschiedenen Strukturtypen und Sonderstandorten, auf. Sand- und Kiesbänke: Die Gewässerabschnitte am Katzbach, in denen Würfelnattern nachgewiesen wurden, wiesen keine Sand- und Kiesbänke auf, in Würfelnatternhabitaten am Haselbach waren vereinzelt Schlammbänke vorhanden. Felsen, Gemäuer: In den Lebensräumen von N. tessellata am Katzbach waren durchgehend Felsen/Steine (sowohl an der Gewässersohle als auch im Uferbereich) vorhanden, am Haselbach wurden diese Strukturen vereinzelt festgestellt. Totholz (Land): Landlebensräume von Würfelnattern wiesen in der Umgebung beider Gewässer vereinzelt Totholz auf. Sonnplätze: Beide Habitate zeichneten sich insgesamt durch ein mäßiges Angebot an Sonnplätzen aus. Dichte der Krautschicht: Die Sichtungsorte wiesen eine durchgehende Krautschicht auf. Wichtige Strukturen im Landhabitat an Katz- und Haselbach stellen Böschung, Damm und Gebüsch dar. Einige in der Nähe der Bäche befindliche Misthaufen, welche sich neben einem verschilften Tümpel befinden, stellen wichtige potentielle Eiablageplätze dar. 3.2.3 Abschätzung der Bestandsgröße Im Zuge der Untersuchungen konnten sowohl reproduktionsfähige Weibchen, als auch subadulte (vorjährige) Tiere angetroffen werden. Insgesamt gelang an beiden Begehungstagen (11. und 12. Juli) Nachweise von 5 Weibchen, 3 Adulti und 2 subadulten Individuen (Begehungszeit insgesamt: 220 Minuten). Obwohl Doppelzählungen nicht ausgeschlossen werden können, ist in Relation zur abgegangenen Bachlänge (insgesamt: 1200 m beidseitig des Baches) und den vorhandenen Ressourcen von einem relativ guten Bestand auszugehen (vgl. DUDA et al. 2007a). Die Autoren schätzen den Gesamtbestand unter Annahme, dass die Art auch weiter bachabwärts das Urfahrer Sammelgerinne bewohnt, auf mindestens 100-200 Individuen. 3.2.4 Potentielle Gefahrenquellen an den Standorten Insgesamt wurden fünf potentielle Gefahrenquellen (Aufzählung ohne Wertung) für den Fortbestand der Schlange bzw. ihres Lebensraumes festgestellt. Besucherdruck/Freizeitaktivitäten (Badeplatz, freilaufende Hunde) Die größten potentiellen Gefährdungen sind Störungen bzw. Verletzungen (Tötungen) der Schlangen durch Radfahrer und Fußgänger. Freilaufende Hunde stören die Schlangen beim Sonnen und gelten als Prädatoren (GRUSCHWITZ 1978, 1981). Neophyten Die von Neophyten (Solidago gigantea, Impatiens glandulifera, Reynoutria japonica) ausgehende Gefahr liegt hauptsächlich im flächigen Abdecken des Bodens und der damit einhergeHILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 14 henden Beschattung von Sonnplätzen und Verringerung des Strukturangebots (GRUSCHWITZ et al. 1992). Auch großflächige autochthone Hochstaudenfluren können die Besonnungsmöglichkeiten für Reptilien stark einschränken. Mangel an Eiablageplätzen Im unmittelbaren Umfeld der Vorkommen konnte nur ein günstiger potentieller (Massen)Eiablageplatz festgestellt werden Verkehr Zerschneidung der Lebensräume und Straßentod an mehr oder weniger stark befahrenen Verkehrswegen stellen potentielle Gefahren dar (OBST 1976). Mahd Die einheitlich kurz gemähte Vegetation im Dammbereich bietet keine ausreichenden Deckungsmöglichkeiten für Reptilien mehr. Mähwerke, welche die Vegetation knapp über dem Untergrund abschneiden, können ruhende Schlangen gefährden. Geeignetes Mahdmanagement ist notwendig, um ein reichhaltiges Mosaik verschiedener Vegetationsformen und Vegetationstypen zu schaffen. 3.2.5 Potentiell geeignete Standorte für die Würfelnatter Folgende Standorte bieten nach gegenständlicher Untersuchung ausreichend geeignete Habitatrequisten für ein mögliches Vorkommen, befinden sich in den für diese Schlangenart klimatisch geeigneten Lagen (GRILLITSCH & CABELA 2002) oder es existieren Nachweise von N. tessellata (WEIßMAIR & MOSER 2008): • F i s c h h a m e r A u - T r a u n ( A l t a r m , F i s c h t e i c h e ) (Standort Nummer 7) An diesem Standort wurde im Jahr 1973 eine Würfelnatter fotografiert. Dieser Bereich bietet gegenwärtig nur suboptimale Bedingungen für ein Vorkommen. Weite Uferabschnitte sind an den Altarmen und an der Traun stark beschattet, Flachwasserzonen sind regelmäßig vorhanden, allerdings sind auch an diesen Stellen wenige Sonnplätze vorhanden. • N e u h o f e n S E O r t s r a n d - K r e m s (Standort Nummer 14) Die Krems ist in diesem Abschnitt durch ein naturnahes Bachbett gekennzeichnet. Die Uferbereiche würden für N. tessellata durchaus geeignete Strukturen bieten (Totholz, Blockwurf). Weiters ist ein hohes Angebot an Fischen, Flachwasserzonen und Sonnplätzen vorhanden. • Ebelsberg N Ort - Traun (+ Altarm, Bach, Flutungstümpel) (Standort Nummer 15) Großflächige Umlagerungsstrecken der Traun mit einer Vielzahl an Flutungstümpel, ausreichend vorhandenen Sonn- und Versteckplätzen sowie Jungfischen charakterisieren diesen Standort. • Windegg S Ort - Urfahrer Sammelgerinne (+ Altarm, parallel z u r D o n a u ) (Standort Nummer 20) Obwohl die Uferbereiche durch eine dichte Kraut- und Strauch sehr stark beschattet sind, ist ein Vorkommen in diesem Abschnitt anzunehmen, da das Urfahrer Sammelgerinne die Verlängerung des Katzbaches darstellt. Das Gewässer ist durch ausgeprägHILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 15 te submerse Vegetation, schwacher Gewässertrübung und teilweiser hoher Jungfischdichte charakterisiert. Flachwasserzonen sind mäßig häufig vorhanden. • P l e s c h i n g S O r t - K a t z b a c h ( + D o n a u ) (Standort Nummer 21) s. Beschreibung Standort Nummer 20 An all diesen Standorten konnte die Würfelnatter im Zuge der Erhebungen nicht nachgewiesen werden. Diese Bereiche sind als „Hoffungsgebiete“ anzusehen, welchen bei weiteren Untersuchungen verstärkte Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte, da ein Vorkommen gegenwärtig nicht auszuschließen ist. HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 16 4. Diskussion 4.1 Historische und gegenwärtige Verbreitungssituation der Würfelnatter Die Würfelnatter wird in der Literatur übereinstimmend als eine der seltensten Reptilienarten Oberösterreichs genannt (vgl. CABELA et al. 2001, WEIßMAIR & MOSER 2008). Fundmeldungen aus dem Untersuchungsgebiet beruhten in fast allen Fällen auf Einzelmeldungen an weit verteilten Standorten (HFDÖ, WEIßMAIR & MOSER 2008). Die Art wird in der Literatur erst relativ spät für dieses Bundesland erwähnt. Während SOCHUREK (1956) N. tessellata noch nicht für Oberösterreich angibt, wird ihr Vorkommen vom selben Autor (1978) in Frage gestellt. Eine erste Übersicht über die Verbreitung der Würfelnatter in diesem Bundesland geben CABELA & TIEDEMANN (1985), welche allerdings keine aktuellen bzw. glaubwürdigen Fundorte darstellen. Die in CABELA et al. (2001) veröffentlichten Fundorte an Enns und Steyr stufen die Autoren nach eigener Überprüfung als nicht glaubwürdig ein. Eine Meldung von ESTERBAUER (1991) an der Enns erwies sich als Verwechslung mit der Schlingnatter (Recherche der Autoren am Fundort und Befragung der Grundstücksbesitzer). 4.1.1 Traun und Zubringer Aus dem Flusssystem der Traun liegen lediglich zwei Fundmeldungen vor: Die erstmalige Erwähnung von N. tessellata (Fischlhamer Au, Fotobeleg) stammt aus dem Jahr 1973 (in WEIßMAIR & MOSER (2008) irrtümlicherweise mit 1991 angegeben), der zweite Nachweis aus dem Jahr 2006 (Thalheim bei Wels, R. KLEPSCH). An beiden Stellen konnte die Würfelnatter im Zuge der Erhebungen nicht nachgewiesen werden. Der Fund in Thalheim wird von den Autoren als wahrscheinlich ausgesetzt eingestuft, da die Stelle für N. tessellata völlig ungeeignete Strukturen aufweist. Die Habitateignung ist außerdem aufgrund von Störungen durch Fußgänger, Radfahrer und Hunde eher ungünstig, einen weiteren Negativfaktor stellt der extrem hohe Stockentenbestand (Prädatoren) dar. Obwohl die Art seit 1973 im Gebiet der Fischlhamer Au nicht mehr festgestellt wurde und auch der Status der Autochthonie nicht beantwortet werden kann, weist die Traun in betreffendem Flussabschnitt durchaus geeignete Abschnitte aus. Möglich wäre es, dass eventuell der Fischlhamer Bach als Refugialraum diente (in Zeiten schlechter Gewässerqualität der Traun). Allerdings haben die begangenen Abschnitte des Fischlhamer Baches gegenwärtig keine besonders günstige Habitatausstattung (wenig Sonnplätze). Trotz des Fehlens von Nachweisen im Zuge dieser Erhebung, kann nicht ganz ausgeschlossen werden, dass an einigen Abschnitten (s. Kap. 3.2.5) Restpopulationen von N. tessellata existieren, wenngleich die Wahrscheinlichkeit von den Autoren als äußerst gering eingestuft wird. 4.1.2 Donau und Zubringer An der Donau bei Linz erreicht die Würfelnatter ihre stromaufwärts betrachtete westlichste Verbreitungsgrenze. Aus diesem Flusssystem liegen einige aktuelle Nachweise vor (WEIßMAIR & MOSER 2008). Auch aus den Donauzubringern Katz- und Esterbach existieren Meldungen, welche seit 2002 offensichtlich regelmäßig erfolgen. Im Zuge der Erhebungen konnte ein reproduktionsfähiges Vorkommen an Katz- und Haselbach nachgewiesen werden (s. Kap. 3.2). Der Fundort im Blockwurf der Donau aus dem Jahr 2007 (Segelflughafen, s. WEIßMAIR & MOSER 2008) betrifft mit Sicherheit ein abgewandertes Individuum vom gegenüberliegenden Katzbach bzw. Urfahrer Sammelgerinne. Die Vorkommen im Raum Linz im Bereich der Donau sind als isolierte Vorposten anzusehen, die flussabwärts nächstliegenden Vorkommen befinden sich auf niederösterreichischem Landesgebiet an der Yspermündung (eig. Beob. 2008). Im Zuge dieser Untersuchung wurden auch einige linksufrig in die Donau einmündende Bäche (u. a. Dimbach, Kämpbach, Naarn) und abschnittsweise auch die Donau auf das Vorkommen von N. tessellata hin überprüft. Weder gelangen Nachweise, noch liegen MelHILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 17 dungen in der HFDÖ bzw. bei WEIßMAIR & MOSER (2008) vor. Es ist daher anzunehmen, dass die Würfelnatter den Bereich zwischen der niederösterreichischen-oberösterreichischen Landesgrenze und dem Stadtgebiet von Linz gegenwärtig nicht (mehr?) besiedelt. Insgesamt zeigt sich, dass N. tessellata in Oberösterreich ein auffällig disjunktes Verbreitungsbild aufweist, welches sich am ehesten mit den Reliktvorkommen in Deutschland (Bundesland Rheinland-Pfalz) vergleichen lässt (GRUSCHWITZ 1985, GRUSCHWITZ, & GÜNTHER 1996). Aufgrund ihrer spezifischen Lebensraumansprüche (s. Kap. 4.2) ist die Art im Areal an ihrer Verbreitungsgrenze, welche offensichtlich durch Oberösterreich läuft (GRILLITSCH & CABELA 1992, GRUSCHWITZ & GÜNTHER 1996), auch sehr anfällig gegenüber Lebensraumveränderungen. HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 18 4.2 Habitatansprüche der Würfelnatter An ihrer nördlichen Arealgrenze lebt die Würfelnatter zumeist im Bereich von Fließgewässern (GRUSCHWITZ & GÜNTHER 1996). Auch in der gegenständlichen Untersuchung befanden sich Fundorte von N. tessellata an fließenden Gewässern. Stellen, an denen Würfelnattern aufgefunden wurden, zeichneten sich durch hohen Anteil an Flachwasserzonen, mäßige Fließgeschwindigkeit und hohe Fischbestände mit vielen Jungfischen aus. Die spiegelt auch die Ergebnisse anderer Studien aus Österreich wieder (ZIMMERMANN & KAMMEL 1994, DUDA et al. 2007a, DUDA et al. 2007b, HILL & RIEGLER 2008). Sowohl an der Wassersohle wie auch am unmittelbar anschließenden Uferbereich wies der Katzbach (von der Einmündung des Haselbaches bis zur Straße) viele große Steine bzw. unverfugte Steinplatten auf. Diese Bereiche waren im Vergleich zum Haselbach besser strukturiert (hinsichtlich Besonnung, Jagd- und Deckungsmöglichkeiten). Als wichtige Landschaftsbereiche bzw. Vegetations- und Strukturtypentypen im Landhabitat von N. tessellata (oder an dieses angrenzend) erwiesen sich Böschungen bzw. Dämme, Gebüschgruppen sowie ein sich an einem künstlich angelegten Tümpel befindlicher Misthaufen. Dieser stellt im vorgefundenen Würfelnatternhabitat wahrscheinlich den bedeutendsten Eiablageplatz dar, da ansonsten nur wenige potentielle Eiablageplätze ausgemacht werden konnten. Nach ENGELMANN & al. (1985) bevorzugt die Art klare, flache und langsam fließende Wasserkörper gegenüber trüben, tiefen und schnell fließenden. Bei unserer Untersuchung wurde dies am Katzbach bestätigt, während der in diesen einmündende Haselbach allerdings eine leichte Trübung aufwies. Sonnenexponierte Böschungen zählen auch bei GRUSCHWITZ (1985) zu den notwendigen und charakteristischen Lebensraumelementen der Würfelnatter in Deutschland. Ein Vergleich der vorgefundenen Standortmerkmale mit als charakteristisch für mitteleuropäische Verhältnisse geltenden Habitatausstattungen (LANKA 1978, OBST 1976, GRUSCHWITZ 1978, 1981, 1985; LENZ & GRUSCHWITZ 1993, ZIMMERMANN & KAMMEL 1994, DUDA et al. 2007a) zeigt Übereinstimmungen in folgenden Bereichen: - Klimatisch begünstigte Fließgewässer in Lagen mit hoher Sonneneinstrahlung - Dauerhafte Nahrungsgrundlage durch großen Fischreichtum und viele Jungfische - Naturnah ausgebildete Vegetation im Uferbereich - Zonen mit geringer Wassertiefe bzw. mit verminderter Strömungsgeschwindigkeit - Sonnenexponierte (Hang-) Flächen wie Böschungen oder Dämme nahe der Uferzonen bieten Sonnplätze, Schlupfwinkel und Winterquartiere - Landlebensraum reich strukturiert mit sonnenbeschienenen und dennoch sichtgeschützten Aufenthaltsorten (mäßig dichte Strauch- und Baumschicht, jedoch dichtere Krautschicht) - Treibgutanschwemmungen bzw. Totholz und Falllaub als potentielle Eiablageplätze Allerdings muss angemerkt werden, dass hinsichtlich der Strukturvielfalt im Landhabitat der vorgefundenen oberösterreichischen Population nur ein mäßig hohes Angebot an verschiedenen Strukturtypen und Sonderstandorten festgestellt werden konnte. HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 19 5. Schutzmaßnahmen für die Würfelnatter Folgende Maßnahmen sollen dazu dienen, Vorkommen N. tessellata zu sichern bzw. zu fördern. Davon profitieren auch alle anderen Reptilienarten. • Reptiliengerechtes Mahdmanagement, Eindämmung von Neophyten und Schaffung von Sonnplätzen Um das Zuwachsen von Sonnplätzen zu verhindern und um neue zu schaffen, sollen an den Standorten alternierend durch Mahd bzw. Gehölzschnitt freie Bereiche angelegt werden. Diese Maßnahmen sollen nach Möglichkeit außerhalb der Aktivitätsperiode durchgeführt werden. Im Zeitraum Anfang Juni bis Ende August sollte die Mahd nicht mit schweren Maschinen erfolgen, um Gelege nicht zu zerstören. Das Schnittgut (außer von Neophyten) und Holz soll zum Teil vor Ort belassen und auf Haufen geschlichtet werden. Vor allem die dammseitige Uferböschung des Haselbaches bietet aufgrund der flächendeckenden Hochstaudenflur nur relativ wenige Sonnplätze. Regelmäßigere Mahd sowie Gehölzschnitt alternierender Uferabschnitte würde hier Abhilfe schaffen und ein Mosaik verschiedener Vegetationshöhen schaffen. Abschnittsweise Steinschüttungen würden die Habitate strukturell aufwerten und wertvolle Sonn- Versteck- und Überwinterungsplätze schaffen. Der an den Weg angrenzende einheitlich kurz gemähte Damm bietet wenig Versteckmöglichkeiten, hier sollte abschnittsweise eine höhere Vegetation, kombiniert mit Holz/Steinhaufen, Wurzelstöcken und Buschgruppen, die strukturelle Vielfalt erhöhen. Am Katzbach sollte am Dammbereich abschnittsweise höhere (Kraut)Vegetation zugelassen und Stein/Holzhaufen angelegt werden. Am wegseitigen Uferbereich ist stellenweise ein Gehölzschnitt nötig, um bessere Besonnung zu ermöglichen. • Schaffung von Eiablageplätzen Da im Untersuchungsgebiet nur ein potentieller Eiablageplatz festgestellt werden konnte, kommt der Anlage von weiteren Eiablageplätzen für den langfristigen Populationserhalt große Bedeutung zu. Hierfür würde sich anbieten, an einigen Stellen des Dammes Schnittguthaufen (eventuell mit Erde durchmischt) anzulegen. • Erhaltung der Bachbettstruktur des Katzbaches Die derzeitige Bachbettstruktur des Katzbaches (von der Einmündung des Haselbaches bis zur Wehranlage) ist als positiv zu bewerten und sollte keinesfalls durch etwaige Sanierungsmaßnahmen verändert werden. Im Uferbereich sollten zusätzlich Steinhaufen angelegt werden. • Gehweg entlang des Katzbaches Eine optimale Schutzmaßnahme würde ein Nutzungsverzicht des Weges entlang des Katzbaches (von der Einmündung des Haselbaches bis zur Wehranlage) darstellen), da sich wenige Meter oberhalb an der Dammkrone sowieso ein Fuß- bzw. Radweg befindet. Mittels Steinschüttungen im unteren Bereich des Dammes könnten optimale Sonn- und Überwinterungsplätze geschaffen werden HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 20 6. Literatur CABELA, A., GRILLITSCH, H. & F. TIEDEMANN (2001): Atlas zur Verbreitung und Ökologie der Amphibien und Reptilien in Österreich: Auswertung der Herpetofaunistischen Datenbank der Herpetologischen Sammlung des Naturhistorischen Museums in Wien. Umweltbundesamt Wien: 880 S. CABELA, A. & F. TIEDEMANN (1985): Atlas der Amphibien und Reptilien Österreichs (Stand 1984). - Neue Denkschriften des Naturhistorischen Museums Wien. 4. Band. - Wien-Horn (Berger): 80 S. DUDA M.; HILL J.; KLEPSCH R. (2006): Kartierung der Würfelnatter im Südlichen Wiener Becken und am Alpenostrand (Niederösterreich). Lebensraumanalyse und Erarbeitung von Schutzmaßnahmen. Im Auftrag der NÖ Landesregierung, Landschaftsfond, unveröffentl. Projektbericht: 39 S. DUDA, M.; GRILLITSCH, H.; HILL, J. & R. KLEPSCH (2007a): Die Würfelnatter Natrix tessellata (LAURENTI, 1768) im Südlichen Wiener Becken und am Alpenostrand (Niederösterreich). Herpetozoa, Wien, 20(1/2): 35-56. DUDA, M., HILL, J & R. KLEPSCH (2007b): Kartierung und Lebensraumanalyse der Reptilienfauna des Nationalpark Donau-Auen an ausgewählten Standorten unter besonderer Berücksichtigung der Würfelnatter (Natrix tessellata). Im Auftrag der Nationalpark Donau-Auen GmbH und der via donau - Österreichische Wasserstrassen-Gesellschaft mbH, unveröffentl. Projektbericht: 30 S. ENGELMANN, W.-E.; FRITZSCHE, J.; GÜNTHER, R., OBST, F. J. 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HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 22 7. Anhang - Fotodokumentation Abb. 3: Plesching W Ort - Haselbach, Standort Nummer 24 (Foto: J. HILL) Abb. 4: Plesching NW Ort - Katzbach, Standort Nummer 25 (Foto: J. HILL) HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 23 Abb. 5: Fischlhamer Au - Traun und Altarm, Standort Nummer 7 (Foto: J. HILL) Abb. 6: Neuhofen SE Ortsrand - Krems, Standort Nummer 14 (Foto: J. HILL) HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 24 Abb. 7: Ebelsberg - Flutungstümpel an der Traun, Standort Nummer 15 (Foto: J. HILL) Abb. 8: :Linz, Jachthafen - Donau, Standort Nummer 23 (Foto: J. HILL) HILL & KLEPSCH - Würfelnatter (Natrix tessellata) in Oberösterreich 25