Durchführung des Gruppenpuzzles

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Durchführung des Gruppenpuzzles
sci e nc e- li ve - le m g o
Biotech-Labor für Schülerinnen und Schüler
Der Neanderthaler – ein Vorfahre des Europäers? - Durchführung des Projektes
Anregung und Informationen für das Projekt Der Neanderthaler – ein Vorfahre des Europäers? stammen aus den beiden
folgenden Quellen:
1. I. V. Ovchinnikov et al.: Molekular analysis of Neanderthal DNA from the nothern Caucasus. Nature 404, S. 490
– 493 (2000)
siehe auch: N. Campbell, J. Reece.: Biologie, 8. Auflage, 2009, S. 989
2. Bildungsserver Baden-Württemberg – Biologie, "NaT-Working - Naturwissenschaften und Technik: Schüler,
Lehrer und Wissenschaftler vernetzen sich", Die Evolution des Menschen - Biodiversität und evolutive
Anpassung
Wir danken Professor Svante Pääbo und Dr. Johannes Krause, EVA Leipzig, für die Unterstützung bei der Beschaffung
der mtDNA.
Seit der Entdeckung des Neanderthalers vor über 150 Jahren im Neandertal bei Mettmann/ Düsseldorf steht diese Frühmenschenform im Zentrum anthropologischer Forschung. Seit etwa 20 Jahren konnten dank neuer naturwissenschaftlicher Untersuchungsmethoden und -techniken viele Fragen zu seinem Aussehen und seiner Lebensweise erfolgreich
geklärt werden. Das Projekt Der Neanderthaler – ein Vorfahre des Europäers? bietet damit in besonderem Maße die
Möglichkeit, SchülerInnen die historische Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und ihre Abhängigkeit von
experimentellen Methoden und Techniken zu verdeutlichen. Neue Verfahren, die erweiterte Möglichkeiten der Überprüfung und Veränderung von Hypothesen und Modellen bieten, wie in diesem Projekt die der Gentechnik, werden
praktisch durchgeführt. Zudem bietet dieses Projekt Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit, vor dem Abitur mit ihren
Kursen bekannte Sachverhalte und Methoden (Homologie, Restriktionsenzyme, PCR, Gelelektrophorese) in einem
neuen Kontext zu wiederholen und zu vertiefen.
Das Projekt Der Neanderthaler – ein Vorfahre des Europäers? gliedert sich in zwei Module. Die beiden Module können
unabhängig voneinander durchgeführt werden. Das folgende Material ermöglicht die Durchführung von Modul I sowohl in
der Schule als auch, auf Wunsch, im Schülerlabor science-live-lemgo. Modul II ist ein Labor-Modul und kann nur im
Labor stattfinden. Es wird in zwei Schwierigkeitsgraden angeboten.
Die folgende Übersicht zeigt Verlauf und wesentliche Inhalte der beiden Module I und II. Der Verlauf des Projektes ist
problemorientiert und entspricht dem Verlauf des naturwissenschaftlichen Erkenntnisprozesses.
Schritt 1: Aufzeigen des Problems und des Ziels
Die Lehrkraft stellt mithilfe der Folie (siehe ‚Einleitung’) das folgende Problem dar: Der Neanderthaler lebte viele Jahrtausende in weiten Teilen Europas und Kleinasiens, bis er etwa 10.000 Jahre nach dem Erscheinen des Homo sapiens
in Europa vor 30.000 Jahren verschwand. Die Frage, ob der Neanderthaler vom europäischen Homo sapiens verdrängt
(ev. ausgerottet) wurde oder ob sich die beiden Menschentypen vermischten, wird kontrovers diskutiert.
Im Unterrichtsgespräch wird die folgende Hypothese abgeleitet und begründet:
Hypothese
Der Neanderthaler ist (k)ein Vorfahre des Europäers.
Begründung
Wenn sich die Populationen von Homo sapiens bzw. neanderthalensis vermischt haben, dann wäre der Neanderthaler einer der direkten Vorfahren des (ursprünglichen) Europäers. Die Aufspaltung der Art Homo sapiens in
Teilpopulationen, die andere Kontinente besiedelt haben, hat zeitlich früher stattgefunden als seine Ankunft in
Europa und seine (mögliche) Vermischung mit den dort lebenden Homo neanderthalensis-Populationen. Der
europäische Homo sapiens wäre dann enger mit dem Homo neanderthalensis verwandt als mit dem Homo sapiens
anderer Kontinente.
Wenn der Homo sapiens den Neanderthaler verdrängt hat, dann wäre der Neanderthaler kein direkter Vorfahre des
(ursprünglichen) Europäers. Der europäische Homo sapiens wäre dann enger mit dem Homo sapiens anderer
Kontinente verwandt als mit dem Homo neanderthalensis.
Diese Hypothese lässt sich mit naturwissenschaftlichen Methoden untersuchen.
Modul I: Kriteriengestützter Vergleich homologer anatomischer Merkmale z. B. von Schädeln durch
Vermessung
Modul II: Kriteriengestützter Vergleich homologer mtDNA-Abschnitte mithilfe von Restriktionsverdau, PCR und
Gelelektrophorese
Erwartung
Wenn der Neanderthaler ein Vorfahre des europäischen Homo sapiens íst, dann sollte die anatomische und
genetische Ähnlichkeit zwischen Europäer und Neanderthaler größer sein als zwischen Europäer und z. B. einem
Asiaten.
Wenn der Neanderthaler kein Vorfahre des europäischen Homo sapiens íst, dann sollte die anatomische und
genetische Ähnlichkeit zwischen Europäer und und z. B. einem Asiaten größer sein als zwischen Europäer und
Neanderthaler.
Modul I:
Kriteriengestützter Vergleich homologer anatomischer Merkmale z. B. von Schädeln durch Vermessung
Schritt 2: Klärung des grundsätzlichen Verlaufs des Gruppenpuzzles
Der Verlauf des Gruppenpuzzles folgt mit leichten Abwandlungen dem für diese Methode üblichen Procedere. In der
ersten Runde bilden sich die SchülerInnen zu Experten (Expertenbildung) aus. Wichtig ist, dass in der ersten Runde
mindestens vier verschiedene Gruppen (A - D) mit mindestens vier Personen gebildet werden. Sonst fehlen in der
zweiten Runde wesentliche, für die Bearbeitung des Problems notwendige Informationen. Umfasst der Kurs 20 oder
mehr SchülerInnen, kann eine weitere Gruppe mit vier Personen gebildet sowie die Anzahl der zu vermessenden
Schädel erhöht werden, z. B. um den von Homo erectus.
Schritt 3: Durchführung der ersten Runde – Bildung von Experten
Jede Gruppe vermisst arbeitsteilig jeweils den Schädel einer Art und ermittelt wesentliche anatomische Merkmale. Die
Ergebnisse werden viermal in die zweite bis fünfte Spalte des Arbeitsblattes für Runde 1 eingetragen. Anschließend
werden die Spalten drei, vier und fünf abgeschnitten und an die einzelnen Personen der Gruppe verteilt. Jede Person
verfügt jetzt über die Ergebnisse der Gruppe und kann diese in die zweite Runde einbringen.
Arbeitsaufträge
Runde 1: Expertenbildung
Ermittlung wesentlicher
anatomischer Merkmale von
...
Gruppe
A
B
Homo sapiens
(siehe AB Runde 1, Gruppe A - D)
A
A
A
C
Homo
neanderthalensis
B
A
B
B
D
Homo ergaster
B
C
C
C
Pan troglodytes
C
D
D
D
D
Schritt 4: Durchführung der zweiten Runde – Einsatz der Experten
Die zweite Runde dient dem Einsatz der Experten (Experteneinsatz). Hierfür werden Gruppen (I – IV, römische Zahlen)
gebildet, die mit je einem Mitglied der verschiedenen Gruppen aus Runde 1 besetzt sind. In dieser Runde erfolgt in einer
ersten Phase der Austausch der Ergebnisse und ein kriteriengestützter Vergleich der anatomischen Merkmale der vier
untersuchten Schädel. Hierfür werden die Papierspalten mit den Ergebnissen aus Runde 1 auf das Arbeitsblatt für
Runde 2 geklebt. Die fetten waagerechten Linien helfen bei der sachgerechten Anordnung. In einer zweiten Phase
werden die Ergebnisse grafisch dargestellt. Damit diese Arbeit in vertretbarer Zeit fertig gestellt ist, bekommt jede der
Gruppen I bis IV arbeitsteilig bestimmte Merkmale zugewiesen.
Gruppe
I
Runde 2: Experteneinsatz
Zusammentragen der
Ergebnisse aus Runde 1
A
B
C
II
A
D
B
III
C
D
A
B
IV
C
D
A
B
C
D
(siehe AB Runde 2, Gruppe I - IV)
Grafische Darstellung der
Ergebnisse zu ...
-
Schädelvolumen
und proportionen
-
Lage des
Hinterhauptloches
-
Struktur und
Masse des
Unterkiefers
-
Kaukraft
Schritt 5: Vorstellung und Auswertung der Ergebnisse
In Runde 3 treffen sich die SchülerInnen im Plenum und stellen ihre grafischen Darstellungen vor. Auf dieser GrundIage
erfolgt die Auswertung der Ergebnisse und die Überprüfung der Hypothese entsprechend der Erwartungen sowie eine
kritische Reflexion der Möglichkeiten und Grenzen von Homologie-Untersuchungen.
Runde 3: Plenum
Vorstellung der Ergebnisse anhand der grafischen Darstellung durch die Gruppen I – IV
Auswertung der Ergebnisse unter Berücksichtigung von Hypothese und Erwartung
Ergebnis
Die Ausprägung der Merkmale entspricht nur in Teilen der Erwartung (s. o.). Eine Falsifizierung der Hypothese(n) ist
aufgrund kriteriengestützter Vergleiche homologer anatomischer Strukturen allein nicht möglich. Benötigt werden weitere
naturwissenschaftliche Untersuchungsmethoden zur Überprüfung der Hypothese wie z. B. die gentechnische Untersuchung der DNA.
Modul II (Labormodul):
Kriteriengestützter Vergleich homologer mtDNA-Abschnitte mithilfe von Restriktionsverdau, PCR und
Gelelektrophorese
Modul II, das Labormodul, wird in zwei verschiedenen Schwierigkeitsgraden angeboten.
Schwierigkeitsgrad 1
Die SchülerInnen untersuchen jeweils ein Fragment der mitochondrialen DNA von Homo sapiens und Homo neanderthalensis mithilfe von Restriktionsverdau, PCR und Gelelektrophorese. Die Analyse des Gelbildes ermöglicht erste
Aussagen über die Anzahl der Basenunterschiede bei den beiden DNA-Fragmenten. Der Schwerpunkt liegt bei diesem
Modul auf der Erarbeitung der oben genannten gentechnischen Verfahren.
Schwierigkeitsgrad 2
Die SchülerInnen untersuchen jeweils ein Fragment der mitochondrialen DNA von Homo sapiens (2 Proben unterschiedlicher Herkunft), Homo neanderthalensis und Pan troglodytes mithilfe von Restriktionsverdau, PCR und Gelelektrophorese. Die Analyse des Gelbildes ermöglicht erste Antworten auf die Frage nach dem Verhältnis von
europäischem Homo sapiens, Neanderthaler und Pan troglodytes sowie eine Klärung des grundsätzlichen Vorgehens
bei der Erstellung eines Stammbaumes auf der Grundlage genetischer Befunde.
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