Stadtverträgliche NavigatioN voN lkw iN der Metropole ruhr
Transcrição
Stadtverträgliche NavigatioN voN lkw iN der Metropole ruhr
1 Stadtverträgliche Navigation von Lkw in der Metropole Ruhr Ergebnisse eines Modellversuchs in Dortmund und Hamm 2 Auftraggeber: Auftragnehmer: Wirtschaftsförderung metropoleruhr GmbH Ruhrstraße 1 Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik, 45468 Mülheim an der Ruhr Dortmund Ihre Ansprechpartnerin: Dr. Andrea Hoppe Tel.: 0208 305529-33 [email protected] Logiball GmbH Industrie- und Handelskammer zu Dortmund Märkische Straße 120 44141 Dortmund Ihre Ansprechpartner: Stefan Schreiber Tel.: 0231 5417-289 [email protected] Stefan Peltzer Tel.: 0231 5417-146 [email protected] Herausgeber: Wirtschaftsförderung metropoleruhr GmbH Stadt Dortmund Redaktion: Stadtplanungs- und Bauordnungsamt Wirtschaftsförderung metropoleruhr GmbH Geschäftsbereich 3 – Mobilitätsplanung Martina Behrens Burgwall 14 44122 Dortmund Industrie- und Handelskammer zu Dortmund Stefan Peltzer Ihr Ansprechpartner: Andreas Meißner Grafiken Seite 4: Tel.: 0231 50-23727 Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik/ [email protected] FREIWILD Kommunikation Layout: FREIWILD Kommunikation Titelbild: Stadt Hamm Copyright Wirtschaftsförderung Stadtplanungsamt metropoleruhr GmbH Abt. Verkehrsplanung Technisches Rathaus Mülheim an der Ruhr, November 2010 Gustav-Heinemann-Str. 10 59065 Hamm www.business.metropoleruhr.de Ihr Ansprechpartner: Carsten Gniot Ein Projekt der Wirtschaftsförderung metropoleruhr Tel.: 02381 17-4114 GmbH, der Industrie- und Handelskammer zu Dort- [email protected] mund sowie der Städte Dortmund und Hamm. Stadtverträgliche Navigation von Lkw in der Metropole Ruhr 3 Ausgangssituation: Innerstädtischer Verkehr als besondere Herausforderung für Lkw Zur Versorgung von Industrie, Handel und Dienstleis- umfassende und nachhaltige Lösung, um tung mit Gütern müssen Lkw alle Teile eines Stadtgebietes g befahren können. Dabei geraten Lkw-Fahrer beispielsweise g den innerstädtischen Verkehr zu entlasten, Gewerbe- und Industriestandorte durch bessere in Tempo-30-Zonen, zu enge Straßen oder verursachen Un- Erreichbarkeit zu stärken, fälle, weil sie mit ihren Fahrzeugen an zu niedrigen Brücken g Umweltbelastungen zu reduzieren (Lärmschutz, hängen bleiben. Feststeckende und manövrierunfähige Lkw Luftreinhaltung) und sorgen für Staus, erhöhen die Umwelt- und Lärmbelastung g und strapazieren die Nerven der Anwohner und Pkw-Fahrer. (Reduzierung von Unfallschwerpunkten). die Verkehrssicherheit zu verbessern Fehlerhafte Lkw-Routen sind wirtschaftlich ineffizient für Lkw, Kommunen und Speditionen. Ausgewiesen und entwickelt werden solche höherrangigen Vorrangrouten von den städtischen Verkehrsplanern und In der Metropole Ruhr gibt es erste Lösungsansätze, um Stadtentwicklern, die über Konzepte für einen effizienten diese Situation zu verbessern: So stellen beispielsweise die innerstädtischen Verkehrsstrom verfügen, um die Bürger Städte Dortmund und Hamm (bereits seit 1996) kostenlos zu schützen, Verkehrsbehinderungen zu vermeiden und Lkw-Stadtpläne zur Verfügung. Hamm hat als erste deut- Zeit zu sparen. sche Kommune 2001 einen Lkw-Routenplan im Internet veröffentlicht, der zuletzt 2009 aktualisiert wurde. Auch die Die Städte Hamm und Dortmund, die Industrie- und Han- Stadt Dortmund hat als eine Schlüsselmaßnahme des Mas- delskammer zu Dortmund sowie die Wirtschaftsförderung terplans Mobilität 2005 erstmals einen Lkw-Routenplan metropoleruhr GmbH haben vor diesem Hintergrund ein aufgelegt, welcher alle relevanten Restriktionen wie Durch- gemeinsames Pilotprojekt ins Leben gerufen, um anhand fahrtshöhen, Tonnagebeschränkungen, Tempo-30-Zonen so- der Beispielstädte Hamm und Dortmund Lösungen zu ent- wie Gewerbegebiete enthält. wickeln, mit denen perspektivisch die innerstädtischen Lkw-Verkehrsströme in der Metropole Ruhr optimiert wer- Ein Nachteil dieser Produkte ist jedoch, dass sie bisher ent- den können. weder nur in Papierform oder als Online-Version vorliegen und nicht Bestandteil von Karten in Navigationsgeräten In einem ersten Schritt wurde dazu eine Befragung von 188 sind. Dagegen hat sich die Nutzung von Navigationsgerä- Lkw-Fahrern durchgeführt, um den genauen Sachstand und ten heutzutage durchgesetzt und ist auch bei Lkw-Fahrern die konkreten Bedarfe festzustellen und daraus entspre- etabliert. Eine flächendeckende Verbreitung von Lkw-Rou- chende Maßnahmen abzuleiten. Die Befragung wurde vom tenplänen mit integrierten Vorrangnetzen wäre somit eine Fraunhofer IML im Auftrag der Projektpartner durchgeführt. 4 Ergebnisse der Fahrerbefragung Es wurden in Dortmund und Hamm an neun verschie- Die Fahrerbefragung klärte, welche Hilfsmittel zur Routen- denen Standorten 188 Lkw-Fahrer befragt, denen 25 Fragen wahl eingesetzt werden, welches Potenzial die Nutzung von gestellt sowie eine Übersichtskarte und eine Detailkarte Navigationsgeräten im Sinne der weiteren Projektziele hat vorgelegt wurden, um die konkreten Anfahrtswege zum und auf welche Hindernisse die Fahrer in der Praxis stoßen. Standort einzutragen. Welches Hilfsmittel nutzen Sie für Hatten Sie Probleme mit den vom Navi- die Routenwahl? gationsgerät empfohlenen Routen? Verkehrsnachrichten im Radio 78 Navigationsgerät 50 Beschilderung von Gewerbegebieten 18 20 Spezielles Lkw-Navigationsgerät 15 16 5 3 6 Tour aus Speditionssoftware 4 14 31 42 Karten Routenplanung aus dem Internet 10 7 5 18 14 13 26 39 6 Fehlende Wendemöglichkeit 19 85 39 37 15 Durchfahrtsverbote / Sperrungen 69 9 20 Fehlende Durchfahrtshöhe 73 22 Wohngebiet / Tempo-30-Zone 35 11 33 48 11 32 7 Gewicht 6 11 54 3 4 26 26 63 2 Empfehlung Disponent / Kunde 21 3 75 Breite 3 5 23 69 1 % 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 % 0 10 20 nie nie selten selten häufig häufig immer immer „Zwei Drittel der Fahrer nutzen schon Navigation, allerdings nur ein Fünftel für Lkw.“ 30 40 50 60 70 80 „Pkw-Navigationsgeräte in Verbindung mit geringer Ortskenntnis verursachen häufig Irrfahrten.“ 90 100 Stadtverträgliche Navigation von Lkw in der Metropole Ruhr 5 Karten oder Routenempfehlungen aus dem Internet Grundsätzlich signalisierten aber 75 Prozent der Lkw-Fahrer werden nur selten verwendet und regionale Lkw-Stadtpläne Interesse an einem speziellen Lkw-Navigationsgerät. Bisher sind bei den Fahrern kaum bekannt. Die klassische Ausschil- sprechen jedoch sowohl der Preis als auch fehlerhafte Anga- derung hat dagegen immer noch eine hohe Akzeptanz. Al- ben in den Kartengrundlagen – beispielsweise zu Gewichts- lerdings verfügten lediglich 54 Prozent der befragten Fahrer beschränkungen, Durchfahrtshöhen und verkehrsberuhi- über ausreichende Ortskenntnis, um selbstständig das Ziel genden Maßnahmen – gegen eine Anschaffung. zu finden. Zwei Drittel der Befragten gaben an, sich auf Navigationsgeräte zu verlassen, nur ein Drittel davon nutzte Damit konnte hinsichtlich der Hilfsmittel für Lkw-Fahrer die spezielle Lkw-Navigationsgeräte. Doch auch die Routenfin- Ausgangsvermutung bestätigt werden, dass grundsätzlich dung mit Navigationsgeräten garantiert noch keine prob- das größte Potenzial zur Beeinflussung der Routenwahl lemlose Fahrt. So stießen 63 Prozent der Fahrer auch bei der durch Navigationssysteme zu erzielen ist. Verwendung von Navigationsgeräten auf Behinderungen. Hauptsächlich waren dies zu niedrige Brücken, Wohngebiete und fehlende Wendemöglichkeiten. Vergleich und Auswertung der Lkw-Routen das städtische Verkehrsnetz begeben müssen und damit auf Um die Qualität der Systeme zu vergleichen, wurden die eine richtige Navigation angewiesen sind, desto höher wird gefahrenen Routen zum einen den bestehenden durch die die Fehlerquote beim Versuch, das Ziel auf optimalem Wege Kommunen ausgewiesenen Lkw-Vorrangnetzen und zum zu erreichen. Als Problem wurde zudem von den Fahrern be- anderen den vorgeschlagenen Routen der speziellen Lkw- nannt, dass Brückenhöhen zum Teil nicht mehr aktuell oder Navigation sowie Pkw-Navigation gegenübergestellt. Im Gefahrgutrestriktionen in den Routenempfehlungen noch Einzelnen wurden die vorgeschlagenen Routen von Map & nicht enthalten waren. Guide 5 (Navteq), dem LOGIBALL Business Navigator Truck (Navteq) und TomTom WORK GO 7000 (Teleatlas) für die Die Nutzung von Pkw-Navigationssystemen erwies sich er- Anfahrt aller Standorte analysiert und mit den tatsächlich wartungsgemäß als noch kritischer. Die Fahrer gaben Prob- gefahrenen Routen verglichen. leme durch Irr- oder Fehlfahrten an, insbesondere wenn die Hauptroute wegen Stau oder Baustellen verlassen werden Im Ergebnis zeigte sich, dass die Routenempfehlungen für die musste. Die Fahrer sind zudem auf Strecken navigiert wor- Hauptstrecken gut waren, während sie im direkten Umfeld den, die für den Lkw-Verkehr gar nicht zulässig sind (z. B. der anzufahrenden Unternehmen häufig Fehler aufzeigten. Lkw-Entlastungszone für Transitverkehr). Das bedeutet konkret für die Lkw-Fahrer: Je tiefer sie sich in 6 Lösungsansatz: Die Digitalisierung der Lkw-Routenplanung Um den Wirtschaftsverkehr aus Sicht der Kommunen auf le Bauvorhaben und damit verbundene neue Restriktionen den optimalen Routen zu den Gewerbegebieten zu leiten, noch nicht in den Navigationsdatenbeständen verzeichnet ist die Definition eines Lkw-Vorrangnetzes unverzichtbare waren. Es gab aber auch den umgekehrten Fall, dass es Lkw- Basis für die Qualitätsverbesserung der Navigationskarten. Restriktionen z. B. bei NAVTEQ gab, die in der Realität schon Durch die Definition der Routen zu Gewerbestandorten längst behoben worden waren. können die Kommunen so aktiven Einfluss auf die Routenempfehlungen in Navigationsgeräten nehmen. In einem nächsten Schritt sollten die kommunal definierten Vorrangnetze in ein navigationstaugliches Format übertra- Die bestehenden Lkw-Stadtpläne in Dortmund und Hamm gen werden. Dies bietet den entscheidenden Vorteil, dass liegen bisher nicht in einem Format vor, das handelsübliche der Lkw-Verkehr auf geeigneteren, wirtschaftlicheren Rou- Navigationssysteme verarbeiten können. Ein wesentliches ten zum Ziel führt und damit gleichzeitig stadtverträglicher Projektziel besteht darin, einen pragmatischen, preiswerten wird, weil weniger Anwohner belastet werden. Nach einge- und effizienten Weg für die Umwandlung in ein navigati- hender Überprüfung verschiedener Handlungsmöglichkei- onsfähiges Grundlagenformat (hier GDF 4.0) zu finden und ten hat sich die Erstellung einer Schnittstelle für Kommu- zu beschreiten. nen als bester Weg erwiesen, da so alle Veränderungen des Netzes selbstständig weitergegeben werden können. Als Grundlage, um die Möglichkeiten einer solchen Digitalisierung zu überprüfen, wurde das aktuelle Datenmaterial Die technische Implementierung der Lkw-Routenpläne von der Firma NAVTEQ bzw. Teleatlas herangezogen. Hamm und Dortmund wurde exemplarisch umgesetzt. Im Jahr 2011 werden diese Daten erstmals in Navigationsge- Im Rahmen des Abgleichs des aktuellen Navigationsnetzes räten verfügbar sein. Die Navigation in diesen Städten wird mit den Routenplänen aus Dortmund und Hamm wurden dann qualitativ besser sein als an jeder anderen Stelle in die bestehenden Breiten-, Höhen-, Längen, und Gewichts- Deutschland. Dieser Wettbewerbsvorteil soll auf die gesam- beschränkungen im Navigationsdatenbestand kontrolliert te Metropole Ruhr ausgedehnt werden. und ergänzt. Dabei wurde festgestellt, dass einige aktuel- Stadtverträgliche Navigation von Lkw in der Metropole Ruhr 7 Ausblick Die Ergebnisse des Pilotprojektes haben gezeigt, dass die Definition von Lkw- Vorrangrouten und die Überprüfung der Daraus leiten sich als Handlungsempfehlung folgende nächste Schritte ab: Angaben in den bestehenden Navigationskarten die Qualität des Lkw-Routings in Städten erheblich verbessern kann. 1. Präzisierung der Mustervorgehensweise zur Erstellung Vor allem die Übertragung der Lkw-Vorrangnetze in die Lkw- von Routennetzen der Städte. Hierzu sollte ein Standard Navigation bedeutet einen qualitativen Quantensprung so- entwickelt werden, der die Lkw-spezifischen Daten definiert, wohl für die Fahrer als auch die Kommunen, die Interesse die als Kernpunkte für die Anreicherung der Karten dienen. daran haben, die Lkw stadtverträglich zu lenken. Die Erarbeitung und Bündelung dieser Daten in den Kommunen stel- 2. Entwicklung eines Erfassungsclients für die kommunalen len unverzichtbare Informationen dar für den jetzigen, aber Partner, der es den Städten ermöglicht, mit geringem Auf- auch für alle denkbaren zukünftigen technischen Standards wand direkt die Informationen in ein gut verständliches Sys- zur Steuerung von Verkehren und damit für die Organisati- tem zu integrieren. Diese Vorgehensweise hätte verschiede- on von Mobilität insgesamt. ne Vorteile: Jede Kommune behält die Datenhoheit und der Erfassungsaufwand durch Dienstleister wird minimiert. Sowohl die Kommunen als auch die Navigationskartenanbieter wie z. B. die Firma NAVTEQ haben ein hohes Interes- 3. Wenn die Navigationsdaten für eine Region wie z. B. die se daran, dass Informationen zu Lkw-Vorrangrouten in den Metropole Ruhr qualitätsgesichert, einheitlich und auch Städten Eingang in Lkw-Kartenmaterial und Navigationsge- herstellerneutral verfügbar sein sollen, dann muss neben räte finden. der technischen Realisierung auch der Betrieb einer Plattform organisiert werden. Hierfür könnte sich der Ruhrpilot Sjon Kuijpers, Produktmanager Europa: „Unser Karten- material wird ständig verbessert und erweitert. Hierbei ist dieses Projekt sehr interessant für uns.“ In vielen Städten liegen bereits Lkw-Routenpläne vor oder sind in Vorbereitung. Sie könnten zusätzlich zu den Produkten aus Hamm und Dortmund genutzt werden. anbieten, der über ausreichend Erfahrung mit der Bündelung kommunaler Verkehrsdaten verfügt und weiterhin sicherstellen kann, dass die Datenhoheit auch in Zukunft in öffentlicher Hand bleibt. 8 business.metropoleruhr.de