Spiritualität Zwei junge weibliche Gesichter werden vom

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Spiritualität Zwei junge weibliche Gesichter werden vom
Gedanke zu „Otomí-Mädchen mit Opferkerzen in Tixqui, Mexiko“
Spiritualität
Zwei junge weibliche Gesichter werden vom Kerzenlicht angestrahlt. Mit religiösen Ritualen und Symbolen, einem kleinen Marienaltar für Nuestra Señora de Guadalupe oder für
andere Heilige und Schutzpatrone, mit religiösen Festen und Prozessionen wachsen die
meisten der Kinder hier in Mexiko auf. Ihnen wird so bewusst, dass es neben dem Leben
noch etwas Anderes, etwas Transzendentes, nicht wirklich Fassbares gibt. In Mexiko gibt
es nicht eine Spiritualität, es gibt nur eine unendliche Vielfalt an spirituellen Mythen und
Riten. In vielen indigenen Regionen haben sich christlicher Glaube und Naturreligionen
vermischt. Sie bilden wie im Tanz der Tarahumara eine wertvolle spirituelle Synthese, die
bewahrt und weitergetragen wird.
Der christliche Glaube und die Verehrung der Virgen de Guadalupe – Maria erschien dem
einfachen, indigenen Jungen Juan Diego vor mehr als 450 Jahren – sind auf ihre Weise
fest mit der Geschichte Mexikos und dem heutigen Alltagsleben verwebt. In Zeiten der
Revolution diente die Guadalupe den die Unabhängigkeit Mexikos vertretenden Aufständischen als Schutzschild. Fast jeder Bus trägt heute einen Rosenkranz, ein Kreuz, ein Bild
der Jungfrau oder eines Heiligen zum Schutz. An den Straßen stehen kleine verglaste Altäre und in vielen Berufsgruppen, Schichten und bis hin zu den Drogenhändlern wird der
jeweilige Heilige oder das Kreuz treu, aufwendig und lebendig verehrt.
Die Frage, ob jemand an Gott glaubt oder nicht, tastet die Verehrung der Guadalupe nicht
an. Wie eine ewige Mutter steht sie vor allem für die unteren Schichten, hört Bitten, Klagen, Dank und spendet Trost in einer oft so selbstentfremdeten und einsamen Welt.
Träume, Hoffnung, Wunder und vieles mehr werden in sie projiziert und entheben den
Einzelnen für einen Moment aus seiner Misere. Spiritualität ist hier überlebenswichtig.
Deshalb werden die Feste aufwendig und kostspielig vorbereitet. Ob der Glaube von außen nach innen oder von innen nach außen dringt, ist schwer zu sagen und spielt eine
untergeordnete Rolle. Spirituelle Formen geben dem oft absurden Leben hier einen Sinn
und ein konkretes Ziel.
Leid in Form von Armut, Krankheit und Tod wird in Lateinamerika immer wieder als von
Gott gewollt und als eine mit Buße zu bezahlende Schuld interpretiert. Leider wird mit
diesem devoten Glauben der Armen oft gespielt und die Kirche lässt sich ihre Dienste
nicht selten teuer bezahlen. Wenn ein Priester dann Hunderte von Erstkommunionen in
einem Armenviertel kostenlos gibt oder die Menschen auf der Müllhalde begleitet, die
Ärmsten der Armen zu Bewegung, Verantwortung und Mut aufruft, dann gewinnt der
Glaube wieder eine Bedeutung und das alte Ritual füllt sich mit neuer Hoffnung. Gelebte
Spiritualität in Mexiko heißt vor allem, nicht allein zu sein.
Bernadette Kalz, Freiwillige in Mexiko
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Gedanke zu „Otomí-Mädchen mit Opferkerzen in Tixqui, Mexiko“
Licht der Welt
Licht der Welt
Licht der Menschen
Strahlendes Licht Gottes: Sonnengott
Licht der Völker
Licht der Frauen
Strahlende Gesichter: Ostermorgengott
Glanz in den Augen
Abglanz des Vaters
Aus Herzkraft strahlt: Lichtreflex
Lichtträgerinnen für uns
In Finsternis und im Schatten des Todes
Kinder des Lichts: Aufstrahlen
Kpl. Klaus Kleffner, Münster
Gemeindeerfahrungen in Brasilien
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Gedanke zu „Otomí-Mädchen mit Opferkerzen in Tixqui, Mexiko“
Spiritualität
Zwei mit Blumen bekränzte Mädchen, die unter einem Blumenhimmel verklärt in ihre
Kommunionkerze und nach unten blicken und sich gedankenverloren an den Kerzen festhalten.
„Kinderglaube, Kitschglaube.“ Klischees und Vorurteile sind schnell zur Hand, wenn wir
auf uns fremde und ungewohnte Ausdrucksformen des Glaubens und der Frömmigkeit
stoßen. Es ist leichter, den Fremden und das uns Fremdartige schnell und oberflächlich
nach gewohnten Mustern zu beurteilen, als sich anderen Kulturen, Riten und Gewohnheiten auszusetzen, sich von ihnen in Frage stellen und bereichern zu lassen.
Wer reich im Allgemeinen und wer reich an Glauben im Besonderen ist, definiert nicht
eine Kultur für alle anderen, sondern jeder Mensch für sich selbst. Und was spirituell angemessen und „korrekt“ ist, entscheidet sich nicht in Deutschland und auch nicht in
Rom, sondern im Herzen jedes Einzelnen.
Spiritualität bedeutet, einen „Himmel“ über sich zu wissen, der es gut meint. Sterne zu
entdecken, die wir mit unserem Geist, mit unserer Stirn berühren könnten statt auf der
Erde zu kriechen. Den Blick geradeaus richten zu können auf ein Ziel hin, für das wirklich
und ernsthaft sich zu leben lohnt. Einem Licht zu folgen, das die Nachtschatten des Lebens nicht hinweg-, aber ausleuchtet. Einen Halt in den Händen zu spüren, Wärme,
Barmherzigkeit und Güte im Herzen zu tragen. Den Blick zu senken und all jene, die ganz
„unten“ leben, als Schwestern und Brüder anzusehen.
Michael Kuhnert, Länderreferent bei ADVENIAT, zzt. AGEH-Kraft in Argentinien
Erfahrungen in kirchlichen Sozialprojekten in Kolumbien und Argentinien
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Gedanke zu „Otomí-Mädchen mit Opferkerzen in Tixqui, Mexiko“
Spiritualität
Die ausgespannten Blumengirlanden verraten: Es ist Zeit der „fiesta mexicana“. Zwei
junge Mädchen mit einem Blumenkranz auf dem Kopf halten Kerzen, deren Licht auf ihren ernsten und erwartungsvollen Gesichtern widerleuchtet. Vielleicht tragen sie die Kerzen in einer Prozession oder als Weihegaben zum Altar. Die Mexikaner wissen zu feiern,
und daher hat auch das Christentum dort einen ausgesprochen festlichen Charakter.
Christus sagt: „Ich bin das Licht, das in die Welt gekommen ist, damit jeder, der an mich
glaubt, nicht in der Finsternis bleibt” (Joh 12, 46). Daher gibt es allen Grund, Feste zu
feiern, um den Alltag zu unterbrechen und ins rechte Licht zu rücken. Der Glaube gibt zu
denken und zu danken. Und Ausdruck des Dankes ist die festliche Feier, die den Himmel
offen hält.
Prof. Dr. Michael Sievernich SJ, Frankfurt / Mainz
Professor für Pastoraltheologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
und Seelsorge und Dozententätigkeit in Mexiko, Argentinien
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Gedanke zu „Otomí-Mädchen mit Opferkerzen in Tixqui, Mexiko“
Spiritualität
Woher strahlt das Licht?
Aus den Herzen der Menschen, die wider alle Hoffnung hoffen.
Aus der Gemeinschaft derjenigen, die sich umeinander kümmern.
Aus dem Engagement aller, die sich mit dem Elend nicht abfinden.
Woher strahlt das Licht?
Aus den Erzählungen der Großeltern, die sie von ihren Großeltern gehört haben.
Aus den Feiern zu Ehren der Mutter Erde, zu Ehren des Herz-des-Himmels-Herz-der-Erde.
Aus dem Kampf um die Rechte der Gemeinschaft.
Woher strahlt das Licht?
Aus dem miteinander geteilten Wort der Bibel.
Aus dem Gottesdienst zu Ehren der Patronin.
Aus der Gemeinschaft derer, die mit Gott verbunden sind.
Woher strahlt das Licht?
Aus den Krippen, Ställen und anderen Orten, an denen Gott geboren wird.
Aus den Hirten, Außenseitern und ihren Kindern, denen er nahekommt.
Aus den Königen, Politikern und Wissenschaftlern, die vor den Armen niederfallen.
Dr. Stefan Silber, Sailauf
Pastoralreferent und Theologe, Katechetenausbildung in Bolivien
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