PDF (Poster) - Universität Hamburg

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Nachfrage nach Öko-Lebensmitteln:
Ergebnisse einer repräsentativen Verbraucherstudie
Heike Kuhnert, Peter H. Feindt, Stephan Wragge, Volker Beusmann
Forschungsschwerpunkt Biotechnik, Gesellschaft und Umwelt, Universität Hamburg
Problemstellung
Methoden
Der erste deutsche BSE-Fall im November 2000 hat zu heftigen Reaktionen der Verbraucher bei der Lebensmittelnachfrage geführt. Der Rindfleischkonsum brach im Dezember 2000 und Januar 2001 um fast 70 % im
Vergleich zu den Vorjahresmonaten ein, während andere Produkte deutlich
in der Verbrauchergunst stiegen. Auch der Markt für ökologisch erzeugte
Produkte profitierte deutlich von der BSE-Krise. Vor diesem Hintergrund
stellte sich die Frage, ob die genannten Veränderungen möglicherweise
Ausdruck eines veränderten Verbraucherbewusstseins sind.
Die zentrale Arbeitshypothese der Untersuchung lautete demzufolge:
Die deutsche BSE-Krise hat zu Bewusstseinsänderungen beim Verbraucher gegenüber der Lebensmittelproduktion und gegenüber Lebensmitteln
geführt. Im Zuge dieser Veränderungen hat sich die Wertschätzung
ökologisch erzeugter Lebensmittel erhöht.
• Literaturanalyse bisheriger Untersuchungen zur Nachfrage nach ÖkoLebensmitteln und Veränderungen der Verbrauchernachfrage im Zuge
der BSE-Krise
• Verbraucherbefragung
• Computer gestützte Telefonbefragung durch TNS Emnid
• Zielgruppe: 2.000 haushaltsführende Personen im Alter von 18-75 J.
• Erhebungsregion: Bundesrepublik Deutschland
• Stichprobenziehung: Dreistufiges Auswahlverfahren im ADM-Design1)
• Zeitraum der Befragung: 17.09. - 01.10.2001
• Statistische Auswertung der Daten in SPSS
Ergebnisse
4 Die erwartete Bewusstseinsänderung konnte mittels der erhobenen
Daten nicht festgestellt werden.
Wichtigkeit von Kriterien beim Lebensmitteleinkauf und
vergleichende Bewertung ökologischer und herkömmlicher
Lebensmittel im Hinblick auf diese Kriterien (n = 2.000)
völlig unwichtig
1
teils/teils
2
3
4 Aus unseren Daten lässt sich insgesamt ein positives Meinungsbild für
den ökologischen Landbau und seine Produkte ableiten.
sehr wichtig
4
5
4 Die ökologische Erzeugung hat als kaufentscheidendes Merkmal im
Vergleich zu früheren Studien kaum an Bedeutung gewonnen.
4 Auch die Ergebnisse zur Zahlungsbereitschaft zeigen, dass die akzeptierten Preisaufschläge für Bio-Produkte im Vergleich zu älteren Untersuchungen nicht gestiegen sind - und damit auch nicht die allgemeine
Wertschätzung für Bio-Produkte, soweit sie über die Zahlungsbereitschaft messbar ist.
Geschmack
Artgerechte Tierhaltung
Gesundheitsaspekt
Frische und Reife
Glaubwürdige Produktkennzeichnung
Preis-Leistungsverhältnis
4 Das Ergebnis der vergleichenden Bewertung von Öko-Produkten mit
herkömmlichen Produkten im Hinblick auf ausgewählte Kriterien zeigt,
dass Öko-Lebensmittel im Durchschnitt bei den meisten Kriterien etwas
besser bewertet werden (siehe nebenstehende Abbildung). Die ÖkoProduktvarianten werden vor allem als artgerechter erzeugt, naturbelassener, gesünder sowie reicher an Vitamin- und Mineralstoffen
wahrgenommen. Die größten Schwachstellen von Öko-Produkten bestehen aus der Sicht der Befragten im Hinblick auf die Kriterien „niedriger
Preis“, „Preis-Leistungs-Verhältnis“ und „glaubwürdige Produktkennzeichnung“.
Vitamin- und Mineralstoffreichtum
Schonende Verarbeitung
Naturbelassenheit
Freiheit von Gentechnik
Umweltfreundlichkeit der Verpackung
Appetitliches Äußeres
Herkunft aus ökologischem Landbau
Regionale Herkunft
Niedriger Preis
Haltbarkeit
Einfach und bequem bei Zubereitung
Kalorienarmut
-2
viel schlechter
-1
0
kein Unterschied
1
2
viel besser
Fragestellung:
a) Wie wichtig sind Ihnen folgende Kriterien beim Einkauf von Lebensmitteln?
1 = völlig unwichtig, 2 = unwichtig, 3 = teils/teils, 4 = wichtig, 5 = sehr wichtig
b) Und wie bewerten Sie Lebensmittel aus ökologischem Landbau in Bezug auf das jeweilige
Kriterium?
-2 = viel schlechter, -1 = etwas schlechter, 0 = kein Unterschied, 1 = etwas besser, 2 = viel besser
4 Der ökologische Landbau wird von den Befragten vor allem mit artgerechter Tierhaltung und Umweltfreundlichkeit in Verbindung gebracht.
Bei gleichzeitig geringer Kenntnis der gesetzlichen Regelungen deutet
dies darauf hin, dass Produkte, die zumindest eines dieser Kriterien erfüllen, häufig als Öko-Produkte gekauft werden.
4 Die Ergebnisse zum Informationsbedarf lassen insgesamt den Schluss
zu, dass seitens der Verbraucher ein Informationswunsch zum Thema
Öko-Produkte/-Landbau besteht. Am wichtigsten werden Informationen
darüber empfunden, wie man echte Öko-Produkte erkennt.
Fazit
Vor dem Hintergrund der Ergebnisse, der durch Studien zur Wirkung von
Lebensmittelskandalen auf die Verbrauchernachfrage bestätigt wird, kann
davon ausgegangen werden, dass Skandale in der konventionellen Landund Ernährungswirtschaft nicht zwangsläufig - und vor allem nicht nachhaltig
- zugunsten der Nachfrage nach Öko-Produkten wirksam sind. Das auch
Skandale innerhalb des Öko-Sektors nicht ohne Folgen bleiben, hat der
Nitrofenskandal im Frühjahr 2001 gezeigt.
Die vorliegenden Umfrageergebnisse und auch die Reaktionen der
Verbraucher auf den Nitrofenskandal zeigen, dass der wahrgenommene
Nutzen von Bio-Produkten noch unzureichend ist. Dem muss zum einen
durch Verbesserungen auf Produktebene (einschließlich umfassender
Qualitätssicherung) und im Vertrieb entgegengewirkt werden.
Zum andern gilt es, das vorhandene Angebot bekannter zu machen,
Glaubwürdigkeitsdefizite abzubauen und den Nutzen von Bio-Produkten
beim Verbraucher zu verankern, damit vorhandene Nachfragepotenziale
auch tatsächlich realisiert werden.
Weiterführende Literatur
Die ausführlichen Ergebnisse der Studie sind als BIOGUMForschungsbericht 1/2002 und 2/2002 erschienen und unter
www.biogum.uni-hamburg.de/lawi/ unter der Rubrik Projekte abrufbar.
1)
ADM = Arbeitskreis Deutscher Marktforschungsinstitute
Die Verbraucherstudie ist Teil des vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft geförderten Projektes 99HS025
„Ausweitung des ökologischen Landbaus in Deutschland - Voraussetzungen, Strategien, Implikationen, politische Optionen“. Sie wurde in
beratender Funktion von Prof. Dr. Ulrich Hamm, FH Neubrandenburg begleitet.
Für die Unterstützung bei der Erstellung des Posters geht ein herzlicher Dank an unsere Kollegin Dr. Susanne Stirn und an Dr. Gerd H. Pfotzer von i-con.de.