Gelbverzwergungsvirus im Wintergetreide
Transcrição
Gelbverzwergungsvirus im Wintergetreide
36 Pflanze BAUERNBLATT l 4. April 2015 ■ Auf einigen Flächen verstärkter Virusbefall Gelbverzwergungsvirus im Wintergetreide nen somit als Virusreservoir, beispielsweise mehrjährige Gräser oder Schilf. Ausfallgetreide und Mais dienen hingegen als Zwischenwirte und werden auch als „Grüne Brücke“ zum Getreide bezeichnet. Das Gelbverzwergungsvirus der Gerste(BYDV)istdiebedeutendste Viruserkrankung des Getreides und wird ausschließlich durch Getreideblattläuse als Virusvektoren übertragen. Je mehr Blattläuse im Herbst in die Bestände fliegen, desto größer ist generell die Infektionsgefahr für die jungen Getreidepflanzen, auch wenn längst nicht jede Blattlaus das Gelbverzwergungsvirus in sich trägt. Die sehr warme Witterung im vergangenen Herbst führte zu einem örtlich starken Zuflug von Getreideblattläusen in die Bestände. In der Folge zeigten sich auf einigen Gerstenflächen bereits im November Symptome, die eindeutig als BYDV diagnostiziert wurden. Wie ist die Situation im Wintergetreide nach dem milden Winter einzuschätzen? Genau genommen ist das Gelbverzwergungsvirus der Gerste ein Komplex aus verschiedenen Virusstämmen, die jeweils besonders effektiv von bestimmten Blattlausarten übertragen werden. Die Symptome sind zum Beispiel in der Wintergerste Vergilben und Zwergwuchs durch Verstopfung der Leitungsbahnen. Als Virusüberträger kommen vor allem die drei Getreideblattlausarten Enorme Blattlausvermehrung im Herbst In der Ausfallgerste konnten sich die Getreideblattläuse im warmen September enorm vermehren. Von dort erfolgte in windstillen Witterungsphasen ein starker Zuflug in die Getreidebestände. Die anhaltend sommerliche Witterung im September und Oktober vergangenen Jahres führte zur Entwicklung großer Populationen von Getreideblattläusen im Ausfallgetreide und auf manchen Maisschlägen. Örtlich erfolgte von dort aus in warmen und windstillen Witterungsphasen ein erheblicher Blattlauszuflug in die Getreidebestände. Betroffen waren insbesondere früh gedrillte Gersten- und Weizenflächen, auf denen sich an den einzelnen Pflanzen kurzfristig Kolonien bildeten. Aber auch in Ende September/Anfang Oktober gedrillten Beständen war bis Mitte Oktober noch eine deutliche Besiedelung durch Getreideblattläuse festzustellen. infrage: Die Große Getreideblattlaus (Sitobion avenae), die Haferblattlaus (Rhopalosiphon padi) und die Bleiche Getreideblattlaus (Metopoplophium dirhodum). Die Getreideblattläuse können das Gelbverzwergungsvirus von verschiedenen anderen Pflanzen auf die Getreidekultu- Zunehmender Befallsdruck, ren übertragen, das Virus hat mehr frühe Symptome als 100 Wirtspflanzen. Einige von diesen beherbergen das GelbverDie Belastung des Ausfallgetreizwergungsvirus dauerhaft und die- des und auch der Blattläuse mit dem Gelbverzwergungsvirus war nach stichprobenartigen Untersuchungen des Pflanzenschutzdienstes der Landwirtschaftskammer zunächst sehr gering. Aufgrund der sehr hohen Anzahl zugeflogener Läuse war jedoch dennoch von einer insgesamt erhöhten Infektionsgefahr durch BYDV auszugehen. Entsprechende Hinweise wurden auch über den Warndienst und das Bauernblatt veröffentlicht. Es war davon auszugehen, dass sehr frühe Bekämpfungsmaßnahmen gegen die Virusvektoren nicht erforderlich waren, da die zugeflogenen Läuse sich normalerweise zunächst einige Zeit auf den ausgewählten Pflanzen vermehren. Sie wechseln dann erst später auf Nachbarpflanzen und übertragen damit das Verzwergungsvirus sekundär. Dies sollte bei einem stärkeren Befall durch einen Insektizideinsatz verhindert werden, in früh aufgelaufenen Beständen aufgrund der bereits weit entwickelten Blattlauskolonien ab Mitte Oktober, in den späteren Beständen spätestens Ende Oktober. In einigen Fällen ist es jedoch trotz spät durchgeführter Bekämpfungsmaßnahmen bereits im Herbst zu deutlichen Befallssymptomen auf betroffenen Gerstenflächen gekommen. Offenbar können Blattläuse ■ BAUERNBLATT l 4. April 2015 nen zum Beispiel folgende Insektizide eingesetzt werden: Bulldock, Decis forte, Fastac SC Super Contact, Iro, Kaiso Sorbie, Karate Zeon, Lambda WG, Mavrik, Sumicidin Alpha EC, Trafo WG. FAZIT Nach dem Zuflug in die Wintergerste begannen die geflügelten Getreideläuse umgehend mit der Vermehrung. Die lebend geborenen Nachkommen dieser Großen Getreideblattlaus waren im vergangenen Herbst bereits innerhalb weniger Tage selbst in der Lage, Nachkommen zu erzeugen. unter solchen besonderen Witterungsbedingungen wie im September/Oktober ganz erheblich aktiver in den Gerstenbeständen sein, als bisher bekannt war. Befallskontrollen im Frühjahr sind nötig Da eine Lebendüberwinterung von Getreideläusen aufgrund des milden Winters absolut wahrscheinlich ist, sollten im Frühjahr in betroffenen Beständen Befallskontrollen durchgeführt werden. Besonders im Winterweizen besteht die Gefahr einer verbreiteten Frühjahrsinfektion mit BYDV, falls ein massiver Neuzuflug der Großen Getreideblattlaus erfolgt. Diese Lausart kann das Gelbverzwergungsvirus von anderen befallenen Gräsern in die Bestände übertragen. Zur Bekämpfung kön- Die aufgrund der warmen Witterung im September und Oktober möglich gewordene enorme Blattlausvermehrung im Ausfallgetreide führte in Teilen Schleswig-Holsteins schlagspezifisch zu einem erheblichen Blattlauszuflug mit nachfolgendem GelbverzwergungsvirusBefall in den Getreidesaaten. Bedingt durch die anhaltend milden Temperaturen waren die zugeflogenen Blattläuse dann auch im Wintergetreide sehr aktiv und verbreiteten dort das Gelbverzwergungsvirus weiter. Auf einigen früh gedrillten Gerstenflächen zeigten sich bereits frühzeitig im November starke Symptomausprägungen, wie sie bei einem ähnlichen Befallsdruck normalerweise erst im Frühjahr auftreten. In den nächsten Tagen und Wochen werden sich auch im Winterweizen erste Virussymptome zeigen. Da eine Lebendüberwinterung der Getreideläuse aufgrund des milden Winters möglich war, sollten im Frühjahr auf betroffenen Beständen Befallskontrollen durchgeführt werden. Dr. Gert Petersen Landwirtschaftskammer Tel.: 0 43 31-94 53-387 [email protected] Solche bereits im Herbst sichtbaren ausgeprägten Virussymptome wie in diesem Gerstenbestand traten in den anderen Jahren bei ähnlicher Befallslage erst im Frühjahr auf. Fotos: Dr. Gert Petersen