China im Wandel - Ostfalia Hochschule für angewandte

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China im Wandel - Ostfalia Hochschule für angewandte
Ostfalia • Salzdahlumer Str. 46/48 • 38302
Hochschule
Wolfenbüttel
Braunschweig/Wolfenbüttel
Fakultät Soziale Arbeit
Prof. Dr. phil. M.A. Ludger Kolhoff
Studiengangleiter
„Master
of
Social Management“
Telefon
+49(0)5331
939
+49(0)5331
939
37215
Telefax
37217
E-Mail [email protected]
Web
Wolfenbüttel, 20.08.2014
www.ostfalia.de/
Unser Zeichen: Kol.
DOKUMENTATION DER EXKURSION
China im Wandel (Peking und Shanghai)
20.11.13
Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften
Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel
Postanschrift: Salzdahlumer Str. 46/48 • 38302 Wolfenbüttel
Besucheranschrift: Am Exer 6 • 38302 Wolfenbüttel
–
27.11.13
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Inhalt
1
EXKURSIONSPROGRAMM......................................................................................... 5
2. DOKUMENTATION DER EXKURSION ............................................................................ 7
2.1Besichtigung eines Dorfes und Gespräch mit den dortigen Zuständigen
(Protokoll: Farina Albrechtsen, Valerie Schierenbeck, Ilsemarie Meyer) ...................7
2.1.1 Einleitung .......................................................................................................................................... 7
2.1.2 Besuch der Grundschule .............................................................................................................. 8
2.1.3 Gespräch mit dem Bürgermeister............................................................................................ 8
2.1.4.
Besichtigung einer Anlage für den Anbau von Obst und Gemüse........................... 9
2.2 Besuch der deutschen Botschaft in Peking – Ein Vortrag des Sozialreferenten
Herr Dr. Speidel (Protokoll: Manuela Kinel, Linda Raupers, Ryanne Schmidt) ...... 11
2.2.1Begrüßung und Vorstellung der deutschen Botschaft in Peking................................. 11
2.2.2 China im Jahr 2013 – eine grobe Charakterisierung .................................................... 13
2.2.3 Wanderarbeiter – Urbanisierung – Landreform ............................................................. 16
2.2.4 Gewerkschaften – Tarifverhandlungen .............................................................................. 17
2.2.5 Schlussbemerkung des Herrn Dr. Speidels ......................................................................... 17
2.3 Besuch der Peking Universität (Protokoll: Bastian Thiedau)................................ 19
2.4Die Wanderarbeiter in China (Protokoll: Andrea Schötz, Markus Ecke) ............ 23
2.4.1 Besuch bei Frau Gao Wei von der NGO „Little Bird“ am 22.11.2013........................ 23
2.4.2 Die Situation der Wanderarbeiter ......................................................................................... 25
2
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2.5 DER HIMMELSTEMPEL IN PEKING (PROTOKOLL: IMEN NESAIBI) ............................... 29
2.6 Besuch des VW Werks in Shanghai (Protokoll: Viktoria Konkus) ....................... 37
2.6.1 Einführung .................................................................................................................................... 37
2.6.2 Unsere Studiengruppe im VW Werk .................................................................................... 38
2.7 Besuch der Tongji-Universität Shanghai (Protokoll: Andreas Kikillus) ............ 41
2.8 Besuch der Parteihochschule in Shanghai (Protokoll: Tobias Bolitz und Marc
Endlich) .......................................................................................................................................... 47
2.8.1 Einleitung ....................................................................................................................................... 47
2.8.2 Aufgaben der Parteihochschule ............................................................................................. 48
2.8.3 Inhalte des Gesprächs mit Professor Rong Zhi: ............................................................... 49
2.8.4 Fazit ................................................................................................................................................. 52
2.9 Stadtteilentwicklung Shanghais am Beispiel des Bezirks Pudong (Protokoll:
Jonas Lehmann, Erich Wiebe, Viviane Schönau).............................................................. 53
2.9.1 Ziele und Erwartungen an den Termin ............................................................................... 53
2.9.2 Die Informationsphase ............................................................................................................. 54
2.9.3 Die Diskussion ............................................................................................................................. 56
2.9.4 Fazit und Reflektion ................................................................................................................... 57
2.10 Interview zu aktuellen gesellschaftlichen Konflikten (Arne Ehlers, Marina
Dik ) ................................................................................................................................................. 59
2.10.1 Einleitung..................................................................................................................................... 59
2.10.2 Interview mit Herr Chang..................................................................................................... 60
3. HAUSARBEITEN ZUR NACHBEREITUNG DER EXKURSION ............................................ 65
3.1 Auswirkung von Mao Zedong auf die chinesische Gesellschaft (Valerie
Schierenbeck) .............................................................................................................................. 65
3
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3.1.1 Einleitung ....................................................................................................................................... 65
3.1.2 Vom Bauernsohn zum kommunistischen Revolutionär............................................... 66
3.1.3 Mao: die Machtergreifung über China ................................................................................ 68
3.1.4 Wirkung auf die Gesellschaft in China nach Maos Tod ................................................. 71
3.1.5 Fazit und persönliche Stellungnahme................................................................................. 73
3.1.6 Literaturverzeichnis .................................................................................................................. 74
3.2 Zur Stellung der Frau in China im 20. Jahrhundert (Farina Albrechtsen) ......... 76
3.2.1 Einleitung ....................................................................................................................................... 76
3.2.2 Geschichtlicher Hintergrund .................................................................................................. 77
3.2.3 Stellung der Frau im 20. Jahrhundert .................................................................................. 84
3.2.4 Fazit ................................................................................................................................................. 97
3.3.5Literaturverzeichnis ................................................................................................................... 99
3.4Sozialpolitik und soziale Sicherung in China(Arne Ehlers) ................................. 101
3.4.1 Einleitung .................................................................................................................................... 101
3.4.2 Sozialpolitik in China .............................................................................................................. 102
3.4.3Soziale Sicherung in China .................................................................................................... 108
3.4.4 Fazit .............................................................................................................................................. 116
3.4.5 Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 118
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1 Exkursionsprogramm
20.11.13
Mittwoch: Flug mit (China Eastern) MU ab Frankfurt um 14:40h
21.11.13
Donnerstag: Landung in Schanghai um 07:00h, hier erfolgt die Einreise und
Weiterflug nach Ankunft Peking, das dann um 11:45h erreicht wird.
Fahrt zur Besichtigung eines Dorfes und Gespräch mit den dortigen Zuständigen.
22.11.13
08:00h Frühstück. Abfahrt vom Hotel zum Treffen mit dem Sozialreferenten der
deutschen Botschaft.
11:00h Besichtigung des Olympia Parks
13:00h Besuch der Peking Universität
16:00h Treffen mit Frau Wao Gei (NGO für Wanderarbeiter mit Projekten in Peking)
23.11.13
Ausflug zur Großen Mauer, mit Besichtigung des Ming Grabs.
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24.11.13
Besuch des Himmelstempels
Bummel durch einen Hutong.
Besichtigung des Mao Mausoleums, des Tian An Men Platzes
und des
Kaiserpalastes
19:05h Flug nach Shanghai, Ankunft 21:20h
25.11.13
07:45h Abfahrt nach Anting zum VW Werk.
09:00h
Ankunft
und
Begrüßung
durch
die
Firma
mit
anschließender
Werksbesichtigung.
Danach Abfahrt zur Tongji Universität
14:00h Treffen bei der CDH, Sino-German-College.
16:00h Gespräch beim Shanghai Administration Institute mit Prof. Rong Zhi
26.11.13
14:00h Komitee für Stadtentwicklung, Gespräch zur Stadtentwicklung Shanghais
am Beispiel Pudongs
23:55h Rückflug nach Frankfurt.
27.11.13
06:05h Landung in Frankfurt
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2. Dokumentation der Exkursion
2.1Besichtigung eines Dorfes und Gespräch mit den dortigen
Zuständigen (Protokoll: Farina Albrechtsen, Valerie Schierenbeck,
Ilsemarie Meyer)
2.1.1 Einleitung
Nach einem 10 stündigen Flug von Frankfurt, mit einem Umstieg in Shanghai,
landete unsere 20-köpfige Reisegruppe am 21.11.2013 in Peking.
Von dort aus starteten wir direkt mit unserem eigenen Reisebus und der
deutschsprachigen Reisebegleiterin die Exkursion durch Peking. Unser erster Halt
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war ein Dorf in der Nähe von Peking, welches wir besichtigten. Zudem bekamen
wie einen Einblick in die dortige Grundschule. Anschließend nahmen wir einen
Termin mit dem Bürgermeister wahr und informierten uns über die Strukturen des
Dorfes. Anschließend besuchten wir noch einen „Ecological and Agricultural
Demonstration Park“.
2.1.2 Besuch der Grundschule
Angekommen in der Schule, begrüßte uns die Schulleitung freundlich, zeigte uns
zunächst das Schulgebäude und lud uns zu einem gemeinsamen Gespräch ein. So
erhielten wir Einblicke in das chinesische Schulsystem und die Besonderheiten
dieser Grundschule. Hier erfuhren wir, dass die Grundschulzeit in China sechs
Jahre beträgt, die Hauptfächer Chinesisch, Englisch und Mathematik sind und die
Kinder täglich acht Stunden in der Schule verbringen.
Anschließend bekamen wir die Möglichkeit an einer
Schulstunde teilzunehmen, sowie mit den Kindern auf
Englisch ins Gespräch zu kommen. Dies gestaltete sich
jedoch etwas schwierig, da die Schüler/innen nur über
sehr geringe Englischkenntnisse verfügen. Währenddessen überreichten wir den
Kindern mitgebrachte Süßigkeiten aus Deutschland, über die sie sich sehr gefreut
haben.
2.1.3 Gespräch mit dem Bürgermeister
Im Verwaltungsgebäude des Dorfes „Dajianchang“ wurden wir vom Bürgermeister
persönlich begrüßt. Dieser berichtete uns, dass in diesem chinesischen Dorf ca.
400 Familien leben. Es weist eine Einwohnerzahl von 1700 Menschen auf und kann
eher als ein finanziell gut dastehendes Dorf eingestuft werden kann. Das
Nettoeinkommen pro Kopf beträgt 11000 Yuan pro Jahr, was umgerechnet ca.
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1100 Euro im Jahr entspricht. Andere chinesische Dörfer weisen in den meisten
Fällen lediglich ein Nettoeinkommen im Jahr von 500- 800 Euro pro Kopf auf.
Im Dorf arbeiten ungefähr 650 Bauern, die bei anfallenden Problemlagen das
Verwaltungsgebäude aufsuchen können. Die Höfe der Bauern und auch die
Häuser, der dort lebenden Familien sind Eigentum des Dorfes, welches keine Miete
von der Bevölkerung verlangt. Die Bauern des Dorfes besitzen sogar seit einigen
Jahren eine Krankenversicherung, die sie jedoch selbst finanzieren müssen.
Als großer Vorteil des Dorfes erweist sich ein nahe gelegener Fluss, der sich über
2000 Kilometer erstreckt und als günstiger Handelsweg nach Shanghai dient. Die
Bauern bauen hauptsächlich Weizen, Mais, Gemüse und Sesam für die
Ölproduktion an.
2.1.4. Besichtigung einer Anlage für den Anbau von Obst und Gemüse
Einige Kilometer vom Dorf entfernt, besuchten wir einen sogenannten „Ecological
and Agricultural Demonstration Park“. Bevor wir die Anlage besichtigten, wurde uns
auf einer großen Leinwand im Freien ein Video vorgeführt, welches uns einen
Überblick darüber geben sollte, was uns unter Anderem in der Anlage erwartet.
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Nach dieser Vorführung wurde uns eine Rundfahrt mit mehreren Golfcarts geboten.
Dadurch war es uns möglich, die Größe dieser Anlage zu erfassen. Zwischendurch
hielten wir an, um in die Gewächshausanlagen hineinschauen zu können. In diesen
werden unter anderem Gemüsesorten wie Fenchel, Gurken, Tomaten und Kohl
angebaut.
Das dort angebaute Obst und Gemüse wird vorwiegend in die umliegenden großen
Supermärkte aus dem Raum Peking geliefert. Zudem kommen auch viele
Menschen aus der Stadt, um sich die Anlage anzuschauen.
Das Besondere an dieser Anlage ist, dass es sich ausschließlich um ökologischen
Anbau handelt. Insgesamt befinden sich auf dem „Ecological and Agricultural
Demonstration Park“ 700 Gewächshäuser, welche jeweils eine Länge von 80
Metern aufweisen. Vor jedem Gewächshaus befindet sich ein kleiner Vorbau, der
kleinen steinernen Hütten ähnelt. Während der Rundfahrt konnten wir sehen, dass
sich in diesen teilweise Betten befanden. Einige der Arbeiter leben (teilweise) mit
ihren Familien in diesen Bauten.
Zum Schluss der Rundfahrt durften wir eine Art von Zieräpfeln selbst pflücken und
probieren. Diese Äpfel werden unter anderem zu Marmelade verarbeitet oder
dienen auch der Herstellung von Getränken.
Danach ging es mit unserem Bus weiter zum Abendessen in ein Restaurant und
anschließend ins Hotel.
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2.2 Besuch der deutschen Botschaft in Peking – Ein Vortrag des
Sozialreferenten Herr Dr. Speidel (Protokoll: Manuela Kinel, Linda
Raupers, Ryanne Schmidt)
2.2.1Begrüßung und Vorstellung der deutschen Botschaft in Peking
Herr Dr. Speidel hat unsere Exkursionsgruppe und Professor Dr. Ludwig Kolhoff am
22.11.2013 herzlich in der deutschen Botschaft in Peking empfangen. Die
Exkursionsgruppe bestand aus 19 Studierenden der Fakultät Soziale Arbeit, der
Fachhochschule Ostfalia für angewandte Wissenschaften.
Einleitend hat sich Herr Dr. Speidel persönlich vorgestellt und seinen beruflichen
Werdegang kurz erläutert. Des Weiteren stellte Herr Dr. Speidel uns die deutsche
Botschaft in Peking vor. Diese ist nach Moskau und Washington die drittgrößte
deutsche Botschaft weltweit. Die Angehörigen der Botschaft werden durch
verschiedene Ministerien abgesandt und für die Ämter ausgewählt. Dazu gehören
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zum Beispiel die Bundesbank oder der BDA. Beschäftigt werden rund 200
Mitarbeiter. Sowohl Diplomaten als auch sogenannte Ortskräfte, die gleich ob
deutscher oder chinesischer Nationalität, jeweils in China leben. Arbeitsbereiche
der Diplomaten untergliedern sich in wirtschaftliche, kulturelle und politische
Abteilungen. Außerdem wird die Presse, die Verwaltung, das Militär und die
Sprache
im
Sinne
von
Dolmetschertätigkeiten
und
die
Rechts-,
und
Konsularabteilung vertreten.
Unter den politischen Bereich fallen neben der Gesundheits-, Bevölkerungs-,
Arbeits-, Sozial-, Innen- und Außenpolitik und auch die zu verwaltende Industrie,
Umwelt,
Wissenschaft,
die
Menschenrechte,
Landwirtschaft/Verbraucherschutz.
der
Beispielsweise
Verkehr
wurden
im
und
Jahre
der
2013
voraussichtlich 120.000 Visa vergeben, demnach 20% mehr, als im Jahre 2012. Da
die
Zahlen
der
Visa
steigen
herrscht
die
Sorge
einer
zu
großen
Einwanderungswelle vor. Herr Dr. Speidel als Sozialreferent, ist für den gesamten
politischen Bereich zuständig.
Nach einer freundlichen Begrüßung leitet Herr Dr. Speidel (Sozialreferent an der
Deutschen Botschaft), welcher für den Aufgabenbereich des Bundesministeriums
zuständig ist und sich unter anderem mit dem sozialen Sicherungssystem und der
Gesundheitspolitik Chinas auseinandersetzt, die fachlichen Themenpunkte ein.
Begonnen wurde mit der Charakterisierung Chinas im Jahr 2013. Infolgedessen
wurden uns die sozial-, arbeits-, und arbeitsmarktpolitischen Herausforderungen
dargestellt.
Ebenso
wurden
die
Wanderarbeiter
in
Verbindung
mit
der
Urbanisierung-/ Modernisierung der chinesischen Gesellschaft und die Landreform
thematisiert.
Schlussendlich
wurde
über
die
Gewerkschaften
und
Tarifverhandlungen referiert und im Anschluss auch diskutiert.
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2.2.2 China im Jahr 2013 – eine grobe Charakterisierung
China ist ein autoritärer Parteistaat, die KPCH steht über allem. Die KPCH ist eine
kommunistische Partei die sowohl Regierung als auch die Partei darstellt. In diesen
Bereichen herrscht eine Deckungsgleichheit. Die Partei schreibt die Gesetzte und
besetzt die Ämter des Landes. Pluralismus wird simuliert und Gruppierungen die
sich gegen die Partei bilden schnellstmöglich Mundtot gemacht. Speidel nannte hier
das Beispiel der DDR als Vergleich.
Die chinesische Bevölkerung verfolgt ein sozialistisches und kapitalistisches
Wirtschaftsmodell. Das Wirtschaftswachstum in China fällt auf hohem Niveau, der
Nachlass
liegt
bei
7,5%.
Diese
sinkende
Zahl
ruft
Sorgen
bei
den
Wirtschaftsexperten und Verantwortlichen hervor, da diese nicht unter 7,2% sinken
darf, um den Arbeitsmarkt aufrecht erhalten zu können. 8% sind mindestens
erforderlich um die ökonomische Sicherung gewährleisten zu können. Allerdings ist
die chinesische Bevölkerung der „Exportweltmeister“. Sie verfolgen nach wie vor
ein exportorientiertes Wachstumsmodell, welches auf der Niedriglohnstrategie
basiert. Der Gegensatz dazu wäre ein binnenmarktorientiertes Konsummodell. Dies
betrifft vor allem mittelwertige Produkte, somit wird eine Niedriglohnstrategie
gewährleistet.
Ein
angestrebtes
Ziel
ist
das
Hochlohnmodell,
um
den
Arbeitnehmern ebenfalls den Konsum der Produkte zu ermöglichen. Dies soll
anhand von hochwertiger Produktion realisiert werden, sodass der Binnenkonsum
angekurbelt wird. Diese Kaufkraft und die Konsumorientierung der chinesischen
Gesellschaft kann allerdings nur mit einer Erhöhung des Lohns realisiert werden.
Bis 2020 soll das Ziel der Modernisierung Chinas realisiert werden. In der
Deutschen Botschaft werden Ideen dazu ausgewertet.
Auch China verfolgt Jahrespläne. Derzeitig herrscht der zwölfte Fünfjahresplan
(2011-2015). Ein Ziel des Fünf-Jahres-Plans ist es, wirtschaftliche und soziale
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Stabilität zu erreichen (Quantitativ orientiert). Diesbezüglich wird die Realität und
das gewünschte Ziel mithilfe der Zielformulierung abgeglichen, das bedeutet: Wird
ein Ziel nicht erreicht, so wird improvisiert, um demnach das Ziel als erfüllt zu
sehen.
Des Weiteren wurde im 3. Plenum eine weitreichende Absichtserklärung des ZKs
der KPCh zur Einführung von mehr Marktkoordination, allerdings nur wenig
konkrete Reformmaßnahmen, angekündigt.
Sozial- arbeits- und arbeitsmarktpolitische Herausforderungen
Herr Speidel berichtete ebenfalls über die sozial- arbeits- und arbeitsmarktpolitische
Herausforderungen Chinas.
In China steht die soziale Nachhaltigkeit und Stabilität auf dem Spiel. Die
Unterschiede zwischen arm und reich, Land und Stadt, Ost und West, Alt und Jung
und niedrig und hoch Qualifizierten nehmen drastisch zu. Die Sozialpolitik in China
befasst sich mit gewichtigen Themen, die zu verbessern gelten.
Infolge stetig steigender Akademikerabschlüssen erhöht sich die Nachfrage und
das Interesse an einer dualen Berufsausbildung in China, die geschaffen werden
möchte. Des Weiteren möchte sich die Bevölkerung zu einer vorrausschauenden
Beschäftigungs- und Bildungspolitik entwickeln.
Das System braucht allerdings
auch produzierende Fachkräfte (die Mittelklasse). Demnach ist ein DualesAusbildungssystem
notwendig,
um
weniger
Masterabschlüsse
und
mehr
Praxisorientierung zu fördern, da sich in China vermehrt theoretisches Wissen
angeeignet wird. Das Verhältnis zwischen Akademikern und Produktionsarbeitern
muss also ausgeglichen werden um den Lebensstandard zu gewährleisten. Die
Chinesen leben und bilden sich unter den Grundsätzen: „inovate“ „make your own
buisness“, „go west“.
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China
möchte
außerdem
ein
flächendeckendes
Sozialversicherungssystem
aufbauen. Sozialpolitisch ist das Ziel ein Ausgleich zwischen arm und reich, Land
und Stadt, niedrig und hoch Qualifizierten, Osten (welcher weit entwickelt ist) und
Westen, sowie demografisch gesehen, Alt und Jung zu schaffen. Seit 10 Jahren
existiert in China ein Sozialversicherungssystem. Die durchschnittliche Rente
beträgt in der Stadt 400 €. Auf dem Land besteht kein Anspruch auf Rente und kein
Gesundheitssystem.
Diesbezüglich
teilte
Herr
Speidel
mit,
dass
ein
flächendeckendes Sozialversicherungssystem geschaffen werden soll (Junge
zahlen für Alte, Beitragssystem). Der soziale Aspekt hierbei ist die Notwendigkeit
einer Familienhilfe. Die Eltern leben häufig auf dem Land, während die Kinder in die
modernisierte
Stadt
wandern.
Daraus
resultiert
ein
unsicherer
Familienzusammenhalt bzw. kann dieser durch diese Umstände nicht gewährleistet
werden. Ebenso ist das Beschäftigungsverhältnis von den Menschen nach der
Rente sehr gering.
Des Weiteren herrscht derzeit kein Verständnis für die Umwelt: Übersäuerte Böden,
Smog, kein Trinkwasser aus Leitungen. Die Mittelschicht lebt mit dem Bewusstsein
der schlechten Lebensumstände, möchte diese jedoch nicht länger dulden. Die
Smokbelastung der Städte ist ein ökologisches Desaster welches aus der
Ökonomisierung resultiert.
In China wird die offizielle Arbeitslosigkeit auf 4% gemessen. Inoffiziell wird
allerdings von 7-10% ausgegangen. Offiziell in Rente gehen Frauen derzeitig mit 55
und Männer mit 60 Jahren.
China ist in 50 Jahren um 30 Jahre gealtert. Diese Bilanz ist dramatisch, da die
notwendigen Mittel fehlen um diese Problematik zu lösen. Mit dem Thema
„Umgang mit der Alterung in der Bevölkerung“ antwortet der Staat weiterhin mit
einer „Ein-Kind-Politik“, die allerdings gelockert werden soll. Außerdem soll eine
Erhöhung des Renteneintrittalters stattfinden.
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2.2.3 Wanderarbeiter – Urbanisierung – Landreform
Die Zahl der Wanderarbeiter beträgt derzeitig ca. 260 Mio. Die sogenannte LandStadt-Migration war eine lange Zeit politisch gewollter Treiber der chinesischen
Urbanisierung. Nun mehr kommen Zweifel auf. Die Stadt-Land-Migration zieht
mehrere Großprobleme mit sich. Beispielsweise die unzureichende soziale
Absicherung der Migranten aufgrund des Hukou-Systems (Haushaltsregistrierung).
Die Arbeitsmigranten sind in den Städten nicht gemeldet und haben aufgrund
dessen nur eine eingeschränkte soziale Absicherung. Es herrscht eine starke
Trennung zwischen den auf dem Land und den in den Städten Registrierten. In
Anbetracht dieses Problems ist zukünftig eine bessere soziale Integration der
Arbeitsmigranten durch die Lockerung der Hukou-Regelung in Planung.
Ein weiteres Großproblem stellt die Bevölkerungskonzentration in den Städten dar.
Diese zieht im Osten Chinas soziale und ökologische Probleme nach sich.
Beispielsweise
kaum
bezahlbare
Wohnräume
oder
die
zunehmende
Smogbelastung.
Außerdem wird das Land in den meisten Fällen aufgegeben, statt verkauft. Die
älteren Generationen bleiben auf dem Land, können allerdings keine produktive
Landwirtschaft
betreiben.
Demnach
werden
die
demographischen,
landwirtschaftlichen und ökonomischen Ressourcen regelrecht erschöpft. Eine
effektive Lösung der Landreform besagt, dass den Bauern künftig die Möglichkeit
geboten werden soll, ihr Land zu verkaufen. Eine gesteuerte, qualitative
Urbanisierung soll das politische Ziel sein (Grüne Technologien, mehr Umweltsorge
etc.). Das politische Ziel erstreckt sich auf die „qualitative Urbanisierung“, wodurch
unter anderem die Aufhebung der Stadt-Land-Disparität aufgehoben werden soll.
Es besteht aufgrund der ärmlichen Verhältnisse auf dem Land jedoch eine hohe
Diskrepanz zu der modernisierten Stadt.
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2.2.4 Gewerkschaften – Tarifverhandlungen
Zu Letzt informierte Herr Speidel die Studierenden über die Gewerkschaften und
Tarifverhandlungen.
Der „All-Chinesiche-Gewerkschaftsverbund (ACGB)“ mit ca. 250 Mio. Mitgliedern ist
zahlenmäßig die größte Gewerkschaft der Welt.
Es liegt allerdings eine enge
institutionelle, politische und personelle Verzahnung mit der KPCh (Partei) in
chinesischen Unternehmen vor. Das bedeutet, dass die Zugehörigkeit nicht immer
freiwillig ist.
In China wird das Rollenverständnis einer Gewerkschaft anders interpretiert.
Gewerkschafter
sind
viel
eher
Vermittler,
anstatt
Verhandler
oder
Interessenvertreter. Streiks finden täglich (180000 pro Tag) aufgrund nicht gezahlter
Löhne, Rechtsverletzungen des Arbeitgebers und schlechter Arbeitsbedingungen
statt. Allerdings sind Streiks, nicht wie in Deutschland, das letzte Mittel in
Tarifverhandlungen. In China wurde das Streikrecht gar 1982 aus der Verfassung
gestrichen, wodurch sich Streikende zwangsläufig in einer rechtlichen Grauzone
bewegen. Auch wenn Tarifbeschlüsse angestrebt werden, gibt es dazu keinen
Zeitplan und keine Maßnahmen zur Umsetzung dieses Ziels.
Positiv zu erwähnen ist, dass das System trotz alledem in Bewegung gerät. Geplant
sind eine stärkere Verrechtlichung kollektiver Arbeitsbeziehungen und die
Einführung verbindlicher Lohnverhandlungsmechanismen. Deutsche Unternehmen
spielen dabei eine Vorreiterrolle.
2.2.5 Schlussbemerkung des Herrn Dr. Speidels
Bei dem Besuch der Deutschen Botschaft ist erkenntlichen geworden, dass die
Bevölkerung sich nach Wohlstand sehnt. Die Beschlüsse des 3. Plenums
unterstreichen das Problembewusstsein der politischen Klasse. Diese Wünsche
sind nicht nur bezüglich der ökonomischen Entwicklung, sondern besonders der
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sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit. Die Politik ist sich dem bewusst und
formuliert hinsichtlich eines Wandels Ziele, jedoch scheitert es häufig an der
Umsetzung.
Der Übergang von einer sozialistischen hin zu einer sozialen Marktwirtschaft
gestaltet sich als äußerst schwierig. Hier gilt, Traditionalisten vs. Modernisten.
Ebenso hat sich herauskristallisiert, dass die politische Steuerung im chinesischen
System schwierig ist. Die einzelnen Provinzen haben beispielsweise eigene
ökonomische Ressourcen und Gestaltungsspielräume. Es herrscht demnach
weiterhin eine hohe Diskrepanz zwischen Stadt, Land und Provinzen. Auf zentraler
Ebene werden politische Ziele und dezentral politische Instrumente definiert.
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2.3 Besuch der Peking Universität (Protokoll: Bastian Thiedau)
Begrüßt wurden wir im Hauptgebäude der Universität von der Koordinatorin des
Overseas Exchange Centers.
Allgemeine Informationen über die Universität wurden uns anhand eines Filmes
bereitgestellt.
Die Peking Universität versteht sich als eine Gesamthochschule. Dies bedeutet,
dass die Universität unzählige Fachrichtungen bedient, wie Beispielsweise
Lehramt, Jura, Medizin oder Journalismus. Des Weiteren gibt es sehr spezifische
Studiengänge, wie Marxismus oder „chinesische Regierung“. So verfügt die
Hochschule über 30 Colleges, 5 Fakultäten, 29 Institute und 12 Abteilungen
sowie 103 Forschungsinstitute. Angeboten werden 95 Bachelorstudiengänge
und 199 Masterprogramme. Zudem stehen 173 Doktorandenprogramme zur
Auswahl.
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Die Peking Universität kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Sie wurde als
erste Universität Chinas 1898 gegründet. Nach einigen Umzügen und Fusionen,
aber auch Lehrunterbrechungen, befindet sich die Universität heute wieder in
Beijing.
In China gilt die PKU als Eliteuniversität und selbst weltweit genießt sie einen
guten Ruf und belegt in der Weltrangliste Platz 46 aller Universitäten.
(http://www.topuniversities.com/university-rankings/world-universityrankings/2013#sorting=rank+region=+country=+faculty=+stars=false+search=,
Zugriff: 11.12.13)
Voraussetzung für die Zulassung zum Studium an der Peking-Universität sind
schwere
Aufnahmetests,
die
sehr
hohe
Durchfallquoten
aufweisen.
Laut Informationen mehrerer Chinesen, die wir auf unserer Exkursion begegnet
sind, sind allgemein für den Zugang an den chinesischen Hochschulen nicht die
Abschlussnoten
der
Schule
ausschlaggebend,
sondern
nur
eine
Aufnahmeprüfung, „Gao Kao“. Laut meinem Verständnis findet einmal jährlich,
mehrere Tage lang, in ganz China, ein Einstufungstest statt. Anhand mehrerer
geprüfter Fächer findet eine Leistungseinordnung, in Form eines Punktesystems,
statt. Abhängig von dem Punktestand, kann sich der angehende Student nun nur
für eine Auswahl von Universitäten und Fächer, die seinem Leistungsstand
entsprechen, bewerben. Die Prüfung findet nur einmal jährlich statt, kann aber im
Folgejahr wiederholt werden. Eine Studentin der PKU berichtet von 160
Bewerbern auf 10 Studienplätzen.
Derzeit sind an der Peking-Universität rund 46.000 Studenten eingeschrieben.
Alleine der Standort „Yan Yuan“, den wir besucht haben, beherbergt ca. 30.000
Studenten und Studentinnen. Dieser Campus ist sehr auffallend grün, dafür, dass
er Mitten in einer Metropole wie Beijing liegt, in der sonst Grünflächen rar sind.
Auf dem Gelände sind viele Grünflächen angelegt und es verfügt über einen
eigenen See, „der See ohne Namen“. Auf dem Gelände befinden sich auch der
20
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ehemalige Sommerpalast und dazugehörige Gartenanlagen und eine Sporthalle,
in
der die Tischtenniswettkämpfe bei den Olympischen Spielen 2008
ausgetragen wurden.
Nach dem Film stellte sich uns eine junge studentische Mitarbeiterin des
Overseas Exchange Centers vor, die uns offene Frage beantwortete. Auf Fragen
der Wohnsituation berichtete sie, dass die meisten Studentenwohnheime direkt
auf dem Campus oder sich in unmittelbarer Nähe dieses befinden. Organisiert
wird das Wohnen von der Universität selbst. Gewohnt wir mit bis zu vier
Studenten in einem Raum die Mieten hängt sehr von der Ausstattung und Größe
der Unterkunft ab und betragen zwischen 800 Yuan im Jahr und 3000 Yuan im
Monat. Des Weiteren wurde uns berichtet, dass speziell für Studenten aus dem
Ausland gerade ein neues Wohnheim gebaut wurde. Wir hatten den Eindruck,
dass es sich dabei um westlich orientierte Wohneinheiten handelt, welche aber
laut Aussagen teurer sei.
Weiter wurde uns berichtet, dass es ca. 300 Hochschulgruppen gibt, denen man
sich neben dem Studium anschließen kann, wie beispielsweise Sport- oder
Kulturgruppen. Wobei dies für uns kaum vorstellbar war, da uns von 20-30
Wochenstunden für Lehrveranstaltungen und dem gleichen Zeitumfang für
Selbststudium berichtet wurde. Vorlesungsfreie Zeiten gibt es zwei Monate im
Sommer und ein Monat im Winter, in denen auch keine Prüfungsleistungen
erbracht werden müssen.
Das Hochschulsystem scheint an das amerikanische angelehnt zu sein, da die
Studenten in Undergraduats und Postgraduats eingeteilt sind. Studiengebühren
werden je nach Abschluss und Studienfach in Höhe von 4000 bis 80000 Yuan
pro Jahr erhoben.
Nach einer kurzen Fragerunde führte uns die Studentin ein wenig über den
Campus, wo wir uns Beispielsweise die Bibliothek anschauten, die auf Grund der
Wohnsituation, der Lernort der meisten Studierenden ist. Die Bibliothek umfasst
21
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ca. 6 Millionen Bücher und ist damit die Größe in ganz Asien. Des Weiteren
sahen wir den „See ohne Namen“ und die Porta-Pagode, die einen
Wasserspeicher beinhaltet. Bei diesem Rundgang konnten wir einen Eindruck
von der Größe und Geschäftigkeit der Universität bekommen und auch typische
Studentenwohnheime,
wenigstens
von
außen,
sehen.
Selbst in dieser kurzen Zeit in der Universität wurden uns klare kulturelle
Unterschiede und vor allem Unterschiede des studentischen Lebens klar. Die
Aussagen „education pays back“, mit der große Disziplin, Fleiß und Verzicht
während der Studienzeit erklärt werden sollte, stellt den Unterschied gut dar. Wo
in Deutschland auch eine Persönlichkeitsentwicklung und Selbstfindung
stattfindet, wird in China während des Studiums nur Erfolg und Fleiß fokussiert.
Quellen:
www.edu-china-embassy.ch/peking-universitat-hochschule-mit-langer-tradition/,
Zugriff: 11.12.13
www.english.pku.edu.cn/Schools_Departments/, Zugriff: 11.12.13
www.topuniversities.com/university-rankings/world-universityrankings/2013#sorting=rank+region=+country=+faculty=+stars=false+search=,
Zugriff: 11.12.13
22
Seite 23 von 119
2.4Die Wanderarbeiter in China (Protokoll: Andrea Schötz, Markus
Ecke)
2.4.1 Besuch bei Frau Gao Wei von der NGO „Little Bird“ am 22.11.2013
Little Bird wurde am 6. Juni 1999 gegründet. Es wird zunächst von Wei Wei, einem
Jugendarbeiter aus der Provinz Henan gegründet.
Die NGO – Non-Government-Organisation hilft Wanderarbeitern bei Fragen zur
Beschäftigung, über die Lohnzahlung, und zur Rechtsberatung. Die Wanderarbeiter
können sich an die Telefon-Hotline wenden und dort ihre Fragen stellen.
Durch Kooperationen mit Peking Radio Station und Liaoning Provincial Radio
Station wurde die Hotline von Little Bird bekannt gemacht. Mittlerweile besteht eine
Medienstrategie, die den Bekannheitsgrad von Little Bird durch den gezielten
23
Seite 24 von 119
Einsatz von verschiedenen Medien erweitern soll. Im Jahr 2012 haben mehr als
170.000 Anrufer sich an die Telefon-Hotline im Standort Peking gewendet.
Insgesamt besteht „Little Bird“ aus vier Büros in unterschiedlichen Städten. Zu dem
Hauptbüro in Peking kamen 2008 zwei neue Büros in Shenzhen und Shenyang,
sowie im Jahr 2011 ein neues Büro in Shanghai. Es arbeiten 20 Angestellte in vier
Büros. Dazu kommen noch einige freiwillige Mitarbeiter.
2003 hatte Little Bird große Schwierigkeiten ihre Arbeit fortzuführen, weil sie keine
staatliche Förderung erhielten. Durch die Unterstützung mehrerer Botschaften, u.a.
der kanadischen und deutschen Botschaft, konnte ihre Arbeit fortgeführt werden.
Seit 2004 wird „Little Bird“ als NGO geführt. Durch die Organisation als NGO
bekam „Little Bird“ finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, sodass die bisher
zumeist freiwilligen Angestellten auch entlohnt werden konnten. Heutzutage wird
Little Bird von einer Vielzahl von internationalen Stiftungen und verschiedenen
Regierungen unterstützt.
„Little Bird“ bietet neben der Service-Hotline, auch ein „Mediationsangebot“ an.
Hierbei fungiert „Little Bird“ als Mediatior zwischen Arbeitgeber und Wanderarbeiter.
Weiter bieten sie Trainings für die Gesundheitsvorbeugung für Wanderarbeiter an.
Little Bird bietet auch verschieden Veranstaltungen für andere NGOs an:
Austauschprogramme mit anderen NGOs (seit 2008)
Kompetenztraining
Unterstützung von 10 anderen NGOs in 9 Städten
finanziert durch das Land Österreich
Öffentlichkeitsarbeit
Transparenz (als Schutz)
Konferenz für 30 GNOs
Finanziert durch die ILO aus Genf
Ausbildung – Öffentlichkeitsarbeit, Umgang mit Spenden, Netzwerkarbeit
24
Seite 25 von 119
2.4.2 Die Situation der Wanderarbeiter
Ginge es nach dem Staat blieben die Chinesen ein leben lang an den Wohnort, an
dem sie geboren wurden, gebunden. Der Staat hat die Absicht mit einem
staatlichen Haushaltregistrierungssystem (Hukou - System), das Ende der 1950er
Jahre eingeführt wurde, die Immobilität der Bevölkerung zu erzwingen. Ländliche
Armut und die Tatsache, dass die ländliche Bevölkerung im Vergleich zur
städtischen Bevölkerung weniger vom Wachstum der chinesischen Wirtschaft
profitiert sind nur zwei Gründe einer massiven Landflucht. Der wirtschaftliche
Aufschwung hat eine Lockerung dieses starren Registrierungssystems mit sich
gebracht, da für diesen viele Arbeitskräfte benötigt werden.
Allgemeine Informationen zum Thema Wanderarbeiter erhielten wir im Büro „Little
Bird“, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, Wanderarbeiter zu unterstützen und
das im folgenden zweiten Teil des Berichts näher vorgestellt wird, vom
Sozialreferenten Herrn Dr. Frederic Speidel in der Deutschen Botschaft, sowie in
der kommunistischen Parteischule in Shanghai. Zudem enthält dieses Protokoll
auch Inhalte eines Leserbriefes, der in einer auf dem Rückflug im Flugzeug
ausgelegten Zeitung abgedruckt war und eine kurze Meinungswiedergabe einer
Chinesin.
Nach Angaben der Mitarbeiterin des nicht staatlichen Büros „Little Bird“ gibt es etwa
260 Mio. Wanderarbeiter im Alter von 16 bis 60 Jahren, von denen die Männer
hauptsächlich auf Baustellen oder in Fabriken tätig sind, die Frauen in der Regel im
Dienstleistungsbereich, so in Restaurants oder Hotels. Probleme entstehen für die
Wanderarbeiter, da sie nicht die Sozialleistungen erhalten, die die städtische
Arbeitnehmerschaft bekommt. Der Arbeitslohn wird nicht monatlich, sondern
jährlich ausgezahlt und die Kinder der Wanderarbeiter dürfen nicht die gleichen
25
Seite 26 von 119
Schulen wie die städtischen Kinder besuchen. Die eigens für die Kinder der
Wanderarbeiter gegründeten Schulen bieten nicht das gleiche Niveau wie die
anderen Schulen, da der Unterricht oft von unqualifiziertem Personal abgehalten
wird.
Die Wohnverhältnisse der Wanderarbeiter sind oftmals sehr problematisch. So sind
auf der Kelleretage eines Hotels, auf der das Büro „Little Bird“ Räume angemietet
hat, Unterkünfte von dort arbeitenden weiblichen Wanderarbeiterinnen zu sehen
gewesen, deren Türeingänge nur durch davor gehangene Decken verdeckt waren.
So leben die Frauen in der Regel mit mehreren Personen in diesen Kellerräumen
ohne jegliche Privatssphäre und getrennt von ihren Männern, die in separaten
Männerunterkünften wohnen, die sich in der Umgebung deren jeweiliger
Arbeitsplätze befinden, und vielleicht auch getrennt von ihren Kindern, die in der
Heimat auf dem Land bei den Großeltern zurückgeblieben sind.
Im Krankheitsfall sind die Wanderarbeiter in der Stadt nicht versichert und müssen
gegebenenfalls in ihre Heimatstadt zurückkehren, um sich behandeln zu lassen.
Zur Rentenversorgung erfuhren wir in der Parteischule in Shanghai, dass die Rente
städtischer Arbeiter zu je einem Drittel über deren eigene erbrachte Leistungen,
Beiträge des Arbeitgebers und des Staates finanziert wird, während der Staat keine
Rentenanteile an die Wanderarbeiter zahlt, deren Rente also zur Hälfte aus den
Beiträgen der Wanderarbeiter selbst und den Beiträgen des Arbeitgebers besteht.
Die Rentenzahlungen müssen in der jeweiligen Stadt, in der sie erarbeitet wurden,
selbst eingefordert werden. Im Gegensatz zu den monatlichen Rentenzahlungen,
die ein Städter auf Lebenszeit erhält, wird einem Wanderarbeiter die Rente einmalig
im Ganzen ausgezahlt. Als Antwort auf die Frage, was passiert, wenn diese
Einmalzahlung
aufgebraucht
ist,
wurde
darauf
hingewiesen,
dass
jeder
26
Seite 27 von 119
Wanderarbeiter, als ehemaliger Bauer vom Staat ein Stück Land zur Bebauung zur
Verfügung gestellt bekommen hat. Dieses gehört ihm auf Lebenszeit und soll auch
als Absicherung im Alter dienen, wenn es verpachtet wird, womit er auch die
fehlende Rentenbeitragsbeteiligung des Staates für die Wanderarbeiter begründet.
Auf Nachfrage erfahren wir in der Parteischule, dass das die Wanderarbeiter auf
dem dritten Plenum der kommunistischen Partei, das fast zeitgleich mit unserer
Reise im November stattgefunden hat, Thema war, erhielten aber keine weiteren
inhaltlichen Informationen.
Aufschluss über die Benachteiligung der Wanderarbeiter gab auch ein Leserbrief
abgedruckt in der Zeitung „Global Times“ vom 26.11.2013: Der Verfasser beschreibt
auf Seite 17, dass in Peking geborene Personen an ihrer ID-Nummer „110“ der
Hukou-Zugehörigkeit zu erkennen sind, da alle anderen nicht in Peking geborenen
Pekinger eine andere ID-Nummer haben. Dies wiederum wäre der Grund für eine
Frau gewesen, einen heiratswilligen jungen Mann zurückzuweisen, da sie
wirtschaftliche Nachteile befürchtete, da davon auszugehen ist, dass ein in Peking
selbst geborener durch dessen Eltern finanziell abgesicherter ist, als jemand, der
nur ein Arbeitsrecht für Peking vorweisen kann. Falls es den Wanderarbeitern
gelänge nach den Lockerungen eine ID-Nummer für Peking zu bekommen, hätte
diese, beziehungsweise deren Kinder laut Leserbrief auch Nachteile bei der
Einschreibung an einer Universität, oder beim Kauf eines Autos oder eines Hauses
(Wohnung), dem eine fünfjährige Steuereinzahlung vorausgeht. In der Regel liegen
diese Anschaffungsobjekte
außerhalb der finanziellen
Möglichkeiten
der
Wanderarbeiter, die sich eher mit niedrigen Löhnen abfinden oder sich gar
willkürlichen Aussetzungen der Gehälter ausgeliefert sehen. Die in dem Leserbrief
geäußerte Hypothese, dass die Zahl der Wanderarbeiter in den nächsten 10 Jahren
auf
400
Mio.
Wanderarbeiter
steigen
könnte,
lässt
die
Notwendigkeit
einzuführender Veränderungen erkennen.
27
Seite 28 von 119
Dagegen vertritt die Chinesin, bei der es sich um eine Angestellte eines Büros
handelt, mit dem das Unternehmen, in dem ich arbeite, geschäftlich verbunden ist,
die Meinung, dass niemand von den Wanderarbeitern gezwungen ist, in die Stadt
zu ziehen, denn auf dem Land hätte jeder in aller Bescheidenheit ein Auskommen
und wäre versorgt. Dabei bleibt die von Herrn Dr. Seidel in der Dt. Botschaft
angesprochene
Rückläufigkeit
der
Produktivität
der
Landwirtschaft
unberücksichtigt.
28
Seite 29 von 119
2.5 Der Himmelstempel in Peking (Protokoll: Imen Nesaibi)
Der Himmelstempel (tian tan) in Peking – auch Himmelsaltar genannt – ist im
Süden der Stadt Peking auf einer Gesamtfläche von 273ha im Jahr 1420 von
Kaiser Yongle erbaut worden. Er ist einer von sechs Altären, die sich in
der Palaststadt verteilen, und diente den Kaisern der Ming- und Qing-Dynastie als
Kult- und Opferstätte des Hofes. Der Himmelsaltar hebt sich durch seine
Architektur, die als vollkommenste der chinesischen Baukunst bezeichnet wird und
durch seine große Parklandschaft von den anderen fünf Altären ab. 1924 wurde er
vom Kaiser Yuan Shikai letztmalig als Opferstätte benutzt. Der Kaiser ließ sich zur
jährlichen Opferzeremonie – begleitet von ca. 2000 Würdenträgern – auf einem
Elefanten tragen. Hier verbrachte er fastend und meditierend die Nacht der
Wintersonnenwende.
29
Seite 30 von 119
Durch die Nord-Süd-Ausrichtung des Altars empfiehlt es sich, die Anlage durch das
Südtor (nan men) zu betreten und die Anlage durch das Nordtor (bei men) wieder
zu verlassen. In der kaiserlichen "Halle des Himmelsgewölbes", welche mit blau
glasierten Ziegeln bedeckt ist, befindet sich eine Ahnentafel. Die Anzahl der
Steinplatten der 3-stufigen Altarterrasse lässt sich durch 3 und durch 9 teilen. Diese
beiden Zahlen symbolisieren das himmlische Yang. Der Hof ist von einer
Echomauer umgeben, welche absolut glatt und exakt kreisförmig gebaut ist und
man das Echo auf der anderen Seite hören kann.
Eine Marmorstraße führt nördlich zur "Halle der Erntegebete" (qinian dian) hin. Die
runde Halle mit dem dreistufigen, in einer vergoldeten Kugel, welche eine
Lotusknospe darstellt endenden, mit blau glasierten Ziegeln bedeckten Dach,
erhebt sich auf einer weißen Marmorterrasse. Die Halle der Erntegebete ist erst im
Jahr 1890 nach einem verheerenden Feuer 1889 wieder aufgebaut worden.
Irrtümlich wird diese Halle auch "Himmelstempel" genannt, obwohl sie in die
eigentlichen Opferzeremonien nicht mit einbezogen wurde. Vielmehr bat der Kaiser
zum Frühlingsanfang hier um eine reiche Ernte. Das Dach ruht auf 28 Holzsäulen.
Die inneren 4 Säulen symbolisieren die 4 Jahreszeiten während die beiden
umlaufenden Ringe mit je 12 Säulen einmal die 12 Monate und die 12
Doppelstunden des Tages darstellen.
Die bedeutendsten Gestaltungsmerkmale des Himmelsaltares/ Himmelstempels,
die sich immer wieder finden, ist die runde Form, die Farbe Blau und die Zahl 3 –
alles Symbole für den Himmel. Die Hallen sind durch die 360 m lange Danbi-Brücke
miteinander verbunden und umgeben von Jahrhunderte alten Thujen. Von oben
betrachtet sieht der Mauergrundriss aus wie eine langgezogene Kuppel, welche
aus der Vorstellung rührt, dass der Himmel rund und die Erde eckig ist. Im Gebet
sagt man im Tempel "mein Himmel" und nicht "mein Gott", da im Himmel der
30
Seite 31 von 119
Himmelskaiser wohnt. Die UNESCO setzte den Himmelstempel im Dezember 1998
auf die Liste der Weltkulturerben.
Der Park des Himmelstempels dient als Treffpunkt für die meist ältere Generation
Pekings. Sie treffen sich in Gruppen am Anfang des Südtors, um z.B. gemeinsam
mit der Meisterin Tai Chi zu machen oder Aerobic zu schneller, poppiger Musik.
Etwas abgelegen vom Trubel der Musik treffen sich Selbsthilfegruppen, um z.B.
den Tod eines geliebten Menschen in der Familie aufzuarbeiten. Am Ausgang des
Nordtors schreiben einige mit einem großen Pinsel und Wasser in Kalligrafie auf die
dunklen Steine des Bodens und andere tanzen im Paartanz Walzer oder battlen
sich zur Hip-Hop Musik.
Die chinesische Kalligrafie ist eine Kunstrichtung, die in engem Zusammenhang mit
der chinesischen Malerei steht. In beiden Künsten werden die gleichen Werkzeuge,
die Vier Schätze des Gelehrtenzimmers, verwendet: Schreibpinsel, Stangentusche,
Reibstein und Papier. Deshalb verwundert es nicht, dass berühmte chinesische
Kalligrafen oft auch bedeutende Maler waren.
Einer der berühmtesten chinesischen Kalligrafen war Wang Xizhi, dessen Stil nach
mehr als einem Jahrtausend heute noch Grundlage des Kalligrafieunterrichts ist.
Die Kalligrafie wurde als wichtiger Teil der Ausbildung angesehen und sollte auch
Rückschlüsse auf die Persönlichkeit ermöglichen. Wang Xizhi ersetzte den
rechtwinkligen Duktus durch kursive Linienführung, die individuelle Gestaltung
ermöglicht. Seitdem galt die Kalligrafie in China neben dem Wei-Qi-Spiel (im
Westen unter dem Namen Go bekannt), der Malerei und der Musik als vierte der
Künste.
Das hohe Prestige der Kalligrafie zeigt sich unter anderem auch darin, dass sogar
chinesische Kaiser bemüht waren, sich in Kalligrafie auszuzeichnen. Am weitesten
31
Seite 32 von 119
brachte es in dieser Kunst der Kaiser Song Huizong, dessen Stil schlankes Gold
einen Höhepunkt der chinesischen Kalligrafie darstellt.
In Asien, hauptsächlich im chinesischen Raum und Japan, hat die Kalligrafie immer
noch einen hohen Stellenwert im gesellschaftlichen und künstlerischen Leben. Die
am meisten verwendeten Werkzeuge sind Pinsel, Tuschestange und -stein, sowie
das Papier als wesentlicher Bestandteil des Schreibprozesses. Vor dem
eigentlichen Schreiben wird Tusche von der
Tuschestange im Tuschestein mit Wasser
oder Wein angerieben. Der Schreibakt ist
heutzutage
oftmals
impulsiv,
was
die
Schriftzeichen schwer leserlich, aber umso
ausdrucksstärker macht. Schriftstile wie die
Grasschrift stellen den eigentlichen Text und
seine Lesbarkeit sogar bewusst hinter die
kalligraphische Gestaltung zurück, selbst
gebildete Chinesen können Grasschriften oft
nicht lesen. Sie gelten als Bild, nicht als
Text.
Die traditionelle chinesische Musik wird auch noch in einem reichhaltigen
Repertoire aufgeführt, das heitere wie ernste Stücke miteinschließt und bisweilen
sogar auf westlicher Popmusik oder Filmliedern beruht. Verwendung findet sie
insbesondere auch bei Festlichkeiten wie Hochzeiten und Beerdigungen. Daneben
ist aber auch das gesamte alltägliche Leben eines Chinesen mit Musik erfüllt, sei es
bei der Arbeit auf dem Reisfeld, auf dem Weg nach Hause oder frühmorgens in den
städtischen Parks. Es wird viel und gerne gesungen, der traditionelle Liedschatz ist
unüberblickbar groß.
32
Seite 33 von 119
Das Taijiquan, auch Tai-Chi Chuan (abgekürzt Tai-Chi) oder chinesisches
Schattenboxen genannt, ist eine im Kaiserreich China entwickelte Kampfkunst, die
heutzutage von mehreren Millionen Menschen weltweit praktiziert wird und damit zu
den am häufigsten geübten Kampfkünsten zählt. In der Volksrepublik China werden
einzelne Bewegungsabläufe aus dem Taijiquan als Volkssport praktiziert.
Ursprünglich ist Taijiquan eine sogenannte innere Kampfkunst für den bewaffneten
oder unbewaffneten Nahkampf. Vor allem in jüngerer Zeit wird es häufig als System
der Bewegungslehre oder der Gymnastik betrachtet, das der Gesundheit, der
Persönlichkeitsentwicklung und der Meditation dienen kann. Der eigentliche
Kampfkunstaspekt tritt vor diesem Hintergrund immer häufiger zurück und
verschwindet bisweilen ganz.
Das Hauptprinzip des Taijiquan ist die Weichheit – der Übende soll sich natürlich,
entspannt, locker und fließend bewegen. Beim Üben des Taijiquan gibt es keine
Kraft-, Schnelligkeits- oder Abhärtungsübungen, wie die in vielen Kampfsportarten
üblichen Bruchtests. Im Gegenteil wird verlangt, dass die Bewegungen möglichst
mit einem Minimum an Kraft ausgeführt werden. Anders als bei vielen
Kampfkünsten wird das Taijiquan meistens langsam geübt, um die Techniken
möglichst korrekt auszuführen.
Beim Üben soll der Körper „entspannt“ sein. Das bedeutet nicht, dass alle Muskeln
im Körper schlaff sind (wie etwa im REM-Schlaf), sondern dass nur die für eine
bestimmte Bewegung oder Haltung wirklich benötigten Muskeln angespannt
werden und die übrigen Muskeln in Ruhestellung (Ruhetonus) sind. Es geht dabei
um die Ausprägung der sogenannten Jin-Kraft, gerichtete Bewegungen, die im
Körper
gesamtkoordiniert
werden
und
keinen
hemmenden
Spannungen
unterliegen.
33
Seite 34 von 119
Der Atem soll tief sein und locker und natürlich fließen. Durch die angestrebte
Bauchatmung ist die Atemfrequenz deutlich niedriger, als in der normalerweise
verwendeten Brustatmung. Während Anfänger meistens erst lernen müssen, den
Atem frei fließen zu lassen oder ihn an die Bewegungen anzupassen, passt sich
der Atemrhythmus bei Fortgeschrittenen natürlicherweise an die Bewegung an.
Allerdings gehen verschiedene Taijiquan-Stile mit dem Atem unterschiedlich um, so
dass hier keine verallgemeinernden Aussagen zu treffen sind.
Die Bewegungen im Taijiquan sollen bewusst und aufmerksam ausgeführt werden.
Dabei wird jedoch nicht eine ausschließliche Konzentration auf die Vorgänge im
Körper des Übenden gefordert, sondern sie soll sich gleichmäßig zwischen der
Wahrnehmung der eigenen Bewegungen und der Umwelt aufteilen.
Die folgenden „zehn Grundprinzipien“ von Yang Chengfu fassen die angestrebte
Körper- und Geisteshaltung eines Übenden zusammen. In den verschiedenen
Stilen gibt es darüber hinaus eine Vielzahl von weiteren Prinzipien.
1.
Den Kopf entspannt aufrichten
2.
Die Brust zurückhalten und den Rücken gerade dehnen
3.
Das Kreuz/die Taille locker lassen
4.
Die Leere und die Fülle auseinander halten (das Gewicht richtig verteilen)
5.
Die Schultern und die Ellenbogen hängen lassen
6.
Das Yi (Absicht, Intention‘) und nicht die Gewaltkraft (Muskelkraft) anwenden
7.
Die Koordination von Oben und Unten
8.
Die Harmonie zwischen Innen und Außen
9.
Der ununterbrochene Fluss (die Bewegungen sollen fließen)
34
Seite 35 von 119
10.
In der Bewegung ruhig bleiben
Qi (Ch’i)
Wegen seiner engen Verbindung zum philosophischen Daoismus kommt im
Taijiquan wie in allen inneren Kampfkünsten dem Konzept des Qi eine wichtige
Bedeutung zu. Bei den Bewegungen soll das Qi fließen können, indem die Muskeln
und Gelenke möglichst entspannt werden und die Bewegungen locker und fließend
ausgeführt werden. Durch das Üben soll sich das Qi im Körper mehren und der
Übende soll in zunehmendem Maße in der Lage sein, das Qi wahrzunehmen und
schließlich zu kontrollieren. Von vielen Praktizierenden wird die dabei auftretende
Empfindung als eine Art Energiefluss beschrieben, den man im Körper zirkulieren
lassen und gezielt an bestimmte Körperstellen senden kann. Dies soll einerseits der
Gesunderhaltung und Körperkontrolle dienen und andererseits im Kampf
anwendbar sein.
Im Westen wird bisweilen über die Natur des Qi diskutiert, ob es sich dabei um eine
Art feinstoffliche Energie handelt, oder ob es sich vor allem um ein hilfreiches
Konzept handelt, das dabei hilft, die für das Taijiquan erforderliche Bewegungsart
und biomechanische Effizienz zu entwickeln. Für die Anwendung des Begriffes im
Taijiquan ist es unerheblich, woran der Praktizierende dabei glaubt.
Taiji ist im Daoismus ein Synonym für das allerhöchste Wirkprinzip und schwer zu
übersetzen, da es keinen entsprechenden Begriff in der deutschen Sprache gibt. Es
wird meist durch das Yin und Yang Symbol dargestellt, das das harmonische
Wechselspiel der dualen Kräfte Yin und Yang ausdrücken soll. In den Bewegungen
des Taijiquan spielt dieser Dualismus von Yin und Yang eine wichtige Rolle, die sich
beispielsweise in den oben genannten zehn Grundregeln widerspiegelt. Quan
bedeutet Faust; im Zusammenhang mit Kampftechniken wird es benutzt, wenn mit
35
Seite 36 von 119
leerer Hand, also ohne Waffen gekämpft wird. Eine sinngemäße Übersetzung von
„Taijiquan“ wäre daher: „Kämpfen nach dem höchsten Prinzip“.
In China gehen die Frauen ab 50 Jahre und die Männer ab 60 Jahre in Rente,
weshalb in dem Park überwiegend Frauen vertreten sind. Es geht nicht nur um das
physische gesund bleiben durch die diversen Angebote, sondern auch um das
psychische gesund bleiben. Die Chinesen möchten sich mitteilen, in dem sie im
öffentlichen Raum ihre Tai-Chi Übungen machen, sich in jeglicher Form zur Musik
bewegen oder sich durch die Kalligrafie mitteilen. Mit 50 Jahren steht man mitten im
Leben und fühlt sich einfach zu jung, um den ganzen Tag zu Hause zu bleiben. Das
Gemeinschaftsgefühl wird gestärkt und durch
die Regelmäßigkeit der Treffen in dem Park
ist eine Aufgabe vorhanden, die man nicht
missen möchte. Die Chinesen haben eine
unglaublich
positive
Ausstrahlung
und
genießen es, vom Publikum umschwärmt zu
werden und einfach von ihrer Fröhlichkeit
abgeben zu können. Sie machen sich und
den Menschen um sie herum eine Freude,
die unheimlich bestärkend ist und von deren Aura man einfach mitgerissen wird. Es
ist jederzeit möglich gewesen, bei Interesse einfach mit in die Übungen oder den
Tanz einzusteigen. Generell ist die Stimmung und das Erleben sehr freundlich,
offen und mitreißend gewesen, so dass es fast unmöglich war nicht mit zu machen.
Es ist einfach schön zu sehen, wie die Lebensfreude das Dasein bestimmt und der
Alltag ausgeblendet wird.
Quellen:
chinas-weltkulturterbe.de
wikipedia.de
36
Seite 37 von 119
2.6 Besuch des VW Werks in Shanghai (Protokoll: Viktoria Konkus)
2.6.1 Einführung
Die Shanghai Volkswagen Automotive Co. (SVW) beschäftigt heute über 27.000
Mitarbeiter und ist somit eines der größten Werke von Volkswagen. Die Produktion
begann 1984 mit dem Volkswagen Santana. Seit 1988 ist SVW ein Joint Venture
der Volkswagen AG, der Volkswagen China Investment Co. und der Shanghai
Automotive Industry Corporation, die das Unternehmen gründete. Die Anteile der
beiden Mutterunternehmen liegen bei jeweils 50%, deshalb sind viele der
Managementpositionen doppelt besetzt (deutsch und chinesisch). Im November
dieses Jahres wurde das 10. Millionste Auto des Werkes gefertigt.
37
Seite 38 von 119
2.6.2 Unsere Studiengruppe im VW Werk
Am 25.11 trafen wir um 10:30 im VW Werk Shanghai ein. Da Herr Song Weilang
auf einer Dienstreise war, wurde unser Programm dort geändert. Wir wurden von
einer Mitarbeiterin und zwei deutschen Praktikantinnen des Personal Developments
in Empfang genommen.
Anschließend wurden wir in einen Vorführraum gebracht und uns wurde ein ca. fünf
min. Film über die Entwicklung und die Erfolge von SVW gezeigt. Im Film erfuhren
wir, dass die wichtigsten Punkte für das Unternehmen Forschung und Entwicklung
sind. In den vergangenen Jahren wurden 6,7 Milliarden investiert und es gibt über
1000 hoch qualifizierte Fachkräfte. Der Slogan „Qualität ist SVW“ wurde im Film
mehrmals betont. Sehr viel Wert wird auch auf die aktive Kundenberatung gelegt.
Es gibt mehrere Kundendienstwerke für die spezielle Programme entwickelt
werden.
Auch die Optimierung der Umweltstandards ist von Interesse und die Herstellung
von Elektroautos zählt zu den Säulen von SVW.
Schon sechs Mal wurde SVW als bester Arbeitgeber ausgezeichnet. Sich selbst
sieht das Unternehmen als perfekte Chance für Mitarbeiter sich selbst zu
verwirklichen.
Des Weiteren erfuhren wir im Film, dass in den letzten Jahren sechs Millionen für
Karitative Zwecke gespendet wurden.
Das abschließend genannte Motto, „Nach Exzellenz streben, die Nummer Eins
sein“, fasst das Leitbild und die Hauptaussagen des Filmes gut zusammen.
38
Seite 39 von 119
Nach
dem
Film
folgte
eine
Besichtigung der Produktionsstätten. In
kleinen Wagen, die mit Lautsprechern
und Schutzbrillen ausgestattet waren,
fuhren
wir
durch
die
einzelnen
Fertigungsbereiche Stamping Center,
Assemly Shop, Quality Control Center
und Bodyshop, und wurden während der Fahrt von der Mitarbeiterin mit einigen
Informationen versorgt. Wir erfuhren unter anderem, dass 40% der Arbeit von
Maschinen gemacht wird. Die Produktionshallen waren zwischen 25000 und 45000
qm groß. Auffällig waren die deutschen Namen auf den Maschinen und auch viele
Schilder (Toilettenschilder, Wegweiser) waren mit deutscher Übersetzung.
Nach der Besichtigung standen uns die Praktikantinnen und die Mitarbeiterin des
Personal Developments noch für eine Fragerunde zur Verfügung.
Wir
erfuhren
etwas
über
die
Aufgaben
der
Praktikantinnen
und
das
Bewerbungsverfahren für ein Praktikum.
Fragen die unsere Gruppe auch interessierten waren, ob es eine Gewerkschaft gibt
oder wohin man sich bei Problemen wenden kann. Die Mitarbeiterin erklärte, dass
es zwar so etwas wie eine Gewerkschaft gibt, diese jedoch für ganz andere
Aufgaben zuständig ist als in Deutschland. Sie organisiert z.B. Aktivitäten, kann
aber nicht mitbestimmen. Mitarbeiter/innen können sich an den Manager wenden,
falls es ein Problem gibt. Dass Gewerkschaftsarbeit politisch auch gar nicht möglich
ist, erfuhren wir schon bei unseren vorhergehenden Begleitseminaren.
39
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Wie sind die Rahmenbedingungen des Arbeitsverhältnisses? Daraufhin erzählte die
Mitarbeiterin, dass die meisten Beschäftigten bei SVW nach drei Jahren unbefristet,
ein
befristeten Arbeitsvertrag
bekommen.
Nach
2,5
Jahren
stehen
den
Mitarbeiter/innen 7,5 Urlaubstage zu. Die Beschäftigten sind über ihren
Arbeitsvertrag kranken- und sozialversichert. Verglichen mit anderen Arbeitsgebern
in der Region ist SVW sehr attraktiv. Da
an den Hochschulen kein Duales System
herrscht, hat SVW in Kooperation mit der
Tongji Universität ein Ingenieurprogramm
entwickelt um den Studierenden Praxis
anzueignen. Zum Abschluss sahen wir
uns
das
SVW
Werk
als
Miniaturdarstellung an, und machten ein Gruppenfoto vor dem Shanghai
Volkswagen Logo.
40
Seite 41 von 119
2.7 Besuch der Tongji-Universität Shanghai (Protokoll: Andreas Kikillus)
Am ersten Tag unseres Aufenthalts in Shanghai trafen wir nach einem Termin im
dort ansässigen VW Werk, um ca. 12:00 auf dem Campus der Chinesisch Deutschen Hochschule für Angewandte Wissenschaften (CDHAW), der Tongji Universität Shanghai ein. Sie zählt dabei zu den 10 besten Universitäten des
Landes
und
belegt
damit
einen
der
Spitzenplätze
im
chinesischen
Hochschulwesen.
Nach einem reichlich angebotenen Mittagessen im Restaurant der Mensa des
Campus konnten sich die Studierenden einen individuellen und persönlichen
Eindruck des studentischen Alltags der Studierenden verschaffen. Leider war es
aus organisatorischen Gründen nicht möglich mit den Studierenden zusammen in
der Mensa zu essen. Bei 56 000 eingeschriebenen Studierenden für alle Beteiligten
verständlich. Im Anschluss an das Mittagessen besuchte ein Teil unserer Gruppe
41
Seite 42 von 119
die im Bereich der Mensa befindlichen Geschäfte, ein weiterer Teil die
gegenüberliegenden Sportanlagen der Universität. Sport spielt in vielen Bereichen
des täglichen Lebens Chinas eine primäre Rolle. So auch in der Tongji –
Universität. Fußball, Basketball, Tischtennis, Tai chi sollen dafür stellvertretend
genannt werden. Von dieser Begeisterung konnte sich ein Teil der Gruppe selbst
überzeugen und einem gerade begonnenen Fußballspiel beiwohnen. Leider bot
sich durch den eng gefassten Zeitplan keine Möglichkeit selbst ein Spiel gegen eine
chinesische Mannschaft durchzuführen, was ich persönlich als sehr bedauerlich
empfand.
Als weiteren Programmpunkt dieses Tages erfolgte ein Gespräch mit dem
Lehrkörper
Hr.
Prof.
Tan
sowie
einem
Studenten
der
Fakultät
Fahrzeugtechnik/Fahrzeugservice, im Gebäude der CDHAW auf dem Campus der
Tongji – Universität Shanghai.
Die Atmosphäre dieses Treffens war frei und herzlich, was sich in den recht offenen
und ehrlichen Ausführungen seiner Präsentation widerspiegelte. Nach einer
beidseitigen Vorstellungsrunde durch Hr. Prof. Dr. Kolhoff und Hr. Prof. Tan begann
er mit seinen Ausführungen. Mittels PowerPoint und Broschüren, stellte Hr. Prof.
Tan weitgehende Ziele, Fachbereiche, Kooperationspartner und das Studium selbst
vor. Untermalt wurden seine Ausführungen durch einen von Studenten selbst
gedrehten Film über das Leben und wirken eines chinesischen Studenten sowie
einer Fragerunde mit einem in der CDHAW eingeschriebenen Studenten.
2012 feierte die Universität einige Jubiläen, von denen eines das vor 105 Jahren
durch den deutschen Arzt Erich Paulun 1907 begründete Medizinstudium einer der
dortigen Fakultäten war. Nach weiteren fünf Jahren erfolgte die Gründung eines
42
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weiteren Zweiges, der bis dato unter der Bezeichnung „Deutsche Medizin- und
Ingenieurschule für Chinesen“ bekannten Hochschule, durch den deutschen
Ingenieur Bernhard Berrens. Erst 1924 erhielt Sie den offizielle Status einer
Universität und nach weiteren drei Jahren die Bezeichnung „Nationale TongjiUniversität“. Zu den damals angebotenen Studiengängen gehörten die Bereiche
Medizin, Jura, Natur-, Ingenieure- und Geisteswissenschaften. Schon zu dieser Zeit
genoss die Universität einen weltweit sehr geachteten Ruf als Hochschule, deren
Studenten eine exzellente Ausbildung in ihren Fachgebieten erlangen konnten.
Nachdem im Jahr 1950 die im gesamten Land befindliche Hochschullandschaft
umstrukturiert wurden, entwickelte sich die Tongij-Universität zur größten
Technischen Universität Chinas. Weitere 28 Jahre später und der Einführung
gesellschaftlicher
Reform- und Öffnungspolitik des Landes im Jahre 1978,
entwickelte Sie sich zu einer multidisziplinären Universität mit dem Schwerpunkt
Ingenieurwissenschaften.
Im inländischen Ranking aller Universitäten Chinas, nimmt die Tongji-Universität
den Spitzenplatz im Bereich Ingenieurwissenschaften ein. Dabei führt Sie enge
Koopertationsbeziehungen mit verschiedenen Universitäten Weltweit wie zum
Beispiel Deutschland, Japan, den USA, Frankreich, Großbritannien, Kanada,
Australien, Österreich, Südkorea, Schweiz um nur einige zu nennen.
Im Verlauf dieser fruchtbaren Zusammenarbeit, wurde im Jahr 2004 das deutsche
Erfolgsmodell
einer
praxisorientierten
Fachhochschulausbildung,
als
bildungspolitisches Modellprojekt der chinesischen Hochschulen eingeführt.
43
Seite 44 von 119
Wie schon einleitend erwähnt, bildet die CDHAW einen sekundären Zweig, der dort
ansässigen Tongji-Universität in der an zwei von einander getrennt befindlichen
Standorten in Shanghai, 56 000 Studenten aus verschiedenen Ländern der Welt
geschult und ausgebildet werden. Im Zweig der CDHAW können Studenten
verschiedene Abschlüsse erlangen. Das Angebot umfasst vier vierjährige
Studienbereiche, die durch einen einjährigen Studienaufenthalt an verschiedenen
deutschen Hochschulen bereichert werden kann.
Zu den Bachelorstudiengängen im Bereich der Ingenieurwissenschaften zählen:
•
Mechatronik,
•
Gebäude-, Versorgungs- und Umwelttechnik,
•
Fahrzeugtechnik/Fahrzeugservice,
•
Wirtschaftsingenieurwesen.
Partneruniversitäten im Bereich Mechatronik sind z.B. die Hochschulen Esslingen
und Bochum, im Bereich Fahrzeugtechnik die Hochschulen Braunschweig /
Wolfenbüttel und Berlin, im Bereich Gebäude-, Versorgungs- und Umwelttechnik
die Hochschulen Braunschweig / Wolfenbüttel und Erfurt sowie im Bereich des
Wirtschaftsingenieurswesens die Hochschulen München und Esslingen.
Als Partnerunternehmen dieses dualen Ausbildungssystems, konnten namhafte
Deutsche unternehmen gewonnen werden. Volkswagen, BOSCH, SIEMENS, LUK
um nur einige zu nennen.
Ziel des Studiums ist es die praxisnahe Ausbildung von Ingenieuren mit
interdisziplinären
Kenntnissen,
internationalen
Kompetenzen
und
Problemlösungsfähigkeiten für die Industrie und Wirtschaft beider Länder fruchtbar
44
Seite 45 von 119
zu gestallten. Darüber hinaus ermöglicht die CDHAW einen intensiven Austausch,
wissenschaftlich - kultureller, chinesisch – deutscher Beziehungen.
Alle in der CDHWA angebotenen Vorlesungen werden auf Deutsch gehalten.
Hierfür ist es erforderlich, dass die chinesischen Studenten im 1. Jahr neben ihren
laufenden Veranstaltungen, in 1200 Stunden die deutsche Sprache erlernen
müssen. Dieses ist Voraussetzung, die letzten beiden Semester an deutschen
Hochschulen zu absolviert. Ebenso machen viele Studenten nach dem Erwerb des
Bachelorabschlusses ihren Masterabschluss in Deutschland. Bachelor und
Masterarbeiten können dabei sowohl in Englischer als auch in Deutscher Sprache
eingereicht werden. Studierende der CDHWA erhalten nach Beendigung ihres
Studium nicht nur den Abschluss in ihrem Heimatland, sondern auch den
Hochschulabschluss im Partnerland, was ihre beruflichen Perspektiven merklich
verbessert.
Nahezu alle Studierenden erreichen ihren Bachelor- bzw. Masterabschluss in der
vom Curriculum vorgegebenen Regelstudienzeit. Erreichbar ist dieses nur durch
äußerst hoher Disziplin und Aufopferung für das Studium. Ein Versagen ist dabei
nicht vorgesehen! Eltern und Gesellschaft geben den Weg vor, denn nur wer in
China einen Hochschulabschluss erreichen konnte, wird von der Öffentlichkeit mit
Anerkennung bedacht. Wie ich finde ein immenser Druck der das auf den
Studierenden lastet.
Um das Projekt der CHDAW zu realisieren war eine Vielzahl von deutschen und
chinesischen Institutionen erforderlich, deren große finanzielle Unterstützung zum
gelingen erforderlich waren. Zu nennen sind hier das Bundesministerium für
Bildung und Forschung (BMBF) und das Ministry of Education of the People's
45
Seite 46 von 119
Republic of China (MoE). Auf deutscher Seite sind dies der Deutsche Akademische
Austauschdienst (DAAD), die Hochschulrektorenkonferenz (HRK), der Verein
Deutscher
Ingenieure
(VDI)
und
die
Bundesvereinigung
Deutscher
Arbeitgeberverbände (BDA). Auf chinesischer Seite sind dies die Tongji-Universität,
das China Scholarship Council (CSC) und das Chinesische Service Center for
Scholary Exchange (CSCCE).
Zum Abschluss seiner Ausführungen standen Hr. Prof. Tan und sein Student den
Zuhören für weitere Fragen zur Verfügung. In diesen wurden die Kosten der
Ausbildung, die Freizeitgestaltung, der Austausch mit anderen Studenten und die
Frage nach der Zukunftsperspektive erörtert. Somit bekamen die Zuhörer einen
kleinen Einblick in das Leben eines Studierenden an der Chinesisch – Deutschen –
Hochschule, der Tongji Universität Shanghai. Nach dem gegenseitigen Überreichen
kleiner Gastgeschenke, erfolgte zu Abschluss dieses Programmpunktes, ein für
beide Seiten obligatorisches Gruppenfoto, vor dem Gebäude der Hochschule.
Als Fazit dieses Besuches können wir somit festhalten, dass beide Seiten, sowohl
Deutschland als auch China ein hohes Interesse einer gleichrangigen Partnerschaft
von Wirtschaft und Studium wünschen und die Beziehung beider Länder ausgebaut
werden soll. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang aber der immense
Chinesische Durst an deutschem Wissen und Knowhow, welches für den Aufbau
eigener Wirtschaftsbereiche notwendig ist. Zu erkennen war dieses besonders an
der Aussage von Hr. Prof. Tan, in dem er äußerte: „Schön wäre es, wenn die
Absolventen der Hochschule für ein paar Jahre in Deutschland arbeiten würden
und dann erst zurück nach China kommen würden.“
46
Seite 47 von 119
2.8 Besuch der Parteihochschule in Shanghai (Protokoll: Tobias Bolitz
und Marc Endlich)
2.8.1 Einleitung
Die Parteihochschule ist ausgelegt für Beamte die in der Parteiideologie der KP
China geschult werden. Diese Schulungsmaßnahmen ermöglichen den Beamten
gewisse Aufstiegsmöglichkeiten.
Empfangen wurden wir von Professor Rong Zhi, welcher als Dozent an der
Hochschule fungierte und uns für Fragen offen stand.
Zur Vorbereitung auf den Termin in der Hochschule, einigten wir uns gemeinsam
darauf, das es von Vorteil ist, bestimmte Fragen auszulassen.
47
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Einige Beispiele dafür waren:
- Tibet-China Konflikt
- Die Umsetzung von Menschenrechten
- Der Umgang mit der Todesstrafe
2.8.2 Aufgaben der Parteihochschule
In der Parteihochschule finden Kurzzeitfortbildungen für Beamte im höheren Dienst
statt. Grundvoraussetzungen für die Fortbildungen ist, das die teilnehmenden
Beamten eine gewisse Berufserfahrung nachweisen können. Die Grundlegenden
Seminare sind die Themen:
- Neue Gesetze und Vorschriften
- Umstellung auf moderne Technik
- Verwaltungsaufgaben und Prozessoptimierung
- Studium der Lehren von Marx und die Umsetzung in der Praxis
Nach der Ausbildung in der Parteihochschule, kehren die Beamten zurück in ihren
Berufsalltag und haben sehr hohe Aufstiegschancen.
Das Lehrpersonal besteht in der Regel aus Professoren.
48
Seite 49 von 119
2.8.3 Inhalte des Gesprächs mit Professor Rong Zhi:
Soziales Sicherungssystem
Stadtbewohner:
Das soziale Sicherungssystem für jeden gemeldeten Bürger der Stadt, setzt sich
aus drei Anteilen zusammen:
- Arbeitgeberanteil
- Arbeitnehmeranteil
- Anteil der Stadt
Wanderarbeiter:
Das soziale Sicherungssystem der Wanderarbeiter, welche in Städte zugezogen
sind, setzt sich aus folgenden Anteilen zusammen:
- Arbeitgeberanteil
- Arbeitnehmeranteil
Problematik:
Da die Wanderarbeiter nicht die Möglichkeit haben, sich in der Stadt anzumelden,
zahlt die Stadt auch keinen Anteil für sie. Zwar Leben und arbeiten sie in der Stadt,
aber in China sind die Menschen immer in ihrem Geburtsort gemeldet und
versichert. Wenn nicht in diesem Ort leben, Zahlt dieser auch nicht für sie.
49
Seite 50 von 119
Weitere Probleme sind, das der Lohn den Wanderarbeitern jährlich ausgezahlt wird
und nicht monatlich. Ähnlich gestaltet es sich mit der Rente. Auch diese wird den
Wanderarbeitern bei Rentenantritt ausgezahlt.
Die Regierung versucht damit den unkontrollierten Zustrom Menschen aus dem
Land in die Städte zu regulieren.
An Entsprechenden Reformen wird nach Aussage von Herrn Prof. Rong Zhi aber
gearbeitet.
Staatliche Hilfsangebote:
Es gibt generell für notleidende Menschen Hilfsangebote in Form von Anlaufstellen
über die man aber keine Barauszahlung bekommen kann.
Hilfe Für Menschen mit Behinderung:
Es gibt Heime für Menschen mit Behinderung, allerdings müssen diese Institutionen
mit sehr geringer staatlicher Unterstützung auskommen.
Es gibt einen staatlich geförderten Behindertenverein, der Fördermaßnahmen
anbietet, wie z.B. Bildungsprojekte oder Unterstützung bei der Jobsuche anbietet.
Dieser Verein finanziert sich unteranderen auch aus Spenden.
Für Menschen die als schwerbehindert eingestuft werden, gibt es eine monatliche
finanzielle Unterstützung von 1620,- CNY (ca. 200,- €). Dieser Betrag ist
vergleichbar mit dem chinesischen Mindestlohn.
50
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Ein-Kind-Politik:
In der Volksrepublik China herrscht generell die Ein-Kind-Politik, die Familien dazu
bringt nicht mehr als ein Nachkommen in die Welt zu setzen. Grund Dafür ist die
hohe Bevölkerung von 1,3 Mil. Menschen.
Familien die sich an dieses Gesetz halten, werden symbolisch durch Gesten, wie
z.B. kostenlose Impfungen für die Kinder, entsprechen belohnt.
Familien die mehr als ein Kind bekommen, müssen ein Strafgeld von mindestens
1/3 des Jahreseinkommens der Familie bezahlen.
Sollte das Strafgeld nicht bezahlt werden, ist es für diese Kinder nicht möglich ins
Melderegister aufgenommen zu werden. Das bedeutet, dass die Kinder im Auge
des Staates nicht existieren und somit bleiben sie auch frei von jeglicher sozialen
Absicherung.
Parteimitgliedschaft:
Auf die Frage aus unserer Gruppe, ob auch Menschen ohne chinesische
Abstammung oder Staatsbürgerschaft Mitglied in der Kommunistischen Partei
Chinas werden können, antwortete Herr Prof. Rong Zhi:
Ja, Allerdings muss man als Ausländer schon mindestens fünf Jahre nachweislich
in China leben. Daraufhin hat man die Möglichkeit, genau wie der Rest der
Chinesischen Bevölkerung sich bei der Partei zu bewerben. Nach der Bewerbung
wird man weitere drei Jahre beobachtet. Wen die Partei nach dieser Zeit zu dem
51
Seite 52 von 119
Entschluss kommt, das man die sozialistischen Prinzipien der Volksrepublik China
entsprechend vertritt, steht der Aufnahme nichts im Weg.
2.8.4 Fazit
Die Stimmung unter den Studierenden war vor der Begegnung ein wenig
angespannt. Das löste sich allerdings relativ schnell, wenn man von den Kameras
und den Mikrofonen an der Decke des Raums einmal absieht.
Im Nachhinein war es aber eine sehr informative Begegnung mit einer sehr
besonderen Atmosphäre.
Herr Prof. Rong Zhi wirkte sehr kompetent und interessiert, allerdings auch sehr
kontrolliert.
52
Seite 53 von 119
2.9 Stadtteilentwicklung Shanghais am Beispiel des Bezirks Pudong
(Protokoll: Jonas Lehmann, Erich Wiebe, Viviane Schönau)
2.9.1 Ziele und Erwartungen an den Termin
Im Rahmen der Exkursion „China im Wandel“
trafen die Studentinnen und
Studenten in Shanghai, auf eine Vertreterin des Stadtentwicklungskomitees.
Die Delegation der Ostfalia wurde zu diesem Zweck in einem Konferenzraum des
Rathauses von Pudong empfangen. Ziel dieses Konvents war es, den strukturellen
Wandel, die dynamische Stadtentwicklung und die industriellen Ressourcen Chinas
–am Beispiel Pudongs- verständlich nachvollziehen zu können.
53
Seite 54 von 119
Bei einem gegenseitigen Austausch vor und nach dem Termin unter den Studenten
kristallisierte sich schnell heraus, dass die Erwartungen vor allem darin lagen,
etwas über die sozialen Strukturen und das Miteinander in einem Stadtteil solcher
Größenordnung zu erfahren. Der Fokus der Protokollführer lag mehr auf der
Planung von Wohnraum und die allgemeine Logistik, welcher einer solchen
Metropole bedarf.
Bevor darauf eingegangen werden kann, ob die Erwartungen der Studenten erfüllt
wurden und welche Erkenntnisse aus diesem Arbeitskreis bleiben, ist es zwingend
notwendig das Gespräch mit Frau Jung und den daraus resultierenden Diskurs
zwischen ihr und den Studenten schriftlich festzuhalten.
2.9.2 Die Informationsphase
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde aller Parteien, wurde ein kurzer Image- Film
gezeigt. Dabei ging man auf die wichtigsten Industriezweige, öffentliche
Transportmittel
ebenso
ein,
wie
auf
Freizeitgestaltungsmöglichkeiten
und
Wahrzeichen.
Anknüpfend an den visuellen Einstieg, wurde durch die Vertreterin des
Stadtentwicklungskomitees mehr auf die Reformen in Pudong eingegangen.
Die Stadteile Shanghais werden durch den Fluss Huangpu getrennt. Pudong
befindet sich auf der östlichen Seite des Flusses. Auf einer Fläche von 1210 km²
leben permanent 5.26 Millionen Menschen.
Dabei handelt es sich bei Pudong um einen sehr jungen Stadtteil. Erst 1990 wurden
durch staatliche Gremien und zentrale Komitees die Öffnung und der Ausbau
Pudongs beschlossen. Vor diesem Entschluss dominierten ländliche Strukturen das
architektonische und gesellschaftliche Landschaftsbild des Stadtteils. Doch
innerhalb von 20 Jahren fand hier ein Wachstum statt, der sich an den
Wolkenkratzern und Prestigeträchtigen Bauprojekten auch optisch wiederspiegelt.
54
Seite 55 von 119
Gestützt und getragen wird diese Entwicklung von der Industrie.
Das
Wirtschaftswachstum ist atemberaubend und lag seit 1990 durchschnittlich immer
bei 20 Prozent. Unternehmen außerhalb Chinas investierten bisher über 40
Milliarden Dollar in den Stadtteil. Dabei gibt es vier Zonen, welche in
unterschiedlichen Bereichen angesiedelt sind. Bei der Präsentation wurden zwei
Bereiche im Detail besprochen:
Finanzzone:
Hier finden bereits einige Pilotprojekte statt, welche sich vor allem mit der Öffnung
des Finanz- und Kapitalmarktes beschäftigen. Dadurch finden sich bereits
international agierende finanzielle Institutionen in Pudong wieder. Mit der Schaffung
einer Finanzeingangszone entstand ein Börsenmarkt, der vergleichbar mit
Manhattan und Frankfurt am Main ist. Durch Freihandelszonen beginnt sich der
Markt in Pudong mehr und mehr zu öffnen.
Hightech Park:
Im Zhangjiang Hightech Park finden sich Software, Hardware und große
Pharmakonzerne
wieder.
Pharmakonzerne
von
globaler
Wichtigkeit
und
wirtschaftlicher Größe, erhalten unterstützung von der Regierung,
Ist eine Zone von großer wirtschaftlicher Bedeutung und generiert genug finanzielle
Ressourcen
wird
sie
als
national
eingestuft.
Dies
wiederum
bringt
ihr
Vergünstigungen ein. Dies ist nicht unerheblich für ausländische Unternehmen, die
sich in Pudong ansiedeln wollen.
55
Seite 56 von 119
Neben diesen beiden Zonen ist der Tourismus eine aufkommende Einnahmequelle.
Auch das ungenutzte Expo Gelände soll für Zeitungen und die Filmindustrie genutzt
werden. Dennoch geht der Trend und die zukünftige Aufstellung Shanghais und
Pudongs mehr in Richtung Industrie, denn Freihandelszone. Es ist beabsichtigt
Auto- und Flugzeugindustrie in Pudong anzusiedeln.
2.9.3 Die Diskussion
Nach dieser Input Phase folgte eine Diskussion bei denen die Studenten des 5ten
und 6ten Semesters ihre Fragen stellen konnten. Ein aktuelles Problem der
Bundesrepublik Deutschland wurde dabei schnell ein Thema. Bei der Frage nach
der Regelung von Kindergartenplätzen, wurde erklärt, dass sich eine Nachbarschaft
oder Community aus 50.000 Menschen zusammensetzt und dass dabei immer ein
Kindergarten zu Verfügung steht.
Verbrechen und soziale Unruhen sind in Pudong ein weniger gewichtiges Thema.
Die meisten Verbrechen werden nach den Angaben des Stadtentwicklungskomitees
von Wanderarbeitern verübt.
Dennoch haben andere Themen eine zentralere Bedeutung die auch für die soziale
Arbeit Relevanz besitzen.
Für die Expertise gibt es spezielle Angebote, Vergütungen und Vergünstigungen um
ein Bürger Shanghais zu werden. Für die breite Masse die in Shanghai leben
möchte ist dies schwieriger. Zwar besteht die Möglichkeit einer Registrierung, doch
erst nach fünf Jahren, einer geregelten Arbeit und einem festen Wohnsitz, kann
man ein Bürger Shanghais werden und von den Vorteilen (wie der Zugang zu
einem besseren Gesundheits- und Versorgungssystem) profitieren. Es ist also
immer schwieriger ein Bürger Shanghais zu werden.
In dem Gespräch wurde sehr schnell deutlich, dass der ökonomische Fortschritt
über allem stand. Das führte wiederum zu der Vernachlässigung anderer Themen.
56
Seite 57 von 119
Durch die Ein- Kind- Politik entstand ein Phänomen, welches auch Deutschland vor
Herausforderungen stellt. Der demografische Wandel ist in China angekommen
und stellt die dortige Altenhilfe vor eine Herausforderung.
Die Altenhilfe
wird
durch
Gemeindekrankenhäuser
die
die
lokale
Alten
Verwaltung
aufnehmen.
reguliert.
Teilweise
Dabei
gibt
es
sollen
auch
Seniorenwohnanlagen.
Doch diese beiden Konzepte genießen in der Gesellschaft einen schlechten Ruf, da
in China die Versorgung durch die Angehörigen, als Ideal angesehen werden. Ein
Heimplatz und die Versorgung durch Dienstleiter werden als Schande für den
älteren Menschen betrachtet. Doch in Zeiten erhöhter Mobilitätsbereitschaft und der
Ein- Kind- Politik wird es immer schwieriger die Versorgung zu Hause und im Kreis
der Familie zu sichern.
Ein anderes Model ist deshalb vorstellbar. Da die Pension oftmals nicht für die
Pflege und die Grundsicherung ausreicht wird ein sozialer Hausbesuchsdienst, als
soziales Projekt angestrebt.
Um diesen finanzieren zu können, kann die Eigentumswohnung an die Regierung
verkauft werden. Dadurch erhält man ein monatliches Entgelt und darf weiterhin in
der Wohnung leben. Beim Tod verfällt jedoch der Erbanspruch an die Kinder und
der Besitz der Wohnung geht an die Regierung über. Da es in China kein wirkliches
Mietrecht gibt in dem die Rechte des Mieters geregelt sind, ist eine
Eigentumswohnung wichtig um sozial Abgesichert zu sein. Besitz wird also
Existenziell.
2.9.4 Fazit und Reflektion
Nach diesem Termin bleibt festzuhalten, Pudong ist das Symbol für ein neues
China. Dennoch ist die Öffnung nicht genug. Anstrengungen um die Wirtschaftliche
Wichtigkeit auszubauen und zu stärken, werden bereits unternommen. Dennoch
57
Seite 58 von 119
bleibt der Demografische Wandel und die soziale Ungleichheit Shanghais und
damit auch Chinas weiterhin ein großes Problem mit dem die Regierung
konfrontiert ist.
In Dialog mit den Kommilitonen im Anschluss dieses Termins, kristallisierte sich das
Meinungsbild eines wertvollen Treffens heraus. Es bleiben die Probleme Chinas
und die Lösungsstrategien im Gedächtnis.
Dennoch bleibt darauf hinzuweisen, dass der Fokus in manchen Punkten zu sehr
auf die Finanzdienstleistung gelegt wurde und Themen wie Bauentwicklung,
Schaffung von Wohnraum und nachhaltige Ökologische Konzepte für urbane
Ballungsräume zu wenig oder gar nicht angesprochen wurden.
58
Seite 59 von 119
2.10 Interview zu aktuellen gesellschaftlichen Konflikten (Arne Ehlers,
Marina Dik )
2.10.1 Einleitung
Das folgende Protokoll behandelt thematisch ein umfassendes Interview unseres
Reiseführers und Dolmetschers Herr Chang in Shanghai und spiegelt grundlegende
Fakten zu aktuellen gesellschaftlichen Konflikten und Gegebenheiten in China
wieder. Dem Protokoll liegt die Exkursion „China im Wandel“ im Rahmen des
Moduls 14, Interkulturalität und Internationalisierung zugrunde. An der Exkursion
nahmen 19 Studentinnen und Studenten der Fakultät Soziale Arbeit der
Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel und der Dozent Professor Ludger
59
Seite 60 von 119
Kolhoff teil und führte die Teilnehmer im Zeitraum vom 20.11.2013 bis zum
27.11.2013 nach Peking und Shanghai.
Das Interview führte Frau Dik und stützte sich mit ihren Fragen an Herrn Chang auf
den Text „Aktuelle gesellschaftliche Konflikte“ von Thomas Heberer und Lothar
Scholz. Das Protokoll wurde von mir, Arne Ehlers verfasst.
2.10.2 Interview mit Herr Chang
Das Interview führte Frau Dik am 26.11.2013 am Flughafen in Shanghai. Die
Fragen bezogen sich auf die Diskussionen, ob China immer noch ein
Entwicklungsland sei, was die Regierung in Bezug auf das Bildungsrecht sagt und
ob es ein Amt für hilfebedürftige Familien gibt. Desweiteren behandelt das Interview
einige Fragen zur 1 – Kind – Politik, dem Demonstrationsrecht und inwiefern
Soziale Arbeit in China eine Chance hätte. Die letzte Frage bezieht sich auf die
Aussage, dass wirtschaftliche Veränderungen immer Vorteile hätten.
Ist China ein Entwicklungsland?
Frau Dik erklärt Herr Chang, dass China laut dem Weltentwicklungsbericht 2006
immer noch ein Entwicklungsland sei. Die Autoren Heberer und Scholz belegen
dies damit, dass knapp 20% der Bevölkerung in absoluter Armut lebe und sich
damit auf dem vergleichbaren Stand des Jemen befände. Dennoch hat China in
den letzten 30 Jahren einen ökonomischen Wandel erfahren. Es stellt sich dabei
die Frage, ob damit eine soziale Stabilität oder eine Destabilisierung erreicht wird. 1
Herr Chang meint, dass der Aufschwung in den letzten drei Jahrzehnten sowohl in
China selbst als auch in den Medien sichtbar würde, aber nicht jeder in der
Bevölkerung Chinas davon profitiere. Die Spanne zwischen reichen und armen
1
Vgl. Heberer und Scholz 2009: S. 389.
60
Seite 61 von 119
Menschen sei größer geworden und die Regierung müsse mehr für die Interessen
der Bürger eintreten und den entstandenen Unterschied von Arm und Reich
verkleinern, so Herr Chang.
Herr Chang sagte, dass in der Bevölkerung eine gewisse Unzufriedenheit
vorhanden sei, aber niemand Maßnahmen gegen die vorherrschende Korruption
bereit halte. Um eine Stabilisierung für die Zukunft zu wahren, sei laut unserem
Reiseführer die Hoffnung die größte Kraftschöpfung für Chinesen.
Recht auf Bildung
In China gibt es wie in Deutschland ebenfalls die Schulpflicht. Dennoch zeige sich
auch hier das Einkommensgefälle zwischen Stadt und Land, schreiben Heberer
und Scholz, sodass auf Grund der hohen Schulgebühren viele Eltern ihre Kinder
nicht zur Schule schicken könnten. 2 Es stellt sich hier die Frage, wie die Regierung
gegen den Widerspruch zwischen der Schulgebühr und Schulpflicht angehen
möchte. Herr Chang erzählte, dass in China eine Schulgebühr im herkömmlichen
Verständnis nicht existiere. Es gebe aber die normalen Kosten für Schulbücher und
Heizkosten für die Schulen, die jedoch sehr gering seien. Im Gegenzug würde den
Eltern eine Geldstrafe auferlegt, wenn sie ihre Kinder nicht zur Schule schickten.
Trotzdem könnten beispielsweise Wanderarbeiter ihre Kinder nicht in die Schule
schicken, da die Kosten für Menschen mit Niedriglöhnen zu hoch wären. Unser
Dolmetscher Chang räumt ein, dass die Familien, die in abgelegenen Gebieten
Chinas wohnen teilweise nicht die Schulpflicht wahrnehmen könnten, doch das
wäre eine Seltenheit. Chang erklärte desweiteren, dass eine Unterstützung seitens
der Regierung mittels Erlass der zusätzlichen Kosten für Bücher erfolge. Eine
zusätzliche Lösung die Herr Chang angibt und die seiner Meinung nach auch
seitens der Regierung gewollt sei, um weite Schulwege zu verhindern, wäre das
2
Vgl. Heberer und Scholz 2009: S. 389.
61
Seite 62 von 119
Erbauen von Wohnheimen nahe der Schule, in dem die Kinder unter der Woche
wohnen und schlafen könnten. Eine weitere Schwierigkeit für abgelegene
Gegenden würde der Mangel an Lehrern sein, die wegen zu geringen Lohns und
der Abgeschiedenheit der ländlichen Gegenden dort nur ungern arbeiten.
Gibt es Ämter die sich um Familien in Not kümmern?
In Deutschland gibt es Organisationen wie das Sozialamt an das sich eine sozial
schwache Familie wenden kann, wenn sie die Finanzierung ihrer Wohnung und des
Lebensunterhalts nicht gewährleisten können. Wir haben Herr Chang gefragt, ob es
so eine Organisation auch in China gibt. Chang erklärt die Versorgung von ärmeren
Menschen anhand einer geringen finanziellen Stütze, die vor allem in den
Großstädten Chinas vorhanden sei. In Shanghai betrage der monatliche Grundsatz
1620 Yuan, den Arbeitslose vom Staat für zwei Jahre erhalten würden. Ältere
Menschen die keine Kinder haben, bekommen von der Regierung ebenfalls einen
sehr geringen Geldbetrag der zumindest zur Finanzierung des Unterhalts sorge.
Das in Deutschland bekannte Wohnungsgeld existiere in China nicht meinte Herr
Chang, da 90% der Chinesen in der Regel mit mehreren Familien zusammen
wohnen würden.
Fragen zur 1 – Kind – Politik
Wegen der 1 – Kind – Politik gelten Kinder als Besonderheit und würden verwöhnt,
meinte unser Dolmetscher. Das Geld wird quasi in das Kind finanziert. Wie
verfahren Familien, wenn ein Kind in einer Leistungsgesellschaft nicht den
Erwartungen entspricht? Herr Chang erklärt, dass Eltern das Recht nutzen ihr Kind
zu bestrafen, da der Konkurrenzdruck nicht mit dem vorherrschenden Druck in
anderen Ländern vergleichbar sei. Dies resultiert aus der in China vorherrschenden
Situation, dass es zu wenige Ausbildungsmöglichkeiten auf zu viele Menschen
verteilt gibt, die die Chance nutzen wollen eine gesicherte Zukunft zu haben. So
62
Seite 63 von 119
kommt es auch oft vor, dass Kinder von ihren Eltern geschlagen werden. Allerdings
zeigte Herr Chang auf, dass Lehrer seit Anfang des Jahres 2000 die Schüler nicht
mehr schlagen dürften.
Zum Demonstrationsrecht
Aufgrund dieser sehr strengen Regeln die in der Gesellschaft vorherrschen, könnte
es auch sein, dass einzelne Jugendliche und Studenten sich gegen das System
auflehnen wollen, da sie sich zu bedrängt fühlen. Unser Reiseführer und
Dolmetscher gibt das Recht zu demonstrieren an, was in China ab dem 18.
Lebensjahr gilt. Proteste seien in China allerdings ein sehr empfindliches Thema
erklärt Herr Chang, da man diesen erst anmelden müsse und die Genehmigung
dazu praktisch nie erfolge.
Soziale Arbeit in China – Ein Wunschdenken?
Bei dem Besuch der Tongje – Universität sah man, dass es in China das
Studienfach Soziale Arbeit nicht gibt. Dies warf die Frage auf, ob es irgendwann
möglich sei, eine gewisse Kernstruktur einer sozialen Arbeit in China zu verankern.
Unser Reiseführer Chang hofft für die Stabilität der Gesellschaft eine Etablierung
der Sozialen Arbeit, doch dies sei momentan noch schwer. Für ein „Wohlgefühl“ in
der Gesellschaft könnte das Studienfach sehr wichtig sein meinte Herr Chang, doch
er stimme zu, dass die gesellschaftlichen Strukturen in China noch nicht bereit für
ein professionelles Sozialwesen seien.
Sind Wirtschaftliche Veränderungen immer gut?
Der Aufschwung in den letzten Jahren hat das Bewusstsein vom Wohlstand
gebessert, aber auch zum Verlust der Denkweisen über Traditionen geführt,
Arbeitslosigkeit verursacht und zu mehr Unsicherheit in der Bevölkerung geführt.
63
Seite 64 von 119
Was kann die Regierung machen, damit die Unsicherheit verschwindet? Herr
Chang
erklärte
eindringlich,
dass
der wirtschaftliche Aufschwung
in
der
chinesischen Politik in den letzten 30 Jahren der wichtigste Eckfeiler gewesen sei
und die Wirtschaft jetzt an einen Punkt angekommen wäre, an dem sie eigentlich
etwas mehr in den Hintergrund rücken solle. Ein Kernthema das dabei
unumgänglich wäre, sei die Diskussion um die Rentenversicherung. Es gebe
nachwievor ein starkes Gefälle zwischen der Rente eines Beamten und eines
Arbeiters und jenes Gefälle müsse angeglichen werden.
Eine Besserung gebe es seit Anfang dieses Jahres für die Bauern. Chang gibt uns
das Beispiel einer speziellen Krankenversicherung, die nur für Bauern eingeführt
wurde. So würden bei Arztbesuchen 60% der Kosten von der Versicherung gezahlt
und nur noch 40% von der betroffenen Person selbst. Auf Grund solcher
Maßnahmen wolle die Regierung dem Volk ein gewisses Maß an Sicherheit geben
doch bis grundlegende Änderungen durchgesetzt werden, würde es noch dauern.
Literaturverzeichnis
Heberer, Thomas u.a. (2009): Aktuelle gesellschaftliche Konflikte. China
verstehen lernen. Bonn 2009: bpb
64
Seite 65 von 119
3. Hausarbeiten zur Nachbereitung der Exkursion
3.1 Auswirkung von Mao Zedong auf die chinesische Gesellschaft
(Valerie Schierenbeck)
3.1.1 Einleitung
Mao Zedong „Das böse Genie der Revolution“, war erfolgreich und ebenso
grausam wie Chinas erster Kaiser. Dank ihm ist China bis heute eine
Volksrepublik. Mao Zedong oder auch Mao Tse-tun genannt, war Chef der
kommunistischen Partei und erlangte nach und nach die Herrschaft des
Landes. 55 Millionen Menschen starben durch Maos Revolutionskriege und
brutalen Kampagnen in denen er sogar die Bürger Chinas gegeneinander
aufhetzte. 3
Die Geschichte Chinas wird immer mit Mao Zedong in Verbindung gebracht
werden, so betonte es auch im Oktober 1921 der Kaiser „Haile Selassie“ von
Äthiopien: „Wer immer heute von China spricht, erwähnt im nächsten
Atemzug auch seinen großen Führer, den Vorsitzenden Mao Tsetung. Denn
das Leben des Vorsitzenden Mao spiegelt die wesentlichen Begebenheiten
der Geschichte des Neuen China wider. Es kommt nicht oft vor, dass ein
einzelner die Geschichte seines Volkes so entscheidend prägt.“ 4
Im Folgenden, wird in dieser Ausarbeitung über das Leben des Mao
Zedongs berichtet, wie er es vom Bauernsohn zum kommunistischen
Revolutionär geschafft hat. Daraufhin folgen eine Vertiefung seiner
3
4
GEO Epoche Nr.51, S. 3 + 7
Suyin, H., S.7 Z.:3-8
65
Seite 66 von 119
Machtergreifung
von
China,
sowie
eine
Beschäftigung
mit
den
entsprechenden Revolutionen wie „Der große Sprung nach vorn“ und die
„Kulturrevolution“.
Anschließend, wird die Wirkung auf die chinesische
Gesellschaft von Mao Zedongs politischem Handeln näher erläutert. Letztlich
wird die Ausarbeitung mit einem Fazit und einer persönlichen Stellungnahme
beendet.
3.1.2 Vom Bauernsohn zum kommunistischen Revolutionär
Am 26. Dezember des Jahres 1893 wurde Mao Zedong in Schaoschan
Tschung, der Provinz Hunan, geboren. Zu dieser Zeit herrschte amtlich der
„Kaiser Guangxu“, der mandschurischen Qing-Dynastie, über China.
Tatsächlich besaß jedoch seine Tante, die Kaiserwitwe „Ci Xi“, die Macht.
5
Mao wuchs in einer Bauernfamilie als
Ältester von 8 Geschwistern auf. Von den acht Geschwistern, erreichten drei
das Erwachsenenalter, vier von ihnen starben bereits im Kindsalter. Schon
als Kind, wurde Mao mit den Tätigkeiten eines Bauern vertraut gemacht, er
musste die Schweineställe ausmisten, bei der Bohnen- und Reisernte helfen,
Unkraut jäten, die Büffel tränken und striegeln sowie Holz für Holzkohle
beschaffen.
In der Schule sträubte sich Mao oft
gegen die Lehrer und wollte, beispielsweise bei Aufforderung, nicht
aufstehen und floh wenn der Lehrer ihm mit Prügel drohte. Diese Eigenarten
von dem jungen Mao hinterließen Eindrücke, er organisierte und leitet
Schülerrevolten und korrigierte Lehrer in ihrem Verhalten, wenn dies nicht
Maos Vorstellungen entsprach. Sein enormer Gerechtigkeitssinn sowie die
Diskussionslust und seine Hartnäckigkeit, wenn er seiner Ansicht nach im
5
Wemheuer, F., S.15
66
Seite 67 von 119
Recht war, charakterisierten Mao Zedong schon im jungen Alter. 6
Zu
Maos Schulzeit herrschten in der Provinz Hunan Aufstände, die Bauern
rebellierten und die Kriminalitätsrate stieg. Mit sechszehn Jahren verließ
Mao, gegen den Willen seines Vaters, das Elternhaus und lernte an dem
"Xin Xiang-Internat" viel über das Land China. 7
Im September 1927, wurde Mao zum ersten Mal gefangen genommen, er
hatte in der Provinz Hunan und Kiangsi einen Herbstaufstand veranlasst.
Bevor Mao hingerichtet werden sollte, gelang ihm die Flucht. Wenig später
verbündete sich Mao mit fast 1000 Kommunisten und wanderte in die Berge
von Yingangshan, hier startete Mao den Wiederaufbau.
Zu der sogenannten „Roten Armee“, die zum späteren Zeitpunkt aus ca.
8000 Bauern, Soldaten und Banditen bestand, stieß im Jahre 1928 der
Verbündete „Zhu De“ dazu. Zhu De war zu der Zeit ernsthafter Kommunist
und füllte die Rote Armee mit fast 2000 Mann. Auf einem Marsch stießen
Mao, Zhu De sowie die Rote Armee auf die KTM (Kuomintang Chinas oder
auch Nationale Volkspartei Chinas) und verloren knapp 2000 Mann. 8
Angesichts der Tatsache, dass Mao drei Regeln aufstellte, erlangte er die
Aufmerksamkeit der Bürger.
Regel 1: „Strikter gehorsam bei allen Handlungen“
Regel 2: „Den Massen darf nicht einmal eine einzige Nadel oder ein Stück
Faden genommen werden.“
Regel 3: „Sämtliche Beute muss abgegeben werden.“
Anhand der folgenden Verhaltensformen, die Mao veröffentlichte, wurde er
berühmt sowie beliebt bei dem Volk.
Suyin, H., S.15, 23-25
Rowohlt Taschenbuch, S.9,12
8 Rowohlt Taschenbuch, S.69-73
6
7
67
Seite 68 von 119
 Sprich höflich. - Zahle für alle Käufe einen angemessenen Preis. - Gib
alles Entliehene zurück. - Zahle für jeglichen Schaden. - Die Leute
dürfen nicht geschlagen oder beschimpft werden. - Die Ernte darf
nicht beschädigt werden. - Frauen dürfen nicht belästigt werden. Gefangene dürfen nicht misshandelt werden. 9
Durch diese Regeln und Verhaltensformen, die durch Mao aufgestellt und
preisgegeben wurden, gelang ihm die Macht und die volle Aufmerksamkeit
von einem großen Teil der chinesischen Gesellschaft.
3.1.3 Mao: die Machtergreifung über China
3.1.3.1 Der große Sprung nach vorn (1957 – 1964)
In den Jahren von 1957 – 1964 starben 30 Millionen Menschen durch
Hungersnot. 90 Millionen wurden Stahlarbeiter, sie verrichteten massiv
schwere Arbeit um Stahl zu gewinnen. Mao versprach ihnen, dass auf drei
Jahre harte Arbeit 10.000 Jahre Glück folgen würde.
10
Der große Sprung
wurde von der Ökonomie hergerufen, wie bereits von Mao Zedong in seiner
Arbeit: „Über die richtige Behandlung der Widersprüche im Volke“, in dieser
er darauf hinwies: „Wenn unsere Landwirtschaft im zweiten und dritten
Planjahrfünft eine noch größere Entwicklung erfahren kann und sich
dementsprechend die Leichtindustrie noch breiter entwickelt, wird das der
gesamten Volkwirtschaft von Nutzen sein.[…]“ 11 Die Bauern schufteten hart
für die Landwirtschaft, der Landwirtschaftsminister bestärkte die Bauern und
Bürger indem er sagte, dass die Landwirtschaft eine wichtige Quelle der
Rowohlt Taschenbuch, S.75
Nicolai, J., Spiegel TV Reportage
11 Matthiessen, G., S.82, Z.9-13
9
10
68
Seite 69 von 119
staatlichen Kapitalbildung sei und ein Großteil der Steuereinnahmen sowie
der Gewinn der staatlichen Industrie-, Verkehrs-, und Handelsunternehmen
aus der Weiterverarbeitung von Agrarprodukten hervorgeht. 12 Ziel des
„großen Sprungs“ war es, dass die Landwirtschaft von 35% um das 2,5fache
ansteigen sollte. Darüber hinaus, sollte der Große Sprung jedes Jahr
wiederholt werden und kein einmaliges Geschehen sein. In dem Zeitfenster
von 1957 – 1958 gelang den Bauern eine Ernte an Nahrungsmitteln, die von
185 Millionen Tonnen auf 375 Millionen Tonnen gestiegen war. Nun
verlangte man von den Bauern eine Ernte, die deutlich mehr Gewicht haben
sollte, einen Anstieg um 150 Millionen Tonnen auf 525 Millionen Tonnen, im
Jahre 1959.
Das Prinzip der Regierungsform bestand darin, dass sich die Bauern auf die
eigenen Kräfte verlassen sollten, die der Produktionseinheiten zu Gute
kommen sollte.
Soziale Ansprüche des Volkes wurden gedrosselt,
materielle Anreize und Interessen kritisierte man als Ökonomismus, dieser
jedoch wurde in der Kulturrevolution zu einem Hauptgrund des Angriffs auf
das Staatsoberhaupt „Liu Schao-t`schi“, der 1959 Maos Rücktritt anpeilte. 13
3.1.3.2 Die Kulturrevolution
Aufgrund der Tatsache, dass „Yao Wen-yüans“ den zweiten Bürgermeister
Pekings „Wu Han“, angeblich auf Maos Anweisung, angriff, begann die
Proletarische Kulturrevolution offiziell im November 1965. „Yao Wen-yüans“
12Matthiessen,
13
G., S.82
Matthiessen, G., S.87-88
69
Seite 70 von 119
warf „Wu Han“ vor, er hätte in seinem historischen Drama „Hai Jui wird
seines Amtes enthoben“, alle aufgefordert von dem Beamten „Hai Jui“ zu
lernen und den Bauern das Land zurückzugeben. Die Angriffe auf das
Stadtparteikomitee in Peking verdeutlichten, dass das unmaoistische
Denken im Mittelpunkt stand. Dieses Denken herrschte in einem Gebiet,
welches besonders von der Kulturrevolution betroffen war, in der Erziehung
und der Künste. Anfang Juni 1966 überflutete die „Säuberungswelle“ die
Zeitungsredaktionen, die Parteikomitees, die Propagandaabteilungen und
die Hoch-, Fach-, und Mittelschulen. Während Autoritätspersonen an diesen
Institutionen ihre Macht verloren, richteten sich Schüler und Studenten,
herausragend diejenigen, die sich hinsichtlich des Erziehungssystems
benachteiligt fühlten, auf.
Aktiv waren besonders die Schüler, dessen Hochschulzukunft ungewiss war,
sie wiesen zwar die richtige Herkunft, dennoch aber nicht das nötige Wissen
auf. Deutlich wurde, dass das zweite Stadium der Kulturrevolution unter der
Macht der Jugend stand. 14 Es wird davon ausgegangen, dass die Schüler
der Pekinger Ch’inghua-Universität die „Rote Garde“ gegründet haben.
Aufgrund
der
Aufschiebung,
um
ein
halbes
Jahr,
aller
Universitätsaufnahmeprüfungen am 18. Juni 1966 des Zentralkomitees der
kommunistischen Partei Chinas und des Staatsrats, stieg die jugendliche
Teilnahme an der Kulturrevolution. Zudem wurde erkannt, dass die
Zensuren, bei dem alten Erziehungssystem, deutlichen Vorrang gehabt
hätten und nun die Massenlinien im neuen Bildungssystem herrschen
würden. Dieses Ergebnis, regte die linksorientierten Jugendlichen an, mit
dem Strom der Kulturrevolution zu schwimmen, auch, wenn sie nicht
linksgerichtet
waren.
Die
Jugendlichen
fühlten
sich
von
dem
Erziehungssystem betrogen, sie rebellierten und rächten sich nun an den
14
Hsia A., S.163-164
70
Seite 71 von 119
herrschenden Autoritätspersonen. 15 Die Revolutionäre Jugend geht mit
Spitzhacken, Brecheisen und Hämmern gegen Chinas Vergangenheit vor
und schlägt einer Buddha-Statue im Garten des Kaisers den Kopf ab. Vom
Stadttor bis zum Palast Pekings, wurden durch die Jugendrebellen 4922 von
6843 historische Denkmale zerstört. Die Kulturrevolution erreichte ihren
Höhepunkt, die Jugendlichen setzten Kirchen, Tempel, Museen und Archive
in Brant. Auch in Shanghai rebellieren Gruppen in den Fabriken, fordern
höhere Löhne, bezahlten Urlaub und bessere Arbeitsbedingungen. Mao war
fortan begeistert und lobte die Kulturrevolution sowie den Klassenkampf. 16
„Doch dann eskalierte die Gewalt in den Provinzen. Denn im revolutionären
Chaos kann sich jeder zum Rebellen erklären. Schüler, Arbeiter, Anhänger
der alten Kader, Studenten aus linientreuen Elternhäusern und Kinder
bürgerlicher Familien: Alle gründen eigene Rebellentruppen. […]Jetzt
entgleitet Mao die Revolution.“ 17 Es entstanden unkontrollierte Machtkämpfe
in den Städten, gegen Gruppen die beliebte oder erfolgreiche Parteiarbeiter
in Schutz nahmen.
China steht im Januar 1967 vor dem Bürgerkrieg. Mao wollte mit der
Kulturrevolution bezwecken, dass die Jugend rebelliert und predigte: „Ohne
Zerstörung kann nichts Neues entstehen!“ Die Folge sind Millionen Tote
sowie eine verlorene Revolution. 18
3.1.4 Wirkung auf die Gesellschaft in China nach Maos Tod
Hsia A., S.167-170
GEO Epoche Nr.51, S.122
17 GEO Epoche Nr.51, S.122-123, 3.Spalte, Z.22-32
18 Nicolai, J., Spiegel TV Reportage
15
16
71
Seite 72 von 119
Am 9. November 1976 starb Mao Zedong im Alter von 82 Jahren in Peking.
Nach seinem Tod hinterlässt Mao viele trauernde Menschen und mehr als
55 Millionen Tote, die durch Kriege und Revolutionen ihr Leben opferten.
Eine weitere Revolution, war für die chinesische Gesellschaft zu diesem
Zeitpunkt undenkbar. Ende 1970, markierte die Ausgabe der Parole von den
„Vier Modernisierungen“, Landwirtschaft, Industrie, Militär, Wissenschaft und
Technik, sowie der Beginn der Reform- und Öffnungspolitik, eine neue Ära in
der Geschichte der Volksrepublik China.
Mao
hinterließ
ein
Volk,
welches aufgewühlt und teilweise hilflos war. Nachteile und Mängel der
Reformpolitik, wurden in dieser Zeit umso stärker erkannt und empfunden.
Zahlreiche
Proteste,
folgten
Aufgrund
wachsender
Ungerechtigkeit,
Korruption und ausbleibender politischer Reform. Diese Proteste fanden im
Frühjahr 1989, auf dem Tiananmen-Platz in Peking statt. Ziel dieser Proteste
waren unter anderem, Demokratie, Meinungsfreiheit sowie Pressefreiheit.
Die Gesellschaft in China war stark besorgt um die weitere Politik der
kommunistischen Partei Chinas, da besonders zu jener Zeit gewaltsame
Demonstrationen aktuell waren. Sowie der Sturz zahlreicher Reformen als
auch das veränderte gesellschaftliche Klima in China, konnte erst 1992
„Deng Xiaoping“ anhand seiner erfolgreichen „Reise in den Süden“
auffangen.
„Deng
Xiaoping“
untersuchte
im
Süden
Chinas
die
Sonderwirtschaftszonen und lobte die Modernisierungspolitik sowie die
Forderung weiterer Reformen. Des Weiteren, bestärkte die Rede einer
„sozialistischen Marktwirtschaft“ Chinas Vertrauen in die Weiterführung der
Reformpolitik und verlieh Chinas „Wirtschaftswunder“ weiterer Energie und
Kraft.
19
19
Grosse-Ryuken, J., & Scholz, L., S.302-303
72
Seite 73 von 119
3.1.5 Fazit und persönliche Stellungnahme
Mao – der Rote Kaiser, hat viel Gutes und viel Böses über China gebracht.
Er wurde von seinem Volk vergöttert und verehrt, dies zeigt der folgende
Slogan deutlich: „Wenn wir Maos Anweisungen verfolgen, gewinnen wir –
wenn nicht verlieren wir.“
Mao Zedong wurde von der chinesischen Gesellschaft als Gott gefeiert. Es
entstanden sogar Lieder zu Ehren Mao, „…und Mao lässt sich von
Untertanen huldigen, der Osten ist Rot die Sonne geht auf, China hat Mao
Zedong hervorgebracht, er plant Glück für das Volk – hurra! Er ist der große
Erlöser des Volkes.“
Seine Biografie ist allerdings bemerkenswert, Mao Zedong oder auch Mao
Tse-tung
geschrieben,
war
von
1943-1976
Vorsitzender
in
der
Kommunistischen Partei Chinas und von 1949-1954 Vorsitzender der
Zentralen Volksregierung sowie 1954-1959 und somit wohl Höhepunkt
seiner politischen Karriere, Staatspräsident der Volksrepublik China. Nach
ihm wurde zudem der „Maoismus“, eine politische Bewegung, benannt.
Wie bereits erwähnt wurde Mao von der chinesischen Bevölkerung vergöttert
und verehrt. Dies zeigt, meiner Meinung nach, dass ein großer Teil der
Gesellschaft an Maos politischen Handeln geglaubt und auch profitiert haben
muss. Mittels seiner aufgestellten Regeln und Verhaltensformen, sprach er
der Nation „aus der Seele“ und gewann so die Herzen Chinas für sich. Ich
bin der Meinung, dass Mao seine idealistischen Ziele zu hartnäckig verfolgt
hat und dass er blind vor Macht und Erfolg war. Letztendlich starben indirekt
mehr als 55 Millionen Menschen durch die Kriege und Revolutionen die er
hervorgerufen hat. Trotz dieser vielen Morde, liebten ihn die Menschen in
China und sahen ihn als Vorbild und „Erlöser“ oder „Retter“. Hinzuzufügen
ist, dass sich am Tage seiner Trauerfeier 500 000 Chinesen, auf dem „Platz
73
Seite 74 von 119
des himmlischen Friedens“ in Peking, versammelten und Mao ihre letzte
Ehre erwiesen.
Ich selbst war letztes Jahr, Ende November 2013, von meiner Hochschule
aus in Peking und Shanghai. Dies war ein einzigartiges und prägendes
Erlebnis. Als ich den „Platz des himmlischen Friedens“ sah und betrat, war
mit nicht bewusst welche Bedeutung er für dich Chinesen hat. Auch, als ich
die Grabstätte von Mao Zedong besichtigt habe, wurde mir nicht klar, aus
welchem Grund dieser Mann immer noch so verehrt und geschätzt wird.
Nun, nach meiner Ausarbeitung über sein politisches Handeln, wird mir
deutlich bewusst, dass er China in schweren Zeiten gerettet und geholfen
hat. Er gab den Menschen in China Hoffnung und setzte, für ihn realistische,
Ziele. Mao wollte durch sein Handeln eine ganz neue Gesellschaft
erschaffen, ein neues China.
Abschließend möchte ich noch erläutern, dass Mao Zedong maßlos im
Streben nach absoluter Herrschaft war. Er ließ sich behandeln wie ein Kaiser
und lebte gut behütet in seinen Herrenhäusern, unter anderem mit
dutzenden jungen Konkubinen. Meiner Meinung nach, ist es tragisch, dass
Mao nie zur Rechenschaft gezogen werden konnte. Zudem sollte man sich
vor Augen halten, dass China ein Land ist in dem immer noch viel Gewalt,
Kriminalität
und
Sklaverei
herrscht,
sowie
150
Millionen
rechtlose
Wanderarbeiter besitzt.
Dies, gibt mir zu glauben, dass China noch immer reichlich aufzuarbeiten
hat, sowohl in der Politik als auch auf der sozialen Ebene.
3.1.6 Literaturverzeichnis
74
Seite 75 von 119
GEO Epoche Nr. 51 „Das China des Mao Zedong 1893-1976“, Gruner + Jahr AG &
Co KG, Druck- und Verlagshaus, Hamburg
Grosse-Ryuken, J., und Scholz, L., „Geschichte Chinas“, bpb, 2009
Hsia, A., „Die chinesische Kulturrevolution“, Hermann Luchterhand Verlag GmbH,
Neuwied und Berlin, 1971
Matthiessen,
G.,
„Kritik
der
philosophischen
Grundlagen
und
der
gesellschaftspolitischen Entwicklung des Maoismus“, Phal-Rugenstein Verlag, Köln,
1973
Rowohlt Taschenbuch, "Mao für Anfänger", Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH,
Reinbek bei Hamburg, 1980
Suyin, H., „Die Morgenflut“, Diana Verlag Zürich, 1972
Wemheuer, F., „Mao Zedong“, Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei
Hamburg, 2010
Quellenverzeichnis
Nicolai, J., „Mao – der lange Marsch zur Macht“, Spiegel-TV, Hamburg, 2008
75
Seite 76 von 119
3.2 Zur Stellung der Frau in China im 20. Jahrhundert (Farina
Albrechtsen)
3.2.1 Einleitung
„ Man wollte mir sehr oft einen Mann vermitteln. Aber ich bin doch kein Produkt, das
man auf dem Markt anbietet...In unserer Gesellschaft haben unverheiratete Frauen
ein negatives Image. Sie entsprechen nicht dem typischen traditionellen
Frauenbild...Ich bin gar nicht neidisch auf die verheirateten Frauen. Nicht wenige
haben mir gesagt: „Verheiratet zu sein ist wie in einem Käfig. Die draußen stehen,
wollen rein, die drinnen sind, wollen raus.“ Aber sie sagen auch: „ Wir sind nicht
stark genug. Wir brauchen den Halt der Gesellschaft. Wir könnten dem Druck allein
nicht standhalten.“... In China sind auch heute noch viele Frauen nicht aufgeklärt.
Sie wissen nichts über ihren Körper, geschweige denn über Sexualität.... Eine
Freundin hat mir erzählt. Einige hätten ihr gesagt, die Männer seien wie Tiere. Sie
hätten große Angst vor dem Abend. Oft hätten sie ein Gefühl, als würden sie
vergewaltigt.“
Dieses Zitat einer unverheirateten chinesischen Frau aus dem 20. Jahrhundert
lässt erahnen, welche Unsicherheit, Angst, und Wertlosigkeit Frauen Chinas im 20.
Jahrhundert spürten.
Natürlich gehören die verkrüppelten „Lotusfüße“ und die Kinderheirat der
Vergangenheit an, jedoch sind andere Ideale und Verhaltensweisen auch im 20.
Jahrhundert noch tief in der chinesischen Kultur verankert. Hierzu zählen die durch
die Eltern arrangierten Eheschließungen, die Keuschheit oder der Zwang gewisse
Gewänder tragen zu müssen. Die Geschichte der Frauen im 20. Jahrhundert lässt
sich nur sehr lückenhaft darlegen, da die Männer in China das öffentliche Leben
beherrschten.
Als erkenntnisleitende Fragestellung soll im Fokus dieser Arbeit der Frage
nachgegangen werden, welche Stellung die Frau im 20. Jahrhundert einnimmt und
76
Seite 77 von 119
wie sich diese von der Stellung der Frau in der Geschichte Chinas unterscheidet.
Darüber hinaus soll der Frage auf den Grund gegangen werden, welchen Einfluss
die Ein-Kind-Politik auf die Stellung der Frau in China im 20. Jahrhundert hatte.
Um die Stellung der Frau im 20. Jahrhundert adäquat bearbeiten zu können,
scheint es unumgänglich, sich zunächst einmal mit der Geschichte Chinas zu
beschäftigen, um anschließend ein Verständnis für die politischen Gegebenheiten
des 20. Jahrhunderts erreichen zu können und der Leser nachvollziehen kann, wie
es zu ihrer Entstehung kommen konnte. Daraufhin wird die Rolle der Frau in den
Fokus genommen, um die Veränderung der Stellung der Frau darlegen zu können.
Demnach beginnt der Hauptteil der Arbeit, indem sich mit der Stellung der Frau
Chinas im 20 Jahrhunderts beschäftigt wird. Hierbei gibt es eine Unterteilung in
eine familiäre- eine sozio-kulturelle- und eine politische Sphäre. Im anschließenden
Fazit wird ein Ausblick auf die heutige Situation Chinas und die Stellung der Frau im
21. Jahrhundert gegeben. Außerdem werden die wichtigsten Aspekte noch einmal
zusammengefasst und auf noch offenstehende Fragen eingegangen.
3.2.2 Geschichtlicher Hintergrund
Die 20000-jährige Geschichte Chinas, die durch einen ständigen Wandel geprägt
ist, wurde vor allem im 20. Jahrhundert als Belastung empfunden. Hieraus ergibt
sich eine große Herausforderung für China, seine eigene Geschichte zukünftig als
ein Teil der Menschheitsgeschichte deuten zu können. Das Reich Chinas ist in
seiner Geschichte durch eine Vielzahl von Dynastien, Religionen, sowie
verschiedenste Wirtschafts- und Lebensweisen geprägt. Das heutige China ist ein
zusammengesetztes Konstrukt, welches mit den Jahren immer wieder neue
Gesichter zeigte und oftmals knapp vor einer Auflösung stand. Das heutige China
wirkt trotz allem einheitlich. Dies ist einer einheitlichen Schriftkultur zu verdanken,
die zunächst einmal durchgesetzt werden musste, aber eine enorme Kraft besaß.
Sie half über all die schwierigen Jahre hinweg, die Idee einer „Kultur-Chinas“, trotz
77
Seite 78 von 119
gravierender politischer Zustände. Sie unterstützte diese Idee nicht nur, sondern
gab ihr Flügel, um sich zu entfalten. Drei Punkte sind grundlegend dafür, dass von
einer mehrere tausend Jahre alten Geschichte Chinas gesprochen werden kann.
Zum einen ist es für China seit dem Eintritt in die Weltgesellschaft unerlässlich, auf
die lange Standhaftigkeit seiner Kultur verweisen zu können. Ebenso ist es
entscheidend, dass China sowohl von außen, also seinen Nachbarn, als auch seit
dem 16. Jahrhundert aus Sicht Europas, als ein Reich gesehen wird, welchem eine
lange Geschichte zugrunde liegt. Drittens liegt im Reich China eine starke Tendenz
zur Integration und Einheit vor. Somit sprechen wir von einer chinesischen
Integrationsdynamik. Die Vergangenheit Chinas ist bis heute wirksam, sie ist
grundlegend für alle Chancen und Risiken der Gegenwart und ohne eine
Beschäftigung mit der Geschichte Chinas sind diese nicht zu verstehen. Aufgrund
dessen findet zunächst einmal die allgemeine Historik Chinas Erwähnung.
Daraufhin wird auf die Rolle der Frau in der Geschichte eingegangen und erst dann
kann eine tatsächliche Bearbeitung der Stellung der Frau in China im 20.
Jahrhundert von statten gehen.
3.2.2.1Allgemeine Historik Chinas
Um. ca. 5000 v. Chr. siedelten sich die ersten neolithischen Stämme und Völker in
China an. Hierzu zählen beispielsweise die Majiayao-, die Yanshao- oder auch die
Xinle Kultur, welche alle die Gemeinsamkeit besaßen, ein sehr hohes technisches
Niveau aufzuweisen. So lässt sich anhand von Ausgrabungen darauf schließen,
dass diese Kulturen bereits hochwertige Keramik, Werkzeuge, Seide und
Webinstrumente produzierten und zu Bronzetechniken in der Lage waren. Seit
2000 v. Chr. kann von der Durchsetzung einer Leitkultur gesprochen werden, die
tatsächlich den Kern der chinesischen Zivilisation bildete und grundlegend für die
spätere Shang-Dynastie und Herrschaftsbeziehungen war. Im Altertum, ca. 2000 v.
Chr., entwickelte sich aus den Ur-Völkern in der nordchinesischen Ebene eine
78
Seite 79 von 119
hochdifferenzierte Bronzekultur. Diese wird mit dem Namen der Xia- Dynastie und
dem der folgenden Shang-Dynastie in Verbindung gebracht. In dieser Kultur war
bereits eine eigene Schrift vorhanden, sowie die Technik der Metallverarbeitung
bekannt. Die Kultur blieb stets stabil, da sie sich in allen Erneuerungsphasen immer
wieder an Ordnungsvorstellungen orientierte, die mit dem Reichsgedanken
verknüpft waren. So haben selbst die Modernisierungsprozesse des 20.
Jahrhunderts und die Kulturrevolution hieran keine Veränderungen hervorrufen
können. Diese kulturelle Vielfalt bei gleichzeitiger politischer Zentralisierung ist bis
heute das Geheimnis Chinas. In der Bronzezeit startet in China die Zeit der
Dynastien, wobei die bereits erwähnte Shang- Dynastie die Erste bildete und ca.
vom 16. - 11. Jahrhundert existierte. 1045 v. Chr. wurde diese von der ZhousDynastie abgelöst, unter welcher sich die Schrift und die Kultur Chinas
ausschlaggebend weiterentwickelt und sogar erste Bücher entstanden. Es folgte
eine Teilung der Zhous-Dynastie. Gebietsansprüche mit festgelegten Grenzen in
dieser Zeit formuliert, da einzelne Teilstaaten sich gegeneinander durch Wälle oder
auch Verteidigungslinien abgrenzten. Teile dieser Grenzen finden sich in der später
entstandenen „Großen Mauer“ wieder. 722-481 v. Chr. begann die Zeit der
„Wandernden Philosophen“, welche besonders durch Konfuzius geprägt wurde. Der
Weg zur Hochkultur begann dadurch, dass das politische Denken ausgeformt
wurde. In der Periode zwischen 403 bis 221 v. Chr., die sich die „Streitende Reiche“
nannte, endete das Altertum und ein Einheitsreich unter der Zhous-Dynastie
entstand. 221. v Chr. wurde die Quin-Dynastie ins Leben gerufen, die 14 Jahre
andauerte und in deren Verlauf sich ein Einheitsstaat bildete. Infolgedessen
entstand das zentralisierte bürokratische China. Darauf folgte die Han-Zeit, in
welcher
die
Konsolidierung
des
Kaisertums,
sowie
die
Sicherung
des
zentralistischen Staatsmodelles eine große Rolle spielten. Außerdem wurde diese
Zeit von Kämpfen zwischen Hunnen und Mongolen beeinflusst. Die Zeit der HanDynastie erstreckte sich in drei Perioden von 206 v. Chr. bis 220 n. Chr. In dieser
Zeit war die Lehre Buddhas nach China über den See- und Handelsweg
79
Seite 80 von 119
gekommen. Ende des 3. Jahrhunderts. n. Chr. erfasste der Buddhismus den
größten Teil der chinesischen Gesellschaft. Religiös-soziale Bewegungen häuften
sich, Rebellen forderten einen neuen Herrscher und damit einhergehend einen
Dynastiewechsel. 184 n. Chr. wurden diese Aufstände niedergeschlagen. Im
Folgenden entstanden verbreitet über das gesamte Land starke Unruhen. Dies
führte wiederum bei einzelnen Feldherren zu einer enormen Machtvergrößerung,
so dass diese sich zu einer Bedrohung der Dynastie entwickelten, die daraufhin
zerbrach. 265 n. Chr. entstand die Jin-Dynastie, welche jedoch schnell wieder
zerbrach und ein Riesenreich in zwei Teilen entstehen ließ und aus fünf parallel
laufenden Dynastien zusammengesetzt war. Von 581- 619 n. Chr. standChina unter
der Sui-Dynastie. 618 entstand ein Machtwechsel zur Tan-Dynastie. In dessen
Herrschaft erwachte ein Bildungssystem, welches eine Zusammensetzung einer
Elite zur Folge hatte, sowie eine ethische Vielfalt mit kultureller Weltoffenheit,
wodurch fremde Religionen und Menschen nach China gelangten und sogar
Ausländer es in höhere Ämter schafften. So entstand das Zitat: „In einem Haus, in
dem Chinesen (hua) und Nicht-Chinesen (yi) gleich sind“. Die sogenannte
„Rebellion des An Lushan“ in der Mitte des 8. Jahrhunderts war geprägt durch
Unruhen. Hierdurch entwickelte sich eine Schwächung des Kaisers und gleichzeitig
eine Stärkung regionaler Militärgouverneure. Der Buddhismus verlor immer mehr
an Bedeutung. Im 9. Jahrhundert gewannen die Eunuchen an Macht zu und
seitdem der Kaiser Wenzongs (827-840) herrschte, entwickelten sich zunehmend
mehr Unruhen im Land, sodass 881 die Hauptstadt Chang´an für zwei Jahre in die
Hände von Rebellen fiel. 905 wurde die Tang-Dynastie schließlich beendet. Nach
dem gravierenden Aufstand des Huang Chaos im 9. Jahrhundert, zerbrach das
Reich in zehn Einzelstaaten. Der Norden Chinas wurde im 10. Jahrhundert von
fremden Staaten beherrscht. Das 10. Jahrhundert ist als eine Zeit des Umbruchs
Ostasiens zu sehen. Somit erlebte auch China in dieser Blütezeit besonders im
Süden einen wirtschaftlichen Aufschwung. Der Wandel Chinas war in den Zeiten
des Übergangs zur Song-Dynastie so groß, dass die Bevölkerung des 11. und 12.
80
Seite 81 von 119
Jahrhundert die Tang-Zeit als äußerst fremd einstuften. China entwickelte sich zu
einem Land der Städte, des Handwerks, des Handels, des Vergnügens der Kultur.
Es folgten Dynastien, wie die Liao- und die Jin-Dynasie, bis schließlich 1271 die
Mongolen, als erste Fremdherrscher, China übernahmen. Die Chinesen waren nun
auf die Unterstützung fremder Völker angewiesen, um ihr Gebiet zu sichern.
Dadurch wurden sie zur Minderheit im eigenen Land. 1368 schafften es die
Chinesen, die Mongolen aus ihrem Land zu vertreiben. Im 14. Jahrhundert war
China in viele kleine politische Fragmente aufgeteilt, wodurch die Religion einen
immer wichtigeren Stellenwert einnahm. 1368 startete die Ming-Dynastie. Nach
einem durch die Pest bedingten Bevölkerungsabschwung, erlebte China im 15. und
16. Jahrhundert einen kontinuierlichen Aufschwung. Das Manufaktursystem bildete
sich aus, es entstand eine städtische Mittelschicht und China machte sich einen
Namen auf dem Weltmarkt. In der Mitte des 17. Jahrhunderts zerbrach jedoch die
Ming-Dynastie. Die Gründe hierfür lassen sich hauptsächlich an einer Krise der
Staatsfinanzen, agrarsozialen Spannungen und einer Unfähigkeit in der Politik,
diese zu beheben, festhalten. 1644 ist ein sehr entscheidendes Jahr für China.
Peking fällt zweimal in die Hände erobernder Truppen, Der Ming- Kaiser begeht
Selbstmord und die Manschu-Dynastie, die letzte Dynastie Chinas, entsteht. Diese
Kaiserzeit wurde von einem starken Bevölkerungswachstum, einer Entwicklung
zum Vielvölkerstaat, dem Ausbau des Welthandels, den Opiumkriegen (18391842), dem Taiping- Aufstand ( 1951-1866), den Muslim-Aufständen (1850-1878),
dem Krieg mit Frankreich ( 1884-1885) und Japan (1894/95), dem Beginn einer
Industralisierung und der Hundert- Tage-Reform (1898), dem Wuchand-Aufstand
(1911) geprägt. 1914 bis 1916 übernahm Yuan Shikai die Diktatur Chinas und es
begann eine Zeit grausamer Bürgerkriege und Selbstfindungsprozesse. 1921
wurde die Kommunistische Partei Chinas ins Leben gerufen. Es kam zu einem
politischen Kampf zwischen den beiden Parteien Chinas, der KPCh und der GMD,
die jedoch keine Chance gegen die bereits bestehende Macht der KPCh hatte. In
Folge dessen rief Mao 1949 vor dem „Tor zum Himmlischen Frieden“, als
81
Seite 82 von 119
Vorsitzender der neuen Regierung, die Volksrepublik aus. Somit stand fest, dass
der Versuch, eine demokratischen Revolution in China durchzuführen, gescheitert
war. Die nationale Einheit wurde als das primäre Ziel genannt und das eigentliche
Ziel der Durchsetzung einer kommunistischen Herrschaft wurde erst einmal
verschwiegen. Das 20. Jahrhundert steht vor allem für die Besetzung Taiwans
(1947),
den
Kampf
zweier
Linien
1956,
die
Bodenreform
1949,
die
Genossenbewegung 1951-1956 und die Nachahmung des sowjetischen Vorbildes,
vor allem in den Jahren 1953-1957. 1954 wurde die KPCh als zentrale Instanz für
alle Bereiche der Wirtschaft und Politik festgeschrieben. 1966 bis 1976 folgte die
grausame Kulturrevolution unter Mao, mit dem Ziel, seine Machtposition innerhalb
der Partei zu stärken. Sie forderte 3 Mio. Opfer. Nach Maos Tod 1976 in
Gefangenschaft, übernahm Deng-Xiaoping die Parteispitze. Die KPCh sorgte dafür,
dass China sich für den Westen öffnete und China einen wirtschaftlichen
Aufschwung erlebte.
Zwischen 1900 und 1949 sind ca. 19 Mio. Menschen durch politische Verfolgung, 9
Mio. durch Kriege und Revolutionen, 15 Mio. an der Folge von Hungersnöten und
Naturkatastrophen gestorben. Von 1949 bis 1987 sind schätzungsweise über 35.
Mio. Menschen Opfer der kommunistischen Verfolgung geworden. Außerdem sind
alleine zwischen 1959 und 1961 unter Mao Zedong 27 Mio. am Hungertod
gestorben.
3.2.2.2 Die Rolle der Frau in der Geschichte
Besonders charakteristisch für eine traditionelle chinesische Frau in der Zeit vor
dem 20. Jahrhundert war, auf die Frage, ob Jemand zu Hause sei und nur sie es
war , diese Frage zu verneinen. Chinesische Frauen stellten sich selbst als eine
„Un-Person“ dar. Diese schlechte Selbst- Einschätzung lies sich im 20. Jahrhundert
auf diese Art und Weise nicht mehr wiederfinden. Somit lässt sich feststellen, dass
die Veränderungen im Leben der chinesischen Frauen in den letzten Jahrzehnten
eine atemberaubende Entwicklung durchzogen haben.
82
Seite 83 von 119
Gehorsamkeit, Unterwerfung, Fleiß, Keuschheit, Bescheidenheit und auch die
Selbstlosigkeit wurden als wichtige Eigenschaften einer vorbildlichen chinesischen
Frau gesehen. Aufgrund der beginnenden Verstädterung gegen Ende der TangZeit, sank allmählich der Wert weiblicher Arbeitskräfte. Zuvor waren besonders auf
dem Land Frauen in ihrer Arbeit zumeist selbstständig und vor allem unersetzbar.
Diese Situation wandelte sich jedoch bald, sodass vor allem Frauen aus reichen
Familien in der Arbeitswelt eine nutzlose Stellung einnahmen. Für die Hausarbeit
wurden Mägde, Ammen und Zofen beschäftigt und den Frauen blieb allein die
Aufgabe übrig, ihren Ehemännern alle sexuellen Wünsche von den Lippen
abzulesen und für diesen fleißig Nachwuchs zu gebären. Besonders in der darauf
folgenden Song-Dynastie sollten Frauen ihrem Mann als ihrem „Herrscher“ dienen
und diesem gegenüber blinde Loyalität erweisen. Die chinesische Frau unterlag in
dieser Zeit einer Menge gravierender Tabus. Sie musste sich beispielsweise im
Falle einer Vergewaltigung das Leben nehmen oder es war Witwen strengstens
untersagt, eine erneute Bindung einzugehen. Als besonders vorbildlich galt eine
wunderschöne Witwe aus einer Geschichte, die sich die Nase abschnitt, um
unattraktiv zu wirken. Die Frauen galten als Eigentum ihrer Männer, über diese sie
frei verfügen und entscheiden konnten. Zu dieser Zeit entstanden vermutlich auch
die „Lotusfüße“. Durch die entstandene Gehbehinderung wurden die Frauen an das
eheliche Haus gebunden.
Im Zuge der wirtschaftlichen Revolution im 10.
Jahrhundert, setzte sich allmählich die Praxis des Fußbinden bei Frauen als
Erotiksymbol durch. Frauen wurden in China als käufliche Objekte gesehen.
Besonders im 12. Jahrhundert fand diese Verstümmelung an Mädchen in Südchina
ihren Höhepunkt. Die Lotusfüße waren nun nicht mehr nur Prostituierten und
Konkubinen vorbehalten, sondern auch Mädchen aus reichen Elternhäusern.
Diese mussten nun mit den Prostituierten um die Aufmerksamkeit der Männer
konkurrieren. Erst seit den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts wurde in der
Öffentlichkeit gegen diese Verkrüppelungen vorgegangen. Im 20. Jahrhundert
wurde schließlich dieser Brauch aufgegeben, bei dem der Fuß durch Binden in eine
83
Seite 84 von 119
hochhackige Form gebracht wurde. Während der Fremdherrschaft der Mongolen
Ende des 13. Jahrhunderts, blieben die Chinesen ihren Sitten weiterhin treu und
auch die mongolischen Frauen verloren immer mehr an Bewegungsfreiheit. Sie
nahmen die Kultur Chinas weitgehend als höherstehend als ihre eigene an. In der
anschließenden Ming-Zeit wurde alles, was in Richtung Sexualität und Erotik ging,
an den Rand der Legalität gedrängt und Sexualität sollte von nun an allein der
Fortpflanzung dienen. Auch die Prostitution, die noch in der Zhou-Zeit
gesellschaftlich angesehen war, wurde strengstens verboten. Die Prostituierten
waren oft hochgebildet. Auf Grund dessen blieb Mädchen aus gutem Hause die
Bildung oft verwehrt, damit diese dem Bild der Prostituierten nicht ähnelten. Die
nächste wirklich radikale Veränderung für die Frauen Chinas lässt sich erst wieder
im 19. Jahrhundert in der Taiping-Rebellion manifestieren. Dort wird mit dem
orthodoxen Konfuzianismus gebrochen. Die Taping-Bewegung stützte sich auf das
christliche Gleichheitsideal und forderte die Gleichberechtigung aller Menschen.
Das Ideal der kriegerische Frau, die mit dem Mann auf einer Ebene steht, wurde
wiederentdeckt. Auch diese Bewegung scheiterte und die Frauen mussten
weiterhin vergebens auf eine Gleichberechtigung hoffen. 1898 wurde die
Reformbewegung ins Leben gerufen. Um China zu einer starken Macht
heranwachsen zu lassen, stand als primäres Ziel, aus der weiblichen Gesellschaft
mündige Menschen zu machen. In Folge dessen wuchs eine Bildungsbewegung
unter den Frauen der Oberschicht heran. Ab dem Sturz der Quing-Dynastie 1911,
kämpfte eine Frauenbewegung um das Frauenwahlrecht, Schulbildung für alle
Mädchen und allgemeine bürgerliche Rechte für jede einzelne Frau.
3.2.3 Stellung der Frau im 20. Jahrhundert
Um die Stellung der chinesischen Frau im Zeitalter des 20. Jahrhunderts genau
darstellen zu können, folgt eine Unterteilung in die familiäre-, sozio-kulturelle- und
ökonomische Sphäre.
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3.2.3.1 Familiäre Sphäre
Auch die Volksrepublik China gehört zu einem Land, in dem die Familie im Fokus
steht und als Dreh- und Angelpunkt zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft
fungiert. Die Familie ist ein wichtiger Einflussfaktor der Sozialisation des einzelnen
Individuums und gleichermaßen ein wichtiger Bestandteil der Gesellschaft Chinas.
Die chinesische Familie ist ausschlaggebend dafür, in welchem Umfang die
chinesische Kultur weiterlebt.
3.2.3.1.1 Verhältnis zwischen Mann und Frau
1950 wurde ein neues Ehegesetz verabschiedet, welches der Frau sowohl
innerhalb als auch außerhalb der Familie einen gleichberechtigten Status verlieh.
Diese neue Gesetzgebung sollte jedoch in erster Linie dazu dienen, die Rolle der
Familie dem Einfluss der Partei gegenüber zu relativieren. Dieses verabschiedete
Gesetz kann daher vielmehr als ein „Moralkodex“ gesehen werden, dem es an
einer richtigen Substanz fehlte, der viel zu ungenau ausformuliert war und jeglicher
Interpretation und unkontrollierbarer Bürokratie freien Lauf ließ. Ab dem 20.
Jahrhundert lebten aufgrund der Landflucht immer mehr Familien in der Stadt. Die
Frau gewann immer mehr an Entscheidungsfreiheiten. Viele Ehemänner ertrugen
diesen Zustand nicht, wurden alkohol- oder spielsüchtig. Die Frauen wiederum
standen vor einer Doppelbelastung. Sie mussten, um einer Erwerbslosigkeit zu
entkommen, weiterhin Hausfrau und Mutter sein, aber auch als Industriearbeiterin
tätig werden.1931 wurde von der KMT-Regierung ein neues Familiengesetz zur
Gleichberechtigung der Geschlechter geschaffen. Zur Eheschließung bedurfte es
nun der Zustimmung beider Parteien, Töchter wurden erbberechtigt und das
Konkubinat rutschte in die Illegalität. Dieses Gesetz wurde vor allem in
intellektuelleren Haushalten der Stadtregion sehr gut aufgenommen. In ländlichen
Gegenden hingegen fand die Anwendung des Gesetzes wenig bis keine
Beachtung. Unter Mao Zedong, nach dem Sturz der letzten Dynastie 1911, wurde
kurzzeitig die freie Sexualität in China eingeführt. Nach nur kürzester Zeit verlor
85
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jedoch die Partei jegliche Kontrolle über die Gesellschaft. Viele Männer konnten
ihrer aufgestauten Frustration nun Luft lassen, sodass sie Frauen kurzzeitig
auswählen, um ihren Gelüsten nachzugehen. Viele Frauen wehrten sich gegen
diesen Zustand und es entwickelten sich heftige Auseinandersetzungen zwischen
den Geschlechtern und Generationen. Für die kommunistische Partei Chinas stand
als primäres Ziel, ihre alte Macht über die Gesellschaft wiederzuerlangen. Sie
waren nicht dazu bereit, mit der Bevölkerung zu erarbeiten, wie man mit der neu
gewonnenen Freiheit umzugehen habe. Die kommunistische Partei Chinas strich
die „freie Sexualität“ aus ihrem Wahlprogramm. Von dort an wurde die „freie
Sexualität“ oder auch „sexuelle Befreiung“ nur noch als Schlagwörter der
Abschreckung gewählt. Sie galt von nun an als etwas chaotisches aus dem
westlichen,
kapitalistischen
Ausland,
einem
anarchistischen
unmoralischen
Ausland, das als Ursprung für Aids angesehen wurde. Einer Umfrage nach waren
im Jahre 1986 66,4 Prozent der Frauen und 59,4 Prozent der Männer für eine
„reine“ Eheschließung. Männer die sich für Sexualität vor der Hochzeit einsetzten,
taten dieses
lediglich für das männliche Geschlecht und schlossen es für das
weibliche Geschlecht vollkommen aus. Frauen, die vor der Ehe sexuell tätig
wurden, rückten in China im 20. Jahrhundert immer mehr in die Richtung der
Prostituierten. Jede Frau sollte Jungfrau bleiben und falls sie doch vor der Ehe mit
einem Mann Geschlechtsverkehr hatte, so schien es als sicher zu gelten, dass
diese einmal die Ehe eingehen würden.
3.2.3.1.1 Beziehung zu den Kindern
Das chinesische Regierungssystem begann in den 60er Jahren des 20.
Jahrhunderts das Dilemma der Doppelbelastung der Frau Chinas zu verstehen.
Von nun an wurde sich verstärkt um die Errichtung sozialer Einrichtungen, wie
Kinderkrippen und Kindergärten in den Städten gekümmert. Die Frau spürte
zumindest in der Erziehung eine kleine Entlastung und gekam die Möglichkeit,
berufstätig zu werden. In ländlichen Regionen übernahmen in Fällen beruflicher
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Tätigkeit seitens der Mutter Schwiegermütter die Sorge für die Kinder. Viele Kinder
von Eltern, die in der Stadt berufstätig waren, lebten bei ihren Großeltern auf dem
Land, um dort eine ausreichende Erziehung genießen zu können. Krippenplätze
galten als „Kinderaufbewahrungsanstalten“, waren jedoch aufgrund der enormen
Belastung der Mütter stark gefragt. Die Kinder Chinas waren im 20. Jahrhundert,
wie auch heute noch, als enorm folgsam und respektvoll ihren Eltern gegenüber
einzustufen. Dieser Respekt den Eltern gegenüber lässt sich mit einer Form der
Hochachtung vergleichen. Viele Jugendliche waren dazu bereit, jeden Lebensweg
einzuschlagen, den ihnen ihre Eltern vorschlugen. So bekommt man auf die Frage,
was ihre Berufswünsche seien, von chinesischen Kindern sehr vernünftige und
zielstrebige Antworten zu hören. Westliche kindliche Berufswünsche, die eher als
Traumvorstellungen anzusehen sind, wie beispielsweise Astronaut, ließen sich hier
nicht wiederfinden. Der Rat der eigenen Mutter galt als enorm wichtig und wurde in
so gut wie jedem Fall von den Kindern in die Tat umgesetzt und blind darauf
vertraut.
3.2.3.2 Sozio-kulturelle Sphäre
Unter dem Begriff Soziokultur versteht man die Gesamtheit aus allen kulturellen,
sozialen sowie politischen Bedürfnissen und Interessen einer Gesellschaft oder
auch Gesellschaftsgruppierung. Dieser Begriff stellt die Gesellschaft mit der Kultur
in einen engen Zusammenhang. Um die Soziokultur Chinas darzulegen und dabei
besonders auf die Bedürfnisse und Interessen der chinesischen Frauen einen Blick
zu werfen, werden im folgenden Abschnitt, die kulturellen, sozialen und politischen
Gesichtspunkte bearbeitet.
3.2.3.2.1 Sozialer Gesichtspunkt
Der Anteil des weiblichen Geschlechts in der Grundschule lies sich im 20.
Jahrhundert noch auf die Hälfte aller Schüler festlegen. Dieser ausgeglichene Anteil
an Mädchen im Bildungssystem sank jedoch bereits in der Mittelschule auf einen
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Anteil von lediglich 40 Prozent der Mädchen. An den Universitäten war nur noch ein
Drittel der Studenten dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen. Laut einer Statistik
aus dem Jahre 1987 wird deutlich, dass 2,79 Millionen schulpflichtige Kinder die
Schule nicht besuchten und 3,69 diese nur selten aufsuchten. Hierbei ist besonders
bedeutsam, dass von diesen Kindern 80 Prozent dem weiblichen Geschlecht
zugehörig waren. Diese hohen Zahlen lassen sich darauf zurück führen, dass
gerade im 20. Jahrhundert die Kinderarbeit auf dem Land enorm gestiegen war.
Die chinesischen Studentinnen und berufstätigen Frauen waren einer enormen
Doppelbelastung ausgesetzt. Fast die gesamte Hausarbeit lastete immer noch auf
ihren Schultern. So gaben 84 Prozent von ihnen an, mit dem Haushalt alleine dar
zu stehen und 50 Prozent der Frauen noch mit Pflege und Betreuung ihrer Eltern
beschäftigt gewesen zu seien. Viele dieser stark überbelasteten Frauen
verzichteten der Familie zu Liebe auf weitere berufliche Qualifikationen. Für viele
hochqualifizierte und hochgebildete Frauen ergaben sich aus ihrem hohen
Bildungsstand enorme Schwierigkeiten bei der Ehemannfindung. Männer schreckte
es ab, eine gebildetere Frau zu haben und befürchteten, diese könnte sich zu sehr
ihrer Karriere widmen und Haushalt, Kinder und vor allem den Mann und seine
Wünsche vernachlässigen. So lässt sich feststellen, dass je höher eine
akademische Position war, desto weniger Frauen in dieser anzufinden waren.
Besaß eine Frau einen qualifizierten Hochschulabschluss, so stellte es sich als
äußerst schwierig für sie dar, tatsächlich eine Anstellung zu finden. Denn gerade in
der Personalabteilung wurden hauptsächlich Männer gesucht, da diese keine
Doppelbelastung aufwiesen. Frauen galten als unproduktiv, da sie Sozialleistungen
in Anspruch nehmen müssen für den Fall, dass Kinder oder kranke Eltern gepflegt
werden mussten.
3.2.3.2.2 Kultureller Gesichtspunkt
Seit ungefähr den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts, seit der Verbreitung des
Diamanten-Buddhismus in der chinesische Kultur, engagierten sich gleichermaßen
Frauen wie auch Männer an dem Aufbau der buddhistischen Mediationspraxis. In
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der Rolle der Lehrenden für die Praxis war ein ebenso großer Anteil an Frauen, wie
auch an Männern angesiedelt. Jedoch wurde auch im 20. Jahrhundert weiterhin im
Buddhismus der Frau keine Wichtigkeit zugesprochen und diese kaum geschätzt.
Der Diamantenlager-Buddhismus verstand die Weiblichkeit mit der Weisheit, die mit
einer grundlegenden Erkenntnis und Leerheit verbunden war. Das Männliche
hingehen wurde als ein geschicktes Mittel beschrieben, das von Methoden und
Dynamik nur so sprüht. Eine weibliche Wiedergeburt wurde auch in Tibet noch als
viel niedriger als die eines Mannes geachtet. Denn die Religion Tibets und ihre
Organisation wurden hauptsächlich von Männern dominiert. Wenn die Leerheit
richtig ausgelegt würde, so ist dem Bild einer festen Geschlechterzugehörigkeit
keine Wichtigkeit
mehr
zuzuordnen
und
der Weg und die
Lehre des
Buddhismusses war und ist weder weiblich noch männlich zu verstehen.
3.2.3.2.3 Politischer Gesichtspunkt
Bereits um die Jahrhundertwende entstanden Ansätze einer Frauenbewegung.
Diese Avantgardistinnen wirkten, indem sie Pfeife rauchten, ein Schwert mit sich
trugen, kurze Haare hatten und Männerkleidung trugen, rein äußerlich sehr
maskulin. Zu dieser Zeit galt das Tragen von Hüten bei einer Frau charakteristisch
für den weiblichen Willen zur Befreiung. Mit dieser feministischen Selbstdarstellung
wollten sie die Männerwelt schockieren und für Aufruhr sorgen. Dies beschränkte
sich hauptsächlich auf die größeren Städte wie Peking oder Shanghai. In diesem
Zusammenhang stand als Ideal ihre weiblichen Zeitgenossien Qin Jin, die sich für
die Rechte der Frauen einsetzte, was sie in Folge eines missglückten Aufstandes
1907 ihr Leben kostete. Sie wurde von den Monarchisten brutal hingerichtet. „
Wenn sie, in Männerkleidung durch die Straßen ritt, erweckte die gebildete
Kämpferin zugleich Faszination, Empörung und Bewunderung.“ Neben Qin Jin gab
es noch zahlreiche andere Frauen, die sich in der republikanischen Bewegung für
die Stellung der Frau erhoben. Einige von ihnen waren sogar fanatische
Anarchistinnen, verübten Attentate, schmuggelten Bomben und Dynamit und
89
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scheuten nicht einmal vor einem Selbstmordattentat zurück. Weniger radikal ging
eine Mehrzahl der aktiven Frauen vor, indem sie Öffentlichkeitsarbeit betrieben und
Pionierarbeit in der Schule für Mädchen betrieben. All diese Frauen setzten ihr
Leben aufs Spiel, um die korrupte und dekadente Manschu-Regierung zu stürzen
und China vor seinem Untergang zu bewahren. Nachdem jedoch 1911 die
republikanische Revolution siegte, wurden die Euphorie und die Hoffnungen der
Frauen Chinas bitter enttäuscht. Die Verfassung, welche 1912 verabschiedet
wurde, beinhaltete nicht den Gleichheitsgrundsatz der Geschlechter, wie es die
Feministinnen sich erhofft hatten. Weiterhin blieb ihnen das Wahlrecht verwehrt.
1913 kam es schließlich zum Höhepunkt der Männerdomäne Chinas im 20.
Jahrhundert, sodass alle Ansätze einer Frauenbewegung zu Nichte gemacht
wurden. Frauen durften keine politischen Versammlungen mehr besuchen, die
Herausgabe von feministischen Zeitschriften wurde verboten und Frauen, die
Waffen besaßen, wurden zur Abschreckung hingerichtet. Die Frauen Chinas
konnten jedoch bereits 1919 wieder aufatmen. Die Frauenassoziation der Provinz
Hunan forderte sowohl ein aktives, wie auch ein passives Wahlrecht, gleiche
Arbeitsrechte, gleiches Erbrecht und gleiches Recht in der Erziehung für beide
Geschlechter. Ebenso propagierten sie die Selbstbestimmung der Frau bei der
Heirat. Nun standen viele junge Frauen zwischen einer Vision von einer
selbstbestimmten Zukunft und ihrer familiären Realität. Viele von ihnen zerbrachen
an diesem Dilemma und einige der jungen Frauen entschieden sich aus ihrer
Notlage heraus für den Selbstmord. 1921, als die KPCh gegründet wurde, spaltete
sich die Frauenbewegung in einen reformerischen und einen revolutionären Flügel.
1925-1927 kam die Frauenbewegung allmählich wieder ans Licht. Ca. 300 bis 400
Frauen schlossen sich als Mitglieder von Propagandateams dem Nordfeldzug an
und zogen mit dem Vorhaben durchs Land, lokale Gruppen zur Verteidigung der
Frauenrechte zu gründen. Auch wenn sie nicht überall mit ihren politischen
Vorhaben auf Zuspruch stießen, entstand ein Netz von Frauenbünden. Gemeinsam
setzten sie beispielsweise durch, dass ehemals Prostituierte erneut eine Ehe
90
Seite 91 von 119
eingehen konnten, misshandelte Schwiegertöchter fanden bei ihnen Unterstützung
und Witwen wurden vor dem Verkauf durch die Familie des verstorbenen Mannes
geschützt. Die Frauenbünde entwickelten solch enorme Macht, dass sie „quasirichterliche-Entscheidungen“ treffen konnten. Sie hatten das Recht, Scheidungen
auszusprechen und Ehemänner, die ihre Frauen beispielsweise misshandelten,
öffentlich zu bestrafen. 1927 kam es erneut zu einer Lahmlegung der
Frauenbewegung. Tsching Kai-Shek verriet die Einheitsfront zwischen der KMT und
der Kommunistischen Partei und ein Blutbad überrollte die kommunistische
Bewegung. Viele aktive Frauen wurden ermordet und allein der Bubikopf reichte
nun aus, um als linkslastig zu gelten und aufgrund von weiblicher Unangepasstheit
vernichtet zu werden. In Folge des „Langen Marsches“ 1934 unter Mao Ze-Dong
gerieten die Frauen immer mehr zurück in ihre alten traditionellen Muster. Für die
Genossinnen war es sehr schwierig, vor allem in ländlichen Gegenden
Veränderungen hervorzurufen. Ehemänner untersagten ihren Frauen den Kontakt
mit den kommunistischen Genossinen, da sie befürchteten, sie könnten sich mit
Themen wie der Ehe oder Scheidung kritisch auseinandersetzten. Bei den alten
Frauen
stieß
ebenfalls
diese Aufklärungsarbeit
ebengfalls
auf
erbitterten
Widerstand. Sie hatten Angst, die Macht über ihre Töchter und Schwiegertöchter zu
verlieren. Der japanische Krieg und der darauf folgende Bürgerkrieg zwischen 1937
und 1949 brachten eine entscheidende Veränderung der Geschlechterrollen in
China hervor. Frauen übernahmen von nun an Aufgaben, die zuvor dem
männlichen Geschlecht vorbehalten waren. Die Emanzipationsbewegung, welche
in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstand, ist neben der Befreiung der
Frau aus der Herrschaft und der Unterdrückung durch den Mann auch als eine
Rebellion der chinesischen Jugend gegen die Moralvorstellungen der älteren
Generation zu verstehen. Die Jugendbewegung forderte ein Mitspracherecht
innerhalb der Familie und besonders bei ihrer Partnerwahl. Diese Aufstände
brachten vor allem für die jüngeren Frauen Veränderungen mit sich. Für die Frauen
der ländlichen Regionen wurden erst die Voraussetzungen einer geschlechtlichen
91
Seite 92 von 119
Gleichberechtigung erst im Gefüge der kommunistischen Revolution geschaffen.
Die Frauenbewegung sowie die Frauenforschung sind in China nicht als ein
Phänomen der unmittelbaren Gegenwart zu betrachten, sondern als ein Konstrukt,
das mindestens in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts einsetzte. Nach 1949
wurde sie durch die einzige Frauenenorganisation Chinas, den staatlich geförderten
„Allchinesischen Frauenverband“, auf praktischer Ebene durch- und fortgesetzt.
Dieser Verband war in allen größeren Städten und Provinzen Chinas anzufinden.
Jedoch stand der Verband unter ständigen staatlichen Kontrollen und auch die
Partei hatte ihn kritisch im Visier. Somit wurde auch die Frauenarbeit stark vom
kommunistischen Staat geprägt. In den 20er Jahren begann bereits aus den Reihen
des männlichen Geschlechts, wozu ebenfalls Mao Zedong gehörte, eine Debatte
über die Stellung der Frau in der chinesischen Gesellschaft. Diese versuchten
deutlich zu machen, dass eine Frauenbefreiung dringlich nötig sei. Durch Schriften
setzten sie sich gegen die Diskriminierung der Frau und das traditionelle Frauenbild
ein. Infolgedessen entstand immer mehr chinesische Fachliteratur, bei der die Frau
mit ihren Rechten im Fokus stand. Ebenfalls entstanden zu dieser Zeit
Studienfächer, wie die Psychologie und Soziologie, die sich der Frauenforschung
annahmen.
3.2.3.3 Ökonomische Sphäre
Der Begriff Ökonomie ist synonym zu dem der Wirtschaft. Menschen einer
Gesellschaft, in diesem Fall der chinesischen Gesellschaft, sind mit Bedürfnissen
nach Gütern und Dienstleistungen ausgestattet. Die Aufgabe der Ökonomie ist es,
mit diesen knappen Gütern sparsam umzugehen und trotz allem so zu agieren,
dass die Bedürfnisse jedes einzelnen Individuums befriedigt werden. Um deutlich
zu machen, ob und in welchem Umfang die chinesische Frau von der Wirtschaft
Chinas profitiert, wird ihre Arbeitssituation im 20. Jahrhundert dargestellt. Daraufhin
folgt ein Exkurs in die Thematik der Ein-Kind-Politik Chinas, um heraus zu filtern,
92
Seite 93 von 119
welchen Einfluss diese auf die Wirtschaft Chinas hatte und wie sich durch diese die
Stellung der Frau veränderte.
3.2.3.3.1 Die Frau auf dem Arbeitsmarkt
Die Frauen Chinas erhielten ungefähr 30 % weniger Gehalt als die männliche
Bevölkerung. Der Grund dafür liegt darin, dass ihnen weniger lukrative
Arbeitsstellen angeboten wurden und Spitzenpositionen in den meisten Fällen den
Männern vorbehalten waren. In der kommunistischen Partei Chinas war nur eine
Minderheit der dort tätigen Chinesen weiblich. Auch im 20. Jahrhundert waren
Frauen im Durchschnitt schlechter ausgebildet als Männer und nur ca. ein Viertel
der Studierenden waren Frauen. Daher waren erheblich mehr Frauen als Männer
arbeitslos. Wie bereits unter 3.1.1 erwähnt, waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts
viele Frauen, die vom Land kamen, in Fabriken tätig. Viele von ihnen waren
unverheiratete Frauen, die von ihren Eltern gezwungen wurden, in die Stadt zu
ziehen. Die Eltern schlossen für ihre Töchter Verträge ab, wobei der Lohn häufig als
Vermittlungsgebühr einbehalten wurde. Ein Großteil der jungen Frauen erlebte
aufgrund der unmenschlichen Arbeitsverhältnisse in den Fabriken nicht einmal das
Vertragsende. In Gewerkschaften setzten sich die Frauen schließlich gegen diese
unwürdigen Arbeitsbedingungen in Formen von Streiks Anfang der 20er Jahre des
20. Jahrhunderts ein. Da die Industriearbeiterinnen lediglich höhere Löhne und
bessere Arbeitsbedingungen forderten, waren dies keine frauenspezifischen Ziele
und ihre Vorstelllungen ließen sich somit problemlos mit denen der neuentstanden
Kommunistischen Partei Chinas vereinen. Infolgedessen schlossen sich viele junge
Frauen dieser neuen politischen Macht an. Für die Partei war jedoch klar: „An
erster Stelle steht die <allgemeine> soziale Revolution, dann erst kommt die
Befreiung der Frau.“ Durch die Landreform Chinas wurde erreicht, dass der Boden
Chinas unabhängig von Alter und Geschlecht neu aufgeteilt und somit auch den
Frauen ihr rechtmäßiger Anteil zugeteilt wurde. Frauen, die bislang als wertlos
galten, nahmen nun einen vollkommen anderen Stellenwert innerhalb ihrer Familie
93
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ein. Diese Gleichstellung der Geschlechter war in den meisten Fällen nur auf
theoretischer Ebene möglich. Denn einem Großteil der Frauen fehlte es an
praktischen Erfahrungen, sodass sich an der Arbeitsteilung nichts ändern konnte.
Den Frauen wurde jedoch erstmalig ein Gefühl der Gleichberechtigung gegeben
und sie wussten, dass sie im Fall einer Scheidung nicht mit leeren Händen da
stehen müssten. In den 70er Jahren wurden Frauen und Mädchen politisch dazu
aufgefordert, sich an den Modernisierungsprozessen und der Industrialisierung
ihres Landes aktiv zu beteiligen. In dieser Zeit wurde ein Großteil der Frauen unter
45 Jahren in sämtliche Produktionsprozesse integriert. Es galt zwar theoretisch
„gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, doch wurden die Arbeiten der Frauen zumeist in
niedrigere Lohnstufen als die der Männer eingeteilt. Dies wurde in den meisten
Fällen anhand ihrer familiären Pflichten begründet.
3.2.3.3.2 Ein-Kind-Politik
Laut einer Studie aus dem Jahre 1924, die in 5 Regionen Chinas durchgeführt
wurde, lag der weibliche Anteil der Bevölkerung unter 10 Jahren nur bei Prozent.
Bei einer anderen Befragung, die noch aus dem 19. Jahrhundert stammt und bei
der 160 ältere Frauen befragt wurden, wurden insgesamt 158 Tötungen von
Mädchen gestanden. Die Tötung an männlichen Neugeborenen wurde verneint.
Hierbei ist die Tötung von Neugeborenen jedoch nicht als ein Ausnahmezustand zu
verstehen. Es mussten bereits in etlichen Dynastien Chinas in den Jahrhunderten
zuvor Gesetzestexte verfasst werden, die sich klar gegen die Kindestötung
aussprachen. Dies fand seinen Höhepunkt in dem nachrevolutionären Ehegesetz
aus dem Jahre 1950, in dem im Artikel 13 der Mord an Neugeborenen verboten
wurde. Töchter galten als wertlos, als ein Luxusgut, was man sich nur bedingt
leisten konnte, sodass zwar die Tötung von Neugeborenen bestraft wurde, aber in
den Köpfen der Gesellschaft nicht als ein Verbrechen angesehen wurde. Nur durch
Söhne konnten sich chinesische Eltern für das Alter abgesichert fühlen. In vielen
94
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Städten Chinas waren sogenannte „Baby-Türme“ entstanden, zu denen Eltern ihre
getöteten Töchter bringen konnten. Viele Hebammen ließen die Mädchen direkt
nach der Geburt in einem Eimer Wasser fallen, sodass diese ertranken. Ebenso
fand man an Flüssen oder Seen Chinas immer wieder Schilder, auf denen zu lesen
war: „ Mädchen ertränken verboten“. 1982 appellierte der Premierminister Zhao
Ziying an die chinesische Gesellschaft, dass diese sich gegen den Mord an
weiblichen Neugeborenen und an der Misshandlung von Müttern weiblicher Kinder
stark zu machen haben. Im 20. Jahrhundert mangelte es selbst der ländlichen
Bevölkerung nicht mehr an genügend Lebensmitteln, sodass es ihnen eigentlich
möglich war, eine größere Anzahl an Kindern großzuziehen. Hierbei machte jedoch
die Ein-Kind-Politik Chinas, die von der Regierung durchgesetzt wurde, der
Bevölkerung einen Strich durch die Rechnung. Da diese nur noch ein Kind
bekommen durften, war es von enormer Bedeutung, dass dieses männlich war, um
den Eltern später einmal bei der körperlichen Arbeit helfen zu können. Noch zu
Beginn der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts galten Verhütungsmittel als Mordmittel.
Zwischen 1954 und 1958 setzte ein heftiger Umdenkungsprozess in der
Bevölkerungspolitik ein. Aufgrund der schnellen Landflucht waren die Städte
allmählich
überfüllt
und
es
kam
bereits
in
der
Wirtschaft
bereit
zu
Verteilungsschwierigkeiten Hauptsächlich von Frauenverbänden entstanden erste
Aufklärungsversuche, die beinhalteten, dass mit einer hohen Kinderzahl enorme
Kosten verbunden seien und aufgrund dessen Töchter möglichst spät eine Ehe
eingehen sollten. Jedoch fanden diese Aufklärungsversuche kaum fruchtbaren
Boden, sodass die ersten Versuche, die Explosion der Bevölkerung zu mindern,
scheiterte. Anfang der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts, nachdem das
kulturrevolutionäre Engagement abnahm, wurde von staatlicher Seite begonnen,
das Bevölkerungswachstum zu kontrollieren. Dem Staat war klar, dass aufgrund der
Pläne, das Modernisierungsprogramm weiterhin durchzuziehen, die Bevölkerung
nicht weiter in diesem Ausmaße wachsen dürfe. Eine Nahrungsmittelknappheit und
eine enorm hohe Arbeitslosenzahl wären ansonsten die Folge gewesen. Aufgrund
95
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des starken Wachstums der Bevölkerung in den 60er und 70er Jahren, lies sich vor
der Einführung der Ein-Kind-Politik feststellen, dass 65 Prozent der Bevölkerung
unter 30 Jahre alt waren. Seit 1979 wurde deshalb die Ein-Kind-Politik propagiert.
Die Kpch versuchte hiermit die Geburtenrate, die aufgrund der nach 1949
verbesserten Gesundheitsversorgung und besseren Lebensstandards entstanden
war, einzudämmen. Daher wurden im 20. Jahrhundert Schwangerschaftsabbrüche
gesellschaftlich
nicht mehr verurteilt. Diese Abbrüche wurden auf Wunsch der
Eltern kostenlos durchgeführt. Hierbei ist es als sehr fragwürdig einzustufen, ob die
Mütter der Ungeborenen tatsächlich mit dieser Abtreibung einverstanden waren.
1980 lag einer Meldung zufolge in der Stadt Tianjin die Abtreibungsrate über der
Geburtenrate. Dies lies sich nicht auf ungewünschte Schwangerschaften
zurückführen, sondern auf den enormen Druck, dem die Frauen ausgesetzt waren.
Unverheiratete Mütter wurden im 20. Jahrhundert von ihrem Umfeld verstoßen und
geächtet. Alle jungen Ehepartner Chinas mussten ein Zertifikat unterschreiben,
indem sie sich verpflichteten, der Ein-Kind-Politik zu folgen. Im Gegenzug dazu,
erhielten sie unter anderem Unterstützung in der Erziehung, Vorteile bei Kitaplätzen
oder
späteren
medizinische
Studienplatzfindungen
Versorgung. Alle
ihres
Vorteile,
die
Kindes
Eltern
oder
mit
auch
diesem
eine
freie
Zertifikat
zugesprochen wurden, wurden ihnen im Fall der Geburt eines zweiten Kindes
sofort wieder entzogen und ein Bußgeld verlangt. Sie erhielten enormen Druck von
Seiten des Arbeitsplatzes und mussten mit einer Lohnkürzung von bis zu 10
Prozent rechnen. Den Eltern blieb jegliche medizinische, erzieherische und
finanzielle Hilfe ab dem zweiten Kind verwehrt. Setzten sich Eltern trotz allem
gegen die Ein-Kind-Politik durch und gebaren ein zweites Kind, das zudem ein
Mädchen war, so sah die Situation für diese noch drastischer aus. In den Städten
konnte somit im 20. Jahrhundert das Ziel der Familienpolitik erreicht werden. In den
ländlichen Regionen, in denen 80-85 Prozent der chinesischen Bevölkerung lebten,
hatte diese politische Entscheidung nur sehr wenig Durchsetzungskraft. Dies ist
darauf zurückzuführen, dass auf dem Dorf viele Bewohner mit den politischen
96
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Akteuren verwandt waren, sodass gerne einmal „ein Auge zugedrückt“ wurde.
Außerdem waren die Anreize und Bestrafungen der Ein-Kind-Politik lediglich auf die
städtischen Regionen zugeschnitten. Die Frauenverbände versuchten nun durch
Aufklärung die Ehemänner dazu zu bewegen, nach der Hochzeit in das Haus der
Eltern der Ehefrau zu ziehen, wodurch der Tochterstatus hätte enorm gesteigert
werden können. Nur 2 Prozent der Eltern Chinas wünschten sich im 20.
Jahrhundert als einziges Kind ein Mädchen. Gravierende Folgen der Ein-KindPolitik waren, das Töchter mit Ignoranz bestraft, Tochtermütter mit Desinteresse
nach der Geburt begegnet und der Frau als auch dem Mädchen eine enorme
Wehrlosigkeit des weiblichen Geschlechts eingetrichtert wurde. Es gab hingegen
bereits im 20. Jahrhundert erste Ausnahmen innerhalb der Ein-Kind-Politik. Wenn
beispielsweise beide Elternteile Einzelkinder waren, durften sie noch ein weiteres
Kind zeugen. Auch aus einem weiteren Grund sind die Frauen als primäre Opfer
der Ein-Kind-Politik zu betrachten. Denn der Anteil der sterilisierten Frauen lag weit
über dem der Männer, obwohl die medizinische Durchführung beim männlichen
Geschlecht um einiges leichter, günstiger und ungefährlicher als bei einer Frau war.
In Folge der Ein-Kind-Politik kam es immer wieder zu Zwangssterilisationen und
Zwangsabtreibungen bei Frauen. Im Alten China mussten Frauen so viele Kinder
zu Welt bringen, bis sie ihrer Familie mindestens zwei gesunde Jungen mindestens
schenken konnte. Nun jedoch wurde ihnen vom Staat bereits ein zweites Kind
verwehrt. Die Frauen Chinas standen erneut vor einem Dilemma, da der Druck von
Seiten ihrer Familie ihrem eigenen Wunsch, sich dem Gesetz zu beugen, entgegen
stand.
3.2.4 Fazit
Wünsche, Bedürfnisse und Neigungen der chinesischen Frauen fanden auch im 20.
Jahrhundert noch immer keine Beachtung. Die Verstaatlichung ihrer Gebärfähigkeit
und die Enteignung ihres eigenen Körpers haben Traditionen, Normen, Werte und
Ansprüche des alten Chinas weitgehend abgelöst. Die Stellung der Frau in China
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hat sich zwar verändert, aber betrachtet man vor allem die drastische Ein-KindPolitik, so hat sich ihre Stellung keinesfalls verbessert. Im 20. Jahrhundert zeigten
die politisch aktiven chinesischen Frauen enorme Stärke und Willenskraft. Immer
wieder wurden sie durch menschenverachtende Entscheidungen und politische
Ereignisse in ihrem Vorhaben, eine Gleichstellung der Geschlechter zu schaffen,
bitter enttäuscht. Trotz allem haben sie nie ihre Hoffnung aufgegeben und nicht
aufgehört, für ihre Rechte und Freiheit zu kämpfen.
Heute im 21. Jahrhundert hat sich die Stellung der Frau in China stark zum
Positiven entwickelt. Frauen, die nach 1970 geboren wurden, haben heute in China
die gleichen Karrierechancen wie ihre männlichen Mitstreiter. Das Zitat Maos „
Frauen tragen die Hälfte des Himmels“, hat die Stellung der Frau in China
ausschlaggebend
beeinflusst
und
kann
als
ideologische
Basis
für
die
Gleichstellungspolitik in China betrachtet werden. Unter Mao wurde ein Anreiz dazu
gegeben, die Kinderbetreuung Chinas auszubauen. Hiervon profitieren die
chinesischen Frauen im 21. Jahrhundert. Menschenunwürdige Traditionen, wie
beispielsweise die Lotusfüße, gehören der Vergangenheit an. Es ist weiterhin eine
Tatsache, dass die weibliche Bevölkerung in der Politik unterrepräsentiert ist, doch
erreichen Chinas Frauen im „Global Gender Report des Genfer World Economic“
den zwanzigsten Platz. Deutschland liegt diesem Ranking nach lediglich auf Platz
46. Drei Viertel der Chinesinnen zwischen 16 und 46 Jahren sind berufstätig und
32 Prozent der chinesischen höheren Managementposten sind heute von Frauen
besetzt. Laut einem Reichen-Ranking, kommen elf der 20 reichsten Frauen
weltweit aus China. In Chinas Städten kann es sich mittlerweile auch die
Mittelschicht leisten, ein Kindermädchen zu beschäftigen. Jedoch ist im China des
21. Jahrhunderts nicht nur ein wirtschaftlicher, sondern auch ein gesellschaftlicher
Wandel vonstatten gegangen. Die heute 20-25 Jährigen sind auf Grund der EinKind-Politik als Einzelkinder aufgewachsen und somit im Wohlstand erzogen
wurden. Viele dieser jungen Erwachsenen sind heute sehr verwöhnt und süchtig
nach Luxus. Ebenso erwarten die jungen Chinesinnen, dass ihr zukünftiger
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Ehemann eine Eigentumswohnung mit in die Ehe bringt. So heißt ein häufiges Zitat
der jungen Generation „Ohne Wohnung keine Ehefrau“. Bei vielen Eltern hat sich
der Wunsch des Geschlechtes des zukünftigen Babys gewandelt. Bei einem
Jungen befürchten diese, später einmal für den Kauf einer Wohnung einstehen zu
müssen. Es bleibt weiterhin interessant zu beobachten, in welcher Art und Weise
sich Familienkonstrukte und vor allem die Stellung der Frau mit dem steigenden
Wohlstand, aber auch dem möglicherweise immer stärker werdenden Einfluss des
Westens, verändern werden. Auch Chinas familiärer Zusammenhalt wird, wie im
Westen, irgendwann zerfallen und jeder Einzelne wird nur noch für sich kämpfen.
Trotz all der fragwürdigen Traditionen, Bräuche und menschenverachtenden
politischen Ereignisse, stand auch im 20. Jahrhundert die Familie immer noch im
Mittelpunkt jedes Einzelnen. Nun konnte die Frau Chinas sich aus ihren
unsichtbaren Fesseln befreien, doch ist es meinerseits als sehr bedauernswert
einzustufen, dass dadurch das gesamte Konstrukt Familie untergehen muss. Somit
ist Chinas Gesellschaft nur zu wünschen, dass sie es schaffen wird, trotz der immer
weiter wachsenden Emanzipation der Frau, gewisse Bräuche und Traditionen
beizubehalten
und
sich
nicht
vollkommen
der
eher
kühlen
westlichen
Konsumgesellschaft anzugleichen.
3.3.5Literaturverzeichnis
Bundesvereinigung
Soziokultureller
Zentren
e.
V.
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Begriff
Soziokultur..http://www.soziokultur.de/bsz/node/17. Letzter Zugriff 13.01.2014
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Wandel, Elke (1989): Frauenleben im Reich der Mitte. Chinesische Frauen in
Geschichte & Gegenwart. Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag
GmbH
100
Seite 101 von 119
3.4Sozialpolitik und soziale Sicherung in China(Arne Ehlers)
3.4.1 Einleitung
In der westlichen Welt, insbesondere in Deutschland, müssen sich die Bürger in
Zeiten der Geldnot, Arbeitslosigkeit und Krankheit keine Sorgen machen. Die
soziale Sicherung in Deutschland basiert darauf, dass ein Arbeitnehmer knapp die
Hälfte des Monatslohns als Steuern in die Renten-, Kranken- und
Arbeitslosenversicherung abgibt und in Notfällen abgesichert ist. Doch wie sieht
das in einem Land aus, dass in der Hinsicht seit Jahren Reformen anstrebt und in
den letzten drei Jahrzehnten einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt? Was
unternimmt die Sozialpolitik Chinas im Hinblick auf Ungerechtigkeiten in diesem
System? Wie werden in China Arbeitslose, Kranke und alte Menschen
aufgefangen? Mit dieser Thematik setze ich mich in dieser Hausarbeit auseinander.
Der erste Teil meiner Arbeit beschreibt die Sozialpolitik in China und geht in den
Unterpunkten weiterhin auf wichtige Bestandteile, wie mögliche Missstände in der
sozialen Sicherung ein. Des Weiteren ist es wichtig zu wissen, welche Reformen
die Politik in den vergangenen Jahrzehnten angestrebt und umgesetzt hat.
Anschließend wird die „Ein – Kind – Politik“ behandelt, die erst kürzlich eine Wende
erlebt hat.
Der Hauptteil meiner Hausarbeit basiert auf belegten Erkenntnissen, die die soziale
Sicherung in China erklärt. Hier beschreibe ich wie die Versicherungen
geschichtlich gewachsen sind und durch Reformen gestärkt wurden. Beginnen
werde ich mit der Krankenversicherung. Außerdem gehe ich auf das Rentensystem
und die Absicherung im hohen Alter ein. Abschließend beschäftige ich mich in
meiner Arbeit mit der Arbeitslosenversicherung und der Unfallversicherung.
Im Fazit gebe ich eine kurze Zusammenfassung und stelle meine persönlichen
Eindrücke der Exkursion nach Peking und Shanghai dar.
101
Seite 102 von 119
3.4.2 Sozialpolitik in China
Genau wie andere Länder, setzt sich die chinesische Politik mit sozialen Fragen
auseinander. Besonders laut werden immer wieder Fragen nach Missständen im
sozialen System Chinas. Welche Ungerechtigkeiten gibt es und wer wird bevorzugt
behandelt? Ebenfalls von Bedeutung sind die gewachsenen Reformen der letzten
Jahrzehnte, ausgelöst durch den wirtschaftlichen Aufstieg seit den 80er Jahren des
letzten Jahrhunderts, die im Endeffekt auf die Menschen zurückfallen. Eine weitere
wichtige Komponente der Sozialpolitik Chinas ist die Einführung der 1- Kind- Politik,
die erst vor kurzem gelockert worden ist.
3.4.2.1 Missstände im Sozialwesen
Missstände innerhalb der sozialen Sicherung Chinas im herkömmlichen Sinne sind
durch mehrere Faktoren entstanden. Die folgende Abbildung zeigt nach Wei Zhang
die demographische Entwicklung der chinesischen Bevölkerung der Jahre 1949 bis
2000.
102
Seite 103 von 119
(Abb1: Wei
Zhang 2005: Die Geburtenrate, die Sterberate und natürliche Wachstumsrate der
chinesischen Bevölkerung 1949 – 2000, S. 20).
Mit der Abbildung beschreibt der Autor Wei eindringlich, dass die Sterberate (hier in
Promille) seit 1949 (20 Promille) mit Ausnahme des Jahres 1960 (25,43 Promille)
stetig zurückgeht. Im Jahr 2000 betrug sie nur noch 6,6 Promille. Wei Zhang zeigt
uns weiterhin, dass hingegen die Geburtenrate zwischen 1949 und 1971 mit 35
Promille konstant blieb. Auch in den Jahren ab 1971 bis 2000 verharrte die
Geburtenrate bei 19 Promille. Die Wachstumsrate sank von 16 Promille im Jahr
1949, auf 8,7 Promille im Jahr 2000, so Dr. Wei Zhang. Dies zeigt das immer
wiederkehrende Dilemma der Demographischen Entwicklung, ausgelöst durch die
vor 30 Jahren beschlossene Ein - Kind - Politik. Die Zahl der Erwerbstätigen geht
zurück, die Zahl der Menschen die im Alter versorgt werden müssen steigt. Doch
die Menschen im Rentenalter können nicht mitgetragen werden, wenn niemand da
ist, der sie finanziell unterstützt. 20
Heberer und Scholz greifen den Aspekt der Ungleichbehandlung von ländlichen
Arbeitern in den Städten auf. In den 90ern galt beispielsweise die
Arbeitslosenversicherung nur für Staatsbedienstete. Arbeitnehmer im nicht20
Vgl. Wei 2005: S. 21 – 23.
103
Seite 104 von 119
öffentlichen Dienst waren nachwievor davon ausgenommen. 21 Die Verfassung
Chinas beschreibt in Artikel 45 jedoch unter anderem:
„Die Bürger der Volksrepublik China haben das Recht auf materielle
Unterstützung von Seiten des Staates und der Gesellschaft im Alter, in
Krankheitsfällen oder bei Arbeitsunfähigkeit.“ 22
Doch dieses Recht scheint für viele Unternehmer ungeschrieben zu sein. Die
Autoren Heberer und Scholz verdeutlichen dies an den Tatsachen, dass ländliche
Arbeiter im Gegensatz zu Stadtbewohnern mindestens 12 Stunden am Tag arbeiten
und das sieben Tage die Woche. Auch gelten für Arbeitsmigranten kein
Arbeitsschutz und keine geregelte Bezahlung, da sie illegal arbeiten. Thomas
Heberer schreibt, dass in Peking jährlich ca. 2000 Menschen auf Baustellen
sterben, da Arbeitsschutzrichtlinien nicht eingehalten werden. 23
3.4.2.2 Reformen in der sozialen Sicherung
Vor den Reformen bestand die soziale Sicherung seit 1951 im Wesentlichen aus
der allgemeinen Absicherung. Dieses System entwickelte sich auf dem Land und
der Stadt jedoch parallel zueinander. Dies erklärt sich mit der Fokussierung der
Regierung auf die Industrialisierung, die auf Grund der technischen Möglichkeiten
nur in den Städten stattfinden konnte. So waren Sozialleistungen nur für städtische
Arbeiter vorgesehen. 24 Sowohl Wei, als auch der Autor Rolf Geffken bezeichnen die
Vgl. Wei 2005: S. 65.
Zit. nach Heuser 2003: S. 221.
23 Vgl. Heberer u. Scholz 2009: S. 413.
24 Vgl. Wei 2005: S. 80.
21
22
104
Seite 105 von 119
Familie als ganzheitliche Einheit als den wichtigsten Bestandteil der sozialen
Sicherung in China. 25
Sie basiert auf dem Subsidiaritätsprinzip, in dem jeder für sich und für seine Familie
verantwortlich ist. 26
Vor den Reformen sind dies zusätzlich die „danwei’s“, die städtischen
Arbeitseinheiten gewesen, die bis heute in der Gesellschaft verankert sind.
Danwei’s organisieren für Arbeiter Wohnungen, kümmern sich um die Bezahlung
eines Arztes im Krankheitsfall und sorgen für die Vermittlung einer Ehefrau. 27
Für die Bauern ergaben sich ebenfalls Vorteile im Hinblick auf die Erwirtschaftung
von Gewinnen. Zunächst stellte zwischen 1979 und 1984 die Reform die Bauern
vor landwirtschaftliche Neuerungen. Der Autor Oskar Weggel, ein führender
Asienexperte aus Deutschland, beschreibt die drei zentralen Neuerungen
Verantwortlichkeitssystem, Freihandel und Freimärkte und spezialisierte Betriebe.
Das Verantwortlichkeitssystem löste das bis dahin gültige subordinative
Genossenschaftssystem ab, welches für eine kollektive Zusammenarbeit der
Bauern sorgte. Weiterhin schreibt Oskar Weggel, dass der Anbau, die Ernte und
Rechnungsführung beim einzelnen Haushalt, „hukou“ genannt, lag. Somit wurde
vertraglich festgelegt das bestimmte Mengen der Ernte auf den Markt gebracht
werden können. Die Gewinne können jetzt für die Finanzierung ihres Haushalts
genutzt werden. 28
Die zweite Neuerung neben der Betriebsautonomie, so Weggel, bezieht sich auf die
Liberalisierung des Dorfhandels. Oskar Weggel zeigt uns, dass über Jahrzehnte
hinweg ein chinesischer Bauer kein Recht hatte, Reis und Gemüse zu an- und
verkaufen. Mit Aufhebung des Staatsmonopols mittels des „ZK-Dokuments Nummer
Vgl. Geffken: S.17.
Vgl. Wei 2005: S. 80.
27Vgl. Handelsblatt 2008: http://www.handelsblatt.com/panorama/aus-allerwelt/china-lexikon-danwei/2949040.html.
28 Vgl. Weggel 2000: S. 24 – 25.
25
26
105
Seite 106 von 119
1“ vom ersten Januar 1985 mussten die staatlichen Ankaufstellen mit den
Erzeugern direkt in Kontakt treten und Verträge schließen. Doch diese neue
Regelung brachte auch Nachteile mit sich.
„So entwickelte sich beispielsweise im Handumdrehen eine beinharte
Konkurrenz, die vielen Betrieben ins Mark ging und sie zur Aufgabe
zwang“. 29
Der Autor Weggel zeigt uns mit diesem Zitat sehr gut, wie schwer es auch heute
noch für Bauern ist, in diesem System Fuß zu fassen und ihre Unternehmung, die
Landwirtschaft, aufrecht zu erhalten.
Die dritte Neuerung, die Oskar Weggel uns zu Grunde legt, ist die Spezialisierung.
Haushaltsbetriebe hatten nun die Möglichkeit sich auf bestimmte Erntemethoden
festzulegen. Der Autor legt uns das Beispiel des Dorfes Huaxi in der Provinz
Jiangsu vor. Dort hatten sich Haushalte zusammengeschlossen, um sich auf
Gemüse- und Obstanbau zu spezialisieren. Für eine bessere Infrastruktur
gründeten einige Haushalte eigene Busverbindungen um eine kontinuierliche
Anbindung an die Großstädte zu festigen.
3.4.2.3 Wandel der Ein – Kind – Politik
Der Philosoph Han Fei sagte einmal:
„Fünf Kinder sind zu viel. Wenn jedes Kind wieder fünf Kinder bekommt, wird
der Großvater mit 25 Enkelkindern gesegnet sein. Das sind noch mehr
Leute, noch mehr Arbeitskräfte, aber weniger Essen zum Verteilen“. 30
29
Zit. nach Weggel 2000: S. 25.
106
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Dieses Zitat, aufgegriffen von Helmut Opletal, verdeutlicht die Aktualität des
Kernthemas Ein – Kind – Politik. Helmut Opletal interviewte zwei 27- jährige
Frauen, die trotz der strengen Regelungen zwei oder mehrere Kinder haben. Das
Beispiel von Frau Qu, eine Bäuerin aus einem Dorf in der Provinz Hubei
verdeutlicht die Folgen, denen junge Familien ausgesetzt sind. Zwar ist ein zweites
Kind seitens der Regierung nicht mehr so stark geächtet, doch müssen Familien
Sanktionen wie eine Strafzahlung von 5000 Yuan in Kauf nehmen, für ein drittes
Kind dann 10000 Yuan. Der Grund, warum sich chinesische Familien trotzdem für
mehrere Kinder entscheiden ist laut dem Autoren Opletal der Wunsch nach einem
Jungen, der die Familie in eine erfolgreiche Zukunft führt.
Helmut Opletal gibt ein weiteres Beispiel. Frau Huan, ebenfalls 27 Jahre, ist
Vorarbeiterin in einem Staatsbetrieb und darf erst schwanger werden, wenn der
Betriebsausschuss es ihr erlaubt. Wird sie vorher schwanger schreibt Opletal
wörtlich, so würde der Betriebsausschuss die Frauen zur Abtreibung drängen und
die monatliche Prämie gekürzt. 31 Wie ist die Ein – Kind – Politik entstanden und
welche Änderungen gibt es in den letzten Jahren? Diese besondere Art der
Geburtenkontrolle wurde, wie es Helmut Opletal kennzeichnet, 1980 eingeführt und
mit Ausnahme von Regionen mit sehr wenig Bewohnern, landesweit für gültig
erklärt. 32 Baochang Gu schreibt dazu, dass die Ein – Kind – Politik, auch
Fertilitätspolitik genannt, landesweite Unterschiede aufwirft. Die vier Arten der
Fertilitätspolitik spalten sich in die Ein – Kind – Politik, Anderthalb – Kinder – Politik,
Zwei – Kinder – Politik und drei Kinder – Politik auf. Der Autor Gu zeigt uns deutlich,
dass die Gebiete mit der strengsten Fertilitätspolitik unter der Zuständigkeit der
Zentralregierung, überwiegend Kommunen sind. 33
Zit. Nach Opletal 1997: S. 35.
Vgl. Opletal 1997: S. 34 – 35.
32 Vgl. Opletal 1997: S. 35.
33 Vgl. Gu 2011: S. 478 – 479.
30
31
107
Seite 108 von 119
Wie sieht der Wandel der Ein – Kind – Politik aus? Die demographische
Entwicklung hat kürzlich dazu geführt, dass die kommunistische Führung zukünftig
Paaren erlaubt, zwei Kinder zu kriegen, wenn nur einer der Partner selbst ein
Einzelkind ist. Vorher mussten beide Partner ein Einzelkind sein. Neben dem
erwiesenen Fakt der extremen demographischen Entwicklung, ist der Rückgang
der Zahl der erwerbsfähigen Personen ein entscheidender Faktor, der für eine
Lockerung spricht. 34
Ein weiterer Grund entsteht innerhalb der chinesischen Gesellschaft selbst. Die
Nachrichtenagentur „Xinhua“ meldet ein Lauterwerden der kritischen Stimmen an
der Ein-Kind-Politik, weil sie häufig mit menschenunwürdigen Verfahren
durchgesetzt wurde. So gab es Spätabtreibungen und Zwangssterilisationen und
einige Behörden nutzten die dazu Regelung aus, um für unerlaubt geborene Kinder
Bestechungsgeld zu verlangen.
3.4.3Soziale Sicherung in China
In Deutschland sieht das System der sozialen Sicherung voraus, dass
Arbeitnehmern ein gesetzlicher Schutz im Falle eines Unfalls oder Krankheit
zusteht. Ebenfalls zahlt man einen Großteil des Lohns in die gesetzliche Rentenund Arbeitslosenversicherung ein, um im hohen Alter oder bei Arbeitslosigkeit
abgesichert zu sein. Wie sieht dieses System in China aus und wie ist es
geschichtlich durch Reformen gewachsen? Diese Fragen werden im nächsten
Hauptkapitel beleuchtet.
Vgl. Manager Magazin 2013: http://www.managermagazin.de/politik/weltwirtschaft/china-a-933813.html.
34
108
Seite 109 von 119
3.4.3.1Krankenversicherung
Die Autorin Dr. Yuanshi Bu verdeutlicht in ihrem Text zum chinesischen
Arbeitsmarkt, aus § 24 Arbeitsrecht, dass der Umbau der Planwirtschaft zur
Marktwirtschaft arbeits- und sozialrechtliche Folgen hatte. Die Arbeitgeber hatten
während der Planwirtschaft die Verantwortung, eine Kranken-, Renten- und
Unfallversicherung hervorzubringen. 35 Der Autor Wei Zhang unterscheidet dabei
zwischen der Krankenversicherung in den Städten und der ländlichen
Krankenversicherung. In den 1980er Jahren konzentrierte sich die Reform der
städtischen Krankenversicherung auf zwei Probleme. Die Ausgaben sind bis zum
Ende der 80er Jahre sehr stark angestiegen und Wei schreibt weiter, dass der
Deckungsgrad unvollständig war.
Die Kostensteigerung wird von dem Autor Dr. Wei durch ineffiziente Strukturen in
der Krankenversorgung beschrieben. Einzelne Unternehmen werden bestimmten
Einrichtungen wie Krankenhäusern fest zugeordnet, wodurch sich Arbeitnehmer
nicht mehr außerhalb nach einer anderen Art der Krankenversorgung umschauen
können. Weiterhin bringt uns der Autor den Faktor der Interessenkonstellation
zwischen Patient und Krankenhaus und Arzt und Pharmaindustrie näher.
So sind der Gewinnanreiz und die hohen Einnahmen aus der Behandlung sowie
der Übergang zu zunehmend westlicher Medizin in Verbindung mit
entsprechenden, teureren Geräten ausschlaggebend für einen teilweise
verschwenderischen Umgang bei den Ausgaben. 36 Der Deckungsgrad der
städtischen Krankenversicherung ist nach Dr. Wei von 44,7 Prozent im Jahr 1998,
auf 38,8 Prozent im Jahr 2003 zurückgegangen. Gründe sind der rapide Anstieg
der Bevölkerung in den Städten, die Verweigerung der Teilnahme mancher Betriebe
35
Vgl. Bu 2009: S. 255.
Wei 2005: S. 54.
36 Vgl.
109
Seite 110 von 119
am Versicherungssystem und die Nichterfassung von Wanderarbeitern und
Arbeitslosen. 37
Am 14.12.1998 erließ der Staatsrat eine Basiskrankenversicherung für Arbeiter,
Beamte und Angestellte in den Städten. Finanziert wird sie von den Arbeitnehmern
mit zwei Prozent der Lohnsumme, wie es der Autor Wei schreibt und sechs Prozent
zahlt der Arbeitgeber. Dr. Wei schreibt weiterhin, dass bis Ende 2001, 97 Prozent
der Städte in China die Basiskrankenversicherung eingeführt haben und die Anzahl
der Versicherungsnehmer von 15,1 Millionen im Jahr 1998, auf 120,74 Millionen
(Oktober 2004) angestiegen ist. Auch die medizinische Absicherung auf dem Land
hat sich geändert. Bis zum Jahr 2002 gab es erhebliche Unterschiede zwischen der
Versicherung in den Städten und auf dem Land.
Durch die Reformen der 80er Jahre wurde das sogenannte dreistufige Netz zur
Prävention und Gesundheitserhaltung auf den zwei unteren Stufen, der
Gemeindeebene und Dorfebene stark geschwächt. Wei bezeichnet ebenfalls die
Korruption beim Arzneimittelkauf als ausschlaggebenden Faktor für die bis dato
vorherrschende Unterversorgung für Bauern. Bauern mit niedrigen Einkommen
konnten die Arzneikosten nicht bezahlen. 38 Ab 2003 gilt, dass ein neues,
kooperatives medizinisches System schwere Krankheitsfälle absichern sollte. Wei
Zhang schreibt dazu ausführlich, dass jeder beteiligte Bauer in den Mittel- und
Westregionen Chinas ein Zuschuss von 10 Yuan pro Jahr zu Gute kommt. Mit dem
Beschluss einhergehend sollten die staatlichen Investitionen gestärkt, ein Abbau
des stark differenzgeplagten Niveaus zwischen Land und Stadt gefördert werden
und der Aufbau des neuen medizinischen Systems bis zum Jahr 2010
gewährleisten sein. 39
Vgl. Wei 2005: S. 54 – 56.
Vgl. Wei 2005: S. 58 – 60.
39 Vgl. Wei 2005: S. 60 – 62.
37
38
110
Seite 111 von 119
3.4.3.2 Rentenversicherung
Die chinesische Verfassung gewährleistet nach „Artikel 44 (Rente)“ eine
Zusicherung der Rente:
„Der Staat führt gemäß den gesetzlichen Bestimmungen das
Ruhestandssystem für die Arbeiter und Angestellten der Betriebe und
Institutionen und für die Funktionäre der Staatsorgane durch. Der
Lebensunterhalt der Menschen im Ruhestand wird durch den Staat und die
Gesellschaft gesichert“. 40
Mit diesem Zitat zeigt Robert Heuser eine Zusicherung und gewissermaßen ein
Versprechen seitens der chinesischen Regierung für eine finanzielle Absicherung
im Alter. Baochang Gu wirft seinen Blick auf das Zusammenspiel der niedrigen
Fertilität und der zunehmenden Alterung der Gesellschaft in China. Doch dieses
System existierte nicht immer in dieser Form und auch hier gibt es Unterschiede
zwischen städtischen Arbeitern und Bauern. Wei Zhang verdeutlicht in seinem
Buch, dass erst mit den Reformen ab 1984 für Staatsunternehmen ein
überbetriebliches Rentensystem eingeführt wurde, in China „tuixiu feiyong shehui
tongchou“ genannt. Übersetzt bedeutet es „einheitliche Planung für Rentenkosten“
und verpflichtete die staatlichen Betriebe 15 – 25 Prozent der Lohnsumme an
örtliche Altersrentenversicherungs-Fonds abzugeben. Diese Vorgehensweise war
sehr undurchsichtig, da die Berechnung der Beträge unterschiedlich war. Wei zeigt
uns in seinem Text, dass in einigen Regionen beispielweise die Banken die Gelder
verwalteten, in anderen Regionen wurden Sonderausschüsse mit der Verwaltung
beauftragt.
40
Zit. nach Heuser 2003: S. 221.
111
Seite 112 von 119
Erst zwischen 1991 und 1996 führte die Regierung ein mehrschichtiges
Rentensystem ein. Die drei Säulen in diesem neuen System stellten nach Dr. Wei
die Grundrentenversicherung, die betriebliche Zusatzversicherung und eine
individuelle Zusatzversicherung dar, dessen Finanzierung durch das Umlage- und
Kapitaldeckungsverfahren gewährleistet wurde. Mit dem Beschluss vom 16.7.1997
verabschiedete der Staatsrat den „Aufbau einer einheitlichen
Grundrentenversicherung für Arbeitnehmer in Betrieben“, so der Autor Wei Zhang.
Die Reform hatte zum Ziel, den Beitragssatz des Betriebs auf 20 Prozent und den
Beitrag des Arbeitnehmers auf 4 Prozent der Lohnsumme zu vereinheitlichen. Des
Weiteren zeigt uns die zweite Neuerung, von Herrn Wei, dass eine zweite Säule,
ein kapitalgedecktes Konto eröffnet wurde, auf dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer
einzahlten. 41
Rolf Geffken zeigt uns ausführlich, dass ein Arbeitnehmer mit 55 Jahren in den
Ruhestand gehen kann, vorausgesetzt er hat mindestens 15 Jahre in einem
einzigen Unternehmen gearbeitet. 42 Auch Wei bestätigt das, aber fügt hinzu, dass
seit 2006 die Dauer der Beitragszahlung und bei der Zusatzrente das
Renteneintrittsalter berücksichtigt wird. Die Absicherung auf dem Land geschah
mittels der privaten Vorsorge und Familie und als letztes Auffangbecken mit dem
gepachteten Boden. Mit Beschluss vom 3.1.1992 wurde eine soziale
Rentenversicherung auf Kreisebene festgelegt. Der Autor Wei schreibt, dass die
Grundprinzipien auf eine Anpassung der ländlichen Produktivität geschehen
musste, da die Einkommen in den ländlichen Regionen stark variieren. Weitere
Grundprinzipien waren die Kombinierbarkeit der Versicherung mit der
Alterssicherung durch Familie, Boden und Sozialhilfe sowie die Finanzierung durch
die Person selbst und Gültigkeit des Kapitaldeckungsverfahrens.
41
42
Vgl. Wei 2005: S. 44 – 46.
Vgl. Geffken 2004: S. 137.
112
Seite 113 von 119
Zusammengefasst ergeben sich verschiedene Charakteristika, die die
Grundvoraussetzungen für den Erhalt der Rente darstellen. Demnach gilt unter
Punkt eins diese Regelung für alle Bewohner in ländlichen Regionen zwischen 20
und 60 Jahren und unter Punkt zwei, dass die Beiträge die Versicherten und die
Kommune zahlen. Außerdem erhält eine Ein – Kind – Familie einen kommunalen
Zuschuss. Unter Punkt drei fasst Dr. Wei den Beitragssatz zusammen, welcher von
2 – 20 Yuan im Monat beträgt, die Beiträge werden auf ein individuelles Konto
gezahlt und ältere Bauern bis 40 Jahre, dürfen sogar rückwirkend einen
Pauschalbetrag nachzahlen. Punkt vier beinhaltet, dass die Auszahlung ab dem 60.
Lebensjahr möglich ist und der gesetzliche Erbe im Todesfall sämtliche Beiträge
einschließlich Zinsen erhält.
Probleme ergaben sich ab 1993 bei der geringen Deckung, die bis zum Jahr 2000
sogar noch weiter sank und dazu führte, dass Bauern nicht abgesichert waren.
Unsicherheiten ergaben sich seitens der Landbevölkerung im Hinblick auf die
unverhältnismäßig hohen Verwaltungskosten. Auch wurde über Missbrauch und
Fehlinvestition gesprochen. Wei zeigt damit ausführlich, dass die Rentenbeiträge
eher als zusätzliche Steuern angesehen wurden und keine Rechtsicherheit besteht,
da die Versicherung selbst vom Ministerium für Zivilangelegenheiten festgelegt
wurde. 43
3.4.3.3 Arbeitslosenversicherung
Um zu wissen wie Arbeitslose in China abgesichert werden, muss erst
veranschaulicht werden, wie die allgemeine Situation im Blick auf den Arbeitsmarkt
aussieht. Die Autorin Heike Holbig bezeichnet die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
als eines der oberen Ziele der chinesischen, politischen Führung. Sie beschreibt
weiterhin, dass der stellvertretende Arbeitsminister Wang Dongjin 2002 auf die
43
Vgl. Wei 2005: S. 50 – 53.
113
Seite 114 von 119
wachsende Gefahr sozialer Destabilisierung hingewiesen hat. Jährlich kommen 12
– 13 Millionen neue Arbeitskräfte hinzu, aber im Gegenzug nur 8 Millionen neue
Arbeitsplätze. So rechnete man ist bis zum Jahre 2006 mit einem Anstieg der
Anzahl der städtischen Arbeitslosen auf über 20 Millionen, so die Autorin Holbig.
Chinesischen Rechnungen zu Folge liegt somit im Jahr 2006 die Arbeitslosenrate
bei über 20 Prozent. 44 W ie ist nun die Arbeitslosenversicherung aufgebaut?
Dr. Wei Zhang bringt uns den Zeitraum zwischen 1986 und 1993 als Probephase
näher. In diesen Jahren wurden in manchen Städten und ländlichen Regionen
Fonds der Arbeitslosenversicherung eingerichtet. Finanziert werden diese Fonds
mit Zinsen und Zuschüsse lokaler Regierungen sowie der Einzahlung der
beteiligten Betriebe von einem Prozent des Gesamtlohns. Der Autor Wei schreibt
weiterhin, dass eine Unterstützung aus diesen Fonds hauptsächlich für
Arbeitnehmer vorgesehen war, deren Betriebe in Konkurs gegangen waren oder
deren Verträge ausgelaufen waren. Die Höhe dieser finanziellen Unterstützung, so
Wei, richtete sich nach Beschäftigungsdauer und der Ursache, die zur
Arbeitslosigkeit geführt hat.
Wei Zhang verdeutlicht uns die Arbeitslosenleistungen im ersten Jahr nach
Ausscheiden aus dem Betrieb am Beispiel der Provinz Heilongjiang. So erhielten
Arbeitnehmer, die wegen eines Konkurses arbeitslos sind noch 75 Prozent ihres
Lohns, bei Aussprache des Betriebs zur Vertragsauflösung erhielten diese noch 70
Prozent ihres Lohnes und Arbeiter, die selbst gekündigt haben, erhielten noch 60
Prozent des Lohns.
Die drei Gruppen erhielten im zweiten Jahr der Arbeitslosigkeit immerhin noch 50
Prozent von ihrem Einkommen. 45 Wei Zhang beschreibt am Jahr 1989, dass 171
Millionen Yuan aus der neuen Arbeitslosenversicherung gezahlt wurden. Davon
gingen alleine 8 Millionen Yuan an Arbeitsanwärter, 68 Millionen Yuan an Menschen
44
45
Vgl. Holbig 2003: S. 74.
Vgl. Wei 2006: S. 64.
114
Seite 115 von 119
die an einer Umschulungsmaßnahme teilnahmen und 34,41 Millionen Yuan für
Produktionsmaßnahmen zur Eigenhilfe, so Dr. Wei. So gingen jeweils umgerechnet
45 Yuan an einen Arbeitslosen, was sehr wenig Geld ist.
Das System der Finanzierung durch den Arbeitgeber wurde nun, nach Dr. Yuanshi
Bu beschrieben, durch das Sozialversicherungswesen abgelöst. Im Jahr 1998
wurde das Ministerium für Arbeit und soziale Sicherung gegründet und im März
2008 mit dem Ministerium für Personalwesen zusammengeführt.
Im Kampf gegen die steigende Arbeitslosigkeit legte der Staatsrat im April 2002 das
sogenannte „Weißbuch zur Beschäftigung und sozialen Sicherung“ vor, so
beschreibt es die Autorin Heike Holbig. Es beinhaltet Strategien zur Schaffung
neuer Arbeitsplätze, die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes sowie fundierte
Ausbildungsmöglichkeiten, eine effizientere Arbeitsvermittlung und den Ausbau
eines landesweit gültigen Sicherungssystems. 46
3.4.3.4 Unfallversicherung
Rolf Geffken schreibt, dass chinesische Arbeitsplätze zu den gefährlichsten der
Welt gehören. Jedes Jahr verunglücken 100000 Menschen tödlich am Arbeitsplatz.
Die Todesrate liegt beispielweise in den Bergminen 10 mal höher, als in den
Bergminen in den USA. 47 Daraus resultiert zwangsläufig ein Einblick in die
Unfallversicherung Chinas. Barabara Darimont, Sinologin, datiert Chinas
Unfallversicherung bis in das Jahr 1950 zurück. Diese war damals allerdings noch
in der Form reglementiert, als dass Staatsbetriebe bei einem Unfall eine allgemeine
Kostenübernahme der Behandlung und Invalidenrente zahlten, sofern dies nötig
war. Ab 1990 etablierte sich eine Unfallversicherung, die wie die Altersversicherung
aus Fonds finanziert werden soll. Die Autorin Darimont beschreibt den Test dieses
46
47
Vgl. Holbig 2003: S. 75 – 76.
Vgl. Geffken 2004: S. 86.
115
Seite 116 von 119
neuen Unfallversicherungssystems an den Provinzen Hainan, Lianing und Fujian.
Bis 1996 gab es schon 31 Millionen Versicherte und 2001 43,55 Millionen. 48
2004 traten die Regeln der Unfallversicherung in Kraft. Die wichtigste Erneuerung
ist das Einbeziehen aller Betriebe und nicht nur mehr die Berücksichtigung der
Staatsunternehmen. Unternehmer mussten seit in Kraft treten der Regelung den
Beitrag zur Unfallversicherung zahlen. Der Beitrag bewegt sich zwischen 0,5 bis
2% der Gesamtlohnsumme. Der Versicherungsschutz bezieht sich dabei auf
Arbeits- und Wegeunfälle und Berufskrankheiten. Außerdem fallen darunter
gesondert Ersatzzahlungen bei Lohnausfällen, Abfindungen, Hinterbliebenengelder
und Sterbegelder sowie Pflegegelder, berufliche Rehabilitation und die Behandlung
mit medizinischen Geräten. Bei einer Wiedereingliederung, bedingt durch eine
teilweise Arbeitsunfähigkeit kann das Unternehmen eine der Fähigkeiten
abgepassten Arbeitsstelle anbieten und bis zu 70% des Lohns weiterzahlen. 49
3.4.4 Fazit
Untersucht man das System der sozialen Sicherung in China stellt man einige
Gemeinsamkeiten und einige Defizite im Vergleich zu dem vorherrschenden
System in Deutschland fest. Eine Finanzierung seitens des Staates geschieht, doch
erst seit Beschluss vieler einzelner Reformen. Die mir vorliegende Literatur hat dies
sehr veranschaulicht.
Einige Missstände der Sozialpolitik in China sind allgegenwärtig, doch erst mit der
Auseinandersetzung, insbesondere mit der entsprechenden Literatur, wurde mir
klar, wie zum Beispiel die demographische Entwicklung ein Faktor für viele
Gegebenheiten in China, aber auch in Deutschland ist. Blickt man hinter die
48
49
Vgl. Darimont 2003: S.1102.
Vgl. Darimont 2003: S. 1108 – 1109.
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Entwicklungen stellt man fest, dass auch die deutsche Bevölkerung in einer
alternden Lebenswelt agiert: Immer weniger Familien mit Kindern, dafür immer älter
werdende Menschen, die finanzielle und gesundheitliche Probleme vorweisen.
Weniger Kinder, weil immer mehr Menschen karrierebehaftete Berufe ergreifen und
wir werden auf Grund moderner medizinischer Standards vitaler. In China hat diese
Entwicklung jetzt zur Lockerung der Ein – Kind – Politik geführt.
Eine gute Beschreibung für einen Gesamtüberblick liefert das Buch von dem
Autoren Dr. Wei Zhang, der eindringlich und kompakt die Entwicklungsgeschichte
der Versicherungsebenen darstellt. So habe ich sehr viele neue Erkenntnisse zu
der geschichtlich gewachsenen Entstehung verinnerlicht und erlernt.
Gemeinsamkeiten zu der Absicherung in Deutschland existieren in der
Bezuschussung durch Unternehmen und Betriebe. Die Zusammensetzung der
Unfallversicherung schildert Barbara Darimont sehr gut, doch wird der die
Verletzung der Rechte der Bürger immer wieder deutlich.
Für mich persönlich war es nicht klar, dass im Falle eines Unfalls auf offener Straße
einem Menschen nicht geholfen wird. Die Tatsache wurde mir auf der Exkursion
nach Peking und Schanghai im Wintersemester 2013/14 von unserem Dolmetscher
und Reiseführer in Shanghai bekannt und hat mich in meinem Weltbild erschüttert.
In Deutschland ist es selbstverständlich, dass bei einem Autounfall Menschen zur
Hilfe eilen und einen Notarzt rufen.
Abschließend kann ich sagen, dass China für zukünftige Sozialarbeiter nicht nur im
Blick auf die soziale Sicherung, sondern im Kennenlernen der gesamten
gesellschaftlichen Kontexte eine Reise wert ist. Eine Wahrung der Kultur und
Tradition ist sowohl in Form von Gemälden, altertümlichen Gebäuden und
chinesischer Musik allgegenwärtig. Man trifft auf bittere Armut und grenzenlosen
Reichtum, aber eine Tatsache verbindet beide Schichten: Die Hoffnung und der
Optimismus, von dem viele Europäer in Zeiten der Not etwas lernen können.
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3.4.5 Literaturverzeichnis
Bücherquellen
Bu, Yuanshi (2009): Einführung in das Recht Chinas. München, 2009: C.H.Beck
Verlag.
Geffken, Rolf (2004): Arbeit in China. 1. Auflage 2004. Baden-Baden, 2004:
Nomos Verlagsgesellschaft.
Gu, Bauchang (2011): Das Auftreten der niedrigen Fertilität in China. In: Bertram,
Hans; Ehlert, Nancy (Hrsg.): Familie, Bindungen und Fürsorge. Familiärer Wandel
in einer vielfältigen Moderne. Opladen u.a., 2011: Verlag Barbara Budrich.
Heuser, Robert (2003): „Sozialistischer Rechtsstaat“ und Verwaltungsrecht in der
VR China (1982 – 2002). Analyse, Texte, Bibliographie. Hamburg, 2003: Verbund
Stiftung Deutsches Übersee – Institut.
Holbig, Heike (2003): Gelingt die politische Steuerung der wirtschaftlichen
Dynmaik in China? In: Draguhn, Werner (Hrsg.): Chinas und Japans Bedeutung für
Ostasien und die Weltwirtschaft. Hamburg, 2003: Verbund Stiftung Deutsches
Übersee – Institut.
Opletal, Helmut (1997): „Ein Kind ist genug“. In: China verstehen. Sympathie
Magazin Nr. 10. Seefeld-Hechendorf, 1997: Klett – Verlag.
Weggel, Oskar (2000): Alltag in China. Neuerungsansätze und Tradition. Institut für
Asienkunde. Hamburg, 2000: Verbund Stiftung deutsches Übersee – Institut.
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Internetquellen
Darimont, Barbara (2003): Rechtsgrundlagen der chinesischen
Sozialversicherung. In: China aktuell. Hamburg, 2003: Giga Hamburg.
http://www.gigahamburg.de/sites/default/files/openaccess/chinaaktuell/2003_9/giga
_cha_2003_9_darimont.pdf (letzter Abruf 21.12.2013).
Handelsblatt (2008): Danwei. Die „Danwei“, die Arbeitseinheit, ist die wichtigste
soziale Gruppe für die Chinesen. http://www.handelsblatt.com/panorama/aus-aller-
welt/china-lexikon-danwei/2949040.html (letzter Abruf: 06.12.2013).
Manager Magazin (2013): China lockert Ein – Kind – Politik. http://www.managermagazin.de/politik/weltwirtschaft/china-a-933813.html
(letzter Abruf: 21.12.2013).
Süddeutsche Zeitung (2013): China will Ein – Kind – Politik lockern.
http://www.sueddeutsche.de/politik/reformen-in-der-volksrepublik-china-will-einkind-politik-lockern-1.1819500 (letzter Abruf: 21.12.2013).
Abbildungen
Abb. 1: Wei, Zhang (2005): Soziale Sicherung in China. Ein Überblick über die
soziale Sicherung sowie die chinesisch-deutsche Zusammenarbeit im Bereich
sozialer Sicherung. Chemnitz, 2005: Aka GmbH Berlin.
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