SOP - TEMPiS

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SOP - TEMPiS
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
Standardisierte optimierte Prozeduren (SOP)
in der Schlaganfallbehandlung
- Version 2011 Zusammengestellt und regelmäßig überarbeitet von
der Klinik für Neurologie und Neurologische Intensivmedizin Klinikum Harlaching
Städtisches Klinikum München GmbH
der Klinik und Poliklinik für Neurologie
Universität Regensburg
den TEMPiS-Kooperationskliniken
der Neurologischen Klinik, Klinikum Rechts der Isar
Technische Universität
und in den ersten Versionen unter Mithilfe der
Neurologischen Klinik, Klinikum Großhadern
Ludwig-Maximilians-Universität
Überarbeitet für das TEMPiS-Netzwerk
Mai 2011
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
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Vorwort
Wir freuen uns die TEMPiS-SOP 2011 als eine Gemeinschaftsarbeit der TEMPiS-Kooperationskliniken und Schlaganfallzentren vorstellen zu können. Ein
herzliches Dankeschön an alle Autoren der aktuellen Überarbeitung sowie der vorangegangenen Versionen!
Zehn Jahre sind die vorliegenden SOP mittlerweile alt. Erstmals wurden sie 2001 auf dem 5. Münchener Stroke Unit-Tag vorgestellt, seit 2003 sind sie im
TEMPiS-Netzwerk im Einsatz. Die TEMPiS-SOP orientieren sich an den relevanten praktischen Fragestellungen der Stroke-Units und TEMPiS-Kliniken
und versuchen in ihrer Gliederung die verschiedenen Berufsgruppen zu berücksichtigen. Sie wurden mittlerweile von mehreren anderen Netzwerken und
Einrichtungen übernommen und haben somit für die Schlaganfallversorgung in Deutschland Bedeutung erlangt.
In der vorliegenden Version haben wir die SOP grundlegend überarbeitet. Die neue Gliederung in einen allgemeinen und einen speziellen Teil und die
Zusammenlegung der Kapitel zur Lysetherapie und zur Sekundärprävention soll die SOP übersichtlicher und somit im stressigen Stationsalltag besser
anwendbar machen. In den letzten Jahren ist es zu Strategiewechseln in der Schlaganfallversorgung gekommen: z. B. spielen "Vollheparinisierung" und
duale Plättchenhemmung heute nur noch eine untergeordnete Rolle, andererseits haben wir mit den neurointerventionellen Techniken neue
Therapieoptionen erhalten. Auf der Basis der aktuellen Studienlage haben wir die SOP inhaltlich aktualisiert und dabei versucht, alle Berufsgruppen des
Schlaganfallteams zu berücksichtigen. Zur vertieften Einarbeitung in die einzelnen Themen finden Sie im Anhang der einzelnen SOP die wichtigsten
Referenzstudien.
Die vorliegende SOP wurde 2001 als Gemeinschaftsarbeit der Münchener Stroke Units ins Leben gerufen und in den Folgejahren unter Leitung von H.
Audebert von den Schlaganfallzentren in München-Harlaching und Regensburg gemeinsam mit den TEMPiS-Kooperationskliniken und dem Klinikum
rechts der Isar vervollständigt und weiterentwickelt. Erheblichen Anteil an den bisherigen Versionen hatten zudem J. Schenkel, J. Planck und A. Fürst. An
der aktuellen Überarbeitung haben engagiert mitgewirkt: A. Hofmayer und F. Dorfmeister (Bad Tölz), P. Grein und Ch. Lechner (Dachau), G. Gruber
(Eggenfelden), St. Hofer (Freising), V. Gärtner, S. Hörer, G. Hubert, J. Keydel, P. Müller-Barna, T. Pellkofer, J. Planck und I. Zerkaulen (Harlaching),
J. Berger (Kelheim), U. Ebermann (Mühldorf), H. Poppert (Rechts der Isar), S. Boy (Regensburg), W. Berke (Rosenheim), T. Etgen (Traunstein).
Besonderer Dank gilt Frau Sonja Miedl für die mühevolle Formatierungsarbeit.
Wir machen darauf aufmerksam, dass standardisierte Empfehlungen nie alle Einzelsituationen abdecken können. Wir sehen daher die folgenden
Ausführungen als Empfehlungen und Denkanstöße und nicht als justiziable Leitlinien.
Für die Vertreter der Schlaganfallzentren und die Projektleitung TEMPiS
Irene Zerkaulen und Peter Müller-Barna
Anmerkung: Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen u.s.w. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im
Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären. Soweit in diesen Empfehlungen Dosierungen oder Applikationsformen erwähnt werden, darf davon ausgegangen werden,
dass die Autoren größte Mühe darauf verwendet haben, dass diese Angaben genau dem aktuellen Wissenstand entsprechen. Dennoch ist jeder Benutzer aufgefordert, die entsprechenden Fachinformationen in
der jeweils aktuellsten Version zu lesen und zu überprüfen, ob die Dosierungen oder Gegenanzeigen von den SOP abweichen. Für etwaige inhaltliche Unrichtigkeiten der SOP übernehmen die Autoren und die
Projektleitung TEMPiS als Herausgeber keine Verantwortung oder Haftung.
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort .............................................................................................................................................................................. 2
Allgemeiner Teil:
Basis-SOP Schlaganfall..................................................................................................................................................... 4
SOP Dysphagiemanagement............................................................................................................................................. 6
SOP Systemische Thrombolyse & lokale Interventionen.................................................................................................... 9
Patientenaufklärung über einen individuellen Heilversuch………………………………………………………………..12
Lyseprotokoll……………………………………………………………………………………………………………………13
SOP Schnellstmögliche Interhospitalverlegung................................................................................................................ 14
SOP Operative Dekompressionsbehandlung bei raumforderndem Infarkt ....................................................................... 15
SOP Sekundärprävention des ischämischen Schlaganfalls einschließlich TIA................................................................. 16
SOP Carotisstenose ........................................................................................................................................................ 18
Spezieller Teil:
SOP Hirninfarkte arteriosklerotischer Genese.................................................................................................................. 21
SOP Schlaganfall bei Vorhofflimmern .............................................................................................................................. 23
SOP Intracerebrale Blutung ............................................................................................................................................. 25
SOP Hirnstamminfarkte (einschließlich Kleinhirnbeteiligung) ........................................................................................... 27
SOP Dissektion der hirnversorgenden Arterien mit und ohne zerebralen Infarkt.............................................................. 29
SOP Sinus-/Venen-Thrombose (SVT) ............................................................................................................................. 32
SOP Subarachnoidalblutung............................................................................................................................................ 34
SOP Schlaganfall bei persistierendem Foramen ovale (PFO).......................................................................................... 35
SOP Seltene Schlaganfallursachen ................................................................................................................................. 36
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Basis-SOP Schlaganfall
Notaufnahme
Ärztliches Handeln: Diagnostik und Therapie
Pflege
• bei Symptombeginn < 4,5 Stunden oder vigilanzgemindertem Patienten:
Lyseindikation prüfen (ggf. weiter mit SOP Lysetherapie)
• Legen eines sicheren venösen Zugangs
• Notfall-Laborroutine
• internistische und orientierende neurologische Untersuchung
• EKG
• native CCT
• Röntgen-Thorax nur bei konkreter Fragestellung
Umlagerung, Freihalten der Atemwege
Notaufnahme
oder
TEMPiSEinheit
Umgehend bei Aufnahme auf TEMPiS-Einheit:
• neurologische Untersuchung
• Festlegung einer Arbeitshypothese zu Schädigungslokalisation und
Ätiologie
• Festsetzung der akuten Sekundärprophylaxe (siehe SOP
Sekundärprävention)
Bei den vereinbarten Konsilindikationen erfolgt dies im Telekonsil gemeinsam
mit dem Telekonsilarzt, ansonsten durch den Stationsarzt mit Evaluation
durch den Konsilneurologen spätestens am nächsten Werktag
TEMPiSEinheit
Tag 1
Monitoring bei allen Schlaganfallpatienten mit frischer oder instabiler Klinik
RR-Einstellung:
- Ziel-RR 120/70 bis 210/110 mmHg
- Antihypertensiva werden grundsätzlich pausiert
- Ausnahme: -Blocker weiterführen (ggf. Dosis reduzieren)
Temperatur-Ziel: <37,5°C (ggf. Temperatursenkung durch Paracetamol,
Metamizol oder physikalisch)
BZ -Ziel : 100-170 mg/dl
• Neurologischer Status 6-stündlich (nachts max. 8-stündlich)
• Doppler/Duplex (möglichst innerhalb von 24 h)
• Diagnostikplanung
• Übergabe von Stationsarzt an Pflege (Mobilisierung, Kostform, Diagnose,
Überwachungsintensität)
• Anordnungen zur Therapie (KG, Ergo, Logo)
• Ggf. Anmeldung bei Sozialdienst
• Thromboseprophylaxe mit Heparin s.c. nur bei bettlägrigen Patienten
• keine prophylaktische antibiotische Behandlung, aber frühzeitige
Antibiotikatherapie bei wahrscheinlicher Pneumonie oder
nachgewiesenem Harnwegsinfekt
KG und Ergo
Logopädie
Befunderhebung,
Festlegung der
Zielsetzung,
bei höhergradigen
Paresen Lagerung
nach Bobath
klinische
Schluckdiagnostik
(siehe SOP
Dysphagiemanagement) ,
Dysarthrie- und
Aphasiediagnostik
Überwachung:
• Arterieller Blutdruck (erste Messung
an beiden Armen)
• Puls
• Temperatur
• O2-Sättigung, falls <95% dann Gabe
von O2 2l/min über Nasensonde
Pflegeanamnese
Vitalparameter-Monitoring: RR, Puls,
EKG, Atemfrequenz, O2-Sättigung,
Temperatur (Beginn und Ende des
Monitorings sowie Vitalparameter
mind. alle 4 Stunden dokumentieren)
Neurostatus mind. 2x/Schicht
(Wachheit, Pupillen, Kraftgrad,
Sprache)
Standardisierter Schluckversuch
(siehe SOP
Dysphagiemanagement)
Blutzuckertagesprofil; bei BZ > 170
mg/dl Insulin s.c. nach
Arztanordnung
Bei höhergradigen Paresen
Lagerung nach Bobath, dabei
längere Rückenlage vermeiden
DK-Anlage nur wenn für Einfuhrkontrolle und Bilanzierung nötig
Sozialdienst
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Fortsetzung Basis-SOP Schlaganfall
Tag 2
Ärztliches Handeln: Diagnostik und Therapie
Pflege
KG und Ergo
Logopädie
Sozialdienst
Ergänzung der fehlenden Laborwerte (am ersten Werktag)
Einleitung bzw. Durchführung der ergänzenden Untersuchungen:
Kontroll-Bildgebung (falls Läsion in Aufnahme-CCT nicht sicher
erkennbar oder bei Verschlechterung)
UKG / TEE, falls therapeutische Konsequenz realistisch
solange Pat. im Monitoringbett:
Monitoring der Vitalparameter wie
Tag 1, anschließend mind.3x/Tag RR,
Puls, Temp. und Neurostatus
aktivierende Pflege
Dekubitus-, Pneumonie- und
Thromboseprohylaxe
Mobilisierung nach Rücksprache
mit Arzt / KG
Hilfe bei Ernährung
Lagerung
Mobilisierung in
Rücksprache mit
Arzt/Pflege
Beginn mit ADLTraining (Waschen/
Anziehen)
Dysphagie-,
Dysarthrie- und
Aphasietherapie
ggf. Kostaufbau
Kontaktaufnahme mit Pat.
und Angehörigen
Einleitung der
Rehamaßnahmen und
anderen
notwendigen
Hilfen
Einschätzung der geeigneten Weiterversorgung zusammen mit Sozialdienst
ambulant, Reha-Phase, Pflegeinstitution
Neurologischer Status 6-stündlich (nachts 8 stündlich) solange Pat. im
Monitoringbett
tägliche Therapie bei behandlungsrelevantem Defizit im Fachgebiet und
behandlungsfähigem Patienten
Tag 3
Neurologischer Status 6-stündlich (nachts 8 stündlich) solange Pat. auf
Monitoringplatz
Vitalparameter wie Tag 2
Zunehmende Mobilisierung
Therapie
Angehörigenberatung
Tag 4+x
bei hypertensiven Blutdruckwerten Beginn einer vorsichtigen
blutdrucksenkenden Therapie
Entlassung nach Hause oder Verlegung in die Rehabilitation bzw.
weiterversorgende Klinik:
Entlassungsgespräch
Mitgabe des Arztbriefes, der radiologischen Bilder und ggf. der
Therapieberichte
Vitalparameter 3x täglich
Entlassungsvorbereitung
Therapiebericht für weiterbehandelnde
Kollegen erstellen
Therapie
Angehörigenberatung
Angehörigenberatung
Maßnahmen bei neurologischer Verschlechterung:
• Überprüfung der Vitalparameter (BZ, Puls, Blutdruck, Temperatur), bei Ischämie ggf. Anhebung des Blutdruckes auf hochnormale bis hypertensive Werte (bis 210/110mmHg)
• bei klinisch relevanter Verschlechterung sofortige Kontroll-Bildgebung
o
bei sekundärer Einblutung
sofortiger Stopp der Lyse bzw. der Antikoagulation
o
bei Zunahme einer ICB
Blutdrucksenkung und Überprüfung einer OP-Indikation
• im Zweifelsfall (Wieder-)Vorstellung bei TEMPiS
Literatur
1.
2.
3.
4.
5.
Potter JF, Robinson TG, Ford GA, Mistri A, James M, Chernova J, u. a. Controlling hypertension and hypotension immediately post-stroke (CHHIPS): a randomised, placebo-controlled, double-blind pilot trial.
Lancet Neurol. 2009 Jan;8(1):48-56.
Robinson TG, Potter JF, Ford GA, Bulpitt CJ, Chernova J, Jagger C, u. a. Effects of antihypertensive treatment after acute stroke in the Continue Or Stop post-Stroke Antihypertensives Collaborative Study
(COSSACS): a prospective, randomised, open, blinded-endpoint trial. The Lancet Neurology. 2010;
Sandset EC, Bath PM, Boysen G, Jatuzis D, Kõrv J, Lüders S, u. a. The angiotensin-receptor blocker candesartan for treatment of acute stroke (SCAST): a randomised, placebo-controlled, double-blind trial.
The Lancet [Internet]. 2011 2;Available from: http://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S0140673611601049
Adams HP, del Zoppo G, Alberts MJ, Bhatt DL, Brass L, Furlan A, u. a. Guidelines for the Early Management of Adults With Ischemic Stroke: A Guideline From the American Heart Association/ American
Stroke Association Stroke Council, Clinical Cardiology Council, Cardiovascular Radiology and Intervention Council, and the Atherosclerotic Peripheral Vascular Disease and Quality of Care Outcomes in
Research Interdisciplinary Working Groups: The American Academy of Neurology affirms the value of this guideline as an educational tool for neurologists. Stroke. 2007 3;38(5):1655-1711.
Guidelines for Management of Ischaemic Stroke and Transient Ischaemic Attack 2008. Cerebrovasc Dis. 2008;25(5):457-507.
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
SOP Dysphagiemanagement
Wer:
Neuaufnahme von
Patienten mit V .a.
Schlaganfall /TIA
Orale
Nahrungskarenz
inkl. Medikamente
Arzt/ Pflege
Arzt/Pflege
Ärztliche Anamnese und Untersuchung
•
Hinweise auf akute Dysphagie (z.B.
Speichelinsuffizienz , auffällige Stimme ,
Hypoglossusparese )
•
Hinweise auf vorbestehende Dysphagie
(z.B. Demenz -Erkrankung ,
Parkinsonerkrankung , häufige
Pneumonien , Gewichtsabnahme ,
angepasste Kostform )
Standardisiertes Schlucksreening durch
Pflegekraft:
Empfehlung: Standardisiertes Schluck Assessment (SSA) ( Stanschus, 2005 ), s.
Anhang
nein
Hinweise
vorhanden ?
Nicht
durchführbar ?
Auffällig ?
Unauffällig ?
ja
ja
•
Konsil Logopädie
•
•
•
Arzt/Pflege
•
Logopädie :
Klinische
Schluckdiagnostik
Orale Nahrungskarenz /Kost
entsprechend standardisiertem
Schluckscreening
Meldung an den Arzt
Logopädisches Konsil über Arzt
Mehrmals tgl . gründliche Mundpflege /
Pneumonieprophylaxe
Ggfs . Nasogastralsonde
Testmahlzeit
beobachten
•
Auffällig ?
•
ja
Logopädie
•
•
Logopädie
Empfehlung an den Arzt bzgl .:
•
Kostform /orale Nahrungskarenz + enterale Ernährung (Nasogastralsonde , PEG)
•
Intubation /Trachealkanüle
•
Indikation zur instrumentellen Diagnostik (Fiberendoskopische Schluckuntersuchung ,
Videofluoroskopie )
Weitere Therapieplanung
bei Therapiebedürftigkeit
Logopädie
nein
Deutliche klinische
Verschlechterung ?
ja
Pflege
nein •
Standardisiertes
Schluckscreening erneut
durchführen bzw . Meldung
an den zuständigen
Schlucktherapeuten
Logopädisches
Konsil
Kost klinisch
anpassen
Keine
Schlucktherapie
Kost entsprechend
Zahnstatus
Getränke frei
6
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Fortsetzung SOP Dysphagiemanagement
Literatur
1. Büßelberg, N. (2009): Schlaganfall- Dysphagie- Pneumonie - ein klinisches Qualitätssicherungsprojekt zur
Prävention von Aspirationspneumonien bei Patienten mit akutem Schlaganfall und Schluckstörung. In: Hofmayer,
A.; Stanschus, S. (Hrsg.): Evidenzentwicklung in der Dysphagiologie: Von der Untersuchung in die klinische Praxis.
Schulz-Kirchner-Verlag. Idstein
2. Hartwanger, A., Stanschus, S. (2009): Pflegerischer Aspekte im Management von neurogenen Dysphagien. In:
Stanschus, S. (Hrsg.): Dysphagie- Diagnostik und Therapie. Ein Kompendium. S. 253 – 273 Schulz-Kirchner Verlag.
Idstein.
Heart and Stroke Foundation of Ontario: Improving Recognition and Management of Dysphagia in Acute Stroke.
2002
3. Hinchey, J.A. et al. (2006): Formal Dysphagia screening protocols prevent pneumonia. Stroke, 36, 1972 – 1976.
4. Leitlinien der DGN 2008 - Neurogene Dysphagien. In: H. C. Diener, N. Putzki: "Leitlinien für die Diagnostik und
Therapie in der Neurologie", Georg Thieme Verlag, 4. überarb. Auflage 2008
5. Martino, R. et al. (2005): Dysphagia after Stoke. Incidence, diagnosis and pulmonary complications. Stroke, 36:
2756 – 2763.
6. Martino, R. et al. (2006): Management of Dysphagia in Acute Stroke: An Educational Manual for the Dysphagia
Screening Professional. Coordinated Stroke Strategy. 2006
7. Perry, L. (2001): Screening wallowing function of patients with acute stroke. Part one: identification, implementation
and initial evaluation of a screening tool for use by nurses. Journal of Clinical Nursing 2001; 10: 463 – 473.
8. Scottish Intercollegiate Guidelines Network: Management of patients with stroke: Identification and management of
dysphagia. A national clinical guideline. 2004 (www.sign.ac.uk)
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Schlaganfallversorgung
in der Region Süd-Ost-Bayern
Anhang
SOP Dysphagiemanagement
Standardisiertes Schluck-Assessment (SSA) für akute Schlaganfallpatienten
durch Pflegekräfte nach L. Perry (für Nicht-Schlaganfallpatienten analog verfahren)
Übersetzung: Stanschus (2005), Karlsbader Schluckzentrum
Kann der Patient aufrecht sitzen und für die Mindestdauer von 15 min.
wach bleiben oder auf Ansprache antworten?
Ja
Ist der Mund sauber?
Nein
Nein
Mundpflegerische
Maßnahmen sofort
vornehmen; engmaschig auf
Sauberkeit im Mund achten
Abbruch des Screenings. Non per oral (NPO) + gute
und regelmäßige Mundpflege. Ernährung über
Infusion oder Magensonde mit ärztlichem Team
diskutieren. Alle 24-Stunden erneut screenen, im
Zweifel logopädisches Konsil über Arzt veranlassen
Ja
Patient in aufrechte Sitzposition bringen. Kann jede der 4 folgenden Fragen mit
„ja“ beantwortet werden?
Fragen:
Kann der Patient auf Aufforderung husten?
Kann der Patient seinen Speichel kontrollieren?
Kann der Patient die Ober- und Unterlippe ablecken?
Kann der Patient frei atmen (d.h. hat keine Probleme zu atmen ohne Unterstützung
bei guter Sauerstoff-Sättigung)?
Abbruch des Screenings, zunächst Non
per oral, Ernährung über Infusion oder
Magensonde mit ärztlichem Team
diskutieren, logopädisches Konsil über
Arzt veranlassen
Nein
Ja
Hat der Patient eine „feucht /nass“ – klingende Stimme oder eine heisere Stimme?
Ja
Nein
Schluckscreening mit stillem Wasser
Wasser mittels Teelöffel geben. Zunächst einen Teelöffel Wasser trinken lassen.
„Perry-Kriterien“ prüfen. Falls o.B. , dann bis zu 2x wiederholen:
Perry-Kriterien
keine erkennbare Schluckaktivität
Wasser läuft aus dem Mund
Husten / Räuspern
Zunahme der Atemfrequenz
nasse / gurgelige Stimme bis 1 min. direkt nach dem Schlucken
haben Sie Zweifel oder einen unguten Eindruck?
Ja
War eines der Perry-Kriterien“ erfüllt?
Nein
Ein halbes Glas Wasser (ca. 100 ml) trinken lassen.
War eines der Perry-Kriterien“ (siehe oben) erfüllt?
Ja
Flüssigkeit: langsam und
portionsweise per
Schnabelbecher mit kleiner
Öffnung; Speisen als Schlucktyp
1; logopädisches Konsil über
Arzt veranlassen
Nein
Angepasste Schluckdiät bestellen (siehe Diät-Management). Sicherstellen, dass Patient beim
Essen aufrecht sitzt, bei Einnahme der ersten „Testmahlzeit beobachten
(siehe Ess- und Trinkregeln).
Testmahlzeit (ggf. Schluckdiät)
Probleme
verlängertes Kauen (nur bei Schlucktyp 2,3 oder Vollkost)
Reste im Mund
verlängerte Essdauer (>15 min)
Patient vermeidet Speisten aus mechanischen Gründen („rutscht nicht so gut“)
hustet beim Essen häufiger als sonst
trinkt bei jedem „Bissen“, um zu „Spülen“
Zweifel oder unguter Eindruck
Treten bei der Einnahme der Testmahlzeit Probleme (s.o.) auf?
Nein
Falls keine Probleme bis zur Steigerung auf normales Trinken und Vollkost: Weiter fortfahren.
Ja
Bei Verschlechterung
oder falls ohne
nachvollziehbaren Grund
Schlucktypen bestellt sind
oder Flüssigkeiten
langsam und
portionsweise, ggf. mit
Schnabelbecher
eingenommen werden:
logopädisches Konsil über
Arzt veranlassen.
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SOP Systemische Thrombolyse & lokale Interventionen
Vorbemerkungen:
• „Time is Brain!”: Jede unbehandelte Minute nach einem Schlaganfall sterben im Durchschnitt 1,9 Millionen Nervenzellen ab. Die Lysetherapie ist die
einzige kausale Therapie des Schlaganfalls. Deshalb ist der Schlaganfallpatient im Lysezeitfenster als vitaler Notfall einzustufen und schnellstmöglich
zu behandeln.
• Der entscheidende Vorteil der systemischen i.v.-Lysetherapie gegenüber lokalen Interventionen ist die schnelle Verfügbarkeit. In großen Studien wurde
ihre Wirksamkeit im 4,5-Stunden-Zeitfenster überzeugend nachgewiesen. Aktuell ist sie weiterhin nur im 3-Stunden Zeitfenster zugelassen (Stand Mai
2011).
• Die systemische i.v.-Lyse ist im genannten Zeitfenster die Standardtherapie des Schlaganfalls. Eine lokale i.a.-Lyse oder mechanische
Rekanalisationsverfahren können in bestimmten Konstellationen zur i.v.-Lyse ergänzend, bei Kontraindikationen gegen die i.v.-Lyse in Einzelfällen auch
statt der i.v.-Lyse angewendet werden (die Indikationsstellung erfolgt durch den TEMPiS-Telekonsildienst).
• Stenosen und Verschlüsse im hinteren Hirnkreislauf, insbesondere die Basilaristhrombose (Klinik: Hirnstammsymptome und Vigilanzminderung) haben
eine viel schlechtere Prognose als Stenosen und Verschlüsse im vorderen Kreislauf (A. carotis int., A. cerebri media, A. cerebri anterior). Deshalb ist bei
Basilaristhrombosen ein aggressiveres Vorgehen indiziert. Solange in der CCT keine Demarkierung nachweisbar ist, wird hier unabhängig von einem
Zeitfenster umgehend systemisch lysiert und der Patient zur anschließenden lokalen Intervention (unter laufender i.v.-Lyse) in ein entsprechendes
Zentrum verlegt. Der radiologische Nachweis der Basilaristhrombose mittels CT-Angiographie ist hilfreich. Wichtig ist jedoch, den Lysebeginn nicht durch
eine zeitaufwändige CT-Angiographie zu verzögern. Meist kann die Indikation zur systemischen Lyse auch klinisch gestellt werden. Der Patient wird
dann unter laufender i.v.-Lyse in ein neurointerventionelles Zentrum verlegt. Nach Ankunft wird dort eine erneute CCT inklusive CT-Angiographie vor
Beginn der Intervention durchgeführt.
• Auch bei Verschlüssen der distalen A. carotis interna oder des Hauptstammes der A. cerebri media kann eine lokale Intervention sinnvoll sein. Dies ist
im Einzelfall mit dem Telekonsilarzt zu klären. In jedem Fall muß ohne Verzögerung eine systemische i.v.-Lyse begonnen und der Patient dann unter
laufender Lyse in ein Zentrum verlegt werden.
• Bei jedem Patienten im Lysezeitfenster ist umgehend der Telekonsildienst einzuschalten. Anhand des Lyseprotokolls (s.u.) sind mögliche
Kontraindikationen gegen die Lysetherapie zu erfassen. Trotz bestehender Kontraindikationen kann eine Lysetherapie im Einzelfall und nach
Indikationsstellung durch den Telekonsilarzt als individueller Heilversuch durchgeführt werden (insbesondere bei Zeitfenster zwischen 3 und 4,5
Stunden sowie Alter > 80 Jahren).
• Bei Anwendung von rt-PA (Actilyse®) im Rahmen eines individuellen Heilversuches muß der Pat. darüber schriftlich aufgeklärt werden (Formblatt
s.u.).
Einschlusskriterien für eine i.v.-Lysetherapie:
• Jedes akut aufgetretene neurologische Defizit, das eine alltagsrelevante Behinderung verursacht und
• bisher weitgehend selbständige Lebensführung und
• beobachteter Symptombeginn innerhalb der letzten 3 (4,5) Stunden, ansonsten „zuletzt ohne Defizit gesehen“ vor weniger als 3 (4,5) Stunden. Bei
Basilaristhrombosen gilt dieses Zeitfenster nicht (s.o.).
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Fortsetzung SOP Systemische Thrombolyse & lokale Interventionen
Ärztliches Handeln und Diagnostik
Notaufnahme •
Richtzeit:
•
< 10 min
•
•
•
•
•
CCT
Richtzeit:
< 10 min
Telekonsilzimmer
Richtzeit:
< 10 min
TEMPiSStation
bis Ende der
Lyse
falls Vorinformation durch Leitstelle erfolgt Aufnahme und Radiologie über
eintreffenden Lysepatienten informieren
bei Übernahme vom Rettungsdienst nachfragen: ”wurde Symptombeginn
beobachtet?”
falls nicht: ”wann wurde Pat. zuletzt ohne Defizit gesehen?”
Patient vital stabil? Falls nein
Stabilisierung, ggf. Intensivstation
sofort Blutabnahme, venösen Zugang sicherstellen
Notfall-Labor (insb. BB, INR, PTT)
Pflegerische Maßnahmen
Bettruhe
Messung von
•
RR
•
Puls
•
Temperatur
•
O2-Sättigung
•
Blutzucker
Kurzanamnese und kurze internistische Untersuchung
falls RR>185/110 mmHg vorsichtige RR-Senkung mit Urapidil i.v. (Titration)
umgehender Transport zu CCT
•
während Tansport und Umlagerung Vervollständigung der Anamnese und
Abfrage der Lyse-Kontraindikationen (siehe Lyseprotokoll)
•
während der CT-Untersuchung Anmeldung des Telekonsils (089/62102255; Hinweis: ”Lyseoption”)
•
CCT
•
falls Patient vigilanzgemindert zusätzlich CT-Angiographie
(nur falls zeitnah möglich; Richtwert: 5 Minuten, maximal 10 Minuten!;
Frage: Basilarisverschluß?)
umgehender Transport in Telekonsilzimmer
•
neurologische Untesuchung inkl. NIH-SS gemeinsam mit Telekonsilarzt
•
Lyseentscheidung im Telekonsil
•
bei einwilligungsfähigem Patienten und Lyse innerhalb der Zulassung
(aktuell bis 3h-Zeitfenster, bis 80 Jahre, keine Kontraindikationen): kurze
Aufklärung; bei Anwendung als Heilversuch ist dagegen das Einverständnis
des Patienten erforderlich (siehe Aufklärungsbogen)
•
Vorabinformation an Station mit Körpergewicht des Patienten
•
Lage des i.v.-Zugangs prüfen, ggf. zweiten Zugang legen
•
Beginn der Lyse noch im Telekonsilzimmer
rt-PA Bolus i.v. mit 10% der Gesamtdosis; bzgl. Dosierung siehe
Lyseprotokoll
umgehender Transport auf TEMPiS-Station
Station empfängt Patienten mit vorbereitetem rt-PA-Perfusor: 90% der
Gesamtdosis über 60 Minuten; bzgl. Dosierung siehe Lyseprotokoll
Perfusor wird sofort gestartet
Falls noch Laborwerte ausstehen (insb. INR, PTT, Thrombozyten) diese
spätestens 10-15 Minuten nach Lysebeginn abfragen
bei pathologischen Werte Lyse sofort abbrechen
RR systolisch während der Lyse zwischen 110 und 180 mmHg halten
Diagnostik ergänzen: EKG, Extrakranieller Duplex, TCD
Bei deutlicher neurologischer Verschlechterung oder Übelkeit/Erbrechen unter
laufender Lyse sofort Kontroll-CCT laufender Lyse
Abbruch der Lyse bei intrakranieller Blutung in der CCT, andernfalls erneutes
Telekonsil zur Klärung des Vorgehens
Patient nüchtern lassen!
Hilfe bei Transport
und Umlagerung
Bemerkungen
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
keine Gabe gerinnungshemmender Medikamente
kein Röntgen-Thorax
kein EKG
keine aggressive RR-Senkung
keine zeitaufwendige neurologische Untersuchung
keine Anlage Blasenkatheter
keine Anlage ZVK oder art. Zugang
kein Doppler/Duplex vor Lysebeginn
keine Zeitverzögerung durch CTA-Rekonstruktionen
CT-Bilder bitte sofort für TEMPiS freigeben
Schätzung des Körpergewichtes
RR-Kontrolle
Vorbereitung des rt-PA-Bolus (bzgl.
Dosierung siehe Lyseprotokoll)
Bei Basilaristhrombose/-verschluß und Verschluß der
distalen ACI bzw.des Mediahauptstammes kann eine
neurointerventionelle Therapie (i.a.-Lyse, mechanische
Rekanalisation) sinnvoll sein
diese Option wird im
Telekonsil geklärt und ggf. eine Verlegung unter
laufender i.v.-Lyse in ein entsprechendes Zentrum
empfohlen
rt-PA ist nicht mit anderen Medikamenten kompatibel
für zusätzliche Medikamente ist ein zweiter i.v.-Zugang
erforderlich
Vorbereitung des rt-PA-Perfusors
(rt-PA nicht Schütteln; bzgl. Dosierung siehe
Lyseprotokoll)
Überwachung alle 15 Minuten von
•
RR
•
Puls
•
O2-Sättigung
•
Neurostatus
keine Mobilisierung des Patienten
keine Anlage eines Blasenkatheters
(nur, wenn unbedingt notwendig und sehr vorsichtig)
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
11
Fortsetzung SOP Systemische Thrombolyse & lokale Interventionen
Ende der
Lyse bis 24h
nach Lyse:
24 h nach
Lysebeginn
1.
2.
3.
4.
5.
Ärztliches Handeln und Diagnostik
• Überwachung insbesondere hinsichtlich komprimierbarer Blutungen
• ggf. noch Doppler/Duplex ergänzen
Pflegerische Maßnahmen
Bemerkungen
absolute Bettruhe
Keine Gabe gerinnungshemmender Medikamente
(insbesondere Heparin oder
Thrombozytenaggregationshemmer)
Monitoring von
Neurostatus
RR, Puls, O2-Sättigung
(Stunde 1-6 alle 30 min,
Stunde 7-24 alle 60 min)
Keine unnötigen Manipulationen (i.m.-Injekion, arterielle
Punktion, ZVK, Blasenkatheter, nasogastrale Sonde)
Unnötige Transporte vermeiden
CCT-Kontrolle
Beginn der Sekundärprävention je nach vermuteter Ätiologie
Literatur
Hacke W, Kaste M, Bluhmki E, Brozman M, Dávalos A, Guidetti D, u. a. Thrombolysis with alteplase 3 to 4.5 hours after acute ischemic stroke. New England Journal of Medicine.
2008;359:1317.
Lindsberg PJ, Mattle HP. Therapy of basilar artery occlusion: a systematic analysis comparing intra-arterial and intravenous thrombolysis. Stroke. 2006;37:922.
Rha J, Saver JL. The Impact of Recanalization on Ischemic Stroke Outcome: A Meta-Analysis. Stroke. 2007;38:967-973.
Schonewille WJ, Wijman CA, Michel P, Rueckert CM, Weimar C, Mattle HP, Engelter ST, Tanne D, Muir KW, Molina CA, Thijs V, Audebert H, Pfefferkorn T, Szabo K, Lindsberg PJ, de
Freitas G, Kappelle LJ, Algra A; BASICS study group.Treatment and outcomes of acute basilar artery occlusion in the Basilar Artery International Cooperation Study (BASICS): a
prospective registry study. Lancet Neurol. 2009;8:724-30.
Wahlgren N, Ahmed N, Dávalos A, Hacke W, Millán M, Muir K, u. a. Thrombolysis with alteplase 3-4· 5 h after acute ischaemic stroke (SITS-ISTR): an observational study. The Lancet.
2008;372:1303–1309.
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
12
Patientenaufklärung über einen individuellen Heilversuch
Lieber Patient,
Ihr Schlaganfall soll mit dem Arzneimittel Alteplase (rt-PA) behandelt werden. Alteplase ist zur Behandlung des Schlaganfalls innerhalb der ersten 3 Stunden in Europa
zugelassen. Die Wirksamkeit der Gerinnselauflösung mit Alteplase (rt-PA) beim akuten ischämischen Schlaganfall ist in klinischen Studien belegt. Die Behandlung muss in
den ersten 3 Stunden nach Symptombeginn durchgeführt werden. In Deutschland ist das Medikament vor einigen Jahren zur Behandlung des Herzinfarktes vom
Bundesgesundheitsamt zugelassen worden und wurde seither bei vielen tausend Patienten mit Herz- und Hirninfarkt eingesetzt.
Alteplase ist ein Eiweißmolekül, das aus Zellkulturen gewonnen wird, und ist einem im menschlichen Körper vorkommenden Eiweißmolekül sehr ähnlich. Durch ein
verstopftes Blutgefäß werden Beschwerden bei einem Schlaganfall hervorgerufen. Alteplase sorgt dafür, dass das Blutgerinnsel aufgelöst wird, das ein Blutgefäß im Kopf
verstopft. Die bislang vorliegenden Erfahrungen zeigen, dass Alteplase im Allgemeinen gut vertragen wird. Im Folgenden sind die wichtigsten unerwünschten
Begleiterscheinungen aufgeführt, die bei einer Behandlung mit Alteplase auftreten können.
1.Als unerwünschte Begleiterscheinungen können sichtbare (aus der Einstichstelle oder anderen Gefäßverletzungen, z. B. Nasenbluten, Zahnfleischbluten) oder innere
(unter anderem im Magen-Darm-Trakt oder in den Harnwegen) Blutungen auftreten, weil die Blutgerinnung durch Alteplase beeinflusst wird.
2.Bei einem Schlaganfall kann es nach dem akuten Ereignis zu einer Einblutung in das infarzierte (unterversorgte) Hirngewebe kommen. Durch die Beeinträchtigung
der Blutgerinnung ist dies unter Therapie mit Alteplase häufiger, als bei nicht mit diesem Medikament behandelten Patienten. Ein Unterschied in der Mortalität (am
Schlaganfall und Komplikationen verstorbene Patienten) war statistisch jedoch nicht festzustellen.
Das Medikament Alteplase (rt-PA) ist für die Behandlung Ihres Schlaganfalls nicht zugelassen. In folgenden Punkten weicht die Anwendung bei Ihnen
von der Zulassung ab:
____________________________________________________________________________________________________________.
Dennoch empfehlen wir nach sorgfältiger Abwägung der Risiken und des Nutzens bei Ihnen die Anwendung von Alteplase.
Einwilligungserklärung
zur Behandlung eines ischämischen Hirninfarktes mit Alteplase im Rahmen eines individuellen Heilversuchs
Name:
_____________________________________________________
Vorname:
_____________________________________________________
Geb.-Datum
_____________________________________________________
Ich habe die von Herrn/Frau Dr. _______________________ unternommene Aufklärung über Art und Durchführung sowie Risiken der betreffenden
Behandlung verstanden und ich hatte die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Die von mir gestellten Fragen wurden beantwortet. Ich konnte mir genügend Zeit
nehmen, bevor ich meine Einwilligung zur Therapie mit Alteplase (rt-PA) gegeben habe.
Anmerkung:
___________________________________________________________________________________________________________________
_________________________________________
Datum, Unterschrift Patient
(Zeuge, falls Unterschrift wg. Parese nicht möglich)
_________________________________________
Datum, Unterschrift Arzt
Lyseprotokoll 4
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
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Zeitpunkt des Auftretens der Symptome oder
zuletzt ohne Defizit gesehen > 3 Stunden
Heilversuch
bis 4,5h?
Alter zwischen <18J oder >80J
Heilversuch?
Krampfanfall zu Beginn des Schlaganfalles
Heilversuch?
geringfügiges oder sich rasch besserndes
neurologisches Defizit
Heilversuch?
Klinisch schwerer Schlaganfall (NIHSS> 25)
oder in Bildgebung großer Infarkt
Heilversuch?
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Klinik vereinbar mit Subarachnoidalblutung,
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CCT/MRT mit Blutung oder Raumforderung,
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RR > 185 mmHg systolisch oder > 110 mmHg
diastolisch
RR-Senkung?
Schlaganfall innerhalb der letzten 3 Monate
Heilversuch?
Schlaganfall in der Anamnese und
begleitender Diabetes
Heilversuch?
Schweres Trauma oder große Operation
innerhalb der letzten 3 Monate
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Heilversuch?
Vorherige arterielle oder sonstige Punktion
oder Lumbalpunktion
Heilversuch?
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Heilversuch,
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PTT > 40 sec durch Heparin oder spontan
Heilversuch?
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Heilversuch?
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Pankreatitis, schwere Lebererkrankung
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Ösophagusvarizen oder arterielle Aneurysmata
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Keine Symptome
1
Kann alle gewohnten Aufgaben und Aktivitäten verrichten
2
Unfähig, alle früheren Aktivitäten zu verrichten, kann aber die eigenen
Angelegenheiten ohne Hilfe erledigen
3
Bedarf Unterstützung, ist aber in der Lage ohne Hilfe zu gehen
4
Unfähig ohne Hilfe zu gehen und unfähig ohne Hilfe für die eigenen
Bedürfnisse zu sorgen
Bettlägrig, inkontinent, bedarf ständiger Pflege und Aufmerksamkeit
5
14
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
Interhospitaltransfer
SOP Schnellstmögliche Interhospitalverlegung
Patientenkollektiv:
• akute Hirnstammsymptomatik mit V.a. Basilaristhrombose
• spezielle intrazerebrale Blutung (Kleinhirnblutungen, Ventrikelblutungen)
• akute Subarachnoidalblutung (Grad I- IV n. Fischer) mit Hydrozephalus internus
• maligner Mediainfarkt oder Hirnstamm kompression bei Kleinhirninfarkt zur
Entlastungskraniektomie
Entfernung TEMPiS-Klinik
< 50 km
Schnelle Verfügbarkeit
von RTH/ ITH
(Hubschrauber)?
Kriterium ist Zeitpunkt des Eintreffens an der Zielklinik
Anmeldung „schnellstmöglicher Transport“ erfolgt bei der regionalen Rettungsleitstelle
nein
Auswahl des Transportmittels in Absprache mit der regionalen
Rettungsleitstelle nach Leitfaden Interhospitaltransfer
Entscheidungshilfe siehe Grafik
Vorbereitung des Patienten zum (RTH/ITH-) Transport:
• endotracheale Intubation
• Analgosedierung
• Sicherstellung einer stabilen Herz-Kreislaufsituation
(Cave: art. Hypotonie, ggf. Katecholamintherapie)
• möglichst arterielle Kanüle
• möglichst Blasenkatheter
unnötige Verzögerungen im Rahmen dieser Transportvorbereitungen vermeiden!
Ziel ist die schnellstmögliche Verlegung nach adäquater Patientenversorgung mit vertretbarem
Transportrisiko
Häufig ist der bodengebundene Transport deutlich schneller als der Luftransport!
>75 km
50-75 km
Entscheidung zur schnellstmöglichen Verlegung erfolgt im Rahmen des Telekonsils
•
•
- Zentrum
ja
Arztbegleitung
organisieren!
Möglich
RTW +
Arzt
Nicht möglich
Ausnahmefall!
Hubschrauber
Vorbereitung des Patienten zum
Transport; ggf. Intubation
Schnellstmöglicher
Transportbeginn
1. Audebert HJ, Clarmann vC, Schenkel J, Furst A, Ziemus B, Metz C et al. [Interhospital emergency transfers of patients after a
stroke.]. Dtsch.Med.Wochenschr. 2005;130:2495-500.
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
15
SOP Operative Dekompressionsbehandlung bei raumforderndem Infarkt
Die dekompressive Operation beim malignen Mediainfarkt ist evidenzbasiert, erniedrigt die Letalität und erhöht die Anzahl an Patienten mit günstigem
funktionellen Outcome. Die Therapie muss innerhalb von 48h nach Symptombeginn durchgeführt werden und erfolgt in den Schlaganfallzentren. Die
Entscheidung zur Dekompression ist somit rasch und möglichst innerhalb der ersten 24h nach Symptombeginn zu treffen.
Beim raumfordernden Kleinhirninfarkt mit Hirnstammkompression wird eine Dekompression und Anlage einer externen Ventrikeldrainage empfohlen. Eine
Evidenz liegt nicht vor.
Prä-OP
Ärztliches Handeln und Diagnostik
Mediainfarkt:
Eine Indikation zur Operation besteht, wenn alle der folgenden
Kriterien zutreffen:
1. Schweres klinisches Syndrom mit NIHSS 15 (wenn nichtdominante Hemisphäre betroffen) und NIHSS 20 (wenn
dominante Hemisphäre betroffen)
2. Bewusstseinsminderung (im NIHSS mind. 1 Pkt.)
3. In der CCT Infarktzeichen in >50% des Mediastromgebietes
4. Alter 60J
Kleinhirninfarkt:
Eine Indikationen zur Operation besteht, wenn alle der
folgenden Kriterien zutreffen :
1. Großer Kleinhirninfarkt
2. Klinisch und in der CCT drohende Hirnstammkompression
Therapie
- Intensivüberwachung (Intensiv
od. Stroke Unit)
- Vitalparameter
- RR-Monitoring (hochnormal)
- Thromboseprophylaxe mit
Antithrombosestrümpfen
- bei Vigilanzminderung bzw.
beginnender Einklemmungssymptomatik (Mannitol 20%
250ml “im Schuss“ zur
Überbrückung bis OP)
Pflege
- s. Basis-SOP
- Hirndrucklagerung (30°Oberkörperhochlagerung)
- Engmaschige Kontrolle von
Vigilanz und Neurostatus
Kontraindikationen für beide Fälle:
Bilateral weite lichtstarre Pupillen
In beiden Fällen umgehende Telekonsilvorstellung!
Die Dekompression beim malignen Mediainfarkt bleibt immer eine individuelle Entscheidung, in der neben den medizinischen Indikationen auch die
Wertvorstellungen des Patienten berücksichtigt werden müssen. In Ausnahmefällen kann eine Operation auch bei über 60-jährigen erwogen werden. Dies
sollte im Rahmen randomisierter Studien erfolgen (DESTINY-2).
Die Basistherapie richtet sich nach der Basis-SOP Schlaganfall
1. Vahedi et al, Early Decompressive Surgery in malignant infarction of the middle cerebral artery: a pooled analysis of three randomised controlled trials. Lancet Neurol 2007;6:215-22
2. Hofmeijer et al, Surgical decompression for space-occupying cerebral infarction (the Hemicraniectomy after Middle Cerebral Artery infarction with Life-threatening Edema Trial
(HAMLET)): a multicentre, open, randomised trial. Lancet Neurol 2009;8:326-33
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
16
SOP Sekundärprävention des ischämischen Schlaganfalls einschließlich TIA
Akute Sekundärprävention
•
•
•
Jeder Patient mit einem ischämischen Schlaganfall erhält in der Akutphase Acetylsalicylsäure 100mg.
Jeder Patient mit einem ischämischen Schlaganfall erhält in der Akutphase ein Statin (z.B. Simvastatin 40mg).
Ausnahmen:
Bei nachgewiesener Dissektion eines Halsgefäßes wird eine gewichtsadaptierte Therapie mit niedermolekularem Heparin oder eine PTT-wirksame
Heparintherapie empfohlen.
Bei bestehender künstlicher Herzklappe muss eine orale Antikoagulation unter Berücksichtigung der Infarktgröße weiter geführt werden.
Bei nachgewiesenem intrakardialen Thrombus muss eine PTT-wirksame Heparintherapie erfolgen.
Langfristige Sekundärprävention
Im Verlauf muss die Sekundärprävention an die Ätiologie und das individuelle Schlaganfallrisiko angepasst werden.
Die „Interstroke“-Studie, eine internationale Registerstudie, hat weltweit den Zusammenhang zwischen Risikofaktoren und dem Schlaganfallrisiko untersucht und gezeigt,
dass die 10 „klassischen“ Risikofaktoren 90% der Schlaganfälle erklären. Diese sind:
Hypertonie, Nikotinabusus, abdominelle Adipositas, falsche Ernährung, Bewegungsmangel, Diabetes mellitus, Alkohol, Stress, Depressionen, Herzerkrankungen und
Apolipoprotein B/A1.
Für alle Ätiologien gilt es daher die kardiovaskulären Risikofaktoren gut einzustellen und eine gesunde Lebensführung mit mediterraner Diät und regelmäßiger
körperlicher Aktivität zu empfehlen.
Nach Ätiologie:
Kardiogen-embolisch bei Vorhofflimmern:
Die Substanz der Wahl ist Phenprocoumon.
Grundsätzlich ist eine orale Antikoagulation bei VHF dringend indiziert, da hierdurch eine deutliche absolute Risikoreduktion erreicht werden kann. Daher sollten nur sehr
eindeutige Kontraindikationen gegen eine solche Therapie sprechen. Die orale Antikoagulation sollte früh erfolgen. Bei kleinen Infarkten ab dem 3. Tag, bei großen
Infarkten ab dem 7. Tag.
Für den Faktor Xa-Antagonist (Dabigatran) konnte kürzlich bei gleicher Wirksamkeit ein geringeres Blutungsrisiko als für Warfarin gezeigt werden. Zum Zeitpunkt der
SOP Veröffentlichung ist diese Substanz in Deutschland noch nicht zugelassen.
Bei Kontraindikationen für Phenprocoumon sollte ASS 100mg gegeben werden. Eine kürzlich veröffentlichte Studie, die ASS mit Apixaban (Faktor Xa-Antagonist)
verglich, konnte für diese Patientengruppe einen Vorteil von Apixaban zeigen. Auch diese Substanz ist noch nicht zugelassen (Stand Mai 2011).
Bei mikroangiopathischer und makroangiopathischer Genese (ohne hochgradige Stenose hirnversorgender Gefäße):
Die langfristige Sekundärprävention ist eine Therapie mit ASS 100mg und einem Statin (z.B. Simvastatin 40mg). Bei einer Senkung des LDL-Wertes um ca. 40mg/dl
(entspricht 1mmol/L) liegt die relative Risikoreduktion vaskulärer Ereignisse bei 20%/Jahr.
Bei hohem Rezidivrisiko kann eine Therapie mit ASS + Dipyridamol ret. und einem hochdosierten Statin (z.B. Simvastatin 80mg, Atorvastatin 80mg) erwogen werden. In
einem Report des IQWIG (Februar 2011) konnte sich jedoch kein positiver Effekt für die Gabe von ASS + Dipyridamol ret. nachweisen lassen.
Um das persönliche Risiko des Patienten einschätzen zu können, sollte der Essener Schlaganfall Risiko Score (ESRS) durchgeführt werden.
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
17
Fortsetzung SOP Sekundärprävention des ischämischen Schlaganfalls einschließlich TIA
Essener Schlaganfall Risiko Score
Alter 65-75
Alter >75
Diabetes mellitus
Raucher
Arterielle Hypertonie
Früherer Myokardinfarkt
Andere cardiovaskuläre Erkrankungen (nicht MI)
pAVK
früherer Hirninfarkt/TIA
Punkte
1
2
1
1
1
1
1
1
1
Ab einem Score von 3 Punkten steigt das Risiko für einen erneuten Schlaganfall auf >5%/Jahr
Bei zusätzlich vorliegender klinisch manifester pAVK oder ABI < 0.9 erfolgt die Thrombozytenfunktionshemmung mit Clopidogrel.
Bei intrakraniellen Stenosen und Basilarisstenosen:
Hier besteht ein deutlich erhöhtes Rezidivrisiko, daher kann eine intensivierte Sekundärprävention mit ASS + Dipyridamol ret. + einem hochdosierten Statin (z.B.
Atorvastatin 80mg) erwogen werden. Interventionelle Verfahren sind noch ohne Evidenz und experimentell und sind nur im Rahmen eines individuellen Heilversuchs zu
erwägen.
Bei hochgradiger A. carotis-Stenose:
Bei einer symptomatischen Stenose der A. carotis interna > 50% nach NASCET-Kriterien (entspricht >70% nach ECST-Kriterien) sollte eine möglichst rasche
Thrombendarteriektomie durchgeführt werden (siehe SOP Carotisstenose).
Bei persistierendem Foramen ovale (PFO):
Bei nachgewiesenem persistierendem Foramen ovale und fehlenden Hinweisen auf eine andere Ätiologie sollte langfristig ASS 100mg eingenommen werden (siehe
SOP PFO).
Bei Dissektion:
Bei dopplersonographisch/bildgebend nachgewiesener Dissektion sollte nach heutigem Wissensstand eine Antikoagulation mit Phenprocoumon über 3-6 Monate
erfolgen mit anschließender Einnahme von ASS 100mg (siehe SOP Dissektion).
Literatur
1. CTT Collaboration. Efficacy and safety of more intensive lowering of LDL cholesterol: a meta-analysis of data from 170.000 participants in 26 randomised trials. Lancet 2010;376:1670-81
2. Connoly SJ et al. Dabigatran versus warfarin in patients with atrial fibrillation. N Engl J Med. 2009 Sep 17;361(12):1139-51.
3. Connoly SJ et al. Apixaban in patients with atrial fibrillation. N Engl J Med. 2011 Mar 2;364(9):806-17.
4. Diener HC, Cunha L, Forbes C, Sivenius J, Smets P, Lowenthal A. European Stroke Prevention Study. 2. Dipyridamole and acetylsalicylic acid in the secondary prevention of stroke. J Neurol Sci.
1996;143:1-13.
5. A randomised, blinded, trial of clopidogrel versus aspirin in patients at risk of ischaemic events (CAPRIE). CAPRIE Steering Committee. Lancet. 1996;348:1329-1339.
6. The International Stroke Trial (IST): a randomised trial of aspirin, subcutaneous heparin, both, or neither among 19435 patients with acute ischaemic stroke. International Stroke Trial Collaborative Group.
Lancet. 1997;349:1569-1581.
7. CAST (Chinese Acute Stroke Trial) Collaborative Group. CAST: randomised placebo-controlled trial of early aspirin use in 20,000 patients with acute ischaemic stroke. Lancet. 1997;349:1641-1649.
8. O'Donnell, M. J. et al.: Risk factors for ischaemic and intracerebral haemorrhagic stroke in 22 countries (the INTERSTROKE study): a case-control study. Lancet 2010; 376:112-23
9. Gulliford MC. et al.: Declining 1-year case-fatality of stroke and increasing coverage of vascular risk management: population-based cohort study. J Neurol Neurosurg Psychiatry 2010; 81: 416-22
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
18
SOP Carotisstenose
Stenosegrade: Angaben im Text nach NASCET-Kriterien
Schlaganfallrisiko
• Asymptomatische Carotisstenose >50%: Schlaganfallrisiko ca. 11% in 5 Jahren
• Symptomatische Carotisstenose >50% : Schlaganfallrisiko ca. 20% in 3 Tagen
Diagnostik
• Verfahren der Wahl: Duplexsonographie
• Ergänzend: MR- oder CT-Angiographie
• In der Regel nicht erforderlich: konventionelle Angiographie (DSA)
Stenosegraduierung im Duplex: lokaler Stenosegrad nach ECST (European Carotid Surgery Trial 1998) oder distaler Stenosegrad nach NASCET (North American
Symptomatic Carotid Endarterectomy Trial 1991); s. Umrechnungstabelle.
lokaler Stenosegrad ECST
distaler Stenosegrad NASCET
50-60%
20-40%
70%
50%
80%
70%
90%
80%
95%
90%
Verschluß
Verschluß
Behandlung einer symptomatischen Carotisstenose
1. Carotis-Thrombendarteriektomie (TEA)
Studien: NASCET, ECST
Behandlungsmethode der Wahl für 50-90%ige symptomatische ACI-Stenosen
• Der sekundärprophylaktische Nutzen der Operation steigt mit dem Stenosegrad zwischen 50% und 90% (über 50%ige Stenosen: absolute
Risikoreduktion (ARR) für Schlaganfall oder Tod ca. 2,5%/Jahr, über 90%ige: ca. 10%/Jahr)
• Der sekundärprophylaktische Nutzen der Operation nimmt bei subtotalen Stenosen (>90%, „Pseudookklusion“) wieder ab.
• 20-49% ACI-Stenose: im Vergleich zu den höhergradigen Stenosen geringerer, aber noch vorhandener sekundärprophylaktischer Nutzen der
Carotis-TEA,
es profitieren v.a. Männer
• Kein prophylaktischer Nutzen bei <20%igen ACI-Stenosen
Voraussetzungen:
• Zeitpunkt: innerhalb von 14 Tagen nach ipsilateralem Schlaganfall/TIA
geringerer Nutzen bei späterer Operation, nach 3 Monaten kein Nutzen mehr
• Kombinierte perioperative Morbidität/Mortalität des Operateurs sollte <6% sein
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19
Fortsetzung SOP Carotisstenose
Zusätzlich beste konservative Therapie
Thrombozytenaggregationshemmer, Statin, antihypertensive Therapie, Diabeteseinstellung, Nikotinkarenz
2. Carotis-Ballonangioplastie mit Stenting (CAS)
Studien: SPACE, EVA3S
CAS im Vergleich zur TEA mit etwas höherer periprozeduraler Komplikations- und höherer Restenoserate, daher kein Routineverfahren zur Behandlung
einer symptomatischen Carotisstenose
Stenting im Einzelfall zu diskutieren bei
• Patienten <68 Jahre
• Distal gelegener, chirurgisch nicht zugänglicher Stenose
• Radiogener Stenose
• Restenose nach Carotis TEA
Zusätzlich beste konservative Therapie und periinterventionell 4-12 Wochen duale Plättchenhemmung (ASS und Clopidogrel)
Behandlung einer asymptomatischen Carotisstenose
Studien: ACST, ACAS, SAPPHIRE, aktuell laufend: SPACE2
Eine asymptomatische Carotisstenose wird konservativ behandelt.
• Es gibt keinen Nachweis dafür, dass das Schlaganfallrisiko durch Operation oder Stenting einer asymptomatischen Stenose im Vergleich zur
medikamentösen Therapie gesenkt wird.
• Der primärprophylaktische Nutzen einer Carotis-TEA ist insgesamt gering (ARR für Schlaganfall oder Tod ca. 1%/Jahr)
• Der primärprophylaktische Nutzen einer Carotis-TEA nimmt ab einer perioperativen Komplikationsrate von 3% ab.
• Ab einer Komplikationsrate von 6% werden mehr Schlaganfälle verursacht als verhindert.
Bei folgenden Patienten mit asymptomatischer höhergradiger Carotisstenose kann eine Carotis-TEA im Einzelfall erwogen werden:
• Männer
• jüngere Patienten <75 Jahre
• Patienten mit Stenosen zwischen 40-70%
• Patienten mit Gesamtcholesterin >250mg/dl (ARR für Schlaganfall oder Tod um 8% über 5 Jahre)
SPACE2-Studie (Stent-protected angioplasty in asymptomatic carotid artery stenosis vs. endarterectomy):
Laufende prospektive, randomisierte, dreiarmige Studie zur Wirksamkeit des Carotisstentings im Vergleich zu TEA und medikamentöser Therapie bei
Patienten mit hochgradiger asymptomatischer Carotisstenose
Behandlung bei Carotisverschluß
• medikamentöse Therapie
• keine Indikation zur Operation, kein prophylaktischer Nutzen eines extra-/intrakraniellen Bypasses
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
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Fortsetzung SOP Carotisstenose
Zusammenfassung
• Therapie der Wahl zur Behandlung einer hochgradigen symptomatischen Carotisstenose >50-90% ist die Carotis-TEA innerhalb von 14 Tagen
nach TIA/Schlaganfall.
• Eine asymptomatische Carotisstenose, ein Carotisverschluß, über 90%ige und unter 20%ige symptomatische Carotisstenosen werden in der
Regel medikamentös behandelt.
• Die Indikation zur Carotisangioplastie mit Stenteinlage bei symptomatischer hochgradiger Carotisstenose wird im Einzelfall, am besten
interdisziplinär (Neurologie, Neuroradiologie, Gefäßchirurgie), gestellt.
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
21
SOP Hirninfarkte arteriosklerotischer Genese
Ärztliches Handeln und Diagnostik
Notaufnahme
Pflegerisches Handeln
Bemerkung
Verdachtsdiagnosestellung „makroangiopathisch“ bei
•
•
•
•
•
kortikalem Syndrom
vaskulären Vorerkrankungen, kardiovaskulären Risikofaktoren, „ipsilateralen“ TIA
fehlender kardialer Emboliequelle
In der CCT oder cMRT:
• Endstrominfarkte mit embol. Infarktmuster, v.a. im selben Stromgebiet
• Grenzzoneninfarkte
Makroangiopathie im extra- bzw transkraniellen Duplex
• Keine Blutdrucksenkung bei Werten
unter 210/110 mmHg
• Anlage eines
Blasendauerkatheters
als Routinemaßnahme
nicht sinnvoll
Verdachtsdiagnosestellung „mikroangiopathisch“ bei
•
•
lakunärem Syndrom
klassischen Risikofaktoren, fehlenden Emboliequellen
Vorgehen:
•
•
Kontrolle der kardialen Funktion (klinisch, EKG , Rö-Thorax)
Routine-Notfallabor
Entscheidung bzgl. Überwachungsfrequenz nach folgenden Kriterien:
•
•
•
•
Tag 1
Progredienz oder Fluktuation der klinischen Ausfälle
Hämodynamisch wirksame Stenose oder Grenzzoneninfarkte
instabile RR-, BZ- Werte und erhöhte Temperatur
Aspirationsgefahr bei Schluckstörung
ALLGEMEIN:
•
Thromboseprophylaxe nur bei immobilisierten Patienten.
•
frühzeitig und konsequent antipyretisch/antiphlogistische Therapie (Temperaturziel < 37,5°)
•
Statingabe
MAKROANGIOPATHIE:
•
Erhöhten Blutdruck bis 210/110 mmHg belassen
•
Bei klinischer Progredienz: ggf. RR-Anhebung nach Blutungsausschluß (Volumentherapie,
Katecholamine unter invasiver RR-Messung)
•
Sekundärprävention:
• Sekundärprophylaxe nach SOP Sekundärprrävention
• Früh-TEA/Stenting bei ACI-Stenosen > 50% 90% (NASCET) diskutieren (s. SOP
Carotisstenose
eventuell Telekonsil
MIKROANGIOPATHIE:
•
Sekundärprophylaxe nach SOP Sekundärprrävention
Engmaschiges Monitoring von
•
Neurostatus (mind. 2x/Schicht)
•
RR und BZ, O2 (alle 2 Stunden)
•
Temperatur (alle 4 Stunden)
Lagerung nur bei immobilisierten Patienten
Bilanzierung bei kardialen
Begleiterkrankungen
Statin-Therapie
weiterführen
ggf. über Magensonde
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
22
Fortsetzung SOP Hirninfarkte arteriosklerotischer Genese
Tag 2
Tag 3 + 4
Tag 5 + X
Ärztliches Handeln und Diagnostik
Pflegerisches Handeln
•
•
•
•
•
Labor: Ergänzung der Routine durch LDL, BZTP, HbA1c
Kontroll-CCT oder -cMRT falls keine erklärende Läsion in Aufnahme-Bildgebung
Bei fehlenden kardiovaskulären RF Diagnostik hinsichtlich Vaskulitis/Dissektion
Evtl. Kontroll-Doppler/Duplex:
Herzecho: hypertensive Herzwandveränderungen, konkurrierende Mechanismen?
•
•
•
•
Falls Unklarheit über Risikoprofil Augenkonsil: Fundus hypertonicus?
Entscheidung bzgl. TEA: Bei ausgedehnter Infarktdemarkierung Einzelfallentscheidung
Telekonsil
•
•
24-h-RR-Messung (ggf. Empfehlung für die Reha): Paradoxe Hypertonie?
Ggf. Schlafapnoe-Screening und ergänzende Hypertoniediagnostik
•
eventuell
Bemerkung
Bei instabiler Symptomatik wie an Tag 1
Bei stabiler Symptomatik
• Neurostatus (alle 4 Stunden)
• RR und BZ (alle 6 Stunden)
Beginn der Mobilisierung
falls stabil: Monitoring (s.o.) 3xtgl.
Konsequente Mobilisierung aus dem Bett
soweit möglich, sonst im Bett
Bei stabilen Werten Kontrolle von RR, BZ
und Temperatur 1x tgl.
Die Basistherapie richtet sich nach den Basis-SOP Schlaganfall
Literatur
1.
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Schwartz GG, Olsson AG, Ezekowitz MD, Ganz P, Oliver MF, Waters D, Zeiher A, Chaitman BR, Leslie S, Stern T. Effects of atorvastatin on early recurrent ischemic events in
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Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
23
SOP Schlaganfall bei Vorhofflimmern
Ärztliches Handeln und Diagnostik
Tag 1 Hinweise:
• Kortikales Syndrom (z.B. Aphasie, Neglect)
• Anamnestisch bekanntes oder manifestes VHF
• Anamnestisch „Herzstolpern“ oder Embolien in anderen
Gefäßgebieten
• Embolisches ggf. bilaterales Infarktmuster in der Bildgebung
• Echoarmer Verschluss einer Halsarterie
Diagnostische Schritte:
• EKG
• Röntgenthorax (Herzschattenverbreiterung, Stauung?)
• Erfassung, Überwachung und Behandlung der
hämodynamischen Situation
• Notfall-Labor mit CK, Troponin
• Bei V.a. kardiogene Genese ohne aktuelles VHF:
Arrhythmiedetektion am Monitor oder durch LZ-EKG
Mögliche Indikationen für Frühkardioversion:
• Neu aufgetretenes VHF < 48 h Dauer
• Akute kardiale Insuffizienz durch ausgefallene
Vorhofkontraktion
• notwendige Diagnostik vor Frühkardioversion:
• UKG
• TEE (Vorhofthrombus?)
• TSH (VHF i. R. einer Thyreotoxikose?)
Ab
VHF > 48 h, chronisch od. intermittierend
Tag 2 • UKG/ggf. TEE bei therapeutischer Konsequenz
• TSH (ggf. T3, T4) im Routine-Labor
• Bei Bedarf kardiologisches Konsil =>
elektive Kardioversion nur falls Besserung einer Herzinsuffizienz zu erwarten, ggf. auch mit Amiodarone oder Dronedarone (Dronedarone nicht bei Herzinsuffizienz NYHA III/IV)
Therapie
Standardtherapie:
ASS 100mg + low dose NMH
Bemerkungen
Nicht sinnvoll ist der
Verzicht auf die orale
Grundsätzlich erfolgt keine pTT-wirksame i.v.Antikoagulation,
Heparinisierung oder NMH-Therapie. Nur bei
•
wenn spontan oder nach
unten angeführten Konstellationen mit hohem
Kardioversion
Embolierisiko kann eine Heparinisierung erfolgen:
Sinusrhythmus besteht3
Vorhofflimmern und zusätzlich
•
aufgrund des Alters
• links-atrialer oder -ventrikulärer Thrombus
(Emboliegefährdung
• Spontankontrast in LA
nimmt ab dem 80. Lj.
• LV-Dysfunktion (dilatative CMP)
signifikant zu)
• Mitralstenose
• akuter Myokardinfarkt
• akute Rechtsherzbelastung nach Lungenembolie
und PFO
sofern nicht folgendes vorliegt:
• großer Infarkt
• sekundäre Einblutung
Antiarrhythmika
• Betablocker (z.B. Metoprolol, Bisoprolol)
• Digoxin, falls HF > 100 und / oder RR zu niedrig
• Amiodarone oder Dronedarone (Dronedarone
nicht bei Herzinsuffizienz NYHA III/IV)
Beginn mit Phenprocoumon, INR-Ziel 2-3, in
Abhängigkeit der Hirninfarktgröße: bei kleinen
Infarkten ab Tag 3 oder 4, bei ausgedehnten Infarkten
ab Tag 7-10; in der Zwischenzeit ASS 100 mg/d.
Bei klaren Kontraindikationen gegen Phenporcoumon
dauerhaft ASS.
Zur Therapie mit Dabigatran bzw. Apixaban siehe
SOP Sekundärprävention
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
24
Fortsetzung SOP Schlaganfall bei Vorhofflimmern
Die weitere Akuttherapie richtet sich nach der Basis-SOP Schlaganfall
Literatur
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9.
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Fibrillation
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
SOP Intracerebrale Blutung
Ärztliches Handeln und Diagnostik
Notaufnahme
Telekonsilindikation
Pflege-Maßnahmen
Therapeuten
Oberkörperhochlagerung 30°
CCT: Festlegung der Blutungslokalisation und Größe
Therapie:
• Bei antikoagulierten Patienten
sofortige
Gerinnungsnormalisierung mit PPSB (+Konakion) bzw. PTTKorrektur mit Protamin
• Blutdrucksenkung (DGN-Empfehlung < 160 mmHg systolisch)
Messung von
• RR
• Puls
• Temperatur
• O2-Sättigung
Neurostatus alle 30 min
Verlegung bei Interventionsbedarf:
Externe Ventrikeldrainage, ggf. intraventrikuläre Lyse1 bei
•
Parenchymblutung mit Ventrikeleinbruch
•
Ventrikelblutung (mindestens 1 Ventrikel ausgefüllt)
Operative Entlastung2 bei:
•
Raumfordernder Kleinhirnblutung
•
Oberflächennaher, raumfordernder Blutung (
für Biopsie)
Tag 1
(ÜberwachungsEinheit)
auch
Therapie:
• Absetzen aller gerinnungsfördernden Medikamente
• Bei raumfordernder Wirkung ggf. Glycerosteril
• Bei immobilisierten Patienten low dose Heparin möglich
• Falls Blutungszunahme Heparin absetzen
nur physikalische
Maßnahmen (Kompressionsstrümpfe)
• Ziel-RR zwischen 110/70 und 160/100
• BZ, Temperatur s. Basis-SOP
• Ggf. Antiemese mit Metoclopramid oder Ondansetron
25
Oberkörperhochlagerung 30° Erhebung des
Status bzgl.
Mobilisierung bis Bettrand
funktioneller
Stündliche Überwachung von Ausfälle
Ggf. Beginn der
• RR
Schlucktherapie
• Puls
• O2-Sättigung
• Temperatur
Bemerkungen
Keine operative
Entlastung bei
Parenchymblutung
mit deutlichen
Einklemmungszeichen/Koma> 1h
Antagonisierung
mit Konakion oder
FFP ist zu langsam
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26
Fortsetzung SOP Intracerebrale Blutung
Tag 2 - 7
Follow up
Ärztliches Handeln und Diagnostik
Diagnostik:
UKG, Duplex, Augenkonsil mit Fundoskopie (falls arterielle
Hypertonie nicht bekannt), ggf. venöse CT- oder MR-Angiographie
mit Frage Sinus-/Venen-Thrombose
Ätiologische Einordnung:
Pro primär hypertensive Blutung:
• Ausgeprägte vorbekannte arterielle Hypetonie
• Lokalisation in Stammganglien, Thalamus, Marklager oder Pons
• weitere hypertensive Organmanifestationen
Pro andere Genese (Amyloidangiopathie, Stauungsblutung bei SVT,
Tumorblutung, eingebluteter Infarkt, Malformation)
Telekonsilindikation
• Kortikale Lokalisation
• kortikale Mikroblutungen in der MRT
• Überproportionales, ev. asymmetrisches Umgebungsödem
• Hypodensität im Versorgungsbereich von Endarterien
• Strenge RR-Einstellung auf normotensive Werte
• 24 Std. RR im Abstand von mindestens 1 Woche nach Ereignis
Pflege-Maßnahmen
Konsequente Lagerung und
Mobilisierung
Bei stabilen Patienten
Überwachung von
• RR
• Puls
• O2-Sättigung
• Temperatur
in 4-8 Stunden-Intervallen
Therapeuten
funktionelles
Training,
konsequente
Mobilisierung
soweit hierdurch
keine massive
BlutdruckErhöhung
Bemerkungen
Die Basistherapie richtet sich nach Basis-SOP Schlaganfall
Literatur
1. Naff NJ, Hanley DF, Keyl PM, Tuhrim S, Kraut M, Bederson J, Bullock R, Mayer SA, Schmutzhard E. Intraventricular thrombolysis speeds blood clot resolution:
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Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
SOP Hirnstamminfarkte (einschließlich Kleinhirnbeteiligung)
Ärztliches Handeln und Diagnostik
Tag 1 Verdachtsdiagnosestellung bei
• zentralen Hirnnervenausfällen, gekreuzter Symptomatik oder
Kombination mit „Störung der langen Bahnen“ nach
Blutungsausschluss in der CCT
• Vigilanzstörungen zusammen mit Hirnnervenausfällen und „Störung
der langen Bahnen“ mit raschem Onset,
• Cave! Bei Basilarisspitzenthrombose evtl. nur dienzephales Syndrom
(Vigilanzminderung, bds. rel. enge Pupillen, ggf. Strecksynergismen)
Diagnostik:
„der klinische Verdacht führt!“
CCT nativ, danach CT-Angiographie (falls ohne Zeitverzögerung mgl.,
Richtwert 5-10 Minuten)
Drogen-Schnell-Screening (z.B. Triage 8®)
Therapie
Systemische Lyse nach Protokoll (s. auch SOP Lyse)
bei Basilaristhrombose solange in der CCT keine Demarkierung
nachweisbar unabhängig vom Zeitfenster
bei Hirnstammischämie im 3 oder als Heilversuch im 4,5-Stundenfenster
Bei Vigilanzstörung, Ateminsuffizienz oder schwerer Dysphagie
Intensivmedizinische Therapie
27
Telekonsilindikation
Pflegerisches Handeln
s. Basis-SOP
Telekonsil
Sofortige Einleitung der
systemischen Lyse vor Ort,
danach Verlegung;
ggf. Intervention in Zentrum
Therapeuten
Bemerkungen
Vor Lyse keine:
- Nicht-invasive
vaskuläre
Diagnostik wie
Doppler
- Zeitraubende
„Ausschlussdiagnostik“ wie
EEG,
Toxikologie (außer
Screening)
Liquordiagnostik
etc.
Bei raumfordernden
Kleinhirninfarkten
Vorgehen s. SOP
Dekompression
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
28
Fortsetzung SOP Hirnstamminfarkte (einschließlich Kleinhirnbeteiligung)
Ärztliches Handeln und Diagnostik
Medizinische Behandlung:
• Monitorüberwachung
• Bei kreislaufinstabilen Patienten oder bei Schluckstörungen
• Bei Wallenbergsyndrom (mindestens 3-5 Tage)
• Bei raumfordernden Kleinhirninfarkten
• Schutzintubation bei fehlenden Schutzreflexen u. Erbrechen /
Speichelsee
• Blutdruckanhebung bei klinischer Progredienz und hämodynamisch
wirksamer Stenose. (Kopfflachlagerung, Volumenth., Katecholamine)
• Standardtherapie: ASS 100mg/Tag
• gewichtsadaptiertes Heparin oder i.v.-Heparin (doppelte PTT)
nur bei V.a. Dissektion der A. vertebralis
• Antiemese bei Drehschwindelsymptomatik
Bei sekundärer Verschlechterung oder Vigilanzminderung erneutes
Telekonsil:
Okzipitale Entlastungstrepanation/Externe Ventrikeldrainage
bei raumfordernden Kleinhirninfarkten/Blutungen mit
Kompression des Hirnstamms bzw. 4. Ventrikels (s. SOP Dekompression)
Tag 2 Bildgebung durch MRT und Ergänzung der vaskulären Diagnostik
bis
(bei V.a. Dissektion ab Tag 3 axiale cervicale MRT, fettunterdrückte T1Tag 3 Sequenz sowie kontrastverstärkte (CE) Angiographie der Halsgefäße)
Ggf. engmaschige Kontrollbildgebungen bei raumfordernden Insulten
Tag
Sekundärprophylaxe je nach Schlaganfallätiologie anpassen (s. SOP
4 + X Sekundärprävention)
Pflegerisches Handeln
Engmaschiges Monitoring von
• klinischem Status
insbesondere Vigilanz und
Okulomotorik (mind. 2stündl.)
• Temperatur (alle 4
Stunden)
• RR und BZ (alle 4 Stunden)
Lagerung nur bei
immobilisierten Patienten
Bilanzierung bei kardialen
Begleiterkrankungen
Bei Doppelbildern intermitt.
Augenabdeckung
Keine orale Kost vor genauer
Schluckdiagnostik (Cave:
„silent aspiration“).
Therapeuten
Bemerkungen
Logopädie:
Dysphagiediagnostik
mit Festlegung der
Kostform.
Im Zweifelsfall
Durchführung einer
Laryngoskopie vor
oralem Kostaufbau
Telekonsil
•
•
•
Bei stabilen lakunären
Infarkten (nach MR)
Monitoring 3 x tgl.
Mobilisation unter strenger
Beachtung der
Vitalfunktionen
Bei stabilen Werten
Kontrolle von RR, BZ und
Temperatur 1 x tgl.
Bewegungs- und
Funktionstherapie
unter Kontrolle der
Vitalwerte.
Literatur
1.
Lindsberg PJ, Soinne L, Tatlisumak T, Roine RO, Kallela M, Happola O, Kaste M. Long-term outcome after intravenous thrombolysis of basilar artery occlusion. JAMA. 2004;292:1862-1866.
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
29
SOP Dissektion der hirnversorgenden Arterien mit und ohne zerebralen Infarkt
Ärztliches Handeln und Diagnostik
Notaufnahme
Verdachtsdiagnosestellung bei
o (einseitigen, selten beidseitigen) Kopf-/Gesichts-/Hals/Nackenschmerzen
o Hornersyndrom, Hirnnervenausfälle (IX-XI, XII), evtl.
pulsatilem Tinnitus
o anamnestisch Hals-/Nackentrauma/Chiropraxis (Latenz
bis zu mehreren Wochen)
o fehlenden anderen Ursachen für Schlaganfall
insbesondere bei jungen Patienten
o (SAB bei intrakranieller Ausdehnung/Lokalisation der
Dissektion möglich)
• CCT nativ
• Farbduplex (Als alleinige Screening-Methode nicht
ausreichend, speziell bei Patienten mit isolierten Schmerz-/
Lokalsymptomen!)
• Falls Lyse-Kriterien erfüllt und keine Miteinbeziehung der
Aorta bzw. intrakranieller Gefäßabschnitte
Indikation zum Telekonsil (Lyse?)
Tag 1
Diagnostik:
• Falls im Duplex keine Klärung
(ÜberwachungsExtra-/intrakranielle MR-Angiographie, ggf. mit
Einheit)
cMRT. Falls MRT nicht möglich CT-Angio
erwägen (Sensitivität geringer).
Ggf. Ergänzung durch DSA
• Bei intrakranieller Dissektion ggf. LP mit Frage
begleitende SAB.
Pflege
Therapeuten
Bettruhe
Bei ausschließlichen
Lokalsymptomen und
fehlender hämodyn.
Beeinträchtigung:
RR-Senkung möglich.
Messung von
• RR
• Puls
• Temperatur
• O2-Sättigung
Beginn der
Mobilisation
Überwachung von
• RR
• Puls
• O2-Sättigung
• Temperatur
in 2 StundenIntervallen
Bemerkungen
Nicht sinnvoll:
Blutdrucksenkung bei
RR < 210/100 mm Hg
(bei cerebralem
Infarkt!)
Erhebung des
Status bzgl.
funktioneller
Ausfälle.
Ggf. Beginn der
Schlucktherapie
DSA bei V.a. EhlersDanlos-Syndrom
wegen erhöhter
Gefäßvulnerabilität
nicht sinnvoll
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
30
Fortsetzung SOP Dissektion der hirnversorgenden Arterien mit und ohne zerebralen Infarkt
Ärztliches Handeln und Diagnostik
Therapie:
Tag 1
Aus Studien keine eindeutigen Therapieempfehlungen
(Überwachungsableitbar
Einheit)
Differenziertes risikoadjustiertes
Gerinnungsmanagment:
Pflege
Therapeuten
Bemerkungen
Weitere
Mobilisierung
Vorsichtiges
funktionelles
Training
MRT: es sollte aktiv
nach multiplen
Dissektionen auch in
anderen Gefäßen
gesucht werden.
Standard: Dissektion mit ischämischen Symptomen
(Amaurosis fugax, Retina-ischämie, cerebraler Infarkt/TIA),
Verschluss des dissezierten Gefäßes, flottierender Thrombus
im Gefäß, Pseudoaneurysma, multiple embolische Infarkte:
i.v.-Heparin mit Ziel-PTT= 2-3facher oberer
Normwert (auch bei begründetem Verdacht)
(Eher kontraindiziert bei: sehr großen
Territorialinfarkten (Gefahr der Einblutung),
hämorrhagischen Infarkten; intraduralen
Dissektionen (wegen Gefahr der SAB).
Alternativ: Dissektion mit isoliertem Schmerz oder
ausschließlichen Lokalsymptomen (Hirnnervenparesen,
Horner) oder bei Patienten mit Kontraindikation gegen
Antikoagulation (s.o.):
Thrombozytenaggregationshemmung mit ASS.
Tag 2-7
Zur Analgesie Paracetamol oder Metamizol (cave RR-Senkung
bei hämodyn. Beeinträchtigung oder embolischen Infarkten).
Ggf. Opiat.
Diagnostik:
• Duplex-Kontrolle(n)
• Zur Diagnosesicherung: zervikale MRT in Kombination
mit MR-Angiographie. Fettunterdrückte T1 in axialen
Schichten in der Halsspule (ab Tag 3).
• Suche nach Ursachen: Bindegewebserkrankung (Ehlers
Danlos IV, Marfan-Syndrom, Pseudoxanthoma
elasticum?), fibromuskuläre Dysplasie
(Familienanamnese!).
Bei fibromuskulärer Dysplasie Nierenarteriensono.
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
31
Fortsetzung SOP Dissektion der hirnversorgenden Arterien mit und ohne zerebralen Infarkt
Tag 2-7
Follow up
Ärztliches Handeln und Diagnostik
Therapie:
• Bei Vollheparinisierung: Nach 5-7 Tagen
Entscheidung über weitere Sekundärprophylaxe.
Standard: Thrombozytenaggregationshemmer
Alternativ: Phenprocoumon (INR 2-3) bei:
Flottierendem Thrombus im dissezierten Gefäß. Verschluss des
Gefäßes (Gefahr der Embolie bei Wiedereröffnung).
(Eher kontraindiziert bei: sehr großen Territorialinfarkten,
hämorrhagischen Infarkten, intraduralen Dissektionen (wegen
Gefahr der SAB).
•
•
•
Pflege
Therapeuten
Bemerkungen
Bei Dissektion
grundsätzl. keine
vakuläre Intervention
(Stenteinlage), nur bei
längeranhaltender
hämodynamischer
Beeinträchtigung oder
rez. embolischen
Ereignissen unter
suffizienter OAK
erwägen.
Duplex-Kontrolle nach 3 Monaten, ggf. weitere
Kontrollen.
Bei Phenprocoumon: Dauer der Antikoagulation 3-6
Monate, nach Wiedereröffnung des dissezierten
Gefäßes mit hämodynamisch normalen
Flussverhältnissen Phenprocoumon absetzen
ASS 100 mg/die dauerhaft (DGN-Empfehlung
Evidenzlevel B), mindestens aber 6 Monate
Die Basistherapie richtet sich nach der Basis-SOP Schlaganfall
Literatur
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Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
32
SOP Sinus-/Venen-Thrombose (SVT)
ag 1
Ärztliches Handeln und Diagnostik
Verdachtsdiagnosestellung bei
1. Kopfschmerzen (ca. 70%):
a. neuer unbekannter Charakter
b. häufiger chronisch progredient als perakut
2. Epileptische Anfälle (ca. 40 %):
Generalisiert oder fokal
3. Fokale neurologische Defizite (ca. 35 %):
a. Mono-, Hemi- oder Tetraparese
b. Aphasie
4. Encephalopathie: Apathie, Vigilanzminderung,
kognitive Defizite
5. Stauungspapille (ca. 40%)
Prädisponierende Faktoren:
Schwangerschaft, Wochenbett, hormonelle
Kontrazeption, bekannte Gerinnungsstörungen od.
frühere Thrombosen, hämatologische Erkrankungen,
Malignome, Infekte, SHT (häufig Kombinationen
mehrerer Faktoren)
Diagnostik:
erhöhtes D-Dimer (ohne andere Ursache): wenig
spezifisch aber hoher neg. prädiktiver Wert (Stroke
2005)
CCT inkl. venöser Angio (insg. fast gleichwertig
zur TOF-MRA, cortikale Thrombosen werden etwas
schlechter erkannt):
• Zeichen eines Hirnödems (evt. fokal betont)
• Stauungsblutungen und/oder Stauungsinfarkte
• evt. „empty triangle“-Zeichen in nativer CCT
• Darstellung der Thrombose
• ggf. entzündlicher Focus bei septischer SVT
Medizinische Therapie
Überwachungseinheit oder Intensivstation
Antikoagulation mit Heparin:
1. Niedermolekulares Heparin s.c.(LMWH)
Dosis körpergewichtsadaptiert, oder
2. Heparin i.v. mittels Perfusor, Ziel:
Verdopplung bis Verdreifachung der AusgangspTT, Cave: nur auf Überwachungsstation und
wenn Kontrolle der pTT mit Anpassung der
Heparin-Dosis alle 6 Stunden gewährleistet ist
Antikonvulsive Therapie: keine generelle
Prophylaxe,
bei erstem Anfall: Levetiracetam i.v.: rasche
Aufsättigung mit 2 g/d, geringe Interaktionen mit
Phenprocoumon oder Valproinsäure..
Im Verlauf EEG
Schmerztherapie
1.Wahl: Paracetamol/Metamizol
2.Wahl: Opitate
Einstellung der Vitalwerte:
RR: Ziel: hochnormaler RR zur Sicherstellung
des zerebralen Perfusionsdruckes (>70mmHg)
Temp/O2-Sätt./BZ s. Basis-SOP
Hirndrucktherapie: gute Heparinisierung gilt
als wichtigste Maßnahme (s. o. + rechte Spalte)
Bei Komplikationen wie
- schwerer Vigilanzstörung,
- erhöhtem Hirndruck,
- multiplen parenchymatösen Läsionen oder
- Progredienz unter Therapie
Verlegung in Schlaganfallzentrum zur
Therapieeskalation
Pflegerische Maßnahmen
Bei leichter bis mäßiger
Symptomatik:
Standardbetreuung, keine
spezifischen Maßnahmen
Bei erhöhtem Hirndruck:
1. Bettruhe
2. 15-30° -Oberkörperhochlagerung zur
Verbesserung des
venösen Abflusses
3. Überwachung:
a. Neurostatus alle 1-2 h
b. RR alle 1-2 h
c. Puls/BZ/Temp alle 4 h
4. Obstipationsprophylaxe
(Kein Pressen beim
Stuhlgang), ggf.
Laxantien
Bemerkungen
Intracerebrale
Stauungsblutungen sind
keine
Kontraindikation
gegen Heparin
Steroide sind
nicht indiziert
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
33
Fortsetzung SOP Sinus-/Venen-Thrombose (SVT)
Ärztliches Handeln und Diagnostik
Tag 1
alternativ MRT mit venöser MR-Angiographie,
T2*, Diffusion, T1 und FLAIR: Nachweis von
Thrombus, Mikroblutungen, Hirnödem, venösen
Infarkten und Stauungsblutungen
Medizinische Therapie
Pflegerische Maßnahmen
Bemerkungen
LP bei V. a. septische SVT (Cave Hirndruck)
Thrombophiliediagnostik (Blutentnahme vor
Therapiebeginn):
Thrombozyten, Fibrinogen, AT III, Protein C, Protein S,
Faktor VIII Faktor-V-Leiden-Mutation, CardiolipinAntikörper, Lupus-Coagulans, Prothrombin-G20210AMutation, Homocystein
Ab
Klinische Verlaufskontrolle
Tag 3
Nach Heparinisierung über 8-10 Tage
Beginn einer überlappenden oralen
Antikoagulation mit Marcumar:
1. Beendigung der Heparinisierung ab ZielINR 2,0 – 3,0
2. Standardtherapiedauer 3 - 6 Monate
3. Individuelle Entscheidung der
Therapiedauer in Abhängigkeit der
Risikostratifizierung
Individuelle
Beratung bei SVT
in der
Schwangerschaft
bzgl. weiterer
Schwangerschaft
en
Literatur
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Einhäupl K et al.: EFNS guideline on the treatment of cerebral venous and sinus thombosis in adult patients, European Journal of Neurology 2010; 17; 1229-1235
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Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
34
SOP Subarachnoidalblutung
Rasche Verlegung in ein Zentrum mit Neurochirurgie, interventioneller Neuroradiologie und neurologischer/neurochirurgischer
Intensivmedizin
Ärztliches Handeln und Diagnostik
Tag 1
Tag
2 - 10
Ab Tag
11
Medizinische Therapie
Verdachtsdiagnose bei
Blutdruckmonitoring
Syst. Ziel-RR 140-160 mm Hg
• Schlagartig (d.h. innerhalb von 30 s) auftretendem Kopfschmerz
Vasospasmusprävention
außergewöhnlicher Intensität
• positive Flüssigkeitsbilanz
• vorangegangener Kopfschmerzepisode („warning leak“)
• moderate Hypervolämie
• Übelkeit und Erbrechen
• Vermeidung Hypotonie
• epileptischem Anfall mit anschließendem Kopfschmerz
• Vermeidung Hyponatriämie
• neurologischen Herdzeichen / Bewusstseinsstörung
• Nimodipin oral 60 mg alle 6 h (wenn nicht möglich:
• Meningismus
1mg/h über ZVK, nach 2h Erhöhung auf 2mg/h,
• Glaskörperblutung
CAVE: Blutdruckabfall) bis 3 Wochen;
Diagnostische Schritte
Ausnahme: traumatische SAB und
• Notfall-Labor mit Gerinnungsstatus
perimesencephale SAB, hier Nimodipin nicht
• CCT (Nachweis 98% in 12 h, 75% an Tag 3) oder CMRT mit
prophylaktisch empfohlen
„Häm“-Sequenz [FFE, T2*] (Sensitivität an Tag 1 ähnlich CCT,
Großzügige
Schmerztherapie
später deutlich höher als CCT)
1.Wahl:Paracetamol
falls kein SAB-Nachweis
2.Wahl: Opiode (Sedierung)
• Liquorpunktion > 6 Stunden nach Symptombeginn
Metamizol (CAVE: RR-Abfall)
(Blutnachweis – lumbal nach ab 6 Stunden, Xanthochromie ab
Hirndruck-Therapie
12 Stunden bis ca. 14 Tage nachweisbar, Ferritin und
ggf. frühzeitige Ventrikeldrainage
Siderophagen bis 3-4 Wochen)
Antiepileptische Therapie bei Bedarf
falls CCT/cMRT oder LP positiv
Magenschutz
• bei nicht traumatischer SAB: Panangiographie zum Nachweis
ggf. frühzeitige Intubation und Beatmung
von Aneurysma oder AVM
• Frühintervention (Coiling) innerhalb 72 h (anschließend erhöhte
Vasospasmusgefahr), bei Hunt und Hess IV und V
zurückhaltend;
OP bei raumforderndem Effekt oder wenn Coiling nicht möglich
transkranielle Doppleruntersuchung (TCD)
• als Ausgangsbefund
Wie Tag 1
• täglich Neuromonitoring, TCD, Labor
• Thromboseprophylaxe mit fragm. Heparin
• ggf. EEG
Bei fehlendem Blutungsquellennachweis Re-Angiographie nach 10-14 d
(nicht bei traumatischer und bei perimesencephaler SAB)
Pflege- Maßnahmen
• Strenge Bettruhe
• 30°-Oberkörperhochlagerung
• Nahrungskarenz bis Abschluss
Akutdiagnostik (mögliche OP!)
• DK-Anlage (Blasenentleerungsstörungen, Flüssigkeitsbilanz)
• Obstipationsprophylaxe
Kein Pressen beim Stuhlgang (ggf.
rektal applizierte Laxantien)
Wie Tag 1
vorsichtig Physiotherapie
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
35
SOP Schlaganfall bei persistierendem Foramen ovale (PFO)
Ärztliches Handeln und Diagnostik
Diagnostik
Anamnestische bzw. diagnostische
Hinweise:
- Schlaganfall nach längerer Immobilisation
(ggf. auch
nach Verletzung bzw. Operation im Sinne
einer
Fettembolie)
- Vorbekannte venöse Thromboseneigung
- Zeitlicher Zusammenhang mit ValsalvaManöver
- Simultan mit Lungenembolie
- Nachweis einer tiefen Beinvenenthrombose
PFO-Diagnostik
- Transösophageales Echokardiogramm
(TEE) mit
Kontrastgabe Valsalva-Manöver und ColorDopplerFlow Messung
- Ggf. ergänzend TCD unter Echovist®-Gabe
- Beinvenenduplex
Gerinnungsdiagnostik
(v.a. bei Nachweis einer venösen
Thrombose bzw. klaren anamnestischen
oder apparativen Hinweisen auf paradoxe
Embolie)
- AT III
- Prothrombin-Mutation (Faktor II)
- APC-Resistenz (Faktor V)
- Protein C- und S
- Antiphospholipid-Antikörper
Therapie
Bettruhe bei
- instabilem Thrombus im venösen Duplex
Sekundärprävention:
Bislang unklare Datenlage, daher pragmatisches Vorgehen:
Bemerkungen
Die vorzeitige
Festlegung der
Ätiologie ist
nicht sinnvoll:
Ein PFO-Nachweis
bedeutet nicht
Für folgende Maßnahmen besteht eine Indikation NUR IN AUSNAHMEFÄLLEN: automatisch eine
1. orale Antikoagulation (Ziel-INR: 2,0–3,0):
ätiologische Klärung, da
Vitamin-K-Antagonisten werden nur für Patienten mit zusätzlicher Indikation zur oralen
bei
bis zu 30 % der
Antikoagulation empfohlen.
Menschen ein PFO
• nachgewiesene BVT gewichtsadaptiertes niedermolekulares Heparin analog einer
nach-weisbar ist.
Heparintherapie mit Ziel-PTT von 60 sec bis orale Antikoagulation (über 3-12 Monate) im
Standardtherapie: ASS 100 mg/d
•
•
•
Zielbereich
nachgewiesene Gerinnungsstörungen
Rezidiv unter ASS nach Ausschluss anderer Ätiologien (insbesondere intermittierendes
Vorhofflimmern)
ggf. Nachweis eines erhöhten Druckes im rechten Vorhof (z.B. nach Lungenembolie oder
bei COPD)
2. operativer Verschluss:
Für einen operativen Verschluss eines PFO liegen bei Patienten nach erstmaligem Schlaganfall
keine ausreichenden Daten vor, um eine Empfehlung abzugeben. Ein Verschluss kann bei
wiederholten Schlaganfällen oder TIA trotz medikamentöser Therapie in Erwägung gezogen
werden (Empfehlungsgrad C). Zu dieser Fragestellung werden derzeit randomisierte kontrollierte
Studien durchgeführt.
Indikationen:
•
Rezidiv unter Phenprocoumon
•
Kontraindik. gegen orale Antikoagulation bei jungen Patienten mit Rezidiven unter ASS
• ausgeprägtem Vorhofseptumaneurysma:
• bei Vorhofseptumdefekt als Differentialdiagnose des PFO (insbesondere bei beginnender
Eisenmenger-Reaktion)
3. Schirmchenverschluss kann nach Closure I (Vorveröffentlichung) derzeit nicht empfohlen
werden, Ausnahme: kontrollierte Studienbedingungen)
Eine Routine-Gerinnungsdiagnostik ist nicht
zielführend
Die Akuttherapie richtet sich nach der Basis-SOP Schlaganfall
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
36
SOP Seltene Schlaganfallursachen
Grundsätzlich ist es wichtig v.a. bei jungen Patienten an diese Erkrankungen zu denken und sie in einem geeigneten Zentrum zur weiteren
Diagnostik und Therapie vorzustellen
1. Vaskulitis [1]:
Vaskulitiden sind mit rund 1% der zerebrovaskulären KH selten, bei Schlaganfallpatienten < 45 J. beträgt der Anteil allerdings ~ 5%.
a. Wann muss man an eine Vaskulitis denken?
• subakute oder chronische Kopfschmerzen
• Encephalopathie mit Gedächtnis-, Konzentrations-, Verhaltens- und/oder Vigilanzstörungen
• fokal-neurolologischen Symptome, v.a. epileptische Anfälle oder Hirnnervenläsionen, selten spinale Manifestation
• rezidivierende Ereignisse
• erhöhte systemische Entzündungszeichen, v.a. CRP und BSG
• vorbekannte rheumatologische Erkrankung
• Nebeneinander von zerebralen Ischämien und intrazerebralen sowie subarachnoidalen Blutungen
b. Stufendiagnostik
Anamnese Allgemeinsymptome, Organbefall – v.a. Augen, Haut, Lunge, Herz, Niere, Blutbildveränderungen, Bewegungsapparat,
Vorerkrankungen, Immunsuppression, Medikamenteneinnahme – z.B. Propylthiouracil, Hydrazalin, Drogen – z.B. Kokain, Morphin,
Amphetamine, Auslandsaufenthalte, Familienanamnese
• Bildgebung cMRT inkl. Diffusion, FFE, KM und MR-Angio sowie extrakranieller und transkranieller Doppler/Duplex
• EEG
• Klinische Chemie BSG, CRP, Diff.-Blutbild, CK, Leber, Niere inkl. GFR, Gerinnung, TSH, Serumelektrophorese, Rheumafaktoren, ANA,
SS-A, SS-B, c-ANCA, p-ANCA, Antiphospholipid-AK (Anti-Cardiolipin-AK, Lupus-Antikoagulans), Komplementfaktoren, Immunfixation*,
Drogenscreening, Urinstatus. Anmerkung: bei isolierter ZNS-Vaskulitis sind die Spezialuntersuchungen in der Regel negativ.
• Serologie/Mikrobiologie Lues, Borrelien, Hep. B + C, HIV, Herpesgruppe (v.a. HSV, VZV, EBV, CMV)*, Blutkulturen
• Liquor Status, Liquoreiweißdifferenzierung, oligoklonalen Banden, pathologische Keime, Kulturen*
• internistische Diagnostik Rö. Thorax, ggf. hochauflösendes Thorax-CT*, OBS, TTE, EKG, Hämoccult
• Augenärztliche Untersuchung*
• Dermatologische Untersuchung*
* Die kursiv gedruckten Untersuchungen nur durchführen, wenn Pat. im Hause weiterbehandelt wird, ansonsten sollte die weiterführende Klinik
diese durchführen.
c. Therapie
Allgemeine Schlaganfall-Therapie nach Basis-SOP und spezifische Therapie nach interdisziplinärem Konsens
Bei fortbestehendem V.a. ZNS-Vaskulitis Verlegung in ein Zentrum mit Neurologie, Neuroradiologie, Neurochirurgie und
Rheumatologie zur Planung der weiteren Diagnostik (z.B. cerebrale Angiographie, Biopsie) und Therapie
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Fortsetzung SOP Seltene Schlaganfallursachen
2. Koagulopathien:
a. Wann muss man an eine Koagulopathie denken:
• positive Eigen-/Familien-Anamnese für Thrombosen
• Lungenembolie
• Aborte
• SVT
• persistierendes Foramen ovale
b. Diagnostik:
• erweiterte Gerinnungsdiagnostik (wenn möglich vor Einleitung der Antikoagulation): APC-Resistenz/Faktor-V-Leiden-Mutation,
Antithrombin, Prothrombin- (Faktor II)-Mutation, Protein C und S, Fibrinogen, Antiphospholipid-AK (Anti-Cardiolipin-AK, LupusAntikoagulans)
• Beinvenendoppler
c. Therapie:
• in der Regel lebenslange orale Antikoagulation
• bei Antiphospholipid-AK-Syndrom und Schlaganfall Therapie mit ASS [2] (Ausnahme bei venösen Thrombosen in Anamnese, dann
auch OAK)
Pat. mit rezidivierenden thrombotischen Ereignissen benötigen ein Gerinnungskonsil
3. Andere seltene Schlaganfallursachen:
a. Morbus Fabry (X-chromosomal vererbte lysosomale Speichererkrankung mit Mutation im Galaktosidase A–codierenden Gen,
Inzidenz zwischen 1:40.000 und 1:117.000) [3]
Typischer Symptomkomplex
• Pat. < 55 Jahre
• Gehirn: Schlaganfälle (häufig hintere Strombahn), Leukenzephalopathie, abnorm geschlängelte Gefäße
• PNS/ANS: brennende neuropathische Schmerzen an Handflächen und Fußsohlen (oft schon in der Kindheit anfallsartig auftretend),
Hypohidrosis
• Herz: Kardiomyopathie, Arrhythmien
• Niere: Nephropathie mit Proteinurie
• Haut: Angiokeratome (kleine dunkle Hautläsionen)
• Augen: Cornea verticillata
37
Telemedizinisches Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern
38
Fortsetzung SOP Seltene Schlaganfallursachen
Biochemische und genetische Diagnostik mind. 10ml. (2 x 5ml ) EDTA-Blut (ungefroren, möglichst am Wochenanfang versenden; die Proben
können 1 Woche im Kühlschrank gelagert werden) einsenden an: Neurobiologisches Labor, Universität Rostock, Klinik für Neurologie,
Gehlsheimer Str. 20, 18147 Rostock, Tel. 0381/494-9540.
Therapie Enzymersatztherapie
b. CADASIL (Cerebral Autosomal Dominant Arteriopathy with Subcortical Infarcts and Leukencephalopathy) [4]
Erkrankungsbeginn im Mittel im 4. Lebensjahrzehnt, Prävalenz ~4:100 000
Symptome rezidivierende cerebrale Ischämien, Migräne mit Aura, epileptische Anfälle, kognitive Störungen
Bei V.a. CADASIL Verlegung in ein neurologisches Zentrum zur weiteren Diagnostik (Haut-, Muskel-, Suralis-Biopsie, DNA-Diagnostik)
Therapie keine kausale Therapie, Versuch mit Thrombozytenaggregationshemmern, Therapie der Migräne mit Analgetika, Vermeidung
vasoaktiver Substanzen wie Triptane und Ergotderivate.
c. Reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom [5]
Symptome anamnestisch wiederholt schwere akute Donnerschlagkopfschmerzen mit oder ohne Fokalneurologie, Assoziation mit Migräne,
Schwangerschaft und Wochenbett sowie Drogen und Medikamenteneinnahme (u.a. SSRI, Triptane, Ecstasy, Amphetamine, IVIG)
Diagnostik Angiographie zeigt segmentale zerebrale arterielle Konstriktion, typischerweise nach 12 Wochen reversibel, keine Aneurysmen,
Liquor o.p.B. (max. 10 Z./µl und Eiweiß < 80 mg/dl)
Therapie symptomatisch mit Flüssigkeitszufuhr, Schmerztherapie, Vermeiden vasokonstriktiver Medikamente, Stuhlerweichung, Vermeiden
körperlicher Anstrengung
d. Fibromuskuläre Dysplasie, siehe SOP Dissektion
1.
2.
3.
4.
5.
Literatur
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Krämer, M. et al. Der Schlaganfall beim jungen Menschen, Aktuelle Neurologie 2011; 38:23-44

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