Hintergrunddossier zur Jahrespressekonferenz der

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Hintergrunddossier zur Jahrespressekonferenz der
1. ENTWICKLUNG UND ZUKUNFT DES BERUFSSTANDS
Berufsstatistik
Die Zahl der Steuerberater in Deutschland ist im Jahr 2011 um 1,8 % auf 78.654 gestiegen.
57.769 Steuerberater sind selbstständig (71,1 %), 23.475 Steuerberater sind als Angestellte
tätig (28,9 %). Zusammen mit den 8.655 Steuerberatungsgesellschaften führt dies per
1. Januar 2012 zu einem Gesamtmitgliederstand der Bundessteuerberaterkammer in Höhe
von 89.899. Die mitgliederstärksten Steuerberaterkammern sind dabei München (10.929),
Düsseldorf (8.887), Hessen (7.996) und Westfalen-Lippe (7.960). Die Steuerberaterkammer
Mecklenburg-Vorpommern (851 Mitglieder) löst die Steuerberaterkammer Bremen (861 Mitglieder) als kleinste Steuerberaterkammer ab.
Aktuell sind 33,4 % der Steuerberater Frauen. Unter anderem auch weil dieser Beruf gut mit
Familie zu vereinbaren ist, geht die BStBK von einem weiteren Anstieg im Laufe der Zeit aus.
Knapp ein Viertel der Berufsangehörigen (24 %) hat eine zusätzliche Berufsqualifikation. Die
größte Gruppe stellen dabei die Doppelbänder Steuerberater/Wirtschaftsprüfer mit 9.952
Angehörigen.
Am 1. Januar 2012 waren bundesweit 17.125 Ausbildungsverhältnisse zum/r Steuerfachangestellten registriert. Das sind 106 bzw. 0,6 % mehr als im Vorjahr. Damit nimmt die Gesamtzahl der Auszubildenden im Beruf Steuerfachangestellte/r wieder etwas zu. Bei der Untersuchung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge war bei den Steuerfachangestellten ein
Zuwachs von 4,6 % im Vergleich zum Vorjahresstichtag zu verzeichnen – ein Zuwachs wie er
in keinem anderen Ausbildungsberuf bei den Freien Beruf festgestellt werden konnte.
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Münsteraner Thesen
Die Delegierten der 85. Bundeskammerversammlung haben am 26. und 27. März 2012 in
Münster intensiv die Herausforderungen der Zukunft für den Berufsstand der Steuerberater
diskutiert und sind zu der gemeinsamen Auffassung gelangt, dass die folgenden sieben
Themenfelder die nächsten Jahre des steuerberatenden Berufs maßgeblich bestimmen
werden.
1.
Freiberuflichkeit – Grundprinzip des steuerberatenden Berufs
Die Freiberuflichkeit der Steuerberater und Steuerberaterinnen in Deutschland wird zukünftig
noch stärker unter den Aspekten Wettbewerb, Deregulierung und „Vergewerblichung“ diskutiert werden. Nicht zuletzt aufgrund von Initiativen aus Brüssel wird der Berufsstand Diskussionen über den Grad der Regulierung des Berufs führen müssen. Als unabhängiges Organ der
Steuerrechtspflege wird der Steuerberater auch künftig nicht nur seinen Mandanten, sondern
auch dem Gemeinwohl verpflichtet bleiben.
Es gilt daher, die Rahmenbedingungen für die Ausübung des Berufs Steuerberater herauszustellen und zu stärken, insbesondere durch
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den Schutz der Unabhängigkeit des Steuerberaters im Sinne eines klaren Bekenntnisses zur Bedeutung des Freien Berufs,
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die Sicherung und den besonderen Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen
Mandant und Steuerberater,
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die Stärkung der Funktion des Steuerberaters als unabhängiges Organ der Steuerrechtspflege,
Ÿ
die Weiterentwicklung des Leitbildes des steuerberatenden Berufs sowie dessen Verankerung in der Öffentlichkeit.
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2. Vorbehaltsaufgaben – Kern der beruflichen Tätigkeit
Die Tätigkeit des Steuerberaters wird auch über das Jahr 2020 hinaus von den Vorbehaltsaufgaben bestimmt. Innerhalb dieser Kernkompetenz wird die Steuerdeklaration aber an
Bedeutung verlieren und es werden die umfassende Steuergestaltungs-, Steuerplanungs- und
Steuerabwehrberatung an Bedeutung zunehmen. Außerdem werden höhere Anforderungen
an das Rechnungswesen (z. B. E-Bilanz-Taxonomie, IFRS) gestellt; diese erfordern vom
Steuerberater, den Mehrwert seines Leistungsangebotes für den Mandanten transparent
darzustellen.
Der Kern der beruflichen Tätigkeit des Steuerberaters wird unverändert durch die ihm
obliegenden Berufspflichten geprägt werden. Deren besondere Bedeutung, wie z. B. die
Pflicht zur Verschwiegenheit, zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung oder die Fortbildungsverantwortung, aber auch die nachvollziehbaren und transparenten Gebührenrahmen
aufgrund der Steuerberatergebührenverordnung, gilt es aus Gründen des Verbraucherschutzes beizubehalten und als besondere Qualitätskriterien hervorzuheben.
3. Vereinbare Tätigkeiten – Nutzen für Mandanten und Steuerberater
Die Expertise des Steuerberaters ist bei Unternehmen und Unternehmern, Institutionen und
Privatpersonen nicht nur im Bereich der Kernaufgaben, sondern auch bei vereinbaren Tätigkeiten gefragt.
Als betriebswirtschaftlicher Berater und Interessenvertreter nimmt der Steuerberater auch bei
allen unternehmerischen und wirtschaftlichen Entscheidungen seiner Mandanten eine große
Vertrauensstellung ein. Der Steuerberater reagiert auf die sich wandelnde Nachfrage seiner
Mandanten, nutzt die ihm bereits vorliegenden detaillierten Daten und Informationen und kann
seine Mandanten z. B. auch in allen Fragen der Existenzgründung bis zur Unternehmensnachfolge in allen betriebswirtschaftlichen Fragestellungen qualifiziert begleiten.
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Im Privatbereich wird der Steuerberater zum „Rundum-Ratgeber“ auch hinsichtlich der
Einkommens- und Vermögenssicherung. Neben konsequenter Fortbildung im Kernbereich
des Steuerrechts werden verstärkt Spezialisierungen im Bereich vereinbarer Tätigkeiten das
Berufsbild des Steuerberaters prägen.
4.
Wettbewerb um die besten Köpfe – Steuerberater als attraktive Arbeitgeber
Der demographische Wandel macht sich bereits heute bei der Suche nach Mitarbeitern und
der Nachwuchsgewinnung von Berufsträgern deutlich bemerkbar. Die Anforderungen an die
steuerlichen Fachkräfte werden durch den Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologie und im Hinblick auf die Neujustierung der Vorbehaltsaufgaben sowie den
Ausbau der vereinbaren Tätigkeiten steigen. Im Wettbewerb um Mitarbeiter und Nachwuchskräfte (angestellte Steuerberater oder Berufseinsteiger als Partner) werden jene Kanzleien
erfolgreich sein, welche neben einer fundierten Ausbildung auch attraktive Entwicklungsperspektiven und Arbeitsbedingungen unter Berücksichtigung der „Work-Life-Balance“ bieten.
Mit einem stimmigen Gesamtkonzept können die besten Köpfe als Mitarbeiter gewonnen und
auch dauerhaft gehalten werden.
Mitarbeiterführung und Personalmarketing gewinnen weiter an Bedeutung. Intensivere
Werbung für den Ausbildungsberuf Steuerfachangestellter sowie weitergehende strategische
Ansätze sind voranzutreiben, z. B. die Modernisierung des Berufsbildes oder neue Ausbildungsmodelle wie „ausbildungsintegrierte Bachelorstudiengänge“.
5.
Fortbildung, Qualität, Kanzleiführung – Faktoren des Erfolgs
Die Komplexität des Steuerrechts, die Informationsflut, der Informationsgrad der Mandanten
und der Wettbewerb werden dynamisch und mit hoher Veränderungsgeschwindigkeit zunehmen. Das Management des Wissens wird gegenüber reiner Informationsversorgung deutlich
mehr nachgefragt werden.
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Eine fundierte Ausbildung und eine systematische und regelmäßige Fortbildung im Rahmen
von berufsständischen Standards sind die Basis für eine dauerhaft hohe Beratungsqualität.
Qualitätssicherungssysteme, zeitgemäße Organisationsstrukturen und damit eine ganzheitliche unternehmerische Kanzleiführung ermöglichen, die Herausforderungen der Zukunft zu
meistern. Aktive Auseinandersetzung mit der eigenen Kanzleistrategie, zielgruppenorientierte
Mandatsbetreuung, offensives Kanzleimarketing und modernes Honorarmanagement sind nur
einige der Bausteine, die zu Faktoren des Erfolgs werden können.
6.
Spezialisierungen, Netzwerke, Kooperationen – Strategische Alternativen im
Markt
Die Erwartungen der Mandanten an die Leistungsfähigkeit und das Beratungsspektrum des
Steuerberaters werden weiter steigen. Um der Nachfrage nach ganzheitlicher Beratung
begegnen zu können, wird der Steuerberater umfangreiches Informationswissen mit entsprechenden praktischen Erfahrungen vorhalten müssen. Nicht alle Steuerberater in Einzelpraxen
und kleineren Beratungsgesellschaften werden dies uneingeschränkt leisten können bzw.
wollen. Je nach Größe der Kanzlei und Region werden die Steuerberatungskanzleien unterschiedliche Marktsegmente besetzen und zum Teil neue Formen der Berufsausübung anstreben, um das geforderte Beratungsportfolio bedienen zu können.
Neben einer Konzentration in größeren Beratungseinheiten der unterschiedlichsten Ausprägungen sowie Rechts- und Erscheinungsformen werden dabei weitere strategische Alternativen erfolgreich sein. Die Inhaber von Einzelkanzleien werden sich durch Kooperationen –
auch mit Angehörigen anderer Berufsgruppen –, durch Bildung von Netzwerken sowie durch
fachliche oder branchenspezifische Spezialisierungen im Markt behaupten. Letztlich können
diese strategischen Ansätze erfolgversprechende Optionen für die Kanzleientwicklung darstellen.
7.
Technologieeinsatz – Prozessoptimierung in der Beratung
In den nächsten Jahren werden zahlreiche weitere Geschäftsprozesse in den Mandantenbetrieben, der öffentlichen Verwaltung und auch in den Steuerkanzleien selbst unter Einsatz
moderner Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten abgewickelt werden.
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Dies eröffnet dem Steuerberater die Chance, Routinetätigkeiten schneller, frei von Medienbrüchen und ohne heute noch notwendige redundante Abwicklungsschritte mit seinem
Mandanten umzusetzen, z. B. bei der Übermittlung und Verarbeitung buchführungsrelevanter
Belege. Wiederkehrende Dienstleistungsprozesse in der Kanzlei können dadurch vorgangsorientiert und durch integrierte Systemlösungen gestützt automatisiert abgewickelt werden.
Der weitere Ausbau von E-Government-Lösungen eröffnet dem Steuerberater die Chance,
seine Mandanten bei der Erfüllung ihrer Deklarations- und Meldepflichten auch in technischer
Hinsicht zu unterstützen und damit selbst immer zeitnah in die relevanten betriebswirtschaftlichen und steuerlichen Informationsprozesse eingebunden zu sein.
Die Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologie ermöglicht dem Steuerberater, die Bereitstellungs- und Prozessqualität seines Dienstleistungsangebots deutlich zu
erhöhen. Die Informationsmöglichkeiten, die das Internet auch zu fachlichen Themen bietet,
erhöht das Vorwissen der Mandanten erheblich und der Steuerberater kann und wird diese
Möglichkeiten eines Dialogs auf Augenhöhe offensiv nutzen.
4. GEPLANTE ÄNDERUNGEN DES
P ARTNERSCHAFTSGESELLSCHAFTSGESETZES
BERUFSHAFTPFLICHTVERSICHERUNG DER P ART G MBB
Die Bundessteuerberaterkammer begrüßt grundsätzlich die geplanten Änderungen des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes (PartGG). Die Einführung einer Partnerschaftsgesellschaft
mit beschränkter Berufshaftung (PartG mbB) ist geeignet, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Partnerschaft gerade im Vergleich zur englischen Limited Liability Partnership (LLP) zu
stärken. Kritisch gesehen wird allerdings, dass nach dem Referentenentwurf bei einer PartG
mbB mit einem Rechtsanwalt die Mindestversicherungssumme der Berufshaftpflichtversicherung 2,5 Mio. Euro betragen muss. Diese Mindestversicherungssumme ist nach Einschätzung
der BStBK völlig überhöht. Denn Schäden in dieser Größenordnung bilden bei Steuerberatern
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die absolute Ausnahme. Soll das neue Modell erfolgreich sein, muss für interprofessionelle
Partnerschaften mbB die Mindestversicherungssumme abgesenkt werden. Ziel sollte eine für
Steuerberater, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer möglichst einheitliche Regelung zur
Mindestversicherungssumme in Höhe von 1 Mio. Euro sein.
Die BStBK lehnt die nur für Steuerberater geplante Einführung einer eigenen Versicherungspflicht der normalen Partnerschaft (mit Haftungsbeschränkung auf den handelnden Partner)
ab. Da eine solche Versicherungspflicht nicht auch für Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer
vorgesehen ist, würde eine einseitige Sonderregelung für Steuerberater geschaffen, die im
Hinblick auf die Vielzahl der interprofessionellen Partnerschaften nicht sinnvoll ist. Für eine
eigene Versicherungspflicht der normalen Partnerschaft besteht aber auch aus Gründen des
Mandantenschutzes kein Bedürfnis, da jedenfalls der/die handelnde/n Partner auch persönlich
haften und die Partnerschaft in der Versicherung der Partner mitversichert ist.
5. VERKÜRZUNG DER AUFBEWAHRUNGSFRISTEN
Am 14. Dezember 2011 hat die Bundesregierung Eckpunkte zur weiteren Entlastung der Wirtschaft von Bürokratiekosten beschlossen. Ein zentraler Punkt der Entlastungsmaßnahmen
war die Reduzierung der Aufbewahrungsfristen. Erklärtes Ziel ist es hierbei, den Prozess der
Veranlagung bzw. Betriebsprüfung erheblich effizienter zu gestalten.
Zum Bedauern der BStBK verzichtet das Jahressteuergesetz 2013 auf entsprechende Regelungen. Die BStBK hält es für nicht zumutbar, dass dem Mittelstand über E-Bilanz und
E-Steuererklärung einerseits zusätzliche Pflichten auferlegt werden (die auch mit Kosten und
Umstellungsaufwand verbunden sind), sie aber auf der anderen Seite (z. B. über verkürzte
Aufbewahrungsfristen von z. B. 5 Jahren) nicht entlastet werden. Dies sollte nach Auffassung
der BStBK im Jahressteuergesetz 2013 geregelt werden.
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6. UMSATZSTEUERVORANMELDUNG – SELBSTANZEIGE
Mit dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz sind 2011 die Voraussetzungen der Selbstanzeige
bei einer Steuerhinterziehung verschärft worden. Ursprünglich sollten mit der Neuregelung
bestimmte Gestaltungen bei der Einkommensteuer, insbesondere bei Kapitaleinkünften,
erfasst werden. In der Praxis führen die Auswirkungen der Gesetzesänderung aber insbesondere bei der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerjahreserklärungen
zu massiven Problemen. Im Kern geht es dabei um das „Vollständigkeitsgebot“, das verlangt,
dass sämtliche strafrechtlich noch nicht verjährten Steuerstraftaten einer Steuerart nacherklärt
werden müssen. Im Bereich der Umsatzsteuer kann eine Steuerhinterziehung vorliegen, wenn
die Steuer zu niedrig oder die Vorsteuer zu hoch angesetzt wurde. Strafbefreiend wirkt sich
eine Selbstanzeige dann aus, wenn die Voranmeldung oder Umsatzsteuerjahreserklärung
korrigiert oder verspätet abgegeben wird. Voraussetzung: die Angaben sind vollständig und
inhaltlich zutreffend. Die Wirksamkeit der Selbstanzeige ist also beschränkt. Sie ist nur noch
wirksam, wenn sämtliche strafrechtlichen Vorwürfe und Fehler in allen relevanten Erklärungen
derselben Steuerart bereinigt werden, die in den letzten 5 Jahren abgegeben wurden.
Die BStBK hält diesen Zustand für problematisch und fordert eine klare Verwaltungsanweisung, die die Abgrenzungsfragen zwischen Selbstanzeige, Berichtigung und leichtfertiger
Steuerverkürzung klärt und praxistaugliche Lösungen bietet.
Zu Unsicherheit hat auch eine Änderung der „Anweisung für das Straf- und Bußgeldverfahren
(AStBV)“. Diese Anweisung wurde vergangenes Jahr verschärft. Bislang war dort eine
Ausnahmeregelung zur Abgabe an die Bußgeld- und Strafsachenstelle vorgesehen. Mit der
Streichung dieser Regelung werden Steuerberater und ihre Mandanten in große Unruhe
versetzt. Auch wenn die Finanzverwaltung damit keinerlei Verschärfung bewirken wollte,
legen die Veranlagungsstellen aktuell strengere Maßstäbe an.
Die BStBK nimmt diesen Umstand nicht hin und hat das BMF aufgefordert, die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um Streitfragen zu eruieren und verlässlich zu behandeln.
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Hier kommt z. B. auch eine erneute Anpassung der „Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren“ (AStBV) in Betracht. Insbesondere die bei den Umsatzsteuervoranmeldungen
und Lohnsteueranmeldungen aufgetretenen Probleme müssen schnellstmöglich einer praxisgerechten Lösung zugeführt werden. Hierfür setzt sich die BStBK weiter ein.
7. VOLLMACHTSDATENBANK /VORAUSGEFÜLLTE STEUERKLÄRUNG
Die Einführung der „Vorausgefüllten Steuererklärung“ ist für 2013 geplant. Die Erstellung der
Einkommensteuererklärung soll erleichtert werden. Bereits in der ersten Stufe ihrer Einführung
soll sie eindeutig zuordenbare und wesentliche Informationen für die Einkommensteuererklärung enthalten (bspw. die vom Arbeitgeber bescheinigten Lohnsteuerdaten, Bescheinigungen über den Bezug von Rentenleistungen, Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherungen, Vorsorgeaufwendungen sowie Name, Adresse und weitere Grundinformationen). Eine
höchstmögliche Datensicherheit soll gewährleistet sein, da die Informationen dem Steuergeheimnis unterliegen. Sie könnten damit nur vom Steuerpflichtigen selbst oder durch von ihm
autorisierte Personen, z. B. dem Steuerberater, elektronisch abgerufen werden.
Einen wichtigen Schritt zur Optimierung des Vorhabens „Vorausgefüllte Steuererklärung“ stellt
die geplante Vollmachtsdatenbank dar. Sie wird derzeit als Projekt der Steuerberaterkammern
mit der Finanzverwaltung geprüft um später auch umgesetzt zu werden.
Vollmachtsdatenbank (VDB) bezeichnet dabei eine Datenbank für die Verwaltung von
Vollmachten zur Vertretung in Steuersachen zwischen Berufsträger (Bevollmächtigter) und
Mandant (Vollmachtgeber). Die aktuell in Papier vorliegenden Vollmachten, die je nach
Verwendung sehr unterschiedlich sind, sollen in einer elektronischen Vollmacht standardisiert
werden, um die Vollmachtserteilung in der Praxis deutlich zu vereinfachen.
Die BStBK unterstützt dieses Vorhaben, da eine Vollmachtsdatenbank, in der die dem
Steuerberater erteilten Vollmachten eingestellt sind, den unkomplizierten sowie einfachen
Nachweis der Bevollmächtigung in allen Verfahrensschritten ermöglicht. Zum Bedauern der
BStBK ist aber der Zugang zu den Datenpools der Finanzverwaltung bislang nicht geregelt.
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Die BStBK fordert, dass der Zugang aber für Steuerberater zeitnah geregelt werden muss, um
die bei der Finanzverwaltung gespeicherten steuerlich relevanten Daten der Mandanten
elektronisch abfragen und prüfen zu können.
Dies ist für das Vorhaben „Vorausgefüllte Steuererklärung“ unabdingbar, da die von Dritten
der Finanzverwaltung für die Einkommensteuerklärung zur Verfügung gestellten Daten
oftmals nicht fehlerfrei sind. Die BStBK fordert daher, dass dem Steuerberater – wie vom
Bundesfinanzministerium grundsätzlich auch anerkannt – ein Zugriff auf die über seinen
Mandanten bei der Finanzverwaltung gespeicherten Daten gewährt wird. Dieser Zugriff muss
schnellstmöglich und unkompliziert umgesetzt werden.
Um das Projekt erfolgreich und zügig umzusetzen, bietet der Berufsstand der Finanzverwaltung die berufsständische Lösung als Konzept zur Realisierung dieser Datenbank an. Die
BStBK ist überzeugt: Eine beim steuerberatenden Beruf angesiedelte Vollmachtsdatenbank
sichert dem Berufsstand den Datenzugriff und der Finanzverwaltung eine schnelle sowie
kostensparende Umsetzung. Hoheitsrechte der Finanzverwaltung bleiben unberührt. Der
Berufsstand regelt lediglich die Organisation und den laufenden Betrieb der Vollmachtsdatenbank.
8. WEITERHIN VERFASSUNGSWIDRIGE DIFFERENZIERUNG ZWISCHEN
RECHTSANWÄLTEN UND STEUERBERATERN
Zum 1. Januar 2008 wurde der § 160a StPO im Rahmen des Gesetzes zur Neuregelung der
Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur
Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG eingeführt. Damals wurde durch das Gesetz eine
Ungleichbehandlung von Strafverteidigern, Rechtsanwälten (RA) und Steuerberatern (StB)
eingeführt. Diese nicht gerechtfertigte Differenzierung zwischen Rechtsanwälten und Steuerberatern wurde durch das „Gesetz zur Stärkung des Schutzes von Vertrauensverhältnissen zu
Rechtsanwälten im Strafprozessrecht“ vom 22. Dezember 2010 weiter aufrechterhalten und
durch einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 12. Oktober 2011 sogar noch
bestätigt.
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Aus Sicht der BStBK unterscheidet sich der Tätigkeitsbereich von Rechtsanwälten und
Steuerberatern jedoch maßgeblich von allen anderen Berufsgeheimnisträgern, wie z. B. den
Berufsgruppen der Ärzte und Journalisten. Bei letzteren ist eine unterschiedliche Behandlung
nach Meinung des BStBK durchaus gerechtfertigt.
Der Gesetzgeber befindet sich bei der Beurteilung des Sachverhaltes auf dem Holzweg und
verkennt die Realität der Beratungspraxis der Steuerberater. Das Bundesverfassungsgericht
wiederum verkennt die fälschliche Behandlung des Themas und nimmt sich dessen nicht
näher an. Es hat die Gelegenheit einer notwendigen Korrektur des § 160a Abs. 1 StPO
verpasst und hält somit einen – aus Sicht der BStBK – verfassungswidrigen Zustand aufrecht.
Aus Sicht der BStBK ergeben sich die folgenden Kritikpunkte:
-
Erstens gebietet sich eine Gleichbehandlung von Rechtsanwälten und Steuerberatern, da
beide Berufsgruppen Organe der Rechtspflege bzw. Steuerrechtspflege sind. Organe der
Rechtspflege können ihren Aufgaben nur dann wirkungsvoll nachkommen, wenn für sie
ein einheitlicher Schutz vor verdeckten Ermittlungsmaßnahmen besteht. Der Schutz von
Berufsgeheimnisträgern dient gerade nicht der jeweiligen Berufsgruppe, sondern dem
Interesse der Mandanten, die dahinter stehen.
-
Zweitens entspricht die Differenzierung zwischen Rechtsanwälten und Steuerberatern
nicht der täglichen Praxis in den Kanzleien. Der normale Beratungsalltag zeigt, dass der
Übergang zu einem Strafverfahren in der steuerlichen Beratung fließend und bei der
Mandatsübernahme nicht voraussehbar ist. Das Bundesverfassungsgericht verkennt in
seiner Entscheidung, dass das steuerliche Beratungsverhältnis in diesen Fällen mit dem
Beratungsverhältnis der Rechtsanwälte identisch ist. Daher muss auch der Schutz vor
verdeckten Ermittlungsmaßnahmen der Gleiche wie bei Rechtsanwälten sein und darf
nicht mit zweierlei Maß gemessen werden. Gleiches muss gleich und Ungleiches ungleich
behandelt werden.
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Drittens zeigt die tägliche Praxis ebenfalls, dass Steuerberater und Rechtsanwälte im
Bereich der Strafverteidigung sehr oft eng zusammenarbeiten. Die Betreuung eines
Steuerstrafverfahrens erfolgt im überwiegenden Teil der Fälle gemeinschaftlich, sowohl
durch den zunächst tätigen Steuerberater als auch durch den später als Strafverteidiger
hinzutretenden Rechtsanwalt. Ein vorbehaltloser Austausch zwischen diesen beiden
muss, vor allem im Hinblick auf den Mandanten, möglich sein. Nach der geltenden
Rechtslage muss der Strafverteidiger allerdings befürchten, dass seine (Er-)Kenntnisse im
Falle einer Weitergabe an den Steuerberater für die staatlichen Ermittlungsbehörden
zugänglich werden könnten. Eine Zusammenarbeit, insbesondere im Interesse des
Mandanten, ist so nicht mehr möglich. Dabei soll gerade dieses Interesse vertreten und
geschützt werden.
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Viertens ist es darüber hinaus auch nahezu unmöglich, im Rahmen der Zusammenarbeit
zwischen den einzelnen Berufsträgern zu unterscheiden. Zumal oftmals auch Angehörige
beider Berufsgruppen in einer Sozietät oder Rechtsanwaltsgesellschaft zusammenarbeiten und somit Telefonanlagen und andere Kommunikationsmittel gemeinsam nutzen. Hier
dürfte schon aus faktischen Gründen keine Unterscheidung möglich sein.
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Fünftens müssten polizeiliche Ermittlungsmaßnahmen nach der geltenden Rechtslage
dementsprechend bei unterschiedlichen Stufen von Vertrauensverhältnissen danach differenziert werden, ob sich die Maßnahme gegen einen Steuerberater oder gegen einen
Rechtsanwalt richtet. Dies ist nahezu unmöglich. Die Abgrenzung wird gänzlich unmöglich, wenn es sich um Doppelbänder handelt, also Berufsangehörige mit der Doppelqualifikation Rechtsanwalt und Steuerberater. Das gleiche Problem stellt sich weiter auf der
Seite der Berufsträger. Auch hier weiß der betroffene Doppelbänder nicht, ob er in seiner
Eigenschaft als Rechtsanwalt oder als Steuerberater abgehört wird. Damit ist für ihn das
Maß seiner Betroffenheit nicht erkennbar. Folglich kann er sich auch vor der gegen ihn
eingeleiteten Maßnahme nicht dadurch schützen, dass er rechtzeitig entscheidet, in
welcher Eigenschaft – als Rechtsanwalt oder Steuerberater – er seine berufliche Tätigkeit
wahrnimmt.
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Allein diese wenigen Punkte zeigen schon, dass die gesetzliche Ungleichbehandlung von
Steuerberatern und Rechtsanwälten willkürlich und rechtswidrig ist. Der Gesetzgeber muss
sich der Beseitigung dieses Problems annehmen und für Abhilfe sorgen. Die BStBK fordert
weiterhin: Der absolute Schutz vor strafprozessualen Ermittlungsmaßnahmen ist unbedingt
auf Steuerberater auszuweiten.