Neues vom Douro

Transcrição

Neues vom Douro
Domaine de l’Horizon:
Neues Licht im Roussillon
Grosse Rotweine vom Ätna:
Feurige Eleganz
10
26. Januar N° 01/2009
08
Für alle, die mehr über Wein wissen wollen
St. Estèphe:
Raritäten 1900 – 1982
10
www.weinwisser.com
DRC 2005:
Irre im Geschmack,
irrational im Preis
Für die Verkostung winziger Mengen der
2005er Burgunder der Domaine de la RomanéeConti hat WeinWisser viel Geld bezahlt. Wir hätten über die gezeigten Qualitäten also auch nörgeln können. Doch wir sandten Patrick Bopp –
und der liess sich trotz geschärfter Sinne von
märchenhaften Weinen verführen.
pb. Die 2005er der Domaine Romanée-Conti haben zwei Gemeinsamkeiten. Sie sind langlebig – sehr langlebig sogar. Und
gross sind sie auch, um nicht zu sagen: überaus gross, ja grenzgenial. Weine also, die wir für unsere Enkel einkellern könnten. Dies ist – für die Enkel – die gute Nachricht. Die schlechte:
Sie werden kaum eine Flasche auf dem Markt finden. Dabei
war die Ernte mit 28 bis 30 Hektoliter pro Hektar für DRC-Verhältnisse noch relativ hoch. Und sollte Ihnen doch mal eine Flasche begegnen, wird das Treffen äusserst schmerzhaft sein,
denn die Preise der DRC bleiben weiter irrational. Man kann es
sich leisten. Der Montrachet ist nicht nur perfekt, sondern bewegt die Weinseele. Mag dem Echézeaux für den ganz grossen
Wurf vielleicht noch etwas die Konzentration und das Fleisch
fehlen, so trifft das für den Grands Echézeaux nicht zu. Erst
recht nicht für den Romanée-St.-Vivant – er scheint der beste zu
sein, der je produziert wurde. Und Richebourg? Punktet mit
seiner unerreicht noblen Eleganz. Der grandiose La Tâche ist
mit nichts zu vergleichen, ausser mit sich selbst; und der monumentale Romanée-Conti punktet maximal.
2005 Montrachet Grand Cru, Domaine de la RomanéeConti: Glasklares Hellgelb mit lindgrünen Reflexen. Herrlich
vielschichtiges, wuchtiges Bouquet mit Noten von Butterblumen, Limetten, frischem Pfirsich, Vanillestängel, Würznoten,
Rauch – das Ganze wird von einer phantastischen Mineralität
begleitet. Mundfüllende, ja massive Gaumenstruktur, konzentrierter, pfeffriger Stoff, endloses Extrakt, geröstete Mandeln, ein Hauch Marzipan, wiederum Vanille und Zitrusfrüchte, gigantische Länge. Ein Weintraum für die
Ewigkeit!
(Produktion:
3 415 Flaschen)
20/20 2020 – 2050
2005
Echézeaux
Grand Cru, Domaine de
la Romanée-Conti: Mitt-
leres Rubinpurpur. Attraktive Nase, rot- und
blaubeerig, reife Himbeeren, Cassis, Kirschen,
Weihnachtsgebäck, Spuren von Lakritze, aber
Tut und bringt nur Gutes: Sandra Tavares da Silva von Wine & Soul und Quinta D. Maria
Neues vom Douro
WeinWisser hat die fabelhaften Douro-Boys getroffen und deren neue Rotweine (2005er und 2006er)
verkostet. Das allein war
schon gut – aber nicht genug. Denn am meisten gesprochen wird momentan
von der hohen Kunst der
jungen Önologen-Garde:
Sandra Tavares da Silva
und Jorge Serôdio Borges,
deren roter «Pintas»
ebenso Kultstatus geniesst wie Jorge Moreiras
völlig anders gearteter
«Poeira».
bl/sr. Wir haben die Weine der
Shooting-Stars miteinander verglichen und Stilstudien betrieben.
Fazit aller Proben: In jedem Weinkeller sollte Platz für zumindest
ein Douro-Regal sein!
Quinta do Vallado
findet. Guilherme Álvares Ribeiro
mit Sohn João und Neffe Francisco
Ferreira bilden die jüngste, 6. und
7. Familiengeneration. Seit Ende
der 1990er Jahre befindet sich Vallado auf der Überholspur: bis auf
17 Hektar mit sehr alten Anlagen
wurden 50 Hektar Rebflächen bis
2002 komplett neu strukturiert.
Der 11-jährige Keller ist noch immer state of the art, das 2004 fertig
gestellte Country Hotel eine erstklassige Gelegenheit, mal so richtig hinabzutauchen in die Welt
der tiefen schwarzen Rotweine der
Ferreiras. Önologe ist übrigens
Francisco Olazabal von der Quinta
do Vale Meão.
2006 Quinta do Vallado Douro
DOC, Quinta do Vallado: Intensi-
ves Purpur-Violett. Pflaumige
Fruchtaromen in der jugendlichen Nase, auch Heidelbeeren
und Baumnuss. Samtiger Gaumen
mit weichen Tanninen, cremige
Mitte, Heidelbeerjoghurt und Kirschenpüree, dezente Ruchbrotaromen im zartpelzigen Finale.
16/20 trinken – 2012
Modernes, am Corgo-Fluss gelegenes Weingut, das sich seit 1818
im Besitz der Familie Ferreira be-
2006 Touriga Nacional Douro
DOC, Quinta do Vallado: Dichtes
Purpur-Granat. Kaffee und Kir-
WEINWISSER
DRC 2005
DOURO
auch florale Düfte. Im Gaumen noch von der Pièce geprägt,
erstaunlich feine Tannine, präsente Säure, für den ganz grossen Echézeaux fehlt momentan das Fleisch am Knochen,
dennoch hat er ein nicht zu unterschätzendes Reifepotenzial und eine gute Länge. (16 313 Flaschen) 18/20 2015 – 2030
schenlikör in der offenen Nase,
unterlegt mit Weinbeeren und feinem Lakritz. Druckvoller Auftakt,
cremiger Fluss und viel Schmelz, in
der Mitte eleganter werdend, wieder intensive Kirschen- und Beerenfrucht, trotz der Wärme immer
frisch wirkend, runde Tannine und
gute Balance bis ins lang anhaltende Finale.
17/20 trinken – 2015
2005 Grands Echézeaux Grand Cru, Domaine de la Romanée-Conti: Hochdichtes Granatrot, fein aufhellender
Rand. Gegenüber dem Echézeaux recht diskrete Nase, Nelkenpulver, Rumpunsch, pflanzliche Noten, Toastbrot, darüber ein Hauch frischer Blumen. Der Gaumen strotzt vor Muskelkraft und saftigem Tannin und klagt so kraftvoll wie
nachdrücklich ein Kellerverliess ein. Dürfte sich mit zunehmender Flaschenreife locker auf 19 Punkte hinbewegen.
(11 809 Flaschen)
18+/20 2020 – 2040
2005 Romanée-St.-Vivant Grand Cru, Domaine de la
Romanée-Conti: Dichtes Granatrot, violett aufhellend. Ein
Ausbund dunkler Beeren, Sauerkirschen und Cassis verschmelzen mit Spekulatiusgebäck und Lebkuchen – einfach
herrlich. Der Gaumen mit Rauch- und Tabaknoten strotzt
vor Kraft und Muskeln und zeigt ein riesiges Potenzial an,
grossartige Länge. Spielt in der höchsten RSV-Liga ganz vorne mit. (17 392 Flaschen)
19/20 2020 – 2045
2006 Douro DOC Reserva,
Quinta do Vallado: Baumnuss und
gebrannte Mandeln in der noch
verschlossenen Nase, rote, an
Preiselbeeren und Himbeeren erinnernde Frucht. Stoffiger Gaumen mit zartpelzigen Tanninen,
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N° 01/2009
Niepoort Vinhos
Über Dirk van der Niepoort
muss man nicht mehr viel sagen,
ausser dass seine neue Kellerei seit
dem Jahr 2007 fertig gestellt ist.
Sie fügt sich trotz ihrer gewaltigen
Grösse nahtlos ins Landschaftsbild. Das flache, nach aussen formal strenge und puristische, nach
innen funktionale braune Steingebäude des österreichischen Architekten Andreas Burghardt wirkt
selbst wie eine lang gezogene
Schieferterrasse. Nur wachsen
hier die Weine nicht aussen, sondern innen, wo es kühl und kahl
ginn floral und dunkelbeerig, dann immer würziger werdend, viel Anis, orientalischer Bazar, immer wieder abwechselnd mit Kirschen und Brombeeeren. Die Gaumenstruktur
ist der Inbegriff von Eleganz, die nur noch vom RomanéeConti übertroffen wird; süsse Tannine, reife Säure, mundfüllendes Extrakt, fein, aber extrem lang nachklingend. Ein
bewegender Richebourg! (13 882 Flaschen) 19/20 2025 – 2045
2005 La Tâche Grand Cru, Domaine de la RomanéeConti: La Tâche kann man nur mit La Tâche vergleichen, ein
Wein in seiner eigenen Kategorie. Dieser Wein hat einfach alles im Überfluss. Er ist satt in der Farbe bis zum äussersten
Rand. Das Bouquet scheint noch von Edelhölzern geprägt,
dann plötzlich ist es ein Ausbund von schwarzen Kirschen, Damaszenerpflaumen, Cassis und Lakritze, immer neue Düfte
steigen empor, Gewürznoten und Butterblumen. Spektakulärer Gaumenfluss, der letzte Winkel des Gaumens wird mit Geschmacksnuancen überschwemmt, die Tannine zeigen Muskeln und Fett, perfekt eingebundene Säure, minutenlanger
Nachhall. Damit ist der 05er dem legendären 99er dicht auf
den Fersen und wird zweifellos in 20 Jahren die 20 PunkteSchwelle überschreiten. (21 906 Flaschen) 19+/20 2025 – 2050
2005 Romanée-Conti Grand Cru, Domaine de la Romanée-Conti: Wie meistens in der Jugend auch jetzt nobel zu-
rückhaltend, ja fast reserviert beginnend, bei näherem Betrachten aber extrem vielschichtig und konzentriert, Noten
von Veilchen, Rauch, Wild, Weihnachtsgewürzen – strahlt perfekte Reinheit aus. Im Gaumen passt einfach alles zusammen,
die mächtigen Tannine fühlen sich federleicht an, die perfekt
ausgereifte Säure unterstützt die endlosen Geschmacksnuancen, still und leise minutenlang nachklingend. Ein Monument
20/20 2025 – 2055
der perfekten Eleganz! (5 489 Flaschen)
Foto: Rita Burmester
2005 Richebourg Grand Cru, Domaine de la RomanéeConti: Hochdichtes Purpur-Granat. Nobles Bouquet, zu Be-
Kühle Eleganz in der Architektur wie im Wein: Niepoort Vinhos
etwas kalt wirkend, mehr blaue
Frucht und mineralische Noten,
Wacholder und Holunder, jugendliches Finale. Gute Basis, aber
braucht noch etwas Zeit zum Harmonisieren. 17+/20 trinken – 2016
2005 Adelaide Douro DOC,
Quinta do Vallado: Premieren-
jahrgang zu Ehren der berühmten
Vorfahrin Dona Antónia Adelaide
Ferreira. Sattes Purpur mit rubinroten Reflexen. Korinthige Nase
mit feiner Amaronesüsse, Amarenakirschen und Bündner Nusstorte, dezente Marroninoten dahinter. Fülliger Gaumenfluss mit
grossartigem Fruchtdruck, likörartige Mitte, süsses Extrakt mit
viel Wärme, stoffige, gut eingebundene Tannine, Brombeergelee
und Kirschenkompott bis ins komplexe Finale, viel versprechendes
18/20 trinken – 2018
Potenzial.
ist – sogar Pinot Noir und eine Art
Moselriesling von den Schieferterrassen des Douro-Tals! Überhaupt
hat Niepoort niemals zuvor eine
stärkere Serie auf den Tisch gestellt. Weltklasse sind die Redoma
Reserva, Charme und Batuta und –
aus der Projetos-Werkstatt – der
Robustus: ein eleganter, tanninfreudiger Douro-Rotwein mit rosiniger Frucht, der nach Art traditioneller, über mehrere Jahre im
Fass gereifter Barolos erzeugt worden ist.
2007 «Tiara» Douro DOC
Branco, Niepoort: Helles Stroh-
gelb mit grünlichem Reflex. Brillantes und von kaltem Rauch und
feinen Gewürzen unterlegtes Bouquet, das in seiner reifen Apfelund Zitrusfrucht in Verbindung
mit der pikanten Schieferwürze
an einen Riesling von der Mosel er-
Wir stehen Ihnen für Beratungen und Schätzungen zur Verfügung und
nehmen Einlieferungen jederzeit gerne entgegen.
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WEINWISSER
N° 01/2009
DOURO
Lucien Le Moine:
Rare Burgunder aus
allerbesten Lagen
Keine Sorge, liebe Leser: Die Namen der beiden Weinmacher – Mounir Saouma und Rotem
Brakir – sind das geringste Problem. Ein viel
grösseres ist es, an einen der 50 Weine dieser Négociants zu kommen, denn mehr als
100 Barriques füllen sie nicht, mehr als 36
Flaschen erhält kein Weinhändler dieser
Welt. Jammerschade, denn was die beiden
Winzer und Weinmacher auf die Flasche ziehen, stammt aus den besten Lagen der Côte
d’Or und schmeckt höchst eindrucksvoll.
Über das ungewöhnliche Négociant-Projekt
von Lucien Le Moine in Beaune berichtet Stephan Reinhardt.
Die Côte d’Or im Burgund ist bekanntlich ein Mosaik von
unterschiedlichen Grands und Premiers Crus sowie VillagesLagen. Das alleine ist ja schon kompliziert. Nicht einfacher
wird es, wenn man bedenkt, dass die ewige Terroir-Debatte
dadurch erschwert wird, dass auf engstem Raum zahlreiche
Winzer ihre jeweils eigenen Interpretationen von Terroir erzeugen. Zumindest in dieser Hinsicht kann uns das Paar Saouma/Brakir helfen: Es bereitet jeden seiner rund 50 Weine
nach den gleichen Prinzipien, um nicht das Winemaking,
sondern das Burgunder-Terroir zu entdecken, zu erforschen
und «zu den Menschen zu bringen», wie Saouma sagt. Seit
1999 kauft er bekannten und in seinem Sinne arbeitenden
Winzern eine kleine Partie des gepressten, aber noch nicht
vergorenen Mosts von physiologisch reifen und säurestabilen Trauben aus allerbesten Lagen ab, um sie selbst nach eigenen Vorstellungen zu vinifizieren. Dabei orientieren sich
die beiden an traditionellen Methoden: schonende Pressung, Vergärung zum Teil auf den Rappen, kühle Temperaturen («Vor 80 Jahren wurde im kühlen Oktober gelesen, heute bereits im warmen August»), Lagerung ohne Umzug
auf der Feinhefe samt regelmässiger Battonage in eigens hergestellten, geschmacksneutralen Barriques für 18 bis 20 Monate, wenig Schwefel, Flaschenfüllung ohne vorhergehende
Schönung und Filtration nach einem einzigen, pumpfreien
Umzug.
Im Kölner Vintage hat Mounir Saouma zusammen mit
seinem deutschen Importeur Gerhard Neumann zehn
höchst individuelle, aber auf gleiche Weise vinifizierte Weine vorgestellt. Alle Weine – kraftvoll und konzentriert, zugleich aber finessenreich und frisch – sollten vor Genuss
lang genug geöffnet oder, besser, dekantiert werden.
2006 Chassagne Montrachet 1er Cru «Grandes Ruchottes», Lucien Le Moine, Beaune: Brillantes, zart salzi-
ges Fruchtbouquet mit dezenten Vanille- und Honignuancen. Am Gaumen sehr klar, ausgewogen und elegant, leicht
salzig und süss, im Nachklang toastig und zart nussig.
17/20 trinken – 2015
2006 Chassagne Montrachet 1er Cru «Caillerets»,
Lucien Le Moine, Beaune: Sehr klar, mineralisch-rauchige
akzentuierte Frucht, tief, kühl, mineralisch, steinig, rauchig. Fülliger Gaumen, fast fett, recht cremig, komplexe Textur, intensive Frucht, sehr lang, gute Struktur, saftig, schö18/20 2009 – 2018
ner Nerv.
innert. Sehr eleganter und schlanker Gaumenauftakt mit präziser
und klarer heller Frucht, feinrassigem Säurespiel und anhaltender
Schiefermineralik. Feingliederiger
Bau, herrliche Finesse und Eleganz, geradezu leichtfüssig, aber
nachhaltig und extrem animierend. Ein furios kühler Wein aus
dem hitzigen Douro-Tal!
17/20 trinken – 2015
2007 «Redoma» Douro DOC
Branco, Niepoort: Helles Grün-
gelb. Kühles, feinwürzig unterlegtes Bouquet von reifen weissen (Apfel, Birne) und gelben (Melone,
Kaki) Früchten, bestechend klar
und präzise. Am Gaumen saftig
und aromatisch, mit exotischen
Fruchtnuancen, höchst präziser
Fruchtartikulation und pikantrassiger Säure, recht körperreich
und nachhaltig mineralisch.
17/20 trinken – 2012
2007 «Redoma» Douro DOC
Branco Reserva, Niepoort: Vor-
nehmes, sehr präzises und komplexes Bouquet von reifer, fast tropischer Frucht, Hefe und würzigkühlem, salzigem Mineral. Körperreich und bestechend klar und
rein am Gaumen, elegant und
nachhaltig salzig, leicht zitrusfruchtig im Abgang, vitale, in das
Extrakt integrierte Säure, gute,
ausgewogene Struktur, lang anhaltend. Ein kühler, burgundischer
Spitzenweisswein vom Douro,
dem man noch zwei Jahre Zeit ge19/20 2010 – 2015
ben sollte.
2007 «Redoma» Douro DOC
Rosé, Niepoort: Kräftiges Lachs-
rosa. Weinig-würziges Bouquet
mit kandierten Kirschen. Am Gaumen vollmundig, saftig, generös
und trocken, Fruchtnoten von Kirschen und Apfelschalen, feine Säure im kräftigen Körper, ausgewogene, weinige Art – ein seriöser
Rosé ohne Bonbongeschmack, besonders gut zu Raclette passend.
16/20 trinken – 2010
2006 «Fabelhaft» Douro DOC
Tinto, Niepoort: Kirschrot mit
granatrotem Schimmer. Fruchtbetontes, einfaches Bouquet von Kirschen, Waldbeeren und erdig-würzigen, zart vanilligen Noten. Leichter, frischfruchtiger Gaumen mit
Charme, seidiger Textur, angenehm herbes Tannin – ein Durst15/20 trinken – 2010
löscher.
2006 «Vertente» Douro DOC
Tinto, Niepoort: Sattes Purpur.
Karamell und Mokka in der ersten
Nase, dahinter Cassis und Brom-
beeren, noch leicht reduktiv wirkend. Pelziger Auftakt mit pflaumiger Frucht, feinsandige Tannine und kräftiges Extrakt, mehr
Cassisfrucht und wieder Brombeeren, gegen Finale etwas eleganter
werdend.
16/20 trinken – 2014
2006 «Redoma» Douro DOC
Tinto, Niepoort: Undurchlässiges
Purpur. Maulbeeren und konzentrierte Weinbeeren in der tiefgründigen, komplexen Nase, auch
schwarze Kirschen und Blaubeeren. Kompakter Gaumenfluss mit
stoffigen Tanninen und viel Mineralik, gute Reserven in der Mitte,
Cassis und Korinthen, gegen das
Finale etwas pelzig werdend. Wird
noch zulegen.
17/20 2010 – 2016
2004 Pinot Noir Vinho Regional Duriense Tinto (PROJECTOS), Niepoort: Sélection Massale
von Burgunderreben, 1999 angepflanzt in einer Dichte von 12 000
Stock pro Hektar. Granatrot mit
aufhellendem Rand. Süsses, an reife Kirschen und rote Beeren erinnerndes Bouquet mit feiner kühler Würze, sehr präzise und filigran. Seidig-füllige Textur mit süssem Fruchtkern und pikanter Frische, entwickelt Kraft, Feuer und
Länge, gute Konzentration, bleibt
detailliert und finessenreich,
transparent und trocken, festes,
feines Tannin, im Nachklang rotes
Cassis. Erstaunlich feiner und
kühler Pinot aus dem glühenden
Douro-Tal. Unbedingt einige Stunden vor Genuss karaffieren.
18/20 2010 – 2018
2006 «Charme» Douro DOC
Tinto, Niepoort: Aufhellendes
Granat-Rubin. Pinot-artige Nase
mit viel roter Frucht und feiner
Zimtnote, auch Himbeeren und
Grenadine. Filigraner Gaumen
mit eleganter Textur und feiner
Säure, gute Balance auch in der
Mitte, vielschichtige Waldbeernoten und ansprechende Lebkuchenwürze, sanft und dennoch unglaublich lang anhaltendes Finale.
19/20 trinken – 2015
2005 «Batuta» Douro DOC,
Niepoort: Mittleres bis dunkles
Purpurgranat. Vornehmes, fein
verwobenes,
fruchtig-würziges
Bouquet mit Noten von reifen Kirschen, frischen Brom- und Himbeeren, zartes Cassis, etwas Trockenbeeren, Salzlakritz, Szechuanpfeffer, Wacholder, Röstkastanien, Nougat, weisse Krokantschokolade, getoastetes Holz – typisch
Douro, aber untypisch fein. Seidig-
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WEINWISSER
LE MOINE
DOURO
2006 Meursault 1er Cru «Perrières», Lucien Le Moine, Beaune: Tiefes, subtiles Bouquet, sehr klar und minera-
elegante, finessenreich balancierte Textur, feine Fruchtkonzentration, sehr feines Tannin, feinmineralischer Schiefernerv, im Finish
erst den stoffigen Körper offenbarend, zudem eine Spur zu stark
vom Holz geprägt. Noch zwei Jahre
warten, dann über Jahre geniessen.
18+/20 2010 – 2017
lisch-komplex, ja «steinig», zarte Honignoten. Im Mund saftig und körperreich bis wuchtig, extraktsüss und recht fett,
dennoch klar und im gewaltigen Nachklang enorm salzig.
Ein grosser Meursault zum Essen.
18/20 2010 – 2018
2006 Nuits Saint Georges «Vaucrains», Lucien Le
Moine, Beaune: Mittleres Rubin. Feine Fruchtaromen von
reifen Kirschen und frischen Brombeeren, dazu eine Nuance Rosmarin, etwas Zitronenmelisse und weitere kräuterwürzige Noten. Körperreicher und sehr kräftiger Wein
mit saftig-seidiger Gaumenfülle, fleischiger Frucht, feinen
Gewürznoten und gebührend straffem Tannin, dadurch
kompakt und im Abgang gut zusammenziehend, langes
Finish.
17/20 2010 – 2018
2006 Gevrey Chambertin «Les Cazetiers», Lucien Le
Moine, Beaune: Klares, gleichmässiges Granat. Toller reifer,
fleischig-süsser, sehr feiner Pinot-Duft, frische rote (Wald-)
Beeren mit floralen Nuancen. Am Gaumen kühl und elegant, saftig, mit nerviger Säure und feiner Würze, im Untergrund mit deutlicher Kalkmineralität, kompakte, dabei finessenreiche Struktur, Walderdbeeren, im langen Finish
Schokolade- und Toastnoten.
17/20 2010 – 2020
2006 Chambolle Musigny 1er Cru «Les Charmes»,
Lucien Le Moine, Beaune: Recht tiefes Kirschrot. Im fruch-
tig betonten Bouquet opulent und dicht, mit Noten von süssen Kirschen und Nougat. Generös fülliger Gaumen mit saftig-fleischiger Frucht, recht süss und weich, dann aber kompakt und nervig mineralisch, sehr langes Finale, verschwenderischer Körper, benötigt Zeit.
17/20 2010 – 2020
2006 Chambolle Musigny 1er Cru «Hauts Doix», Lucien Le Moine, Beaune: Mittleres Granat. Feines, transpa-
rentes Fruchtbouquet, rote Beeren, asiatische Gewürznoten,
auch Koriander, zart Tabak und Leder, Gewürzgurken. Am
Gaumen seidig, elegant und dicht, mit fester, kompakt-nerviger Kalkmineralität und frischer Frucht, wirkt noch verschlossen und streng, aber sehr seriös, sehr langes Finish,
17+/20 2010 – 2020
grosser Wein.
2006 Clos Saint Denis Grand Cru, Lucien Le Moine,
Beaune: Helles Granat. Feinduftiges, klares Bouquet, einge-
legte Erdbeeren, gekochte Pilze. Am Gaumen körperreich
und stolz, mit fleischiger, an Kirschkonfitüre erinnernder
Frucht, dabei aber enorm finessenreich, seidig und elegant,
entwickelt über dem spannungsreichen kalkmineralischen
Untergrund sehr feine und frische Fruchtaromen und zeigt
18+/20 2010 – 2022
im langen Finale eine feine Süsse.
2004 «Robustus» Douro DOC
Tinto, Niepoort: Mittleres Rubin-
rot. Sehr klares, feines und harmonisches Bouquet von reifen Kirschen, eingelegten Pflaumen, Rosinen und Datteln, dazu etwas Kakao, Vollmilchschokolade und delikate Gewürznoten, insgesamt bestechend reintönig und präzise gezeichnet. Sehr eleganter Gaumenauftakt mit kühler, seidiger und
ausgewogener Textur, edle Fruchtintensität, feinste Säure und feinkörnige Tanninstruktur, kräftiger,
nobel
balancierter
Körper.
Schliesst mit delikater Süsse und
nobler Adstringenz, sehr langer
Nachhall. Grosser Wein.
19/20 trinken – 2018
Quinta do Crasto
2007 Douro DOC, Quinta do
Crasto: Tintiges Purpur-Violett.
Brombeeren und Cassis in der jugendlichen Nase, Nadelbaum und
Tabak dahinter. Zartpelzige Textur
im kräftigen Gaumen, noch leichte Kohlensäure in der Mitte, Heidelbeeren und grüner Pfeffer,
noch Reife verlangend.
N° 01/2009
Quinta Vale D. Maria (Familie
Van Zeller)
2006 Douro DOC, Quinta Vale
D. Maria: Konzentrierte Farbe mit
violettem Schimmer. Blaue Pflaumen und Heidelbeeren in der jugendlichen Nase, mineralische Nelkenwürze dahinter. Samtig-stoffiger Auftakt, noch pelzige Tannine,
jedoch gut eingebunden in fülligem Extrakt, Waldbeeren und
Schwarzbrot, feine Nelkenwürze
im Finale.
16/20 trinken – 2014
2006 CV-Curriculum Vitae
Douro DOC Tinto, Quinta Vale D.
Maria: Intensives Purpur-Rubin.
Dörrfrüchte und Kastanien in der
nussigen Nase, auch Weinbeeren
und Torf, an Ripasso erinnernd.
Überraschend stoffiger Gaumen
mit kräftigen Tanninen und typischer Douro-Mineralik, komplexe
Mitte, schwarzer Holunder und
Weinbeeren, druckvoll bis ins weinige Finale. Kann noch zulegen.
18/20 trinken – 2015
2006 Van Zellers Douro DOC
Tinto. Leuchtendes Granat-Rubin.
Kirschen und dunkle Himbeeren
in der offenen Nase, auch Brombeeren und dezente Veilchennote.
Saftiger Gaumen mit wiederum
viel Primärfrucht, gute Balance
auch in der Mitte, runde Tannine
und zarter Schmelz bis ins beerige
Finale. Ein Schmeichler mit Tief17/20 trinken – 2014
gang.
Quinta do Vale Meão
14/20 trinken 2009 – 2013
2006 Douro DOC Reserva,
Quinta do Crasto: Dichtes Purpur-
2006 «Meandro» Douro DOC,
Quinta do Vale Meão. Sattes Pur-
fe Frucht, fleischig, später Lakritz, Salmiak. Am Gaumen
kompakt, sehr dicht, komplex, frische rote Beerenfrüchte,
noch verschlossen, körperreich, zieht gut zusammen, saftige Frucht, gute bis hohe Reife. Straffes, am Gaumen haften18+/20 2010 – 2020
des Tannin.
Granat. Viel neues Holz in der zimtigen Nase, auch Mokka und Lebkuchen, reife Kirschen und Dörrzwetschgen dahinter. Stoffiger
Gaumen mit noch sperrigen Tanninen und fleischigem Extrakt,
viel schwarze Frucht, Kaffee und
Baumnuss, zunehmender Schmelz
und gute Reserven zeigend, brombeeriges Finale. 17/20 2010 – 2015
2006 Clos Vougeot Grand Cru, Lucien Le Moine, Beaune: Mittleres Granat-Rubin. Komplexes, würziges Bou-
2006 Touriga Nacional Douro
DOC, Quinta do Crasto: Undurch-
quet, fein gemahlener grauschwarzer Pfeffer, Blaukraut,
Lorbeer, stoffig. Körperreich, saftig, sehr lang, mineralisch,
sehr komplex, grosser Wein, straffes Tannin, spürbar am
Gaumen bleibend, muskulös, nicht dekantieren, sondern
18+/20 2010 – 2020
warten.
lässiges Purpur mit schwarzen Reflexen. Haselnussgebäck und Zimtstangen in der offenen Nase, süsse
Korinthen und Kirschenlikör. Saftiger Gaumenfluss mit portweinartiger Extraktsüsse und reifen
Tanninen, verblüffend elegante
Mitte, reife Kirschen und wieder
dezente Zimtwürze, zunehmende
Edelholznoten, druckvoll bis am
18/20 trinken – 2016
Schluss.
pur mit violetten Reflexen. Intensives Fruchtbouquet mit viel Rosen, Veilchen und Holunder, dezentes Zimttoast dahinter. Druckvolle Extraktsüsse und grossartiger Schmelz im weinigen Gaumen, saftiger Fluss und gut eingebundene Tannine, perfekte Balance zwischen Touriga Nacional, Tinta Roriz, Touriga Franca und Co.,
komplex und füllig bis ins fruchtbetonte Finale. Der beste Meandro
der letzten Jahre.
2006 Clos de la Roche Grand Cru, Lucien Le Moine,
Beaune: Sattes Granat. Dichtes, würziges Bouquet, tiefe, rei-
N I C H T V E R PA S S E N !
Top-Weine aus Südafrika und dem Priorato:
Im nächsten WW vom 23. Februar 2009
17+/20 trinken – 2016
2005 «Meandro» Douro DOC,
Quinta do Vale Meão: Dichtes Pur-
pur-Rubin. Pflaumige Nase mit
mineralischer Olivennote, auch
Brombeeren, Cassis und Baumnuss. Stoffiger Gaumen mit zartpelzigen Tanninen und fleischigem Extrakt, wieder viel blaue
Frucht und typische Douro-Mine-
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WEINWISSER
N° 01/2009
DOURO
ralik, Wacholder und Nelken, gegen das Finale auch schwarze
Schokolade und Ruchbrot. Kann
problemlos mit den besten Weinen aus Portugal mithalten.
17/20 trinken – 2015
2005 Quinta do Vale Meão
Douro DOC: Undurchlässiges Pur-
CLAUS RIEDELS LEGENDÄRES
DESIGN VON 1958
pur mit schwarzen Reflexen. Komplexes Nasenbild mit viel Brombeeren und konzentrierten Pflaumen, auch süsser Tabak und Nussschokolade zeigend, feine Trüffelnote dahinter. Fülliger Auftakt mit
kompakten Tanninen und likörartigem Extrakt, Amarenakirschen
und schwarzer Holunder, noble
Zimtnote und Korinthenschokolade, enorme Reserven versprechend, im Finale auch Veilchen
und zarte Edelholznoten, beeindruckende Länge. Eine Meister-Cuvée mit viel Touriga Nacional, gewisse Parallelen zu einigen der
besten Syrah von der Côte Rotie
zeigend.
18+/20 2010 – 2020
Bezugsquellen:
www.hola-iberica.de
www.gute-weine.de
www.vino-grande.de
www.riegger.ch
www.rutishauser.com
www.gomes-weine.ch
www.moevenpick.com
Pintas & Poeira: Feuer und Eis
Die Weine zweier junger
portugiesischer Önologen
im Stil-Vergleich: Jorge
Serôdio Borges («Pintas»)
und Jorge Moreira («Poeira»)
SOMMELIERS
BURGUNDER
GRAND CRU
#4400/16
248 MM
1050 CCM
DECANTER MAGAZINE: „Das hochwertigste
Burgunder Glas aller Zeiten, geeignet für junge
und reife Burgunder.“
THE WINE ADVOCATE, ROBERT PARKER JR.:
„Die feinsten Gläser für technische sowie hedonistische
Zwecke werden von Riedel gefertigt. Die Wirkung dieser
Gläser auf den Wein ist groß. Ich kann nicht oft genug
betonen, welchen Unterschied sie machen.”
TIME MAGAZINE: „Der Name der Familie Riedel
wurde noch nie auf ein Weinetikett gedruckt. Aber in den
letzten 50 Jahren war es keiner Dynastie von Winzern,
möglich den Gaumen der Weinliebhaber mehr zu
erfreuen, als diesem österreichischen Glasmacher.“
WWW.RIEDEL.COM
sr. Der eine, Jorge Borges, wurde
als Kellermeister bei Dirk van der
Niepoort bekannt (die beiden mussten sich aufgrund unterschiedlicher ästhetischer Auffassungen
vor einigen Jahren trennen), erlangte dann aber mit seinem
reichhaltigen «Pintas», den er zusammen mit seiner Frau, der Önologin Sandra Tavares da Silva (u.a.
Quinta Dona Maria) unter dem Namen Wine & Soul erzeugt, eine
weit
über
das
Douro-Tal
hinausreichende Bedeutung. Der
New-Wave-Wein zählt längst zu
den am eifrigsten gesuchten Rotweinen vom Douro. Auch für die
Quinta do Passadouro und neuerdings die Quinta de Maritávora erzeugt Borges von sehr alten, im traditionellen Mischsatz stehenden
Reben ungemein reife, dichte und
körperreiche Rotweine von üppiger Eleganz und intensiver Fruchtsüsse.
Den anderen Önologen, Jorge
Moreira, haben wir vor Jahren
ebenfalls beim Netzwerker Niepoort kennen gelernt. Damals hatte er gerade den Keller der Quinta
de la Rosa in Pinhão übernommen, verfolgte zugleich aber auch
sein eigenes neues Projekt: «Poeira», zu deutsch: Staub. Staubig feine Tannine sind ein Markenzeichen Moreiras, dessen kühle, frische, puristisch-elegante Rotweine
das ästhetische Gegenmodell zu
denen von Jorge Borges bilden.
«Ich möchte echte portugiesische
Tischweine erzeugen, Weine, die
zum Essen passen, keine süssen
Konzentrate, die sich nicht leicht
trinken lassen», sagt Moreira. «Farbe, Konzentration und Alkohol
sind am Douro kein Problem. Die
Herausforderung besteht vielmehr darin, die Frische zu bewahren.» Das Wichtigste sei es daher,
für jede Parzelle den richtigen
Lesezeitpunkt abzupassen. Wie
das Traubengut danach behandelt
und zu Wein verarbeitet wird, sei
zweitrangig. Zudem: «Jede Lese, ja
jede Traubensorte ist individuell
zu betrachten und entsprechend
weiterzuverarbeiten. Darin besteht ja der Reiz des Douro: Dass es
hier so eine gigantische Vielfalt
von Rebsorten, Terroirs und Weincharakteren gibt, die es zu erhalten und zu etwas Neuem zu kombinieren gilt.» Moreiras bester
Wein, der in Nordlagen gewachsene «Poeira», ist kein mit Kraft und
Fruchtschmelz auftrumpfender
Charmeur wie der «Pintas», sondern präzise und pur in der
Frucht, frisch, fest und voller mineralischer Spannung am Gaumen – ein echter Claret. WeinWisser hat beide Winzer besucht
und die aktuellen Jahrgänge gekostet.
Jorge Moreira
2007 «Pó de Poeira» Douro
DOC Branco, Moreira, Provesende, Portugal: Sehr klares und fri-
sches, geschliffenes Fruchtbouquet, weisse und gelbe Früchte,
zarte Selleriewürze. Eleganter, pu-
5
WEINWISSER
N° 01/2009
DOURO
Burgunder der
Jahrgänge 1900–1988
Man kann nicht immer nur alten Bordeaux trinken. Also alte Burgunder – volles Risiko! Ein
Fall für WeinWisser René Gabriel.
Der Fanclub von alten Burgundern ist wesentlich kleiner als
die «Vereinigung der reifen Bordeauxtrinker». Das mag daran liegen, dass die Verfügbarkeit von weissen und roten Weinen der Côte d’Or wesentlich geringer ist als jene der
Bordelaiser Kreszenzen. Nicht zuletzt ist das Risiko, von einem gereiften Burgunder enttäuscht zu werden, mindestens
doppelt so gross wie bei jungen Burgundern. Doch wie sagte
es einst der Saarwinzer Egon Müller III so treffend? «Einen
guten Bordeaux ziehe ich jederzeit einem guten Burgunder
vor. Allerdings ziehe ich jederzeit einen sehr guten Burgunder einem sehr guten Bordeaux vor.»
Ohne Bordeaux, aber mit reifen Burgunderfreunden und
reichlich gereiften Burgundern hat sich René Gabriel im Dezember im Restaurant Braui in Hochdorf (Schweiz) getroffen
und dabei folgende Kostnotizen aufgenommen.
ristisch-mineralischer Gaumen,
mittel- bis leichtgewichtiger Körper, feine Fruchtaromen, angenehme Säure, pikanter Nachklang mit
Zitrusfruchtnoten. Ein feiner, bestechend reiner und puristisch-salziger Weisswein zum Fisch am
Mittag.
17/20 trinken – 2010
2006 «Pó de Poeira» Douro
DOC Tinto, Moreira, Provesende,
Portugal: Purpur-Rubin. Feines
kühles Fruchtbouquet mit etwas
weissem Obst (Sternfrucht), Efeu,
Preisel- und dunklen Waldbeeren.
Seidiger, frischer Gaumen mit gutem Säurenerv und anhaltender
Beerenfrucht, purer, geradliniger
an frische Austern erinnernd und
prächtig zu diesen passend. Sehr
eleganter und feiner Gaumen mit
klarer Frucht und durchgängiger,
leicht salziger Mineralität, wiederum Zitrusfruchtnoten mit pikanter Säure, schön anhaltender feinsaftiger Extrakt mit zarten Toastund Karamellnoten, toll balanciert – ein animierender Klasseweisswein von den Schieferböden
16/20 trinken – 2011
des Douro.
2007 Quinta de la Rosa Douro
DOC Tinto, Quinta de la Rosa, Pinhão, Portugal: In französischen
Barriques ausgebaute Assemblage
aus Tinta Roriz, Touriga Nacional
1938 Meursault Hospices de Beaune Cuvée Loppin:
Mittleres Gelb mit dezent goldenem Schimmer. Buttriges
Bouquet, frische, getrocknete Aprikosenschalen, Karamell,
sehr angenehm ausladend. Schlanker, fein nerviger Gau16/20 vorbei
men, elegant und überraschend gut.
1942 Montrachet, Bouchot-Ludot: Noch erstaunlich
helles, intensiv leuchtendes Gelb. Schlankes, aber recht würziges Bouquet, darin Krachmandelnoten und Strohblumen.
Im Gaumen delikat und hochfein, noch mit schöner Süsse
im konzentrierten Extrakt, im Nachgeschmack etwas nasse
Wolle. Dennoch: Für einen mehr als 60-jährigen Weisswein
16/20 austrinken
unglaublich gut erhalten und frisch.
1988 Chevalier-Montrachet, Georges Deleger: Leuchtendes helles Gelb. Schönes Bouquet mit Feuersteinnote, immer noch Röstnoten, feiner Mineralik und reifen gelben
Früchten, an reifen Johannisberg erinnernd. Im Gaumen
komplex und noch immer kraftvoll, muskulös, lebendiger
Säurenerv. Klassischer und typischer Chevalier-Montrachet.
18/20 trinken
1900 Clos de Tart, Mommessin: Bräunliches, etwas trübes Rot. Leicht oxydatives Bouquet mit gewisser Todessüsse,
ausserdem Currynoten, Pulverkaffee, nasses Rosenholz, getrocknetes Pilzmehl. Im Gaumen mit pikanter, den schlanken Wein noch in Form erhaltender Säure, gute Länge, abso16/20 vorbei
lut noch trinkbar.
1923 Romanée Grand Vin, Lebrecht & Scheuer: Leuchtendes Granat-Rubin, wenig Reifetöne. Intensives, etwas zu
Kopf steigendes Bouquet, gekochte Erdbeeren und Dattelnoten, Rosenpfeffer. Im Gaumen elegant und fein gewoben, edles Fruchtsüsse-/Säurespiel, tolle Länge. Unglaublicher Wein!
Mit Blick nach Norden, wo es kühler ist: Jorge Moreira, Poeira und Quinta de la Rosa
und schnörkelloser Stoff ohne Süsse und Schulterpolster, gutes Tanningerüst, gute, leicht trocknende
Länge.
16+/20 trinken – 2013
2006 «Poeira» Douro DOC
Tinto, Moreira, Provesende,
Portugal: Dunkles Granat-Rubin.
Kühles, leicht rauchiges, tabakwürziges Bouquet mit efeugarnierten Schattenmorellen, Brombeeren und Lakritz, im Untergrund Schiefernoten. Am Gaumen
seidig-kühl, herb und noch abweisend, straffes, sehniges Tannin bei
guter Konzentration und kräftigem, jedoch nicht massivem Körper, mittlere Länge mit saftiger
Frucht und noch etwas sprödem
Tannin. Ein Essenswein.
18/20 trinken – 2016
1924 Gevrey-Chambertin, Domaine de Grésigny – Jules Regnier: Aufhellendes Rubin mit ziegelroten Reflexen.
2007 Quinta de la Rosa Douro
DOC Branco, Quinta de la Rosa,
Pinhão, Portugal: In vorbildlich
In der tiefgründig-würzigen Nase viel Kaffee, Malz und Dörrpflaumen. Im Gaumen fleischig, Guinnessmalznoten, Lakritze, dichtes, gebündeltes Finale mit Malsmey-Madeira18/20 trinken
touch.
1928 Pommard, Ernest Strübin: Mittleres, intaktes Granat. Warmes Bouquet, viel Dörrfrüchte, Feigentöne, Datteln,
Irish-Moos, kalter Schwarztee, Tabakwürze, bereits in der
Nase einen ganz grossen Burgunder anzeigend. Im Gaumen
ein Traum, weich und anmutig, toll gereift, zeigt ge-
eingesetzten französischen Barriques gereifter Blend aus 60% Viosinho sowie einem Mix diverser
Sorten wie Rabigato, Gouveio und
Côdega do Larinho. Super klares
und feines, zart kräuterwürziges
Bouquet nach Limetten und Nektarinen, dazu ein Touch gelber
Beeren sowie Sauvignonaromen,
18/20 trinken
und Touriga Franca. Mittleres Granatrubin. Sehr direktes und frisches, jugendlich fruchtiges Bouquet mit feiner Würze, Kirschen,
dunkle Waldbeeren, weisser Pfeffer, frische Blattkräuter (Koriander,
Kerbel). Lebendig frischer und nerviger Gaumen, mittlerer, fast
leichtfüssig anmutender Körper,
würziger Typ, wirkt natürlich und
spannungsreich, animiert und
lässt die Schieferplatten vibrieren
und das Tannin stehen. Kein grosser, aber ein sensationeller Douro17/20 trinken – 2012
Wein!
Jorge Borges
2005 «Maritávora» Douro
DOC Tinto, Quinta de Maritávora,
Freixo de Espada-à-Cinta, Portugal: Für 12 Monate in französi-
schen Barriques ausgebaute Assemblage aus Tinta Roriz, Touriga
Franca und Touriga Nacional. Sehr
klares dunkles Purpur-Rubin. Süsses, schokoladiges Bouquet von
dunklen Früchten mit feinherben
Gewürz- und Räuchernoten. Voller,
fleischiger Gaumen mit schöner
Säurestruktur und durchgängig lebendigem Schiefernerv, kräftiger
6
WEINWISSER
A LT E B U R G U N D E R
DOURO
schmackliche Parallelen zu einem ganz grossen ChevalBlanc, unendlich lang.
19/20 trinken
1937 Pommard Epenots, Camille Giroud: Leuchtendes
Granat-Rubin, noch unheimlich jung aussehend. Helle
Rauchnoten, frisch gekochte Zwetschgen, dominikanischer
Tabak, ein Hauch Minze. Im Gaumen frisch, Beeren- und Hagebuttennoten, tolle Länge.
18/20 austrinken
1944 Beaune Vignes Franches, Louis Latour: Aufhellendes Ziegelrot. Zeigt im nussigen Bouquet eine feine Süsse mit
kaltem Tee, Pflaumentöne, recht gut erhalten, jedoch wenig intensiv. Im Gaumen ein Leichtgewicht mit Eleganz angenehmer
Süsse, immer noch wunderschön zu trinken.
17/20 vorbei
1946 Clos de la Roche, J. Henry Rémy: Leuchtendes Rubin mit grossem Rand und gewissen Reifetönen. Tolles Würzbouquet, dunkles Leder, Kardamom, getrocknete Kräuternoten, Gewürznelkenköpfe. Im Gaumen mit Eleganz und Finesse, parfümiert und wie ein grosser Clos de la Roche-Klassiker.
19/20 austrinken
Körper, straffes Tannin, saftige
Kirschfrucht mit fleischigem Abgang, passable Länge. Fruchtiger,
gut gelungener und lebendiger
Douro-Wein. 17/20 trinken – 2014
Zürcher Edelburgunder
Auch die Staatskellerei Zürich (Rheinau) verfügt über einen kostbaren und sehr raren Pinot Noir. Vom 2005er «TÊTE DE CRU» wurden
nur 1050 Flaschen gefüllt. Eine davon haben wir verkostet – und waren ob der Qualität entzückt.
Der Zürcher Pinot (CHF 75.–) stammt von 25-jährigen Reben aus
der Eglisauer Lage Hinterer Stadtberg. Hier werden von der zur Mövenpick Wein AG gehörenden Staatskellerei Zürich 30 Aren kultiviert,
der Ertrag beträgt nur 400 Gramm pro Quadratmeter. Eine weitere
Konzentration erfolgt über den Saftabzug vor der Vergärung (Saignée:
22 Prozent). Die Maischekontaktzeit betrug 22 Tage (6 Tage Kaltmazeration, 16 Tage alkoholische Gärung), der biologische Säureabbau
erfolgte ebenso wie der 22-monatige Ausbau in französischen Barriques. Die fertige Assemblage gelangte dann für 7 Monate ins alte 800Liter-Holzfass und fand seitdem auf der Flasche zu grosser Form.
2005 Pinot Noir Tête de Cru, Staatskellerei Zürich, Rheinau:
Mittleres Rubin. Warmes, von feinen Röstnoten begleitetes Bouquet
von reifen Pflaumen, fermentierten Teeblättern, Schwarzbrotkruste, später reifen Walderdbeeren, komplex und verspielt. Im Gaumen
mit wunderschöner samtiger Fülle, reife Côte-de-Nuits-Aromen, tiefgründig. Ein bemerkenswerter Pinot Noir mit Charakter, Klasse und
reichlich Potenzial. Der Wein hat seinen Preis – aber bei wirklich guten Burgundern ist die Zeche Teil des Vergnügens.
18/20 trinken – 2015
Fülle von gebackenen dunklen
Früchten und nerviger Schiefermineralik, leicht antrocknendes Tannin, recht kurz, wirkt eher rusti15/20 2009 – 2012
kal als fein.
2007 «Guru» Douro DOC
Branco, Wine & Soul, Pinhão,
Portugal: 47-jährige Reben der
1956 Grands Echézeaux, Domaine de la RomanéeConti: Transparentes, intaktes helles Rot. Würzhölzer, Nel-
ken, Zedernholz, Eucalyptus, Kiefernöl, weisser Pfeffer.
Schlanker, leicht nerviger Gaumen mit viel Würze und etwas
vordergründiger Säure. Ein für den miesen Jahrgang genialer Wein!
18/20 austrinken
1959 Beaune, Calvet: Leuchtendes Granat. Nussiges Bouquet, süss und ausladend, gekochte Walderdbeeren. Weicher, samtiger Gaumen, rund und schön, wenn auch etwas
16/20 austrinken
schlicht.
1959 Les Echézeaux, Pierre Bourée: Dunkles Granat,
Bernsteinschimmer. In der Nase sehr würzig und mit trockener Süsse, Noten von Himbeerstauden, Curry, Lorbeerblatt und Rosinen. Im Gaumen samtig charmant, mit genia19/20 trinken
ler Grand-Cru-Eleganz.
1959 Chambertin, Pierre Bourée: Aufhellendes Granat
mit bräunlichem Schimmer. Reifes, tief würziges Bouquet
mit Lieberstöckelnoten, Shiitake-Pilzen und Teer. Im Gaumen weich, mit Schoko- und Darjeelingnoten, mitteldunkles
Malz, zeigt viel Charme im warmen Finale. 18/20 austrinken
N° 01/2009
Jorge Serôdio Borges, Wine & Soul u.a.
2005 «Maritávora» Douro
DOC Tinto, Quinta de Maritávora, Freixo de Espada-à-Cinta,
Portugal: Sehr dunkles Rubin-
Granat. Geschliffenes Bouquet mit
reifen roten und dunklen Früchten, zart speckige Rauchnoten, insgesamt eher gefällig als dramatisch. Samtweicher, ziemlich süsser und lebendiger Gaumen, intensiv fruchtig, entwickelt einen
ziemlich opulenten Körper mit
weichem Tannin, erwärmt, ist
sinnlich und lang und verlangt
nach Kamin, weissem Teppich und
Gesellschaft. 18/20 trinken – 2014
2005 Passadouro Douro DOC
Tinto, Quinta do Passadouro,
Pinhão, Portugal: Animierend
fruchtiges, angenehm geräuchertes Bouquet mit Aromen von deutlich reifen und eingelegten Kirschen, gebackenen Pflaumen und
Lakritze. Am Gaumen mittelgewichtig, seidige Textur mit schöner Kirschfrucht, feinkörnigem
Tannin und angenehmer Frische,
balanciert, entwickelt eine schöne
Stoffigkeit und Länge. Sehr angenehmer Trinkwein für jeden Tag.
16/20 trinken – 2012
2005 Passadouro Reserva
Douro DOC Tinto, Quinta do Passadouro, Pinhão, Portugal:
Dunkles Purpur-Rubin. Geschliffenes, bereits herangereiftes und
leicht brandig wirkendes Bouquet
von roten Früchten sowie leicht
grünen, unreifen Noten, leicht
oxydiert wirkend. Vollmundiger
Gaumen mit schwerer, dichter
Sorten Viosinho, Rabigato, Códega
do Larinho und Gouveio. Frisches,
zugleich recht gehaltvolles Limettenbouquet, Zitrusfruchtblätter,
weisse und gelbe Früchte, unreife
Erdbeeren, leichter Bananentouch. Mittlerer Körper, frische,
nicht ganz ausgereifte Zitrusfruchtaromen, guter Säuregriff,
pikantes Finish, wenig Länge, aber
anhaltende, fast penetrante Zitrusnoten. Zwar bringt der Wein
nur einen Alkoholgehalt von
12,5% auf die Waage, aber dafür
mangelt es ihm an Reife und Ausdruck.
15/20 trinken – 2010
2006 «Pintas Character»
Douro DOC Tinto, Wine & Soul,
Pinhão, Portugal: Von 41-jähri-
gen Rebanlagen im Cima Corgo.
Dunkles Rubin-Granat. Schokoladiges, an Nussnougat, Espressobohnen, süsse Kirschen und rote
Beeren erinnerndes Bouquet, das
trotz eines Hauchs von roter Paprika eher an eine Konditorei als ans
wilde Douro-Tal denken lässt.
Fruchtintensiver,
samtweicher
Gaumen, sehr stoffig und konzentriert, fast monströs muskulös,
entsprechend kräftiges Tannin,
powert lang den Gaumen müde
und deckt ihn mit schwerer Scho16/20 trinken – 2014
kolade zu.
2005 «Pintas» Douro DOC
Tinto, Wine & Soul, Pinhão, Portugal: 74-jähriger Weingarten im
Vale Mendiz. Vergärung im traditionellen Lagar. Sehr dunkles Rubin-Granat. Fleischiges, leicht blutiges Graphit-Bouquet zu Beginn,
dahinter Kirschen und dunkle
Waldbeeren, kühler Rauch, Veilchen, zart Nougat, warmer Kuhstall, insgesamt sehr vornehm, reif
und geschliffen. Seidig-weicher
Gaumen mit eleganter, ausgewogener Textur, fleischig, entwickelt
einen reichen Körper mit schöner
saftiger Länge und straffem Tannin, überraschend frisch und
transparent, in der Mitte fehlt jedoch der Kern. Wirkt gewollt und
18/20 trinken – 2014
gemacht.
Bezug:
www.gute-weine.de
www.weinhalle.de
www.deligusto.ch
www.vino-grande.de
7
WEINWISSER
N° 01/2009
Jens Priewe:
«Sangiovese muss reifen»
Wiederbelebung einer (beinahe) untergegangenen Kultur: Junge Leute
und Investoren von auswärts reaktivieren alte Weinberge und Weinkeller
am Ätna.
Feine Rotweine
vom Ätna
Am Ätna auf Sizilien entstehen nach Dekaden
der Stille immer mehr grosse Weine von individueller Klasse und mineralischer Eleganz.
sr. Wie eine Verkostung auf der Weinmesse «Ein Prosit» in Tarvisio (Friaul) Ende November zeigte, sollten sich Freunde eleganter und finessenreicher Rotweine auf eine neue (alte) Herkunft gefasst machen. Die Rotweine der DOC Etna stammen
zumeist von uralten, noch wurzelechten Reben (mindestens
80% Nerello Mascalese und maximal 20% Nerello Cappuccio),
die in Höhenlagen von 500 bis 1000 Metern in den mineralreichen Vulkanböden wurzeln. Im Verbund mit drastischen
Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht sowie der
langen Vegetationsperiode entstehen hier frische, feinfruchtige und nervige Rotweine mit toller Konzentration, feiner
Säure und markantem Tannin. Wer an Nebbiolo denkt liegt
ebensowenig daneben wie diejenigen, die sich eher an Pinot
Noir erinnert fühlen. Doch die Winzer arbeiten an einem
neuen, ganz eigenen und einzigartigen Stil.
2006 «Outis» Etna Rosso DOC, Biondi, Trecastagni:
Klares dunkles Rubin. Brillante und transparente rotbeerige
Fruchtfrische mit schöner, zu Kopf steigender Intensität sowie fleischigen Gewürznoten (Wild, Soja). Kräftiger, markant
strukturierter Gaumen mit konzentrierter Frucht kleinbeeriger und dickschaliger Trauben, nerviger, wiederum eisenartiger Säure und königlich adstringierendem, gleichwohl
mürbem Tannin. Ein grosser, fester, lang am Gaumen haften
bleibender Wein mit reichlich Potenzial. 18/20 2012 – 2020
2005 «Aitna» Sicilia Rosso IGT, Cantine Edomé, Catania: Wunderschön leuchtendes Rubin. Das süsse und leicht
rosinige, dabei aber feine und vielschichtige Bouquet mit seinen mehr oder weniger stark ausgeprägten Aromen von reifen roten Früchten, Studentenfutter, Leder und Rosmarin erinnert an einen Guigal, öffnet sich mit der Zeit immer mehr
und zeigt sich herrlich tief. Eleganter, saftiger Gaumen mit
reifer Frucht, Nougatnoten und feiner Säure, feinkörniges,
feinherbes Tannin, würzig-bittere, vor allem aber unverschämt animierende Länge mit tabakig-schokoladigen Noten
im feinen Finish. Grosser, eleganter Wein. 18/20 2010 – 2020
1999 Serra della Contessa Etna Rosso DOC, Benanti,
Via Grande: Grand Cru vom Monte Serra am Osthang des Ät-
nas, wo die bis zu 100-jährigen, in Buschform erzogenen Reben (alberello) auf 500 Metern Höhe in sandigen, mineral-
Kleine Vertikalen von zwei
grossen toskanischen Rotweinen – Chianti Rufina
von Selvapiana und Fontalloro von der Fattoria di
Fèlsina – haben es mal
wieder gezeigt: Sangiovese-Gewächse können nicht
nur reifen – sie müssen es!
Jens Priewe erläutert,
weshalb.
Beide Weine sind die ältesten «Kinder» von Franco Bernabei, dem berühmten toskanischen Önologen
und Sangiovese-Verteidiger. Die
Fattoria Selvapiana berät er seit
1978. Für die Weine der Fattoria di
Fèlsina ist er seit 1980 verantwortlich. Auf Einladung der Weinhandlung Garibaldi in München
kommentierte Bernabei je sechs
Jahrgänge dieser beiden Weingüter, die zwar mit der gleichen Rebsorte arbeiten, aber völlig andere
Terroirs aufweisen. Bernabeis
Handschrift ist an beiden Weinen
abzulesen: Selektion reifer, dickschaliger Trauben, lange Maischegärung von bis zu 20 Tagen, mindestens 16-monatiger Barriqueausbau. Zur Langlebigkeit der Weine
trägt auch der Umstand bei, dass
er ihnen stets ein wenig Apfelsäure lässt.
Fattoria Selvapiana
Bis in die 80er Jahre hinein war
die Fattoria Selvapiana (60 ha Reben, bis zu 230 000 Flaschen jährlich) einer der führenden toskanischen Weinbaubetriebe. Wegen
des kühleren Klimas in der RufinaZone und der sandigen Böden tat
sich das Weingut in der Folge jedoch schwer, mit den neuen, ultrakonzentierten Super-Tuscans aus
der südlichen Toskana mitzuhalten, die auf Opulenz, hohe Reife
und niedrige Säure setzten. Francesco Giuntini, der Besitzer, ist jedoch nie der Versuchung erlegen,
seinen Wein auf internationale Akzeptanz hin zu trimmen. Seine
Chianti Rufina sind Charakterweine, die sich durch ausdrucksvolle
Frucht, leicht erhöhte Säure, rustikales Tannin und grosse Langlebigkeit auszeichnen. Durch die
Klimaerwärmung der letzten Jahre sind sie etwas voller und süsser
geworden. Die Riservas werden
ausschliesslich aus SangioveseTrauben gekeltert.
1964 Chianti Rufina Riserva,
Selvapiana, Pontassieve: Granat-
rot in der Farbe, am Rand ins
Orange tendierend. Herrlich tiefe
und erstaunlich frische Nase mit
Teer, roten Johannisbeeren, Pfeffer, einem Hauch von Bratensaft.
Im Mund dagegen kurz und hart,
ohne spürbares Tannin. Kein
Wunder: Der Wein hat nur 11,8
Vol.% Alkohol und eine relativ
hohe Säure (6,3 g). Ein Wein von
didaktischem Wert, der zeigt, welche Stilistik Chianti-Trinker früher schätzten.
Ohne Wertung
1979 Chianti Rufina Riserva
Bucerchiale, Selvapiana, Pontassieve: Erste Lagen-Riserva der
Selvapiana, die reinsortig aus Sangiovese-Trauben gewonnen wurde.
Granatrote Farbe, am Rand fast ins
Rosé gehend. Duft von Johannisbeergelee, Braten, Dörrpflaumen,
im Mund eine feine Süsse mit zarten Kaffeenoten zeigend, etwas
leicht im Tannin, mittlere Länge.
15/20 austrinken
1985 Chianti Rufina Riserva
Bucerchiale, Selvapiana, Pontassieve: Dichtes Rubinrot, kaum
aufgehellt. Noten von Kaffee, Lakritz, Johannisbeeren, Pfeffer.
Spürbare, doch weiche, fruchtige
Säure, die den ganzen Wein
durchzieht, leicht malziges Finale, rustikales Tannin.
17/20 trinken – 2010
1995 Chianti Rufina Riserva
Bucerchiale, Selvapiana, Pontassieve: Mittleres Rubinrot,
nicht sonderlich tieffarbig, feiner,
delikater Duft von Sauerkirschen,
Trüffel, Süssholz, alles sehr sauber
und klar strukturiert. Am Gaumen trotz der Extraktsüsse säureund frischebetont, dazu ein sehr
präsentes, leicht pelziges Tannin.
16/20 trinken – 2012
1999 Chianti Rufina Riserva
Bucerchiale, Selvapiana, Pontassieve: Dunkles Rubinrot. Nase von
Brombeeren, Tabak, Vanille. Am
Gaumen sehr saftig, mit ausgeprägter Sauerkirschfrucht, von einer feinen, nervigen Säure geädert
(6,5 g). Trotz einer kräftigen Alko-
8
WEINWISSER
N° 01/2009
ÄT N A - R OT W E I N E
B U C E R C H I A L E & FO N TA L LO R O
reichen Vulkanböden wurzeln. Dunkles, bereits eine gewisse Reife anzeigendes Rubin, zum Rand hin orangefarben. Reifes, leicht oxydiertes und animalisch-krautiges Bouquet mit
konzentrierter, faszinierend balsamischer süsser Frucht sowie herber, leicht speckiger Räuchernote. Am Gaumen markant und reif, mit saftig-süsser, noch immer gut konzentrierter Kirschfrucht, dazu Kaffee- und Ledernoten. Das kräftig-kernige, herbe Tannin passt sehr gut, ist aber auch etwas
trocken. Insgesamt ein sehr straffer, herber «Grand Cru»,
eine Art Pauillac vom Ätna.
18/20 trinken – 2015
2001 Etna Rosso DOC, Il Cantante, Sant’Alfio: Uralter,
zum Teil wurzelechter Nerello Mascalese mit Cappuccio vom
Nordostteil des Ätna. Das Weingut gehört Simply-Red-Kopf
Mick Hucknall, der sich die Dienste des Benanti-Önologen
Salvo Foti sichern konnte. Dunkel leuchtendes Rubin. Süsse
rote Frucht, deutliche Bounty-Nase, zu Kopf steigende Intensität und Stoffigkeit, etwas Teer, Lakritz, geschmortes Rindfleisch. Am Gaumen mit konzentrierter süsser Frucht, seidig-feiner Textur, zupackendem, herbwürzigem Tannin, das
einen etwas trockenen Gaumen hinterlässt. Feinsaftig-süsses
Finish mit stark rauchigem, etwas zu deutlichem Holztannin, rotbeeriger Nachklang.
17/20 trinken – 2014
hol- (14,2 Vol.%) und Tanninstruktur etwas dünn gewirkt. Relativ verschlossen.
16/20 Trinken – 2015
Trinkgenuss, hat aber seinen Höhepunkt wohl schon erreicht.
2004 Chianti Rufina Riserva
Bucerchiale, Selvapiana, Pontassieve: Dunkles Rubinrot. Balsami-
1999 Fontalloro, Fèlsina,
Castelnuovo Berardenga: Ein
sches Bouquet mit viel Gummi,
Teer, Tabak, im Hintergrund
schwarze Johannisbeere, dabei sehr
sauber. Am Gaumen klar strukturiert und robust, ein klassischer
Chianti mit rausamtigem Tannin,
viel Extraktsüsse und mitreissendem Temperament. Durch Frost
während der Blüte hatte es 2004
Mengeneinbussen von 40% gegeben. Resultat: Der beste Selvapiana
seit Langem!
19/20 trinken – 2020
Bezug: garibaldi.de, liechti-weine.ch
Fattoria di Fèlsina
se, der in offenen Holzgärständern vergoren und dabei während 12 Tagen auf den Schalen mazeriert wurde. Mittleres bis
dunkles Granat, weisser Rand. Doch nicht nur farblich erinnert dieser Mascalese an Pinot Noir, er duftet auch delikat,
herrlich intensiv und frisch nach roten Beeren und Kirschen
– faszinierend! Seidige, sehr elegante und finessenreich verspielte Art, kein bisschen zu dick, aber dennoch körperreich
(14,8% Alk.), konzentriert und süss, herrlicher Schmelz, die
18/20 trinken – 2020
reine Frucht, unendlich lang.
Die Weinberge der Fattoria di
Fèlsina liegen im äussersten südlichen Zipfel des Chianti Classico
(97 ha, bis zu 450 000 Flaschen).
Mitte der 70er Jahre war das Weingut von der Reedersfamilie Poggiali aus Ravenna erworben worden
mit dem erklärten Ziel, der Sangiovese-Traube zu einem perfekten
Ausdruck zu verhelfen. Mit dem
Fontalloro und der Chianti Classico Riserva Rancia sind Giuseppe
Mazzocolin, dem Schwiegersohn
und Weingutsdirektor, zwei grandiose Spitzengewächse gelungen.
Sie werden reinsortig aus Sangiovese gewonnen. Der Fontalloro
kommt von drei verschiedenen
Weinbergen, von denen zwei direkt hinter der DOCG-Grenze liegen. Deshalb kann dieser Wein
nicht als Chianti Classico vermarktet werden.
2005 Etna Rosso DOC, Cottanera, Castiglione di SiciliaIannazzo: Nerello Mascalese mit einem kleinen Anteil
1990 Fontalloro IGT, Fèlsina,
Castelnuovo Berardenga: Be-
Nerello Cappuccio. Klares, wunderschönes dunkles Rubin. Im
Duft rotbeerig, reif und frisch, mit deutlichen Kokos- sowie
würzigen Toast- und Teernoten, an einen Ribera del Duero
erinnernd. Fülliger Körper mit saftig-süsser Fruchtintensität,
fast australische Anmutung, dennoch mit ätnatypischer fein17+/20 trinken – 2016
nervig-frischer Textur. Sinnlich.
stens entwickelter Wein, der langsam seine optimale Trinkreife
erreicht: kaum aufgehellt in der
Farbe, ausgeprägtes Bouquet mit
viel Sauerkirsche, unterlegt von
feinen mineralischen Noten sowie
Tabak und Bratensaft. Kräftiges,
aber mürbes Tannin, zarte
Extraktsüsse, sehr tief.
Bezug: Fischer & Trezza, Stuttgart
2006 «Calderara Sottane» Etna Rosso DOC, Tenuta
delle Terre Nere, Randazzo-Calderara: Mittleres bis dun-
kles Rubin. Schmeichelnd elegante und intensiv süsse Cassisnase, die an die Pinots von Irene Grünenfelder erinnert,
die pure Frucht, in der Tiefe Lakritz. Seidig-elegante Textur,
wiederum süsse Fruchtintensität, feinstes Tannin, eine tolle Wärme und Länge entwickelnd, dabei aber fein und ausgewogen, ja geschmeidig bleibend. Ein delikater, hochfeiner
Rotwein
mit
reichlich
Körper
und
langem
Finish, das Süssholz- und Weihnachtsgewürze ausspielt.
17+/20 trinken – 2018
Eine Charmeurin.
2006 «Quota 600» Etna Rosso DOC, Cantine Graci,
Castiglione di Sicilia-Passopiciaro: Reiner Nerello Mascale-
Bezug: Fischer & Trezza
2006 «Passopisciaro» Etna Rosso DOC, Passopisciaro, Castiglione di Sicilia-La Guardiola: Granatrot. Feines
und frisches, aber auch enorm konzentriertes, «dickschaliges» Fruchtbouquet, v.a. Backpflaumen, insgesamt recht
süss. Dichter, süsser Beginn mit an roten Johannisbeersaft erinnernder Frucht, feiner Säure und kernigem Tannin. Ein
komplexer, enorm konzentrierter und noch jugendlicher
Nerello mit sehr langem Finale, der noch einige Zeit der Flaschenreife benötigt und weiter zulegen kann. Singulärer
Stil, der für manche Weinfreunde von allem zu viel haben
17+/20 2012 – 2020
dürfte.
Bezug: Dallmayr, Fischer & Trezza
18+/20 trinken – 2012
1995 Fontalloro IGT, Fèlsina,
Castelnuovo Berardenga: Mittle-
res Rubinrot. In der Nase wenig
Frucht, aber viel Pfeffer, Tabak, Lakritze und einige kompottige Noten. Markante Säure, schmelzendes Tannin: ein Wein aus einem
überschätzten Jahrgang. Gleichwohl bietet dieser Fontalloro viel
16+/20 trinken – 2010
Wein, der die zwei Gesichter des
Fontalloro zeigt: seine ausgeprägte mineralische Eleganz und die
üppige Struktur. In der Nase Karamell, Tabak, Schokolade, Brombeeren sowie rauchige Noten. Im
Mund süss, reif, konzentriert und
von einem festen Tanningerüst gestützt. Wegen der auffällig hohen
Säure (6,1 g) wirkt der Wein derzeit etwas unharmonisch, ist vermutlich aber sehr langlebig.
17/20 trinken – 2020
2000 Fontalloro, Fèlsina,
Castelnuovo Berardenga: Sehr
dunkel in der Farbe, typisch rauchiges Bouquet mit Nelken, Wacholder, hellem Tabak und einem
Hauch schwarze Johannisbeeren.
Am Gaumen opulent und extraktreich, mit malziger Süsse, gleichzeitig gewaltiger Tanninfracht
und massiver Säure. Ein Wein, der
einen gespaltenen Eindruck
hinterlässt: Wenn er ins Gleichgewicht kommt, ist er zweifellos einer der grössten Fontalloro überhaupt. Wenn nicht, bleibt er ambi16 – 19/20 2010 – 2020
valent.
2001 Fontalloro IGT, Fèlsina,
Castelnuovo Berardenga: Selten
hat die Natur einen so ausgewogenen, in sich stimmigen Fontalloro
beschert wie in diesem Jahr. Obwohl noch völlig verschlossen,
zeigt er eine perfekte Balance zwischen Tannin, Extrakt, Alkohol
und Säure, wirkt dabei ungeheuer
frisch mit Noten von Tabak, Waldfrüchten, Mocca, Minze und gleitet auf einer breiten Spur süssen
Extrakts über den Gaumen. Grandios. Aber bitte liegen lassen.
19/20 2012 – 2025
2005 Fontalloro IGT, Fèlsina,
Castelnuovo Berardenga: Die
verfrühte Lese hat in diesem Jahr
einen leichteren, fast gefälligen
Fontalloro hervorgebracht, der
jetzt schon mit heiterem Veilchenbouquet, Kirsch- und Brombeergeleenoten charmiert und darüber
fast vergessen lässt, dass es ihm im
Vergleich zum Vorgänger- und
zum Nachfolgerjahrgang erkennbar an Tiefe fehlt. Unkompliziert
und easy zu trinken.
16/20 trinken – 2012
Bezug: garibaldi.de, deligusto.ch,
gerstl.ch, kaufmann.ch, tivinum.ch,
vinothek-chur.ch
9
WEINWISSER
N° 01/2009
Raritäten aus
Saint Estèphe
Ch. Montrose, Cos d’Estournel,
Calon-Ségur, Phélan-Ségur und
weitere Highlights aus mehr als
80 Jahren Geschichte der nördlichsten Grand-Cru-Appellation
des Médoc hat René Gabriel unlängst in Risch/Zug (Schweiz)
verkostet.
Neuer Horizont in Südfrankreich: Joachim und Doris Christ, Thomas Teibert (v.l.n.r.)
Roussillon:
Ein neues Licht
am Horizont
In Calce, dem Burgund des Südens und hinsichtlich seiner
komplexen und finessenreichen
Weine wohl aufregendsten Dorf
des Roussillons (Gauby, Matassa,
O. Pithon u.a.), gibt es ein neues
Weingut, auf das man aufpassen
sollte: Domaine de l’Horizon.
Nach einem starken weissen
2006er-Premierenjahrgang, von
dem es allerdings nur ein einziges Fass gab, sind nun die feinen
2007er auf dem Markt – in jeweils
vernünftiger Menge und vorzüglicher Qualität.
sr. Die Basis der aus Grenache Blanc und
Gris sowie Macabeu (Weisswein) bzw. Grenache Noir und Carignan (Rotwein) assemblierten Weine ist zum einen ein Fundus
an alten Rebstöcken. Die im Gobelet erzogenen Buschweinpflanzen sind im Schnitt
60 Jahre alt, von der 15 Hektar grossen Gesamtrebfläche verfügen 4 Hektar über Grenache- und Carignan-Reben von mehr als
100 Jahren. Sie wurzeln in kargen, mineralreichen Kalk-, Ton- und Schieferböden in
hohen, gut durchlüfteten Lagen rund um
das Bergdorf Calce. Während tagsüber warme Meereswinde die Trauben umspielen,
ist es nachts der Tramontane aus den Bergen des Corbières. So reifen die Trauben
langsam und gesund zu einer schönen
Fruchtkonzentration heran und bewahren
ihre charakteristische Säurefrische und mineralische Würze bis zuletzt. Noch dazu
werden sie eher zu früh als zu spät gelesen,
da nicht Zucker das Mass aller Dinge ist,
sondern Reife, wie der deutsche Weinmacher Thomas Teibert betont.
Womit wir bei den Protagonisten der
Domaine wären. Zunächst also Thomas Teibert: seit vielen Jahren önologischer Berater auf Manincor in Südtirol und aufgrund
seiner schnörkellos vorgetragenen, unerschütterlichen Meinungen und seines bedingungslosen Kämpfens für natürliche,
ungeschminkte Zechweine auf höchstem
Niveau ein mancherorts gefürchtetes enfant terrible der westeuropäischen Weinavantgarde. Den Mittdreissiger hat das einzigartige Terroir rund um Calce, die langjährige Freundschaft zu Gérard und Ghislaine Gauby (sowie endlich auch die Liebe
zu deren Tochter Melanie) in den Süden
verschlagen. Ungenutzt grosses Weinbaupotenzial gab es zur Genüge unterhalb des
hoch über Perpignan thronenden Dorfes,
das Calce heisst, weil fast alles Kalk ist, was
nicht Schiefer oder Ton ist. Also begann Teibert mit dem Parzellensammeln. Zur Finanzierung seiner von Coche-Dury bis Rudolph Steiner und Maria Thun beseelten
Ideen holte er sich dann noch zwei dicke
Freunde mit vor den neuen Horizont: die
Fine-Wine-Händler Doris und Joachim
Christ aus Stadthagen bei Hannover. Keine
Weinregion, aber doch eine, in der beste
rg. Lange, vielleicht zu lange, hat Château
Montrose die Weincharakteristik von St. Estèphe geprägt. Dem Montrose-Stil gemäss
gilt ein St. Estèphe aufgrund des massiven
Tannins vor allem in der Jugend als kräftig
und hart, aber auch sehr lagerfähig. Gleichwohl wirkt auch ein über Jahrzehnte gereifter Montrose noch recht bourgeois,
ebenso natürlich viele Crus Bourgeois der
rund 1100 Hektar grossen Appellation. Verkostet man jedoch die grossen, gereiften
Jahrgänge von Weingütern wie Cos d’Estournel, Calon-Ségur und Phélan-Ségur, so
ergibt sich ein völlig anderes, feineres Gesamtbild. Das zeigte eine Verkostung von 28
zum Teil sehr alten Jahrgängen (1900 –
1982) im Hotel Waldheim in Risch, bei der
WeinWisser René Gabriel eine Magnum
1949 Château Cos d’Estournel mit der
Höchstnote 20/20 zum Jahrhundertwein
kürte. Gabriels Fazit: «Die grössten Weine
beeindruckten durch ihre schier endlose
Lagerfähigkeit. In einem gewissen Sinne
wirkten sie fast zeitlos schön.»
Soweit nicht anders beschrieben, handelte es sich bei der Probe um Flaschen mit
perfekten Füllmengen. Sie stammten allesamt aus dem Privatkeller von René Gabriel.
Doch auch der birgt Enttäuschungen: 1970
Haut-Marbuzet und 1982 Meyney (Magnum): Korkgeschmack; 1955 Calon-Ségur:
madeirisiert; 1961 Les Ormes de Pez und
1978 Ch. Montrose: unsauber.
1900 Château Phélan-Ségur: Erstaunlich dunkel, wenig Reifetöne, sanft aufhellend. Wunderbarer süsser Terroirduft, getrocknete Erdbeeren, dunkelrote Rosen, ein
unglaublich tolles Médoc-Bouquet. Grosser
Gaumenauftritt mit kräftiger Konzentration
und leicht kerniger Säure, dadurch noch immer lebendig, mittelgewichtiger Körper, Geschmacksnoten von Stielwürze, Lakritze,
schwarzen Pfefferkörnern, nicht besonders
viel Druck, aber doch eine grosse Klasse ausstrahlend. Hätte es noch eines Beweises über
das grosse Terroir und Potenzial von Phélan
Ségur bedurft, dieser mehr als 100-jährige
19/20 austrinken
Wein hat ihn erbracht.
1929 Château Cos d’Estournel (CruseAbfüllung): Tiefe Schulter. Bräunliches
Orangerot, deutlich aufhellender Rand.
Schales Bouquet, Blumenwasser, Todessüsse,
10
WEINWISSER
D O M A I N E D E L’ H O R I Z O N
Tropfen aus aller Welt, vor allem der
deutsch- und französischsprachigen, geschätzt und auch getrunken werden.
Der erste gemeinsame Jahrgang 2006
brachte dem Projekt nur ein einziges 600Literfass Wein, den hervorragenden Vin de
Pays Blanc aus Macabeu, Grenache Blanc
und Gris. Immerhin zeigte dieser salzigwuchtige Wein aus biologischer Produktion (nur 12 hl/ha Ertrag) die Denk- und Stilrichtung an, die hier gepflegt werden soll:
ausgewogene und komplexe Weine mit gestochen klarer Frucht und nerviger mineralischer Frische. Wurde der körperreiche
2006er noch mit stampfenden Füssen mazeriert und extrahiert, um dem massiven
Wein die nötige Struktur mitzugeben, ruderte Teibert beim 2007er zugunsten einer
feineren, eleganteren Frucht zurück und
presste sehr langsam ganze Trauben. Die
Vergärung und der 12-monatige Ausbau erfolgten über 12 Monate im Tonneau (500 l),
Demi-Muid (600 l) und grossen Holzfass von
12 bis 20 hl. Der Wein wurde nur zur Abfüllung leicht filtriert.
Der Rotwein wird ebenfalls aus handverlesenen gesunden Trauben erzeugt, deren
Most nach teilweisem Abbeeren und ohne
Einsatz einer Quetsche zu 100% mit den natürlichen Hefen in offenen Holz- und Betonbottichen vergärt. Nur leichte Extraktion
mit den Füssen und leichtem Überschwallen. Nach 12 bis 22 Tagen wird der Wein
über 12 Monate im Tonneau, Demi-Muid
und grossen Holzfass von 12 bis 20 hl ausgebaut und nur zur Abfüllung leicht filtriert.
Auf dem Pretzhof in Südtirol hat Stephan Reinhardt zusammen mit Thomas
Teibert die Weine erstmalig verkostet. Weitere, den ersten guten Eindruck bestätigende Proben folgten im November und Mitte
Dezember in Hamburg und Hannover.
2006 Vin de Pays des Côtes Catalanes
Blanc, Domaine de l’Horizon, Calce: Ein
einziges 600 Liter Eichenfass, der Wein hat
durchgehend bis Juni 2007 gegoren. Macabeu mit einem guten Anteil Grenache, die
mit hoher Traubenreife (zu hoher: 14,2%
Alk. entsprechen nicht Teiberts Vorstellungen vom Trinkwein) gelesen wurden. Korbpresse, mit Füssen getreten, mehr Tannin,
mehr Volumen. Goldgelbe Farbe mit leichtem kupferfarbenem Reflex. Sehr komplexes, extrem würziges und rauchig-salziges
Mineralbouquet mit tiefer Fruchtkonzen-
N° 01/2009
S T. E S T È P H E
tration und an Mürbeteig erinnernden Hefenoten. Auch am Gaumen sehr tief und
dicht, mit viel Kraft, Extraktsüsse und straffer phenolischer Struktur, animierend klar
und salzig, sehr komplex und lang am Gaumen haften bleibend. Ein wuchtiger, aber
super komplexer und faszinierender, grosser Weisswein des Südens. 18/20 2009 – 2014
2007 Vin de Pays des Côtes Catalanes
Blanc, Domaine de l’Horizon, Calce: 2/3
Macabeu, 1/3 Grenache Gris mit etwas Grenache Blanc. Zu 70% auf kargen, steinhaltigen Kalkböden gewachsen, ansonsten auf
Mergel- und Schieferböden. Fünf Stunden
auf der pneumatischen Presse, Ganztraubenpressung für mehr Feinheit und Frische, spontane Vergärung in neuen,
schwach oder gar nicht getoasteten Eichenholzfässern unterschiedlicher Grössen. Klares, frisches, ganz leicht rauchiges
und salziges Bouquet mit weissen und gelben Fruchtaromen (Pfirsich!) sowie zarter
Vanille- und Traubensüsse. Am Gaumen super klar und filigran, sehr detailliert und
präzise in der hellen frischen Frucht, salzig-mineralische Säure, sehr elegante und
ausgewogene Textur, lang anhaltend und
animierend, aber ohne jede alkoholische
Wucht (13,5% Alk.). 12 500 Flaschen gefüllt.
18/20 trinken – 2014
28 €
2007 Vin de Pays des Côtes Catalanes
Rouge, Domaine de l’Horizon, Calce: 2/3
Grenache, 1/3 Carignan von bis zu 100-jährigen Reben. Klares, leuchtendes Kirschrot
mit bläulichem Reflex. Fast kühles, von
mürber und doch frischer natürlicher
Frucht (Kirschen, gebackene Waldbeeren)
geprägtes Bouquet mit würzigen Tabaknoten, etwas Lakritz, dazu frisch gemahlener roter Pfeffer, rohes Fleisch, edles Holz,
kalter Mokka. Eleganter, seidig-saftiger und
finessenreicher Gaumen mit fülligem Körper, konzentriertem, momentan sehr
schmeichelndem und süssem Fruchtfleisch (wiederum Kirschen und reife Waldbeeren), feiner Säurefrische und spannender mineralischer Grundstruktur, animierender Abgang, eine anhaltend dickschalige Beerenfrucht mit schönem Tanninbiss
am Gaumen hinterlassend. Unbedingt einen halben Tag vor Genuss dekantieren –
auch wenn der Wein momentan frisch
18/20 trinken – 2015
geöffnet betört.
Bezug: Christ Weine, Stadthagen,
www.christ-weine.de
helle, malzige Spuren, deutliche Oxydation
in der Nase. Im Gaumen recht füllig, Charme
und Süsse zeigend, macht hier etwas mehr
Spass als in der Nase, angenehmes Finale.
Wohl wegen des schlechten Füllniveaus
nicht auf dem erwarteten Kurs. 16/20 vorbei
1929 Château de Marbuzet: Flasche
mit Top-Schulter. Erstaunlich dunkle Farbe. Kaltes Bouquet, Geraniol, Eisentöne,
kalter Kamin, legt an der Luft zu und zeigt
Noten von Wildfleisch. Im Gaumen recht
fest, bourgeoise und kapselige Noten, inkonsistenter Körper, wirkt etwas ausgelaugt, hätte noch Kraft, aber es fehlt an
Komplexität.
15/20 vorbei
1934 Château Montrose: Mittlere
Schulter. Dunkles Weinrot, nur wenig Reifetöne, feiner Rand. Rosenwasser, Rebholzwürze, getrocknete Shiitake-Pilze, rauchiger Cabernet, insgesamt artisanales Nasenbild mit ausgeprägt barockem Terroirton,
in seiner frischen, kühlen Art auch ein wenig an ganz grossen reifen Napa (Château
Montelena) erinnernd. Im Gaumen fest und
fleischig, wirkt etwas kalt und weist gewisse Kapseltöne auf, eher ein Essenswein
ohne jegliche Ermüdungserscheinungen.
Niemals würde man hier einen 70-jährigen
18/20 austrinken
Wein vermuten.
1947 Château de Pez: Mittlere Schulter.
Intaktes, dunkles Weinrot. Herrlich frisches
Bouquet, rote gekochte Kirschen mit RubyPortschimmer. Im Gaumen kompottige
Fruchtnoten, wirkt jung und zeigt ein tolles,
konzentriertes Extrakt mit gut stützender
Säure und aromatischem Finale. Toller Altwein, der noch lange hält. 18/20 austrinken
1949 Château Cos d’Estournel: Perfekt gefüllte Magnumflasche. Sehr dunkles
Granat, nur wenig Reifetöne. Ein ausladendes Traumbouquet mit genial ausgeprägter Cabernet-Süsse, rote gekochte Waldfrüchte, vor allem Walderdbeeren, zart
nussig. Im Gaumen ein Maulvoll grosser
Bordeaux: klassisch und fein, sehr süsses
Tannin, parfümiert, kraftvoll und adstringierend, dennoch mit eleganten Reserven,
extrem nachhaltiges Finale. Gehört zu den
grössten Saint Estèphes in diesem Jahr20/20 trinken
hundert.
1957 Château Montrose: Top-Schulter.
Purpurnoten mit rubinrotem Rand, unglaublich jung wirkend. Offenes Bouquet,
Kakaonoten, rote Kirschen, angenehme
Süsse, eingelegter Rosenpfeffer. Im Gau-
Wo tolle Weine zu fairen Bedingungen
den Besitzer wechseln…
Informationen wie man Weine versteigern lässt oder den Auktionskatalog
jeweils kostenlos erhält:
www.weinboerse.ch
11
WEINWISSER
N° 01/2009
S T. E S T È P H E
Johann Ruck:
Fränkische Terroirweine
und eleganter Leichtwein, der wie kaum
ein anderer zum mit Koriander und Kümmel gewürzten Frankenlaib mit frischer
Kalbsleberwurst passt. Ebenfalls beachtlich: Grauburgunder Alte Reben 2007,
Scheurebe «Estheria» 2006 sowie Rieslaner
Spätlese 2007.
2007 Johann blanc Qualitätswein
trocken, Johann Ruck, Iphofen: 12,5%
Alk. Leichtes und frisches, sehr aromatisches Zitrusfruchtbukett mit deutlicher
Grapefruit- und reifer Pfirsichnote, einem
hauchleichten Sauvignon Blanc ähnlich.
Am Gaumen frisch und spritzig, zugleich
aber mit einem gewissen Körper und voll
aromatischem Geschmack, animierende
(Kohlen-)Säure, frisches, blättriges Finish
mit feinem Biss. Ein herrlich aromatischsaftiger Weisswein zum Zechen.
sr. In den Abhängen des Steigerwalds dominieren schwere Keuperböden. Neben Castell,
Wirsching und Weltner zählt das Weingut
Johann Ruck in Iphofen zu den qualitativ
15/20 trinken – 2010
führenden Betrieben dieses südlichen Teils
2007 Iphöfer Kalb Silvaner QualitätsWeinfrankens. Der Familienbetrieb erzeugt
wein trocken, Johann Ruck, Iphofen:
seit 1839 Frankenweine. Hans(i) Ruck jr. lei11,5% Alk. Grünstichiges Weissgelb. Zartes
tet das Gut in 8. Generation und erzeugt
Bouquet von frischem hellem Kernobst, gekraft- und ausdrucksvolle Weissweine, die
schnittenem Gras, frischen grünen Blattihre Herkunft reflektieren und entsprekräutern (Kerbel, Estragon), im Hinterchend ohne technische Schönungs- und Aufgrund mir frischer Mineralik. Am Gaumen
putschmittel auskommen. Es sind elegante,
elegant und feinsaftig bei recht leichtem
tiefgründige und mitunter
(Zeit) fordernde Weine, die
sich – mit Ausnahme des
leichtfüssig-aromatischen Johann blanc – weniger durch
ein betörendes Fruchtaroma
auszeichnen als durch ihre
subtile Frucht und würzige
Mineralität.
Im 350. Silvanerjahr glänzt
beim Weingut Johann Ruck,
dessen Silvaner aus dem
Iphöfer Julius-Echter-Berg zu
den charaktervollsten fränkischen Silvanern zählen
kann, ausgerechnet ein Riesling. Mit dem 2007er Riesling Julius-Echter-Berg «Grosses Gewächs» ist Ruck einer
der besten trockenen deutschen Rieslinge des Jahrgangs gelungen. Aber die Silvaner sind auch nicht übel –
allen voran der aus dem fern
gelegenen
Escherndorfer
Lump, der aus den Trauben
Horst Sauers, aber eben à la
Ruck (oxydativer Ausbau im
grossen Holzfass) bereitet
wurde. Ein anderer unserer
Favoriten ist der Silvaner aus
der Iphöfer Lage Kalb: Kein
grosser, aber ein subtiler Tiefgründige Frankenweine ohne Schnörkel: Hans & Hans(i) Ruck
1961
Foto: Andreas Durst, ikonodule.de
In einigen Wochen ist es 350 Jahre her, da in Deutschland – am
Steigerwald in Franken – die erste Silvanerrebe gesetzt wurde.
Anlass für WeinWisser, einem
der besten Essensweine endlich
mal den Hof zu machen. In einer
lockeren Reihe stellen wir die besten Silvaner der Welt und deren
Erzeuger vor.
Folge 1: Weingut Johann Ruck in
Iphofen (Franken). Eine Degustationsreise durch die typisch fränkische Sortenlandschaft.
men eher hart, sehr metallisch, als hätte
man nicht nur die Schoki, sondern auch
noch Staniolpapier mitbekommen. Nase:
17/20.
14/20 vorbei
1959 Château Calon-Ségur: Intaktes,
leuchtendes Granat-Rubin, orangefarbener
Rand. Traumhaftes Bouquet, frisch gebackenes Brot, helles Karamell, buttrige Noten,
komplex und wunderschön süss. Im Gaumen elegant wie ein St. Julien, homogener
Fluss, weiche Statur, tänzelnder Körper mit
Grazie und Anmut. Einer der feinsten und
elegantesten 1959er!
19/20 trinken
1959 Château Montrose: Hohe Schulter. Jugendliches Granat. Ranzige Baumnüsse, alte Fassnoten, Leder, eigenwillig,
gleichzeitig aber auch tiefgründig und
eine gewisse Grösse anzeigend. Im Gaumen
spürt man die Wärme des grossen 59er
Jahrganges, aber auch alte Fässer, der Wein
verlangt sehr viel Luft und erinnert in gewisser Weise an einen betagten Vorläufer
des 1989ers und 1990ers. Die sind auch
nicht unbedingt astrein, aber doch immer
irgendwie gross. Für Montrose-Fanatiker ist
daher auch der 59er gross – und das sicher
noch für einige Jahre.
19/20 trinken
1961 Château Calon-Ségur: Intaktes,
leuchtendes Granat, zart ziegelroter Rand.
Delikat duftendes Bouquet, Dörrtomaten,
getrocknete, rote Pflaumenschalen, überraschend stark konzentrierte Frucht, blutige Rhône-Aromen im Hintergrund. Feiner,
frischer Gaumen, seidiges Tannin, wirkt
aromatisch jung und kraftvoll wie ein 20Jähriger, legt an der Luft sogar noch zu und
entwickelt einen lang anhaltenden dunkelbeerigen Geschmack mit Braziltabak
und Lakritze. Wird sich in dieser tollen
Form sicher noch weitere 20 Jahre präsen19/20 trinken
tieren.
Château
Laffitte-Carcasset:
Top-Schulter. Dunkles Granat mit aufhellendem, ziegelrotem Rand. Sehr reifes Bouquet, eingelegte Pflaumen, Ranzio-Noten,
Schuhcreme, altes Leder. Im Gaumen besser als in der Nase verheissen, geschmeidige Textur, kapselige Noten, ordinärer, recht
15/20 austrinken
gut erhaltener Wein.
1961 Château Cos d’Estournel: TopSchulter. Relativ helles Rubin-Granat, orangefarbener Schimmer, deutlich aufhellend.
Feines, erdiges Bouquet, Pfifferlinge, dominikanischer Tabak, zarter Kräuterhauch,
Kräuterlikör, Earl-Grey-Tee, insgesamt sehr
vielschichtig und nuanciert. Im Gaumen
ein richtig reifer, wenn auch nur halbwegs
feiner Médoc, Granatapfelkerne, prägnantes Extrakt, rassig, zeigt noch immer die
19/20 trinken
klassische 61er-Struktur.
1962 Château de Pez: Magnumflasche. Sehr dunkle Farbe, satte Mitte, immer noch Granatreflexe am Rand. Verhaltenes Bouquet, zeigt dabei aber eine schöne Tiefe mit erstaunlich fruchtigen Noten
von Waldhimbeeren und roten Kirschen.
12
WEINWISSER
RUCKS FRANKENWEINE
N° 01/2009
S T. E S T È P H E
Körper, frische Kohlensäure, helle Früchte,
feine Mineralik, recht feste, spannungsreiche Struktur, gute, saftige Länge mit pikantem Biss, ausgewogen. Ein köstlicher,
faszinierend subtiler Brotzeitsilvaner.
16/20 trinken – 2012
2007 Iphöfer Julius-Echter-Berg Silvaner Qualitätswein trocken, Johann
Ruck, Iphofen: 12,5% Alk. Mittleres Grün-
gelb. Intensives, jedoch noch immer subtiles Fruchtbouquet, Kernobst, ein Anflug
von Exotik (Ananas) und Karamell, fette
Wiesenkräuter. Vollmundiger, zunächst
fast fett erscheinender Gaumenextrakt,
dann aber leichtfüssig und elegant, mit
heller Frucht, feinrassiger Säure und fester,
anhaltend mineralischer Struktur, lang
und komplex, ein exzellenter Silvaner mit
gutem Potenzial. Grüne Apfelnoten im
Nachgeschmack.
16+/20 2009 – 2020
2007 Escherndorfer Lump Silvaner
Qualitätswein trocken, Johann Ruck,
Iphofen: Der Most stammt aus einer Par-
zelle von Horst Sauer (dafür erhielt dieser
ein Ruck-Gebinde mit Saft vom Julius-Echter-Berg.) Goldgelb. Klare, feinwürzige Botrytisnase mit Noten von leicht oxydiertem Apfel, frischen Champignons und
Wiesenkräutern, im Hintergrund kühler
Rauch mit würzigen Silvaner- und reifen
Fruchtnoten, die sich mit zunehmender
Zeit nach vorne spielen, insgesamt faszinierend feingliedrig. Sehr klarer und eleganter Geschmack mit feiner Säurerasse
und pikanter Mineralik bei ausgewogenem, fast schlank anmutendem Körper,
nachhaltig. Oxydativ, aber fein.
17/20 trinken – 2018
2007 Iphöfer Julius-Echter-Berg
Traminer Qualitätswein trocken, Johann Ruck, Iphofen: 13,5% Alk. Tolles,
aber keinesfalls plakatives Sortenbouquet,
feines Parfüm, Rosenwasser, Litschi, süsse
Gewürze, alles fein verwoben und elegant
artikuliert. Am Gaumen üppig und
extraktreich, aromatisch und sehr würzig,
fast etwas brandig, aber weder breit noch
plump, feine mineralische Säure, sehr
gute, aromatische Länge, hinterlässt einen
leicht betäubten Gaumen. Zur Gans das
16/20 2009 – 2015
richtige Getränk.
2007 Iphöfer Julius-Echter-Berg
Riesling GG Qualitätswein trocken
(«Grosses Gewächs»), Johann Ruck,
Iphofen: 13,5% Alk. Mittleres Grüngelb.
Sehr präzises, mineralisch-würzig geprägtes Rieslingbouquet von herrlicher Konzentration und Reinheit, ultrareifer Sahnepfirsich, schmelzendes Gestein, noch
kaum entwickelt, aber von zweifelloser
Grösse. Pikanter, herrlich fleischiger und
dichter Gaumen mit toller Würze, perfekt
integrierter Säure und phantastischer Länge, salzig-puristischer Nachgeschmack,
perfekte Balance, kraftvoll und grandios,
erinnert ein wenig an grosse Kamptaler
Rieslinge vom Heiligenstein. Sollte unbedingt vor Genuss dekantiert werden.
18/20 trinken – 2020
2007 Grauburgunder Qualitätswein
trocken, Johann Ruck, Iphofen: 13% Alk.
Verhaltenes Bouquet, Apfel(schalen)noten,
eher spröde. Im Mund mittelgewichtiges
Extrakt, frische Säure, pikante Mineralik,
noch etwas pelzig, wirkt noch unentwickelt und recht stoffig, im Abgang etwas
grüne Noten.
14/20 trinken – 2012
2007 Rödelseer Küchenmeister
Rieslaner Spätlese, Johann Ruck, Iphofen: Helles Goldgelb mit grünlichem Re-
flex. Frisches, aromatisch-saftiges und zugleich
mineralisch-kühl
unterlegtes
Fruchtbouquet von weissem Pfirsich, Granatapfel, etwas Ananas – klar und pikant.
Präziser, eleganter, enorm saftig-süffiger
Gaumen, salzig, reifer gelber Apfel, herrlich animierendes und nachhaltiges
Extrakt, kitzelt die Zunge mit delikater
Säurerasse und den hinteren Gaumen mit
feiner Süsse. Herrlich saftiger, ja süffiger
Rieslaner – eine der besten Spätlesen dieser
Sorte, die wir je verkosten konnten!
17/20 trinken – 2020
2007 Iphöfer Julius-Echter-Berg
Rieslaner Beerenauslese, Johann Ruck,
Iphofen: 11% Alk. Helles Goldgelb mit grü-
nen Reflexen. Sehr klares und reintöniges
Bouquet mit feiner Honignote, frischer
Ananas. Eleganter Gaumen mit feiner Pikanz und Rasse, angenehm dicht und trinkig, saftiges, würzig-animierendes Finish.
Vom Charakter mehr eine Auslese denn
17/20 trinken – 2020
eine Beerenauslese.
2006 Myophorium Qualitätswein trocken, Johann Ruck, Iphofen: 12,5% Alk.
Sortenreiner Silvaner von alten Reben aus
dem Julius-Echter-Berg. Intensives Goldgelb. Buttriges Bouquet mit ansonsten klarer, unaufdringlicher Frucht. Am mittelgewichtigen Gaumen weich und wiederum
buttrig, Butterspekulatius, Toast- und süsse
Vanillearomen, recht komplex, wirkt aber
16/20 2010 – 2013
maskiert. Abwarten.
2006 Rödelseer Schwanleite Grauburgunder Alte Reben Qualitätswein trocken, Johann Ruck, Iphofen: 13,5% Alk.
Strohgelb. Klares, noch verhaltenes, eher
würziges Bouquet mit Hefe- sowie zarten
Toast- und Karamellnoten. Ausgewogener,
zart cremiger und eleganter Gaumen mit
feiner Säure, etwas Kokos, Bounty, angenehm phenolischer Struktur, im Finish mit
feiner Zitrusfrische und animierender Salzigkeit. Noch immer hefig, aber auf dem
Weg zu Klarheit und Frische. Ein ungewöhnlicher, spannender Grauburgunder
17/20 2010 – 2014
mit grossem Potenzial.
2006 «Estheria» Qualitätswein trocken, Johann Ruck, Iphofen: 13,5% Alk.
Scheurebe. Sehr klares und präzises, an Zitronenmelisse und -minze erinnerndes
Bouquet. Rassiger Gaumen mit brillant kla-
Gut strukturierter Gaumen, muskulöse
Adstringenz, wirkt etwas hart, wie ein
zähes, aber doch schmackhaftes Steak. Ein
Charakterwein zum Essen – zumindest aus
der langsamer gereiften Magnum.
17/20 trinken
1966 Château Calon-Ségur: Recht hel-
les Rubin mit zart orange-ziegelrotem
Schimmer. Delikates Bouquet, Karamell,
helle Röstaromen, frisch geröstete Mandeln, feiner Geraniolwürzschimmer, ungewöhnlich süss und erotisch. Im Gaumen
fein, leicht kapselig, sehr schlank, längst
nicht so gut wie in der Nase (19/20).
16/20 vorbei
1970 Château Montrose: Dunkles
Weinrot, ziegelroter Rand, nur wenig Reifetöne. Noch verhaltene Frucht, die sich
erst mit zunehmendem Luftkontakt entwickelt, tiefschürfende Trüffelnase, dunkle
Beeren. Fester Gaumen, stützendes Tanninund Säuregerüst, im Finish Jod und Kapseln. Kurzum: Ein typisch brachialer
1970er!
17/20 trinken
1975 Château Montrose: Aufhellendes
Granat mit rubinrotem Rand und wenig
Reifetönen. Wunderschönes, sehr duftiges
Bouquet, Rotkirschentouch, warme, gereifte Cabernet-Expression, bezaubernd parfümiert und erstaunlich frisch wirkend. Im
Gaumen mittelschlank, eine recht schöne
Süsse zeigend, wiederum kirschig, kräftig,
forderndes Tannin, asketischer, eher muskulöser als fleischiger Médoc, ein klassischer Montrose zum Essen. Hält sein Niveau gewiss noch 40 Jahre, wird aber nie
18/20 trinken
viel feiner werden.
1976 Château Montrose: Mitteldunkles Granat mit feinem Rand, relativ transparent. Warmes, nussiges Bouquet, Kaffeenoten, Kakao, wunderschöne Dörrfruchtnoten, ein Traumbouquet, dem kein anderer 1976er Paroli bieten kann. Im Gaumen
ebenfalls warm, viel Pflaumen, Tabaknoten, Korinthen, dezente Torfnuancen im Finale. Gehört heute zur Spitze eines eigentlich schon lange verblassten Jahrganges.
18/20 austrinken
1982 Château Haut-Marbuzet: Reifen-
des Weinrot, orangefarbener Rand. Süsses
Bouquet, Heu- und Rosinentöne, warmes,
fülliges Nasenbild. Im Gaumen mit Charme,
Malznoten, gebundene Textur dank sehr gut
erhaltener und geschmeidiger Gerbstoffe,
wunderschön gebundenes Finale, ein absoluter Traum, der damals in avantgardistischer Weise ausschliesslich in neuem Holz
ausgebaut wurde und sich heute trinkt wie
18/20 trinken
ein Chambertin!
1982 Château Cos d’Estournel: Sattes
Purpur mit orangerotem Rand. Warmes Nasenbild, Birne, Backpflaumen, Tabak, Kamille, getrockneter Thymian, Cassisspuren und
Black Currant, insgesamt absolut intakt und
eine wunderschöne Genussreife zeigend.
Am Gaumen mit erhabenem Charme, abso-
13
WEINWISSER
RUCKS FRANKENWEINE
N° 01/2009
S T. E S T È P H E
rer Frucht, ein erquickender Gaumenputzer mit Extrakt und perfekter Säurebalance, wiederum pikante, fast schon überdeutliche Zitrusfruchtnoten im Finish.
17/20 trinken – 2015
2006 Rödelseer Küchenmeister
Rieslaner Spätlese, Johann Ruck, Iphofen: 13,0% Alk. Mittleres Grüngelb. Pikant-
fruchtiges Bouquet, frisch und konzen-
triert, weisser Pfirsich, nicht ganz reife
Ananas, Kokos. Verspielt-rassiger Gaumen
mit sehr saftiger, aber nicht vollmundiger
Frucht, schlank, pikant, angenehm phenolisch, wiederum sehr präzise, feiner Biss,
macht Spass, erreicht aber nicht die Fülle
und Eleganz eines Rieslings.
16/20 trinken – 2016
Bezug: www.ruckwein.de
Rheingau:
Langlebige Rieslinge vom
Johannishof
In Johannisberg, in unmittelbarer Nähe zum weltberühmten
Schloss, bietet Johannes Eser bis
zu 50 Rieslinge aus sechs Jahrgängen an. Wer also etwas über
den Geschmack der Rheingauer
Riesling-Kultur erfahren möchte,
ohne sich dabei von Primärfrüchten blenden zu lassen oder vor
Ehrfurcht zu erstarren, ist
im gutseigenen «Weintempel»
goldrichtig.
sr. Die Weine vom Weingut Schloss Johannisberg sind weltberühmt. Anders, aber
nicht schlechter sind die gleich benachbarten Rieslinge vom Weingut Johannishof
(20 Hektar), das Johannes Eser 1988 von seinem Vater übernommen hat und seitdem
noch weiter an die Rheingauer Elite heranführen konnte. Esers feste, charaktervolle
und erst im Alter von einigen Jahren zur
vollen Grösse erwachsende Weissweine
sind zu 99% Riesling. Sie stammen allesamt
aus Johannisberger, Rüdesheimer, Winkeler und Geisenheimer Spitzenlagen. Deren
unterschiedliche Bodenformationen – vom
sandigen Lehm über Löss und Quarzitverwitterungsgestein bis hin zum schweren
Schiefer – prägen den Geschmack der reduktiv in einem Mix aus Holzfässern (das
1200 Liter fassende Stückfass aus Pfälzer Eiche dominiert) und Edelstahltanks im eigenen Felsenkeller ausgebauten Weine
deutlich. Da Eser zudem rund 50 Rieslinge
aus fünf, sechs Jahrgängen zeitgleich anbietet – zu mehr als fairen Preisen übrigens
–, lohnt sich ein Wochenendbesuch im gutseigenen «Weintempel» für jeden RieslingFreak.
2007 Rüdesheimer Berg Roseneck
Riesling Kabinett trocken, Johannishof,
Johannisberg: 12% Alk. Von der Steillage
mit rotem Schiefer. Die Weine dieser Lage
zeichnen sich durch Körper und ihre rundere Säure schon in der Jugend aus. Rebenalter: 25 Jahre. Ausbau im Edelstahltank
mit 4-monatigem Hefelager. Komplexes
und recht stoffiges Bouquet mit präziser
Frucht und deutlicher Mineralität. Am
Gaumen elegant und ausdrucksvoll strukturiert, mit pikanter Zitrusfruchtnote im
16/20 trinken – 2018
Finish.
2007 Geisenheimer Kläuserweg
Riesling Spätlese trocken, Johannishof,
Johannisberg: 13,5 % Alk. In unmittelba-
rer Nachbarschaft zu Schloss Johannisberg
gewachsen. Edelstahlausbau. Komplexe,
rauchig-würzige Rieslingnase. Am Gaumen
körperreich, komplex und dicht, feiner nussiger Schmelz, ausdrucksvoll und lang, vielleicht eine Spur zu stoffig, aber mit Rest17/20 2010 – 2018
süsse gut gepuffert.
2007 Johannisberger Hölle Riesling
Erstes Gewächs, Johannishof, Johannisberg: 13% Alk. Reine Quarzitböden, da-
her in der Jugend wegen der hohen Säure
oft kantig. Bei 16°C ohne Kühlung bis in
den Mai vergoren. Sehr feiner, komplexer
Rieslingduft. Präzise Frucht mit feinem
Säurespiel am Gaumen, sehr elegant, schöne Fruchtfülle, ausgewogen, lang, im Nach18/20 2010 – 2020
klang hefig.
2007 Johannisberg G Riesling Kabinett, Johannishof, Johannisberg: 9,5%
Alk. Das «G» steht für die Lage Goldatzel.
Klar und frisch nach gelbem Steinobst
(weisser Pfirsich) in der Nase. Auf der Zunge
klar und süffig, mit fruchtig-schmeichelnder Süsse und animierender Säure, gelber
16/20 trinken – 2015
Apfel, ausgewogen.
2007 Johannisberger Klaus Riesling
Spätlese, Johannishof, Johannisberg:
9% Alk. Reifer, saftiger Rieslingduft, klar
und schmeichelnd, mineralisch kühl. Klarer, puristischer Riesling mit rassig-pikantem Säurespiel, Fruchtnoten von weissem
Pfirsich und grünem Apfel, klarer Mineralität, feinfruchtiges Finish, animierend.
17/20 2010 – 2025
Klasse!
2007 Rüdesheimer Berg Rottland
Riesling Spätlese, Johannishof, Johannisberg: 8,5% Alk. Steile Rotschieferlage
mit sehr warmem Kleinklima, was zu cremigen Rieslingen mit kräuterwürzigem Ton
lut berauschend, weiches, dahinschmelzendes Tannin, süss von Anfang bis Ende, eine
verschwenderische Erotik!
19/20 trinken
1982 Château Montrose: Mittleres
Weinrot, transparenter, orange-ziegelroter
Rand. Brachiale Terroir-Tiefe, Sommertrüffel, schöne Süsse und sauber wie kaum ein
Montrose aus jener Zeit. Im Gaumen sowohl in der Aromatik wie von der Kraft her
ganz nahe beim Latour des gleichen Jahrgangs, pflaumig, dunkles Malz, konzentriert und mit viel Rückhalt von reifen, weichen Gerbstoffen. Ein grosser, bislang oft
unterschätzter Wein, der feiner und eleganter ist als die höher gelobten – und wesentlich teureren – Jahrgänge 1989 und
1990!
19/20 trinken
1982 Château Phélan-Ségur: Dunkles
Rubin-Granat, satte Mitte, transparenter
Rand. Artisanales Bouquet, braucht viel
Luft und sollte mindestens vier Stunden
vor Genuss dekantiert werden. Im Gaumen
etwas kapselig, zeigt eine nur knapp reife
Cabernet-Kühle und ist auch sonst zurückhaltend und bleibt artisanal, legt aber mit
Luft zu.
18/20 trinken
1982 Château de Marbuzet: Magnumflasche. Leuchtendes Granat. Pfeffriges,
sehr frisches und schlankes Bouquet mit
Himbeerspuren und wilden Kirschen. Im
Gaumen frisch gepflückte Himbeeren, also
noch unglaublich primärfruchtig, saftiger
Fluss, Himbeergeist, ein toller, mittelgewichtiger und geradliniger Wein, just auf
19/20 trinken
dem Höhepunkt.
1982 Château Le Boscq: Magnumflasche: Dunkles, reifendes Weinrot. Öffnendes Bouquet mit erdiger Süsse, eingelegte
Pflaumen, Kochschokolade. Weich und
rund, mittelgewichtig, nicht besonders anspruchsvoll, aber durch den warmen Jahr17/20 austrinken
gang sehr gefällig.
IMPRESSUM
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WEINWISSER
N° 01/2009
JOHANNISHOF
führt. Reife Rieslingfrucht, feiner Beerenton, saftig-gelbe Früchte. Klare, elegante
Fruchtfülle, sinnlich verspielt, ausgewogen,
macht Spass.
18/20 trinken – 2025
2005 Rüdesheimer Berg Roseneck
Riesling Kabinett trocken, Johannishof,
Johannisberg: 12,5% Alk. Puristisch-kla-
rer, leicht nussiger Rieslington. Feinrassigverspielt, schlank, pikante Rasse, gute Länge, delikater Stil mit feinem nussigem
Schmelz und eher verhaltener Frucht, klassisch-seriöser Riesling. 17/20 trinken – 2018
2002 Geisenheimer Kläuserweg
Riesling Kabinett trocken, Johannishof,
Johannisberg: 13% Alk. Fruchtiges Bou-
quet mit Stachelbeeren und Grapefruit.
Saftiger, sehr offener Gaumen, überaus klare Frucht, feine Säure, ein körperreicher
Riesling mit etwas wuchtiger Länge.
16/20 trinken – 2018
1998 Rüdesheimer Berg Rottland
Spätlese, Johannishof, Johannisberg:
Dezentes Karamell, komplexer, vielschichtiger Rieslingduft, die Primärfruchtphase
hinter sich, die faszinierende Reife aber
noch nicht ganz erreicht. Am Gaumen mit
herrlichem Spiel, feiner saftiger Fülle, viel
Finesse und Eleganz, äusserst delikat. Köst18/20 trinken – 2025
lich.
1997 Rüdesheimer Berg Rottland
Riesling Spätlese trocken, Johannishof,
Johannisberg: Sehr feines, subtiles und
klares Rieslingbouquet, florale Noten, zart
nussig, herrlich herangereift. Am Gaumen
pikant, saftig und fruchtig, grüne Noten,
schöner pikanter Säurebiss.
17/20 trinken – 2018
1989 Johannisberger Klaus Spätlese, Johannishof, Johannisberg: Botrytis-
jahrgang. Helles Gold. Feiner, leicht buttriger Botrytisduft verbunden mit eleganter
Reife – passt gut zu kräftigen Suppen.
Fruchtig-eleganter Gaumen, vollmundig,
feinwürzige Fülle, dicht und bereits ziemlich trocken wirkend, viel Spiel, toller Essenswein.
17/20 trinken – 2018
1992 Johannisberger Klaus Spätlese, Johannishof, Johannisberg: Feiner
Rosinenduft, klar, filigran, zart nussig. Am
Gaumen mit tollem Spiel und Finesse, feine Zitrusfruchtnoten, animierende Rheingaurasse, weniger süss als trocken und
fruchtig wirkend.
17/20 trinken – 2015
Weitere Infos: www.weingut-johannishof.de
Bitte ein Bier! Aber aus der
Champagnerflasche.
sr. Nach all den dezemberlichen Schlemmer- und Weinereien war es mal wieder Zeit für ein
Bier. Glücklicherweise hatte mir ein Freund eines mitgebracht. Allerdings war es wie ein
Champagner verpackt – in einer dickwandig-bauchigen 0,75-l-Flasche
mit Naturkorken und Drahtgeflecht. Der Alkoholgehalt des lila etikettierten 1598 Fürst Wallerstein Edition Privée «Spezialbiers» aus D86757 Wallerstein war auch nicht ohne: 9 Vol.-% Alkohol! Wenn das
mal kein Bier für die Fastenzeit ist! Es stamme aus nur einem einzigen
Sud und sei mit Champagnerhefen vergoren, wertet mein Freund sein
wuchtiges Geschenk auf – und liess unter zartem Zischen den Korken
aus der Flasche. Das bernsteinfarbene Gebräu aus Wasser, Hopfen, Gersten- und Weizenmalz schenkte er in ein eigens mitgebrachtes, mundgeblasenes Sauternes-Glas. Von dort verströmte es einen fruchtig-würzigen Duft, der an Hefe, Malz, Getreide, frisch gebackenes Roggenbrot
und hintergründig auch an gedörrte Früchte wie Aprikosen und Datteln sowie an Süssholz
erinnerte. Eine spritzige Erfrischung wird das nicht, dachte ich mir und liess mir von einem
vollen, intensiv würzigen und fruchtig-süssen Geschmack auf elegante und ausgewogen milde Art den Gaumen tapezieren. Die Kohlensäure – mein Freund sagt: «Perlage!» – war zart und
vornehm in den üppigen Teppich integriert, der lang anhaltende Nachgeschmack erinnerte
an Gewürznelken. Nach wenigen Schlücken erschien mir bereits ein bajuwarischer Schweinekrustenbraten oder doch wenigstens ein Kalbsbraten vor dem geistigen Auge. Doch weder
diesen noch jenen hatte mein Freund mitgebracht.
Am nächsten Tag hätte ich mir gerne einen Kasten von diesem obergärigen Bier zur samstäglichen Weisswurst gekauft. Doch zum einen gibt es von dem 1598 – in diesem Jahr nahm
das Haus Fürst Oettingen-Wallerstein erstmalig sein Braurecht wahr – keinen Kasten (sondern nur Champagnerkisten). Und ausserdem kostet so eine Flasche satte 90 Euro und ist
auch gar nicht so leicht zu bekommen. Wenigstens taucht es inzwischen immer häufiger in
der Spitzengastronomie auf, wo man es – als Aperitif oder zu Braten, Blauschimmelkäse oder
Kaffee- und Schokoladendesserts – auch glasweise trinken kann. 18/20 trinken – 31.12.2009
Genussquellen: Sansibar, Sylt; Louis C. Jacob, Hamburg; Hotel Adlon; First Floor im Hotel Palace; Fischers Fritz, alle Berlin; Waldhotel Sonnora – Dreis; Vintage – Köln; Arlberg Hospiz Hotel, St. Christoph
Mehr Informationen auf www.1598.fuerst-wallerstein.de
W E I N E D E S M O N AT S
WeinWisser-Gast des Monats: Stefan
Weiß, 44, stellvertretender Einkaufsleiter der Alois Dallmayr KG, München.
Den privaten Weinkeller
aufzuräumen gehört nicht
gerade zu meinen liebsten
Tätigkeiten, wird oft aber
mit einer unverhofft aufgefundenen Flasche Wein
belohnt. Neulich war es
der 1995er Percarlo San
Giusto a Rentennano von
Martini di Cigala. Dunkles
Granatrot mit hellen Rändern. Weiche,
breit gefächerte Aromatik, Süsskirsche,
Steinpilze, Kakao. Am Gaumen vital,
schöne Textur, feines Tannin, Kirschnoten, sehr attraktiv und noch längst nicht
müde. Langes tragendes Finale. Schluck
für Schluck ein Vergnügen.
18/20
René Gabriel, 51, WeinWisser-Gründer,
Weinenthusiast und -unternehmer, Buchautor.
Das Dörfchen Clessé liegt
zwischen
Chalon-surSaône und Mâcon. Dort
gibt es viele unbekannte
Winzer zu entdecken, die
gute und sehr günstige
Weissweine füllen. Der sehr preiswerte
2006 Viré Clessé von Laurent Huet jedoch ist ein richtig grosser Chardonnay,
der grösste sogar, den ich in seiner
Preisklasse je getrunken habe. Er steht
obligatorisch in meinem Kühlschrank
und macht auch meiner Frau viel Freude
– obgleich sie sonst doch viel lieber die
richtig teuren Weine mag…
17/20
Stephan Reinhardt, 41,
WeinWisser-Chefredakteur
und freier Autor.
Norbert Schus Restaurant
Die Insel in Hannover ist
gerade erst für seine hervorragende
Weinkarte
ausgezeichnet worden. Zu
Recht, denn sie listet nicht
nur Berühmtheiten in allen Formaten, sondern auch Unbekanntes von herausragender Qualität. So
etwa Remy Pedrenos 2006 Roc d’Anglade Vin de pays du Gard blanc, einen trockenen Chenin Blanc der absoluten
Weltklasse: Wuchtige, rauchig-speckige
Nase mit floralen Nuancen und Honignoten. Körperreich, kraftvoll und komplex,
bestechend klare, reintönige Frucht,
kompakte mineralische Struktur, ge19/20
waltige Länge. (20 €)
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