Schutz der biologischen Vielfalt bei Wandel von

Transcrição

Schutz der biologischen Vielfalt bei Wandel von
Haus der Natur
Biomasseanbau und Biodiversität
in Brandenburg
Potsdam, 9.10.2008
Schutz der biologischen
Vielfalt bei Wandel von
Landnutzung und Klima
Prof. Dr. Pierre L. Ibisch
Fachbereich für
Wald und Umwelt
Fachhochschule Eberswalde
Schutz der biologischen
Vielfalt bei Wandel von
Landnutzung und Klima
• TEIL 1
Landnutzungswandel, Klimawandel und
Biodiversitätserhaltung - eine globale
Perspektive
• TEIL 2
Klimawandel und Biodiversitätserhaltung - eine
allgemeine Perspektive
• TEIL 3
Globaler Wandel, Landnutzungswandel,
Klimawandel und Biodiversitätserhaltung Brandenburger Konsequenzen
• Coda
Naturschutz als Antwort
auf Landnutzungswandel
Bild:
http://www
.member.u
nioldenburg.
de/wilhelm
.topsch/ref
ormerproje
kt/Gruppe5
/
Ernst Rudorff
http://www.stadtarchivschaffhausen.ch/Biographien/1674.htm
Caspar David Friedrich (1774-1840): Der
einsame Baum.
1822, Öl auf Leinwand,
55 x 71 cm
Bild: http://www.smb.spk-berlin.de/gdr/s.html
Vom Naturschutz zur
Biodiversitätserhaltung
Die Vertragsparteien
- im Bewußtsein des Eigenwerts der biologischen Vielfalt sowie
des Wertes der biologischen Vielfalt und ihrer Bestandteile in
ökologischer, genetischer, sozialer, wirtschaftlicher,
wissenschaftlicher, erzieherischer, kultureller und
ästhetischer Hinsicht sowie im Hinblick auf ihre
Erholungsfunktion,
ferner im Bewußtsein der Bedeutung der biologischen Vielfalt
für die Evolution und für die Bewahrung der
lebenserhaltenden Systeme der Biosphäre, …
TEIL 1
Landnutzungswandel,
Klimawandel und
Biodiversitätserhaltung eine globale Perspektive
Conversion of forests to farmlands in Santa
Cruz, Bolivia
• 1975: Forested
landscape
• 2003: Large
corporate agricultural
fields transform the
landscape
Iguazú – home to endangered rain forests
Argentina
• 1973: Forest
cover is
extensive
throughout the
region
• 2003:
Extensive
deforestation in
Paraguay
Disturbances in forest cover in Arkhangelsk
Russia
• 1973: In some
places, large sections
of the forest have
been clear-felled
• 1987: Other places
show a block pattern,
where sections of
relatively undisturbed
forest are left between
clear-felled sections
• 2000
Impact of logging in British Columbia
Canada
• 1975-1999:
Shows the impact
of logging on
reasonably pristine
landscape
Ökosystemwandel:
Struktur und Funktion
•Seit 1945 mehr Land in
landwirtschaftl. Nutzfläche
verwandelt als in den
Jahrhunderten 18. und 19.
Agrarökosysteme 2000: 25% der Erdoberfläche
Weiteres Vordringen
der Landwirtschaft
http://news.mongabay.com/2007/0516-ethanol_amazon.html
Weiteres Vordringen
der Landwirtschaft
http://photos.mongabay.com/07/braz-sugar-600.jpg
Weiteres Vordringen
der Landwirtschaft
Raps-Anbauflächen in Deutschland
1880-2008 (in 1000 ha); Fläche für 2008:
Schätzung nach Aussaat 2007
http://www.biosicherheit.de/de/raps/landwirtschaft/47.doku.html
Weiteres Vordringen
der Landwirtschaft
Brandenburg
Weiteres Vordringen
der Landwirtschaft
Brandenburg
2004
2005
World Population (billions)
Human
population goes
global
Source: UN Population Division 2004; Lee, 2003; Population Reference Bureau
http://desip.igc.org/mapanim.html
http://news.bbc.co.uk/1/shared/spl/hi/world/06/urbanisation/html/urbanisation.stm
Auch Städter essen …
Mit welchem Land wirtschaften wir?
Bioproduktive Flächen
Net primary production of the actual vegetation in [gC/m²/yr]
© 2007 Alpen-Adria-Universität Klagenfurt
http://www.uni-klu.ac.at/socec/inhalt/1191.htm
Ökologischer Fußabdruck
www.footprintnetwork.org
Ökologischer Fußabdruck
www.footprintnetwork.org
Ökologischer Fußabdruck
www.footprintnetwork.org
Ökologischer Fußabdruck
www.footprintnetwork.org
Erste
Schlussfolgerungen –
ohne Klimawandel
• Von Malthus bis Meadows
und zur Hungerkrise des 21.
Jahrhunderts:
– und es gibt doch Grenzen des
Wachstums …
– endliche Flächen, endliche Biokapazität
weltweit
Thomas Robert
Malthus
(* 1766-1834)
http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Thomas_Malthus.jpg
Erste
Schlussfolgerungen –
ohne Klimawandel
• Kosten der Inanspruchnahme von Flächen /
Nettoprimärproduktion durch den Menschen
– Störung/Umwandlung von Ökosystemen, Verlust von
Habitaten und Populationen (bzw. Arten)
– Verlust von Funktionalität und Ökosystemdienstleistungen
– Naturschutz: allenfalls lokale Erfolge …
• Mit 9 Mrd. Menschen steht bald pro Kopf eine
geringere bioproduktive Fläche zur Verfügung als
heute in vielen Entwicklungsländern …
Erste
Schlussfolgerungen –
ohne Klimawandel
• Wachstum auf das
heutige Niveau durch
Nutzung fossiler
Primärproduktion
Emissions from Fossil Fuel + Cement
(1 Petagramm = 1 Mrd. Tonnen!)
Fossil Fuel Emission (GtC/y
2007 Fossil Fuel: 8.5 Pg C
9
8
Emissions
7
6
5
4
3
2
1
0
1850
1870
1890
1910
1930
1950
1970
1990
Year 2007 atmospheric CO2
concentration:
1990 - 1999: 0.9% y-1
383 ppm
2000 - 2007: 3.5% y-1
37% above pre-industrial
Data Source: G. Marland, T.A. Boden, R.J. Andres, and J. Gregg at CDIAC
2010
Historical Emissions from Land Use Change
Carbon Emissions from Tropical Deforestation
2000-2007
1.5 Pg C y-1
1.60
Africa
1.40
Latin America
1.20
S. & SE Asia
1.00
SUM
(16% total emissions)
(1 Petagramm = 1
Mrd. Tonnen!)
0.80
0.60
0.40
0.20
R.A. Houghton, unpublished
2000
1990
1980
1970
1960
1950
1940
1930
1920
1910
1900
1890
1880
1870
1860
0.00
1850
Pg C yr-1
1.80
Fossil Fuel Emissions: Actual vs. IPCC Scenarios
10
Fossil Fuel Emission (GtC/y)
9.5
9
8.5
8
7.5
CDIAC
IEAall
A1B(Av)
A1FI(Av)
A1T(Av)
A2(Av)
B1(Av)
B2(Av)
7
6.5
6
5.5
5
1990
1995
Raupach et al 2007, PNAS (updated)
2000
2005
2010
Klimawandel und
Biokapazität
Climate-Driven Increases in Global Terrestrial Net Primary Production from
1982 to 1999
Nemani, R. R., C. D. Keeling, H. Hashimoto, W. M. Jolly, S. C. Piper, C. J. Tucker,
R.B. Myneni and S. W. Running
Science, Volume 300, page 1560-1563 - June 2003
Klimawandel und
Biokapazität
Ciais et al., Nature,
September 2005
Europe-wide reduction in primary productivity caused by the heat and drought in
2003 - The reference ("normal") value is the average for the 1998-2002 period.
Noch mehr
Schlussfolgerungen –
mit Klimawandel
• Beeinträchtigung der
Biokapazität durch
Klimawandel
• Zusätzliche Verringerung
der verfügbaren Fläche /
Kopf
• Klimavariabilität =
steigendes
Produktionsrisiko
• Potenzieller Rückgang
der
Nahrungsmittelproduktion
in vielen Regionen
http://www.anra.gov.au/topics/publications/final-report/people.html
Noch mehr
Schlussfolgerungen –
mit Klimawandel und
anderen Trends
• Weitere schnelle Rohstoff-Verknappung
(inkl. Öl)
• Fortbestehende und sich entwickelnde Konflikte u.a. im
Nahen und Mittleren Osten
• Steigende Preise für Transport und Produktion
(Produktivitätssteigerung) der industriellen
Landwirtschaft
• Systemrisiken des globalisierten Marktes Sinken von
Bereitschaft zur Biodiversitätserhaltung bzw.
entsprechenden Ressourcen
• Steigende Bedeutung / Notwendigkeit der nationalen
bzw. regionalen Nahrungsmittelproduktion
TEIL 2
Klimawandel und
Biodiversitätserhaltung eine allgemeine
Perspektive
Klimawandel und Naturschutz
Klimawandel
Ökosysteme
KlimawandelMitigation
Nutzung,
räumliche
Verdrängung,
Stoffeinträge
Anpassung an
Klimawandel
Anthroposystem
Ibisch & Kreft – DNT 2008
Klimawandel
Kieferntriebsterben
Sphaeropsis
sapinea
http://www.apsnet.org/e
ducation/illustratedgloss
ary/PhotosNR/pycnidiospore.htm
Kartoffelrose
in NSG auf
Sylt
Kärnten, Juli 2006
Projizierter
Biomwechsel
2000/2100;
Scholze et al. 2006
Ibisch & Kreft – DNT 2008
Naturwandel durch
Klimawandel
Konventionelle
Bedrohungen
Veränderung der
Habitatqualität
Klimawandel
Wirkungen auf
andere Arten &
entspr. Reaktionen
Stress
Verbesserung der
Lebensfähigkeit
Verlust der
Lebensfähigkeit
Anpassung
z.B. durch
Arealveränderung
Neue biotische
Interaktionen
Naturschutzwandel?
Konventionelle
Bedrohungen
Veränderung der
Habitatqualität
Klimawandel
Wirkungen auf
andere Arten &
entspr. Reaktionen
Stress
Verbesserung der
Lebensfähigkeit
Wandel
akzeptieren!
Verlust der
Lebensfähigkeit
Anpassung
z.B. durch
Arealveränderung
Konservativkonservierende
status-quoorientierte
Zielsetzungen
überprüfen
Neue biotische
Interaktionen
Naturschutzwandel?
Konventionelle
Bedrohungen
Veränderung der
Habitatqualität
Klimawandel
Wirkungen auf
andere Arten &
entspr. Reaktionen
Stress
Verbesserung der
Lebensfähigkeit
Verlust der
Lebensfähigkeit
Anpassung
z.B. durch
Arealveränderung
Neue biotische
Interaktionen
Bekämpfung
„konventioneller“
Bedrohungen
muss weiterhin Ziel
sein
Naturschutzwandel?
Konventionelle
Bedrohungen
Veränderung der
Habitatqualität
Klimawandel
Wirkungen auf
andere Arten &
entspr. Reaktionen
Stress
Verbesserung der
Lebensfähigkeit
Verlust der
Lebensfähigkeit
Anpassung
z.B. durch
Arealveränderung
Neue biotische
Interaktionen
Bekämpfung des
Klimawandels als
neues zentrales
Ziel –
Beitrag zum
Klimaschutz!
Naturschutzwandel?
Konventionelle
Bedrohungen
Veränderung der
Habitatqualität
Klimawandel
Wirkungen auf
andere Arten &
entspr. Reaktionen
Stress
Verbesserung der
Lebensfähigkeit
Verlust der
Lebensfähigkeit
Anpassung
z.B. durch
Arealveränderung
Neue biotische
Interaktionen
Klimaschutz und
Naturschutz
müssen stärker
miteinander
verwoben werden
Naturschutzwandel?
Konventionelle
Bedrohungen
Veränderung der
Habitatqualität
Klimawandel
Wirkungen auf
andere Arten &
entspr. Reaktionen
Stress
Verbesserung der
Lebensfähigkeit
Verlust der
Lebensfähigkeit
Anpassung
z.B. durch
Arealveränderung
Neue biotische
Interaktionen
Verbesserung von
Lebensfähigkeit
(inkl. Resilienz) und
Unterstützung der
Anpassungsfähigkeit als
zentrale
Zielsetzungen
Naturschutzwandel?
Konventionelle
Bedrohungen
Veränderung der
Habitatqualität
Klimawandel
Wirkungen auf
andere Arten &
entspr.
Reaktionen
Stress
Verbesserung der
Lebensfähigkeit
Verlust der
Lebensfähigkeit
Anpassung
z.B. durch
Arealveränderung
Neue biotische
Interaktionen
Umgang mit
Komplexität –
Akzeptieren von
Unvorhersagbarkeit ⇒
adaptives
(systemischevolutionäres)
Management
Anpassung des
Naturschutzes
auf allen
hierarchischen
Ebenen
Ibisch, P.L. & S. Kreft (2008):
Anpassung an den Klimawandel: eine
systematische Analyse von
Handlungsoptionen für den Naturschutz.
Anliegen Natur 32: 3-23.
Kohärenz/ Konnektivität
Strategisch-adaptives
Management von SG
Szenarienplanung
Risikomanagement
Resilienz/
Anpassungsfähigkeit
stärken
Dynam.
Ziele
…
Translokation
Ökosystemdesign
TEIL 3
Globaler Wandel,
Landnutzungswandel,
Klimawandel und
Biodiversitätserhaltung Brandenburger
Konsequenzen
Konsequenzen aus
TEIL 1 mit Relevanz
für Brandenburg
• Global ist energetische Biomassenutzung keine
Option – im Gegenteil: Verschärfung der
Flächenproblematik (Hunger, Biodiversität),
Problematik der Klimawandelvulnerabilität
• Nahrungsmittelproduktion in Brandenburg:
wachsende Anforderungen sind wahrscheinlich
• Produktivitätssteigerung ist angesichts Klimawandel
unwahrscheinlich - Anpassungsbedarf
• Landwirtschaftliche Fläche bewahren und für
Nahrungsmittelproduktion vorsehen
• Gestresstes System Wald und Holzproduktion
Konsequenzen aus
TEIL 2 mit Relevanz
für Brandenburg
• Naturschutz auf allen Ebenen an Klimawandel
anpassen
• Flächenbedarf steigt eher: Naturschutz innerhalb
und außerhalb von Schutzgebieten (segregativ
genügt nicht)
• Dennoch: Große Schutzgebiete als ‚Häfen‘
bereitstellen
• Besonderer Wert: große störungsarme Räume
• Durchlässigkeit einer strukturreichen Landschaft Potenzial Agroforstwirtschaft
• Anpassung anderer Sektoren als Chance und
Risiko
NO-Deutschland/
Brandenburg: Besondere
Möglichkeiten der
Biodiversitätserhaltung
(im Klimawandel)
Coda
• Biodiversitätserhaltung:
Beitrag zur Sicherung der Funktionstüchtigkeit
der Ökosysteme (Ökosystemdienstleistungen) –
einschl. Klimaschutz + Anpassung an
Klimawandel
• Offenland: möglichst klimawandelangepasste,
diversifizierte und biodiversitätsverträgliche
Landwirtschaft (Strukturvielfalt,
Agroforstwirtschaft, Ökolandbau)
• Wald: Abwägen der Waldfunktionen und –
leistungen (Kühlung, Wasser, Wertholz) –
biolog. Vielfalt und Strukturvielfalt als Grundlage
von Funktionstüchtigkeit
• Energie: Regenerativ ohne Betonung von
Biomasse, Effizienz, Einsparung