Straubinger Tagblatt_17.11.2014
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Straubinger Tagblatt_17.11.2014
ZTG TAG 1 LANDKREIS 18.11.2014 18_ta_pem 17.11.14 09:37:52 Der beste Schüler war ein Waisenkind Reisebericht von Josef Gold über seinen Besuch in der Schule von Connecting Continents auf Pemba I m Januar 2006 begann das erste Schuljahr an der Schule des Vereins Connecting Continents auf der Insel Pemba (Tansania). 130 Schüler wurden damals eingeschult. In den vergangenen Jahren hat sich die Schule sehr positiv entwickelt. Inzwischen wurde sie sogar zur Secondary School ausgebaut. Jedes Jahr fährt der Mitbegründer des Vereins, Josef Gold, nach Pemba, um sich vor Ort ein Bild zu machen. Hier sein Reisebericht: Niemand konnte mir einleuchtend erklären, warum die Abschlussfeiern aller Schulen in Pemba und Sansibar, deshalb auch bei unserer Schule, vor dem Schreiben des Examens gemacht werden. Auch wenn es alle Schulen so machen und die Schüler nach der Prüfung natürlich sofort nach Hause wollen, ist es für mich nicht einleuchtend. Die Prüfungsergebnisse werden erst nach etwa drei bis vier Monaten bekannt gegeben. Die Zertifikate werden gleich nach der Übergabe an die Schüler wieder eingesammelt. Aber man braucht hier ja nicht alles verstehen. Somit begannen die Schüler am Montag, 3. November, ihr Examen zu schreiben, abgeschlossen hatten sie dies am 17. November Die Abschlussfeier am 1. November war wunderbar und rührend. Es waren nicht nur die 44 Form IV Schüler versammelt, sondern alle 280 Schüler unserer Schule, die Lehrer, die Vertreter der Regierung, der Elternbeirat, die Eltern und natürlich die Kinder aus dem Dorf. Bis auf die kleinen Dorfkinder hatten alle ihren vorgegebenen Platz im Schulhof. Sie eroberten sich jedoch mit der Zeit einen Platz ganz nahe am Geschehen. Von dort ließen sie sich nicht mehr vertreiben, denn auch für sie war das natürlich der Höhepunkt des Jahres. Die 22 Mädchen der Abschlussklasse kamen in wunderschönen Kleidern. Ein Kleid kostet etwa zehn Euro. Bei der Feier mussten sie diese aber gegen die Schulkleidung tauschen. Das Besondere an der Feier war dieses Mal, dass zwei Schüler der Form III durch das Programm der drei bis vierstündigen Abschlussfeier führten. Bisher hatte dies ein Lehrer übernommen. Connecting safy-safy… Die Schüler der Form I bis III – die Mehrheit waren Mädchen – begannen Lieder, meistens in Kiswahili, vorzutragen. Lieder über das Leben, aber auch über unseren Verein, die Lehrer, Eltern und Mitschüler. Eine Schülerin der Abschlussklasse erzählte auf lustige Weise die „Highlights“ des letzten Schuljahres. Es wurde viel gelacht und einzelne Schüler zeigten sich erkenntlich. Auch die Lehrer wurden erwähnt, diese standen auf und gaben der Schülerin Geld. Das kam mir vor wie das Danken früher bei einer großen Hochzeit mit Hochzeitslader. Ich war sehr stolz auf unsere Schüler, vor allem auf die Mädchen, weil sie so selbstbewusst auftraten. Die 44 Form IV Absolventinnen und Absolventen mit ihren Zeugnissen. Ich habe mir gedacht, sie werden ihren „Mann“ im Leben stehen. Zwischen den Liedern stand ein Streitgespräch zwischen je fünf Schülerinnen. Die einen waren für eine Schulausbildung, weil sie der Schlüssel fürs Leben ist (key of life), die anderen sahen das Ganze als unnütz an, wollten lieber „fun“ haben, einen reichen Mann heiraten usw. Letztendlich überzeugten die fünf Mädchen, die für eine gute Schulausbildung eintraten, die anderen, welche die Seiten wechselten. Gesponserte Essenspakete Nach ein paar kurzen Worten unserer Schuldirektorin Mrs. Mwaache dauerte die Ansprache des Regierungsvertreters wie immer viel zu lange. Man unterbrach ihn des Öfteren mit Klatschen in der Hoffnung, er höre endlich auf zu reden, damit die Zertifikate überreicht werden und sich dann alle auf das von Connecting Continents gesponserte Lunchpaket stürzen konnten. Die kleinen Kinder hatten das als Erste begriffen. Es wurden dann die besten Schüler in den einzelnen Fächern ausgezeichnet und der beste Schüler in allen Fächern war ein Waise. Sein Name Ali Nassor Schaaban. Es war rührend, wie sein Onkel ihn drückte als er die Urkunde bekam. Ohne unsere Unterstützung hätte er wohl keine Chance gehabt, eine sekundäre Schule zu besuchen. Man kann die Eindrücke leider nicht genau so auf Papier bringen, wie man sie vor Ort erlebt hat. Man kann sie nur dankbar im Herzen abspeichern. Der Dank kommt von allen Seiten. Neues von der Schule Der Traum von einem Schulgarten wird wahr. Es war kaum zu glauben, was ich sah, als mich unser Lehrer Mr. Sulemann durch unser 15000 Quadratmeter großes Gelände führte. Auf großen Flächen ist jetzt Gemüse angebaut (Tomaten, Paprika etc.). Auch die unterschiedlichsten Früchte wie Ananas, Papayas, Mangos oder auch Nüsse, Die 22 Mädchen der Abschlussklasse kamen in wunderschönen Kleidern. Nelken und vieles mehr ließen sich finden. Es gibt eine Gruppe von etwa 30 Schülern (Mädchen und Buben), die sich um den Schulgarten kümmern. Ihr großer Wunsch ist eine Tröpfchenbewässerung und Werkzeuge. Diesen Wunsch möchten wir ihnen gerne erfüllen. Ich bekomme tatsächlich eine noch nicht ganz reife Ananas mit nach Hause. Die zehn Wasserhähne im Schulhof sind mittlerweile auch installiert und werden auch genutzt. Die meisten Schüler der Abschlussklasse bewohnen zwei Häuser in der Nähe der Schule, um sich besser auf das Examen vorbereiten zu können. Hier haben sie die Möglichkeit, in unserer Schule auch nach dem Unterricht mit den Lehrern bis spät in den Abend hinein zu lernen. Wir haben genügend Stühle und Schreibtische und dank der Photovoltaikanlage immer genügend Licht. Zuhause geht das nicht. Weitere Vorteile sind, dass die Schüler zu einer Gemeinschaft zusammen wachsen, sich gegenseitig helfen, gemeinsam kochen und die Häuser sauber halten. Wunder gibt es wohl auch Mr. Nkuba, ein Lehrer, der schon seit Anfang an dabei ist, lud uns am ersten Tag zum Abendessen ein. Er ist mittlerweile verheiratet und hat zwei Kinder, er ist der einzige Christ und leitet als Pastor eine christliche Gemeinde mit 61 Mitgliedern. Mir war eigentlich nach der Einladung der Hunger wegen meiner Vorsorge für den Magen vergangen, aber aus Höflichkeit konnten wir nicht absagen. Ich kannte seine bisherigen Wohnverhältnisse, die nicht sehr einladend waren. Er führte uns zu einem kleinen Hügel, der nur zu Fuß erreichbar ist. Die nächste Straße ist etwa 500 Meter entfernt. Hier auf dem Hügel entstanden im letzten Jahr zwei Häuser, eine kleine Kirche mit Einliegerwohnung und ein kleiner Kindergarten, den auch sieben Moslem Kinder besuchen. Er wohnt gemeinsam mit seiner Frau, die den sonderbaren Namen „Happiness“ trägt, seinen zwei Kindern und der Schwester und dem Bruder seiner Frau in einem Haus. Das Haus ist für dortige Verhältnisse sehr gut eingerichtet. Es gibt einen Stromanschluss sowie fließend Wasser mit wenig Druck. Es gab Reis mit Gemüse und zwei kleine Stücke Fleisch darin. Ich fragte ihn, ob das alles die Kirche bezahlt hat. Er erzählte, dass er einen Sponsor in Schweden hat. Dieser hat Beziehungen zu einem Mitglied der Kirchengemeinde, besuchte diese und erzählte, dass er sehr krank sei. Die ganze Kirchengemeinde betete für ihn und er wurde anscheinend deswegen wieder gesund. Als Dank spendete er der Kirchengemeinde diese Gebäude. Mr. Nassor, der Lehrer, der vor einem Jahr geheiratet hat, hat mittlerweile ein Baby, genauso wie un- sere Direktorin. Mrs. Fadhila, unsere stellvertretende Direktorin, ist jetzt im November, nach 18 Monaten, von ihrem Weiterbildungsstudium wieder zurück gekommen. Ein anderer Lehrer, Mr. Ali, nimmt unser Angebot an und beginnt als nächster mit dem Weiterbildungsstudium. Beste Schule der Region Unsere Lehrer sind ein Team, ein großartiges Team. Sie schauen nicht auf die Stunden, sondern helfen den Schülern auch abends zu lernen. Sie sind uns dankbar und stolz, dass sie bei Connecting Continents unterrichten dürfen. Es spricht sich mittlerweile rum, dass unsere Schule, nicht nur von den Resultaten der Schüler her, die beste Schule in der Region ist. Mit einer Lehrerkonfe- renz beendete ich meinen Aufenthalt. Es ging um eine Krankenversicherung für unsere Angestellten. Sie kostet sechs Prozent vom Lohn. Die Angestellten und wir als Arbeitgeber zahlen jeweils drei Prozent. Ein Lehrer übernimmt ab dem kommenden Jahr die Hausmeistertätigkeiten und kümmert sich um die Computer. Dafür wird ein neuer Arbeitsvertrag mit ihm gemacht. Die Toiletten müssen im Dezember renoviert werden. Von deren Zustand war ich enttäuscht. Die Abnutzung ist halt in einer Schule größer als im Privatgebrauch. Durch die hohe Schülerzahl kommen wir mit unserer Photovoltaikanlage sowie mit unserem Wasserbrunnen an unsere Grenzen. In unserer Schule haben etwa 60 Schüler keinen Stromanschluss zu Hause. Es hat sich ein Sponsor gefunden, der 60 Stück kleiner Solar-HomeSystems spendet, bestehend aus einem Solarmodul, drei LED Leuchten mit Batterie, und Equipment. Mit dem nächsten Container im Dezember/Januar geht das mit runter. Fadhili geht es gut In Sansibar traf ich Fadhili, den Buben, der vor fünf Jahren in Deutschland operiert wurde und jetzt wieder laufen kann. Er hat gerade sein Studium erfolgreich beendet, wird wohl nächstes Jahr nochmal Deutschland besuchen. Er wird jetzt einen Job im Bereich der Solarenergie in Sansibar bekommen. Es geht im wunderbar. ■ Info Spenden an den Verein Connecting Continents an die Sparkasse Niederbayern Mitte, BLZ: 74250000, Kontonummer: 240322966. „Drama Lucia“ Geschichte: Der Wert von Mädchen und Buben Das Stück heißt „Drama Lucia“ und beinhaltet die Geschichte von der Wertigkeit von Mädchen und Buben. Geschrieben hatte sie der Vater eines Schülers. Gespielt wurde das Stück bei der Abschlussfeier von Schülern der Schule. Alle waren begeistert, auch die Eltern … Die Eltern hatten einen Sohn „der Erstgeborene“ und ein Mädchen. Das Mädchen wollte unbedingt in eine weiterführende Schule gehen. Die Eltern, vor allem der Vater, waren strikt dagegen. Schulausbildung ist nur was für Söhne, nichts für Mädchen, sie sollen heiraten, dann sind sie versorgt. Das Mädchen Lucia war total traurig. In ihrer Schule wurde über die Ansichten der Eltern diskutiert. Auch die Vorsprache der Lehrerin konnte die Eltern nicht überzeugen. Bei einem Streit, wird das Mädchen verstoßen und flüchtet aus dem Haus. Der Sohn, der als Erstgeborener das Haus der Familie bekommen hatte, kam in schlechte Gesellschaft. Wollte von Schule nichts wissen, nahm Drogen und verkaufte das Haus seiner Eltern, um mit seinen Freunden die Drogen weiter zu finanzieren. Lucia verliebte sich währenddessen in einen Arzt, besuchte auf eigene Faust eine Schule und bekam die Situation ihres Bruders und dem Hausverkauf mit. Der Arzt kaufte heimlich das Haus ihrer Eltern. Als die Eltern den Verkauf des Hauses mitbekommen, konnten sie es gar nicht glauben, dass ihr heißgeliebter Sohn so was macht. Sie müssen aus dem Haus ausziehen. Ihr Elend ist vorprogrammiert. Zur Rettung kommt die verstoßene Tochter nach Hause mit ihrem Freund. Die Eltern berichten von ihrem Elend, ihrem Sohn, den die Polizei mittlerweile verhaftet hat. Als die Tochter erzählt, dass ihr Freund das Haus zurückkaufte und sie nicht ausziehen brauchen, war die Freude riesengroß und sie entschuldigten sich bei der Tochter für ihr Benehmen. Die Moral der Geschichte: Töchter können wertvoller sein als Buben. (sinngemäß wiedergegeben aus dem Kiswahili ins Deutsche) Die zehn Mädchen bei der Aufführung des Stückes „Drama Lucia“.