Presseheft

Transcrição

Presseheft
präsentiert
In den Hauptrollen: LEE Jeong-jin und CHO Min-soo
Buch & Regie: KIM Ki-duk
Südkorea 2012 / Länge: 104 Minuten / Format: HD 1.85:1 / Farbe
GEWINNER DES GOLDENEN LÖWEN AUF DEM FILMFESTIVAL VENEDIG 2012
KINOSTART: 26.4.2013
Verleih:
Polyfilm
Margaretenstarße 78
1050 Wien
01 - 581 39 00 20
[email protected]
www.polyfilm.at
-
Pressebetreuung:
Sonja Celeghin
[email protected]
BESETZUNG
DARSTELLER
ROLLE
LEE Jeong-jin
CHO Min-soo
LEE Kang-do
JANG Mi-sun
In weiteren Rollen zu sehen sind WOO Gi-hong, KANG Eun-jin, JO Jae-ryong, LEE Myungja, HEO Joon-seok, KWON Se-in, SONG Moon-soo, KIM Beum-joon, SON Jong-hak, JIN
Yong-uk u.v.a.
TEAM
Regie
Produktion
Geschäftsführende Produzenten
Drehbuch
Kamera
Schnitt
Produktionsdesign
Setdesign
Kostüm
Musik
Visuelle Effekte
Licht
Sounddesign
Ton
KIM Ki-duk
KIM Soon-mo
KIM Ki-duk, KIM Woo-taek
KIM-Ki-duk
JO Yeong-jik
KIM Ki-duk
LEE Hyun-joo
JEAN, Sung-ho
JI Ji-yeon
PARK In-young
LIM Jung-hoon (Digital Studio 2L)
CHOO Kyeong-jeob
LEE Seung-yeop (Studio K)
JUNG Hyun-soo
2
KURZINHALT
Mit brachialer Gewalt treibt LEE Kang-do für einen Geldverleiher Schulden ein. Säumige
Schuldner, welche die horrenden Wucherzinsen nicht zahlen können, macht er gnadenlos
zu Krüppeln, um die Unfallversicherungssumme zu kassieren. Eines Tages begegnet dieser
Unmensch einer Frau, die behauptet, sie sei seine Mutter. Anfangs weist der alleinstehende,
mutterlos aufgewachsene junge Mann die geheimnisvolle Fremde schroff ab. Als er sie
vergewaltigen will, wehrt sie sich weinend. Nach der Inzest-Attacke beginnt Kang-do ihr zu
glauben, sie zieht bei ihm ein und bemuttert ihn. Die Fürsorge löst eine Art
Läuterungsprozess beim Mann aus, er gibt seine brutale Tätigkeit auf. Als die Frau plötzlich
verschwindet, denkt Kang-do, sie wäre von einem seiner früheren Misshandlungsopfer aus
Rache entführt worden. Beim verzweifelten Rettungsversuch macht Kang-do eine
schockierende Entdeckung.
PRESSENOTIZ
PIETA ist ein Aufsehen erregendes Drama um Schuld und Sühne von KIM Ki-duk, dem
international berühmtesten und vielfach preisgekrönten koreanischen Autorenfilmer.
Bekannt für kontroverse Themen und drastische Bilder erforscht KIM die dunklen, oft
abseitigen Aspekte zwischenmenschlicher Beziehungen im Spannungsfeld von Aggression
und Libido. "Was ist die Natur des Menschen? Sich mit dieser Frage zu beschäftigen, das ist
meine filmische Arbeit."
Wie in KIMs Kinohit "Bad Guy" geht es in PIETA um einen gewalttätigen Mann und seine
intime Beziehung zu einer Frau, in deren Verlauf er sich bei aller Härte als verletzlich,
liebesbedürftig und opferbereit erweist. Mit ins Spiel gebracht werden Motive wie Inzest,
Sozial- und Kapitalismus-Kritik sowie christliche Symbolik. Hier sorgt nicht ein Apfel wie in
der Bibel, sondern Geld für den Sündenfall. "Die Menschen heutzutage sind besessen vom
Irrglauben, dass Geld alle Probleme lösen könne. Dabei ist in den meisten Fällen Geld das
Problem", erklärt KIM. "Ich will auf echte Missstände in unserer Gesellschaft hinweisen.
Grausame Klassenunterschiede und Mangel an Mitgefühl bestimmen das Leben, so wie ich
es erfahren habe. Andererseits verhilft mir das zu einzigartigen Empfindungen, weit weg
vom Mainstream." Mit Blick auf die Leiden von Individuen in der zwischen Tradition und
Moderne zerrissenen koreanischen Gesellschaft schuf KIM mit PIETA ein tiefernstes,
mutiges Werk von großer moralischer Eindringlichkeit.
PIETA feierte seine Weltpremiere im Wettbewerb der 69. Internationalen Filmfestspiele in
Venedig 2012, wo KIM Ki-duk 2004 mit dem Silbernen Löwen für die Beste Regie beim Film
"3-Iron" (OT: "Bin-jip") ausgezeichnet worden war. PIETA ist bereits der vierte Film von KIM
im Wettbewerb der Filmfestpiele am Lido. Dieses Jahr gewann KIM mit PIETA den
Goldenen Löwen. Bei den diesjährigen Hamburger Filmfestpielen wird KIM Ki-duk mit dem
Douglas Sirk Preis geehrt.
PIETA startet im Verleih von MFA+ FilmDistribution am 8. November 2012.
3
LANGINHALT
Mit brachialer Gewalt treibt LEE Kang-do für einen Geldverleiher Außenstände ein.
Säumigen Schuldnern, welche die horrenden Wucherzinsen nicht zahlen können, bricht er
Gelenke und Knochen, um die Unfallversicherungsumme der Verkrüppelten zu kassieren.
Gnadenlos terrorisiert der alleinstehende, als kleines Kind von der Mutter verlassene und
ohne Familienbindung aufgewachsene junge Mann arme Leute, manche treibt er in den
Freitod. Eines Tages begegnet dieser asoziale Unmensch einer Frau, die behauptet, sie sei
seine Mutter. Anfangs weist Kang-do die geheimnisvolle Fremde schroff ab. Doch sie lässt
nicht locker, drängt hartnäckig in sein Leben, kocht für ihn, fleht um Vergebung dafür, dass
sie ihn einst weg gegeben hat. Als Kang-do sie vergewaltigen will, wehrt sie sich heftig und
schluchzt hemmungslos. Kang-do beginnt, ihr zu glauben. Die Frau, sie heißt Mi-sun, zieht
bei ihm ein und bemuttert ihn. Die menschliche Nähe und Fürsorge löst bei Kang-do eine
Art Läuterungsprozess aus. Er verschont einen jungen Schuldner, der Vater wird und
freiwillig beide Hände opfern will, weil er Geld braucht, um Frau und Kind zu versorgen. In
seiner Notlage verstümmelt er sich selber, und Kang-do beschließt, seine brutale Tätigkeit
aufzugeben.
Als Mi-sun plötzlich verschwindet, denkt Kang-do, sie wäre von einem seiner früheren
Misshandlungsopfer aus Rache entführt worden - es gab bereits einen missglückten
Racheanschlag. Bei seiner Suche nach der Vermissten reagieren die Leute mit Angst oder
Aggression, meist schlägt Kang-do blanker Hass entgegen. Schließlich findet er Mi-sun,
beim verzweifelten Rettungsversuch erlebt Kang-do eine schockierende Überraschung.
PRODUKTIONSNOTIZEN
"Nicht Gerechtigkeit ist es, was ich für den Angeklagten fordere, ich erbitte Gnade"
(Hubert Selby jr. "Mauern")
"Ich entschloss mich, diesen Film PIETA zu nennen - wobei ich, wenngleich nur wenig
gläubig, Gott im Himmel um Gnade ersuche: Gott, erbarme Dich unser", verkündet KIM Kiduk, der in PIETA mittels christlicher Ikonographie auf den Sündenfall, den Verlust der
Unschuld hinweist und Vergebung propagiert. "Ich bin ja protestantisch, aber man kann die
Philosophie, die in meiner Arbeit zum Ausdruck kommt, keiner speziellen Religion
zuordnen. (...) Die Menschen heutzutage sind besessen vom Irrglauben, dass Geld alle
Probleme lösen könne. Dabei ist in den meisten Fällen Geld das Problem. Geld stellt die
Menschen in einer kapitalistischen Gesellschaft unweigerlich auf die Bewährungsprobe. In
diesem Film treffen zwei Menschen, die wegen Geld Leiden zugefügt bzw. erfahren haben,
unerwartet aufeinander und werden zur Familie. So eine Familienbeziehung macht uns
bewusst, dass wir alle Komplizen und Sünder und mitverantwortlich sind für das, was zu
unserer Zeit geschieht."
Pietà bedeutet im Italienischen laut Wörterbuch Mitleid, Barmherzigkeit, Frömmigkeit. In
der Kunst bezeichnet das Wort ein Bild oder eine Skulptur, welche die trauernde Jungfrau
Maria mit dem Leichnam Christi im Schoß darstellt. Marias Trauer in den PietàDarstellungen berühmter Meister wie Michelangelo oder Van Gogh drückt universell das
4
qualvolle Gefühl von Verlust aus, das Menschen zu allen Zeiten und allerorten immer wieder
empfunden haben.
In PIETA leidet ein Sohn unter dem Verlust der Mutter, und eine Mutter unter dem Verlust
ihres Sohnes. Wie KIMs "Samaritan Girl", wo eine minderjährige Prostituierte ehemaligen
Freiern kostenlose Liebesdienste erweist, ist PIETA ein im Grunde versöhnlicher Film. Ist es
möglich, zu vergeben? Der Film klagt nicht an. "Es ist schwer, im Leben alles richtig zu
machen, deshalb ist es wichtig, zu verzeihen." KIM kommt aus einfachen Verhältnissen. "Ich
wurde sehr militärisch aufgezogen. Schläge gehörten zur Tagesordnung." Inzwischen habe
er die Schläge verschmerzt, sagt er. Die persönliche Erfahrung von materieller Not,
Misshandlung und Diskriminierung wirkt sich aus auf Stil und Inhalt seiner provokanten
Filme, noch heute sieht sich KIM als anti-intellektuellen Außenseiter. "Die Gewalt in meinen
Filmen reflektiert die Grausamkeit unseres Daseins und der Welt, in der wir leben. (...) Ich
will auf echte Probleme in unserer Gesellschaft hinweisen. Grausame Klassenunterschiede
und Mangel an Mitgefühl bestimmen das Leben, so wie ich es erfahren habe" ... – in
Südkorea, einer zwischen Tradition und rapider Modernisierung hin und her gerissenen
Nation, wo die im Bürgerkrieg erlittenen Qualen noch nachwirken und die Bedrohung durch
den feindlichen Bruderstaat im Norden das Leben beeinflusst. Trotz drastischer Bilder ist
KIMs Blick nie spekulativ, nie werden Elend und Brutalität romantisierend dargestellt.
Gewalt, Liebesverlust, Korruption, hoffnungslose Verschuldung und Flucht vor Gläubigern
sind im zeitgenössischen südkoreanischen Kino Generalthemen, die aktuelle Probleme
reflektieren. Die weibliche Hauptfigur in KIMs "Bad Guy" gerät durch Schulden in die Gewalt
eines Zuhälters. Davor drehte KIM "Address Unknown", ein von Ausweglosigkeit und Wut
geprägtes Elendsdrama. In seinem 2004 mit dem Silbernen Löwen in Venedig
preisgekrönten modernen Kinomärchen "3-Iron" sind die Klassenunterschiede zwischen
Wohlhabenden und Habenichtsen nicht zu übersehen.
PIETA, der 18. Film von KIM Ki-duk, wurde im März/April 2012 in Cheonggyecheon gedreht,
einem traditionsreichen, inzwischen abgewirtschafteten Stadtteil im Herzen der
Landesmetropole Seoul. Cheonggyecheon war als Industriestandort mit klein- und
mittelständischen Metallwerkstätten einst von großer Bedeutung für Korea, als Motor für
die Industrialisierung des Landes. (Im experimentellen Dokumentarfilm "Cheonggyecheon
Medley: A Dream of Iron" von PARK Kyung-gun, der 2011 im Forum der Berlinale zu sehen
war, wird die Geschichte des Stadtteils und die heutige Situation visuell kunstvoll
dargestellt.) KIM Ki-duk verbinden mit dem Stadtteil eigene Kindheitserinnerungen. In
jungen Jahren hat er dort selber als Hilfsarbeiter geschuftet, und er wählte den Ort als
Schauplatz für PIETA auch im Andenken an die früheren Bewohner und ihre Geschichten.
Im Zuge der Stadtentwicklung und von Immobilienspekulationen verändert sich das
historische Ambiente, die alten Häuser entlang enger Gassen werden abgerissen und durch
neue Hochhäuser ersetzt. Die wenigen noch ansässigen Betriebe, die trotz der
überwältigenden Konkurrenz durch Koreas großmächtige Mischkonzerne (Chaebols) weiter
arbeiten, werden in moderne Bauten umquartiert. Um die optimalen Drehorte für das
schäbige Zuhause des kriminellen Schuldeneintreibers LEE Kang-do sowie für die
Wohnungen und Arbeitsstätten der verschiedenen Schuldner zu finden, durchstreifte die
Filmcrew die Straßen Cheonggyecheons und fand einige alte Werkstätten: Kleine, im
heutigen Korea anachronistisch anmutende Betriebe zur Metallverarbeitung, mit Blechen,
5
Gussformen, Pressen, Walzen und Werkzeugen, wo einzelne Episoden des Film gedreht
wurden. Schwierigkeiten bereitete die Suche nach dem passenden Set für die
Eröffnungsszene des Films. Erst einen Tag vor dem geplanten Dreh der Eröffnungsszene
entdeckten die Filmleute, mehr durch Zufall, dass sich hinter der modernen Fassade eines
Gebäudes im Innern noch eine intakte historische Ausstattung befand, wo die Szene dann
gedreht werden konnte.
Die Dreharbeiten für PIETA gingen, wie bei KIM üblich, überaus rasch von statten. Zur
Steigerung der Effizienz wurden die Aufnahmen gleichzeitig mit zwei Kameras gemacht.
Kameramann JO Yeong-jik führte die A-Kamera, KIM Ki-duk drehte mit der B-Kamera,
zusammen drehten sie das Material im Verhältnis von 7:3. In der Regel fanden die
Dreharbeiten nach Plan mit vorher festgelegten Kamerapositionen statt. Bei einigen
hochemotionalen Szenen mit den beiden Hauptdarstellern, beispielsweise beim
Vergewaltigungsversuch, kniete sich der Regisseur, vollkommen in den Dreh vertieft,
dermaßen in die Aufnahmen hinein und ging mit seiner Kamera immer näher an die
Schauspieler heran, bis er dem A-Kameramann dabei die Sicht verstellte.
Augenzeugenberichte wie diese machen deutlich, wie intensiv die Aufnahmen unter
Hochspannung abliefen, wobei KIM Ki-duk seinen Schauspielern und der Crew alles
abverlangte. Später lobte der Regisseur seine erfahrene Hauptdarstellerin CHO Min-soo für
ihre starke Performance als "raven-haired Mary" und pries ihren Filmpartner LEE Jung-jin als
aufnahmefähigen Schauspieler, mit dem Filmemacher "wirklich kreativ" arbeiten können.
Das ausgezeichnete Endergebnis bestätigt KIMs Einschätzung.
DIE HAUPTDARSTELLER UND IHRE ROLLEN:
Der am 25. Mai 1978 in Südkorea geborene Schauspieler LEE Jeong-jin verleiht dem
brachialen Schuldeneintreiber LEE Kang-do in PIETA eine Respekt einflößende physische
Präsenz und drückt mit einer intensiven Charakterdarstellung die durch seine zunehmend
enger werdende Mutterbindung ausgelösten innere Konflikte und Schuldgefühle aus, die
bei der Katharsis in den Schlussszenen des Films kulminieren. Sein Leben lang war Kang-do
ohne nahe Familienangehörige lieblos auf sich allein gestellt. Die plötzliche Erfahrung von
mütterlicher Zuwendung bewirkt ein Umdenken bei ihm, die für seinen brutalen Job
notwendige emotionale Panzerung bekommt Risse.
Nachdem er bereits anno 2000 in "The Bloody Beach" zu sehen war, spielte LEE Jeong-jin
als Hauptdarsteller in "Bet On My Disco" (2002) einen überaus schlagkräftigen, aber im
Umgang mit Mädchen schüchternen Halbstarken. Nach "Once Upon A Time In High School"
(2004) wirkte er im Hongkong Krimi "Seoul Raiders" (2005) mit. In "Mapado: Island of
Fortunes" (2005) macht LEE als Gangster Jagd auf eine Frau, die einen
Lotteriegewinnschein gestohlen hat. 2010 trat LEE in "Troubleshooter" und in der
Hauptrolle als Sexualstraftäter in "No Doubt" auf. "Wonderful Radio" (2012) ist ein weiterer
neuer Spielfilm mit dem Kinostar.
CHO Min-soo, die der Mutter in PIETA mit sublimem Spiel eine mysteriöse Aura verleiht, ist
in Südkorea seit vielen Jahren vor allem als Fernsehschauspielerin bekannt, durch TVProduktionen wie "Piano" (2001) oder "Will It Snow For Christmas?" (2009). In PIETA
6
verkörpert sie eindringlich eine widersprüchliche Persönlichkeit, die abwechselnd aggressiv
und dann wieder duldsam auftritt. Geschickt verbirgt sie lange Zeit ihre wahren Absichten,
die sie dann aber bis zur letzten Konsequenz in die Tat umsetzt.
REGIE, DREHBUCH, SCHNITT: KIM Ki-duk
Der 1960 geborene Südkoreaner, der in Personalunion als Autor, Regisseur und Cutter
seiner Filme arbeitet, stammt aus Bonghwa, ein kleiner Ort am Nordrand der Provinz
Kyong-sang. Als er neun war, zog die Familie nach Seoul. KIM Ki-duk besuchte die
Mittelschule, übernahm Gelegenheitsjobs und diente fünf Jahre als Marineinfantrist. Nach
der Entlassung aus der Armee betreute er Sehbehinderte im Rahmen eines Hilfsprogramms
der christlichen Kirche. Um seinen Horizont zu erweitern, sparte er etwas Geld und reiste
1990 nach Europa. 1991/92 lebte er in Montpellier und verdiente in den Straßen Geld durch
den Verkauf selbst gemalter Bilder, vor allem Portraits. Zurück in Korea widmete sich KIM
dem Schreiben von Filmskripts. Die Drehbücher "A Painter and a Criminal Condemned to
Death" und "Jaywalking" und "Double Exposure" wurden preisgekrönt. 1996 erhielt er die
Chance, sein Skript "Crocodile" selber zu verfilmen - und lässt seinen angestauten
Frustrationen, seiner Wut aufs dünkelhafte Establishment, freien Lauf. Die Protagonisten
des erschütternden Spielfilmdebüts sind Obdachlose in Seoul, die wie Clochards unter den
Brücken am Fluss Han hausen.
Auch KIMS zweite Regie-Arbeit "Wild Animals" sowie die folgenden Filme provozierten
kontroverse Reaktionen durch die Intensität, mit der immer wieder zerstörerisch wirkende
Begierden und Triebe dargestellt wurden. Als Autodidakt ist der Autorenfilmer eine
Ausnahmeerscheinung in Südkorea, wo die Mehrzahl der Regie-Newcomer auf
Filmhochschulen studiert hat. Doch auf internationalen Filmfestivals gewann KIM
zunehmend Renommee. Sein drittes Drama "Birdcage Inn" wurde 1999 bei der Berlinale
präsentiert: Eine mit ruhigen, sorgsam strukturierten Kameraeinstellungen inszenierte
Milieu- und Charakterstudie. Mit seinem ersten Meisterwerk, dem bildschön fotografierten
Angel-Thriller "The Isle", reüssierte KIM dann in Venedig und avancierte im Westen zum
nach Altmeister IM Kwon-taek bekanntesten koreanischen Regisseur.
In "Bad Guy", der 2002 im Wettbewerb der Berlinale lief, wird ein Mädchen von einem
brutalen Zuhälter zur Prostitution gezwungen. Der Film bescherte dem Regisseur einen
ersten veritablen Kinohit in seiner Heimat. Allein in Seoul lockt das sadomasochistische
Beziehungsdrama rund 300.000 Zuschauer in die Kinos. Mit einem Minibudget drehte der
ehemalige Marineinfantrist "The Coast Guard", die tragische Geschichte eines
Grenzsoldaten, der versehentlich einen Betrunkenen beim Geschlechtsverkehr im
Sperrgebiet erschießt.
Die Arbeiten KIMS weisen neben provokanten Darstellungen eine eigenwillig kunstsinnige
farbliche und motivische Gestaltung auf, besonders augenfällig in "Spring, Summer, Fall,
Winter... And Spring", wo der zum Filmkünstler gereifte Selfmade-Regisseur zu
bildsprachlicher Meisterschaft gelangte. Die kontemplative Kinoparabel wurde von
Publikum und Kritik begeistert aufgenommen. 2004 wurde KIM bei den Berliner
Filmfestspielen mit dem Preis für die beste Regie ausgezeichnet für "Samaritan Girl". Bei "37
Iron" entrückte KIM den Filmzuschauer in transzendentale Gefilde, und "sprengt mit der
Kraft der Fantasie die Grenzen der Wirklichkeit" (L'Humanité). In "The Bow" dramatisierte
KIM anno 2005 die Liebesbeziehung eines 60-jährigen Mannes zu einem 16-jährigen
Mädchen. 2008 wird auf der Berlinale "Beautiful" gezeigt, inszeniert von KIMS ehemaligen
Regieassistenten JUHN Jai-hong, nach einer Geschichte von KIM. Das Drama einer
frustrierten und vergewaltigten schönen Frau verrät deutlich KIMS Handschrift.
Im gleichen Jahr löste ein Unfall bei den Dreharbeiten zu seinem eigenen Film "Dream", als
eine Schauspielerin beinahe erhängt wurde, ein Trauma bei KIM Ki-duk aus. Er verfiel in
Depression und zog sich aus dem Berufsleben aufs Land zurück. Mit seiner offenherzigen
Ein-Mann-Performance "Arirang - Bekenntnisse eines Filmemachers" meldete sich KIM
nach drei Jahren der Selbsttherapie und des Grübelns über sein Leben wieder in der
Öffentlichkeit zurück - und erhielt prompt den Hauptpreis in der Sektion "Un certain regard"
beim Filmfestival in Cannes 2011. Im selben Jahr erschien der Film "Poongsan Dog" von JO
Jae-ryong, nach einem Drehbuch von KIM. 2012 wurde PIETA bei den Festspielen in
Venedig uraufgeführt und wurde mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet. KIM Ki-duk
erhält 2012 als Auszeichnung für sein Gesamtwerk den Douglas Sirk Preis beim Filmfestival
in Hamburg.
FILMOGRAFIE:
1996
1997
1998
1999/2000
2000
2001
2002
2002
2003
2004
2004
2005
2006
2007
2008
2011
2011
2012
Crocodile (Pusan International Film Festival)
Wild Animals (Vancouver International Filmfestival)
Birdcage Inn (Berlin International Film Festival)
The Isle (Venedig International Film Festival, Wettbewerb)
Real Fiction (Moskau International Film Festival, Wettbewerb)
Address Unknown (Venedig International Film Festival, Wettbewerb)
Bad Guy (Berlin International Film Festival, Wettbewerb)
The Coast Guard (Karlovy Vary International Film Festival, Wettbewerb)
Spring, Summer, Fall, Winter... And Spring (Locarno International Film Festival,
Wettbewerb)
Samaritan Girl (Berlin International Film Festival, Wettbewerb, Silberner Bär für
die beste Regie)
3-Iron (Venedig International Film Festival, Wettbewerb, Silberner Löwe für die
beste Regie)
The Bow (Cannes International Film Festival)
Time (Karlovy Vary International Film Festival, Eröffnungsfilm)
Breath (Cannes International Film Festival, Wettbewerb)
Dream (San Sebastian International Film Festival, Wettbewerb)
Arirang (Cannes International Film Festival, Hauptpreis "Un Certain Regard")
Amen (San Sebastian International Film Festival, Wettbewerb)
Pieta (Venedig International Film Festival, Goldener Löwe)
8
PRESSESTIMMEN
DIE WELT, 6.09.2012
„KIM Ki-duks PIETA ist der große Favorit beim Filmfest Venedig“
„der bislang stärkste und alles überragende Beitrag kommt aus Korea: PIETA von Kim Kiduk.“
„eine beißende, ins Absurde getriebene Kapitalismuskritik“
„KIM Ki-duk erreicht sein Publikum wie durch ein Purgatorium, durch das man gegangen
sein muss“
FAZ
„wie immer thematisch garstigen und ästhetisch überzeugenden Film PIETA“
SÜDEUTSCHE ZEITUNG, 6.09.2012
„Der Koreaner KIM Ki-duk ist eine Ideenfabrik“
„es ist ihm (KIM Ki-duk) eine teuflisch originelle Story eingefallen - wenn man sich an einem
rächen will, der kein Herz hat, dann muss man ihn erst einmal durch Liebe erweichen, damit
er verletzlich wird. PIETA ist ziemlich brutal und manchmal komisch, aber das Bild, wie sich
das Monster Kang-do verzweifelt in einer Grube an zwei Leichen klammert und wünschte,
sie würden leben, ist stark genug für einen ganzen Albtraum.“
ARD TTT, Venedig
"PIETA ist ein Film von erbarmungsloser Intensität, in dem alle ums Überleben kämpfen.“
Kölner Stadtanzeiger
„Angesiedelt in einem Slum, über dem die Hochhäuser der modernen Banken- und
Internetwelt funkeln, entfaltet der Film eine nahezu archaische Wucht.“
9