Eine störanfällige Liaison
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Eine störanfällige Liaison
VERTRAGSMANAGEMENT Eine störanfällige Liaison Mit Vertragsmanagement Transparenz gewinnen und Kosten sparen D ie Organisation von Dienstleistungsverträgen im Krankenhaus ist eine störanfällige Liaison aus den verschiedensten Ursachen. Häufig auftretende Erlebnisse bei der Erkundigung nach bestehenden Verträgen sind: Der Vertrag ist nur nach langem Suchen auffindbar, unterschiedliche Versionen des gleichen Vertra- Welche Bedeutung das Vertragsmanagement im Krankenhaus hat, lässt sich an folgenden Zahlen verdeutlichen: Im Regelfall gibt es in Krankenhäusern mehrere hundert Verträge mit einem Gesamtvolumen im mittleren sechsstelligen Eurobereich. Dabei haben die Krankenhäuser nicht nur zahlreiche Verträge mit Dienstleistern abgeschlossen, sondern treten auch selbst als Dienstleister auf. In Verbünden oder Konzernstrukturen gibt es ebenfalls zahlreiche in Verträge gegossene Regelungen, so dass auch Verträge innerhalb dieser Gebilde unter ein Vertragsmanagement fallen. ges existieren, Kündigungsfristen wurden durch nicht ausreichend geklärte Zuständigkeiten versäumt, so dass teure Wartungen weiter fortgesetzt werden müssen, oder aber neue Verträge durchlaufen vor Abschluss immer wieder dieselben kosten- und zeitintensiven Prüfschleifen, weil das Krankenhaus keine Musterverträge einsetzt und jedes Mal das juristische Rad neu erfunden wird. Was ist Vertragsmanagement? Das Vertragsmanagement im Krankenhaus beinhaltet alle Tätigkeiten, die sich mit der Entwicklung, Verwaltung, Anpassung, Abwicklung und Fortschreibung der Gesamtheit aller Verträge eines Krankenhauses beschäftigen. Dabei sind viele unterschiedliche Stellen in einem Krankenhaus vom Vertragsmanagement betroffen, die aber alle unterschiedliche Anfor- 32 I KU Gesundheitsmanagement 3/2013 Foto: © Robert Kneschke - Fotolia derungen an das Vertragsmanagement haben. Während es z. B. im Einkauf darum geht, Verträge mit Lieferanten zu erstellen und abzuwickeln, sind Geschäftsführung oder Controlling eines Krankenhauses an Transparenz und Kontrollsystemen interessiert. Das Vertragsmanagement beinhaltet daher sämtliche Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit Verträgen stehen. Man kann organisatorisch drei Teilbereiche des Vertragsmanagements voneinander unterscheiden: P Die Vertragsverwaltung ist die zentrale Datengrundlage des Vertragsmanagements. Die Vertragsverwaltung stellt die wesentlichen Informationen zu allen Verträgen und Vertragspartnern in einer strukturierten Form zur Verfügung und strukturiert die einzelnen Prozesse rund um alle Verträge (Zuständigkeiten, Vertragserstellung, Genehmigungsprozesse usw.). P Das Vertragscontrolling beschäftigt sich auf der Grundlage der Daten des Vertragsmanagements mit der Überwachung, Risikobewertung und Steuerung aller Verträge. P Die Vertragsarchivierung beschäftigt sich mit der Ablage und den Zugriffsmöglichkeiten auf alle vertragsrelevanten Dokumente. Alle drei Teilbereiche des Vertragsmanagements bedingen und beeinflussen sich gegenseitig. Inhaltlich muss die Vertragsverwaltung in einer übersichtlichen Form den Nutzern alle wichtigen Informationen zur Verfügung stellen. Jeder Vertrag sollte über ein festzugeordnetes Kennzeichen eindeutig identifizierbar sein; dabei sollte auch erkennbar sein, welcher Art der Vertrag ist und in welchen Bereich des Krankenhauses er gehört. Dazu gehören beispielsweise die Vertragspartner, die Laufzeit des Vertrages, Kündigungsfristen, Aufgabe und Termin des nächsten anstehenden Punktes. Nur so lässt sich erkennen, ob es z. B. Einsparungspotenzial bei Wartungen gibt, wenn die gleichen Anlagen von unterschiedlichen Vertragspartnern gewartet werden. Ganz häufig werden auch Kündigungstermine mit allen wirtschaftlichen Folgen verpasst, da niemand diese Daten im Blick hat. Jeder Vertrag muss mit einem Statuskennzeichen versehen werden, aus dem sich der Stand des jeweiligen Vertrages ergibt: Liegt der Vertrag nur im Entwurf vor, ist es eine Fassung, die unterzeichnet werden kann, läuft der Vertrag derzeit, ist er gekündigt oder beendet. Aus der Vertragsverwaltung sollte auch hervorgehen, ob das Krankenhaus z. B. Dienstleistungen einkauft oder aber selbst als Anbieter auftritt. temen stehen alle vertragsrelevanten Unterlagen strukturiert über die EDV sofort zur Einsicht bereit. Bei den rechtlichen Aspekten eines Vertragsmanagements geht es um die Sicherstellung einer optimalen Vertragsbearbeitung – im Wesentlichen um zu gewährleisten, dass Vertragsverhandlungen optimal vorbereitet sind, Verträge, wenn dies gewünscht ist, gekündigt werden und nicht wegen fehlender Kenntnis automatisch verlängert werden, gemäß Vertrag mögliche positive Anpassungen der Vertragskonditionen vorgenommen werden und Verträge und Allgemeine Vertragsbedingungen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Gerade der letzte Punkt stellt im Gesundheitswesen angesichts der Vielzahl der Vorschriften, die auf das Krankenhaus, seinen Betrieb und seine Mitarbeiter anzuwenden sind, und der Tendenz des Gesetzgebers, diese laufend zu ändern, die entscheidende Herausforderung dar. Hierbei handelt es sich neben den allgemeinen zivilrechtlichen, steuerlichen und arbeitsrechtlichen Vorschriften insbesondere um die Einhaltung der krankenhausspezifischen Vorschriften der Leistungserbringung (Krankenhausfinanzierungsgesetz, Krankenhausentgeltgesetz, Landeskrankenhausgesetz, SGB V usw.). Weiter zu beachtende Bereiche sind die bestehenden Vorschriften bezogen auf die Leistungsbeschaffung, also das Vergaberecht (Ausschreibungserfordernis bei öffentlichen Auftraggebern oder bei öffentlichen Fördermaßnahmen), und bei der öffentlichen Hand, insbesondere den Kommunen, die Gestaltung des Vertragsverhältnisses zwischen Gebietskörperschaft und Krankenhaus unter beihilferechtlichen Aspekten. Zu guter Letzt ergeben sich noch wichtige Vorgaben betreffend die Gestaltung von Kooperationen, gerade deren Einhaltung stand und steht wesentlich im Fokus der Öffentlichkeit. Erwähnt seien hier nur der Herzklappenskandal der 1990er Jahre und der Bereich der generellen Kooperation mit niedergelassenen Ärzten. Die diesbezüglich einschlägigen Regelungen sind vielfältig und umfassen insbesondere das Straf- recht (Untreue und Betrug insbesondere „Kick-back-Zahlungen“ an Ärzte sowie Korruptionsdelikte, als da wären Bestechlichkeit, Bestechung, Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr, Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung), das Dienst- und Hochschulrecht (universitäre Drittmittelforschung, Nebentätigkeit und Annahme von Belohnungen und Geschenken), das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche bei Kooperationsmaßnahmen, die einen Wettbewerber benachteiligen), das Heilmittelwerbegesetz (unentgeltliche Zuwendungen und Förderung von Fort- und Weiterbildungsverans- VERTRAGSMANAGEMENT Neben den Vertragsinhalten gehören zur Vertragsverwaltung auch definierte Prozessketten und -regelungen. Diese sind nötig, um die strukturierten Vertragsinformationen zu gewährleisten, redundante Tätigkeiten zu vermeiden und sicher zu stellen, dass die Interessen des Krankenhauses inhaltlich gewährleistet werden. Die Zuständigkeiten für die Bearbeitung der einzelnen Verträge sollten fest definiert werden, damit durch Unklarheiten keine Bearbeitungsfehler oder Doppelarbeiten entstehen; die Bearbeitung kann organisatorisch von der zentralen Vertragsverwaltung getrennt werden. Klar definierte Genehmigungsverfahren für alle Verträge, unterschiedlich ausgestaltet nach wirtschaftlicher Bedeutung für das Krankenhaus, sorgen für Transparenz und stellen für die Mitarbeiter eine Hilfe dar, nach der sie sich im Genehmigungsverfahren richten können. Verhindert wird dadurch, dass Verträge mit weitreichenden finanziellen Folgen abgeschlossen werden, ohne dass die Geschäftsführung davon Kenntnis erlangt. Das Vertragscontrolling findet auf unterschiedlichen Ebenen im Krankenhaus statt: Auf der operativen Ebene ist es Aufgabe der Abteilungen, die einzelnen zu erledigenden Punkte wie Einhaltung von Kündigungsfristen, Vertragsabschlüsse oder -verlängerungen zu den jeweiligen Verträgen abzuarbeiten. Das Controlling und die Geschäftsführung müssen die (u. a. finanziellen) Risiken aus den jeweiligen Verträgen bewerten und daraus ihre Managementaufgaben ableiten. Zusätzlich bleibt ein sogenannter Vertragsmanager im Krankenhaus für das Vertragscontrolling unerlässlich. Er hat die Aufgabe, die Strukturierung der Daten zu überwachen; des Weiteren sollte der Vertragsmanager die Informationen für die Vertragsverwaltung sicher stellen und anhand eines festgelegten Eskalationsschemas dann eingreifen, wenn es im Rahmen der Vertragsverwaltung zu Prozessstörungen kommt, um diese zu beheben. Die Vertragsarchivierung stellt sicher, dass als Mindeststandard der Aufbewahrungsort aller vertragsrelevanten Dokumente bekannt ist; in modernen IT-gestützten Sys- Jan Grabow Geschäftsführender Partner, Curacon GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Christoph Lützenkirchen Seniorberater Interne Revision, Curacon GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Peter Pfeiffer Leiter Geschäftsfeld Transaktionen, Curacon Weidlich Rechtsanwaltsgesellschaft mbH taltungen) und das ärztliche Berufsrecht (Wahrung der Unabhängigkeit der Ärzte). Optimale Rechtssicherheit Grundsätzlich ist festzuhalten, dass eine hundertprozentige Rechtsicherheit nicht zu erreichen sein wird. Allerdings kann durch ein umfassendes Vertragsmanagement eine hohe Rechtssicherheit erreicht werden. E KU Gesundheitsmanagement 3/2013 I 33 VERTRAGSMANAGEMENT Wichtige Aspekte eines Vertragsmanagements sind: P Es muss eine zentrale Verwaltung der Verträge stattfinden, insbesondere ist wichtig, dass für gleiche Sachverhalte gleiche Vertragsmuster zur Anwendung kommen und insgesamt für alle Verträge bestimmte Standards bezüglich der Vertragsgestaltung bestehen. P Allerdings gilt es, die jeweiligen Know-How-Träger im erforderlichen Umfang miteinzubeziehen, da andernfalls das Risiko besteht, dass wesentliche spezifische Aspekte übersehen werden. Dies bedeutet konkret, dass z. B. bei der Betreuung von Arbeitsverträgen die Personalabteilung, bei der Betreuung von Lieferungsverträgen die Einkaufsabteilung und bei der Betreuung von Kooperationsverträgen die jeweilige medizinische Abteilung eingebunden wird. P Es müssen Richtlinien hinsichtlich der Vertragsverhandlung entwickelt werden, um sicherzustellen, dass alle wesentliche Punkte Berücksichtigung finden. P Es muss sichergestellt sein, dass vor Unterzeichnung von Verträgen eine Prüfung auf Einhaltung aller einschlägigen Vorgaben (Vier-Augen-Prinzip ab einer gewissen Größenordnung) zur Sicherstellung der Einhaltung aller relevanten Vorgaben erfolgt. P Die Einhaltung der Regelungen des Vertrages müssen überwacht werden, und bei Vertragsstörungen angesichts der häufig kurzen Fristen muss zeitnah gehandelt werden. P Optionsrechte, Kündigungsmöglichkeiten und Beendigungsvorschriften der Verträge sind explizit festzuhalten. P Es muss eine turnusmäßige Überprüfung der verwendeten Vertragsmuster, Verträge und allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Grundlage der gesetzlichen Änderungen erfolgen. Wer ist der Vertragsmanager im Krankenhaus? Ein funktionierendes Vertragsmanagement kann je nach Krankenhaus und Unternehmenskultur unterschiedlich gestaltet werden und auch jeweils erfolgreich sein. In der Praxis erfolgreiche Modelle 34 I KU Gesundheitsmanagement 3/2013 trennen häufig zwischen zentraler Vertragserfassung und fachlicher dezentraler Verantwortung für die Bearbeitung. Dabei haben die operativen Bereiche die Bringschuld, alle relevanten Vertragsdokumente dieser zentralen Stelle zur Verfügung zu stellen. Durch die Bündelung aller Informationen beim Vertragsmanager ist es diesem möglich, die wesentlichen vertragsrelevanten Informationen zusammenzufassen und daraus ein Berichtswesen für alle Ebenen des Krankenhauses zu generieren. Die Verantwortung für die Bearbeitung der Verträge bleibt auf der operativen Ebene, der Vertragsmanager organisiert das Berichtswesen und greift bei Störungen im Prozess über festgelegte Eskalationsmechanismen ein. Es bietet sich daher an, dass der Vertragsmanager einer zentralen Funktion des Krankenhauses angegliedert wird. Systeme für die Vertragsverwaltung Als Mindeststandard für die Vertragsverwaltung empfiehlt es sich, dass der Vertragsmanager zentral eine EDV-gestützte Übersicht führt, die alle wesentlichen Daten zu den Verträgen enthält. Diese Liste sollte von allen am Vertragsmanagement Beteiligten auf einem Laufwerk ständig einsehbar sein, die Bearbeitung sollte aber nur dem Vertragsmanager möglich sein. Darüber hinaus sollten auch die jeweils gültigen Verträge in Papierform oder EDV-gestützt als Scan durch den Vertragsmanager zur Verfügung gestellt werden können. Spezielle Software für diese Aufgabe ist den Kinderschuhen entwachsen und bietet dem Nutzer komfortable Funktionen bis hin zur Einrichtung mehrerer Mandanten und der Bereitstellung aller Dokumente in EDV-Form. Solche Systeme verringern Sucharbeiten erheblich und erhöhen ganz wesentlich die Transparenz bei der Vertragsarchivierung. Was oft falsch gemacht wird Im Zusammenspiel zwischen den operativ Verantwortlichen und dem zentralen Vertragsmanager entstehen organisatorisch zahlreiche Schnittstellen. Diese müssen auf beiden Seiten klar definiert werden, da sonst Doppelarbeiten bzw. Defizite möglich sind. Dies kann außerdem zu einem Mangel an ausreichender Transparenz für alle Beteiligten führen. Dann sind unterschiedliche Fassungen eines Vertrages im Umlauf, ohne dass für die Beteiligten klar ist, welche Fassung gültig ist – mit u. U. weitreichenden finanziellen Folgen. In der Praxis fehlen immer wieder begleitende Regelungen wie z. B. eindeutige Verfahren zur Genehmigung. Ohne eine festgelegte und gelebte Unterschriftenregelung besteht wiederkehrend die Gefahr, dass operativ im Vertragsmanagement gehandelt wird, ohne die Einbeziehung anderer Stellen im Krankenhaus. Häufig erfolgt keine bzw. keine ausreichende Einbindung der jeweiligen Experten, so dass wichtige Aspekte der Gestaltung des Rechtsverhältnisses zum Vertragspartner keine Berücksichtigung im Vertragswerk finden. Des Weiteren werden vielfältig Textbausteine verwendet, die in keinem Zusammenhang zu dem zu regelnden Sachverhalt stehen. Hierzu ist festzuhalten, dass die Verwendung einheitlicher Standards zwar von wesentlicher Bedeutung ist, jedoch immer die Berücksichtigung der individuellen Besonderheiten gewährleistet sein muss. Fazit Ein funktionierendes und etabliertes Vertragsmanagement bietet neben den organisatorischen Vorteilen nicht zu unterschätzende wirtschaftliche Vorteile. Es fördert Transparenz und unterstützt Vertragsprozesse, so dass die Ausgestaltung von Verträgen ökonomisch und strukturell sinnvoll für das Krankenhaus geschieht. L Für die Verfasser: Christoph Lützenkirchen Curacon GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Scharnhorststraße 2, 48151 Münster [email protected] Tel. 0251/92208-0 Peter Pfeiffer Curacon Weidlich Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Niederrheinstraße 16/16a, 40474 Düsseldorf [email protected] Tel. 0211/4403369-0