Programm

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Programm
Die Auseinandersetzung mit Kino und Filmgeschichte
bestimmt das Programm des Filmmuseums. Dabei
droht neben großen Retrospektiven und thematischen
Programmen die analytische Auseinandersetzung mit
einzelnen Werken und mit filmtheoretischen Aspekten
zu kurz zu kommen. Die Filmreihe »Kino-Lectures« versammelt einerseits essayistische Filme, die Gestaltungsmittel des Films erläutern und analysieren, und
lädt andererseits Referenten ein, einzelne Aspekte der
Filmgeschichte und Diskurse über die Werke von Filmemachern zu präsentieren. Dabei werden auch Filmausschnitte herangezogen, um Vergleiche zu ermöglichen,
Zusammenhänge herzustellen und Gesamtwerke von
Filmautoren zu durchleuchten. Als eine Art Konstante
ziehen sich durch das Programm fünf aufeinander aufbauende Abende mit dem ehemaligen Filmreferenten
des Kulturreferats der Landeshauptstadt München,
Andreas Rost, der sich Ingmar Bergman als Filmautor
ausgewählt hat. Rost betrachtet Bergmans Werk als
»Mindscreen«, wobei er sich auf Bruce F. Kawins gleichnamiges Buch und die kognitiven Filmtheorien von Noël
Carroll und David Bordwell beruft. »Die kleine Auswahl
von fünf Filmen Bergmans aus einer Zeitspanne von
20 Jahren will den Versuch wagen, dem Werk des großen schwedischen Filmautors aus einem Abstand von
vielen Jahrzehnten neu zu begegnen und nachzuforschen, inwieweit seine damals doch so verfänglichen
Filme heute noch einen ›Zauber‹ spüren lassen, der die
Zeiten überdauert hat. So viel besser scheint die Welt
nicht geworden zu sein, als dass die Dämonen eines
Bergman, der sich als Grenzgänger zwischen Angstträumen und einer beängstigenden Welt bewegte, verschwunden wären und wir uns im Lichte einer vernünftigen Wirklichkeit oder der Verwirklichung von Vernunft
– wie es Hegel für seine Zeit postulierte – bei der Einrichtung und den Zuständen unserer Lebenswelt zufrieden geben könnten.« (Andreas Rost)
Zwischen den Bildern. Zur Geschichte der Filmmontage | BRD 1983 | R+B: Heide Breitel, Klaus Feddermann, Helmut Herbst, Hans Helmut Prinzler | K:
Jody Saslow, Gregory von Berblinger, Carlos Bustamante, Helmut Herbst | M: Joachim Bärenz | 185 min |
Der erste Teil des dreiteiligen Filmessays handelt von
der MONTAGE IM ERZÄHLKINO. Weil das Erzählkino vor
allem amerikanisches Kino ist, behandelt dieser Teil die
Montage des Westerns: in Konfrontationen, wo Gut und
Böse durch Schnitte getrennt werden. Der zweite Teil
beschäftigt sich mit der MONTAGE IM DOKUMENTARISCHEN FILM. Vor allem in deutschen Dokumentarfilmen. Da gibt es eine Gegenüberstellung von symphonisch, harmonisch, nach formalen Prinzipien geschnittenen Filmen mit Filmen, in denen Menschen zu sehen
sind, die nicht den Schnitten und dem Rhythmus der
Schnitte untergeordnet werden. Im dritten Teil ÜBER
DIE TRÄGHEIT DER WAHRNEHMUNG reflektieren experimentell arbeitende Filmemacher wie Jean-Luc Godard, Werner Nekes, Danièle Huillet und Jean-Marie
Straub, Alexander Kluge und Klaus Wyborny ihr Verhältnis zum Schnitt, zur Montage und damit zur Geschichte
des Films.
▶ Dienstag, 13. September 2016, 19.00 Uhr
Martina Müller: Max Ophüls | 30 min – Liebelei |
Deutschland 1933 | R: Max Ophüls | B: Hans Wilhelm,
Curt Alexander, nach dem Stück von Arthur Schnitzler |
K: Franz Planer | M: Theo Mackeben | D: Magda Schneider, Wolfgang Liebeneiner, Gustaf Gründgens, Olga
Tschechowa, Luise Ullrich | 82 min | Die ungewöhnlich
dichte Verfilmung von Arthur Schnitzlers Drama über
schicksalshafte Liebschaften im Wien der k.u.k.-Monarchie gilt als einer der schönsten deutschen Filme.
Max Ophüls schrieb: »Über LIEBELEI lag ein Glücksstern. Glückssterne scheinen besonders hell am Poetenhimmel, und ich glaube, Arthur Schnitzler ist ein großer Poet.« LIEBELEI war der letzte Film, den Ophüls in
Deutschland drehen konnte, bevor er emigrieren
musste. Die Namen der jüdischen Mitwirkenden wurden aus dem Vorspann des Films herausgeschnitten,
das Originalnegativ gilt als verloren. Ausgehend von
den besten erhaltenen Materialien wurde LIEBELEI vom
Filmmuseum digital restauriert und erlebt in dieser
Kino-Lectures
Kino-Lectures
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Form seine Premiere. In der Neuverfilmung CHRISTINE,
die im Anschluss läuft, spielt Romy Schneider die Rolle,
die Ophüls in LIEBELEI mit ihrer Mutter besetzt hatte.
Kino-Lectures
▶ Dienstag, 20. September 2016, 18.30 Uhr | Einführung: Martina Müller
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Andreas Rost: Ingmar Bergman I | 30 min – Fängelse (Gefängnis) | Schweden 1949 | R+B: Ingmar
Bergman | K: Göran Strindberg | M: Erland von Koch |
D: Doris Svedlund, Birger Malmsten, Eva Henning,
Hasse Ekman, Stig Olin | 79 min | OmeU | Wie Peter
Cowie in seinem Bergman-Buch bemerkt, reiht sich der
Film mit seiner düsteren Weltsicht in die allgemeinen literarischen Tendenzen der 1940er Jahre ein. Kritiker
haben zudem auf Verbindungen zum Existentialismus
und Sartre verwiesen. Bergmans Geschichte einer
Prostituierten ist noch von der überbordenden Symbolik der Zeit geprägt. Selbstkritisch zieht Bergman im Interview 1968 ein anderes Beispiel heran: »Bressons
MOUCHETTE. Das ist der Film, den ich damals hätte
machen wollen, den ich aber nicht machen konnte und
nicht verstand. Da ist das Motiv klar ausgesprochen
und vollkommen gereinigt. Das Mädchen in MOUCHETTE und das Mädchen in FÄNGELSE sind Geschwister, Schwestern in zwei ähnlichen Welten.«
▶ Dienstag, 27. Steptember 2016, 18.30 Uhr | Einführung: Andreas Rost
Claudia Engelhardt: British Social Realism | 30 min
– Riff-Raff | GB 1991 | R: Ken Loach | B: Bill Jesse | K:
Barry Ackroyd | M: Stewart Copeland | D: Robert Carlyle, Emer McCourt, Jim R. Coleman, George Moss,
Ricky Tomlinson | 95 min | OmU | Ken Loach drehte zu
Beginn der Thatcher-Ära diese Tragikomödie über den
desolaten Zustand der Gesellschaft. Stevie, ein Ex-Häftling aus Glasgow, arbeitet mit anderen Ungelernten
unter prekären Umständen auf einer Baustelle in London. Unterschlupf und Zuwendung findet er bei der
Esoterikerin Susan, die davon träumt, Sängerin zu werden. Doch als Ausbeutung, Menschenverachtung und
Druck auf dem Bau unerträglich werden, setzt er ein
anarchisches Zeichen. Loach schafft mit Schauspielern
und Laien sowie teilweise improvisierten Dialogen ein
überzeugendes Porträt der Arbeiterklasse, das von großer Sympathie für seine Protagonisten getragen ist. Der
vielfach mit Preisen ausgezeichnete Loach steht klar in
der Tradition des British Social Realism, hat aber mit
seinen Filmen, die nahezu dokumentarischen Charakter haben, ein eigenes Genre begründet.
▶ Dienstag, 4. Oktober 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Claudia Engelhardt
Ross Lipman: Notfilm (Nichtfilm) | USA 2015 | R+B:
Ross Lipman | 130 min | OmU | 1965 kam es zu einer
denkwürdigen Zusammenarbeit zwischen dem Dramatiker Samuel Beckett und dem Stummfilmkomiker Buster Keaton. Der russische Theaterregisseur Alan
Schneider inszenierte Becketts Drehbuch FILM, Keaton
spielte die Hauptrolle. Filmemacher Ross Lipman hat
die Entstehungsgeschichte des Projekts minutiös recherchiert und fördert viele unbekannte Materialien zu
Tage. Dazu gehören bisher nicht veröffentliche Tonaufnahmen, die Barney Rosset, Becketts amerikanischer
Herausgeber, bei den Produktionstreffen heimlich aufgezeichnet hat. »Den selten auf Band aufgezeichneten
Beckett in seinem höchst lyrischen irischen Tonfall
sprechen zu hören, ist einer der besonderen Reize von
NOTFILM.« (Kenneth Turan) – Film | USA 1965 | R:
Alan Schneider | B: Samuel Beckett | K: Boris Kaufman
| D: Buster Keaton | 25 min | OF (ohne Dialog) | »Der
Film bedeutet nach meiner Ansicht, dass ein Mensch
sich vor jedem verstecken, nicht aber vor sich selbst
entkommen kann.« (Buster Keaton)
▶ Dienstag, 11. Oktober 2016, 19.00 Uhr | Zu Gast: Ross
Lipman
Andreas Rost: Ingmar Bergman II | 30 min – Smultronstället (Wilde Erdbeeren) | Schweden 1957 |
R+B: Ingmar Bergman | K: Gunnar Fischer | M: Erik
Nordgren | D: Victor Sjöström, Bibi Andersson, Ingrid
Thulin, Gunnar Björnstrand, Jullan Kindahl | 91 min |
OmU | Wie Bergman schon in FÄNGELSE seine Reverenz an die Geschichte des Kinos mit einer eingebauten
Stummfilmfarce erwies, so ist es hier die Besetzung mit
Victor Sjöström – Regisseur von Klassikern wie
INGEBORG HOLM (1913) oder THE WIND (1928) mit
Lillian Gish – als misanthropischem Prof. Isak Borg, der
auf dem Weg zur Verleihung des Dr. h.c. in Lund zugleich eine Reise in seine Vergangenheit antritt. Ein
▶ Dienstag, 18. Oktober 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Andreas Rost
Christoph Michel: Hollywoods Blacklist | 20 min –
Trumbo | USA 2015 | R: Jay Roach | B: John McNamara, nach dem Buch von Bruce Cook | K: Jim Denault
| M: Theodore Shapiro | D: Bryan Cranston, Michael
Stuhlbarg, David Maldonado, Diane Lane, Helen Mirren
| 124 min | OmU | »TRUMBO beruht auf der sorgfältig
recherchierten Monografie von Bruce Cook, die John
McNamara so frei adaptiert hat, dass es ein paradoxes
Maß an Nostalgie zulässt. Trumbos Leben ist eine vertrackte Erfolgsgeschichte. Er war der bestbezahlte
Autor des Studiosystems und später der bestbezahlte,
der auf der Schwarzen Liste stand. Und er gewann
einen Kampf, der aussichtslos erschien. Trumbo, den
Bryan Cranston demütig und hochtrabend zugleich
spielt, bannt die Geister, die Hollywood mehr als ein
Jahrzehnt heimsuchten. Als er 1970 von der Drehbuchautorengilde für sein Lebenswerk ausgezeichnet wird,
bedankt er sich mit einer Rede, die einen Heilungspro-
zess besiegeln soll: Es habe in dieser dunklen Zeit
keine Helden oder Schurken, sondern nur Opfer gegeben.« (Gerhard Midding)
▶ Dienstag, 25. Oktober 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Christoph Michel
Christian Wagner: Erfahrungen und Faszination bei
der 4K-Digitalisierung eines 35mm-Films | 30 min –
Wallers letzter Gang | BRD 1988 | R+B: Christian
Wagner, frei nach Motiven des Romans »Die Strecke«
von Gerhard Köpf | K: Thomas Mauch | M: Florian Ernst
Müller | D: Rolf Illig, Herbert Knaup, Crescentia Dünßer,
Sibylle Canonica, Volker Prechtel, Irm Hermann, Tilo
Prückner | 100 min | »Dieser Streckengang, der im Niemandsland endet, fasziniert durch die nahezu traumsichere, traumversunkene Erzählweise des jungen Regisseurs, der mühelos und souverän zwischen (farbiger) Gegenwart und den (schwarz-weiß gedrehten) Vergangenheiten des als Eigensinniger aus dem Zweiten
Weltkrieg heimgekehrten Waller hin- und herwechselt.
Ein ganz unpathetischer großer Innerer Monolog ist
das: im Zentrum des Films, der aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird. Ein Film von lange bei uns nicht
mehr gesehener epischer Intensität und erzählerischer
Dichte.« (Wolfram Schütte) – Zug | Deutschland 1990 |
R+B: Thomas Mauch, Christian Wagner | K: Thomas
Mauch | M: Christoph Oliver | 9 min | Langzeitbeobachtung der Demontage einer Allgäuer Eisenbahnstrecke,
gefilmt und vorgeführt auf 35mm-Film.
▶ Dienstag, 1. November 2016, 19.00 Uhr | Zu Gast:
Christian Wagner
Andreas Rost: Ingmar Bergman III | 30 min – Tystnaden (Das Schweigen) | Schweden 1962 | R+B: Ingmar Bergman | K: Sven Nykvist | M: Ivan Renliden | D:
Ingrid Thulin, Gunnel Lindblom, Birger Malmsten,
Håkan Jahnberg, Jörgen Lindström | 96 min | OmeU |
Die Geschichte zweier Schwestern, die auf ihrer Zugfahrt wegen der Krankheit Esters in einer Stadt in
einem unbekannten Land mit unbekannter Sprache gestrandet sind, wo die jüngere Schwester Anna hemmungslos ihren sexuellen Bedürfnissen nachgeht und
schließlich mit ihrem Sohn Johan alleine weiterfährt.
Wie in anderen Filmen Bergmans sind die Figuren auch
hier als zwei gegensätzliche Pole einer Persönlichkeit
denkbar. In Esters heftiger Abneigung gegen Annas sexuelle Freizügigkeit bekämpft sie an ihrer Schwester,
was sie selbst unterdrückt. Der Film sei »einer der ersten Filme der Nachkriegszeit, der einer weiblichen
Hauptfigur zugesteht, Sex zu begehren…« (Thomas
Koebner). Der Skandalerfolg von DAS SCHWEIGEN
brachte Bergman Morddrohungen ein und löste anhaltende Diskussionen über Filmzensur aus.
▶ Dienstag, 8. November 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Andreas Rost
Lea Wohl von Haselberg: Die Darstellung von
Juden im deutschen Film nach 1945 | 30 min –
Schwarzer Kies | BRD 1961 | R: Helmut Käutner | B:
Kino-Lectures
Angsttraum zu Beginn des Films, der den nahenden
Tod evoziert, veranlasst Borg dazu, das am Wegrand
seines Lebens Versäumte aufzusuchen. Dieses erscheint
sowohl als Traum oder Tagtraum, wie im Falle seiner
Jugendliebe Sara, als auch realiter durch Begegnung
mit seiner Mutter, seiner Schwiegertochter und seinem
Sohn. Laut Thomas Koebner ist der Film »bis heute eine
ergreifende Elegie über missglückte Existenz.«
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Helmut Käutner, Walter Ulbrich | K: Heinz Pehlke | D:
Helmut Wildt, Ingmar Zeisberg, Hans Cossy, Wolfgang
Büttner, Anita Höfer | 113 min | Im Hunsrück werden
auf einem Militärflugplatz der Amerikaner neue Pisten
für Düsenjäger gebaut. »Ich mag den SCHWARZEN
KIES besonders gerne und bedaure es sehr, dass der
so gar kein Erfolg gewesen ist. Die direkten aktuellen
Probleme waren die Amerikaner mit ihrem moralischen
Anspruch in den unmoralischen Dörfern in der Eifel
und im Hunsrück. Der Film wurde falsch verstanden.«
(Helmut Käutner) In einer Nebenhandlung wird ein jüdischer Barbesitzer, ehemaliger KZ-Häftling, als »Saujude« beschimpft. Anlässlich der Filmpremiere kommt
es zum Skandal. Der Zentralrat der Juden protestiert,
reicht Strafantrag ein, Käutner wehrt sich, der Film
kommt nur in einer überarbeiteten Fassung in den
Verleih. Erst kürzlich wurde im Bundesarchiv eine Filmkopie mit den gekürzten Szenen wieder aufgefunden,
die im Rahmen des Einführungsvortrags gezeigt werden.
▶ Dienstag, 22. November 2016, 19.00 Uhr | Einführung:
Lea Wohl von Haselberg
Andreas Rost: Ingmar Bergman IV | 30 min – Persona | Schweden 1966 | R+B: Ingmar Bergman | K:
Sven Nykvist | M: Lars Johan Werle | D: Bibi Andersson,
Liv Ullmann, Margarethe Krook, Gunnar Björnstrand,
Jörgen Lindström | 85 min | OmU | Nachdem die
Schauspielerin Elisabet Vogler auf der Bühne in der
Rolle der Electra verstummte, wird sie, die beharrlich
weiter schweigt, in Begleitung der Krankenschwester
Alma zur Genesung ans Meer geschickt, wo Elisabets
Sprachverlust im Umgang mit Alma geheilt werden soll.
»Ich dachte mir, man könnte gut irgendetwas über zwei
Leute schreiben, die ihre Identitäten aneinander verlieren und die auch ein gewisse Ähnlichkeit haben.« (Ingmar Bergman) Kaum ein Film Bergmans hat so viel an
Theorie und Analyse – insbesondere auch unter Gender-Gesichtspunkten, feministischen und psychoanalytischen Ansätzen (von C. G. Jung bis zu Jacques Lacan)
– hervorgebracht wie dieses Werk, das aufgrund seiner
Selbstreflexivität und seiner gleitenden Übergänge von
Realitäts- zu Traumebenen als das avantgardistischste
des Regisseurs gelten kann. »PERSONA ist der geheimnisvollste und verblüffendste aller Bergman-Filme.«
(Peter Cowie)
▶ Dienstag, 29. November 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Andreas Rost
Stefan Drößler: Rekonstruktion verlorener Filme
und Umgang mit Fragmenten | 120 min | Anhand
von Fallbeispielen aus der Praxis der Restaurierungs-
arbeit des Filmmuseums München wird gezeigt, wie
seltsam, schwierig und manchmal zufällig die Überlieferung wichtiger Werke der Filmgeschichte ist und
wie abenteuerlich die Suche nach ihnen sein kann. Wo
werden vermeintlich verlorene Filme gefunden? Warum
werden manche Filme gerettet und andere nicht?
Welche Quellen sind für Rechercheure relevant und wie
wägt man verschiedene Informationen gegeneinander
ab? Mit welchen Ideen und Techniken kann man unterschiedliche Materialien zusammenfügen und Fehlstellen überbrücken? Mehr oder weniger vollständige
Filme von Ernst Lubitsch, Paul Wegener, F. W. Murnau,
John Hagenbeck, Orson Welles und anderen werden
in Ausschnitten, Bildern und Dokumenten vorgestellt. –
Orson’s Bag: London | 1968-71 | R+B: Orson Welles |
K: Giorgio Tonti, Tomislav Pinter, Ivica Rajkovic, Gary
Graver| D: Orson Welles, Charles Gray, Jonathan Lynn |
30 min | OF | Das 1999 vom Filmmuseum erstmals
rekonstruierte Fragment aus dem Nachlass von Orson
Welles konnte dank eines kürzlich aufgefundenen
Scripts in der Orson Welles Collection der University of
Michigan erneut überabeitet und ergänzt werden.
▶ Dienstag, 6. Dezember 2016, 19.00 Uhr | Einführung:
Stefan Drößler
Andreas Rost: Ingmar Bergman V | 30 min – Vargtimmen (Die Stunde des Wolfs) | Schweden 1968 |
R+B: Ingmar Bergman | K: Sven Nykvist | M: Lars
Johan Werle | D: Max von Sydow, Liv Ullmann, Gertrud
Fridh, Erland Josephson, Ingrid Thulin | 90 min | OmeU
| Der Vorspann des Films klärt uns über das Verschwinden des Malers Johan Borg auf, dessen Tagebuch und
zurückgebliebene Ehefrau Alma Zeugnis von den mysteriösen Heimsuchungen des Verschwundenen geben.
Wie in PERSONA steht auch hier ein Künstler im Zentrum, der sich vergeblich gegen Dämonen und Wahnvorstellungen zu behaupten versucht. Im felsigen Hovs
Hallar und auf Fårö gedreht, erscheinen deren unwirtliche Landschaften in gleißendem Sonnenlicht und auf
überbelichtetem Schwarzweißfilm wie ein Zustand der
Seele in der Zerreißprobe: Den Maler zieht es unwiederbringlich in eine andere, von Spukgestalten bevölkerte
Welt. Neben der (Schauer-)Romantik E.T.A. Hoffmanns,
die Bergman selbst als Einflussquelle des Films benennt, und Anleihen aus Mozarts »Die Zauberflöte«
schimmert laut Peter Cowie auch Bergmans Begeisterung für DRACULA in der Version mit Bela Lugosi durch,
die sich in Vogel- und Fledermaus-Motiven niederschlage und in der schrillen Filmmusik ihr Echo finde.
▶ Dienstag, 13. Dezember 2016, 18.30 Uhr | Einführung:
Andreas Rost