Gelbverzwergungsvirus im Wintergetreide

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Gelbverzwergungsvirus im Wintergetreide
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Pflanze
BAUERNBLATT l 4. April 2015 ■
Auf einigen Flächen verstärkter Virusbefall
Gelbverzwergungsvirus im Wintergetreide
nen somit als Virusreservoir, beispielsweise mehrjährige Gräser oder
Schilf. Ausfallgetreide und Mais dienen hingegen als Zwischenwirte und
werden auch als „Grüne Brücke“
zum Getreide bezeichnet.
Das Gelbverzwergungsvirus der
Gerste(BYDV)istdiebedeutendste
Viruserkrankung des Getreides
und wird ausschließlich durch Getreideblattläuse als Virusvektoren
übertragen. Je mehr Blattläuse im
Herbst in die Bestände fliegen, desto größer ist generell die Infektionsgefahr für die jungen Getreidepflanzen, auch wenn längst nicht
jede Blattlaus das Gelbverzwergungsvirus in sich trägt.
Die sehr warme Witterung im vergangenen Herbst führte zu einem
örtlich starken Zuflug von Getreideblattläusen in die Bestände. In der
Folge zeigten sich auf einigen Gerstenflächen bereits im November
Symptome, die eindeutig als BYDV
diagnostiziert wurden.
Wie ist die Situation im Wintergetreide nach dem milden Winter einzuschätzen?
Genau genommen ist das Gelbverzwergungsvirus der Gerste ein Komplex aus verschiedenen Virusstämmen, die jeweils besonders effektiv
von bestimmten Blattlausarten
übertragen werden. Die Symptome
sind zum Beispiel in der Wintergerste Vergilben und Zwergwuchs durch
Verstopfung der Leitungsbahnen.
Als Virusüberträger kommen vor allem die drei Getreideblattlausarten
Enorme Blattlausvermehrung
im Herbst
In der Ausfallgerste konnten sich die
Getreideblattläuse im warmen September enorm vermehren. Von dort
erfolgte in windstillen Witterungsphasen ein starker Zuflug in die Getreidebestände.
Die anhaltend sommerliche Witterung im September und Oktober
vergangenen Jahres führte zur Entwicklung großer Populationen von
Getreideblattläusen im Ausfallgetreide und auf manchen Maisschlägen. Örtlich erfolgte von dort aus in
warmen und windstillen Witterungsphasen ein erheblicher Blattlauszuflug in die Getreidebestände.
Betroffen waren insbesondere früh
gedrillte Gersten- und Weizenflächen, auf denen sich an den einzelnen Pflanzen kurzfristig Kolonien
bildeten. Aber auch in Ende September/Anfang Oktober gedrillten Beständen war bis Mitte Oktober noch
eine deutliche Besiedelung durch
Getreideblattläuse festzustellen.
infrage: Die Große Getreideblattlaus
(Sitobion avenae), die Haferblattlaus
(Rhopalosiphon padi) und die Bleiche Getreideblattlaus (Metopoplophium dirhodum). Die Getreideblattläuse können das Gelbverzwergungsvirus von verschiedenen anderen Pflanzen auf die Getreidekultu- Zunehmender Befallsdruck,
ren übertragen, das Virus hat mehr
frühe Symptome
als 100 Wirtspflanzen. Einige von
diesen beherbergen das GelbverDie Belastung des Ausfallgetreizwergungsvirus dauerhaft und die- des und auch der Blattläuse mit
dem Gelbverzwergungsvirus war
nach stichprobenartigen Untersuchungen des Pflanzenschutzdienstes der Landwirtschaftskammer zunächst sehr gering. Aufgrund der
sehr hohen Anzahl zugeflogener
Läuse war jedoch dennoch von einer insgesamt erhöhten Infektionsgefahr durch BYDV auszugehen.
Entsprechende Hinweise wurden
auch über den Warndienst und das
Bauernblatt veröffentlicht. Es war
davon auszugehen, dass sehr frühe
Bekämpfungsmaßnahmen gegen
die Virusvektoren nicht erforderlich
waren, da die zugeflogenen Läuse
sich normalerweise zunächst einige
Zeit auf den ausgewählten Pflanzen vermehren. Sie wechseln dann
erst später auf Nachbarpflanzen
und übertragen damit das Verzwergungsvirus sekundär. Dies sollte bei
einem stärkeren Befall durch einen
Insektizideinsatz verhindert werden, in früh aufgelaufenen Beständen aufgrund der bereits weit entwickelten Blattlauskolonien ab Mitte Oktober, in den späteren Beständen spätestens Ende Oktober. In einigen Fällen ist es jedoch trotz spät
durchgeführter Bekämpfungsmaßnahmen bereits im Herbst zu deutlichen Befallssymptomen auf betroffenen Gerstenflächen gekommen. Offenbar können Blattläuse
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nen zum Beispiel folgende Insektizide eingesetzt werden: Bulldock, Decis forte, Fastac SC Super Contact, Iro,
Kaiso Sorbie, Karate Zeon, Lambda
WG, Mavrik, Sumicidin Alpha EC,
Trafo WG.
FAZIT
Nach dem Zuflug in die Wintergerste
begannen die geflügelten Getreideläuse umgehend mit der Vermehrung.
Die lebend geborenen Nachkommen
dieser Großen Getreideblattlaus waren im vergangenen Herbst bereits innerhalb weniger Tage selbst in der Lage, Nachkommen zu erzeugen.
unter solchen besonderen Witterungsbedingungen wie im September/Oktober ganz erheblich aktiver
in den Gerstenbeständen sein, als
bisher bekannt war.
Befallskontrollen im
Frühjahr sind nötig
Da eine Lebendüberwinterung
von Getreideläusen aufgrund des
milden Winters absolut wahrscheinlich ist, sollten im Frühjahr in betroffenen Beständen Befallskontrollen
durchgeführt werden. Besonders im
Winterweizen besteht die Gefahr einer verbreiteten Frühjahrsinfektion
mit BYDV, falls ein massiver Neuzuflug der Großen Getreideblattlaus
erfolgt. Diese Lausart kann das Gelbverzwergungsvirus von anderen befallenen Gräsern in die Bestände
übertragen. Zur Bekämpfung kön-
Die aufgrund der warmen Witterung im September und Oktober möglich gewordene enorme Blattlausvermehrung im
Ausfallgetreide führte in Teilen
Schleswig-Holsteins schlagspezifisch zu einem erheblichen
Blattlauszuflug mit nachfolgendem GelbverzwergungsvirusBefall in den Getreidesaaten.
Bedingt durch die anhaltend
milden Temperaturen waren
die zugeflogenen Blattläuse
dann auch im Wintergetreide
sehr aktiv und verbreiteten dort
das
Gelbverzwergungsvirus
weiter. Auf einigen früh gedrillten Gerstenflächen zeigten sich
bereits frühzeitig im November
starke Symptomausprägungen,
wie sie bei einem ähnlichen Befallsdruck normalerweise erst
im Frühjahr auftreten. In den
nächsten Tagen und Wochen
werden sich auch im Winterweizen erste Virussymptome zeigen. Da eine Lebendüberwinterung der Getreideläuse aufgrund des milden Winters möglich war, sollten im Frühjahr auf
betroffenen Beständen Befallskontrollen durchgeführt werden.
Dr. Gert Petersen
Landwirtschaftskammer
Tel.: 0 43 31-94 53-387
[email protected]
Solche bereits im Herbst sichtbaren ausgeprägten Virussymptome wie in diesem Gerstenbestand traten in den anderen Jahren bei ähnlicher Befallslage erst
im Frühjahr auf.
Fotos: Dr. Gert Petersen