Beschleunigung für alle

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Beschleunigung für alle
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Special
Motorradfahren ohne Kurven und Schräglage - das soll Spaß machen? Auf
jeden Fall, meinen die Jungs von der Street Outlaw Dragbike ET-Serie. Bei
der SOET kann jeder mitmachen, ob mit einem Racebike oder einem Straßenmotorrad. Und das Schönste: Jeder hat Chancen auf den Sieg.
Draufsetzen, Hahn aufreißen - und der
Typ mit dem fettesten Motor gewinnt?
Weit gefehlt. Denn so funktioniert Dragracing bei der Street Outlaw Dragbike
ET-Serie nicht. Das Reglement der Serie, die im Winter 2007/2008 das Licht
der Welt erblickt hat, bringt nämlich
Motorräder unter einen Hut, die nach
bisherigen Dragrace-Regeln nicht gegeneinander antreten konnten. Bei den
Street Outlaws trifft die turbogeladene
BMW R 100 GS auf Suzuki Hayabusa,
frischgemachte Harley Sportster und
Kawasaki ZX 12 R, ohne dass die
Siegchancen schwinden. Denn bei der
SOET macht es der Fahrer aus.
Sicher, der Gewinner ist derjenige, der
zuerst die Ziellinie überquert. Aber das
ist nicht alles: Zunächst einmal gibt
man die Zeit an, die man in den Ausscheidungsläufen zu fahren gedenkt.
Die muss zwischen 11,99 und 8,99
Sekunden für die Viertelmeile liegen.
Das Ganze nennt sich Dial-In. Die
Anhaltspunkte für die Zeiten liefern die
Qualifikationsläufe. Der Knackpunkt:
Wer seinen Dial-In unterbietet, ist raus.
„Das sorgt meist für ein weinendes
und ein lachendes Auge“, erklärt Jan
Glindemann, Mitbegründer der Serie
und unterwegs auf seiner Honda CBR
1195 XX . „Man fliegt raus, hat aber
vielleicht gerade eben seine eigene
Bestmarke verbessert“.
Aber eigentlich entscheidet sich ein
SOET-Race schon viel früher. Bereits
am Start ist eine gute Reaktion gefragt,
denn die Reaktionszeit wird gemessen
und entscheidet mit über Sieg oder
Niederlage. Zwischen der Rot-, den
Foto: pt
Beschleunigung für alle
drei Gelb- und der Grünphase der
Startampel, dem „Christmas Tree“,
liegen exakt 0,5 Sekunden. Wer den
Ampel-Rhythmus im Blut, viel Gefühl in Kupplungs- und Gashand und
seine Maschine im Griff hat, reagiert
bestmöglich. Und zwar in genau dem
Bruchteil der Sekunde, in dem die
Ampel von Gelb auf Grün springt.
„So kann ich dem Gegner hier schon
wichtige Hundertstel abnehmen“, so
Jan. Und das, ohne dass überhaupt ein
Zentimeter der Viertelmeile gefahren
worden wäre. Wer allerdings zu früh
startet, hat den Lauf verloren. Für den
gibt es unterm Grün der Ampel noch
mal Rotlicht.
Der dritte Punkt: Gestartet wird zeitversetzt. Das heißt, dass ein Starter
mit einem Dial-In von elf Sekunden
eine Sekunde vor seinem Konkurrenten startet, der ein Dial-In von
zehn Sekunden angegeben hat. Eine
nicht zu verachtende psychologische
Komponente für den schnelleren Fahrer, der nicht zucken darf, wenn sein
Gegner bereits abfliegt. Der Versatz
hat folgenden Effekt: Würden beide
Fahrer exakt gleiche Reaktionszeiten
haben und ihren Dial-In treffen, kämen
Hobby-Rennserien
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So sieht er aus, der begehrte Time
Slip: Wer seine vorgegebene Zeit
möglichst genau getroffen und am
Start gut reagiert hat, kann das
Rennen für sich verbuchen.
sie zeitgleich über die Ziellinie. Heißt
aber auch im Umkehrschluss: Die
Fahrer entscheiden das Rennen, nicht
das Motorrad. „Klingt komplizierter als
es ist“, versichert Stefan Graff, der mit
seiner Sportster bei der SOET und auch
den All Harley Drags mitmischt. Am
Ende des Laufs gibt es ein etwa zehn
mal zehn Zentimeter großes Zettelchen,
den Timeslip. Der gibt Aufschluss über
die eigene Performance: Reaktionszeit,
die Zeit nach 60 Fuß (etwa 18 Meter),
Geschwindigkeit und Zeit nach Achtelund Viertelmeile - also nach etwa 200
und 400 Metern.
Was den Reiz ausmacht am Dragracing? „Die untrüglichen Zahlen auf
dem Time Slip, schwarz auf weiß, die
Beschleunigung, die Rennatmosphäre,
der Nervenkitzel am Start“, sind sich
Jan und Stefan einig. Wer es selbst
erleben möchte, sollte sich melden:
Infos unter www.street-outlaw-et.org.
Sportster-Sport: Stefan Graff nimmt die Viertelmeile auf einer 1570-Kubik-Harley
in Angriff. Und passiert die Ziellinie mit knapp 230 Sachen.
Text: jek, Fotos: jek, pt (2)
Details
Die Street Outlaw ET ist für
Motorräder mit Verbrennungsmotor, betrieben mit Benzin, und
weiteren Modifikationen zum
Einsatz im Drag-Racing. Die
Motorräder müssen keine Straßenzulassung haben, der optische
Gesamteindruck muss jedoch
den Charakter eines Straßenmotorrads wiedergeben. Der Motor
muss aus der Serienproduktion
eines Motorradherstellers kommen oder aus frei verfügbaren
Hauptkomponenten bestehen.
Nur ein Motor ist erlaubt. Der
Zylinderkopf ist freigestellt.
Maximal zulässiger Hubraum:
2100 Kubikzentimeter. Die Aufladung mit Kompressor, Turbo
oder Lachgas (auch in Kombination) ist erlaubt. Schalthilfen
wie Elektro- oder Airshifter sind
erlaubt. (Aus: Street Outlaw ETReglement)
Die SOET auf den HMT: Die Serie lässt einiges an Modifikationen zu, verlangt sie
aber nicht ausdrücklich. Das sorgt für eine große Bandbreite auf dem Dragstrip.
Erste Tuning-Maßnahme: Schwinge länger machen. Guter Grip plus gut am Gas
gleich steigendes Vorderrad – das wäre schlecht ...

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