Großes Interesse am Thema Pferdemistentsorgung

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Großes Interesse am Thema Pferdemistentsorgung
Großes Interesse am Thema Pferdemistentsorgung
„Zweibrücker PferdeForum“ informierte über die Variante Biogasanlage
Es gibt noch Menschen, die sich daran erinnern, wie sie das „Rosen-Gold“ als Hinterlassenschaft von Pferde-Fuhrwerken von der Straße kratzten. Heute kann es dem Pferdehalter passieren, dass er für das Verlieren von Pferdeäpfeln seiner Pferde im Straßenverkehr
angezeigt wird. Pferdemist ist ein wertvoller Dünger. Das löst für größere Betriebe aber
gerade in stadtnahen Gebieten derzeit nicht die Problematik der Entsorgung. Entsprechend groß war die Resonanz anlässlich des 5. Zweibrücker PferdeForums zu der Alternative Pferdemist in Biogasanlagen. Bundesweit ist das Thema aktuell. Veranstalter dieses Fortbildungsreigens sind das DLR-Westpfalz, die Landgestüt Zweibrücken GmbH und
der Förderverein Kulturgut Zweibrücker Pferd. Dr. Hans-Dieter Nebe und Dr. Herbert von
Francken-Welz von den Dienstleistungszentren Ländlicher Raum (DLR) Westpfalz bzw.
Eifel fassen den Stand der Entwicklung zusammen.
Täglich fallen pro Pferd 10 - 20 kg Kot und 5 - 10 Liter Harn an, das ergibt pro Tag eine
Menge Strohmist von 20 - 35 kg Mist/Pferd/Tag, die zunächst ordnungsgemäß gelagert
werden muss1,2. Pro Jahr sind das – je nach Strohmenge - ca. 10 t Strohmist. Der Stickstoffgehalt liegt im Mittel mit 0,57% der Frischsubstanz in der Größenordnung von Rindermist. Die Phosphor-, Kalzium- und Magnesiumgehalte sind etwas niedriger als in Rindermist. Je mehr Stroh im Mist ist, desto höher ist der Kaliumgehalt. Über die Ausbringung des Dunges werden die über das Futter entzogenen Nährstoffe in die Böden zurückgebracht. Organischer Dünger fördert das Bodenleben – die Aktivität der Humus bildenden Bodenmikroorganismen wird gesteigert. Dies gilt grundsätzlich für den unbearbeiteten Wirtschaftsdünger als auch für eines der Endprodukte der Biogasanlage, den sogenannten Gärrest.
Pferdemist gehört zu den
Nachwachsenden Rohstoffen
In Rheinland-Pfalz gibt es derzeit 118
Biogasanlagen, die fast ausschließlich
nachwachsende
Rohstoffe
(NawaRo)
verarbeiten. Vier Prozent der Ackerfläche
liefern derzeit das Ausgangsmaterial für
diese Biogasanlagen. Hinzu kommen etwa
330.000 t Gülle und 44.500 t Festmist3.
Nach dem Gesetz für den Vorrang
Erneuerbarer Energien (EEG 2009) sind
„Erneuerbare
Energien“
Wasserkraft
einschließlich der Wellen-, Gezeiten-,
Salzgradientenund
Strömungsenergie,
Windenergie, solare Strahlungsenergie, Geothermie, Energie aus Biomasse einschließlich
Biogas, Deponiegas und Klärgas sowie aus
dem biologisch abbaubaren Anteil von Abfällen aus Haushalten und Industrie.
Biomasse ist gespeicherte Sonnenenergie in
Form von Energiepflanzen, Holz oder
Reststoffen wie z.B. Stroh, Gülle oder Biomüll.
Als nachwachsende Rohstoffe im Sinne des
Gesetzes
gelten
seit
2009,
neben
Energiepflanzen, Kot und Harn einschließlich
Einstreu von Nutztieren und Pferden sowie
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Der Fermenter (oben) im Betrieb Lichti in Neustadt a.d.W. ist das Herzstück der Biogasanlage. Er wird mit zerkleinertem Pferdemist (unten) gefüttert. Der entstandene Gärrest wird
demnächst in dem im Bau befindlichen Behälter lagern (Fotos: Nebe)
Beratung zur Anlage einer Festmistplatte siehe: www.LWK-rlp.de
Lagerung von Düngemitteln RLP: www.dlr.rlp.de
Biogasanlagen in Rheinland-Pfalz, Beratungszentrum Nachwachsende Rohstoffe,
DLR Eifel: www.nawaro.rlp.de
Futterreste, die im landwirtschaftlichen Betrieb anfallen. Damit zählt Pferdemist ausdrücklich zu den nachwachsenden Rohstoffen. Die Gärprodukte einer NawaRo-Biogasanlage
sind üblicherweise Wirtschaftsdünger, wenn keine weiteren Stoffe enthalten sind.
Mikrorganismen sind wählerisch
Das Herzstück einer Biogasanlage ist der
Fermenter. Hier wandeln Bakterien unter
Luftabschluss Biomasse zunächst in Zucker sowie in Amino- und Fettsäuen, dann
in Propion- und Essigsäure und letztendlich
in Methangas um - wenn sie sich wohlfühlen.
Vor- und Nachteile von Pferdemist
Pferdmist aus Kot, Urin und möglichst geringe Mengen an Stroh liefert eine reichlich
vorhandene und stetig anfallende, zusätzliche Substratquelle auch für Biogasanlagen.
Er enthält andere Bakterien und Mineralstoffe, was sich positiv auf die Gasbildung auswirkt. Es wird verwertbares Methangas gewonnen und gleichzeitig werden die Methan- Immissionen des Frischmistes in die
Luft reduziert. Volker Lichti vom Heidehof in
Neustadt an der Weinstraße berichtete anschaulich, dass er in seinem Betrieb eine
Mischung mit Pferdemist von 80 Pferden,
Rindergülle und Rinderfestmist, Grassilage,
Getreideschrot und Maissilage gefunden
hat, die funktioniert. Der Pferdemist wird auf
etwa 70 % Gärrest reduziert, der auf den
landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht
wird. Außer Kalk muss in dem 120 Hektar
großen Betrieb kein Dünger zugekauft werden. Problematisch ist jedoch der hohe Kaliumgehalt bei hohem Strohanteil.
Die Liste der Nachteile ist deutlich länger.
Der Biogasertrag von Pferdemist ist um ein
Drittel niedriger als z.B. bei Maissilage.
Pferdeäpfel haben durch den hohen Raufutteranteil in der Ration einen hohen Fasergehalt. Das gleiche gilt für das Stroh im
Mist. Dieses stark Ligninhaltiges Substrat ist
für die Biogasbakterien nur schwer aufzuschließen und zu nutzen. Um die Nährstoffe
für die Bakterien verfügbar zu machen,
muss das Material vorher möglichst gut zerkleinert und aufgeschlossen werden. Hohe
Anteile an Strohmist führen außerdem zu
Schwimmschichten
und
verfahrenstechnischen Problemen. Ein Zerkleinern des
Pferdemistes ist auch daher unabdingbar.
Einstreumaterialien
wie
Sägespäne,
Flachsstroh oder Holzpellets sind noch wesentlich ungeeigneter bzw. verbieten sich
Damit die unterschiedlichen Bakterien
sich wohlfühlen braucht es:
ein anaerobes Milieu
- Sauerstoff stört die Methanbakterien
- unzerkleinerte Feststoffe verstärken
den Eintrag von Sauerstoff
ein wässeriges Milieu
- als grundlegende Lebensbedingung
der Bakterien ist ein feuchtes Milieu
notwendig (Stoffaustausch)
eine konstante Gärtemperatur (keine
Schwankungen +/- 2 °C pro Tag)
- Mesophile Stämme benötigen einen
Temperaturbereich von 32 – 42 °C
- Vorsicht bei der Einbringung
flüssiger/kalter Substrate
konstante Substratqualität u. –menge
- auf hohe Futterqualität achten
(kein Schimmel)
- mit zunehmender Belastung die Einbringintervalle erhöhen
Nährstoff-, Spurenelement- und Vitaminversorgung für die Bakterien
- Mikroorganismen lieben Zucker (Mono-, Disaccharide), Stärke (Polysaccharide) und Proteine
- eine ausgewogene Ration ist für eine
effiziente Leistung der Bakterien notwendig
Belastung des Gärprozesses mit
organischer Trockensubstanz
- mit zunehmender Raumbelastung
verringert sich die Verweilzeit
- Stabilität des Gärprozess sinkt mit
steigender Raumbelastung
Oberflächen des Substrates sollten
möglichst groß sein
- mit zunehmender Stoffoberfläche können die Bakterien optimaler das Substrat abbauen (Abbau und Geschwindigkeit)
- je kleinfaseriger das Substrat, umso
unproblematischer ist der Rührvorgang im Fermenter.
keine Hemmstoffe
- Sauerstoff, Antibiotika, Desinfektionsmittel usw. können entsprechend der
Dosis hemmend wirken.
ganz, da Holz in der Biogasanlage nicht umgesetzt werden kann. Störfaktoren beim Zerkleinern sind Halfter, Stricke, Heu- und Strohkordel sowie größere Mengen an Schweifhaaren, die im Strohmist zunächst untertauchen.
Fast unüberschaubar ist die Flut rechtlicher Auflagen zur Genehmigung. Neben dem Energierecht spielen z.B. das Abfallrecht, das Veterinärrecht und das Düngerecht eine entscheidende Rolle. Kommt der Mist nicht aus der betriebseigenen Tierhaltung (Fremdmist)
können im Einzelfall erhebliche genehmigungs-, abfall-, veterinär- und düngerrechtliche
Konsequenzen mit dem Einsatz verbunden sein, die im Vorfeld zu prüfen und mit der
Kreisverwaltungsbehörde abzuklären sind. Dies beginnt bei der völligen Trennung von
Tieren, Tierfutter und Einstreu. Anlieferungs- und Lagerbereich der Biogasanlage sind
gegebenenfalls einzuzäunen. Trennung von Substraten und Gärprodukten, Reinigung und
Desinfektion von Fahrzeugen und Behältern sowie Wechsel von Schuhwerk und Kleidung
können die Folge sein. Grundsätzlich müssen vor dem Einsatz jedes neuen Substrates
alle genehmigungsrechtlichen Belange geprüft werden. Eine Verwertung von Pferdemist
aus anderen Betrieben ist jedoch grundsätzlich möglich.
Die Ausbringung von Gärprodukten erfolgt auf eigenen Flächen oder auf Pachtflächen.
Sollen Produkte verkauft oder Inverkehr gebracht werden, ist grundsätzlich eine Kennzeichnung erforderlich. Der Inverkehrbringer übernimmt eine Produkthaftung und unterliegt der Kontrolle der Düngemittelverkehrskontrollstellen. Ausnahmen gibt es bei der Abgabe an nicht gewerbsmäßige Endverbraucher in Verpackungen kleiner als 50 kg und
wenn eine Abgabe- bzw. Aufnahmemenge von 200 t/a nicht überschritten wird.
Fazit:
Pferdemist kann in Abfall- oder NawaRo-Biogasanlagen eingesetzt werden. Aufbereiteter
Pferdemist mit möglichst geringem Strohanteil eignet sich gut zur Vergärung. Es steht ein
kostenfreies, günstiges Substrat zur Verfügung. Seit 2009 steht Pferdemist auf der Positivliste geeigneter Stoffe und gilt somit als nachwachsender Rohstoff. für Biogasanlagen
die unter das EEG 2012 fallen, wird Pferdemist in der Rohstoffvergütungsklasse 2 geführt,
was zu einer leichten Verbesserung der Situation geführt hat. In Kombination mit einem
landwirtschaftlichen Betrieb kann die Verwertung des zerkleinerten Pferdemistes sinnvoll
sein, wenn neben der Verwertung des Biogases auch ein tragfähiges Konzept zur Verwertung der Wärme vorhanden ist. Abschreckend ist die „Flut“ rechtlicher Vorschriften. Zudem kann von einer Wirtschaftlichkeit der Verwertung von Pferdemist zu Biogas noch
nicht gesprochen werden.