Personengesellschaftsrecht Internationales und Europäisches

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Personengesellschaftsrecht Internationales und Europäisches
Recht der
Personengesellschaften
- Internationales und Europäisches
Personengesellschaftsrecht Dr. Sebastian Mock, LL.M.(NYU)
Attorney-at-Law (New York)
dienstags, 12.15 – 13.45, Phil B
A. Internationales Gesellschaftsrecht
I. Gesellschaftssitz und anwendbares Recht
• Sitzproblematik im nationalen Kontext weitgehend uninteressant, da
einheitliche Rechtsanwendung
• entsprechend auch nur vereinzelt geregelt (vgl. etwa § 5 AktG, § 4a
GmbHG) keinerlei Regelung im Personengesellschaftsrecht
• grundlegende Unterscheidung im Gesellschaftsrecht zwischen Satzungsund Verwaltungssitz
Satzungssitz der
Gesellschaft
In der Satzung festgelegter Ort
der Entscheidungsfindung der
Gesellschaft und deren Leitung
Verwaltungssitz der
Gesellschaft
Ort der tatsächliche
Entscheidungsfindung der
Gesellschaft und deren Leitung
A. Internationales Gesellschaftsrecht
II. Ausgangsbasis: Sitztheorie
• vor allem in Kontinentaleuropa verbreitete Auffassung
• effektiver Verwaltungssitz bestimmt das anwendbare Gesellschaftsrecht
• Schutz der Drittbetroffenen vor „Ort“ (Gläubiger, Arbeitnehmer usw.),
da diese bei der Gründung der Gesellschaft nicht hinzugezogen werden
• „Abwehr“-Theorie keine tatsächliche Verlegung möglich Verhinderung eines Wettbewerbs der Gesellschaftsrechte
• keine ausdrückliche Regelung Entwicklung durch Richterrecht
Frankreich
Deutschland
Frankreich
Deutschland
deutsches Gesellschaftsrecht anwendbar
deutsches Gesellschaftsrecht mit sofortiger
Liquidationsfolge anwendbar
A. Internationales Gesellschaftsrecht
III. Alternatives Regelungskonzept: Gründungstheorie
•
vor allem im angloamerikanischen Recht verbreitet
•
Gründungsort ist maßgebliches Gesellschaftsrecht
•
Schutz Dritter nicht notwendig, da sich diese vertraglich
individuell absichern können und deliktische Ansprüche verbleiben
keine Veränderung des anwendbaren Gesellschaftsrechts – Mobilität
der Gesellschaften
Delaware
New York
Delaware
New York
Recht von Delaware bleibt
anwendbar
Recht von New York bleibt
anwendbar
B. Europäisches Gesellschaftsrecht
• Problem der Vereinbarkeit der Sitztheorie mit der Niederlassungsfreiheit
• Auflösung der Kollision durch die Rechtsprechung des EuGH in den
Entscheidungen Centros (1999), Überseering (2002), Inspire Art
(2003)
1. grundsätzliche Anwendung des Gründungsrechts
2. Sonderanknüpfung aus Gründen des Gläubiger- und
Arbeitnehmerschutzes grundsätzlich möglich, aber wohl
nicht zu rechtfertigen
3. Gleichstellung von Wegzugs- und Zuzugsbeschränkungen
umfassende Mobilität von
Gesellschaften in Europa
C. Europäische Wirtschaftliche
Interessenvereinigung (EWIV)
• Schaffung einer supranationalen Gesellschaftsform durch den
Europäischen Gesetzgeber im Jahr 1985 EWIV-VO – keine Schaffung
weiterer supranationaler Personengesellschaften (aber der
Europäischen Aktiengesellschaft und der Europäischen Privatgesellschaft)
• Sitzverlegung grundsätzlich ohne Bedeutung für die Identität der
Gesellschaft
• Zielsetzung der Schaffung einer Rechtsform zur Kooperation von
Unternehmen aus verschiedenen Mitgliedstaaten
• anwendbares Recht
o EWIV-VO
o EWIV-Ausführungsgesetz
o Anwendung nationalen Rechts des Sitzstaates Art. 2 EWIV-VO
(in Deutschland der §§ 105 ff. HGB)
• keine große praktische Bedeutung
o lediglich 160 EWIV in Deutschland
o fehlende tatsächlichen Vorteile
o Notwendigkeit eines grenzüberschreitendes Bezugs
C. Europäische Wirtschaftliche
Interessenvereinigung (EWIV)
• Gründung
o Vertragsschluss Mindestanforderungen in Art. 5 EWIV-VO
o Gründung durch Gesellschaften nach Art. 48 EG (ex. 58) oder natürliche
Personen (Art. 4 EWIV-VO)
o Rechtsfähigkeit (Art. 1 II EWIV-VO)
• Geschäftsführung und Vertretung
o Geschäftsführung durch natürliche Personen (Art. 19 EWIV-VO) keine
Selbstorganschaft
o Vertretung durch Einzelvertretung (Art. 20 EWIV-VO)
• Mitgliedschaft
o Einsichtsrecht (Art. 18 EWIV-VO)
o freie Übertragbarkeit unter Zustimmungsvorbehalt (Art. 22 EWIV-VO)
• Finanz- und Haftungsverfassung
o Gesamthandsgemeinschaft
o unbeschränkte persönliche Haftung der Gesellschafter für die
Verbindlichkeiten der Gesellschaft (Art. 24 EWIV-VO)
• Liquidation und Insolvenz
o Auslösung durch einstimmigen Beschluss oder Erreichung bzw. Fortfall des
Unternehmenszweck oder durch Zeitablauf oder durch gerichtliche Anordnung
(Art. 31 EWIV-VO)
o Anwendung nationalen Insolvenzrechts (Art. 36 EWIV-VO)