Auslandssemester am College of Charleston

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Auslandssemester am College of Charleston
Lukas D. Herr ([email protected])
Auslandssemester am College of Charleston – Fall
2011
Charleston
und
das
College
of
Charleston
Gegründet im Jahr 1770 ist das College of
Charleston die dreizehntälteste Universität in
den USA und zählt zusammen mit der Clemson
University und der University of South Carolina
zu den drei größten und renommiertesten
Universitäten South Carolinas. Kleine Anekdote
vorweg: Im Bluesclub „Ground Zero“, gelegen in
Clarksdale Mississippi dessen Miteigentümer
übrigens Morgan Freeman ist, kam ich mit drei
jungen Leuten ins Gespräch. Als ich ihnen
sagte,
ich habe für ein
halbes Jahr in Auf dem Campus des College of
Charleston studiert, fragten sie mich ob ich am Charleston
berühmten College of Charleston studiert hätte. Diese kleine Geschichte soll zeigen,
dass das College of Charleston auch über die Landesgrenzen South Carolinas
hinweg bekannt ist.
Der Campus des CofC, wie das College of Charleston in South Carolina und den
USA auch genannt wird, befindet sich inmitten der Innenstadt und ein Großteil der
Fakultäten, Offices und sonstigen Einrichtungen sind in alten, aus dem 19.
Jahrhundert stammenden Häusern, untergebracht. Da viele Studenten des CofC in
Collegeeigenen Wohnheimen leben, hat
das Studieren am College of Charleston
meiner
Ansicht
nach
einen
starken
Internatscharakter. Durch die Versorgung
mit mehreren Mensen, einer eigenen
Campuspolizei und Rettungsdienst sowie
unzähligen
Clubs
Freizeitangeboten,
Auf dem Campus des College of
Charleston
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wird
mit
ihren
dieser
noch
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einmal verstärkt. Wer sich durch das Forbes Ranking auf der Wikipedia Seite von
Charleston, wonach Charleston eine der zehn gefährlichsten Städte der USA ist,
verunsichern lässt, dem sei hier gesagt: es besteht kein Anlass zur Sorge.
Selbstverständlich gibt es wie in vielen amerikanischen Städten sogenannte „no-go
areas“ doch sind diese in Charleston weit vom Campus entfernt und Downtown
Charleston kann als so sicher wie jede deutsche Stadt gelten. Eine Eigenheit des
CofC ist die hohe Anzahl an Fraternities, bzw. Sororities – also den amerikanischen
Pendants zu Bruder- bzw. Schwesternschaften.
Charleston, als die alte und traditionsreiche Metropole der amerikanischen
Südstaaten, blickt auf eine jahrhundertealte Geschichte zurück. Die Schüsse auf Fort
Sumter 1861, gelegen in der Bucht vor Charleston, markierten zum Beispiel den
Beginn des amerikanischen Bürgerkrieges, Viele Gebäude aus dem 19. Jahrhundert
sind auch heute noch erhalten, weshalb
der
vielgerühmte
Südstaatenflair
besonders in Charleston noch lebendig
ist. Durch seine geographische Lage ist
das Klima in Charleston schwül und heiß
in
den
Sommer
und
mild
in
den
Wintermonaten. Dies hat den Vorteil,
dass das Baden am Strand bis weit in
den Herbst hinein möglich ist. Leider gibt
es keine öffentliche Verbindung von Grocery Store in Charleston
Charleston an den Strand. Der öffentliche
PNV ist ansonsten jedoch sehr gut ausgebaut. Carta, wie das öffentliche
Busunternehmen heißt, bietet mehrere Busrouten rund um und innerhalb
Charlestons an. Als Student des CofC ist die kostenlose Benutzung dieser Buse
möglich.
Bewerbung/ Anmeldung
Zwischen August und Dezember 2011 hatte ich die Möglichkeit am College of
Charleston für ein Semester als sogenannter „Free Mover“ zu studieren. Als „Free
Mover“ gilt, wer nicht Bestandteil eines festen Austauschprogrammes zweier
Universitäten ist, das beispielsweise die Anmeldung und Zulassung erleichtern kann.
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Dementsprechend läuft die Bewerbung ausschließlich auf Eigeninitiative hin ab. Der
Bewerbungsprozess am College of Charleston ist jedoch nicht allzu schwer. Das
Bewerbungsformular für sogenannte „non-degree seeking students“, wie es „Free
Mover“ sind, gibt es als Download auf der Homepage des College of Charleston
(http://admissions.cofc.edu/applyingtothecollege/otherapplicants/nondegree.php).
Erwartet werden Angaben zur Person als auch ein Essay zur Frage wie die Kurswahl
am CofC in den weiteren Lebensweg passt. Der Bewerbungsprozess wird auch
dadurch erleichtert da Herr Dr. Mack, der Associate Director des Center for
International Education das für die Betreuung der ausländischen Studierenden
zuständig ist, aus Deutschland stammt und aufkommende Fragen unkompliziert und
freundlich über E-Mail beantwortet. Auch vor Ort ist Herr Mack die erste Adresse bei
Fragen oder Schwierigkeiten.
Der bei vielen amerikanischen Universitäten
obligatorische TOEFL-Test muss bei der Bewerbung am College of Charleston nicht
vorgelegt werden.
Für Fragen betreffend des Visum Antrages verweise ich auf die Checkliste meiner
Redakteurskollegin Anke, die selber für ein Semester in Kalifornien studiert hat
(http://transatlanticpartners.org/fileadmin/files/documents/Studium_in_den_USA/Checkliste_Studium_in
_den_USA.pdf). Zu beachten ist allerdings das vom College of Charleston ein
DS2019 Formular versandt wird und nicht wie in Ankes Beispiel ein I20.
Kurse, Kurswahl und deren Übernahme ins deutsche System
Bei der Auswahl meiner Kurse lagen vor
allem diejenigen im Vordergrund, deren
Thematik in Deutschland nicht angeboten
wird. Insgesamt belegte ich 4 Kurse zu je
drei Credit Points. Eine Mindestanzahl
von 9 Credit Points im Wintersemester ist
notwendig um die Bafög Förderung, auf
die ich später noch genauer eingehen
werde, zu erhalten. Auch der Ablauf und Seminargebäude auf dem Campus
der dazugehörige Arbeitsaufwand eines
Kurses unterscheiden sich stark von dem in Deutschland. Die Kurse am College of
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Charleston finden im Gegensatz zu Deutschland 2-3 mal in der Woche statt und
dauern insgesamt 3 Stunden in der Woche. In Deutschland ist es üblich am Ende
des Semesters eine größere Arbeit abzugeben, bzw. zu bestehen. Im US
amerikanischen akademischen System sind diese jedoch auf das Semester verteilt.
Sprich es gibt nicht nur eine, sondern mehrere Klausuren innerhalb des Semesters.
Hausarbeiten
werden
oftmals
begleitet
durch
Bibliographien,
kommentierte
Bibliographien, Buchrezessionen oder dem stückweisen Aufbau einer Hausarbeit.
Dies ist größtenteils dadurch geschuldet dass, anders als in Deutschland, keine
großen Semesterferien zwischen dem Winter- und dem Sommersemester für die
Anfertigung einer Hausarbeit zur Verfügung stehen und damit die Abgabetermine am
Ende des Semesters stehen. Auch ist der geforderte Leseaufwand, speziell im
Bereich der Geisteswissenschaften, um ein Vielfaches höher als in Deutschland.
Oftmals wird amerikanischen Universitäten ein hoher Grad an Verschulung attestiert.
Ganz von der Hand weisen lässt sich diese Beobachtung nicht, der Grad ist jedoch
zumindest am College of Charleston meiner Ansicht nach nicht so gravierend wie er
für den Rest der USA angenommen wird. Wohingegen Kurse in Deutschland
vorwiegend auf den Fähigkeiten des Dozenten ruhen, so sind Kurse in den USA
meiner Ansicht nach mehr auch von der Mitarbeit der Studierenden geleitet. Dies
birgt Risiken wie Vorteile. Das Risiko ist, dass sich das Niveau des Kurses dem der
Studierenden angleichen kann, wobei dies nur dem akademischen Level schadet
wenn auch der Level der Studierenden geringer ist. Ein Vorteil ist, dass die
Studierenden mehr dazu angeregt werden kreativ mit ihrem Wissen umzugehen und
bestehende
mit
neuen
Erkenntnissen
zu
verknüpfen.
Eine
amerikanische
Professorin, die für eine Zeit an der Universität in Trier lehrte, bestätigte mir, dass
das
Wissensniveau
deutscher
Studierender
zum
Beispiel
in
Bezug
auf
Politikwissenschaftliche Theorien, im Allgemeinen größer ist als das amerikanischer
Eingangsbereich der Marlene and Nathan Addlestone Universitätsbibliothek
Studierender, diese in deren Umgang und Anwendung jedoch wesentlich kreativer
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und offener sind. Ein weiterer Vorteil besteht in der geringen Größe der Kurse. Kurse
mit weniger als 30 Studierenden sind eher die Regel als die Ausnahme.
In Deutschland hat man zwei Möglichkeiten sich von der heimischen Universität
„abzumelden“. Dies ist zum einen das Auslandssemester und zum anderen das
Urlaubssemester. Das Auslandssemester erlaubt einem bei Rückkehr nach
Deutschland im dort laufenden Semester Prüfungen abzulegen. Bei einem
Urlaubssemester ist dies nicht möglich. Jedoch zählt bei dieser Option das
Auslandssemester nicht in die Studienzeit in Deutschland mit ein, da man das
Auslandssemester im Urlaubssemester absolviert hat. Da ich noch in einem
Magisterstudiengang studiere ist die Anerkennung meiner akademischen Leistungen
aus den USA wesentlich einfacher als im stark systemischen Bachelorstudiengang.
Es ist daher empfehlenswert sich genau darüber zu informieren ob eventuell bei
einem Urlaubssemester erbrachte Leistungen in den USA in Deutschland nicht
anerkannt werden.
Kosten, Finanzierung etc.
Das College of Charleston ist eine staatliche Universität, jedoch zum größten Teil
privat finanziert. Dies erklärt auch die sehr hohen Studiengebühren; auch im
Vergleich zu anderen US amerikanischen Universitäten. Die Studiengebühren
betragen „in-state“ knapp 5000 $ und „out of-state“ knapp 12.000 $, für ein Semester.
Durch
unser
Partners“
Projekt
wusste
bestehenden
ich
„Transatlanticvon
dem
Partnerschaftsabkommen
zwischen Rheinland-Pfalz und South
Carolina, aufgrund dessen rheinlandpfälzische
Studierende
als
South
Carolinians gelten und somit nur die
wesentlich geringere „in-state tuition“
bezahlen
müssen.
Das
bereits
angesprochene
Auslandsbafög Sieg der CofC Cougars
übernimmt Studiengebühren in Höhe von Basketballmannschaft
bis zu 4000 Euro. Je nach Wechselkurs
können somit die gesamten anfallenden Studiengebühren vom Auslandsbafög
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übernommen werden. Da der Bemessungssatz des Auslandsbafög höher ist als der
des Inlands empfiehlt es sich das Beantragen auf jeden Fall in Betracht zu ziehen, da
die Studiengebühren unabhängig von der Höhe der Förderungssumme gezahlt
werden. Zu den genannten Studiengebühren kommen zudem die in Charleston
überdurchschnittlich hohen Mietkosten. Unter http://reslife.cofc.edu/?page=fees
finden Sie die aktuellen Mietkosten für die Studentenwohnheime (on-campus). Da
ausländische Studierende generell älter sind als amerikanische, speziell am College
of Charleston da dieses weniger Master Kurse anbietet, werden diese in den
„upperclassmen only“ Wohngebäuden untergebracht. Die Mietpreise beziehen sich
auf ein Jahr und müssen somit für ein Semester halbiert werden. Bei der „Standart
Rate“, also dem Preis für ein Zimmer das mit anderen geteilt wird, ist der
angegebene Preis pro Person und nicht für das gesamte Zimmer. Dies hat bei mir
anfangs zu einiger Verwirrung geführt. Im Mietpreis inbegriffen sind Strom, Wasser,
Internet und TV. Eine hilfreiche Internetseiten für off-campus Apartments ist:
http://charleston.craigslist.org/. Bei der Anmeldung für das on-campus housing, die
erst nach der eigentlichen Zulassung für das College möglich ist und über das
Onlineportal des CofC läuft, werden sie gefragt ob sie einen der angebotenen
Mealplan’s erwerben möchten. Der Kauf eines dieser Mealplan’s ist jedoch nur für
Erst- und Zweitsemester aus den USA verpflichtend. Die Hauptmensa des CofC hat
7 Tage in der Woche geöffnet und bietet Frühstück, Mittag und Abendessen an. Das
Angebot ist immens und das Essen in der Hauptmensa beinhaltet „all you can eat
and drink“. Ich persönlich hatte mir den „100 Meals PLUS! Block Plan“ (die
verschiedenen
Meal Plans finden
Sie unter
http://www.campusdish.com/en-
US/CSSE/Charleston/MealPlans/) für knapp über 1000 Dollar gekauft. Den Kauf
eines dieser Pläne kann ich jedoch nicht
empfehlen, da man auch ohne solchen in
den Mensen essen gehen kann und durch
den Kauf nur unwesentlich mehr spart. Das
Manko ist, dass man den Vorteil der
Flexibilität verliert, zum Beispiel auswärts
oder auch mal daheim kochen zu können.
Als Auslandskrankenversicherung kann ich
diejenige von STA Travel empfehlen, da sie
Ashley River in der Nähe von Downtown
speziell
Charleston
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für
die
Länge
des
Lukas D. Herr ([email protected])
Auslandsaufenthalts
anpassbar
ist.
Die
von
STA
Travel
angebotene
Krankenversicherung ist von HanseMerkur, die in der Finanztest Ausgabe vom
August 2010 der Stiftung Warentest mit sehr gut bewertet wurde. Das Auslandsbafög
übernimmt einen kleinen Betrag dieser Krankenversicherung. Auf die Eröffnung eines
Bankkontos habe ich in den USA verzichtet, da das Einkaufen mit Kreditkarte überall
problemlos
möglich
ist
und
für
Studenten
keine
Gebühren,
außer
Abrechnungsgebühren, für eine Kreditkarte (Visa bei der Sparkasse) anfallen. Bei
Bargeldabhebungen sollte man darauf achten immer größere Beträge abzuheben, da
die anfallenden Kosten somit relativ kleiner werden. Durch das inzwischen populäre
Onlinebanking war auch der Überblick über meine Konten und Überweisungen
problemlos möglich.
Resümee
Das Auslandssemester am College of Charleston war jede Sekunde und Minute wert,
die ich in die Organisation und dem Zustandekommen investierte. Charleston ist eine
wundervolle Stadt und wurde Ende 2011 von den Lesern des Conde Nast Traveler
Magazins verdient auf den ersten Platz als Amerikas Top Reiseziel gewählt (vor San
Francisco, Chicago oder New York). Es lässt sich mit Sicherheit sagen, dass die
Beziehung
Charlestons
zu
seinem
College eine symbiotische ist. So gibt
Charleston als Studienort eine tolle Wahl
ab, wobei die Studenten wiederum die
Stadt internationalisieren, verjüngen und
vitalisieren.
Wer
das
amerikanische
Greek Life kennen lernen möchte ist am
College of Charleston bestimmt nicht fehl
am Platz, doch auch die Lehre macht das
CofC
Maskottchen und Symbol der College of
Charleston Cougars: der Puma
zu
einem
lohnenden
Auslandssemester. Das Studieren unter
alten, mit Spanish Moss bewachsenen
Eichen und das Leben auf und mit einem jahrhundertealten Campus lassen einem
die aus vielen Filmen und Erzählungen bekannte Amerikanische Collegeatmosphäre
aus eigener Hand miterleben.
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