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a r z n e i - t e l e g r a m m 2002; Jg. 33, Nr. 12
Warenzeichen in
Österreich
und Schweiz
(Beispiele)
Ethinylestradiol +
Drospirenon:
YASMIN
(A, CH)
Spironolakton:
ALDACTONE
(A, CH)
■ Eine postherpetische Neuralgie lässt sich mit systemischer antiviraler Therapie nicht verhindern. Die Dauer
der Neuralgie scheint sich aber durch Kurzzeitbehandlung mit fünfmal täglich 800 mg Aciclovir (ZOVIRAX
u.a.), dreimal täglich 500 mg Famciclovir (FAMVIR
ZOSTER) oder 1.000 mg Valaciclovir (VALTREX) innerhalb von 72 Stunden nach Ausbruch des Zosters etwas
verkürzen zu lassen. Famciclovir ist in dieser Dosierung
hierfür jedoch nicht zugelassen. Einen klinisch relevanten
Vorteil von Valaciclovir gegenüber Acivlovir sehen wir
nicht. Bei stark gefährdeten Patienten, z.B. älteren Patienten mit starken akuten Schmerzen, kann im Frühstadium eine sieben- (nach Studien auch bis zehn-)tägige Behandlung mit Aciclovir erwogen werden. Bei unter 50Jährigen ist kein Effekt belegt.
(R = randomisierte Studie, M = Metaanalyse)
1 WHITLEY, R.J. in: BRAUNWALD, E. et al. (Hrsg.): „HARRISON’s
Principles of Internal Medicine”, 15. Aufl., McGraw-Hill, 2001, S. 1106-8
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8 HELGASON, S. et al.: BMJ 2000; 321: 794-6
9 CUNNINGHAM, A.L., DWORKIN, R.H.: BMJ 2000; 321: 778-9
10 CHOO, P.W. et al.: Arch. Intern. Med. 1997; 157: 1217-24
11 DWORKIN, R.H., PORTENOY, R.K.: Pain 1996; 67: 241-51
R 12 WOOD, M.J. et al.: Am. J. Med. 1988; 85: 79-83
R 13 HUFF, J.C. et al.: Am. J. Med. 1988; 85 (Suppl. 2A): 84-9
R 14 HARDING, S.P., PORTER, S.M.: Curr. Eye Res. 1991; 10 (Suppl.): 17782
R 15 MORTON, P., THOMSON, A.N.: N. Z. Med. J. 1989; 102: 93-5
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Shingles: J. Infect. 1995; 30: 193-200
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Group, Juni 2002, Seite 738-46
19 Novartis: US-amerik. Produktinformation FAMVIR, Stand Febr. 2002;
http://www.pharma.us.novartis.com/product/pi/pdf/Famvir_gsk.pdf
R 20 TYRING, S. et al.: Ann. Intern. Med. 1995; 123: 89-96
R 21 DEGREEF, H. et al.: Int. J. Antimicrob. Agents 1994; 4: 241-6
22 GlaxoSmithKline (USA): Produktinformation VALTREX, Stand Sept. 2002
http://us.gsk.com/products/assets/us_valtrex.pdf
R 23 BEUTNER, K.R. et al.: Antimicrob. Agents Chemother. 1995; 39: 154653
R 24 TYRING, S.K. et al.: Arch. Fam. Med. 2000; 9: 863-9
25 Deutsche Dermatologische Gesellschaft: Leitlinie Zoster und Zosterschmerzen, Erstellungsdatum 9. Dez. 2000;
http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/derm-014.htm
R 26 BOWSHER, D.: J. Pain Symptom Manage. 1997; 13: 327-31
R 27 WHITLEY, R.J. et al.: Ann. Intern. Med. 1996; 125: 376-83
M 28 LANCASTER, T. et al.: Brit. J. Gen. Pract. 1995; 45: 39-45
Als Prüfpräparat ist eine bislang nicht zugelassene Kombination aus Estradiol plus Drospirenon vorgesehen.2 Drospirenon ist ein nur spärlich erprobtes Gestagen, das sich vom Aldosteron-Antagonisten Spironolakton (ALDACTONE u.a.)
ableitet. Die von Schering/Jenapharm vor zwei Jahren eingeführten Drospirenon-haltigen Kontrazeptiva YASMIN und
PETIBELLE werden bereits als Lifestyle-Mittel beworben
(„Möglichkeit zur Gewichtsabnahme”; a-t 2000; 31: 103-4).
Die jetzt geplante Studie zur Hormonersatztherapie scheint
ebenfalls für Marketingzwecke konzipiert zu sein. Wir sehen
keine Rechtfertigung, den Einfluss einer derart unzureichend
dokumentierten Hormonkombination auf natürliche Veränderungen in den Wechseljahren zu prüfen. Die Genehmigung
einer solchen Studie durch eine Ethik-Kommission ist unverständlich. Die Prüfung von Hormonen als Lifestyle-Medikation muss in Kenntnis der aktuellen Risikodaten gestoppt
werden, –Red.
1
2
FELSENBERG, D.: Anschreiben an Berliner Frauen, Nov. 2002
Schering GmbH: Schreiben vom 28. Nov. 2002
!* JETZT GEGEN POCKEN IMPFEN?
Sollte man in Anbetracht der aktuellen Drohung eines eventuellen
Pockenanschlags auf Deutschland erwägen, wieder gegen Pocken zu
impfen? Vorteil: Die per se nicht ganz unproblematische Impfung doch
lieber in Ruhe rechtzeitig in gesundem Zustand vorzunehmen...
Dr. med. R. GOLTERMANN (Facharzt für Allgemeinmedizin)
D-60326 Frankfurt/M.
Interessenkonflikt: Keiner
Wenn nach Abbruch der großen Women Health Initiative
(WHI)-Studie, die eine negative Nutzen-Schaden-Bilanz für
Hormone nach den Wechseljahren bis zur Induktion von
Brustkrebs erkennen lässt (a-t 2002; 33: 81-3), Frauen für eine weitere Hormonstudie angeworben werden, sind ethische
Vertretbarkeit bei der Festlegung des Studienziels und sorgfältige Risikoaufklärung zwingende Voraussetzung. Eine
„wissenschaftliche Studie zur Wirkung von Hormonen auf
Haut und Haare”1 dient jedoch keinem therapeutischen Erfordernis und erscheint daher nicht vertretbar. In dem zweiseitigen Anwerbeschreiben aus einer Berliner Klinik werden
die Risiken der Hormonersatztherapie nicht erwähnt.
1979 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die
Welt für pockenfrei erklärt. Zu Beginn der 80er Jahre wurde
die Impfung mit der Lebendvakzine eingestellt, in vielen Ländern schon früher. Studienbelege zur Schutzdauer der damaligen Impfung finden wir nicht. Nach einmaliger Impfung soll
ein zuverlässiger Schutz nur etwa drei bis fünf Jahre bestehen,1,2 nach erneuter Impfung auch beträchtlich länger. Resteffekte nach Jahrzehnten erscheinen möglich.3 Die Impfung
geht mit hoher Komplikationsrate einher und kann schwere,
auch bleibende Gesundheitsschäden auslösen. Betroffen ist
meist das ZNS, insbesondere bei Erstimpflingen. Gefürchtet
sind Meningitis, postvakzinale Enzephalomyelitis (auch tödlich endend) sowie generalisierte Hautreaktionen u.a. Die
Entwicklung eines wahrscheinlich besser verträglichen Impfstoffes auf der Basis des modifizierten Vakzinevirus Ankara
(MVA) wurde in den 70er und 80er Jahren nicht zur Marktreife gebracht, da sie mit dem Ende der Pockenära zusammenfiel.4
Pocken werden durch Tröpfchen- und Schmierinfektion
übertragen (Inkubationszeit 7 bis 19 Tage; hohe Infektiosität
ab erstem Fieberanstieg bis zum Abfallen der letzten Kruste).
Die Infektion könnte sich bei weitgehend fehlendem Impfschutz rasch ausbreiten.
Eine Pockenvakzine ist in Deutschland derzeit nicht zugelassen und daher nicht im Handel erhältlich. Individuelle
Impfungen sind somit nicht möglich. Als rein präventive
Maßnahme lassen sie sich mit der derzeitigen, z.B. auf Tierhaut hergestellten Vakzine nicht rechtfertigen: Ohne konkrete
unmittelbare Infektionsgefahr erscheint uns die Abwägung
von Nutzen und Schaden negativ. Dabei spricht nicht nur die
schlechte Verträglichkeit, insbesondere bei Patienten mit atopischer Dermatitis oder Immunschwäche dagegen, sondern
auch die Gefährdung durch Kontaktinfektion (contact vaccinia). Die Impfung wird heute insgesamt wahrscheinlich sogar
schlechter als noch vor Jahrzehnten vertragen, da die Prävalenz von atopischen Dermatitiden und Erkrankungen mit Immunschwäche – also Risikofaktoren für schwere Reaktionen
auf Pockenimpfung – beträchtlich zugenommen hat.5
Die Bundesregierung hat im November sechs Millionen
Dosen eingekauft, die für 24 Millionen Menschen reichen sollen. Weitere 11 Millionen Vakzinen sind bestellt. Die eingelagerten Impfstoffe sollen im Bedarfsfall über spezielle Impfstellen für die Massenimpfung bzw. für Riegelimpfungen nach
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!* ZWEIFELHAFTE STUDIE ZU
HORMONEN NACH DEN WECHSELJAHREN
Vor wenigen Tagen erhielt meine Ehefrau einen Brief, mit dem sie
zur Teilnahme an einer Studie zur Wirkung eines Estradiol-DrospirenonPräparates nach den Wechseljahren auf Haut und Haare aufgefordert
wird. Daran kann man sehen, wie Personen zu Versuchsmenschen mit
eventuell üblen Gesundheitsfolgen verführt werden.
NN (Internist, Name und Anschrift der Redaktion bekannt)
Interessenkonflikt: Keiner
Vorversion als blitz-a-t am 27. Nov. 2002 veröffentlicht
Vorversion am 21. Nov. 2002 als blitz-a-t veröffentlicht