The taste of Paris auf 76 Seiten

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The taste of Paris auf 76 Seiten
The taste
of Paris
auf 76 Seiten
PARIS
A
N
N
A
M
O
U
G
L
A
L
DIE SCHAUSPIELERIN, EIGENWILLIGER
LIEBLING DES FRANZÖSISCHEN
FI LM S, Z EIGT U N S IHRE WA H LHEIM AT
3/2014
LH.com
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Editorial
PA R I S !
Wir haben dennoch nicht den Überblick
verloren und wollen Sie mit dieser Ausgabe
einladen, Paris bei Ihrem nächsten Besuch
neu zu entdecken. Die quietschgelben High
Heels zum Beispiel finden Sie im Café Le
Germain an der Rive Gauche, das von der
Star-Designerin India Mahdavi eingerichtet
wurde (S. 60). Oder, sollten Sie an einem
Nachmittag in der Métro sitzen und unsicher sein: Eiffelturm oder Louvre? Steigen
Sie in die Linie 12 bis zur Station Pigalle
und besuchen Sie Michou auf ein Glas
Titel Frank Bauer; Foto Derek Hudson
www.roeckl.com
Liebe Leserin,
es ist zum
Durch- die Decke - Gehen:
In jedem
Schlupf winkel
läs st sich in
der Seine Metropole
Spannendes
entdecken
Lufthansa woman’s world 3/2014
Champagner. Der berühmteste Kabarettbetreiber Frankreichs und „Dinosaurier
des Viertels“ kann Ihnen alles über das
frühere Sündenbabel erzählen (S. 52).
Oder begeben Sie sich direkt auf die
Spuren unserer Titelheldin Anna Mouglalis.
Die Schauspielerin zog mit 16 Jahren an
die Seine, noch heute fühlt sie sich von
der Architektur der Stadt verzaubert. Wir
haben die Lagerfeld-Muse an ihre liebsten
Orte begleitet (S. 16). In diesem Sinne:
Allons, Mesdames, on y va!
5
YO U C A N F I N D U S N O W O N
I N S TA G R A M , FA C E B O O K & P I N T E R E S T !
„Provinz bleibt Provinz, sie macht sich
lächer lich, wenn sie Paris nachäf fen möchte.“
Honoré de Balzac
Wor über
w ir sprechen
Was w ir trag en
10 SOU VENIRS:
BOULEVACCESSOIRES
8
TA LK OF THE TOW N
Für den Sonnenuntergang oder
im Café de Flore: Was man an
Pariser Neuigkeiten
der Seine braucht
E S SAY: DIE PA RI S E RIN
Sie gilt als das Maß aller Dinge.
Wohin wir gehen
40
K ÄSE AUS PARIS
STREET STYLE
Die besten Looks aus den
– von Ulrich Wickert
Straßen von Paris
LA PREMIERE FOIS
34
P O R T R ÄT: F L O R I A N E
Nicht im Januar, sondern im
DE SAINT PIERRE
September werden in Paris
Sie vermittelte Christopher Bailey
neue Vorsätze gefasst
an Burberry, Alexander Wang an
Besuch bei drei Frauen, die
Balenciaga – die Headhunterin
der Käsebranche neuen,
macht Marken gesund
kalorienreichen Glanz verleihen
46
74
32
Eine Annäherung an einen Mythos
W ie w ir leben
BLICK VON OBEN
Star-Fotograf Yann Arthus-Bertrand
70
ABER JA DOCH!
Die schönsten Ringe für die
16 TITE L: S TA DTBU M M E L
Frage aller Fragen
MIT ANNA MOUGLALIS
blickt auf seine Heimat
Paris, ma ville. Die Schauspielerin
52
S TA D T T E I L P O R T R ÄT:
führt durch ihr Paris
PIGALLE
Ein Streifzug durch das ehemalige
Sündenviertel
60
INTERVIEW:
INDIA MAHDAVI
Die Star-Designerin schafft Räume,
64
PL AT Z FÜR DIE LIE BE
die überraschen
Romantische Adressen in Paris
6
Lufthansa woman’s world 3/2014
Fotos: Frank Bauer, The Locals, Ragnar Schmuck, Masterfile, Dagmar Schwelle/Laif
38
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Walter Moser GmbH, Industrial Area 2, 4863 Seewalchen, Phone: +43/7662/31 75-0, E-Mail: [email protected]
I N H A L T
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Worüber wir sprechen
Talk of the town
D ie N eue
Anne Hidalgo ist die erste weibliche Bürgermeisterin von
Paris, Sozialistin, seit April 2014 im Amt, und ihre Webseite
leuchtet pink. Die französische Modepresse feierte sie
schon als die nächste Michelle Obama oder Carla Bruni.
Sie selbst sagt, sie liebe Mode. Dennoch sei sie eine
Beamtin, kein Model, möge verhaltene Kleidung, kein
Bling-Bling: „Ich bin, wer ich bin. Ich spiele keine Rolle.“
Exakt diesen Satz haben wir im Zuge dieser Heftrecherche
auch von einer anderen Pariserin gehört, die keine
Vergleiche mag: Anna Mouglalis, siehe Seite 16.
TSCHÜSS, BARBIE!
Es sei Zeit, über die dunklen
Seiten zu sprechen, meinen die
vier Autorinnen von „How to be
Parisian“, einem weiteren Buch
über den Charakter und Stil der
französischen Hauptstädterin, das
nun in 16 Ländern erscheint. Der
Unterschied zu den bisherigen
Titeln: Dieser handelt auch von
MITBRINGEN
den schlechten Angewohnheiten
Das golden-knusprige Heiligtum Frankreichs ist
der Pariserin, den Makeln. Das
über 150 Jahre alt und immer für eine Schlagzeile
Credo: „Let’s kill Barbie!“
gut. Zum Beispiel, wenn der Durchschnittspreis
mal wieder steigt oder die Franzosen gerade mehr
oder weniger davon konsumieren als üblich.
Mittlerweile schreibt gar der Gesetzgeber vor, wie
ein wahres „Baguette de tradition française“
herzustellen ist. Und da jeder bei dem Volksnahrungsmittel seine ganz persönlichen Präferenzen
hat, ist es in vielen Pariser Cafés (etwa im Café Le
O’Paris, Parc de Belleville) üblich, seine eigene
Stange mitzubringen. Wo Sie den passenden
Käse dazu finden, erfahren Sie auf Seite 40.
NEU UND LESENSWERT
Als Redakteurin einer Frauenzeitschrift
war die Pariserin Valentine Faure müde,
gerade neu und angesagt ist. Jetzt hat
sie ein eigenes Magazin lanciert, das
D I E N E U E R Ü S C H E N B E C K KO L L E K T I O N
vor allem eines sein soll: zeitlos. Mit
Chic Fille („cooles Mädchen“) will Faure
auf das blicken, was war und nicht auf
das, was kommt. Zum Beispiel mit
einem alten Interview der Autorin
Françoise Sagan und einer Analyse
weiblicher Stilikonen – vom 19.
Jahrhundert bis heute.
Herausgeber Deutsche Lufthansa AG, Von-Gablenz-Str. 2-6, D-50679 Köln Objektverantwortung Alexander
Schlaubitz Koordination Jens Polkowski Verlag Lufthansa woman’s world erscheint viermal im Jahr bei der G+J Corporate
Editors GmbH (www.corporate-editors.com). Postanschrift für Verlag, Anzeigen und Redaktion: Lufthansa woman’s world,
Stubbenhuk 10, D-20459 Hamburg Geschäftsführung Soheil Dastyari, Stephan Schäfer Publishing Manager Melanie
Jonas, Tel. 0 40/37 03-50 14, Fax: 0 40/37 03-17 50 14 Chefredakteur Adrian Pickshaus (V.i.S.d.P.) Redaktionsleiter und
Textchef Helge Hopp, Michael Hess (fr) Chef vom Dienst Sandra Marie Schülke, Stefan Schreiber (fr) Redaktion Franziska
Klün (fr) Creative Director Ilga Tick; Grafik Jasmin Göttling (fr), Viktoria Lazareva Bildredaktion Penélope Toro Dokumentation Adelheid Molitoris (fr) Redaktionssekretariat Tel. 0 40/37 03-50 11, Fax: 0 40/37 03-50 99, LHmagazin@guj.
de Herstellung Heiko Belitz (Ltg.), Matthias Richter Litho p.r.o. medien, Hamburg Druck MOHN Media, Mohndruck
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Hamburg, [email protected] Executive Director Direct Sales Heiko Hager Director Brand Sales Jan-Eric Korte, Tel.
0 40/37 03-53 10 Ad Management Maike Tabel, Tel. 0 40/37 03-53 13 Key Account Manager Hannelore Ernst, Tel.
0 40/37 03-55 01, Elke Miersen, Tel. 0 40/37 03-53 07 Preisliste Nr. 21, gültig ab 1. 1. 2014; Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Lufthansa. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bilder übernimmt die
Redaktion keine Haftung. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder. Diese muss nicht
mit der Auffassung der Redaktion übereinstimmen. Papier Royal Press 400. Aus 35 Prozent Sekundärfasern, gebleicht ohne
Chlor, gebleicht mit Sauerstoff. Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft, zu 100 % FSC-zertifiziert (Forest Stewardship Council).
8
JUST JEWELS
ständig über das zu schreiben, was
Lufthansa woman’s world 3/2014
Fotos: Christopher Morris/VII, Getty Images, PR (2); Illustration: Alina Sawallisch
BAGUETTE ZUM
Dortmund • Duisburg • Düsseldorf • Frankfurt • Kitzbühel • Köln • Münster • Oberhausen (CentrO.)
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Was wir tragen
Souvenirs
B O U L E VAC C ES S O I R ES !
Fotos Ragnar Schmuck
Produk tion Tick & Toro
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Ob für den Sonnenuntergang am
Montmar tre oder den Champagner
im Café de Flore: Es gibt Dinge,
die braucht man an der Seine
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Informationen zu den
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Produkten auf Seite 12
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[14]b
Was wir tragen
Souvenirs
1 Perfume Roll-on Oil
Blanche, Byredo, ca. 50 Euro
2 Duftcase Nécessaire
de Voyage, Byredo, 85 Euro
3 Teint Stick von Maria
Galland, 36 Euro
4 Tuch Twill Plume les Berlines
Petrole von Hermès, ca. 650 Euro
5 Lidschattenpinsel
von Laura Mercier, ca. 30 Euro
11 Satin Oil for Body and Hair
von Diptyque, 47 Euro
12 Lackleder-Peeptoes
Miss Mouse von Christian
Louboutin, 625 Euro
13 Paris-Shirt von Lauren
Moshi, rund 115 Euro
14 Hüte von Maison Michel,
ca. 500 bis 590 Euro
15 Schlüsselanhänger von
6 Kopfhörer Layla Oil Slick
Ladurée, ca. 40 Euro
von Frends, ca. 160 Euro
16 Wallet von Chloé,
7 Bügelschlossflakon Vaporisateur
Cadenas von Hermès, 68 Euro
(ohne Füllung)
8 Puder mit Pinsel Vitalumière Aqua
380 Euro, gesehen
bei anitahass.com
17 Tasche von Céline,
etwa 1800 Euro
von Chanel, ca. 50 Euro
9 Make-up-Wallet von Lili Radu,
ca. 250 Euro, gesehen
bei dsq206.com
10 Eau de Parfum Flowerhead
von Byredo, 140 Euro
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[16@b
Fotos: PR
[17@b
12
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Was wir tragen
Souvenirs
Ça, c’e st cool!
C’e st de Paris!
1 Uhr mit Indizes
Stahlarmband von Michel
Herbelin, ca. 660 Euro
2 Sonnenbrille von Lacoste,
rund 150 Euro
3 Duft Nùr von SoOud,
60 ml Eau Fine, ca. 110 Euro
4 Cleanser von Eve Lom,
ca. 60 Euro
5 Lidschatten-Palette
Ombre Minérale 4 Couleurs
von Clarins, 42 Euro
6 Lippenstift Rouge Dior
in 977 von Dior, 35 Euro
7 Haarbürste von June
Ainscough, 44 Euro
8 Duft Un Jardin sur le Toit
von Hermès, 100 ml EdT,
100 Euro
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[2@b
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[6@b
[4@b
[7@b
[5@b
[8@b
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Lufthansa woman’s world 3/2014
Wie wir leben
Anna Mouglalis
S
T A
D T
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D
G
A
N
G
S ie liebt gute s E s sen, mag e s
gern einfach und gilt als sehr
direk t: A nna M ouglalis, eine der
M usen K arl L ager felds, L iebling
de s franzö sischen Feuilletons
und Wahl - Pariserin.
Ein St adtbummel, ein G e spräch
in For t set zungen – und ein pa ar
intime G e st ändnis se
Tex t Pat ricia Engelhorn
Fotos Frank Bauer
PA R I S ,
MA VILLE
16
Lufthansa woman’s world 3/2014
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Wie wir leben
Anna Mouglalis
Anna war 16 Jahre
alt, als sie allein
nach Paris zog,
um der Enge der
französischen
Provinz zu
entkommen
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Wie wir leben
Anna Mouglalis
„Die Pariserin ist
k r i t i s c h, re s p e k tl o s u n d k ü h n. S i e
h a t e i n e H a l t u n g.
D a s i s t Te i l i h re r
Eleganz“
A
Anna im
Gespräch mit
Jean-Luc André,
bester Freund,
Lieblingskoch
und Patron des
Restaurants
Petrelle
20
Lufthansa woman’s world 3/2014
nna Mouglalis bestellt ein Glas
Wein, greift nach ihren Zigaretten
und geht vor die Tür. „Machst du
mir etwas zu essen?“, ruft sie im Vorbeigehen in die offene Küche des Petrelle, wo
Jean-Luc André am Herd steht. Später wird
er ihr im Ofen geschmortes Milchlamm mit
Morcheln, Artischocken und Steckrüben
servieren, danach Käse und einen Löffel
Grießkuchen zum Probieren. „Anna isst
nicht gern Süßes, aber sie liebt es, Neues
zu entdecken“, sagt André, der hier Koch
und Patron ist und sein Lokal mit einer
eklektischen Mischung aus FlohmarktFunden, handgemalten Wandtapeten und
matt schimmernden Holzmöbeln eingerichtet hat. „Neuerdings kocht sie sogar selbst“,
ruft er, der es ihr beigebracht, ihr Ratschläge, Kräuter und Kochtöpfe gegeben hat. Er
21
Wie wir leben
Anna Mouglalis
ist nicht nur Annas Lieblingskoch, sondern
auch ihr bester Freund. Und dass sich sein
Restaurant gleich bei ihr um die Ecke im
gefragten neunten Arrondissement
befindet, macht es ihm leicht, sie kurz
anzurufen: „Anna, es gibt Trüffel“, „Anna,
ich habe Langusten“.
Madonna und Christian Lacroix wurden
schon im Petrelle gesehen, andere be mühen sich wochenlang um einen Tisch,
es gibt nur zehn davon. Anna isst zur Not in
der Küche, Starallüren sind ihr fremd. Dabei
bezeichnete die französische Tageszeitung
Le Monde sie als „die schönste Entdeckung
des französischen Kinos“, und Karl
Lagerfeld wird nicht müde, sie zu fotografieren. „Sie hat die Stimme von Jeanne
Moreau, die Kraft von Anna Magnani und
die Präsenz von Ava Gardner“, sagt er.
Anna Mouglalis braucht diese Vergleiche
nicht. Sie ist, wer sie ist: Die Tochter eines
Griechen und einer Französin, in Nantes
geboren und aufgewachsen, bis sie im
Alter von 16 Jahren allein nach Paris zog,
um der Enge der französischen Provinz zu
entkommen. Eine kleine Rebellin, damals
schon. Heute ist sie eine Art Diplomatin,
als Chanel-Botschafterin per Vertrag dazu
Nein, Anna
Mouglalis ist
nicht sehr eitel,
mehr Rebellin
als Prinzessin,
hier auf dem
Flohmarkt in
Saint-Ouen
LIVE
YOUR
22
Lufthansa woman’s world 3/2014
PASSION
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Wie wir leben
Anna Mouglalis
Auch Blumen
gehören für
Anna zum
Zauber von
Paris, hier das
Schaufenster
ihres Lieblingsfloristen
Odorantes
berufen, die Kleider des wohl berühmtesten
Modehauses Frankreichs zu tragen. „Es
gibt Schlimmeres“, sagt sie und lacht.
Unser Treffpunkt sind die Salons im ersten
Stock des berühmten Chanel-Stammhauses an der Rue Cambon, wo sich normalerweise die gut betuchten Couture-Kundinnen zur Anprobe einfinden.
Madame Mouglalis, Sie wirken außergewöhnlich entspannt. Fühlen Sie sich wohl
in dieser Umgebung?
Ich komme seit zwölf Jahren in dieses
Gebäude und kenne jeden Raum. Alles ist
mir vertraut, trotzdem bleibt es für mich ein
besonderes Universum, sehr fein, sehr
kultiviert, sehr elegant. Alles ändert sich
ständig, man sieht nie die gleichen
Kleidungsstücke, sondern immer wieder
neue Kollektionen. Hier wurde ich in die
24
Lufthansa woman’s world 3/2014
Welt des Luxus und der Mode eingeführt,
all das kannte ich vorher nicht.
Über uns befinden sich die ehemaligen
Privaträume von Gabrielle Chanel. Waren
Sie dort auch schon mal?
Ich habe viel Zeit in Coco Chanels
Wohnung verbracht, hin und wieder bin ich
sogar auf ihrem Sofa eingeschlafen. Alles
steht dort noch an seinem Platz, so als
hätte sie die Räume gerade erst verlassen.
Diese Umgebung hat mich geprägt. Man
kann sogar sagen, dass ich auch unter
Chanels Einfluss erwachsen geworden bin.
Gibt es Ähnlichkeiten zwischen Ihnen
und Gabrielle Chanel? Immerhin haben
Sie sie im Film „Coco Chanel und Igor
Stravinsky“ von 2009 gespielt.
Die gibt es: den Drang nach Unabhängigkeit, auch finanzieller Art, die Neugierde,
das Nicht-Angepasste, eine gewisse
Autorität und ein manchmal zorniges
Naturell. Als ich Coco Chanel spielte, fühlte
ich mich dazu berechtigt. Sonst hätte ich es
nicht getan.
Als Schauspielerin bekannt wurde Anna
Mouglalis im Jahr 2000, als sie an der Seite
von Isabelle Huppert und Jacques Dutronc
im Chabrol-Film „Süßes Gift“ spielte.
Danach war sie in diversen französischen
Produktionen zu sehen, dabei hat sie neben
Coco Chanel auch schon andere Pariser
Freiheits-Ikonen verkörpert: Simone de
Beauvoir („Les Amants du Flore“, 2006)
und Juliette Gréco („Gainsbourg“, 2010).
„Diese Rollen haben mich von meinem
Image der Femme fatale befreit“, sagt sie.
Ein Image, das aus frühen Filmen stammte
und nur bedingt zu ihrem androgynen und
unkonventionellen Stil passen wollte.
25
Wie wir leben
Anna Mouglalis
Wenn sie in Pulli und hautengen Jeans über
den Flohmarkt von Saint-Ouen im Norden
von Paris schlendert, wird sie zwar
beachtet, aber nicht erkannt. „Elle est
belle“, ruft ein Mann unserem Fotografen
zu, gefolgt von der Frage: „Est-elle
américaine?“ Ganz ungestört stöbert sie
in den Auslagen der Straßenstände, schlägt
Bücher auf, untersucht Bilderrahmen und
die Schubladen einer angeblich antiken
Kommode. Ihr eigentliches Ziel ist jedoch
das Geschäft La Trouvaille, eine Ali-BabaHöhle mit einem riesigen Fundus an antiken
Bordüren, Bändern, Knöpfen und Häuten.
Es ist das Leder, das Anna interessiert.
Auf den Ladentischen liegen gestapelte
Reste verschiedenster Größen, Farben und
Provenienzen. Manche stammen von be kannten Modehäusern, viele andere von
anonymen Taschen-, Schuh- oder Beklei-
„Die Menschen
e x i s t i e re n h i e r
n i c h t n u r d u rc h
d a s, w a s s i e
m a c h e n. O f t t r i f f t
m a n L e u te u n d
u n te r h ä l t s i c h,
o h n e z u w i s s e n,
was sie beruflich
t u n. I c h f i n d e
d a s to l l “
In der ersten
Etage des
Geschäfts in der
Rue Cambon
befinden sich die
Salons, darüber
die Privaträume
Coco Chanels
26
Lufthansa woman’s world 3/2014
dungsproduzenten. Nur die Inhaberin Annie
weiß über den Ursprung all der Häute
Bescheid, und wenn Anna ein dunkelbraunes, patiniertes, aber trotzdem feines und
weiches Kalbsleder sucht, dann findet sie
es mit sicherem Griff zwischen Unmengen
von ganz willkürlich verstreuten Teilen.
Annie weiß auch, wer Anna ist.
„Allerdings erst seit Kurzem“, erklärt sie,
„sie ist eine Stammkundin, aber sie war
immer sehr diskret.“ Auch die Pariser
Stil-Ikone Inès de la Fressange und die
Schauspielerin Catherine Deneuve kommen
regelmäßig vorbei, offenbar ist La Trouvaille
eine gute Adresse, die elegante Pariserinnen in die sonst nicht sonderlich attraktive
Pariser Peripherie lockt.
Die viel gerühmte Eleganz der Französinnen, insbesondere der Pariserinnen –
existiert sie überhaupt?
Ich glaube schon, jedenfalls was die
Pariserinnen betrifft. Sie machen das Beste
aus sich selbst, ohne sich zu verkleiden.
Aus einem vermeintlichen Makel wird eine
Besonderheit, man vermeidet es bewusst,
sich einem Schönheitsideal oder einer
Mode zu unterwerfen. Die Pariserin ist
kritisch, respektlos und kühn. Sie hat eine
Haltung, auch das ist Teil ihrer Eleganz.
Beschreiben Sie gerade sich selbst?
Ich betrachte mich voll und ganz als
Pariserin, auch wenn ich nicht hier geboren
bin. Ich möchte nirgendwo sonst leben.
Ich liebe diese Stadt, sie verzaubert mich
immer wieder. Die Kultur, die Architektur –
all das ist doch der reine Wahnsinn!
Das gibt es in anderen Städten auch,
etwa in London oder New York.
Stimmt, aber im Gegensatz zu den
angelsächsischen Metropolen hat Paris
einen eher lateinischen Charakter. Paris
ist eine Stadt, die sehr viel Raum für
Abschweifungen bietet. Die Menschen
existieren hier nicht nur durch das, was
sie machen. Oft trifft man Leute und
27
Wie wir leben
Anna Mouglalis
unterhält sich, ohne zu wissen, was sie
beruflich tun. Ich finde das toll.
Dabei gelten Pariser in der Regel nicht
als sonderlich nett …
Nett? Nein. Auf keinen Fall biedert man sich
an. Auch das ist typisch Paris. Die notorische Unfreundlichkeit kann auch als
Einladung verstanden werden – man muss
die Stimmung kippen, die schlechte in gute
Laune verwandeln, das ist immer möglich.
Wenn Anna
Mouglalis in Paris
unterwegs ist, kann
sie meist unerkannt
und ungestört in
Buchhandlungen
stöbern oder die
Sonne im Jardin des
Tuileries genießen
28
Das gilt auch im Café La Maison Mère. Der
Kellner hinter der Theke lupft nur kurz das
Kinn in ihre Richtung, eine wortlose Frage
nach der Bestellung. Anna Mouglalis
möchte einen Espresso und eine Zigarette,
der Typ starrt sie fassungslos an. „Nur eine,
ich habe keine mehr“, sagt sie. „Ich bin kein
Kiosk“, knurrt der Kellner. „Aber da hinten
liegen doch welche, es ist genau die Sorte,
die ich mag. Ich kaufe nachher ein
Päckchen, dann bekommst du sie zurück.“
Der Kellner gibt auf, bringt ihr Kaffee und
Zigaretten bis an den Tisch vor der Tür,
sogar ein Feuerzeug hat er griffbereit.
Kein Wunder, bei einer so schönen Frau.
„Das ist es nicht allein“, widerspricht sie.
Wer Anna Mouglalis auf ihre Schönheit
reduziert, erhält sofort Contra – und dazu
den Vorwurf, schlecht beobachtet zu
haben. Sie hat ein Diplom der renommierten Pariser Schauspielschule Conservatoire
National Supérieur d‘Art Dramatique. Seit
Jahren steht sie in Stücken von Heinrich
von Kleist, aber auch Franz Xaver Kroetz
auf Pariser Theaterbühnen. Sie redet gern
über Pier Paolo Pasolini und Boris Pasternak, über Lucas Cranach und Mark Rothko.
Die Modewelt war ihr lange suspekt, sie
hielt sie für oberflächlich, frivol und dumm.
Dann kam Karl Lagerfeld, zertrümmerte ihre
Vorurteile und gab ihr einen Vertrag als
Chanel-Botschafterin. Plötzlich konnte sie
ihre Filme und Theaterstücke frei wählen.
Seitdem widmet sie sich auch öfter den
weniger lukrativen, experimentelleren
Projekten. Manchmal liegt sie mit ihren
Entscheidungen auch falsch. Doch wenn
Projekte floppen, stört sie das nicht, Fehler
und Irrwege gehören zu ihrer Planung.
„Sich Misserfolge leisten zu können – das
ist echter Luxus“, sagt sie.
Wie haben Sie Karl Lagerfeld kennengelernt?
Das war im Jahr 2000, Karl gestaltete eine
ganze Ausgabe des Magazins Interview mit
vielen französischen Künstlern. Er hatte
mich in dem Film von Claude Chabrol
gesehen und gefragt, ob ich für Fotos zur
Verfügung stünde. Er wollte nur ein Porträt
machen, aber es wurden viel mehr. Wir
haben den ganzen Abend zusammen
verbracht, es war eine echte Begegnung.
Abgesehen vom Chanel-Vertrag – was
hat Ihnen diese Begegnung gebracht?
Für mich war seine Art, mich zu betrachten,
sehr wertvoll. Vorher hatte ich immer das
Gefühl, ich müsste hübsch für die Fotografen sein, dabei war ich nie hübsch. Karl hat
meine Ecken und Kanten gemocht, er hat
ungewöhnliche Bilder gemacht, die meine
Besonderheiten betonten. Er hat mir nie ein
Outfit aufgedrängt, niemals versucht, mich
zu verkleiden. Seine Kreationen verleihen
Eleganz und Stil, er entwirft Outfits für
moderne Amazonen. Er hat mich wirklich
erkannt und gemocht, das empfinde ich
als ein unglaubliches Glück.
Was weiß man über Annas Privatleben? Nur
wenig – und genau das findet sie gut. Sie
war mit dem Pariser Kultregisseur Samuel
Benchetrit liiert; aus dieser Beziehung
stammt die nun siebenjährige Tochter Saül,
die heute abwechselnd bei ihren zwar
getrennt lebenden, aber noch immer befreundeten Eltern wohnt. Im vergangenen
Jahr machte ihre Blitz-Hochzeit mit einem
australischen Geschäftsmann Schlagzeilen,
nach nur vier Monaten war es vorbei. „Er
wollte gern heiraten, ich fand das amüsant“,
Lufthansa woman’s world 3/2014
Wie wir leben
Anna Mouglalis
30
Sie selbst schafft es nur selten, es fehlt ihr
die Zeit. Sie hat drei Theaterprojekte vor
und zwei Spielfilmdrehs hinter sich. Bald
kommen „Split“, eine unabhängige
Produktion aus den USA, und „Il Giovane
Favoloso“, ein italienischer Film über den
Dichter Giacomo Leopardi, der gerade bei
der Biennale in Venedig gezeigt wurde, in
die Kinos. Nebenbei arbeitet sie an ihrer
eigenen Schmucklinie „Ego sur Mesure“.
Auf die filigranen Goldfäden, die teilweise
unter der Kleidung getragen werden, hat
auch schon Lagerfeld einen Blick geworfen.
Er befand, ihr Schmuck sei wie sie selbst:
elegant, eigenwillig und sehr diskret.
||
Annas
Lieblingskino ist
Le Louxor am
Boulevard
Magenta,
Frischluft bieten
die Tuilerien
Adressen und Tipps: S. 72 ||
Lufthansa woman’s world 3/2014
wolford.com
komnmentiert sie lakonisch. Mit Tochter
und Katze wohnt sie in einem romantischen
Pariser Innenhof, im Erdgeschoss eines
Hauses aus der Post-Haussmann-Ära. Im
Garten vor ihrer Tür wachsen die Kräuter,
die Jean-Luc André gepflanzt hat, ihren
Roller hat sie in den Eingang geschoben.
Manchmal geht sie nach Saint Germain,
aber eigentlich ist das keine Gegend für sie:
„Es ist einfacher, dort ein paar Schuhe zu
kaufen als ein Brot“, erklärt sie, „das Viertel
hat zwar eine schöne Geschichte, aber
zwischen den vielen Touristen ist die kaum
noch auszumachen.“ Lieber sind ihr die
Viertel Canal Saint Martin und Oberkampf
oder die Gegend um die Buttes Chaumont
im 19. Arrondissement. „Das ist weit weg“,
sagt Anna, „aber dort geht man jetzt hin.“
Was wir tragen
Streetstyle
G ehen wie die Pariser
Es gibt unzählige Publikationen, die uns erklären
wollen, wie die Pariser das machen, das mit ihrer
lässigen Eleganz. Wir glauben nicht an derlei Ratgeber
und haben uns lieber selbst umgeschaut
Fotos Søren Jepsen/The Locals
H a na n
22, STUDENTIN
Vr inda
„Zum Einkaufen kann ich jedem vor
allem die Pariser Flohmärkte ans Herz
2 7, M A R K E T I N G - K A U F F R A U
legen oder auch das Centre Commercial
„Mein Stil lässt sich leicht zusammenfassen: nur Schwarzweiß. Obwohl ich
beim Canal Saint Martin. Ich trage heute
diesen Sommer eher auf ganz Weiß setze – nichts sieht frischer aus! Zum
eine Hose von H&M, eine Bluse von Cos
Einkaufen kann ich Acne in der Rue Froissart empfehlen – und meinen Schneider
und eine Vintage-Fliege.“
in der Rue du Pont-aux-Choux im Marais.“
Enr ico
31, JOUR N A LI S T
„Mein Stil? Happy Hobo! Ich liebe alles,
was Damir Doma in seinem großartigen
Geschäft im 8. Arrondissement verkauft.
Heute trage ich allerdings Versace, Cos
und Dr. Martens.“
L a nd y
A nna
25, MARKETING-KAUFFRAU
32, JOURNALISTIN
„Ich bin ein großer Vintage-Fan und mag es, nach den günstigsten Schätzen zu graben, zum Beispiel im Guerrisol auf der Avenue
„Mein Kleid stammt aus den vierziger Jahren, und es zeigt, wie ich mich gern
de Clichy oder in den Charity-Geschäften der Association
kleide: Etwas verspielt darf es sein – oder ganz klassisch skandinavisch. Mein
EMMAÜS. Mein Pulli zum Beispiel ist genau so ein Schatz.“
Tipp zum Shoppen: die Gegend rund um den Canal Saint Martin.“
32
Lufthansa woman’s world 3/2014
33
Was wir tragen
Floriane de Saint Pierre
Floriane de Saint Pierre empfängt heute
DIE
M O DEÄRZTIN
ausnahmsweise mal schlicht. Sie komme
gerade erst von einer Auslandsreise zurück,
nichts Besonderes, nur London und
Mailand, und auf ihrem Schreibtisch sei
der ganze Papierkram liegen geblieben.
Es ist nicht irgendein Schreibtisch, auf
dem sich die Arbeit der Französin stapelt,
es ist der skurrile „Frog Table“ von Hella
Jongerius, an dessen Seite eine monströse
Froschskulptur hinaufklettert. Also sitzen
wir in einem großen Konferenzraum, die
Einrichtung so modern-minimalistisch wie
der Look von Madame de Saint Pierre
Wenn die großen
L abels an I deenarmut
leiden, wird sie
angerufen: Floriane
de S aint Pierre ist
die mächtigste
H ead hunterin der
internationalen
M odebranche
Tex t E s telle M arandon
selbst. Sie trägt Schwarz: einen schwarzen
Foto Johan Sandberg
Rock, ein schwarzes Top. Das sei inzwischen ihre Arbeitsuniform, erzählt sie.
Und dass man ihre Arbeit mit der eines
Mediziners vergleichen könne. „Sie sind
ja wie ein Doktor“, soll die Modeunternehmerin Wanda Ferragamo zu ihr gesagt
haben, „Sie machen Marken gesund.“
Tatsächlich hat das Metier von Madame de Saint Pierre natürlich so wenig
mit Medizin zu tun wie ihr Outfit mit einem
Ärztekittel. Sie ist Headhunterin, auch wenn
sie diese profane Bezeichnung nicht gern
hört. Problem solver, Problemlöser, gefällt
ihr besser. Wenn bei Christian Dior oder
Louis Vuitton mal wieder ein neuer Chefdesigner gesucht wird, ist das eine knifflige
Situation. Denn mit dem Kreativchef steht
und fällt der Erfolg eines Labels.
„Selbst der beste CEO kann eine Marke
nicht weiterbringen, wenn er einen
schlechten Kreativdirektor hat“, sagt de
Saint Pierre. Darum vertraut man in der
Branche dem Networking und den rund
b.RQWDNWHQLQGHU'DWHQEDQNYRQ
de Saint Pierre, der Frau, die wirklich jeden
in der Modebranche kennt.
34
Lufthansa woman’s world 3/2014
35
Was wir tragen
Floriane de Saint Pierre
Dabei hatte die 50-jährige Pariserin
großen Coup: Alexander Wang für
komme ihr dabei zugute, sagt de Saint
ursprünglich gar nicht vor, in die Personal-
Balenciaga. Mit der Berufung des amerika-
Pierre. „Es schult meinen Blick in allen
beratung zu gehen. Wohl aber reizte sie die
nischen Stardesigners gab sie der für ihr
kreativen Bereichen. Wie ein großer
Modebranche. Sie erinnert sich noch genau,
futuristisches Design bekannten Marke mit
Künstler muss auch ein guter Designer
wie sie als kleines Mädchen in der Umklei-
einem Schlag einen kommerzielleren
in der Lage sein, sein Zeitalter zu verstehen
dekabine der legendären Saint-Laurent-
Anstrich. Auch bei dem radikalen Rich-
und ihm voraus zu sein.“ Mit 23 kaufte
Boutique Rive Gauche saß.
tungswechsel von Yves Saint Laurent hatte
sich de Saint Pierre ihr erstes Gemälde
sie ihre Finger mit im Spiel, indem sie den
von Martin Kippenberger, heute besitzt sie
beim Anprobieren einer Saharienne-Jacke.
Franzosen Hedi Slimane ins Rennen
eine stattliche Privatkollektion. Zusammen
Sie versuchte sich daraufhin als Schneide-
brachte. Seither heißt die Marke nur noch
mit ihrem Mann und in Kooperation mit
rin für ihre Puppen. Mit mäßigem Erfolg.
Saint Laurent, macht auf einmal Mode für
dem Palais de Tokyo arbeitet sie an einer
„Es war eindeutig: eine künstlerische
abgemagerte Teenager, und die Verkaufs-
bemerkenswerten Kunstsammlung, die
Staunend beobachtete sie ihre Mutter
ausschließlich Frauen repräsentiert.
Karriere stand mir nicht bevor“, sagt sie.
Also studierte sie Wirtschaft – und
wurde direkt vom Modehaus Christian Dior
abgeworben. Sechs Jahre arbeitete sie
dort in der Finanzabteilung, bevor sie selbst
von einem Headhunter kontaktiert wurde,
das Fach wechselte und nach nur sechs
Monaten ihre eigene Firma gründete. Mit
26 ging es mit ihrer Karriere plötzlich steil
bergauf. Über gewisse Deals wird in ihrem
„ M i t d e r Wa h l
e i n e s C h efdesigners kann
m a n a l l e s, a b e r
wirklich alles
v e rä n d e r n“
Bei so viel Engagement wundert es
nicht, dass de Saint Pierres Terminkalender
voll ist wie der eines Staatsoberhaupts.
Auslandsreisen, Kunden-Meetings und die
Koordination ihrer drei Büros in Paris,
Mailand und Shanghai. Vier bis fünf
Kandidaten treffen sie und ihre rund 15
Mitarbeiter täglich. Man kann sich ausrechnen, wie viele Talente über die Jahre bei
ihnen ein- und ausgegangen sind. Und
Metier nicht gesprochen, doch man muss
nicht lange forschen, um herauszufinden,
zahlen schießen in die Höhe. „Mit der Wahl
jedem widmet sie die gleiche Aufmerk-
dass sie es war, die Christopher Bailey als
eines Chefdesigners kann man alles, aber
samkeit. „Ich nehme niemals mein Telefon
Designer erst zu Gucci und dann als
wirklich alles verändern“, sagt sie. Das Wort
mit in Besprechungen. Wenn ich etwas
Creative Director zur englischen Traditions-
„Macht“ nimmt de Saint Pierre nicht in den
mache, dann richtig.“ Das gilt auch für ihre
marke Burberry brachte. Geniestreiche wie
Mund, schließlich trifft am Ende nicht sie die
zwei Kinder. Wenn sie bei ihnen ist, wird
jener, den damals noch unbekannten Alber
Entscheidung, sondern die jeweilige Firma.
das Handy ausgeschaltet. Die Zeit für ihre
Elbaz für das Modehaus Lanvin zu beset-
Doch welche Möglichkeiten sie hat, weiß
Familie ist knapp bemessen, eine Baby-
zen, gehen ebenfalls auf ihr Konto. Und als
sie genau: „Hin und wieder kommt es vor,
pause hat sie sich nie gegönnt: „Fünf Tage
sie Christophe Lemaire zu Lacoste brachte,
dass die Firma sich gegen meine erste
nach der Geburt saß ich wieder am Schreib-
erkannte sie dessen Talent, sodass er
Wahl entscheidet. Aber meistens folgen sie
tisch.“ Ein schlechtes Gewissen hat sie
später Chefdesigner von Hermès wurde.
meiner Empfehlung, denn wir analysieren
nicht. Das Privileg von Müttern in Frankreich
die Kandidaten sehr genau.“
ist, dass sich keine Frau für ihre Karriere
Auch wenn sie nicht so sehr im
Rampenlicht steht wie die Modeschöpfer,
Akribische Analyse und eine genaue
entschuldigen muss. Außerdem ist klar:
die sie vermittelt, verfügt de Saint Pierre
Marktexpertise allein genügen nicht, um ein
„Wenn in der Schule das Abschlussfest
über höchsten Einfluss in der Branche. Mit
guter Matchmaker zu sein, man benötigt
meines Sohnes ansteht, dann halte ich
der Wahl eines Chefdesigners gibt sie nicht
auch Intuition. Schließlich geht es darum,
mir diesen Tag von allen Terminen frei.“
nur einer Marke, sondern auch der Mode
die Designer der Zukunft vorherzusagen.
Wer ein solches Gespür für Zeitgeist hat,
eine Richtung vor. So wie bei ihrem letzten
Ihr Verständnis für zeitgenössische Kunst
darf auch mal auf sich warten lassen.
36
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Die Göt tin
D ie Pariserin gilt als
da s M aß aller D inge, überall
auf der Welt huldigt man
dem „wahren Pariser Chic“
– Ulrich Wicker t näher t
sich einem M y tho s
Der Autor, Journalist und
langjährige „Tagesthemen“Moderator Ulrich Wickert
gilt als Paris-Experte. Vier
Bücher hat er über Frankreich
geschrieben, mehrmals
verlegte er seinen Lebensmittelpunkt an die Seine. Schon als
ARD-Korrespondent Ende der
siebziger Jahre nahm er sich
vor, „nicht zu erklären, dass
die Franzosen anders sind,
sondern weshalb sie so sind,
wie sie anders sind“.
38
F
Fragt man eine Frau in Paris, ob sie dem
Bild der Pariserin entspreche, wird sie es
mit einem Achselzucken abtun: die
Pariserin sei ein überholtes Klischee.
Überholt bleibt das Klischee aber nur so
lange, bis ein Taxifahrer sie fragt: „Kommen
Sie aus Lyon?“ Da die Leute aus Lyon als
weniger elegant gekleidet, weniger schnell,
weniger weltläufig, eben als weniger
pariserisch gelten, besteht die Pariserin
sofort darauf, doch eine Parisienne zu sein.
Aber man sollte sie nicht auf das Äußerliche
reduzieren. Zwar ist Paris wie kein anderer
Ort der Welt mit der Crème de la Crème der
Verschönerungskünstler versehen: die
besten Friseure der Welt, die teuerste Haute
Couture, die edelsten Duftstoffe, die
bekanntesten Erfinder von Cremes und
Pudern, von Sälbchen und Farbtöpfchen.
All das, so scheint’s, gehört zur Grundausstattung der Pariserin, und Frauen aus der
ganzen Welt sehnen sich nach diesen
gesegneten Gaben von Paris. Sagte nicht
Guy de Maupassant, die Stellung der Frau
werde stets von der Illusion bestimmt, die
sie von sich zu erzeugen weiß?
Gibt es sie wirklich noch, die Pariserin?
Immer wieder wird ihre Existenz infrage
gestellt. Aber die großen Modeschöpfer
haben stets zu ihr gehalten: „Überall in der
Welt repräsentiert die Pariserin die
Eleganz“, sagte Yves Saint Laurent. Und
Pierre Cardin meinte: „Sie fällt schon beim
ersten Hinschauen auf. Aus Instinkt findet
sie die schicke Kleinigkeit, die es nicht zu
kaufen gibt, deretwegen man sich aber
nach ihr umdreht.“
Nino Cerruti sieht die emanzipierten
Charakteristika in der Pariserin: „Sie ist eine
Frau, die ihre Fraulichkeit ergänzt mit mehr
Dynamik und Angriffsgeist.“ Und Karl
Lagerfeld stimmte dem zu: „Heute ist sie
eher Idee als Wirklichkeit. Ein Geisteszustand, der durch eine Haltung ausgedrückt
wird. Es ist also Inès de La Fressange.“
Poetisch rundet Sonia Rykiel das Bild ab:
„Sie ist ganz Frau, ich säh sie gern ein
wenig mehr als Knabe. Sie ist liebreizend,
ich säh sie gern ein wenig kämpferischer.
Sie wirkt so rein, ich säh sie gern nirgendwo, aber sie schreitet mit stolzer Brust
voran, eine Frau von Welt, die sich in ihrem
Spiegel verliert, um ein Kleid überzustreifen, sich weiß zu pudern und Rouge auf
ihre Lippen aufzutragen.“Eigentlich ist sie
Lufthansa woman’s world 3/2014
Illustration: Peter Pichler
Worüber wir sprechen
Essay
Eigentlich ist sie eine Urgroßmutter, die
Pariserin; denn ihr Mythos erreichte in den
Jahren 1860 bis 1880 seinen Höhepunkt.
Die Frauen in ganz Europa begannen
schon im 18. Jahrhundert, zur Regierungszeit Ludwigs XV., die Pariserin nachzuahmen. Aber als Ende des 19. Jahrhunderts
die Postkutsche durch die Eisenbahn
abgelöst und das Reisen schneller und
bequemer wird, zieht es Ausländer in
Scharen in die Metropole, die mit dem
Ehrentitel „Hauptstadt des 19. Jahrhunderts“ versehen wird, und die Pariserin
verehren sie wie ein Altarbild. In allen
Provinzstädtchen öffnen Läden mit dem
„wahren Pariser Chic“. Was bleibt den
Parisern anderes übrig, als sich selbst
davon zu überzeugen, Zentrum der Welt
zu sein?
Als Maß aller Dinge schuf man eine
Göttin: die Pariserin. Die ganze Welt und
die Provinz wissen damals, wo die
Schauspielerin Jeanne Garnier (heute: Léa
Seydoux) sich einkleidet und ihren Tee
(heute: ihren Lounge-Cocktail) zu sich
nimmt. Der Mythos der Pariserin erhält eine
solche Bedeutung, dass der Archäologe
Arthur Evans ein von ihm auf Kreta
entdecktes Frauen-Fresko „Die Pariserin“
nennt.
Anfang der fünfziger Jahre wird die
Pariserin mit der Mode von Coco Chanel
und Christan Dior wieder modern, und der
Schriftsteller Jacques Laurent gründet eine
freche Literaturzeitschrift, die er auf Rat von
Jean Cocteau La Parisienne nennt. Der
Karikaturenzeichner Kiraz entwirft für die
Zeitschrift Jours de France eine Endlosserie mit dem Titel „Les Parisiennes“. Die
Pariserinnen von Kiraz haben eine kecke
Nase, lange Beine und eine scharfe Zunge.
Während sie sich, auf dem Rand der
Badewanne sitzend, die Fingernägel
anmalen, unterhalten sie sich in lässigem
Schon im
18. J a h r h u n d e r t
begannen Frauen
i n g a n z E u ro p a,
die Pariserin nachz u a h m e n, s i e
w u r d e v e re h r t
wie ein Altarbild
Ton über die wichtigsten Dinge des Lebens
und seufzen: „Ich hab ihr meinen Pullover
und meinen Mann geliehen. Du kannst dir
gar nicht vorstellen, in welchem Zustand sie
mir beide zurückgegeben hat.“
Das Bild der Pariserin ist immer
moderner geworden. Sie hält keinen Salon
mehr, sondern arbeitet. Sie hat einen
spannenden Beruf, so das Idealbild,
wunderbare Kinder, nebenbei einen Mann,
einen zärtlichen Liebhaber; sie ist unabhängig, energisch, lebt ihr Leben, gekleidet in
ein makelloses Tailleur, wie eine große
Abenteurerin. Ja, der Liebhaber. Der gehört
in dieses Bild. Die in Paris erfolgreichsten
Theaterstücke der letzten Jahre hießen
dann auch „L’Illusion conjugale“ (Illusionen
einer Ehe), „Amour sur place ou à emporter“ (Liebe gleich hier oder zum Mitnehmen), „J’adore l’amour“ (Ich liebe die
Liebe).
Es wäre jedoch verwunderlich, gäbe
es unter den Pariserinnen nicht die in
Frankreich üblichen Klassenunterschiede –
wobei auch dort ein Wandel eingetreten zu
sein scheint: Zur höchsten Kategorie der
Bourgeoisen, die als TGB (très grande
bourgeoise) bezeichnet wird, gehören nicht
nur die Abkömmlinge der großen industriellen oder finanziellen Bourgeoisie, sondern
auch Frauen, die ein Adelsprädikat vor dem
Namen tragen. Und was haben sie mit dem
Volk gemein? Die Arbeit. Die TGB war
schon jemand durch ihre Herkunft, sie
erhielt eine hervorragende Erziehung, aber
verzogen wurde sie nicht. „Wir wurden
überhaupt nicht verwöhnt“, erzählt die
Politikerin Françoise de Panafieu, deren
Vater Minister unter de Gaulle und deren
Mutter Staatssekretärin unter Giscard
d’Estaing war. „Wenn unsere Eltern uns in
den Ferien nach Megève zum Skifahren
mitnahmen, haben sie sich im Luxushotel
du Mont-d’Arbois eingemietet, und wir
Kinder wurden bei einem Angestellten der
Liftanlagen untergebracht.“
Ist sie nicht TGB, dann ist sie NB
(nouvelle bourgeoise) und definiert sich
ausschließlich durch die Arbeit, wo sie sich
ihr „Adelsprädikat“ erobert. Für ihre
Ansprüche opfert sie Stunden des Schlafs,
freie Tage, Bequemlichkeit. Weil sie von
den Eltern schon zur Arbeit erzogen wird,
geht sie – wie einst nur die Jungen – auf die
besten Schulen und versucht, im Wettkampf mitzuhalten. Als Anfang der
neunziger Jahre zum ersten Mal eine Frau
als major, als Rangerste, die École
polytechnique, eine der renommiertesten
Eliteschulen des Landes, verließ und auch
noch als Rangerste in der ENA (École
nationale d’administration) abschnitt, wo die
staatliche Verwaltungselite gezüchtet wird,
wurde sie in den Fernsehnachrichten
interviewt und in fast jede Talkshow des
Landes eingeladen, als wolle man sagen:
Seht her, das ist die moderne Pariserin!
39
Die Pariserinnen
achten oft
fanatisch auf
ihre Figur?
Vo n w e g e n ! W i r
zeigen drei
Damen, die der
Käsetheke
kalorienreichen
Glanz verleihen
Wohin wir gehen
Delikatessen
Tex t Pat ricia Engelhorn
Fotos Frank Bauer
A L L ES
K ÄSE
Claire Griffons
Käsesorten sind
dafür berühmt,
wie die
Delikatessen
eines Patissiers
auszusehen
– oder wie ein
Schachbrett
40
Lufthansa woman’s world 3/2014
W
ir wissen viel über ihn, glauben
wir zumindest. Dass er dick
macht. Dass Frauen meist auf
ihn verzichten sollten. Dass die eleganten
Pariserinnen ihn aus Überzeugung nicht
anrühren. „Alles Blödsinn“, sagt Olivier
Malnuit, Autor und Chefredakteur des
Gastronomie-Magazins Grand Seigneur.
Er ist einer, der sich mit Käse und der
Beziehung, die Frauen zu ihm pflegen,
bestens auskennt. Und was sagt der Experte, der es wissen muss? „Immer mehr Frauen
bestellen zum Nachtisch lieber Käse als
Crème Caramel.“
Im März vergangenen Jahres gründete
Olivier Malnuit den „Cercle officiel des
filles à fromages“, was so viel wie „Offizieller Kreis der Käsemädchen“ heißt. Damit
wollte er, durchaus mit Augenzwinkern, das
Verhältnis von Frauen zum Käse verbessern. Mit der Vereinsgründung traf er einen
Nerv: 3800 Frauen haben sich bereits in
die Mitgliederliste eingetragen, darunter
prominente It-Girls wie die französische
Mode-Bloggerin Kenza Sadoun, Alexandra
Rosenfeld, die Miss France von 2006,
sowie die Schauspielerin Delphine
Depardieu. Sie alle bekennen nun öffentlich: Wir essen Käse, gern und oft.
Käse ist in Frankreich traditionell Teil
jedes anständigen Menüs, und zwar nach
dem Salat und vor dem Dessert. Wann
und wo der erste Käse produziert wurde,
ist nicht belegt, wohl aber, dass es bereits
in der Antike französischen Käse gab.
Heute sind über 1000 verschiedene Sorten
bekannt, wobei jede Region eigene
Spezialitäten hervorbringt. „Käse gehört
41
Wohin wir gehen
Delikatessen
Als Marie
Quattrehomme
vor 30 Jahren in
den Käsehandel
einstieg, konnte
man die in der
Branche tätigen
Französinnen
an einer Hand
Eine Exotin in
abzählen
Paris: Eri Hisada
ist Tochter
japanischer
Käseliebhaber
zur französischen Esskultur wie Baguette
und Rotwein“, sagt Olivier Malnuit. Mit
opulenten Käsebrunchs, Preisverleihungen
und Blindverkostungen will er den Frauen
die kalorienreiche, auch mal intensiv
duftende Delikatesse ein Stück näher
bringen. Bisheriger Höhepunkt der
Vereinsgeschichte: eine Fotoausstellung
glamourös inszenierter Käseliebhaberinnen, die zum Beispiel ein riesiges Stück
Beaufort, eine Scheibe Saint-Nectaire oder
einen zerfließenden Mont d’Or in ihren
Händen halten. Die Ausstellung war neben
Paris auch in Rio de Janeiro, Tokio und
New York zu sehen. Auf einem der Bilder
42
den traditionellen Käsesorten einige
Spezialitäten, die recht ungewöhnlich
anmuten, „als wären es die Delikatessen
eines Patissiers“, wie Griffon meint. Ihr
Bestseller heißt „Damier Rose“: quadratische Roquefort-Würfel, die zur Hälfte in
zerriebenen Biscuits Rose de Reims
gewälzt werden und in ihrer Anordnung
einem damier, einem Schachbrett,
gleichen.
Mit Kompositionen wie diesen geht es
Claire Griffon nicht um Effekthascherei. Sie
arbeitet seit 15 Jahren in der Käsebranche,
hat zunächst im Großhandel gelernt, dann
bei bekannten Pariser affineurs, also Käseverfeinerern, gearbeitet. Sie brachten ihr
bei, wie Käse behandelt werden muss, um
sich optimal zu entwickeln. „Dieser Beruf
ist ein Handwerk“, sagt sie, „er fordert viel
Erfahrung und alle Sinne. Schließlich muss
man fühlen, sehen, riechen und verstehen,
wie es dem Käse geht und was er braucht.“
steckt eine elegante, ganz in Schwarz
gekleidete Blondine gerade genussvoll ein
orangefarbenes Osterei in den Mund.
Die Blondine heißt Claire Griffon, sie ist
die einzige echte Käsefachfrau, die für die
Reihe Modell stand. Was aussieht wie
Zuckerfondant, ist in Wahrheit gut gereifter
Mimolette, durchmischt mit gehackten
Pistazien. Ein Tütchen davon steht im Regal
ihrer minimalistisch eingerichteten Fromagerie Griffon im großbürgerlichen 7. Arrondissement von Paris. „Ich wollte meinen
Kunden mehr anbieten als einen exzellenten Camembert oder einen vier Jahre alten
Comté“, sagt Griffon. Bei ihr gibt es neben
Lufthansa woman’s world 3/2014
43
Wohin wir gehen
Delikatessen
In guter
Gesellschaft:
Eri Hisadas
Geschäft liegt
in direkter
Nachbarschaft
japanischer
Restaurants und
Feinkostläden
44
Über 300 verschiedene Sorten liegen auf
den Edelstahlregalen ihres 2012 eröffneten
Geschäfts. Noch vor zehn Jahren waren
nicht nur Käsestücke, die an Pralinen
erinnern, undenkbar, sondern auch Frauen
wie Claire Griffon, die führende Positionen
in der Branche innehaben.
„Vor 30 Jahren übernahm ich mit
meinem Mann die damals bereits bekannte
Käsehandlung meiner Schwiegereltern“,
sagt Marie Quatrehomme, eine ausgebildete Kindergärtnerin, die einst andere
berufliche Pläne hegte. „Zu dem Zeitpunkt
konnte man die Frauen, die in Frankreich in
dieser Branche tätig waren, an einer Hand
abzählen. Frauen gehörten damals
entweder in die Produktionsbetriebe auf
dem Land oder an die Ladenkasse. Hinter
der Verkaufstheke hatten sie nichts zu
suchen, und im Reifekeller erst recht nicht.“
Dass ihr selbst mehr zugetraut wurde, als
die Kunden mit „Bonjour monsieur, bonjour
madame“ zu empfangen, hat sie ihrem
Mann zu verdanken, der die alte Rollenverteilung und die misstrauischen Blicke von
Mitarbeitern, Lieferanten und Kunden so
lange ignorierte, bis sich alle an die
Doppelspitze gewöhnt hatten. Im Jahr 2000
wurde Marie Quatrehomme zum Meilleur
Ouvrier de France, zum landesweit besten
Handwerker der Käsebranche, gekürt.
Diese Auszeichnung verbesserte nicht nur
den ohnehin schon guten Ruf ihres
Geschäfts, sondern auch das Ansehen
weiblicher Käseprofis. „Inzwischen gibt es
gute, anerkannte Frauen in meinem Beruf“,
sagt sie.
Dazu kommen Exoten wie Eri Hisada.
Ihre Eltern sind seit 35 Jahren im japanischen Käsehandel tätig, sie selbst ist mit
Käse aufgewachsen. Die Frage, ob es ein
Männer- oder Frauenberuf ist, stellt sich in
Japan gar nicht. Man fragt sich dort eher,
ob Käse überhaupt auf den Tisch gehört,
denn nur wenige Asiaten halten verschimmelte Milch für eine Delikatesse, viele
vertragen auch keine Laktose. Dass der
Käsekonsum in Japan trotzdem beständig
zunimmt, ist auch Pionieren wie den
Hisadas zu verdanken, und es ist genau
dieser Unternehmergeist, der Eri Hisada
nach Paris führte. 2010 eröffnete sie ihr
Geschäft im 1. Arrondissement, in direkter
Nachbarschaft japanischer Restaurants
und Spezialitätengeschäfte.
In den Vitrinen liegen hauptsächlich
französische Sorten, alle Klassiker vom
Epoisses über Brie de Meaux bis Roquefort
sind vertreten. „Am Anfang haben die
Franzosen etwas komisch geschaut“,
erzählt Eri Hisada, „nicht weil ich eine Frau
bin, sondern weil ich aus Japan komme.“
Inzwischen kaufen die Kunden vor allem
ihre japanisch inspirierten Kreationen, etwa
die kleinen runden Ziegenkäse, die in ein
Kirschbaumblatt gehüllt und mit einer
Kirschblüte belegt wurden. Je länger Käse,
Blatt und Blüte gealtert sind, desto
intensiver das blumige Aroma. Oder die in
gehackter Yuzu-Fruchtschale gewälzten
Ziegenfrischkäse-Kugeln, die zart nach
Mandarine schmecken. Oder die dekorativen Törtchen aus Ziegenkäse und Wasabi.
Mit diesen ungewöhnlichen Eigenkreationen ist es ein bisschen wie mit dem
Käsekonfekt von Claire Griffon: Die Frage
„Fromage ou dessert?“ – „Käse oder
Dessert?“ – stellt sich so erst gar nicht. Im
Kreis der Käsemädchen dürfte man sehr
zufrieden sein.
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|| Adressen und Tipps: Seite 72 ||
Lufthansa woman’s world 3/2014
HARPERSBAZA AR.DE
PA
R IS
Wohin wir gehen
Blick von oben
Für seine Luf t aufnahmen steigt
er in Ballons, Leicht flugzeuge
und Hub schrauber
Hier blick t der weltberühmte
Fotograf Yann A r thus - Ber trand
auf seine H eimat
46
Lufthansa woman’s world 3/2014
DIE KUNST DER
ZUSPITZUNG
Wer die herrschaftlichen
Boulevards im 18. Arrondissement einfach nur entlang
wandelt, dem bleibt einiges
verborgen: Dächerlandschaften, die wie Kunstwerke
anmuten, und die verwinkelten
Tiefen der Pariser Hinterhöfe
47
Wohin wir gehen
Blick von oben
LOB DES
ÜBERBLICKS
Nur aus einer gewissen
Distanz lässt sich das
quasi-animalische Muster im
Innenhof der einstigen Grands
Moulins erkennen; die Gebäude
gehören heute zur Universität
Paris VII Denis Diderot
48
Lufthansa woman’s world 3/2014
49
Wohin wir gehen
Blick von oben
EINE GESCHICHTE
VON EROBERUNGEN
Der Springbrunnen mit den
nubischen Löwen feiert die
napoleonischen Feldzüge –
früher zierte er die Place de
la République, heute den
Parc de la Villette; auch der
prächtige Boden im Innenhof
des Militärkrankenhauses
Val-de-Grâce (rechts) wirkt
noch imposanter, betrachtet
man ihn aus der Luft
50
Lufthansa woman’s world 3/2014
51
Wohin wir gehen
South of Pigalle
DIE
LU D EN
MÜSSEN
GEHEN
Tex t Silke Bender
Fotos Prisca Martaguet
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Lufthansa woman’s world 3/2014
53
Wohin wir gehen
South of Pigalle
D
ivine durchquerte die bunten Lichter
und betrat dann, unberührt, die
Finsternis des Mittelstreifens auf
dem Boulevard de Clichy, jene Finsternis,
die die armseligen alten und hässlichen
Gesichter behütet. Es war drei Uhr
morgens. Sie ging einen Augenblick in
Richtung Pigalle. Sie lächelte jedem Mann
zu, der allein an ihr vorüberging.
Gestern
schmuddelig,
h e u t e c h i c:
Das Viertel
SoPi (South
of Pigalle) ist
längst eine
Marke geworden,
die sich ständig
erneuert. Bobos
und Bioläden
verdrängen
den Straßenstrich und die
Stripbars
54
Als Jean Genet 1942 im Zuchthaus
„Notre-Dame des Fleurs“ schrieb, dieses
stark autobiografisch gefärbte Skandalbuch
über die Stricher, Habenichtse, Kriminellen,
Tunten und Rotlichtbars von Paris, war die
Gegend rund um Pigalle der Treffpunkt der
Unterwelt und der berüchtigte Autor ihre
literarische Stimme. Genet wurde schon vor
seinem Tod 1986 zur Legende, ebenso wie
Edith Piaf, die hier als Straßensängerin ihre
Karriere begann. Und auch die Bordsteinschwalben sind längst ausgeflogen.
Doch Michou, der Mann in Blau, ist
immer noch da, 83 Jahre alt, der berühmteste Kabarettbetreiber Frankreichs. In
seiner Travestie-Dinner-Show zählten einst
Romy Schneider, Liza Minelli, Lauren
Bacall, Jean-Paul Belmondo und Helmut
Berger zu den Stammgästen, ja fast
Freunden des Hauses. Sein 1956 eröffnetes
kleines Kabarett ist zu einer Institution
zwischen den Windmühlen des Moulin
Rouge und den weißen Sahnehäubchen
der Kirche Sacré-Cœur geworden. An
diesem Nachmittag hält er Hof in seinem
Stammcafé nahe der Place du Tertre auf
dem Montmartre. Der Himmel so blau wie
seine obligatorische Sonnenbrille, sein
azurblaues Satin-Jackett mit dem roten
Band der Ehrenlegion am Revers glänzt in
WIRKT.
der Sonne. „Ich bin der Dinosaurier des
Viertels“, sagt der Berufsspaßvogel,
während sich Dutzende Passanten, Kinder
und Touristen mit ihm fotografieren lassen
und patrouillierende Polizisten ihm die
Hände schütteln, „und beliebter als Micky
Maus in Euro-Disney.“ Vor ihm steht wie
immer ein Glas Champagner, Wasser sei
schließlich zum Zähneputzen da. „Der
schwulste Schlumpf von Frankreich“, wie er
sich selbst wegen seiner weißen Haare und
der blauen Kleidung gern nennt, ist der
lebende Beweis, dass täglicher Schampuskonsum verjüngend wirken kann – „und
nicht dieser Körnerkram, der hier jetzt
überall verkauft wird“, scherzt er.
Das große Biokaufhaus direkt an
der Place Pigalle, neben dem ehemaligen
Varietétheater Folies Pigalle und dem
vierstöckigen Sexodrome, Sexshop und
Swingerclub in einem, ist eines der vielen
Zeichen, dass sich etwas verändert hat
im Viertel. SoPi – oder South of Pigalle –
gilt heute als Boboland, Heimat der Bobos,
wie die bourgeois bohémiens auch hier
leicht abschätzig genannt werden. Gemeint
ist diese bürgerliche Boheme, die irgendwas mit Kunst, Medien oder Design macht,
im Retro-Stil wohnt, sich designbewusst
kleidet und meist zwei Kinder zeugt,
lebenslang gesponsert von Mama und
Papa. Hinter den frisch in Bonbonfarben
gestrichenen Fassaden ehemaliger
Sexshops und Bordelle richten sich immer
mehr Designerboutiquen, Biofeinkostläden
und gestylte Cafés und Bars ein.
Zählte die französische Tageszeitung
Libération im Jahr 2005 noch 84 ErotikEtablissements, sind es heute kaum mehr
19. Die Hostessenbar Dirty Dick ist seit
Lufthansa woman’s world 3/2014
MEHR ENERGIE. LEICHTE BEINE.
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Wohin wir gehen
South of Pigalle
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Dekoration bei Antoine & Lili
(90, Rue des Martyrs) – dort gibt
es farbenfrohe Mode, in Paris
entworfen und gefertigt
Kurzem eine Cocktailbar im polynesischen
Tiki-Stil, fest in amerikanischer Hand.
David, ein junger Maler aus Kalifornien, riss
eigenhändig die Separees heraus und
malte neue Kunst an die Wände, nur der
alte Name blieb. „Als Amerikaner hatte ich
damit erst Probleme“, lacht er, „aber im
Grunde ist der Name so cool wie das ganze
Viertel.“ Nachmittags stehen manchmal die
Bobo-Eltern mit ihren Kindern bis zum Dirty
Dick Schlange, um im Theater Le Bout
nebenan Stücke wie „Die Prinzessin mit
dem Erbsenkopf“ zu sehen.
Als Michel Catty alias Michou, ein
mittelloser Teenager aus der nordfranzösischen Provinz, 1948 nach Pigalle kam, traf
er noch auf die Welt von Jean Genet. Im
Folies Pigalle rockten keine Kids zu Techno
ab, sondern schlichen echte Panther über
die Bühne und hüpften nackte Frauen aus
Torten. Über seine ersten Jobs schweigt
sich Michou, eine Ikone der Schwulen- und
Drag-Queen-Bewegung, lieber aus.
„Nichts, was man anständigen jungen
Damen erzählen möchte“, sagt er lächelnd.
Jedenfalls wurde auch der Schwerenöter
Jean Genet sein Freund, die handsignierte
Ausgabe von „Querelle“, den Roman, den
Rainer Werner Fassbinder später verfilmte,
steht heute noch in seinem Bücherregal.
Ein Herz für Außenseiter hat Michou immer
noch: Seit 40 Jahren schon lädt der Selfmademan einmal im Monat einsame Alte
und Obdachlose aus seinem Viertel zum
Lunch in sein Kabarett ein.
Eine junge Frau in Jogginghose und
Turnschuhen, mit Yogamatte unterm Arm,
geht vorbei. „Diese Bobos haben keine
56
Eleganz mehr“, verdreht Michou die Augen.
Überhaupt seien sie „eine Katastrophe“ für
die Gegend. „Wir sind ein Dorf des
Vergnügens, der Dekadenz und der Lebenslust. Und nun kommen diese ganzen Jungen
aus der Provinz. Erst feiern sie mit, aber
sobald sie Kinder bekommen, wollen sie,
dass Pigalle das Dorf wird, aus dem sie
einst geflohen sind.“ Überall hagele es nun
Prozesse wegen nächtlicher Ruhestörung.
Bis in die späten 1990er Jahre blieb
Pigalle eine grell blinkende Touristenfalle
und ein Schlupfwinkel für die Verlierer der
Gesellschaft. In der Rue des Martyrs
befand sich der Transsexuellen-Straßenstrich, wo sich die unanständigen Damen
oft handgreiflich mit Freiern und untereinander zankten. Um die vielen dunklen Gassen
machte man besser einen großen Bogen.
Wohnen wollte hier jedenfalls niemand,
der genug Geld besaß, um auch anderswo
unterzukommen. Heute können Zweizimmerwohnungen mit 40 Quadratmetern
450 000 Euro und mehr kosten.
Warum, wie, wann sich das änderte,
kann niemand mehr so genau sagen.
Es gibt nur Vermutungen. 2001 erschienen
mit „Die fabelhafte Welt der Amélie“ und
„Moulin Rouge“ zwei weltweite Kinohits,
die das Image von Pigalle nachhaltig
verbesserten. Beide Filme spielen leichtfüßig mit dem maroden, verruchten Charme
des Viertels, verklärten es zu einer
Märchenkulisse – der sich nun wohl die
Realität anpassen möchte. Kurz darauf
eröffneten im Jahresrhythmus und nur
ein paar Meter voneinander entfernt die
neuen Aushängeschilder von SoPi: die
„W i r s i n d e i n D o r f
d e s Ve r g n ü g e n s,
der Dekadenz und
d e r L e b e n s l u s t.
Aber diese Bobos
haben keine
Eleganz mehr“
biovegetarische Rose Bakery, die Patisserie
Delmontel und das Hotel Amour und sein
Cafégarten. Ein Bermudadreieck, die
Keimzelle von Boboland.
Ein weiterer Hotspot ist die Kreuzung
der Rue Pierre Fontaine mit der Rue
Mansart und der Rue Duperré. In Sichtweite zur Windmühle des Moulin Rouge
befinden sich gleich drei angesagte Läden:
das Café Le Mansart, das Designer-Diner
Le Dépanneur und die Late-Night-Bar
Le Carmen. Die einstige Privatvilla von
Georges Bizet, in der er seine berühmte
Oper komponiert haben soll, ist eine der
Lufthansa woman’s world 3/2014
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Wohin wir gehen
South of Pigalle
Er: noch niemals in New York.
Sie: noch niemals in Paris.
Es: wird höchste Zeit.
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Zielen weltweit – im
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schönsten Club-Bars von Paris und ein
Treffpunkt für die erwachsene Partygeneration. In den originalgetreuen Salons wird
meist getanzt, aber es gibt auch Kammerkonzerte und Lesungen. Weil nur 250 Leute
Platz finden, muss man sich besonders am
Wochenende Mühe geben, am Türsteher
vorbeizukommen; dafür ist der Eintritt frei.
Das Konzept ist so erfolgreich, dass Le
Carmen im Herbst auch einen Ableger in
London bekommt.
Jedes Jahr erneuert sich eine andere
Straße in SoPi, in der Rue Henry Monnier
eröffnet gerade ein schicker Laden nach
dem anderen. Und alle rennen ins La
Buvette: eine französische Tapasbar mit
exzellenten Weinen, ein Re-Import aus dem
West Village in New York, wo die US-Besitzerin schon länger ein gleichnamiges
Zwillingslokal betreibt. Nebenan eröffnete
58
der Blumenladen Debeaulieu, und Pierre,
sein Besitzer, ist auf dem Weg, zum hipsten
Floristen der Stadt zu werden. Er liefert an
die exklusiven Designer-Boutiquen in Paris.
Seine Schwester Hélène, die auf der
kreuzenden Rue Clauzel einen Schuh- und
einen Modeladen namens L’Œuf betreibt,
hat die Strahlkraft des Viertels und seines
neu erworbenen Rufs erkannt und sich den
Namen schützen lassen. Zusammen mit
Pierre gründete sie die Modemarke South
Pigalle, mit der heute verblüffend viele
Bewohner alltäglichen Lokalpatriotismus
demonstrieren. Das markante Logo prangt
in den Straßen von Pigalle auf Strampelanzügen, T-Shirts und Militärjacken. Nur
Michou würde damit niemals herumlaufen.
Zu unelegant und viel zu sehr Bobo.
Im einstigen
Schlupfwinkel
für die Verlierer
der Gesellschaft leben
jetzt die Bobos,
die bürgerliche
Boheme
|| Adressen und Tipps: Seite 72 ||
Lufthansa woman’s world 3/2014
Wie wir leben
India Mahdavi
We n i g e r i s t
mehr? Nicht in
den Augen der
S t a r- D e s i g n e r i n
India Mahdavi.
Sie mischt
M u s t e r u n d Fa rben – und lässt
sich von ihren
Empfindungen
leiten. So schafft
sie Räume, die
überraschen
A
M
Madame Mahdavi, Sie sind dafür
berühmt, Motive, Muster und Farben
wild zu mischen. Heute sind Sie ganz in
Dunkelblau gekleidet. Was ist passiert?
Ich trage gern gedeckte Farben. Ich kann
nicht bunt denken, wenn ich bunt trage.
Sie wechseln auch Ihre Wohnorte, lebten
bereits in Teheran, New York und
Heidelberg. Was hält Sie in Paris?
60
Lufthansa woman’s world 3/2014
Interview Patricia Engelhorn
Fotos Sandra Semburg
Als junges Mädchen kam ich mit meiner
Familie hierher. Doch nach meinem
Architekturstudium wollte ich unbedingt
weg, es zog mich nach New York, wo ich
mich sehr wohl fühlte. Doch dann konnte
ich die künstlerische Leitung des Pariser
Studios von Christian Liaigre übernehmen.
Als ich mich 1999 selbstständig machte,
war Paris so etwas wie die Hauptstadt des
Interior Designs. Mein Sohn war noch klein,
ich hatte das Gefühl, hier ein geordnetes
Leben führen zu können. Ehrlich gesagt,
habe ich nicht groß darüber nachgedacht.
INDIA MAHDHAVI,
52 Jahre alt, Tochter eines
persischen Vaters und
einer anglo-ägyptischen
Mutter, lebte im Iran, in
den USA, in Deutschland
und in Frankreich. Sie
hat Architektur, Grafik-,
Möbel- und Industrie design
studiert. Zu ihren Arbeiten
gehören u. a. die legendäre
Coburg Bar in London, das
erste Budget-Designhotel
Townhouse in Miami und das
Rivington Hotel in New York.
Fühlen Sie sich als Pariserin?
Eigentlich nicht. Ich bin vor allem polyglott
und polychrom.
Das von Ihnen gestaltete Café Français,
das im vergangenen Jahr eröffnet wurde,
wirkt aber sehr pariserisch.
Ja, allein die Lage an der geschichtsträchtigen Place de la Bastille verpflichtet dazu.
Aber wie gestaltet man ein Café parise-
risch? Ich musste sofort an die Nationalfarben Blau, Weiß und Rot denken. Symmetrie
ist wichtig, man findet sie überall in der
Stadt – man denke nur an all die Brücken
hier. Also brachte ich Symmetrie in die
Räume. Dazu kam die französische Küche.
Haben Sie ein bestimmtes Publikum vor
Augen, wenn Sie gestalten?
Beim Café Français war es eher ein
bestimmtes Szenario. Ich denke an einen
französischen Krimi aus den siebziger
Jahren: elegante Menschen, ein paar
obskure Figuren, die das Lokal durch
die eine Tür betreten, einen Drink an der
Bar nehmen und unbemerkt durch die
andere Tür verschwinden. James Bond
würde auch passen.
Haben Sie eine dramaturgische Ader?
Ich wollte immer zum Film, aber ich habe
mich nicht getraut. Jetzt erfinde ich Räume,
die wie ein Filmset funktionieren, sie sind
sehr konstruiert und haben einen starken
visuellen Charakter. Ich möchte Orte
schaffen, die in Erinnerung bleiben.
Menschen sollen nicht vergessen, wo sie
gewesen sind, sondern in zehn Jahren
sagen: „Weißt du noch? Da gab es dieses
Restaurant mit einer riesigen gelben
Skulptur.“
Sie sprechen vom Café Le Germain,
einem Lokal mit New Yorker Flair.
Das war nicht so geplant. Als ich den
Auftrag erhielt, das Café zu gestalten,
musste ich mir darüber klar werden,
was dieser Ort sein soll: ein Pariser Bistro.
Eines, das sich an der Rive Gauche in
Saint Germain des Prés befindet, also im
malerischen und charmanten Herzen der
Stadt. Ich fand, dass man hier die Pariser
Bistro-Codes neu interpretieren sollte.
Jetzt ist alles vorhanden: eine schmale
Terrasse, dahinter ein halb offener Bereich,
ein mächtiger Tresen und der Speisesaal.
Alles typisch Paris.
Aber das Café ist ein extremer Stilmix.
Wie passt der in die Pariser Bistrowelt?
61
Wie wir leben
India Mahdavi
KOCHEN
62
Ihre jüngste Arbeit, die Gestaltung der
Gallery im Restaurant Sketch in London,
ist ganz monochrom.
Ich hatte es satt, mir sagen zu lassen, bei
mir sei immer alles bunt. Also habe ich
ein Zeichen gesetzt und alles in eine
einzige Farbe getaucht. Allerdings habe
ich eine besondere Farbe gewählt: Rosa.
Wer macht schon ein Restaurant in Rosa?
Wohl nur eine Frau. Ist Ihr Design
weiblich?
Es ist eher weiblich als männlich. Farben
werden als weiblich empfunden, verspielte
Muster ebenfalls. Frauen sind auch weniger
radikal. Männer haben ihre Prinzipien, klare
Vorstellungen, Sie sind kaum bereit, davon
abzuweichen. Ich lasse mich von Empfindungen leiten, mich inspirieren und bin
freier. Mein Ego ist nicht so mächtig. Ich
möchte, dass man sich in meinen Räumen
wohlfühlt, man soll gut darin leben können.
Gilt das auch für Ihre Möbel? In Ihrem
Showroom steht ein goldgelb schimmerndes Samtsofa, von dem man gar
nicht mehr aufstehen möchte.
Sehen Sie? Meine Möbel sind bequem,
sinnlich, weiblich, sie drängen sich nicht
auf. Zugleich sind sie unkompliziert, sie
machen gute Laune und sind wie eine gute
Freundin, der man vertraut. Unser Leben ist
oft hektisch, aggressiv, unsicher, und es tut
gut, einen Raum zu haben, in dem man
loslassen kann.
DOSSIER
Wie Sie herausfinden, welche
Stärken Sie haben – und wie Sie diese
am besten einsetzen können.
PORTRÄT
"
WOHNEN
Oft entstehen India
Mahdavis Arbeiten
ganz ungeplant – so
wie die Inneneinrichtung des Pariser
Cafés Le Germain
(oben rechts) mit
seiner gelben Statue
|| Adressen und Tipps: Seite 72 ||
Lufthansa woman’s world 3/2014
Fotos: Sandra Semburg; Derek Hudson
Ich wollte auf die fröhliche Atmosphäre
des Viertels eingehen. Also habe ich ein
paar kräftige Farben eingesetzt, die Energie
versprühen. Die gelbe Statue von Xavier
Veilhan, die über zwei Etagen reicht, passte
perfekt in mein Konzept, oder auch der
purpurne Billardtisch. Ich mischte und
mischte, das ist sehr angelsächsisch,
Franzosen tun so etwas nicht. Plötzlich
hieß es: Das ist toll, es sieht aus wie in
New York! Da war ich selbst überrascht.
Sie haben in sehr unterschiedlichen
Kulturen gelebt. Spiegelt sich das in
Ihren Arbeiten?
Vieles stammt tatsächlich aus der Erinnerung. Ich habe als Kind die USA der späten
1960er Jahre erlebt. Alles war bunt: Autos,
Fernsehen, meine Lunch-Box für
die Schule. Diese Zeit steht für Technicolor
und Heiterkeit. Das Nebeneinander von
Mustern und Motiven habe ich dagegen
aus dem Orient. Das kann man dort in jeder
Moschee, in jedem Haus, an jedem
Teppich sehen – und immer ist eine
gewisse Mystik damit verbunden.
Erkennt man Ihren Stil?
Manche behaupten, sie erkennen meinen
Umgang mit Farbe. Ich erlebe Farbe wie
eine Vibration, die für Licht und Leben
sorgt. Wenn man zum Beispiel einen Raum
mit zwei Farbtönen gestaltet, dann erhält er
Tiefe und Licht. Es ist wie in der Malerei:
Farbtupfer bringen ein Bild zum Leuchten.
Zu meinem Stil gehört aber auch die
Überraschung. Ich wiederhole mich nicht.
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Paris gut H ändchen halten kann
Fotos: Stanislas Liban, Biosphoto/images.de
Tex te B arbara M arker t
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Lufthansa woman’s world 3/2014
PARC DE BAG ATE L LE
Beim Château de Bagatelle, Bois de Boulogne, Route de Sèvres à Neuilly
Der Park ist keineswegs eine Bagatelle, sondern wurde vom Bruder Ludwigs XVI. im
Jahr 1775 angelegt und ist riesengroß. Die folgenden Besitzer erweiterten stetig, bis ihn
1905 die Stadt Paris erwarb und einen gigantischen Rosengarten anpflanzte. Ein wunderbarer
Ort, besonders bei schönem Wetter, wo Pfauen flanieren und es aus Grotten regnet. Aber
Achtung: ein bisschen mehr Zeit einplanen, denn der Park liegt außerhalb des Zentrums.
65
Wohin wir gehen
Romantische Orte
L E 17 2 8
Rue d’Anjou 8,
Tel. +33-1/40 17 04 77,
restaurant-1728.com
Nur einen Steinwurf von der
Kirche Madeleine entfernt, liegt
das Restaurant Le 1728. Der Name
bezeichnet das Jahr, in dem
Antoine Mazin, der Hofarchitekt
Ludwig XV., dieses klassizistische
Palais errichtete. In den opulent
gestalteten Salons fühlte sich
wohl. Und so wird aus einem Diner
MUSÉE DE LA VIE ROMANTIQUE
im Le 1728 schnell eine Zeitreise
Rue Chaptal 16, Tel. +33-1/55 31 95 67
ins 18. Jahrhundert: Küchenchefin
Géraldine Rumeau serviert ihr
Der Name erklärt bereits alles: Das „Museum des romantischen
Thunfisch-Tatar und Lammkarree
Lebens“ ist ein wahrhaft sentimentaler Ort und ein echter Pariser
auf Saisongemüse unter Lüstern,
Geheimtipp. Nicht für berühmte Kunstwerke, sondern für
Fresken und goldenem Stuck, für
exzellente Obstkuchen. Im Gewächshaus neben der von Rosen
Verliebte sogar in versteckten
umrankten Villa ist eine Teestube eingezogen, deren Köstlich-
Separees.
keiten unter Schatten spendenden Bäumen verspeist werden. Die
Besucher flüstern, damit draußen auf der Straße niemand von
diesem wunderbaren Ort erfährt.
HÔTEL THOUMIEUX
Rue Saint-Dominique 79,
Tel. +33-1/47 05 49 75,
thoumieux.fr
Beim Hôtel Thoumieux kann man
von einer echten Wiedergeburt
sprechen: Ein Expertentrio,
bestehend aus Sternekoch
Jean-François Piège, StararchiHÔTEL PARTICULIER MONTMARTRE
tektin India Mahdavi und
Avenue Junot 23, Pavillon D, Tel. +33-1/53 41 81 40,
Kult-Hotelier Thierry Costes,
hotel-particulier-montmartre.com
nahm sich des alten Hauses an
und verwandelte es in ein Hôtel
Die Avenue Junot ist sicherlich eine der schönsten Straßen der Stadt.
du Charme. Mit bunt gemusterten
Doch bei der genannten Hausnummer 23 klafft ein Loch. Das Hotel
Tapeten, Leopardenfellen auf den
Particulier Montmartre hat sich gut versteckt – am Ende einer kleinen
Betten, einem Vier-Sterne-Ser-
Gasse, hinter einem schwarzen Tor. Man muss klingeln, um in dieses
vice und einem exzellenten
Juwel eines alten Herrenhauses mit Garten eingelassen zu werden.
Gourmet-Restaurant setzt dieses
Hier versammelte sich einst die Familie Hermès, dann wohnte hier
Haus ganz auf wohlgestaltete
ein Bankier, heute kann man in fünf exquisiten, von Künstlern
Gemütlichkeit. Mit nur 15 Zimmern
gestalteten Suiten nächtigen.
bleibt die Atmosphäre intim.
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Lufthansa woman’s world 3/2014
Fotos: Laëtitia & Philippe RISSETTO / e-magDECO.com, Prisca Martaguet, Martin Kheunst/Martin Gauducheau, 2011 NEOZ Lighting/Jackie Chan
schon Madame de Pompadour
LES OMBRES
Im Musée du Quai Branly,
Quai Branly 27, Tel. +33-1/47 53 68 00,
lesombres-restaurant.com
„Les Ombres“ sind „Die Schatten“, und gemeint sind jene des Eiffelturms. Das Restaurant auf
dem Dach des Museums der Weltkulturen am Quai Branly ist gewiss nicht das beste der Stadt,
aber mit Sicherheit das mit dem schönsten Blick auf das Wahrzeichen. Das von Stararchitekt
und Pritzker-Preisträger Jean Nouvel konzipierte Lokal ist vollständig verglast. So speist man
sein Lachs-Carpaccio direkt unter dem Himmel. Da sich die Ober im Les Ombres gerne mal
etwas Zeit lassen, hat man genügend Muße, zur vollen Stunde, wenn der Eiffelturm wie tausend
Sterne glitzert, dieses Spektakel auch zu bewundern.
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Wohin wir gehen
Romantische Orte
Ich will
mich und
die Natur
pflegen
CANA L S T- MAR TIN
Quai de Valmy & Quai de
Jemmapes
Das Viertel rund um den Canal
St. Martin hat sich vom missachteten Schmuddel- zum coolen
Insider- Quartier gewandelt. Noch
immer sind die metallenen Brücken aus dem 19. Jahrhundert, die
LA CONSERVERIE
sich entweder hoch über Kanal
Rue du Sentier 37 bis,
und Stau-Stufen wölben oder
Tel. +33-1/40 26 14 94
sich für den Schiffsverkehr heben
laconserveriebar.com
und senken, der Treffpunkt vieler
Romantiker. Im Sommer wird
Die im Yves-Klein-Blau
gepicknickt, im Winter liefert der
getünchten Wände geben den
Ort den perfekten Hintergrund
Ton vor. Schwere Vorhänge,
für Schwarz-Weiß-Bilder. Ganz zu
dunkelrotes und dunkelgrünes
schweigen vom Herbst. Nirgendwo
Samtmobiliar plus Flohmarkt-
sonst in Paris könnte das Licht am
Fundstücke sorgen für ein
Kanal, der zur Seine hinunterführt,
schummrig-plüschiges Ambiente.
dann schöner sein.
Die in einer ruhigen Straße
versteckte Bar im ModekopistenViertel Sentier überzeugt
nicht nur mit ihrer Ausstattung,
sondern auch durch ihre
exzellenten Cocktails und
ausgesuchte Weine.
LA KISS ROOM
Rue Vieille du Temple 78, Tel. +33-1/42 72 69 93,
lakissroom.com
In diesem fensterlosen, geräuschisolierten Hotelzimmer von
zehn Quadratmeter Größe geht es nur zweitrangig ums Küssen,
sondern vor allem um ein künstlerisches Experiment. Die
Installation des Konzeptkünstlers Mathias Kiss ist ein Pop-upSpiegeln ausgekleidet ist. Die Absteige ist nur 1000 Nächte
geöffnet und schließt am 9. Oktober 2016. Jeder Gast kann nur
eine Nacht buchen (750 Euro) und erlebt dann ein künstlerisches
(oder erotisches) Happening.
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Lufthansa woman’s world 3/2014
Fotos: plainpicture, Stanislas Liban, PR
Hotelzimmer im Lagerraum des Café la Perle, das komplett mit
In vielen Kosmetikprodukten steckt Palmöl, für dessen Anbau Regenwälder gerodet werden. Wir machen den Konzernen Druck, damit
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von Sévigné, ca. 3500 Euro
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Wellendorff, ca. 9500 Euro
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Bastard, ca. 1380 Euro
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Invalides
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Rue de Babylone
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Illustration: Viktoria Lazareva
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Essen &
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Le Louxor
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Musée de la Vie
Romantique
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Parc de Bagatelle
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de Sèvres à Neully,
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Musée National
Gustave Moreau
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Le Dépanneur
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26
La Buvette
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27
Cabaret Michou
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28
Chez Moune
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29
Dirty Dick
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30
Le Carmen
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34 La Conserverie
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35 Hôtel Particulier
Montmartre
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36
Hôtel Thoumieux
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37 La Kiss Room
Rue du Vieille du
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38
Hotel Amour
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Lufthansa Tipp
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73
„GLAUBEN SIE
AN IHRE IDEEN.
UND DANN LASSEN
SIE IHRE WANDE
DRAN GLAUBEN.“
Worüber wir sprechen
La Rentrée
LA
PREMIERE
FOIS*
Das erste Mal
Silvester in Paris zu feiern – das muss
phänomenal sein! Dachte ich zumindest,
als ich an die Seine zog. Wenig später
stellte ich fest, dass es kaum einen langweiligeren Ort für den Jahreswechsel gibt. Der
Grund: Silvester ist für die Pariser nur
irgendein Feiertag nach Weihnachten. Das
wiederum feiert man im engsten Familienkreis, weit weg von der Stadt, auf dem
Landsitz von Oma und Opa. Der „echte“
74
Jahreswechsel findet an einem anderen
Tag statt: am 1. September. Diesen Tag
nennen die Pariser „La Rentrée“, die
Rückkehr. Die Schüler kehren nach den
Sommerferien zurück. Ich fragte mich:
„Was, bitte, habe ich mit dem Start ins
neue Schuljahr zu tun? Nichts.“ Falsch
gedacht. Das Leben in Paris teilt sich ein in
die Zeit vor und nach der Rentrée.
Bereits Anfang Juni werden Interviewanfragen abgewimmelt. So kurz vor den
Ferien sei es ungünstig. Wie wäre es mit
einem Termin „après la rentrée“? Konkret:
ein Vierteljahr später. Eilig scheint nichts
mehr, dringlich erst recht nicht. Als in
meinem ersten Jahr in Paris zu dieser Zeit
mein Warmwasserboiler seinen Geist
aufgab, erntete ich mitleidige Blicke. Das
sei ein ganz schlechtes Timing für Handwerker. Schließlich zögen viele Pariser zum
1. September um und ließen jetzt die
Wohnung renovieren. Vorher ist Paris eine
Großbaustelle, sämtliche neue Läden und
Restaurants müssen pünktlich fertig sein.
Ab dem 1. September quillt der
Briefkasten dann über vor Einladungen zu
Eröffnungen von Ausstellungen und Läden,
zu Premieren und Pressekonferenzen.
Allerorten hört man gute Vorsätze: „Ab jetzt
wird Sport getrieben.“ Alle scheinen von
einer unbegreiflichen Aufbruchsstimmung
ergriffen zu sein. In den Läden geht es zu
wie zu Weihnachten: Die Touristen sind
abgereist, Paris gehört kurz den Einheimischen, die das zum Power-Shopping
nutzen. Zur Rückkehr ins Büro ist eine
Runderneuerung beinahe Pflicht, Kosmetikstudios und Friseure machen Überstunden.
Ich hatte mir jedoch nach Umzug und
Urlaub eine Sparphase auferlegt, die auf
allgemeines Unverständnis stieß. „Wenn du
dir nicht jetzt die besten Teile sicherst, ist
alles weg!“ Ich verstand nichts mehr. Was
sollte ich mir sichern? Kleider? Konzertkarten? Einen Friseurtermin? Egal, ich ließ
mich von der Rentrée-Begeisterung
anstecken und genoss den geselligen Part
der stürmischen Zeit. Nach den Sommerferien mit Freunden das Wiedersehen zu
feiern ist seitdem das Beste an diesem
bizarren Neubeginn im Sommer – und
besser als jede Silvesterparty.
JESSICA FOLCKER,
SÄNGERIN
Barbara Markert träumte bereits als
13-Jährige davon, einmal in Paris zu
leben. 2003 zog sie dann an die Seine,
wo sie seitdem lebt und arbeitet.
Die Mode- und Lifestyle-Expertin ist
Mitgründerin des KorrespondentenNetzwerkes weltreporter.net und
startete 2007 den Modeblog
modepilot.de.
Illustration: Peter Pichler
Immer im Januar
fassen wir neue
Vo r s ä t z e . G a n z
anders in Paris.
Hier ist Anfang
September Zeit
d e r Ve r ä n d e rung. La Rentrée
ist für Barbara
Marker t ein
ewiges Rätsel.
Lufthansa woman’s world 3/2014
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