Wenn du Zweiter bist, hast du verloren

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Wenn du Zweiter bist, hast du verloren
LOKALSPORT
DER HINTERGRUND
„Wenn du Zweiter bist, hast du verloren"
BOXEN: VT-Sportler trainieren diese Woche mit Mentaltrainer - Ausgeglichene Psyche wichtig
VON UNSEREM REDAKTEUR
MAREK NEPOMUCKY
t Die Erfolgsphilosophie hängt im
schmuddeligen Boxraum der VT Frankenthal an der Wand. Auf weißem
Hintergrund hat Eberhard Porombka,
Sozialpädagoge und Mentaltrainer, in
blauer Farbe das Schaubild aufgezeichnet, das den Boxern der VT Frankenthal zu weiteren Erfolgen verhelfen soll.
Erfolge hängen nämlich nicht nur
von der Physis, sondern auch von der
Psyche ab, sagt VT-Boxtrainer Ludwig
Braus. „Wenn du in der Spitze bleiben
willst, musst du psychisch stabil
sein", sagt Braus. Die mentale Ausgeglichenheit soll Porombka bringen.
Der 47 Jahre alte Franke war die Woche über bei der VT und brachte den
zehn Teilnehmern eine „jahrtausendalte Philosophie" näher: Tai-Chi und
Qi Gong. Heute endet das fünftägige
Seminar. „Ich wollte mit der Veranstaltung unseren Athleten die Möglichkeit schaffen, nicht nur im Sport,
sondern auch im Beruf und der Schule sich auf das Wesentlichste zu konzentrieren und damit Erfolg zu haben", erläutert Braus die Beweggründe für die Verpflichtung von Porombka.
Die Früchte dieser Mentalwoche
werden aber später geerntet. Denn
der Sozialpädagoge gibt zu, dass sich
der Erfolg mittelbar einstellt. Die Athleten müssten seine Techniken regelmäßig anwenden. 30 bis 40 Minuten
täglich würden durchaus ausreichen.
Das haben die Handball-Damen
von Montex in Polen erfahren. Diese
Mannschaft betreute Porombka seinen Ausführungen zufolge vier Jahre
lang. Die Erfolge sind beachtlich:
Montex gewann vier Meisterschaften,
einmal den IHF-Pokal - mit dem Uefa-Pokal im Fußball vergleichbar und wurde zweimal Zweiter im IHFPokal. 2003 endete das Engagement
aber. Der Hauptsponsor des Vereins
habe sich zurückgezogen und somit
wurde Porombka wegrationalisiert.
Gegenwärtig stehe er in Kontakt mit
der Ski-Nationalmannschaft aus Südtirol. Zur VT Frankenthal kam der Mentaltrainer durch Zufall. Ein befreundeter Arbeitskollege von Ludwig Braus
empfahl diesem den in Schleswig-Holstein wohnenden Porombka. Die Kosten für ihn löhnen die Boxer selbst,
versichert Braus.
Dafür sollen sie aber auch ihren
Nutzen ziehen. „Wenn du im Boxen
Mentaltrainer Eberhard Porombka (vorne) gab den Boxern der VT Frankenthal (im Hintergrund von links: Dejan
Vukoicic und Ricardo Kwiek) einen Einblick in das Mentaltraining. Der gebürtige Franke führte mit seinen Methoden eine polnische Handball-Mannschaft zum Sieg in einem europäischen Wettbewerb.
—FOTO: BOLTE
Zweiter bist, hast du verloren", plakatiert der VT-Trainer. Porombka solle
nun dazu beitragen, dass die Kämpfer
nicht Zweiter werden. Allerdings
dämpft Braus seine eigenen Erwartungen. Bei Anfängern zeige dieses Training sicherlich schneller Wirkung als
bei Sportlern, die seit acht oder neun
Jahren auf hohem Niveau kämpfen,
weiß er. „Sie steigern sich am Anfang
um einige Prozente", sagt Porombka.
Bei den erfahrenen Athleten wäre die
Spannbreite geringer. Jedoch würde
bei diesen auch schon eine Kleinigkeit ausreichen, um zu gewinnen. „In
der Spitze geht es eng und ausgeglichen zu und durch das Mentaltraining ist man am Ende eben stärker",
sagt Porombka. Seine Philosophie
würde aber dem ambitionierten und
talentierten Amateur etwas bringen.
„Vor einem Wettkampf ist ein Sportler angespannt. Er soll dann gewisse
Dinge nicht an sich ran lassen", sagt
Porombka. Mit seinen Techniken würde er die Umwelt vergessen und alles
in Emotionen umwandeln. Ludwig
Braus präzisiert das Beispiel: Schwergewichts-Boxer würden immer als
letztes kämpfen. Bis dahin würden sie
abgelenkt und von außen beeinflusst.
„Sie müssen sich da abschotten und
ihre Energie und Kraft bündeln."
Auf die eigene Mitte einstellen
Das Mentaltraining setzt sich aus einer Kombination aus Tai-Chi und Qi
Gong zusammen. Die Athleten sollen
die Energetik in ihrem Körper fühlen
sowie die Energie spüren, die sich
durch die Techniken freisetzt und negative Erlebnisse sowie Spannungen
löst. Porombka will den Sportlern den
„Zustand Zentrieren" einimpfen.
Zentrieren ist laut Duden: sich auf
die eigene Mitte einstellen und von
dort aus alles zentriert wahrnehmen.
Zentrieren konkurriere laut Porombka mit Konzentrieren. Konzentrieren laut Duden bedeutet: sich von
der Mitte aus auf verschiedene Dinge
einstellen. Doch das Konzentrieren
koste zu viel Zeit und Energie, behauptet der Mentaltrainer. Dadurch
schlichen sich Fehler im Spiel ein.
Beim Zentrieren dagegen würde das
Bewusstsein zu 100 Prozent die Steuerung des Körpers und der Denkeinheit übernehmen. Dies ließe den
Sportler unmittelbar und fehlerfrei
im Rahmen der jeweiligen Fähigkeiten handeln. „Der Boxer soll dadurch
spüren, fühlen, wo der nächste
Schlag hingeht", beschreibt Porombka. Dadurch könne er schneller
ausweichen und seinerseits eine Gerade oder einen Haken schlagen. Im
Mannschaftssport würde dies bedeuten, dass Spieler nicht unnötig auf
dem Platz umherirren, sondern dort
hinlaufen würden, wo der Ball auch
hinkommen solle. Dabei rezitiert der
Mentaltrainer ein Zitat des berühmten Eishockey-Stars Wayne Gretzki:
„Die meisten Spieler sind sehr gut.
Aber sie machen den Fehler, dass sie
da hin laufen, wo der Ball schon ist."

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