FAZ - Konvent für Deutschland

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FAZ - Konvent für Deutschland
Zeitgeschehen
SEITE 8 · M I T T WO C H , 1 3 . A P R I L 2 0 1 6 · N R . 8 6
F R A N K F U RT E R A L LG E M E I N E Z E I T U N G
Ein politischer Prozess
Gefahrenabwehr
E
s gibt gute Gründe, sich gegen
eine „Freigabe“ des Einsatzes der
Bundeswehr im Innern zu wehren.
Denn das riecht nach permanentem
Ausnahmezustand. Doch muss man
sich immer wieder fragen, ob das
Grundgesetz aktuellen Herausforderungen angepasst werden muss – das
gilt auf dem Feld der Gesellschaftspolitik genauso wie für die Sicherheit. Da
zeigt sich regelmäßig, wie gut die Verfassung ist. So lässt sie schon jetzt den
Bundeswehreinsatz bei Terroranschlägen hierzulande sehr wohl zu – sei es
zur Hilfe in einem „besonders schweren Unglücksfall“, im Fall eines inneren Notstands oder gar (bei Angriffen
in kriegerischer Dimension von außen) in einem Verteidigungsfall. Doch
die Frage bleibt, inwiefern die Bundeswehr bei einem Anschlag, der nicht
gleich das ganze Land bedroht, auch
andernorts zur Gefahrenabwehr herangezogen werden kann. Darüber kann
man streiten; und auch einen solchen
Einsatz müsste man begrenzen. Deshalb droht aber noch nicht die Militarisierung der deutschen Innenpolitik.
Hauptsache, die Regierung ist handlungsfähig – in jedem Fall.
Mü.
Ein unpolitischer Akt
at die Stasi-Unterlagen-Behörde
H
ihre Funktion erfüllt? Es war sicherlich richtig, die Sonderbehörde zu
schaffen, um dem Bedürfnis nach Aufklärung über die DDR und das Schicksal der Stasi-Opfer eine unabhängige
Anlaufstation zu geben. Je länger es sie
gab, desto stärker wurde der Eindruck,
mit der „Stasi“ sei schon das ganze Unrecht dieser Diktatur erklärt. Die SED
und ihre Nachfolger waren fein raus –
obgleich doch sie es waren, die den
Herrschaftsapparat bestückten und beschützten. Das war auch der Grund,
warum es eine gewisse Ermüdung im
Bemühen gab, auch noch den letzten
Stasi-Mitarbeiter aufzuspüren. Zu viele
Geschichten deuteten darauf hin, dass
sie Rädchen im Räderwerk der SEDÜberwachung waren und die Täter
ganz woanders saßen. Dass die Sonderbehörde nichts Besonderes mehr sein
kann, weil der Anlass ihrer Gründung
schon so weit zurückliegt, wie Wolfgang Böhmer sagt, ist genauso richtig
wie das Gegenteil. Denn für Tausende
ist diese Behörde noch etwas Besonderes. Sie einfach in das Bundesarchiv einzugliedern ist nur ein bürokratischer,
aber auch ein unpolitischer Akt. kum.
Wieder mal entrüstet
ie G 7 rufen zur friedlichen Regelung der Territorialkonflikte im
D
Süd- und im Ostchinesischen Meer auf
– und die Führung in Peking bekommt
wieder einen Entrüstungsanfall. Die
G-7-Staaten, wie ihren Diplomaten mitgeteilt wurde, sollten „unverantwortliche Bemerkungen und Taten“ lassen.
Unverantwortliche Taten? Da wäre
eher China angesprochen, das den Status quo in den umstrittenen Seegebieten verändert, künstliche Inseln aufschüttet, militärische Anlagen installiert, Landebahnen baut. China weigert
sich – natürlich –, den Streit vor ein internationales Schiedsgericht zu tragen.
Es sieht sich souverän im Recht, die Anrainer, die ebenfalls Ansprüche geltend
machen, notabene im Unrecht. Man
muss nicht ständig große Kriegsgefahr
in diesem Teil der Welt an die Wand malen; doch die Gefahr eines ernsten Zusammenstoßes ist real. Peking schafft
Fakten in der Erwartung, die Konkurrenten werden sich (dem Stärkeren) fügen. Was aber, wenn nicht? Zwischen
der machtpolitischen Art, wie China
diese regionalen Konflikte zu regeln gedenkt, und der allgemeinen Stabilitätsrhetorik klafft eine große Lücke. K.F.
Deutsche
Asset Management
Die Hintergründe des Amtsenthebungsverfahrens gegen die brasilianische Präsidentin / Von David Klaubert
Seit dieser Woche hat Brasilien ein Symbol für die Spaltung seiner Gesellschaft:
eine Mauer im Herzen des Regierungsviertels in Brasília. Die gut einen Kilometer
lange Metallkonstruktion soll verhindern,
dass es zu Gewalt zwischen Demonstranten für und gegen das Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin Dilma Rousseff
kommt. Am Montag stimmte eine Parlamentskommission für die Annahme des
Antrags und leitete ihn an das Plenum des
Abgeordnetenhauses weiter.
Angestoßen haben das Verfahren schon
vergangenes Jahr drei Juristen. In ihrem
65 Seiten langen Antrag geht es im Kern
nicht, wie immer wieder suggeriert wird,
um Korruption, sondern um sogenannte
„crimes de responsabilidade“, auf
Deutsch etwa: „Verantwortungsdelikte“.
Diese können nur von Amtsträgern begangen werden. Im Falle der Präsidentin listet
die Verfassung dazu recht vage „Akte“
auf, die sich etwa gegen die Existenz des
Bundes, die innere Sicherheit oder die Gewaltenteilung richten – sowie Verstöße gegen die „Redlichkeit der Verwaltung“ und
gegen das Haushaltsgesetz.
Im ersten Kapitel ihres Antrags beschreiben die drei Juristen die Krise Brasiliens, die nach ihrer Darstellung vor allem
eine moralische ist. Sie werfen Rousseff
vor, nicht angemessen gegen die Veruntreuung öffentlicher Gelder im Rahmen
des Petrobras-Korruptionsskandals vorgegangen zu sein, zumal etliche ihrer engen
Verbündeten verwickelt sind (für eine Verwicklung der Präsidentin selbst gibt es bislang keine Indizien). Außerdem verweisen sie auf ein Verfahren des Obersten
Wahlgerichtshofs, der untersucht, ob
Rousseffs Wahlkampf 2014 durch illegale
Spenden finanziert worden ist; das Verfahren könnte zur Annullierung der Wahl
und damit zu Neuwahlen führen, kann
aber nicht die Grundlage für ein Amtsenthebungsverfahren sein. Ihren Antrag begründen die Autoren daher vor allem mit
finanzrechtlichen Vorgängen. Staatliche
Leistungen wie Sozialhilfe, Familiengeld
und Investitionshilfen werden in Brasilien
von öffentlichen Banken ausbezahlt. Das
Geld dafür bekommen sie vom Bund. Da
die Regierung Rousseff die Überweisungen an die Banken systematisch verzögert
habe, so der Vorwurf, seien diese gezwungen gewesen, die Auszahlungen aus eigenen Mitteln zu tätigen – was faktisch Krediten der öffentlichen Banken an den
Bund gleichkomme und ein Verstoß gegen
das Haushaltsgesetz sei. Es ist die Rede
von „pedaladas fiscais“ – „Haushaltstricksereien“. Zudem habe Rousseff per Dekret
Kreditaufnahmen über mehrere Milliarden Reais verfügt, ohne dafür die nötige
Zustimmung des Kongresses zu haben.
Rousseffs Regierung weist die Anschuldigungen zurück und spricht von einem
„Putschversuch“. Die Kredite seien legal
gewesen, da der Kongress das Haushaltsziel zum Jahresende entsprechend angepasst habe. Bei den „pedaladas fiscais“
handle es sich nicht um illegale Kredite,
sondern um Dienstleistungen der Banken,
bei denen es aufgrund schwieriger Plan-
barkeit immer wieder zu Abweichungen
komme. Entsprechende Vorgänge hatte es
tatsächlich auch unter früheren Regierungen schon gegeben – allerdings in deutlich
geringerem Umfang. Ob die Vorwürfe
eine Amtsenthebung rechtfertigen, ist
auch unter brasilianischen Juristen umstritten. Letztlich kommt es darauf aber
auch gar nicht an. Der Prozess wird nicht
vor einem Gericht entschieden. Es ist ein
politischer Prozess.
Angenommen wurde der Antrag im vergangenen Dezember vom Präsidenten des
Abgeordnetenhauses, Eduardo Cunha,
der der PMDB angehört und damit dem
seit 13 Jahren wichtigsten Koalitionspartner der regierenden Arbeiterpartei (PT).
Cunha hatte sich zuvor immer weiter von
Rousseff distanziert – und zwar in dem
Maße, in dem Korruptionsermittlungen
gegen ihn selbst voranschritten. Ihm wird
vorgeworfen, Schmiergeld in Millionenhöhe auf Schweizer Konten gehortet zu haben, und auch in den Panama-Papieren
Rousseffs Gegner: Jubel über das Ergebnis der Abstimmung am Montag
Foto AFP
gibt es Spuren zu ihm. Den Antrag auf
Rousseffs Absetzung nahm Cunha an,
nachdem Abgeordnete der PT einem Untersuchungsausschuss gegen ihn zugestimmt hatten.
Nach der Entscheidung der Parlamentskommission am Montag wird voraussichtlich am kommenden Sonntag das Plenum
des Abgeordnetenhauses über den Antrag
abstimmen. Sind mindestens 342 der 513
Abgeordneten dafür, wird schließlich der
Senat übernehmen und endgültig über
eine Amtsenthebung entscheiden.
Dass Rousseff diese Abstimmungen verlieren könnte, liegt vor allem daran, dass
die PMDB kürzlich die Koalition verlassen hat (wobei fünf der sieben PMDB-Minister sowie Vizepräsident Michel Temer
ihre Ämter behalten haben, was zeigt,
wie heterogen diese weitgehend ideologiefreie Partei ist). Die PMDB reagierte
damit auf die enorme Ablehnung, die
Rousseff angesichts der miserablen wirtschaftlichen Lage und der tiefen Verstrickung der PT in den Petrobras-Skandal
entgegenschlägt. Im Oktober stehen wichtige Kommunalwahlen an. Und die
PMDB würde auch unmittelbar profitieren: Sollte Rousseff nämlich vom Senat
abgesetzt werden, wird ihr bisheriger
Stellvertreter Temer Präsident.
Gegen Temer liegt inzwischen allerdings auch ein Antrag auf Amtsenthebung
vor – mit ganz ähnlichen Argumenten wie
gegen Rousseff. Zweiter in der von der Verfassung vorgegebenen Thronfolge wäre
dann Cunha, der Präsident des Abgeordnetenhauses – falls er nicht zuvor wegen der
erdrückenden Hinweise auf Korruption abgesetzt wird. Dritter in der Reihe ist der
Präsident des Senats, Renan Calheiro, gegen den wegen Steuerhinterziehung ermittelt wird. Wohin das Amtsenthebungsverfahren, um dessen Ausgang die Parteien
hinter den Kulissen noch mit Posten und
anderen Angeboten schachern, führen
wird, ist also völlig offen. Nur eines
scheint klar: Die tiefe Spaltung der brasilianischen Gesellschaft wird es nicht beenden.
Fremde Federn
Demokratie braucht vitale Parteien
A
uch wenn man mit vorschnellen
Urteilen vorsichtig sein muss, so
markiert der 13. März 2016 mit
den drei Landtagswahlergebnissen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und
Sachsen-Anhalt doch eine Zäsur für die
deutsche Parteien- und Koalitionslandschaft. Jenseits des alles beherrschenden Flüchtlingsthemas im Wahlkampf
um die Landtage und dem dramatischen
Verlust der Volksparteien zugunsten einer programmatisch defizitären Protestpartei, sehen wir das Ergebnis vor allem
als Quittung für das kollektive Versagen
der arrivierten Parteien.
„Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“
So postuliert es das deutsche Grundgesetz in Artikel 21. Doch zur Willensbildung gehört die öffentlich sichtbare Auseinandersetzung um den richtigen Weg,
der Streit um unterschiedliche Lösungsansätze, ja auch das rechtzeitige Aufgreifen von Themen, die das Volk umtreiben.
Stattdessen beherrscht das Wort von der
„Alternativlosigkeit“ seit Jahren die parteipolitische Agenda im Land, erst in der
Euro-Krise, dann beim Flüchtlingsdrama. Diese scheinbare Sachzwang-Logik
hat zu einer Verlagerung der Politik in
die Exekutive geführt. Sie hat Parteien
immer weniger unterscheidbar gemacht
und letztendlich immer mehr Wählerinnen und Wähler in die Ablehnung unserer Parteiendemokratie getrieben. Der
Antiparteien-Populismus, der den Aufstieg der AfD begleitet, ist zunächst und
vor allem dem Versagen des „Altparteien-Establishments“ geschuldet. Denn irgendwann suchen sich Teile des Volkes
ein Ventil und sorgen für Veränderung.
Populismus ist kein Stigma, sondern eine
Reaktion auf die Negierung von Problemen durch die herrschende Politik.
Wenn Parteien ihre seismographische
Aufmerksamkeit verloren haben, weil sie
nicht mehr in den unterschiedlichen Milieus unserer Gesellschaft verankert
sind, dann werden sie irgendwann – und
zwar gewaltig – vom Wähler abgestraft.
Da nützt dann am Tag nach den Wahlen
auch keine parteiübergreifende Schönfärberei, dass etwa die Parteien, die für die
Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin
eingetreten sind, fast 80 Prozent der Stimmen erhalten hätten.
Wir brauchen eine Revitalisierung der
politischen Parteien, ohne die eine repräsentative Demokratie nicht funktionieren kann. Die Verachtung des politischen Establishments bis hin zur Ablehnung der etablierten Medien gehört heute zum Topos der mehr und mehr Unzufriedenen. Doch wir stimmen in diesen
Verdruss und die Abgesänge auf die Parteien nicht ein. Denn sie sind die Institution, durch die an der Schnittstelle zur
Gesetzgebung unterschiedliche Vorstellungen zur Res publica entwickelt und repräsentiert werden. Oder will jemand
ernsthaft eine Willensbildung durch organisierte Lobbys oder eine undurchschaubare Expertokratie in der Demokratie?
Wer Parteien revitalisieren will,
braucht den offenen Diskurs. Der
braucht eine Debattenkultur, die Meinungspluralität ernst nimmt, Unterschiede nicht zukleistert und vor allem die betriebsblinde Bunkermentalität im eigenen Funktionärskörper diskreditiert. Parteien müssen ihren schablonenhaften
Jargon, der oft eher beliebig als identitätsstiftend ist, hinterfragen. Sie sollten
den Diskurs mit parteifernen Milieus suchen, um nicht nur im eigenen Saft zu
schmoren. Parteien müssen – und zwar
nicht nur in Wahlkampfzeiten – auch
dort präsent sein, wo der Parteienver-
druss, die kollektive Wahlverweigerung
wohnt. Wenn Parteien ganze Stadtviertel als irrelevant für ihre Meinungsbildung einstufen, weil dort nichts zu holen
ist, dann betreiben sie eine demokratieschädliche Exklusion von immer größeren Teilen der Bevölkerung.
Wir wissen, wie mühsam diese Kärrnerarbeit ist, die sich zunächst in der
kommunalpolitischen Verankerung der
Parteien manifestieren muss. Doch wer
damit nicht einmal beginnt, der sorgt für
demokratiefreie Zonen, in denen das Potential für soziale und politische Radikalisierung wächst. Dass in den sozialen
Netzwerken wie auf der Straße gepöbelt
wird, was das Zeug hält, verwechseln wir
nicht wie manche Akteure mit politischem Engagement. Das ist oft nur wohlfeiles „Politiker-Bashing“, das auch traditionellen Medien nicht mehr fremd ist.
Die Schrillheit des Protests und die Absurdität der verbreiteten Verschwörungstheorien entziehen sich oft jeder argumentativen Rationalität.
Ein Mehr an Demokratie erschöpft
sich nicht in der Forderung nach einem
Mehr an direkter Demokratie. Denn am
Ende eines Prozesses, wo nur direkt Betroffene entscheiden, steht nicht zwingend eine gesellschaftlich faire Lösung.
Die Summe des Eigennutzes mündet
nicht automatisch im Gemeinwohl. Dieser Vorwurf geht auch an die Adresse des
Bildungsbürgertums, das gern von einer
Partizipationsdemokratie schwärmt, darunter aber oft ganz gnadenlos die Durchsetzung seiner eigenen Interessen versteht. Auch aus diesem Grund sind wir
überzeugte Befürworter der repräsentativen Demokratie. Denn die Parteiendemokratie zwingt am Ende zur abwägenden Kompromissfindung. Doch der Kompromiss darf nicht am Beginn eines Mei-
nungsbildungsprozesses stehen. Alternativen müssen beleuchtet und ausdiskutiert werden. Die temporäre und projektbezogene Mitwirkung von Nichtmitgliedern wie auch praxiserprobte Konzepte
von neuen Beteiligungsformaten (Stichwort: Planungszelle) gehören in den Methodenkanon der parteipolitischen Willensbildung.
Erfolgreichen neuen Konkurrenzparteien macht man die Wähler nicht dadurch streitig, dass man sie als populistisch und rassistisch ausgrenzt. Wählerinnen und Wähler gewinnt man zurück, indem man auch in den etablierten Parteien wieder streitige Debatten führt und
sich zu Themen positioniert, die man jahrelang aus falsch verstandener politischer Korrektheit unter den Teppich gekehrt hat.
Parteien brauchen authentische Persönlichkeiten, die auch die Heterogenität des Wählerspektrums abdecken.
Volksparteien leben nicht nur von einer
One-Man- oder One-Woman-Show, sondern von fachlich und sozial kompetenten Repräsentanten der unterschiedlichen inhaltlichen Flügel. Nur Parteien,
die ihre programmatische Bandbreite
auch mit einem entsprechenden Personalangebot unterfüttern, sind auf Dauer
erfolgreich.
Deutschland braucht wieder einen politischen Diskurs, der den Bürgerinnen
und Bürgern sowohl ungeschminkte Tatsachen als auch klare Alternativen zumutet. Als Auftakt für mehr Zumutung wählen wir diese harschen Worte – zum
Wohl unseres Landes.
Bundespräsident a. D. Prof. Roman Herzog, Renate Schmidt, Dr. Wolfgang Gerhardt, Dr. Manfred Schneider, Prof. Hans H. Klein, Prof. Rupert
Scholz, Prof. Karl-Heinz Paqué, Gerhard Stratthaus, Petra Roth, Dr. h. c. Erwin Teufel, Christine
Scheel
Jan BÖHMERMANN
Provokateur
Jan Böhmermann weiß, wie man provoziert, das ist Teil seines Geschäfts. Er
betreibt es mal ganz fein, um drei
Ecken gedacht, und mal plump auf die
Zwölf. Dieser Humor folgt dabei einer
einfachen Logik: Er funktioniert dann
am besten, wenn andere sich darüber
aufregen, schimpfen, diskutieren. In
dieser Hinsicht könnte die Aufregung
um das Erdogan-Gedicht vielleicht sogar als humoristischer Erfolg betrachtet werden. Die Frage ist nur, ob es diesmal nicht selbst für den Fernsehmoderator zu viel geworden ist.
Böhmermann ist 35 Jahre alt. Vor elf
Jahren erfand er für das Radio das Comedyformat „Lukas’ Tagebuch“, eine
Sendung über die fiktiven Erlebnisse
des Fußballers Lukas Podolski. Schon
damals sorgte er mit einem Zitat zum
ersten Mal für Aufsehen: „Fußball ist
wie Schach – nur ohne Würfel.“ Andere
Medien fielen auf Böhmermann herein
und schrieben die Äußerung wirklich
Podolski zu, der das nie gesagt hatte
und darüber nicht begeistert war; es
folgte eine Klage. Eine Erfindung Böhmermanns wurde so zur Wirklichkeit –
nur schwer ließ sich danach das eine
wieder vom anderen trennen. Damit
deutete sich an, was später die besten
Streiche Böhmermanns auszeichnen
sollte: Er spielt seine Witze über Bande,
das Verhalten der Rezipienten scheint
stets eine Variable in seiner Rechnung
zu sein. Zupass kommen ihm dabei
zwei unschöne Auswüchse des öffentlichen Diskurses: geistige Bequemlichkeit und leichte Erregbarkeit.
Seinen bislang größten Erfolg feierte
er 2015 mit dem „Varoufake“. Dem damaligen griechischen Finanzminister
Giannis Varoufakis war in der Talksendung „Günther Jauch“ ein Video aus
dem Internet gezeigt worden, in dem er
Deutschland den Stinkefinger gezeigt
haben soll. Varoufakis behauptete, die
Aufnahmen seien manipuliert. Mitten
hinein in die folgende Diskussion über
den Mittelfinger und die Echtheit des
Videos veröffentlichte Böhmermann in
seiner ZDF-Sendung „Neo Magazin
Royale“ einen Film, in dem er nicht nur
behauptete, er habe alles nur erfunden
und manipuliert, sondern auch täuschend echt vorführte, wie das geschehen sein soll. Jauch sei also nur auf ihn
hereingefallen. Das stimmte so auch
nicht, doch nun wusste niemand mehr,
was noch echt sein sollte – und die Lächerlichkeit siegte. Am vergangenen
Wochenende erhielt Böhmermann
auch dafür den Grimme-Preis.
Böhmermann wurde in Bremen geboren. Über sein Privatleben ist nicht
viel bekannt. Sein Vater soll Polizist gewesen und gestorben sein, als er 17 Jahre alt war. Ein Studium brach er ab, er
ging zum Radio und machte ein Volontariat. Später fand er den Weg ins Fernsehen. Von 2009 bis 2012 gehörte er
zum Ensemble von Harald Schmidt,
den er in einem Interview „als Pionier
für intelligentes Fernsehen“ bezeichnet
hat, der ihm den Weg geebnet habe. In
den folgenden Jahren fand er eine Heimat bei den Spartensendern des ZDF –
seit 2013 moderiert er das satirische
„Neo Magazin“, schon 2014 erhielt er
dafür einen Grimme-Preis. Seit Anfang
2015 läuft die Sendung mit dem Zusatz
„Royale“ auch im Hauptprogramm. Seine nächste Sendung sagte er am Dienstag ab. Er steht nun sogar unter Polizeischutz.
MATTHIAS WYSSUWA
Drei von vier Deutschen möchten bei ihrer Geldanlage keine oder nur
geringe Risiken eingehen1 – sie fürchten mögliche Verluste bei Aktienanlagen. Wer sein
Vermögen aber geschickt aufteilt, der erhält sich alle Chancen und verringert sein Risiko.
SEHEN SIE FÜR IHRE GELDANLAGE
SCHWARZ ODER ALLE MÖGLICHKEITEN?
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So lässt sich die Stabilität von Anleihen mit den Kurschancen von Aktien kombinieren.
GELDANLAGE NEU DENKEN
www.DWS.de/neudenken
Die Anteilpreise unterliegen Schwankungen. Der Wert der Anlage kann innerhalb kurzer Zeiträume fallen. Sie erhalten unter Umständen nicht den investierten Teil zurück.
Foto dpa
*Die DWS/DB AWM Gruppe ist nach verwaltetem Fondsvermögen der größte deutsche Anbieter von Wertpapier-Publikumsfonds. Quelle: BVI. Stand: Januar 2016. 1Quelle: ZEIT Geld 2015, Nr. 3. Die in diesem Dokument enthaltenen Angaben stellen keine Anlageberatung dar. Die Verkaufsprospekte mit Risikohinweisen und die wesentlichen Anlegerinformationen sowie weitere
Informationen erhalten Sie kostenlos in deutscher Sprache bei der Deutsche Asset Management Investment GmbH, 60612 Frankfurt am Main. Laufende Kosten p. a. DWS Multi Opportunities LD (Stand: 31.12.2015): 1,54 % zzgl. erfolgsbezog. Vergütung aus Wertpapierleihe-Erträgen 0,03 %. Das Sondervermögen weist aufgrund seiner Zusammensetzung/
der vom Fondsmanagement verwendeten Techniken eine erhöhte Volatilität auf, d. h., die Anteilspreise können auch innerhalb kurzer Zeiträume stärkeren Schwankungen nach unten oder nach oben unterworfen sein.