RFID im Supply Chain Management

Transcrição

RFID im Supply Chain Management
RFID im Supply Chain Management
Auswirkungen und Handlungsempfehlungen
am Beispiel der Automobilindustrie
DISSERTATION
der Universität St. Gallen,
Hochschule für Wirtschafts-,
Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG)
zur Erlangung der Würde eines
Doktors der Wirtschaftswissenschaften
vorgelegt von
Martin Strassner
aus
Deutschland
Genehmigt auf Antrag der Herren
Prof. Dr. Elgar Fleisch
und
Prof. Dr. Frank Straube
Dissertation Nr. 3112
Deutscher Universitäts-Verlag, Wiesbaden 2005
Die Universität St. Gallen, Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften (HSG), gestattet hiermit die Drucklegung der vorliegenden Dissertation, ohne
damit zu den darin ausgesprochenen Anschauungen Stellung zu nehmen.
St. Gallen, den 30. Juni 2005
Der Rektor:
Prof. Ernst Mohr, PhD
Geleitwort
Im Erscheinungsjahr der vorliegenden Arbeit von Martin Strassner zählt Radio Frequency Identification (RFID) zu den am meisten strapazierten Begriffen im Bereich
technologieinduzierter Innovation: Wirtschaftsjournale widmen dem Potenzial der
RFID-Technologie ihre Titelgeschichte, Konferenzveranstalter starten neue Veranstaltungsserien, Verleger neue Zeitschriften und Technologiehersteller wie Berater kreieren neue Produkte.
Dabei ist die neue „Wundertechnologie“ seit über vier Jahrzehnten am Markt verfügbar und in zahlreichen Nischenanwendungen – vom Autoschlüssel über Zutrittssysteme bis hin zur Identifikation von Haustieren – heute nicht mehr wegzudenken. Warum
sollte der schon so oft angekündigte Siegeszug von der Spezial- zur Massenanwendung gerade jetzt – oder überhaupt – stattfinden? Handelt es sich bei RFID nicht einfach um den nächsten Hype nach „E-Business“ und „Knowledge-Management“?
Die Ergebnisse aus den Forschungsprojekten des M-Labs und der Auto-ID Labs lassen
vermuten, dass RFID und verwandte Technologien eine solide technische Basis für
betriebswirtschaftliche Innovationen schaffen: RFID ermöglicht die Automation der
Integration der realen mit der digitalen Welt (etwa zwischen einem physischen Lager
und dem Warenwirtschaftssystem) und führt zu einer Reduktion der Kosten der Dateneingabe bzw. der Kosten zur Messung eines Zustands der realen Welt. Da Unternehmen nur managen können was sie auch messen können, wirken sich sinkende
Messkosten stark auf die Qualität und Form des Managements aus.
Martin Strassner zählt zu den ersten, die ihre wissenschaftliche Arbeit den betriebswirtschaftlichen Effekten der maschinellen Datenerfassung aus der Realwelt („machine sensing“) widmen. Als Anwendungsgebiet wählt er dazu die Wertschöpfungskette
der Automobilindustrie und erreicht damit zwei beachtenswerte Ergebnisse: Einerseits
legt er die wissenschaftlichen Grundlagen zur Neugestaltung von Managementregelkreisen auf Basis einer höheren Qualität an Messdaten. Andererseits zeigt er einen
praktikablen Entwicklungspfad der Realwelt-Integration in der Automobilindustrie auf
und kann so stabile Gestaltungshinweise für den Einsatz von RFID ableiten – von der
Verfolgung von Spezial- und Standardbehältern bis zum „Tracken“ einzelner Reifen.
Es gelingt Martin Strassner damit, die betriebswirtschaftlich relevanten Aspekte von
RFID schärfer zu fassen und mögliche Auswirkungen in der Automobilindustrie wohltuend nüchtern darzustellen.
Prof. Dr. Elgar Fleisch
Vorwort
Die vorliegende Arbeit „RFID im Supply Chain Management“ ist das Ergebnis einer
mehr als dreijährigen wissenschaftlichen Tätigkeit an den Instituten für Wirtschaftsinformatik und für Technologiemanagement der Universität St. Gallen. Dort forschte der
Autor im Rahmen des „Mobile and Ubiquitous Computing Lab“ (M-Lab) und des Auto-ID Lab St. Gallen in enger Kooperation mit Teamkollegen, Wissenschaftlern von
Auto-ID Labs anderer Universitäten und des Stanford Global Supply Chain Management Forums sowie mit Industriepartnern. Dieses Umfeld förderte den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis, indem es eine kritische Reflexion der auf wissenschaftstheoretischen Weg gewonnenen Ergebnisse mit Anforderungen der Praxis ermöglichte.
Das Forschungsziel des M-Lab, die Bewertung der betriebswirtschaftlichen Auswirkungen mobiler und ubiquitärer Informationstechnologien, bietet Forschern noch zahlreiche offene Fragestellungen. Wurde bisher die Informationstechnologie primär als
Mittel der Vernetzung von Menschen, Abteilungen und Unternehmen gesehen, geht es
beim Ubiquitous Computing um die Vernetzung von beliebigen Dingen. RFID (Radiofrequenzidentifikation) ermöglicht einen Schritt in diese Richtung. Die Technologie
bewirkt eine informatorische Aufrüstung beliebiger Gegenstände. Es entstehen sog.
smarte Dinge mit der Fähigkeit zur Integration mit IT-Systemen. Wie smarte Dinge
Prozesse verändern und neue Geschäftsmodelle begründen, zeigt diese Arbeit am Beispiel des Supply Chain Managements der Automobilindustrie.
An dieser Stelle möchte ich allen danken, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen
haben. Mein größter Dank gebührt Prof. Dr. Elgar Fleisch für die wissenschaftliche
Betreuung und das angenehme und praxisnahe Forschungsumfeld. Die enge Zusammenarbeit, die wissenschaftliche Basis des Netzwerkunternehmens und sein besonderes Interesse am Forschungsziel der Dissertation haben mir stets neue Impulse
gegeben. Prof. Dr. Frank Straube danke ich herzlich für die Übernahme des Korreferats und die konstruktive Unterstützung, was ihm trotz der räumlichen Trennung nach
seiner Berufung an die TU Berlin hervorragend gelang. Prof. Dr. Friedemann Mattern
von der ETH Zürich danke ich für seine frischen Ideen, die ihn zu einem Vordenker
des Ubiquitous Computing machen.
Den Projektleitern des M-Lab Dr. Oliver Christ und Dr. Frédéric Thiesse, meiner
Forschungskollegin Sandra Gross sowie meinen Forschungskollegen Bruno Käslin,
Christian Flörkemeier, Christian Tellkamp, Lars Dittmann, Matthias Lampe, Thomas
Schoch und Thorsten Staake danke ich für die angenehme und teamorientierte Zusammenarbeit. Ebenso bedanke ich mich für die umfangreiche Unterstützung aus der
VI
Vorwort
Praxis, ganz besonders bei Axel Bülow (SAP-SI AG), Dr. Rüdiger Meier (VDA
e.V.), Thomas Finkbeiner (CSC Ploenzke AG), Dr. Markus Dierkes (Intellion AG)
und beim Schweizerischen Nationalfonds (SNF), der meinen Forschungsaufenthalt
bei Prof. Hau Lee an der Stanford University zur Fertigstellung dieser Dissertation
ermöglicht hat.
Stanford, im Juli 2005
Martin Strassner
Inhaltsübersicht
1
Einführung ................................................................................................... 1
1.1
Ausgangslage und Handlungsbedarf ............................................................. 1
1.2
Forschungsfragen und Ergebnisse ................................................................. 6
1.3
Einordnung und Abgrenzung......................................................................... 8
1.4
Forschungskonzeption ................................................................................. 13
1.5
Aufbau der Arbeit ........................................................................................ 18
2
Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes............................... 20
2.1
Koordinationstheorie und Integration.......................................................... 20
2.2
Informationsmanagement ............................................................................ 31
2.3
Supply Chain Management.......................................................................... 40
2.4
Auto-ID-Systeme ......................................................................................... 54
3
Supply Chain Management in der Automobilindustrie......................... 66
3.1
Aktuelle Situation und Herausforderungen der Branche............................. 66
3.2
Strategische Herausforderungen für das SCM ............................................ 72
3.3
Abgrenzung kritischer Prozesse und Aufgaben........................................... 77
3.4
Status des Einsatzes von IT-Systemen ........................................................ 87
4
Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme.................... 98
4.1
RFID als eine Koordinations- und Integrationstechnologie ........................ 99
4.2
Erster Effekt: Substitution manueller Koordination.................................. 111
4.3
Zweiter Effekt: Netzwerkanwendungen durch Diffusion von RFID.......... 122
4.4
Dritter Effekt: Neue Prozesse und Geschäftsmodelle ............................... 133
4.5
Kosten-Nutzen-Bewertung von RFID-Anwendungen .............................. 141
VIII
5
Inhaltsübersicht
Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis ................................ 153
5.1
Auswahl und Aufbereitung von Fallstudien.............................................. 153
5.2
Management von Spezialgestellen bei Volkswagen ................................. 157
5.3
Management von Standardbehältern bei Volkswagen .............................. 163
5.4
Einsatz von RFID-Kleinladungsträgern in der Automobilindustrie .......... 170
5.5
Überseeversand von Packstücken bei der BLG IL.................................... 176
5.6
Reifenverfolgung in der Distribution von Continental.............................. 181
5.7
Auswirkungen aus Perspektive des Wertschöpfungsnetzwerkes .............. 188
6
Zusammenfassung und Ausblick ........................................................... 199
6.1
Beantwortung der Forschungsfragen......................................................... 200
6.2
Wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn....................................................... 203
6.3
Handlungsempfehlungen für die Praxis .................................................... 207
6.4
Das informatisierte Liefernetzwerk als reale Virtualität?.......................... 212
Literaturverzeichnis ................................................................................................. 215
Anhang A Verwendete Theorien und Konzepte .................................................... 257
Anhang B Empirische Erhebung............................................................................. 258
Anhang C Interviewverzeichnis .............................................................................. 265
Inhaltsverzeichnis
IX
Inhaltsverzeichnis
1
Einführung ................................................................................................... 1
1.1
Ausgangslage und Handlungsbedarf ............................................................. 1
1.2
Forschungsfragen und Ergebnisse ................................................................. 6
1.3
Einordnung und Abgrenzung......................................................................... 8
1.4
Forschungskonzeption ................................................................................. 13
1.5
Aufbau der Arbeit ........................................................................................ 18
2
Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes............................... 20
2.1
Koordinationstheorie und Integration.......................................................... 20
2.1.1 Ressourcenkonflikte als Ursache für Koordinationsbedarf......................... 20
2.1.2 Integration als Mittel der Koordination....................................................... 23
2.1.3 Gestaltungsmodelle der Koordination und Integration ............................... 27
2.2
Informationsmanagement ............................................................................ 31
2.2.1 Information als betriebliche Ressource ....................................................... 32
2.2.2 Höhere Informationsqualität durch Vermeidung von Medienbrüchen ....... 35
2.2.3 Echtzeitmanagement als Gestaltungsmodell ............................................... 37
2.3
Supply Chain Management.......................................................................... 40
2.3.1 Prozessorientierte Sichtweise ...................................................................... 41
2.3.2 Auf dem Weg zum agilen Liefernetzwerk .................................................. 46
2.3.3 IT-Systeme zur Unterstützung flexibler Logistik und Fertigung ................ 51
2.4
Auto-ID-Systeme ......................................................................................... 54
2.4.1 Auto-ID-Systeme im Vergleich................................................................... 54
2.4.2 Systemarchitektur von RFID-Systemen...................................................... 57
2.4.3 RFID als Basistechnologie des Ubiquitous Computing.............................. 62
X
Inhaltsverzeichnis
3
Supply Chain Management in der Automobilindustrie......................... 66
3.1
Aktuelle Situation und Herausforderungen der Branche............................. 66
3.1.1 Das Wertschöpfungsnetzwerk..................................................................... 67
3.1.2 Veränderungen und Handlungsbedarf......................................................... 70
3.2
Strategische Herausforderungen für das SCM ............................................ 72
3.2.1 Ausrichtung auf den Kunden....................................................................... 72
3.2.2 Management der Komplexität ..................................................................... 73
3.2.3 Verkürzung der Produktlebenszyklen ......................................................... 75
3.2.4 Gesetzliche Anforderungen......................................................................... 76
3.3
Abgrenzung kritischer Prozesse und Aufgaben........................................... 77
3.3.1 Teileversorgung........................................................................................... 78
3.3.2 Management von Produktionsmitteln ......................................................... 84
3.3.3 Konfigurationsmanagement ........................................................................ 85
3.4
Status des Einsatzes von IT-Systemen ........................................................ 87
3.4.1 Auftragsabwicklung mittels EDI-, ERP- und E-Business-Systemen.......... 88
3.4.2 Supply Chain Event Management............................................................... 90
3.4.3 RFID-Systeme ............................................................................................. 93
4
Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme.................... 98
4.1
RFID als eine Koordinations- und Integrationstechnologie ........................ 99
4.1.1 Informatorische Integration....................................................................... 101
4.1.2 Steigerung des Automatisierungsgrades ................................................... 106
4.1.3 Dezentralisierung von Entscheidungen ..................................................... 109
4.2
Erster Effekt: Substitution manueller Koordination.................................. 111
4.2.1 Prozesseffizienz......................................................................................... 112
4.2.2 Prozessqualität........................................................................................... 114
4.2.3 Zusammenfassung der Potenziale und Grenzen........................................ 119
Inhaltsverzeichnis
4.3
XI
Zweiter Effekt: Netzwerkanwendungen durch Diffusion von RFID.......... 122
4.3.1 Diffusionsrichtung Integrationstiefe.......................................................... 123
4.3.2 Diffusionsrichtung Integrationsreichweite................................................ 126
4.3.3 Externe Einflussfaktoren ........................................................................... 127
4.3.4 Zusammenfassung der Potenziale und Grenzen........................................ 130
4.4
Dritter Effekt: Neue Prozesse und Geschäftsmodelle ............................... 133
4.4.1 Reorganisation von Prozessen................................................................... 134
4.4.2 Neue Dienstleistungen............................................................................... 137
4.4.3 Zusammenfassung der Potenziale und Grenzen........................................ 139
4.5
Kosten-Nutzen-Bewertung von RFID-Anwendungen .............................. 141
4.5.1 Anforderungen an Bewertungsverfahren und Auswahl ............................ 142
4.5.2 Bewertung der Nutzeneffekte.................................................................... 145
4.5.3 Bewertung der Kosten ............................................................................... 149
5
Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis ................................ 153
5.1
Auswahl und Aufbereitung von Fallstudien.............................................. 153
5.1.1 Kriterien der Auswahl ............................................................................... 153
5.1.2 Durchführung der Fallstudien und Struktur der Aufbereitung.................. 155
5.1.3 Überblick ................................................................................................... 156
5.2
Management von Spezialgestellen bei Volkswagen ................................. 157
5.2.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf ......................................................... 157
5.2.2 Prozess Einsatz von Spezialladungsträgern .............................................. 158
5.2.3 Management der Behälter mit „LISON“ und „VisuM“ ............................ 160
5.2.4 Kosten-Nutzen-Bewertung........................................................................ 161
5.2.5 Ausblick..................................................................................................... 162
5.3
Management von Standardbehältern bei Volkswagen .............................. 163
5.3.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf ......................................................... 163
XII
Inhaltsverzeichnis
5.3.2 Der CKD-Prozess von Volkswagen .......................................................... 165
5.3.3 Geplantes Behältermanagementsystem..................................................... 167
5.3.4 Ausblick..................................................................................................... 169
5.4
Einsatz von RFID-Kleinladungsträgern in der Automobilindustrie .......... 170
5.4.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf ......................................................... 170
5.4.2 Der KLT-Kreislauf .................................................................................... 171
5.4.3 Geplantes RFID-System zur KLT-Verfolgung ......................................... 173
5.4.4 Kosten-Nutzen-Bewertung........................................................................ 173
5.4.5 Ausblick..................................................................................................... 175
5.5
Überseeversand von Packstücken bei der BLG IL.................................... 176
5.5.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf ......................................................... 176
5.5.2 Prozess der Sendungszusammenstellung im CKD-Versand..................... 177
5.5.3 Pilotsystem zur Kontrolle der Sendungszusammenstellung ..................... 178
5.5.4 Kosten-Nutzen-Bewertung........................................................................ 179
5.5.5 Ausblick..................................................................................................... 181
5.6
Reifenverfolgung in der Distribution von Continental.............................. 181
5.6.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf ......................................................... 181
5.6.2 Prozess der Reifenlogistik für die Erstausstattung.................................... 183
5.6.3 RFID-Systeme für die Reifenverfolgung .................................................. 184
5.6.4 Kosten-Nutzen-Bewertung........................................................................ 186
5.6.5 Ausblick..................................................................................................... 187
5.7
Auswirkungen aus Perspektive des Wertschöpfungsnetzwerkes .............. 188
5.7.1 Substitution manueller Koordination ........................................................ 188
5.7.2 Netzwerkanwendungen durch Diffusion................................................... 189
5.7.3 Neue Prozesse und Dienstleistungen......................................................... 191
5.7.4 Kritische Erfolgsfaktoren .......................................................................... 193
Inhaltsverzeichnis
6
XIII
Zusammenfassung und Ausblick ........................................................... 199
6.1
Beantwortung der Forschungsfragen......................................................... 200
6.2
Wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn....................................................... 203
6.3
Handlungsempfehlungen für die Praxis .................................................... 207
6.4
Das informatisierte Liefernetzwerk als reale Virtualität?.......................... 212
Literaturverzeichnis ................................................................................................. 215
Anhang A Verwendete Theorien und Konzepte .................................................... 257
Anhang B Empirische Erhebung............................................................................. 258
Motivation und Durchführung ................................................................................ 258
Interviewleitfaden ................................................................................................... 259
Anhang C Interviewverzeichnis .............................................................................. 265
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
6σ
ACM
AG
AIAG
AIDC
AIM
APS
ATP
Auto-ID
BAH
BLG
BMVIT
BMW
BPML
BPR
BSL
BWL
CAD
CAM
CAQ
CCG
CCS
CKD
CPFR
CRM
CSA
CSAC
CSC
CSCW
DHS
DNS
E
EAI
Six Sigma
Association for Computing Machinery
Aktiengesellschaft
Automotive Industry Action Group
Automatic Identification and Data Collection
Association for Automatic Identification and Mobility
Advanced Planning System
Available-to-Promise
Automatische Identifikation
Booz Allen Hamilton
Bremer Lagerhausgesellschaft
Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
Bayerische Motorenwerke
Business Process Modeling Language
Business Process Reengineering
Bundesvereinigung Spedition und Logistik
Betriebswirtschaftslehre
Computer Aided Design
Computer Aided Manufacturing
Computer Aided Quality assurance
Centrale für Coorganisation
Center for Coordination Science
Completely Knocked Down
Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment
Customer Relationship Management
Connected Smart Appliances
Computer Supported Activity Coordination
Computer Science Cooperation
Computer Supported Cooperative Work
Department of Homeland Security
Domain Name Service
Electronic
Enterprise Application Integration
XV
XVI
EAN
EAN-UCC
EDI
EDIFACT
eEPK
EFQM
EG
ENX
EPC
ERP
ETH
EU
EUR
EVA
F&E
FMEA
FORWIN
Fifo
GM
GmbH
GPS
GTL
GVO
HCI
HF
HSG
HTML
Hrsg.
ID
IEC
IEEE
IL
IM
Inc.
IMD
IP
Abkürzungsverzeichnis
Internationale Artikelnummer
EAN International and the Uniform Code Council, Inc.
Electronic Data Interchange
Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and Transport
erweiterte Ereignisgesteuerte Prozessketten
European Foundation for Quality Management Model
Europäische Gemeinschaft
European Network Exchange
Electronic Product Code
Enterprise Resource Planning
Eidgenössische Technische Hochschule
Europäische Union
Euro
Economic Value Added
Forschung und Entwicklung
Failure Mode and Effects Analysis
Bayerischer Forschungsverbund Wirtschaftsinformatik
First-in-first-out
General Motors
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Global Positioning System
Global Transport Label
Gruppenfreistellungsverordnung
Human Computer Interaction
High Frequency
Universität St. Gallen
Hypertext Markup Language
Herausgeber
Identifikation
International Engineering Consortium
Institute of Electrical and Electronics Engineers
International Logistics
Informationsmanagement
Incorporation
International Institute for Management Development
Internet Protocol
Abkürzungsverzeichnis
IS
ISAR
ISO
IT
IRR
ITA
IuK
IV
JAMA
JAPIA
JIT
JIS
KEF
KLT
KPI
KOVP
LDL
LF
LISON
LMS
M-Lab
MEMS
MES
MIT
MMI
MRP
MTV
MW
NEN
NHTSA
NPV
OCR
ONS
PDF
PDM
PLM
Informationssystem
Innovative und standardisierte Anwendungen von RFID
International Standardization Organization
Informationstechnologie
Internal Rate of Return
Informationstechnologie in der Automobilindustrie
Information und Kommunikation
Informationsverarbeitung
Japan Automobil Manufacturers Association
Japan Auto Parts Industries Association
Just-in-time
Just-in-sequence
Kritischer Erfolgsfaktor
Kleinladungsträger
Key Performance Indicator
Kundenorientierter Vertriebs- und Produktionsprozess
Logistikdienstleister
Low Frequency
Ladungsträgerinformationssystem Online
Lagermanagementsystem
Mobile and Ubiquitous Computing Lab
Mikroelektromechanische Systeme
Manufacturing Executive System
Massachusetts Institute of Technology
Machine to Machine Interface
Material Resource Planning
Mehrwegtransportverpackung
Microwave
Niederländisches Normungsinstitut
National Highway Traffic Security Agency
Net Present Value
Optical Character Recognition
Object Naming Service
Portable Data Format
Produktdatenmanagement
Product Lifecycle Management
XVII
XVIII
PML
POA
POC
PPS
ProdHaftG
QR
R/3
R&D
RFID
ROI
RTLS
s.
SCM
SCEM
SCOR
SNF
TCO
TCP
TQM
TREAD
UCC
UHF
USA
vgl.
VAN
VDA
VDC
VICS
VMI
VPN
VW
VisuM
WLAN
XML
Abkürzungsverzeichnis
Product Markup Language
Point of Action
Point of Creation
Produktionsplanung und -steuerung
Produkhaftungsgesetz
Quick Response
Enterprise Resource Planning Software der SAP AG
Research and Development
Radiofrequenzidentifikation
Return on Investment
Realtime Location System
siehe
Supply Chain Management
Supply Chain Event Management
Supply Chain Operations Reference Model
Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der wissensch. Forschung
Total Cost of Ownership
Transmission Control Protocol
Total Quality Management
Transportation Recall Enhancement, Accountability, and Documentation
Uniform Code Council
Ultra High Frequency
United States of America
vergleiche
Value Added Network
Verband der Automobilindustrie
Venture Development Corporation
Voluntary Interindustry Commerce Standards
Vendor Managed Inventory
Virtual Private Network
Volkswagen
Visualisierung und Map Matching
Wireless Local Area Network
Extensible Markup Language
1.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf
1
1 Einführung
„There is an old saying in technology that one always tends to overestimate the speed
of implementation of a new technology and underestimate its impact. We are just starting to see the tip of the iceberg of the change to be brought about by a disruptive
technology like the Internet. Add to it the potential of RFID and smart objects, and
there will be profound changes in the way supply chains operate.” [Lapide 2004]1
1.1
Ausgangslage und Handlungsbedarf
Die Gestaltung effizienter und zuverlässiger Liefernetzwerke ist eine Kernkompetenz
der Automobilindustrie. Ansätze wie Lean Production [vgl. Schonberger 1982; Womack et al. 1990] und Total Quality Management (TQM) [vgl. Shiba et al. 1990; Imai
1993], die zuerst im Bereich der Fahrzeugproduktion Anwendung fanden, gelten zunehmend für das gesamte Wertschöpfungsnetzwerk2. Neben Maßnahmen der Prozessreorganisation trägt seit einigen Jahren der Einsatz von Informationstechnologien zur
Leistungssteigerung von Logistik und Produktion bei. Während fortschrittliche Fertigungstechnologien, wie z.B. computergesteuerte Werkzeugmaschinen und Roboter,
die Produktivität in der Fertigung erhöhen, führt der Einsatz von IuK-(Informationsund Kommunikations-)Technologien zu Effizienzgewinnen im Supply Chain Management (SCM) [vgl. Wildemann 2001a; Ellram/Zsidisin 2002]. Beispiele derartiger
Technologien sind EDI-(Electronic-Data-Interchange-), ERP-(Enterprise-ResourcePlanning-)Systeme und E-Business-Systeme, wie z.B. elektronische Marktplätze oder
die Kommunikationsplattform ENX (European Network Exchange)3.
Globalisierung (physische Desintegration), Wettbewerbsdruck, steigende Erwartungen der Kunden und Gesetze stellen neue Herausforderungen an die Gestaltung der
Liefernetzwerke [vgl. Christopher 1994, 89 ff.; Boutellier et al. 2000]. Neben Effizienz und Zuverlässigkeit gewinnt der Erfolgsfaktor Flexibilität an Bedeutung, wie es
bspw. das Modell des agilen Liefernetzwerkes zum Ausdruck bringt [vgl. Christopher/Towill 2000]. Ursachen für Flexibilitätsbedarf in der Automobilindustrie sind
z.B. gewachsene Marktdynamik, verkürzte Produktlebenszyklen, Variantenvielfalt
und die Möglichkeit, Wettbewerbsvorteile durch neue Kooperationsformen zu erzielen [vgl. Baumgarten/Walter 2000; Corsten/Gabriel 2002; Eisenbarth 2003].
1
Lawrence Lapide ist Research Director des Projekts Supply Chain 2020 am MIT Center for Transportation &
Logistics, web.mit.edu/ctl/www/index.html.
2
Zum Beispiel bezieht sich der ebenfalls von Womack und Jones geprägte neuere Begriff Lean Thinking explizit auf das Gesamtunternehmen [vgl. Womack/Jones 2003].
3
ENX ist ein auf dem Internet-Standard TCP/IP-basiertes Kommunikationsnetzwerk, das hohe Verfügbarkeit
und Datensicherheit für die Kommunikation bereitstellt [vgl. Göpelt 2002; ENX 2004].
2
1 Einführung
Aus diesen Gründen sucht die Automobilindustrie beständig nach Möglichkeiten, Prozesse des Supply Chain Managements zu optimieren. Verschiedene Verbesserungspotenziale lassen sich als Konsequenz der genannten externen Anforderungen des Marktes oder des Gesetzgebers identifizieren:
• Verschärfter Wettbewerbsdruck infolge der Globalisierung erzeugt in der Automobilindustrie einen permanenten Rationalisierungsbedarf. Insbesondere
für Massenhersteller wie General Motors (GM), Toyota oder Volkswagen
(VW) ist die Fähigkeit, kostengünstig produzieren zu können (bzw. die Erlangung der sog. „Kostenführerschaft“ [Porter 1992, 62]), ein wesentlicher
Wettbewerbsfaktor.4 Um keine Marktanteile zu verlieren, müssen die Fahrzeughersteller neue Verfahren und Technologien zur Steigerung der Prozesseffizienz zügig einführen. Dass insb. die europäische Automobilindustrie derzeit
einen Rationalisierungsbedarf sieht, zeigen z.B. die aktuellen Kostensenkungspläne von DaimlerChrysler, Opel und VW, die für die kommenden Jahre
Kosteneinsparungen in Milliardenhöhe vorsehen [vgl. Lamparter 2004]5.
• Steigende Kundenansprüche bzgl. Produktqualität, -vielfalt und Liefertreue
führen zu höherer Prozesskomplexität und höheren Anforderungen an die Prozesszuverlässigkeit. Die Unternehmen der Automobilindustrie erreichen die
geforderte Prozesszuverlässigkeit durch aufwendige Qualitätssicherungsmaßnahmen und hohen Nachbearbeitungsaufwand. Beispielsweise beziffert ein
Fahrzeughersteller die Direktläuferquote, d.h. den Anteil der Fahrzeuge, bei
denen in der Montage weder Verzögerungen noch Nachbearbeitungsaufwand
auftreten, mit durchschnittlich 50 % [vgl. Fleisch et al. 2004b, 17]. Wie in der
Branche üblich, verhindert der Hersteller durch mehrfache manuelle Qualitätskontrollen, dass fehlerhafte Fahrzeuge zur Auslieferung kommen. Die gestiegene Variantenvielfalt, die eine kundenindividuelle Montage von Automobilen
erfordert, ist ebenso eine potenzielle Fehlerquelle. Abweichungen vom Produktionsplan sind ein Indiz für mangelnde Prozesszuverlässigkeit. Beispielsweise ermittelte eine Studie für 65 % der Fahrzeuge eine Abweichung der tatsächlichen Fertigstellungswoche von der geplanten [vgl. Straube 2004, 120].
• Ein steigendes Sicherheitsbedürfnis und zunehmendes Nachhaltigkeitsdenken
kommen in neuen gesetzlichen Anforderungen zum Ausdruck. Um mögliche
Folgeschäden aus Produktmängeln zu vermeiden, hat bspw. die US-Gesetzge-
4
Dies bestätigt das Beispiel des Herstellers Toyota, dessen Produktionssystem (Toyota Production System) seit
vielen Jahren in der Branche als vorbildlich gilt [vgl. Ohno 1998; Spear/Boweb 1999].
5
Bei Volkswagen sollen beispielsweise im Rahmen des „For-Motion“-Programms die Produktionskosten um
800 Mio. Euro sinken [vgl. Handelsblatt 2004].
1.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf
3
bung den sog. „TREAD Act6“ (Rückrufverbesserungs-, Haftungs- und Dokumentationsgesetz für das Transportwesen) erlassen. Das Gesetz verpflichtet alle Fahrzeughersteller und deren Zulieferer, die Produkte in den USA vertreiben, zur Meldung sicherheitsrelevanter Mängel an die NHTSA (National
Highway Traffic Security Agency). Falls die Meldung nicht umgehend erfolgt,
kann die Behörde ein Bußgeld von bis zu 15 Mio. US-$ verhängen. Die Einhaltung des Gesetzes erfordert von den Herstellern den Aufbau eines lückenlosen Systems zur Fehler- und Mängelbeobachtung sowie zur Dokumentation
der Produktkonfiguration. Für Europa erwarten Vertreter der Automobilindustrie eine EU-Richtlinie zur Rückverfolgbarkeit, ähnlich der Richtlinie 2002/
178/EG [vgl. EU 2002], die für die Lebensmittelindustrie eine Dokumentation
von Produktzutaten auf Chargenebene verlangt. Einige Fahrzeughersteller haben die Chargenrückverfolgbarkeit bei sicherheitsrelevanten Teilen auf freiwilliger Basis eingeführt. Beispielsweise verlangt Volvo von seinen Zulieferern für Hinterachsen, dass diese die entsprechenden Informationen sammeln.
Zur Förderung des nachhaltigen Wirtschaftens hat die EU die Richtlinie
2000/53/EG [vgl. EU 2000] erlassen, die Quoten für die Wiederverwertung
von Altautos vorschreibt und eine Produktkennzeichnung erfordert.
• Die Automobilindustrie unterstützt Aufgaben des SCMs zunehmend durch Informationstechnologien. Zum Beispiel ist der Auftragsabwicklungsprozess nahezu vollständig in IT-Systemen abgebildet. Trotzdem fehlen entscheidungsrelevante Informationen. Der Grund sind fehlende oder fehlerhafte Daten, d.h.
die Angaben im IT-System stimmen nicht mit der Realität überein [vgl. Redman 1998]. So sind bspw. Inventurdifferenzen bei Lagerbeständen zu erklären.
Ein Logistikdienstleister (LDL) gibt an, dass ca. 30 % der Statusinformationen
in seinem Tracking-System nicht aktuell sind [vgl. Fleisch et al. 2004a, 8]. Die
mangelnde Visibilität im Liefernetzwerk führt bei Automobilherstellern zu
Unsicherheiten bei der Fertigungsplanung, teuren Expresslieferungen und erhöhtem Koordinationsaufwand in der Zulieferbeziehung. Deshalb ist die Erhöhung der Visibilität im Liefernetzwerk anzustreben [vgl. Straube 2004, 97 ff.].
• Während die Automobilproduktion und große Lagerhäuser hochgradig automatisiert sind, ist die Automatisierung von ungeführten Prozessen der Transportlogistik mit traditionellen Technologien nicht wirtschaftlich. Im Unterschied zu schienengebundenen sind bei ungeführten Transporten die Routen
nicht genau vorgegeben, um eine flexible Belieferung beliebiger Orte zu ermöglichen. Eine automatische Überwachung und Steuerung dieser Prozesse er-
6
Transportation Recall Enhancement, Accountability, and Documentation Act [NHTSA 2000]
4
1 Einführung
fordert derzeit die Verwendung relativ teurer mobiler Technologien, z.B. GPSoder anderer Positionierungssysteme. Aus diesem Grund ist beispielsweise das
Behältermanagement in der Automobilindustrie gering automatisiert. Eine Folge ist, dass pro Jahr durchschnittlich 5 % der Behälter verschwinden und die
Auslastung ineffizient ist. Große Spezialbehälterpools verursachen deshalb
jährliche Kosten von mehreren Millionen Euro [vgl. Aberdeen 2004].
Die aktuelle Diskussion um Logistikinnovationen beschreibt RFID (Radiofrequenzidentifikation) als eine Technologie zur Vermeidung oder Reduzierung o.g. Probleme
des Liefernetzwerkes [vgl. Kambil/Brooks 2002; McFarlane/Sheffi 2003]. RFID ist
ähnlich wie der Barcode eine Technologie zur automatischen Identifikation (AutoID), bei der die Kennzeichnung auf einem Chip gespeichert ist, der diese per Funk an
ein Erfassungsgerät senden kann [vgl. Finkenzeller 2002]. Die Vorteile von RFIDSystemen gegenüber den in der Logistik weit verbreiteten Barcode-Systemen sind die
Möglichkeiten der Erfassung ohne Sichtkontakt, der gleichzeitigen Erfassung mehrerer Objekte (Pulkerfassung), der Speicherung der Daten am Objekt sowie die Widerstandsfähigkeit des Chips gegen äußere Einflüsse (Hitze, Staub, Wasser). Diese Eigenschaften steigern die Effizienz von Identifikationsvorgängen und unterstützen die
für E-Logistik-Anwendungen notwendige Integration des physischen Materialflusses
mit dem Informationsfluss. Wegen der gegenüber dem Barcode erweiterten Funktionalität bezeichnen einige Autoren RFID als nächste evolutionäre Stufe der automatischen Identifikation nach dem Barcode [vgl. Fleisch 2001]. Das folgende Praxisbeispiel einer operativen RFID-Anwendung bei BMW7 zeigt den Einsatz der Technologie zur Unterstützung der Prozesszuverlässigkeit:
Fallbeispiel: Verfolgung von Kabelbäumen bei BMW
Der Automobilhersteller BWM verwendet ein RFID-System8 zur automatischen Identifikation von Kabelbäumen, um manuellen Arbeitsaufwand zu reduzieren und Fehler
beim Einbau zu vermeiden. Die Kennzeichnung der Kabelbäume führt der Zulieferer
Dräxlmeier9 durch, der täglich durchschnittlich 800 Kabelbäume nach dem Just-intime-(JIT-)Verfahren an das BMW-Werk in Regensburg liefert. Die RFID-Chips sind
an der wieder verwendbaren Transporttasche des Kabelbaums angebracht. Die Kabelbäume sind fahrzeugindividuell und die Monteure müssen beim Einbau in ein Fahrzeug darauf achten, dass sie den richtigen Kabelbaum verwenden. Mittels eines
RFID-Erfassungsgerätes identifizieren die Monteure den passenden Kabelbaum und
vermeiden aufwendige Suchaktionen sowie Fehler bei der Auswahl. Falsch eingebau7
www.bmwgroup.com
8
Es handelt sich um ein Moby-L-System von Siemens, das die Frequenz 13,56 MHz verwendet.
9
www.draexlmeier.de
1.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf
5
te Kabelbäume verursachen Kosten für den Austausch oder, falls dies nicht mehr
möglich sein sollte, die Verschrottung des gesamten Fahrzeugs. Weitere Fehlerfolgekosten, die eine verzögerte Auslieferung der betroffenen Fahrzeuge verursacht, sind
dabei nicht eingerechnet. Das eingesetzte RFID-System rentiert sich wegen der Kosteneinsparungen. Die relativ hohen Kosten von RFID-Systemen im Vergleich zu anderen Auto-ID-Technologien ist für BMW der Hauptgrund dafür, dass RFID bisher
hauptsächlich in Spezialanwendungen wie der hier beschriebenen zum Einsatz
kommt.
Technologische Fortschritte in der Chiptechnologie, Standardisierung der Kommunikationsprotokolle und sinkende Preise führen zu einem wachsenden Anwendungsspektrum von RFID [vgl. Das/Harrop 2001]. Während die Technologie weite Verbreitung bei Zutrittskontrollsystemen und zur Produktionssteuerung in der Automobilindustrie besitzt, sind Anwendungen in der Logistik selten. Allerdings sehen verschiedene Autoren die Vorteile der Technologie vorwiegend in der effizienteren Abwicklung von Transport- und Umschlagprozessen, z.B. durch automatische Wareneingangsbuchungen oder effizientes Management von Produktionsmitteln (Asset Management) [vgl. Alexander et al. 2002b; Pflaum 2001, 144 ff.]. Des Weiteren sehen sie
Potenziale zur Verbesserung der Steuerung von Lieferketten mithilfe der durch RFIDSysteme gewonnenen Informationsgranularität10, die z.B. eine zuverlässigere Nachbevorratung oder die lückenlose Rückverfolgbarkeit ermöglicht [vgl. Chappell 2002;
Kärkkäinen/Holström 2002; McFarlane 2003]. Weitere diskutierte Anwendungsgebiete sind der Diebstahlschutz und Echtheitsnachweis [vgl. SLA 2002]. Darüber hinaus
ermöglicht die Technologie die Umgestaltung von Prozessen und neue Dienstleistungen, wie z.B. nutzungsabhängige Bezahlmodelle. Sie unterstützt Anwendungen, die
auf fehlerfreie und feingranulare Informationen angewiesen sind, bspw. Vendor Managed Inventories (VMIs) oder SCEM [vgl. Fleisch et al. 2004a].
Schätzungen von Marktforschungsinstituten sehen Anwendungen im SCM als Treiber
für die Verbreitung von RFID. Allied Business Intelligence schätzt, dass der Umsatz
mit RFID-Technologie und Integrationsdienstleistungen von 1,3 Mrd. US-$ (Stand
2003) in den kommenden Jahren um jährlich 20 % wachsen wird [vgl. RFID-Journal
2003]11. Mit 48 % soll im Jahr 2008 der größte Anteil auf Anwendungen im Bereich
des SCMs entfallen. Hingegen bewertet Gartner RFID zwar auch als eine nützliche
Technologie, weist aber gleichzeitig auf fehlende Wirtschaftlichkeitsnachweise und
die noch unausgereifte Technologie hin. Diese Faktoren können bald zu einer Ernüch-
10
Informationsgranularität ist gleichbedeutend mit dem Detaillierungsgrad der Information. In der betrieblichen
Informationsverarbeitung besteht ein Trend zunehmender Informationsgranularität zur Unterstützung komplexerer Aufgaben [vgl. Österle et al. 1992, 24].
11
Ähnliche Wachstumsraten prognostizieren [Frost&Sullivan 2004], [Forrester 2002] und [VDC 2003].
6
1 Einführung
terung in der Bewertung von RFID führen und die Verbreitung von RFID verzögern
[vgl. Gartner 2004a]. Vor diesem Hintergrund stellen sich viele Unternehmen die Frage, welchen Mehrwert RFID ihnen bringen kann und wie ein mögliches Vorgehen zu
dessen Realisierung aussieht. Zur Beantwortung dieser Frage evaluieren Unternehmen
der Automobilindustrie derzeit verschiedene Anwendungsszenarien der Technologie
[vgl. Strassner/Fleisch 2003].
1.2 Forschungsfragen und Ergebnisse
Die vorliegende Arbeit möchte Unternehmen bei der Bewertung des Einsatzes von
RFID-Systemen im SCM unterstützen. Die zentrale Fragestellung lautet: „Welchen
Mehrwert besitzen RFID-Systeme für das Supply Chain Management der Automobilindustrie?“ Zur Beantwortung dieser Frage behandelt die Dissertation folgende hinführende Forschungsfragen:
1. Wie unterstützt RFID die Koordination von Ressourcen im Supply Chain Management?
2. Welche möglichen Nutzeneffekte entstehen durch verbesserte Koordination im
Supply Chain Management der Automobilindustrie?
3. Welche Grenzen bestehen für den wirtschaftlichen Einsatz von RFID-Systemen?
4. Welche kritischen Erfolgsfaktoren müssen die Unternehmen bei der Planung
der Einführung von RFID-Systemen beachten?
Die Ergebnisse dieser Arbeit basieren auf Anforderungen und Erkenntnissen aus der
Automobilindustrie (s. Tabelle 1-1), die repräsentativ für eine Reihe anderer Industrien ist, die kundenindividuelle Produkte in hohen Stückzahlen herstellen und für die
effiziente Beschaffungs-, Produktions- und Distributionsnetzwerke wettbewerbsrelevant sind. Der Adressatenkreis umfasst Personen aus Wissenschaft und Praxis, die
sich mit SCM-Systemen befassen. Der Beitrag für die Wissenschaft besteht in
• der Einordnung von RFID als Koordinationstechnologie, welche ressourcenbasierte Koordinationsprobleme im SCM löst oder verringert. Anwendungsorientierte Wissenschaftler können diese Erkenntnisse auf andere Anwendungsgebiete (koordinationsabhängige Prozesse) übertragen.
• dem Vorschlag zur Erweiterung des im Rahmen der Koordinationstheorie verwendeten Integrationsmodells um den Aspekt der Integrationstiefe zur Darstellung des Integrationsgrades der realen Welt mit IT-Systemen.
1.2 Forschungsfragen und Ergebnisse
7
• dem Vorschlag zur Verwendung von Regelkreisen als Gestaltungselement von
SCM-Systemarchitekturen, welche die Potenziale von Integrationsreichweite
und -tiefe nutzen.
• der Ableitung neuer Forschungsfragen. Anwendungsorientierte Wissenschaftler gewinnen diese bspw. durch Betrachtung weiterer Technologien (z.B. Sensornetzwerke oder Ubiquitous Computing [vgl. Mattern 2004]) oder die Bewertung neuer RFID-basierter Geschäftsmodelle, die diese Arbeit nur am Rande behandelt. Empirisch quantitativ forschende Wissenschaftler können aus
den Erkenntnissen der Arbeit, insb. aus dem Erklärungsmodell (s. Kapitel 4),
Hypothesen ableiten, die empirisch quantitativ überprüfbar sind.
Der Beitrag für die Praxis, insb. für Entscheidungsträger aus dem SCM der Automobilindustrie, aber auch für Systemintegratoren, die an der Planung von RFID-Systemen beteiligt sind, besteht in
• einem Erklärungsmodell, das die Auswirkungen von RFID auf das SCM der
Automobilindustrie in Abhängigkeit des Integrationsbedarfs und externer Faktoren wie Systemkosten, Standards und technologischer Reife erklärt.
• einem Beschreibungsmodell, das Ausbaustufen von RFID-Systemen in der
Lieferkette beschreibt. Das Modell ermöglicht Unternehmen, ihre RFIDAktivitäten einzuordnen, um situativ das weitere Vorgehen zu planen.
• Handlungsempfehlungen, die Unternehmen bei der Bewertung möglicher Nutzeneffekte und der Berücksichtigung kritischer Erfolgsfaktoren bei der Durchführung von RFID-Projekten unterstützen.
• der Darstellung von Fallstudien als Referenzlösungen, anhand derer Unternehmen Erkenntnisse für eigene RFID-Projekte ableiten können.
Fragen aus der Praxis
Ergebnisbezug
Welchen Mehrwert erzeugt RFID im SCM?
Erklärungsmodell
Welche Anwendungsmöglichkeiten gibt es?
Beschreibungsmodell
Wie lassen sich RFID-Aktivitäten einzelner Unternehmen
im Vergleich zur Branche einordnen?
Beschreibungsmodell
Wie können Anwender die Risiken des RFID-Einsatzes
minimieren?
Handlungsempfehlungen
Welche Vorgehensweise unterstützt die Realisierung eines nachhaltigen Mehrwertes durch RFID?
Handlungsempfehlungen
Tabelle 1-1: Beispiele für Praxisfragen zum RFID-Einsatz und deren Ergebnisbezug
8
1 Einführung
1.3 Einordnung und Abgrenzung
Verschiedene Autoren beschäftigen sich aus anwendungsorientierter Perspektive mit
RFID. Die Mehrzahl aktueller Veröffentlichungen kommt aus der Praxis, insb. von
Unternehmensberatungen [vgl. Alexander et al. 2002b; Accenture 2004; BAH/M-Lab
2004], Technologieanbietern [vgl. Richter 1999; TrenStar 2003] und Marktforschungsinstituten [vgl. Forrester 2002; Gartner 2002] (s. Tabelle 1-2). Das Auto-IDCenter des Massachusetts Institute of Technology (MIT)12 hat Arbeitsberichte zu RFIDAnwendungen in verschiedenen Branchen veröffentlicht. Der Einsatz von RFID in der
Lieferkette des Handels bildet einen Themenschwerpunkt dieser Veröffentlichungen
[vgl. Alexander et al. 2002a; Chappell et al. 2002a]. Weitere Berichte existieren für
die Pharmaindustrie [vgl. Koh et al. 2002b], LDL [vgl. Boushka et al. 2002], die Automobilindustrie [vgl. Strassner/Fleisch 2003] und das Asset Management [vgl. Aberdeen 2004]. Diese Berichte vermitteln einen Überblick über praktische Problemstellungen, die Ansatzpunkte für einen RFID-Einsatz sind. Sie argumentieren bei der
Nutzenbewertung vorwiegend qualitativ bzw. legen Bewertungsmodelle nicht offen.
Nutzeneffekte
von RFID für
verschiedene
Prozesse und
Geschäftsmodelle,
Markteinschätzungen
Nutzeneffekte
von RFID für
einzelne
Branchen
bzw. Unternehmen
Publikationen aus der Praxis
[Aberdeen 2004]
Potenzialanalyse für das Asset Management
[Accenture 2004]
Potenzialanalyse für die Wertschöpfungskette
[Das/Harrop 2001]
Anwendungen einer globalen Auto-IDInfrastruktur, dem sog. „Internet der Dinge“
[Fano/Gershman 2002]
Geschäftsmodelle mit RFID und weiteren
Technologien des Ubiquitous Computing
[Forrester 2002]
Einschätzungen zur Marktentwicklung von
[Gartner 2002]
RFID-Technologien und -Anwendungen
[Gartner 2003a]
[Gartner 2004a]
[ten Hompel/Lange 2004]
[VDC 2003]
[RFID-Journal 2004]
Elektronische Zeitschriften mit umfangreichen
[SLA 2004]
Fallsammlungen und Markteinschätzungen
[Alexander et al. 2002a]
Potenzialanalyse für die Lieferkette des
[Alexander et al. 2002b]
Handels
[Chappell et al. 2002a]
[Chappell et al. 2003a]
[Metro 2004]
[Chappell et al. 2003b]
Potenzialanalyse für Konsumgüterhersteller
[BAH/M-Lab 2004]
Potenzialanalyse für Logistikdienstleister
[Boushka et al. 2002]
Tabelle 1-2: Ausgewählte anwendungsorientierte Publikationen aus der Praxis
12
Das Auto-ID-Center wurde 2000 am MIT mit dem Ziel gegründet, einen Standard für den Einsatz kostengünstiger RFID-Technologie zu schaffen [vgl. Sarma 2001]. Siehe auch www.autoidlabs.org/whitepapers/.
1.3 Einordnung und Abgrenzung
9
Im Zeitverlauf wechselnde Einschätzungen von Marktforschungsinstituten bzgl. der
Verbreitung von RFID weisen darauf hin, dass ein zuverlässiges Bewertungsmodell
für aktuelle und zukünftige RFID-Anwendungen fehlt. [Forrester 2002] stellt z.B.
einen Zeitplan für die Einführung von verschiedenen RFID-Anwendungen auf, gemäß
dem 2009 bereits 2 % aller Konsumgüter (von insg. ca. 20 Mrd.) einen RFID-Chip
besitzen. Der Preis pro RFID-Label soll dann bei 1 US-Cent liegen. Während auch
[Gartner 2003a] sinkende Chippreise und die Entwicklung von Standards als Treiber
der Verbreitung von RFID identifiziert, weisen Analysten in der letzten Zeit vermehrt
auf Risiken hin. So können mangelnde technologische Reife oder fehlende Wirtschaftlichkeitsanalysen die Einführung von RFID verzögern [vgl. Gartner 2004a].
Verschiedene elektronische Zeitschriften befassen sich ausschließlich mit dem Thema
RFID und berichten über technologische Entwicklungen, Fortschritte in der Standardisierung, aktuelle Konferenzen und Fallbeispiele [s. RFID-Journal 2004; SLA 2004].
Praxisorientierte Logistikzeitschriften berichten derzeit regelmäßig über RFID, wie
z.B. die Zeitschrift Supply Chain Management Review in ihrem „RFID Report“ [s.
Spiegel 2004], oder behandeln RFID als Schwerpunktthema in einzelnen Ausgaben,
z.B. Logistik Heute [s. LH 2004] oder Industrie Management [s. IM 2004].
Wenige Veröffentlichungen beschäftigen sich aus betriebswirtschaftlicher Perspektive
mit RFID. Die Aufsätze [Kärkkäinen/Holström 2002] und [McFarlane/Sheffi 2003]
sind Beispiele für in wissenschaftlichen Zeitschriften zu diesem Thema erschienene
Beiträge. Beide analysieren den möglichen Nutzen von RFID für das SCM, indem sie
Anwendungsmöglichkeiten beschreiben, ohne einzelne Problemstellungen anhand
von Fallstudien vertieft zu behandeln. Hingegen bewerten [Kärkkäinen 2003] und
[Roussos et al. 2002] den RFID-Einsatz im Handel anhand konkreter Fallstudien. Sie
beschreiben lokale Nutzeneffekte, die Pilotanwendungen z.B. bei der Wareneingangskontrolle, bei der Durchlaufgeschwindigkeit verderblicher Waren oder beim Kundenservice im Supermarkt erzielt haben. Einen möglichen Beitrag von mit Transpondern
ausgerüsteten Containern zur Erhöhung der Sicherheit von Liefernetzwerken untersuchen [Lee/Whang 2005]. Einen Nachweis der Generalisierbarkeit der Ergebnisse
und die Bewertung der Nutzeneffekte aus der übergeordneten Perspektive des SCMs
nehmen die zuvor genannten Arbeiten allerdings nicht vor.
Die aktuelle SCM-Literatur berücksichtigt RFID als technologischen Treiber für Prozessinnovationen in Logistik und Produktion [vgl. Wannenwetsch 2002, 190; Davenport/Brooks 2004, 17 f.]. [Friedli 2004] sieht die flexible Fertigung als mögliches Anwendungsgebiet von RFID. Gemäß [Straube 2004, 294 ff.] unterstützt RFID die
E-Logistik, indem sie die Visibilität in Logistiknetzwerken erhöht. Technologische
Fragestellungen zu RFID sind in der Literatur umfassend dokumentiert. Zur Basisliteratur gehört das RFID-Handbuch [s. Finkenzeller 2002], das einen Überblick über verfügbare RFID-Systeme, deren technologische Funktionsweise und Anwendungsbei-
10
1 Einführung
spiele liefert. Darüber hinausgehende aktuelle technologische Entwicklungen, Standardisierungsvorhaben, Hilfestellungen zur Systemauswahl und -einführung mit
Schwerpunkt auf den Handel beschreiben z.B. [Kleist et al. 2004; Shepard 2004].
Verschiedene Autoren präsentieren technische Demonstratoren oder Prototypen, bei
denen der Nachweis der technischen Machbarkeit und die Originalität im Vordergrund stehen und die Betrachtung des betriebswirtschaftlichen Nutzens – wenn überhaupt – nur am Rande erfolgt [vgl. Vrana 2002; Lampe et al. 2004].
Nutzeneffekte
von RFID und
Bewertungsverfahren für
verschiedene
Prozesse und
Geschäftsmodelle
Wirtschaftswissenschaftliche Publikationen
[Bossard 2004]
Potenzialanalyse von RFID und Sensortechnologien für die Nachbevorratung
[Ferguson 2002]
Innovative Geschäftsmodelle mit RFID und
[Fleisch/Dierkes 2003]
Ubiquitous Computing
[Lee/Whang 2005]
Auswirkungen von RFID auf die Sicherheit
von Liefernetzwerken
[Kärkkäinen/Holström 2002] Potenzialanalyse von RFID und anderen mo[McFarlane/Sheffi 2003]
bilen Technologien für das SCM
[Pflaum 2001]
[Koh et al. 2002a]
Modell einer „intelligenten“ Lieferkette
[Fleisch/Tellkamp 2003]
Simulationsmodell zur Untersuchung der
Auswirkungen fehlerhafter Lagerbestandsdaten auf die Lieferkette des Handels
[Kärkkäinen 2003]
Fallstudie über den Einsatz von RFID in der
Lieferkette des Händlers Sainsbury
Nutzeneffekte
von RFID für
einzelne
Branchen
bzw. Unternehmen (em- [Koh et al. 2002b]
pirische Studien, Fallstu[Oberholzer 2003]
dien)
[Roussos et al. 2002]
[Strassner/Fleisch 2003]
Einsatz von RFID zur sicheren Rückverfolgbarkeit in der Lieferkette der Pharmaindustrie
Geschäftsmodelle für den Einsatz von RFID
und anderen Technologien des Ubiquitous
Computing in der Versicherung
Fallstudie über den Einsatz von RFID und
weiteren Technologien im Supermarkt
Potenzialanalyse für die Automobilindustrie
Tabelle 1-3: Ausgewählte wirtschaftswissenschaftliche Publikationen
Abgrenzung und Wahl des theoretischen Bezugsrahmens
Die vorliegende Arbeit befasst sich aus betriebswirtschaftlicher Sicht mit Auswirkungen des RFID-Einsatzes und möchte Unternehmen bei der Bewertung der Nutzenpotenziale für das SCM unterstützen. Die o.g. betriebswirtschaftlichen Arbeiten liefern
wenige Hinweise auf ein mögliches forschungsmethodisches Vorgehen zur Untersuchung der RFID-Technologie. Pflaum verwendet zur Beantwortung seiner Fragestellung, ob RFID „die zukünftig bessere Identifikationstechnologie für das Management
von Transportketten“ [Pflaum 2001, 63] ist, das volkswirtschaftliche Marktmodell.
Dementsprechend ermittelt er Anforderungen (Bedarfe) an die automatische Identifikation in Logistikprozessen und vergleicht diese mit den Eigenschaften der unter-
1.3 Einordnung und Abgrenzung
11
suchten Identifikationstechnologien. Die Bewertung erfolgt ausschließlich qualitativ
und setzt den inhaltlichen Schwerpunkt auf die Technologieevaluation.
In der Literatur findet die Kontingenztheorie (situativer Ansatz) [vgl. Fiedler 1967]
zur Beurteilung des Mehrwerts neuer Technologien Anwendung. Diese interdisziplinär anwendbare Theorie geht davon aus, dass ein System dann effizient arbeitet, wenn
seine Struktur an die jeweilige durch Einflussfaktoren bestimmte Situation angepasst
ist.13 Wie z.B. [Kotha/Swamidass 2000] und [Das/Narasimhan 2001] zeigen, lässt sich
die Kontingenztheorie zur Beurteilung des Nutzenpotenzials von Technologien in Unternehmen einsetzen. In ihren Arbeiten erklären die Autoren, unter welchen Voraussetzungen in der Fertigung (z.B. Fließ-, Werkstatt-, Massenfertigung, Massenindividualisierung) der Einsatz bestimmter Fertigungstechnologien ökonomisch sinnvoll ist.
Auch für diese Arbeit stellt die Kontingenztheorie einen geeigneten theoretischen Bezugsrahmen dar, weil die Sinnhaftigkeit des RFID-Einsatzes für konkrete Anwendungsfälle zu klären und in Abhängigkeit von externen Einflussfaktoren zu bewerten ist.
Die Koordinationstheorie [vgl. Malone 1988], die ähnlich wie die Kontingenztheorie
auf der Systemtheorie aufbaut und interdisziplinär anwendbar ist, stellt einen weiteren
möglichen Bezugsrahmen dar. Sie beschäftigt sich mit Maßnahmen zur Auflösung
oder Reduzierung [vgl. Fleisch 2000, 270 f.] von Ressourcenkonflikten (Koordinationsproblemen). Bezüglich der betrachteten Akteure (Menschen, Maschinen) und der
Ressourcen (materielle, informatorische) trifft die Koordinationstheorie keine Einschränkungen. Dementsprechend findet sie in der Literatur sowohl in Bezug auf organisatorische Koordinationsprobleme (z.B. im SCM) als auch bei technologischen Koordinationsproblemen (z.B. in verteilten Computersystemen) Anwendung. Die Koordinationstheorie untersucht Prozessauswirkungen von Koordinationstechnologien, die
koordinationsintensive Prozesse unterstützen, wie z.B. Internet- oder Groupware-Systeme, in Abhängigkeit von der Verbreitung der Technologien. In diesem Sinne ordnet
die vorliegende Arbeit RFID als eine Koordinationstechnologie ein und leitet mögliche Auswirkungen auf das SCM ab.
Während sich die Mehrzahl der anwendungsorientierten Veröffentlichungen zum
Thema RFID an den Anforderungen im Handel orientiert, ist der Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit die Automobilindustrie. Diese verwendet RFID-Systeme
schon seit mehr als zehn Jahren in der Produktionssteuerung und ist derzeit gemäß
Abnahmemenge der führende Anwender von RFID-Produkten [vgl. Graham 2004]14.
13
Die Kontingenztheorie findet in der Managementliteratur verbreitet Anwendung. Beispielsweise zeigen
[Hofer 1975] und [Venkatraman/Prescott 1990] unter Verwendung der Kontingenztheorie, dass die Anpassung der Unternehmensstrategie an wechselnde Umweltbedingungen ein kritischer Erfolgsfaktor ist.
14
Graham zitiert das Marktforschungsinstitut Allied Business Intelligence mit der Aussage: „Automotive Industry Drives the RFID Market, Retail Still Waiting for Shoppers“. Allerdings bezieht sich die führende Rolle der Automobilindustrie nicht auf SCM-Anwendungen.
12
1 Einführung
Da die Unternehmen RFID mittlerweile auch als mögliche SCM-Technologie betrachten, entsteht die Notwendigkeit von Standards. Die Industrieverbände koordinieren entsprechende Standardisierungsaktivitäten. Zum Beispiel haben die Verbände
VDA (Verband der Automobilindustrie) und ITA (Informationstechnologie in der
Automobilindustrie) den Arbeitskreis ISAR (Innovative und standardisierte Anwendungen von RFID) gegründet. Dessen Aufgabe ist die Formulierung von Anforderungen an Standards für verschiedene Anwendungen, wie z.B. das Behältermanagement
oder die Produktkennzeichnung. Die Standards sollen Investitionen in RFIDInfrastruktur sichern und kollaborative Anwendungen ermöglichen. Ähnliche Bestrebungen gibt es auch in den USA. Dort hat die AIAG (Automotive Industry Action
Group) den Standard B-11 verabschiedet, der die Verwendung von RFID zur Kennzeichnung von Autoreifen als Alternative zur Verwendung von 2D-Codes vorsieht
[vgl. AIAG 2004a]15.
Das Liefernetzwerk der Automobilindustrie ist wegen dessen gut organisierter Prozesse ein geeigneter Untersuchungsgegenstand, um Nutzeneffekte von RFID zu identifizieren, die nicht ausschließlich durch Maßnahmen der Prozessreorganisation erreichbar sind. Unter diesen Voraussetzungen ergibt sich der Mehrwert von RFID aus dem
Vergleich der Situation vor RFID-Einführung mit der danach. Die Untersuchung bezieht neben operativen Anwendungen auch Pilotanwendungen und Konzepte als Bewertungsgrundlage mit ein. Dies erscheint dem Autor notwendig, da die Anzahl operativer RFID-Anwendungen gering ist und sich innovative SCM-Anwendungen erst in
der Konzept- bzw. Pilotphase befinden. Bezüglich der in den untersuchten Anwendungen eingesetzten RFID-Systeme bestehen keine Einschränkungen auf bestimmte
Systemtypen, wie z.B. aktive oder passive. Allerdings gehören mögliche Nutzeneffekte der Verwendung von Sensoren, die Bestandteil von RFID-Systemen sein können, nicht zum Untersuchungsgebiet dieser Arbeit.
Verschiedene Autoren beschäftigen sich mit Auswirkungen von IT auf einzelne Branchen [vgl. Monteiro/Macdonald 1996; Mendelson/Kraemer 1998]. In Abhängigkeit
davon, welche Art von Auswirkungen die Autoren untersuchen, unterscheiden
[Crowston/Myers 2004] drei Perspektiven. Die institutionelle Perspektive betrachtet
die spezifischen Gesetze und Normen, die Wettbewerb und Leistungserstellung in einer Branche beeinflussen. Hierzu zählen in der Automobilindustrie z.B. gesetzliche
Sicherheitsanforderungen sowie Standards in Logistik und Datenaustausch. Die ökonomische Perspektive konzentriert sich auf den Wettbewerb innerhalb der Branche
und bewertet wirtschaftliche Aktivitäten nach dem Kosten-Nutzen-Prinzip (Wert der
eingesetzten Faktoren im Verhältnis zum Ergebnis). Häufig verwenden Autoren in
15
Einen aktuellen Stand der Standardisierung von Auto-ID-Verfahren präsentiert [AIAG 2004b].
1.4 Forschungskonzeption
13
diesem Zusammenhang das Wertkettenmodell nach [Porter/Millar 1985]. Die soziokulturelle Perspektive untersucht die sozialen, organisatorischen und kulturellen Beziehungen zwischen Menschen und Organisationen innerhalb einer Branche [Scott 1995].
Diese Arbeit verwendet primär die ökonomische Perspektive zur Bewertung der Auswirkungen von RFID auf das SCM, berücksichtigt aber auch gesetzliche Rahmenbedingungen und Standards, soweit diese den Einsatz von RFID betreffen (s. Tabelle 1-4).
Merkmal
Ausprägungen
Unternehmen im
Liefernetzwerk
Zulieferer
Fahrzeughersteller
Logistikdienstleister
Handel
Perspektive
institutionell
ökonomisch
sozio-kulturell
SCM-Ebene
Strategie
Prozess
IT-System
Funktionsbereich
RFID-System
Interaktionstyp
Projektstatus
Legende:
Beschaffung
Produktion
Distribution
Entsorgung
aktiv
Passiv
Datenspeicher
Sensoren
Mensch-zu-Mensch
Mensch-zuMaschine
Maschine-zuMaschine
Konzept
Pilot
operative
Anwendung
Untersuchungsbereich
kein Schwerpunkt
der Untersuchung
Tabelle 1-4: Untersuchungsgegenstand der Arbeit
1.4 Forschungskonzeption
Die Arbeit verwendet die Koordinationstheorie in Verbindung mit dem situativen Ansatz als wissenschaftstheoretische Perspektive. In diesem Sinne ist zu zeigen, dass
RFID ein Koordinationsinstrument des SCMs ist und welche Auswirkungen ihr Einsatz in verschiedenen Situationen, wie z.B. unterschiedlichen Prozessen, dem Automatisierungsgrad oder der Existenz von Standards, hat. Während in der Praxis erst
wenige operative Anwendungen für eine systematische Evaluation zur Verfügung
stehen, bestehen in der Betriebswirtschaftslehre (BWL) keine Empfehlungen über
geeignete Theorien und Ansätze zur Erklärung der Auswirkungen von RFID. Aufgrund dieses Erkenntnisstands verwendet die Arbeit eine qualitativ konstruktivistische
und theoretisch fundierte Forschungsmethodik. Folgende Abschnitte beschreiben die
wissenschaftstheoretische Einordnung und das forschungsmethodische Vorgehen zur
Erarbeitung der Ergebnisse.
14
1 Einführung
Wissenschaftstheoretische Einordnung
In der BWL existieren unterschiedliche Auffassungen über den Wissenschaftsbegriff
und wissenschaftliche Methoden.16 Ausgehend von einem Verständnis der BWL als
angewandte Wissenschaft, ist ihr Erkenntnisinteresse an praktischen Zielen ausgerichtet und bearbeitet Fragestellungen durch die Verknüpfung von Theorie und Praxis. In
diesem Sinn versteht [Ulrich 1981, 167 ff.]17 die BWL als angewandte Sozialwissenschaft, die auf der Analyse verschiedener Handlungsalternativen, der Entwicklung
von Modellen und der Vermittlung von Wissensgrundlagen für praktisches Handeln
basiert. Entsprechend dieser Auffassung verfolgt die vorliegende Arbeit das Ziel, Unternehmen der Automobilindustrie bei der Bewertung und Planung des Einsatzes von
RFID-Systemen zu unterstützen.
Zentrales Kriterium ist die Problemlösungskraft der konstruktivistisch erstellten Modelle [Ulrich 2001, 225 ff.]. Eine reine Beschreibung der Wirklichkeit ist demnach
nicht zielführend. Die angewandte Forschung zielt somit nicht primär auf die Überprüfung theoriegeleiteter Hypothesen in einer bereits bestehenden Realität ab. Dies
schließt nicht aus, dass z.B. zur Begründung von Handlungsempfehlungen auch die
Verwendung von Erklärungsmodellen sinnvoll sein kann. So entwickelt diese Arbeit
ein Erklärungsmodell, das Unternehmen hilft, mögliche Auswirkungen des RFID-Einsatzes zu bewerten und entwickelt auf dieser Grundlage Handlungsempfehlungen.
Die behandelten Probleme entstehen in der betrieblichen Praxis. Die fachliche Weiterentwicklung besteht in einer gegenseitigen Durchdringung von Theorie und Anwendungsbezug. Die getroffenen Aussagen sind wertend und normativ [vgl. Ulrich 2001,
125 ff.]. Gemäß dem anwendungsorientierten Wissenschaftsverständnis von Ulrich
möchte diese Arbeit Entscheidungsträger in Unternehmen, die den Einsatz von RFID
planen, mit Bewertungsmodellen und Handlungsempfehlungen unterstützen. Zur Fundierung verwendet die Arbeit Aussagen der Koordinationstheorie sowie Modelle aus
dem Informationsmanagement und dem SCM. Über die Anwendung dieser Theorien
und Modelle hinausgehend möchte der Autor mit seinen Ergebnissen einen Beitrag zu
deren Erweiterung leisten.
16
Einen Überblick vermitteln u.a. [Wöhe/Döring 2000, 1 ff.], [Raffée 1995] und [Thommen/Achleitner 2003].
17
Ulrich begründet mit seiner „Systemorientierten Managementlehre“ eine neue betriebswirtschaftliche Forschungsrichtung, die ausgehend von der Universität St. Gallen in der deutschsprachigen Literatur weite Verbreitung erlangt hat [vgl. Schwaninger 2001, 588].
1.4 Forschungskonzeption
15
Methodisches Vorgehen
Die Frage nach der Gestaltung des RFID-Einsatzes im SCM lässt sich mit den Attributen problemorientiert, konkret und situativ beschreiben. SCM gehört zu den Disziplinen, in denen bisher keine Theoriebildung stattgefunden hat. Das pragmatische
Wissenschaftsziel steht im Vordergrund [vgl. Göpfert 1999, 20]. Die vorliegende Arbeit verwendet wegen der geringen Anzahl der für eine Untersuchung zur Verfügung
stehenden RFID-Anwendungen und ihrer Gestaltungsorientierung einen qualitativen
Forschungsansatz. Zur Beantwortung der Forschungsfrage eignet sich die Aktionsforschung (Action Research) [vgl. Checkland/Holwell 1998, 9 ff.; Fleisch 2000, 290 ff.].
Bei deren Anwendung beobachtet der Forscher nicht nur, sondern nimmt aktiv an der
Gestaltung des Gegenstandsbereichs der Forschung teil. Die angewandte Logistikforschung verwendet die Aktionsforschung zur Erhöhung der Praxisrelevanz ihrer Ergebnisse [vgl. Näslund 1999]. Das Ziel ist die Gewinnung von Handlungsorientierungen zur Verbesserung der Realität. Hierzu durchläuft der Forscher einen iterativen
Prozess. Während der Forscher agiert, beobachtet er die erzielten Veränderungen und
reflektiert die erzielten Ergebnisse gemeinsam mit Vertretern der Praxis. Dieses Vorgehen unterstützt die Ableitung und Validierung von Handlungsorientierungen zur
Lösung betrieblicher Probleme. Gleichzeitig erkennt der Forscher neue Probleme,
welche als Ausgangspunkt weiterer Forschungsarbeiten dienen. Die Gewinnung von
Daten aus der Praxis erfolgt mithilfe von Interviews, durch Fallstudien, Projekte sowie öffentlich zugänglichen Quellen.
Entsprechend dieses Ansatzes hat der Autor Forschungspartner aus der Praxis in die
Erarbeitung der Ergebnisse der Dissertation einbezogen (s. Tabelle 1-5). Regelmäßige
Workshops mit den Partnerunternehmen des M-Labs (Mobile and Ubiquitous Computing Lab)18 bildeten einen Rahmen zur Reflexion der Ergebnisse. Praktische Erfahrung bei der Durchführung von RFID-Projekten konnte der Autor im Rahmen
mehrerer Pilotprojekte sammeln. Das Projekt SmartLogistics19 untersuchte die technische Machbarkeit und Prozessauswirkungen des Einsatzes aktiver RFID-Transponder
an einem Güterterminal [vgl. Strassner/Eisen 2004]. Als Mitglied der Projektgruppe
ISAR (Innovative und Standardisierte Anwendungen der RFID-Technologie)20 des
ITA und des VDA beteiligte sich der Autor an Pilotprojekten zur Einführung von
18
Das Mobile and Ubiquitous Computing Lab ist ein Gemeinschaftsprojekt der Universität St. Gallen und der
ETH Zürich. Die Aufgabe des Projekts ist die Bewertung der betriebswirtschaftlichen Auswirkungen von
Technologien des Ubiquitous Computing, s. www.m-lab.ch.
19
Das Projekt wurde durch das österreichische Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technik
(BMVIT) im Rahmen des Programms Logistik Austria Plus (www.logistikaustriaplus.at) gefördert.
20
Die Verbände ITA (Informationstechnologie in der Automobilindustrie) e.V. und der VDA (Verband der
Automobilindustrie) e.V. haben den Arbeitskreis ISAR zur Erarbeitung von Standardisierungsempfehlungen
für RFID-Anwendungen in der Automobilindustrie gegründet [vgl. VDA 2003a].
16
1 Einführung
RFID. Die Ergebnisse dieser Projekte beschreibt Kapitel 5. Als Mitarbeiter des AutoID-Labs21 St. Gallen untersuchte der Autor die Potenziale einer branchenunabhängigen standardisierten RFID-Infrastruktur, deren Entwicklung EPCglobal22 vorantreibt,
für die Automobilindustrie [s. Strassner/Fleisch 2003].
Projekt
M-Lab
Laufzeit
seit
06/2001
Forschungspartner
u.a. SAP, SAP-SI,
Volkswagen
SmartLogistics
08/2001–
08/2002
Cargo Center Graz,
Identec, Intellion
Auto-ID-Lab
seit
01/2002
u.a. MIT, University
of Cambridge,
EPCglobal
VDA (Verband der
Automobilindustrie)
und ITA (Verband
Informationstechnologie für die Automobilindustrie)
Booz Allen Hamilton
ISAR (Innovative
seit
und standardisier- 06/2002
te Anwendungen
von RFID)
Empirische Studie zu Potenzialen von RFID
10/2003–
04/2004
Inhalt
Anwendungen des Ubiquitous
Computings aus betriebswirtschaftlicher Sicht
Transpondertechnologie zur
Verbesserung logistischer
Prozesse
Anwendung und Architektur
standardisierter RFID-Systeme
Anwendungen und Architektur
standardisierter RFID-Systeme
für Automobilindustrie
Potenziale von RFID in der Automobilindustrie und für
Logistikdienstleister
Tabelle 1-5: Projektumfeld der Arbeit
Eine gemeinsam mit der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton23 durchgeführte empirische Studie vertiefte die Untersuchung möglicher Auswirkungen von
RFID im SCM. Im Rahmen der Studie führte der Autor Interviews mit zwölf Unternehmen der Automobilindustrie (darunter sechs in Europa produzierende Fahrzeughersteller und sechs Zulieferer). Ein Kriterium für die Auswahl der Teilnehmer war,
dass diese bereits Erfahrungen mit der RFID-Technologie besaßen, d.h. zumindest ein
Anwendungskonzept entwickelt oder pilotiert hatten.24 Die Interviews fanden in Form
persönlicher Gespräche unter Verwendung eines Interviewleitfadens statt. Das Ziel
21
Ein Verbund von sechs Auto-ID-Labs an den Universitäten in Adelaide (Australien), Cambridge (USA),
Cambridge (Großbritannien), Kanagawa (Japan), Shanghai (China) und St. Gallen (Schweiz) forscht an verschiedenen Bausteinen einer RFID-Infrastruktur und bewertet die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen
(www.autoidlabs.org).
22
EPCglobal Inc. (ein Gemeinschaftsunternehmen von EAN International und Uniform Code Council Inc.)
betreibt die Standardentwicklung und Verbreitung des Electronic Product CodeTM (EPC) in Handel und Industrie, s. www.epcglobalinc.org.
23
www.bah.com
24
Die Literatur des Innovationsmanagements bezeichnet diese Anwendergruppe, die zuerst eine neue Technologie einsetzen, als „Lead User“ [von Hippel 1988].
1.4 Forschungskonzeption
17
der Studie war die Erhebung der Motivation für den RFID-Einsatz, aktueller
RFID-Aktivitäten (operative Anwendungen, Pilotprojekte und Konzepte) und kritischer Erfolgsfaktoren bei der Durchführung von RFID-Projekten (Voraussetzungen,
Herausforderungen und Risiken) [s. Fleisch et al. 2004b]25. Im Rahmen der Studie
fanden nach dem gleichen Verfahren auch zwölf Interviews mit Logistikdienstleistern
statt, deren Auswertung getrennt erfolgte [s. Fleisch et al. 2004a].
Die Herleitung des Erklärungs- und des Beschreibungsmodells basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Literatur sowie einer aus Literatur-, Internetrecherche und der empirischen Studie gewonnenen Fallsammlung. Verschiedene Fallstudien
dokumentieren RFID-Projekte, bei denen der Autor mitwirkte, und ermöglichen die
Validierung der konzeptionellen Modelle. Die Handlungsempfehlungen sind aus dem
Beschreibungs- und Erklärungsmodell, den Erkenntnissen der empirischen Studie sowie den Fallstudien abgeleitet. Die Projektgruppe ISAR berücksichtigt die Handlungsempfehlungen bei der Durchführung von RFID-Projekten und unterstützt damit
deren Validierung (s. Abbildung 1-2).
Ergebnis
Baustein
wird
validiert
begründet
1. Analyse
-Desk Research
-Empirische Studie
-Fallbeispiele
2. Konzeptentwicklung
-Erkärungsmodell
-Beschreibungsmodell
3. Projektarbeit
-M-Lab
-Arbeitskreis ISAR
4. Empfehlungen
-Handlungsanleitungen
-Forschungsbedarf
Abbildung 1-1: Herleitung und Validierung der Ergebnisse
25
Details zur Durchführung der Studie und der verwendete Interviewleitfaden befinden sich in Anhang B.
18
1 Einführung
1.5 Aufbau der Arbeit
Ausgehend von der zuvor motivierten Praxisherausforderung der Bewertung und Planung des RFID-Einsatzes im SCM beschreibt Kapitel 2 Grundlagen zur Informatisierung des Liefernetzwerkes. Den Ausgangspunkt bildet die Koordinationstheorie,
die Lösungsansätze für Koordinationsprobleme bei gemeinsamer Nutzung von Ressourcen bereitstellt. Mit dem Management der Ressource Information, die sowohl Gegenstand von Koordinationsproblemen ist als auch zu deren Verminderung bzw. Auflösung beitragen kann, befasst sich die nachfolgend beschriebene Disziplin des Informationsmanagements. Diese verwendet Instrumente der Koordinationstheorie in ihren
Gestaltungsmodellen. Anschließend folgt ein Überblick aktueller Herausforderungen
und möglicher Lösungsansätze aus der Literatur SCMs, der insb. Nutzeneffekte des
IT-Einsatzes berücksichtigt. Der letzte Abschnitt des Kapitels beschreibt die RFIDTechnologie im Vergleich zu anderen Auto-ID-Technologien im Hinblick auf einen
möglichen Mehrwert für das SCM.
Kapitel 3 vermittelt einen Überblick über die aktuelle Situation der Automobilindustrie, indem es die Struktur der Branche, die strategischen Herausforderungen der Industrie und die hieraus abgeleiteten Herausforderungen für das SCM beschreibt. Innerhalb des SCMs grenzt die Arbeit Koordinationsbereiche ab, die als kritische Prozesse bzw. Aufgaben einen Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen des
SCMs leisten. Folglich sind diese Prozesse geeignet, um mögliche Nutzeneffekte einer Koordinationstechnologie zu zeigen. Das Kapitel schließt mit dem aktuellen Stand
der Verwendung von IT-Systemen im SCM der Automobilindustrie, der auch die aktuelle Verbreitung von RFID-Systemen berücksichtigt.
Kapitel 4 begründet zuerst den Beitrag von RFID-Systemen zur Unterstützung von
Koordinationsinstrumenten im SCM und zeigt damit, dass RFID eine Koordinationstechnologie im Sinne der Koordinationstheorie ist. Das dann folgende Erklärungsmodell verwendet die in der Koordinationstheorie beschriebenen Effekte erster, zweiter
und dritter Ordnung als Bezugsrahmen. Es erklärt die möglichen Auswirkungen von
RFID durch Aufzeigen von Potenzialen und Grenzen in Abhängigkeit des Koordinationsbedarfs und externer Einflussfaktoren. Die Anwendung des Erklärungsmodells
erlaubt Aussagen bzgl. des Entwicklungspfads von RFID. Ein entsprechendes Diffusionsmodell beschreibt verschiedene Ausbaustufen von RFID-Systemen (konkrete
Anwendungsmöglichkeiten). Abschließend stellt das Kapitel ein Verfahren zur Bewertung von RFID-Anwendungen aus lokaler (Projekt-) sowie aus SCM-Perspektive
vor.
1.5 Aufbau der Arbeit
19
Kapitel 5 stellt praktische Anwendungen von RFID anhand von fünf Fallstudien dar.
Die Fallstudien zeigen unterschiedliche Beweggründe, Lösungsbeschreibungen, Prozessauswirkungen, Kosten-Nutzen-Bewertungen und zukünftige Ausbaustufen von
RFID-Systemen. Eine zusammenfassende Betrachtung der Möglichkeiten und Grenzen der RFID-Projekte erfolgt aus Perspektive des Wertschöpfungsnetzwerkes unter
Anwendung des Erklärungs- und Beschreibungsmodells. Aus den Erkenntnissen der
Fallstudien leiten sich in Verbindung mit den vorangegangenen konzeptionellen Überlegungen kritische Erfolgsfaktoren für den RFID-Einsatz ab.
Das letzte Kapitel 6 beantwortet die in der Einleitung motivierten Forschungsfragen,
fasst den Erkenntnisgewinn für die Wissenschaft zusammen und leitet hieraus Handlungsempfehlungen für die Praxis ab. Den Abschluss der Arbeitet bildet die Vision
des informatisierten Liefernetzwerkes im Sinne einer „realen Virtualität“. Abbildung
1-2 fasst den Aufbau der Arbeit zusammen.
Kapitel 1:
Einleitung
Praxisherausforderung:
Einsatz von RFID
Fragestellung: Mehrwert
des RFID-Einsatzes im SCM
Forschungskonzeption
konkretisiert
Kapitel 2:
Grundlagen
Koordinationstheorie
Anwendung
Informationsmanagement
erklärt
Anwendung
grenzt ab
Kapitel 3:
Situation
Forschungsbedarf:
Wissenschaftliche Lücke
Supply Chain
Management
unterstützen?
können
sein
beschreibt
Herausforderungen
Herausforderungen im
bestimmen
der Automobilindustrie
Supply Chain Management bestimmen
Kritische
Prozesse
Mögliche Nutzeneffekte von RFID
Auto-IDSysteme
unter- IT-Systeme
stützen im Einsatz
Beispiele
Anforderungen
Kapitel 4:
Modelle zu
Auswirkungen
und zur
Bewertung
Kapitel 5:
Spezialladungsträgermanagement
Behältermanagement im CKD-Versand Fallstudien,
Erfolgsfaktoren
Kontrolle des CKD-Packstückversands
RFID als Koordinationstechnologie
Anwendung
Koordinationstheorie
Auswirkungen von RFID
(Erklärungs- und Beschreibungsmodell)
Grundlage für
die Bewertung
Verfolgung von Kleinladungsträgern
zeigen
Verfolgung von Autoreifen
Generalisierung
Bewertung von Anwendungen
Kritische Erfolgs faktoren
begründen
Kapitel 6:
Erkenntni sse,
Ausblick
Beantwortung der Forschungsfragen
Handlungsempfehlungen
für die Praxis
Vision und weiterführende Fragen
Abbildung 1-2: Aufbau und Ergebnisse
Erkenntnisgewinn für
die Wissenschaft
20
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
Der Einsatz von RFID-Systemen unterstützt die Informatisierung des Liefernetzwerkes. Zur Ermittlung der Auswirkungen und eines möglichen Mehrwerts für das SCM
verwendet die Dissertation einen interdisziplinären Forschungsansatz, der verschiedene Erkenntnisse aus der BWL, insb. aus der Wirtschaftsinformatik, verwendet. Hierzu
gehören die in den folgenden Abschnitten beschriebene Koordinationstheorie zur Behandlung von Koordinationsproblemen zwischen Systemen, das Informationsmanagement (IM), das Modelle und Methoden zur Informationsversorgung von Geschäftsprozessen bereitstellt, und das SCM mit besonderer Berücksichtigung des IT-Einsatzes. In diesem Zusammenhang beschreibt der letzte Abschnitt des Kapitels die Eigenschaften von RFID-Systemen im Vergleich zu anderen Auto-ID-Technologien.
2.1 Koordinationstheorie und Integration
Die Koordinationstheorie untersucht Koordinationsprobleme aus Perspektive der Systemtheorie und identifiziert Verfahren zu deren Reduzierung oder Beseitigung. Ein
formaler Ansatz zur Analyse von Koordinationsproblemen geht von einer hierarchischen Organisationsstruktur mit einer zentralen Koordinationsinstanz aus, welche die
Durchführung von Koordinationsaktivitäten steuert [vgl. Mesarovic et al. 1970]. Da
eine zentrale Kontrollinstanz in Prozessorganisationen nicht immer vorhanden ist, ist
der Ansatz im SCM nur beschränkt anwendbar. Die Koordinationstheorie nach
[Malone/Crowston 1991] abstrahiert hingegen in ihrem allgemeineren Ansatz von
konkreten Organisationsmodellen. Sie beschreibt die Theorie der Koordination als
„body of principles about how activities can be coordinated, that is, about how actors
can work together“ [vgl. Malone/Crowston 1991, 82]. Die untersuchten Koordinationsmechanismen gelten gleichermaßen für soziale Organisationen, ökonomische Systeme wie für IT-Systeme und gemischte Systeme [vgl. Malone 1988]. Die folgenden
Abschnitte beschreiben Ursachen für Koordinationsbedarf und Lösungsansätze. Dabei
finden insb. die Rolle von Koordinationstechnologien zur Unterstützung von Koordinationsaktivitäten und Integration als Mittel zur Reduzierung von Koordinationsproblemen Berücksichtigung.
2.1.1 Ressourcenkonflikte als Ursache für Koordinationsbedarf
Die Koordinationstheorie unterscheidet drei Anwendungsgebiete [vgl. Malone/
Crowston 1994]: Die organisatorische Gestaltung der Koordination zwischen einzelnen Organisationseinheiten (Koordinationsmechanismen), die Gestaltung von IT-Systemen zur Unterstützung der Koordinationsmechanismen (Koordinationstechnologien) und die Gestaltung von verteilten und parallelen IT-Systemen. Koordinationsprobleme treten zwischen Akteuren auf, die eigene Ziele verfolgen und zur Durchführung von Aktivitäten gemeinsame Ressourcen verwenden. Koordination ist definiert
2.1 Koordinationstheorie und Integration
21
als der Prozess des Managements von Abhängigkeiten zwischen Aktivitäten [vgl. Malone/ Crowston 1991, 3]. Als Akteure kommen beliebige Ressourcen eines Unternehmen infrage, sowohl Menschen als auch Maschinen. Dementsprechend betrachtet
die Koordinationstheorie Mensch-zu-Mensch-, Mensch-zu-Maschine- und Maschinezu-Maschine-Abhängigkeiten.
Zur Untersuchung von Koordinationsproblemen in Organisationen verwenden Autoren der Koordinationstheorie Prozessdarstellungen. Hierbei bestehet ein Prozess aus
Ressourcen, Aktivitäten und Abhängigkeiten [vgl. Malone et al. 1999]. Aktivitäten
konsumieren oder produzieren Ressourcen, z.B. konsumiert die Aktivität „Fahrzeugmontage“ menschliche Arbeitskraft, Maschinenbelegungszeit, Stücklisteninformation
und Bauteile. Mögliche Abhängigkeiten zwischen Aktivitäten lassen sich drei Typen
zuordnen: „Flow“ (Reihenfolge), „Sharing“ (Verfügbarkeit) und „Fit“ (Gleichläufigkeit) [Malone et al. 1999, 430] (s. Tabelle 2-1).
Abhängigkeit
Reihenfolgeabhängigkeit
(Flow)
Verfügbarkeitsabhängigkeit
(Sharing)
Darstellung
Aktivität 1
Ressource A
Aktivität 1
Ressource B
Aktivität 2
Gleichläufigkeitsabhängigkeit (Fit)
Aktivität 1
Ressource C
Aktivität 2
Beispiele
Aktivität 2
- Teileversorgung der Fertigung
- Sequenzielle Fertigung
- Anforderung notwendiger
Informationen
- Maschinenbelegung
- Flottenmanagement
- Zugriff auf zentrale
Datenbank
- Verteilte Auftragsbearbeitung
- Kooperative Produktion
- Schreiben in zentrale
Datenbank
Tabelle 2-1: Modellierung von Abhängigkeiten in der Koordinationstheorie
[vgl. Malone et al. 1999, 430 f.]
Eine Reihenfolgeabhängigkeit tritt auf, wenn eine Aktivität eine Ressource produziert,
die eine andere Aktivität benötigt, z.B. besteht zwischen der Fahrzeugmontage und
der Materialbereitstellung eine Reihenfolgeabhängigkeit. Eine Verfügbarkeitsabhängigkeit tritt auf, wenn mehrere Aktivitäten dieselbe Ressource verwenden, z.B. die gemeinsame Nutzung einer Fertigungsmaschine. Eine Gleichläufigkeitsabhängigkeit besteht, wenn mehrere Aktivitäten dieselbe Ressource produzieren, z.B. sind zur Produktion eines Fahrzeuges zahlreiche Aktivitäten zu koordinieren.
Die Koordinationstheorie identifiziert generische Koordinationsprozesse [vgl. Malone
1988, 18]. Zur Strukturierung und Zuordnung der Koordinationsprozesse verwenden
22
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
Malone und Crowston vier Prozessebenen: Koordination, Gruppenentscheidungen,
Kommunikation und Wahrnehmung gemeinsamer Objekte (s. Tabelle 2-2). Die Ebenen bauen aufeinander auf und nutzen Prozesse der darunter liegenden Ebenen. Beispielsweise setzen Gruppenentscheidungen die Möglichkeit zur Kommunikation voraus. Eine Voraussetzung für jede Art der Koordination sind Vereinbarungen bzgl. des
Verständnisses und der Bewertung physikalischer Objekte, wie sie die unterste Prozessebene bereitstellt. Zum Beispiel verwenden unterschiedliche Prozesse einer verteilten Computeranwendung gemeinsame Variablen zum Datenaustausch.
Mit diesem Verständnis stellt die Kommunikationsebene Funktionen zum Informationsaustausch zwischen Prozessen bereit [vgl. Malone/Crowston 1991, 18]. Gruppenentscheidungen26, bei denen die Akteure unter Verwendung der ihnen zur Verfügung
stehenden Informationen aus einem Alternativenpool die beste Handlungsalternative
auswählen, setzen Informationsaustausch voraus [vgl. Simon 1965]. Auf der obersten
Ebene des Modells erfolgt die Festlegung von Aktivitäten zur Vermeidung bzw. Auflösung von Koordinationsproblemen unter Berücksichtigung übergeordneter Ziele.
Falls z.B. zwei Fertigungsaufträge um die Belegung einer Maschine konkurrieren,
lässt sich der Ressourcenkonflikt durch Priorisierung der Aufträge beheben. Verschiedene betriebliche Probleme wie z.B. Ressourcenverschwendung, Verspätungen und
verpasste Chancen lassen sich auf mangelnde Koordination zurückführen.
Prozessebene
Koordination
Koordinationsobjekte
Ziele, Aktivitäten, Akteure,
Ressourcen, Abhängigkeiten
Gruppenentscheidungen
Akteure, Alternativen,
Evaluationen, Auswahl
Kommunikation
Sender, Empfänger,
Nachrichten, Sprachen
Wahrnehmung
gemeinsamer
Objekte
Akteure, Objekte
Koordinationsprozesse
Ziele identifizieren, Aktivitäten ordnen,
Aktivitäten Akteuren zuordnen, Aktivitäten synchronisieren, Ressourcen reservieren
Alternativen vorschlagen, Alternativen
evaluieren, Entscheidungen treffen (z.B.
autoritär, durch Konsens oder Abstimmung)
Vereinbarung gemeinsamer Sprachen,
Empfänger auswählen, Nachricht übermitteln
Wahrnehmung derselben Objekte,
Zugriff auf gemeinsam genutzte Datenbank
Tabelle 2-2: Zuordnung generischer Koordinationsprozesse zu Ebenen und Objekten
der Koordination [Malone/Crowston 1991, 18]
26
Am Gruppenentscheidungsprozess sind nicht notwendigerweise mehrere Akteure beteiligt [vgl. Malone/
Crowston 1991, 17].
2.1 Koordinationstheorie und Integration
23
2.1.2 Integration als Mittel der Koordination
Während sich Koordination allgemein mit der Interaktion verschiedener Systeme im
Hinblick auf ein gemeinsames Ziel beschäftigt [vgl. Rühli 1992, 1165], zielt die Integration auf eine dauerhafte Verbindung von Systemen zu einem übergeordneten Gesamtsystem. Der Vorgang der Integration bedeutet die Eingliederung in ein Größeres
Ganzes, wobei die von außen wahrgenommene Identität der eingebundenen Systeme
zugunsten der Identität des übergeordneten Systems zurücktritt [vgl. Jackson 2003;
Luhmann 2004]. Demzufolge ist die Integration aus der Sicht der Koordinationstheorie ein Mittel, um Koordinationsprobleme zwischen den integrierten Systemen dauerhaft zu beseitigen. In Unternehmensnetzwerken lässt sich meist nur ein bestimmter Integrationsgrad, d.h. eine mehr oder weniger starke Kopplung erreichen. Eine vollständige Integration ist jedoch auf Ebene von Subsystemen wie z.B. der Kommunikationsinfrastruktur möglich. Standards wie TCP/IP oder EDIFACT unterstützen die Integration auf dieser Ebene. Verschiedene Wissenschaftsgebiete untersuchen Integration
bzgl. unterschiedlicher Integrationsobjekte. In der BWL und in der Wirtschaftsinformatik unterscheidet sich bspw. die Verwendung des Integrationsbegriffes.
In der BWL findet Integration auf organisatorischer Ebene statt und bezieht sich auf
Wirtschaftseinheiten, Prozesse und betriebliche Ressourcen. Ausgehend vom Unternehmen als Integrationseinheit kann Integration in den Dimensionen horizontal (Unternehmen gleicher Stufe in der Wertschöpfungskette aus unterschiedlichen Branchen), vertikal (Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette) und lateral (Unternehmen unterschiedlicher Stufe in der Wertschöpfungskette und Branche) stattfinden.
Bei Prozessen unterscheidet die Literatur zwischen sequenzieller (vor- und nachgelagerte Prozessschritte), horizontaler (parallel laufende gleichartige Prozesse) und vertikaler (komplementäre Prozesse) Integration [vgl. Klaus 1998, 440 f.]. In der Managementlehre verfolgt Integration die Verbindung von normativem, strategischem und
operativem Management mit dem Ziel, ganzheitliches Denken zu fördern, das Synergien in der Nutzung betrieblicher Ressourcen ermöglicht und Reibungsverluste aus
nicht abgestimmten Einzelentscheidungen vermeidet [vgl. Bleicher 2001, 453].
Die Wirtschaftsinformatik berücksichtigt zwar auch die Bedeutung des Integrationsbegriffs in der BWL, jedoch konzentriert sich ihr Erkenntnisziel auf die Integration betrieblicher Informationssysteme [vgl. Heilmann 1989, 46 ff.]27. Mögliche Integrationsgegenstände der betrieblichen Informationsverarbeitung (IV) sind Menschen,
Aufgaben und Technik [Mertens 2001, 1 ff.]28. Das Ziel der Integration ist die Ver-
27
[Mertens 1966] thematisiert den Begriff im Zusammenhang mit der „integrierten Datenverarbeitung“.
28
Daneben untersuchen einige Autoren die Integration in der Systementwicklung, z.B. Methodenintegration
oder integrierte Anwendungsentwicklungsumgebungen.
24
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
meidung von Medienbrüchen zwischen verschiedenen Systemen, um einen höheren
Automatisierungsgrad in der IV zu ermöglichen. Dabei fordert [Mertens 2002] eine
„sinnhafte Automatisierung“ anstatt der Vollautomatisierung um jeden Preis. Die Literatur beschreibt verschiedene Einordnungen von Integrationsansätzen [Krcmar
1991; Mertens/Holzner 1992]. Die in Tabelle 2-3 dargestellte Einteilung ist für die
Verwendung des Integrationsbegriffes in dieser Arbeit grundlegend. Sie unterscheidet
zwischen Ansätzen zur Integration verschiedener IT-Systeme und zur Integration von
IT-Systemen mit der Realwelt, d.h. mit Objekten und Vorgängen in der realen Welt,
die IT-Systeme abbilden und steuern.
Integration von IT-Systemen
- Anwendungssysteme
- Technisches Subsystem
(Infrastruktur)
IT-Realwelt-Integration
- IT-Systeme mit
(a) Prozessen (Workflow-Integration)
(b) Dingen, Menschen
Richtung
- Horizontal (Reichweite)
- Vertikal (Tiefe)
- Vertikal (Tiefe, Detaillierung)
Hilfsmittel
- Daten-, Funktions-, Prozess-,
Programm- und Geräteintegration
- Infrastrukturintegration
- Einbettung von IT-Geräten in
Prozesse oder Dinge
- Datenmodellierung, Abbildungsregeln, Steuerungsregeln
Ziele
- Beseitigung von Medienbrüchen - Beseitigung von Medienbrüchen
zwischen IT-Systemen
zwischen IT-Systemen (digitaler
- Redundanzvermeidung
Welt) und der physischen Welt
- Automatisierung der Informati- - Automatisierung der Datenonsverarbeitung
erfassung
- Automatisierung der Vorgangssteuerung in der realen Welt
Beispiel
Integration der Systeme zur Auftragsabwicklung und zum Lagermanagement
Gegenstand
Automatische Erfassung des Lagerbestands mittels Sensoren und
Übermittlung an das Lagermanagementsystem
Tabelle 2-3: Arten der Integration in der Wirtschaftsinformatik
[vgl. Weston et al. 1998, 744 ff.; Fleisch 2001, 189; Mertens 2001, 1 ff.]
Integration betrieblicher IT-Systeme
Betriebliche IT-Systeme können in Bezug auf die Prozesse, die sie unterstützen, horizontal oder vertikal integriert sein. Ein horizontal integriertes System unterstützt z.B.
nicht nur die Auftragsannahme, sondern die vollständige Auftragsabwicklung bis zur
Auslieferung an den Kunden.29 Die Integrationsreichweite beschreibt die Durchgän29
Zu beachten ist der Unterschied in der Bedeutung zur horizontalen Integration von Prozessen. Zum Beispiel
verstehen Logistiker unter der horizontalen Integration die Zusammenfassung parallel verlaufender Lieferketten, wie etwa unterschiedliche Vertriebskanäle.
2.1 Koordinationstheorie und Integration
25
gigkeit der Prozessunterstützung durch ein IT-System, was dem Grad der horizontalen
Integration entspricht. Vertikal integrierende Systeme verbinden Anwendungssysteme, die komplementäre Prozesse unterstützen, bspw. überwachende ControllingSysteme und operative PPS-(Produktionsplanungs- und Steuerungs-)Systeme30.
Die Integration betrieblicher IT-Systeme lässt sich durch Integration ihrer Komponenten, nämlich Daten, Funktionen, Prozesse, Programme und Geräte, herstellen [vgl.
Mertens 2001, 1 ff.]. Bei der Datenintegration verwenden unterschiedliche Anwendungen eine gemeinsame Datenbasis. Die setzt einheitliche Konventionen bzgl. Syntax und Semantik der Daten voraus. Ein Beispiel ist die Integration von Katalog- und
Bestellsystemen über eine Produktdatenbank [vgl. Scheer 1990, 29 f.]. Bei der Funktions- und Programmintegration greifen verschiedene Anwendungen auf gleiche
Funktionen oder Programmmodule zu und vermeiden Redundanzen. Beispielsweise
ist es sinnvoll, dass bestimmte Basisfunktionen, wie die Erzeugung eines Lieferabrufs, nur einmal in der IT-Landschaft eines Unternehmens implementiert sind. Bei der
Prozessintegration erfolgt eine Verknüpfung von Anwendungssystemen entlang der
Prozesskette mit dem Ziel, Medienbrüche zu vermeiden [vgl. Krcmar 1991, 7]. Die
Geräteintegration umfasst sowohl die technische Verknüpfung von Geräten als auch
deren gemeinsame Nutzung [vgl. Mertens 2001, 4].
Einige Ansätze fokussieren auf Integrationsinfrastrukturen, deren Aufgabe die Unterstützung der Integration von Anwendungssystemen ist. Diese beinhalten Standards
und Basisfunktionen, welche die Interaktion verschiedener Anwendungssysteme ermöglichen, ohne dass hierfür eigene Schnittstellen notwendig sind. Sie unterstützen
Unternehmen, die eine heterogene Systemlandschaft besitzen, in ihren Integrationsbemühungen. Eine weitere Zielsetzung von Integrationsinfrastrukturen ist die Schaffung von Flexibilität bzgl. des Integrationsgrades, die insb. bei kollaborativen Systemen gefordert ist [vgl. Alt/Österle 2003].
Integration zwischen IT-Systemen und realer Welt
Betriebliche Anwendungssysteme sollen eine bereichsübergreifende Unterstützung
betrieblicher Aufgaben entsprechend den Anforderungen der Anwender ermöglichen
[vgl. Brombacher 1991]. Die oben beschriebenen Integrationsmodelle beschränken
sich auf IT-Systeme als Integrationsgegenstand und blenden die aus dem Anwendungsumfeld stammenden Anforderungen an die Gestaltung der Integration aus. Damit die Interaktion zwischen IT-System und Abläufen in der Realität effizient funktioniert, müssen die Eigenschaften des IT-Systems auf die Informationsverarbeitungskapazitäten der Anwender bzw. der Organisation abgestimmt sein [vgl. Galbraith
30
Dies beschreibt z.B. das CIM (Computer Integrated Manufacturing)-Modell [vgl. Scheer 1994].
26
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
1977; Tushman/Nadler 1978]. Demnach stellen z.B. für ein Unternehmen, das seine
Produktionsmenge monatlich für den Folgemonat vorausplant, taggenaue Abverkaufszahlen keinen Mehrwert gegenüber monatlichen Zahlen dar.
Integrierte
IT-Systeme
RFID
Barcode
Scannen
Texterkennung
Manuelle
Dateneingabe
Unzureichende Datenmodelle sind eine mögliche Ursache geringer Informationsverarbeitungskapazität. Verschiedene Autoren beschäftigen sich mit Methoden zum Entwurf von Informationssystemen, deren Struktur an das Anwendungsgebiet in der Realität angepasst ist. Diese Methoden verwenden Daten-, Funktions- und Prozessmodelle oder Objektorientierung als Gestaltungsprinzip zur Abbildung der Realität [Becker
1991; Scheer 1991]. Im operativen Betrieb müssen IT-Systeme in der Lage sein, die
für den Anwendungszweck notwendigen Informationen aus der Realität zu erfassen
und ggf. zur Steuerung von Vorgängen zu verwenden. Dies geschieht mithilfe von
Mensch-zu-Maschine-Schnittstellen (HCI), z.B. Eingabegeräten und Bildschirmen,
oder Maschine-zu-Maschine-Schnittstellen (MMI) wie z.B. Sensoren und Aktoren31.
Die Verwendung automatisierter Datenerfassungstechnologien (Automatic Data Capturing, kurz ADC) erhöht die Effizienz der Interaktion zwischen IT-Systemen und der
Realwelt (s. Abbildung 2-1).
Digitale Welt („Bits“):
• Interne und kollaborative
Anwendungssysteme (z.B.
ERP-, E-Business-Systeme)
• IT-Infrastruktur
(z.B. Internet)
Grenzkosten
der Datenerfassung
Reale Welt („Atome“):
• Menschen
• Produkte
• Produktionsanlagen
Manuelle Tätigkeiten Vollautomatisierung
notwendig
Integrationsgrad
RFID: Radiofrequenzidentifikation
ERP: Enterprise Resource Planning
Abbildung 2-1: Integration zwischen IT-Systemen und realer Welt [Fleisch 2001]
31
alternative Bezeichnung: Aktuator
2.1 Koordinationstheorie und Integration
27
Eine Integration beliebiger physischer Objekte mit IT-Systemen ermöglichen „Connected Smart Appliances“, d.h. an physische Gegenstände anheftbare Geräte, die mit
IT-Komponenten wie z.B. Mikrochips oder Sensoren ausgestattet sind [Fleisch et al.
2002b, 234 ff.]. RFID lässt sich in diesem Sinne als ein Technologie zur Integration
zwischen IT-Systemen und der realen Welt verstehen, wie [Want et al. 1999] es in
ihrem Aufsatz „Bridging physical and virtual worlds with electronic tags“ beschreiben.
2.1.3 Gestaltungsmodelle der Koordination und Integration
Integrationsmodelle stellen einen Gestaltungsrahmen für die Entwicklung von Anwendungssystemen dar. Allerdings ist die Integration von Informationssystemen kein
Selbstzweck, sondern soll strategische Ziele des Unternehmens unterstützen, z.B. die
Kooperation mit Partnern im Wertschöpfungsnetzwerk oder die Kundenorientierung.
Diesen Sachverhalt berücksichtigen Ebenenmodelle, die Integration auf organisatorischer und IT-Systemebene in Beziehung setzen.
Ebenenmodelle der Integration
Verschiedene Autoren verwenden Modelle, die mehrere Ebenen zur Gestaltung von
IT-Systemen und Organisationsstrukturen umfassen [vgl. Ferstl/Sinz 1996; Scheer
1998, 56 f.]. Das Business-Engineering-Modell [vgl. Österle/Blessing 2000, 77] verwendet z.B. die drei Ebenen Strategie, Prozess und Informationssystem zur Abbildung von Integrationsbeziehungen.
Strategie. Die strategische Ebene bestimmt die langfristige Unternehmensentwicklung
und muss gleichzeitig in der Lage sein, das Unternehmen schnell und flexibel an sich
ändernde Marktbedingungen anzupassen [vgl. Müller-Stewens 2000]. Sie bestimmt
über Kooperationsbeziehungen mit anderen Unternehmen, Unternehmensstruktur und
Geschäftsfelder sowie die Gestaltung der Prozess- und der Systemebene.
Prozesse. Die Ebene der Prozessgestaltung stellt Geschäftsprozesse als eine auf Wertschöpfung ausgerichtete Abfolge von Aufgaben dar. Die modellhafte Beschreibung
der Prozesse soll die Umgestaltung von Organisationsabläufen im Sinne des Business
Process Reengineering (BPR) unterstützen [vgl. Hammer/Champy 1993]. Zu den
Maßnahmen der Prozessgestaltung gehören z.B. die horizontale und vertikale Integration von Prozessen und die Ausrichtung an der Unternehmensstrategie.
Systeme. Anwendungssysteme, d.h. Transaktions- und Datenbanksysteme, unterstützen die Ausführung von Prozessen. ERP-, E-Business-, Workflowmanagementund Dokumentenmanagementsysteme sind Beispiele verbreiteter betrieblicher Anwendungssysteme. Hiervon zu unterscheiden ist die IT-Systeminfrastruktur. Diese
umfasst Basisdienste, z.B. zur Kommunikation, zur Transaktionsabwicklung, zum Zugriff auf IT-Geräte und die Hardware selbst.
28
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
Neben der Gestaltung der Integration auf den einzelnen Ebenen betrachtet das Modell
auch deren Wechselbeziehungen. Alle Maßnahmen müssen entsprechend der übergeordneten Ziele der Strategieebene abgestimmt sein. Zum Beispiel macht es keinen
Sinn, ein mehrere Organisationseinheiten umfassendes integriertes IT-System aufzubauen, wenn die Individuen eine Strategie der Abschottung verfolgen. Der Wunsch
zur Kooperation ist demnach eine Voraussetzung für den Einsatz kollaborativer ITSysteme.32 Die Aussagen der Koordinationstheorie gewinnen vor dem Hintergrund
zunehmender Flexibilitätsforderungen an ökonomische Systeme an Bedeutung [vgl.
Crowston 1997, 158]. Zur Beschreibung von Organisationsformen und zur Erklärung
der Auswirkungen des Technologieeinsatzes orientiert sich die Koordinationstheorie
an den Prozessen.
Prozessgestaltung und Unterstützung der Netzwerkfähigkeit
In der Literatur existieren verschiedene Ansätze zur Modellierung von Prozessen, z.B.
Flussdiagramme, Aufgabenkettendiagramme, Petrinetze und (erweiterte) Ereignisgesteuerte Prozessketten (eEPK) [vgl. Peterson 1977; Staud 1999]. Eine zentrale Frage
der gestaltungsorientierten Koordinationstheorie ist, welche Art von Prozessmodellen
geeignet ist, Organisationsstrukturen vergleichbar zu machen und eine Reorganisation
zu unterstützen. Die Prozessmodelle sollen die verwendeten Koordinationsmechanismen sichtbar machen. Dies ermöglicht, Alternativen zu überprüfen und unterstützt das
BPR, indem es Prozesswissen verfügbar macht und die Übertragung von „Best Practices“ ermöglicht [vgl. Malone et al. 1999, 426]. Die Autoren schlagen in Anlehnung
an die Objektorientierung zur Modellierung die Bildung von Prozesshierarchien und
Reihenfolgebildung vor, Prozesse der unteren Hierarchiestufe sind entweder eine
Spezialisierung oder eine Teilaktivität des generischen Prozesses der übergeordneten
Stufe. Zum Beispiel besitzt der Prozess „Reifen herstellen“ die Teilaktivitäten „Reifen
gießen“ und „Reifen härten“ sowie die Spezialisierungen „LKW-Reifen herstellen“
und „PKW-Reifen herstellen“. Zwischen den Prozessen „Reifen herstellen“ und dem
Prozess „Fahrzeug montieren“ besteht eine Reihenfolgeabhängigkeit.
Wissenschaftler des Centers for Coordination Science (CCS) am MIT33 entwickeln
mit dieser Methode ein Prozesshandbuch, das ausgehend von generischen Aktivitäten,
z.B. „Herstellen“ oder „Bewegen“, durch Spezialisierung und Generalisierung beliebige Prozesse ableitet [vgl. Malone et al. 2003]. Die Prozesshierarchie zeigt, dass bestimmte Koordinationsaktivitäten, wie z.B. „Reihenfolge zuweisen“ oder „Cluster bilden“, in unterschiedlichen Prozessen vorkommen. Unternehmen, die Koordinationsprobleme in ihren Prozessen lösen wollen, z.B. eine Verfügbarkeitsabhängigkeit, ver-
32
Entsprechend ist die Aussage „Technology follows Structure follows Trust“ [Kurr 2004, 23] zu verstehen.
33
ccs.mit.edu/ccsmain.html
2.1 Koordinationstheorie und Integration
29
gleichen ihren Prozess mit Referenzprozessen des Handbuchs, bei denen ebenfalls
eine Verfügbarkeitsabhängigkeit besteht. Sie können dann die dort beschriebenen Koordinationsmechanismen auf ihren Prozess übertragen. Die prozessorientierte Organisationsgestaltung ermöglicht im Unterschied zu einer hierarchischen Ausbauorganisation die Modellierung von Wertschöpfungsketten über Unternehmensgrenzen hinweg. Dies unterstützt die Betrachtung von Kooperationsbeziehungen.
IT-Einsatz zur Unterstützung der Koordination
Ein Anwendungsgebiet der Koordinationstheorie beschäftigt sich mit Technologien
zur Unterstützung der Koordination. Systeme zur Computerunterstützung kooperativen Arbeitens (CSCW) [vgl. Mackay 1989; Krcmar 1992] bilden einen Schwerpunkt
dieser Betrachtung. Hierzu zählen verschiedene Informationstechnologien, wie
Groupware, Portale, Workflowmanagementsysteme und Web Services [vgl.
Jablonski/ Ortner 1997; Cordeiro/Filipe 2004].34 Unabhängig von der betrachteten
Technologie unterscheiden Malone und Crowston deren Auswirkungen in drei Klassen, die sie aus Gesetzen der Mikroökonomie ableiten [vgl. Malone/Crowston 1991]:
1. Effekte erster Ordnung (Substitutionseffekte) bestehen in einer Substitution traditioneller Koordinationsmechanismen durch den Einsatz der neuen Technologie. Beispielsweise ersetzen heute Automaten in der Fahrzeugfertigung viele
früher notwendige manuelle Handgriffe.
2. Effekte zweiter Ordnung (Netzwerkeffekte) entstehen dadurch, dass die Anwender immer mehr Gebrauch von der Technologie machen und diese in immer
mehr Anwendungen zum Einsatz kommt. Existierten bspw. zuerst in der Fahrzeugfertigung nur einzelne automatisierte Fertigungsinseln, wurden diese stufenweise zu durchgängigen Fertigungsstraßen ausgebaut.
3. Effekte dritter Ordnung (Reorganisationseffekte) fördern die Entstehung neuer
koordinationsintensiverer Anwendungen. Dies können z.B. neue Organisationsformen sein. In der Fahrzeugfertigung ermöglichten flexible Fertigungsmaschinen die zunehmende Automatisierung von Produktionsverfahren mit geringer Losgröße (z.B. Werkstattfertigung) und dadurch die Entstehung der
Massenindividualisierung.
34
Mechanismen zur Koordination von IT-Ressourcen, z.B. Datenspeicher oder Prozessorkapazität in Verteilten
Systemen, sind ebenfalls ein Anwendungsgebiet der Koordinationstheorie [vgl. Pasquale 2001].
30
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
Es existieren weder Effekte erster, zweiter und dritter Ordnung für jede Koordinationstechnologie noch stellt die Aufzählung eine zeitliche Reihenfolge des Eintritts
dar. Die Ausprägung der Effekte hängt vom Anwendungszusammenhang ab. Beispielsweise stellt [Robey 1983] fest, dass ein System, das für die Automatisierung von
Abläufen geschaffen wurde, kaum Auswirkungen auf die Organisationsgestaltung haben wird. Allerdings beschreiben verschiedene Autoren, wie Informationstechnologien Veränderungen von Prozessen und Strategien induzieren und einen sog. „Technology Push“ bewirken. So beschreiben [Evans/Wurster 1997, 71] die neuen Informationstechnologien als Auslöser „to rethink the strategic fundamentals of […] businesses“. [Carr 2003] hingegen sieht in seinem Aufsatz „IT doesn’t matter“ die Rolle
der Informationstechnologie weniger als Alleinstellungsmerkmal im Wettbewerb,
sondern vielmehr als leicht verfügbares Werkzeug (Commodity).
Die Entwicklungen der vergangenen Jahre bestätigen, dass organisatorische Veränderungen häufig im Zusammenhang mit technologischen Innovationen stattgefunden
haben. Beispielsweise hat die Verfügbarkeit des Internet neue Formen der Zusammenarbeit ermöglicht. [Mintzberg/Quinn 1991] betrachten Kommunikationstechnologien, wie z.B. das Internet, als Treiber für die Entstehung von Ad-hoc-Netzwerken
(„adhocracies“), d.h. dynamische Kooperationen zwischen Unternehmen, die diese je
nach Marktsituation meist kurzfristig eingehen. Zum Beispiel unterstützen verteilte
und mobile Computer einen Trend zur Dezentralisierung in der industriellen Produktion.35 Ohne den Einsatz von IT wäre z.B. das im Vergleich zur Belieferung auf Vorrat koordinationsintensivere Just-in-time-Verfahren nicht möglich.
Grenzen des Einsatzes von Koordinationstechnologien
Koordinationstechnologien erzeugen Nutzen, z.B. indem sie die Kosten der Koordination senken, verursachen aber auch Kosten. Diese Tatsache lässt sich in einem Modell
zur Bestimmung der optimalen Koordinationsintensität darstellen (s. Abbildung 2-2).
Gemäß diesem Modell liegt der optimale Koordinationsgrad dort, wo die Grenzautonomiekosten den Grenzkoordinationskosten entsprechen. Bei dem Verlauf der
Autonomiekostenkurve lässt sich die fehlende Berücksichtigung unterschiedlicher
Ausgangssituationen kritisieren. Falls bspw. die Autonomie zweier Organisationseinheiten erwünscht ist und folglich kein Koordinationsbedarf besteht, kann eine Steigerung der Koordinationsintensität auch nicht zur Senkung von Autonomiekosten
beitragen.
35
[Gurbaxani/Whang 1991] weisen darauf hin, dass IT-Einsatz in Abhängigkeit von der Technologie und der
Anwendung sowohl Dezentralisierung als auch Zentralisierung unterstützen kann.
2.2 Informationsmanagement
31
Kosten
Autonomiekosten
Koordinationskosten
Gesamtkosten
K1: Punkt der kostenoptimalen
Koordinationsintensität
K1
Koordinationsintensität
Abbildung 2-2: Autonomie- versus Koordinationskosten [Frese 1995, 101]
Der Mehrwert von Koordinationstechnologien ist situationsabhängig. Zum Beispiel
bedeutet der Einsatz von Automatisierungstechnologien einen Verlust an Freiheitsgraden bei der Prozessgestaltung. Falls ein Prozess nicht hinreichend genau durch Regeln
beschreibbar ist, kann der Einsatz von Automatisierungstechnologie häufiges Eingreifen der Administration erfordern, was zusätzliche Kosten verursacht [vgl. Attewell/
Rule 1984].
2.2 Informationsmanagement
Die Information nimmt eine Sonderrolle unter den zu koordinierenden betrieblichen
Ressourcen ein. Sie ist im Unterschied zu materiellen Wirtschaftsgütern beliebig teilbar, leicht transferierbar und unterliegt nicht der Abnutzung. Deshalb ist sie mit anderen Maßstäben zu bewerten [vgl. Wild 1971, 318 f.]. Diese Bewertungsmaßstäbe führen zur Definition eines eigenen Qualitätsbegriffs für Information. Durch Informationsmanagement können Unternehmen den Faktor Information als Wettbewerbsvorteil
nutzen, z.B. gemäß dem Modell des Echtzeitunternehmens [vgl. Fleisch/Österle
2004]. Asymmetrische Informationsverteilung ist nach Hayek ein Grundproblem der
Koordination wirtschaftlicher Aktivitäten [vgl. Steele 1993]. Nachfolgende Abschnitte charakterisieren die betriebliche Ressource Information, beschreiben Ansätze zur
Qualitätsbewertung und das Gestaltungsmodell des Echtzeitunternehmens.
32
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
2.2.1 Information als betriebliche Ressource
Die betriebswirtschaftliche Literatur zitiert zur Beschreibung des Informationsbegriffes häufig die Definition „Information ist zweckbezogenes Wissen“ [Wittmann 1959,
14]. Hierin kommt die Unterstützung des Entscheidungsprozesses als zentrale Aufgabe der Information zum Ausdruck. Kritiker bemängeln, dass diese Definition die Bedeutung von Information als Wirtschaftsgut, z.B. als Finanz- und Beratungsdienstleistung, vernachlässigt [vgl. Bode 1993]. Ein umfassenderes Informationsverständnis
liefert die Semiotik, welche die drei36 Ebenen Syntaktik (Beziehungen zwischen Zeichen), Semantik (Beziehung zwischen Zeichen und inhaltlicher Bedeutung) und Pragmatik (Wirkung der Zeichen auf den Nutzer37) zur Informationsbeschreibung verwendet (s. Abbildung 2-3). Auf diese Ebenen beziehen sich unterschiedliche Ansätze zur
Bewertung der Informationen sowie Konzepte der Integration von Informationssystemen. Während sich die technische Informationstheorie [Shannon/Weaver 1972] auf
die Betrachtung der Syntaktik beschränkt, konzentriert sich die BWL auf die pragmatische Ebene.
Mensch / Maschine
Pragmatische Ebene
Information
E
N
D
Semantische Ebene
Daten
E
R
Syntaktische Ebene
Zeichen
E
M
P
F
Ä
N
G
E
R
Mensch / Maschine
S
Abbildung 2-3: Ebenen der Kommunikation
(in Anlehnung an [Reichwald 1999, 231], [Krcmar 1997, 21])38
Für Unternehmen besitzen Informationen einen Wert wie alle anderen im Leistungserstellungsprozess eingesetzten Ressourcen [vgl. Seibt 1993, 14 ff.; Levitin/Redman
1998]. Durch den Einsatz von IT, wie z.B. automatische Datenerfassungssysteme,
Kommunikationstechnologien, Fertigungsmaschinen, können Unternehmen Wettbewerbsvorteile erzielen [vgl. Porter/Millar 1985, 149 f.]. In der Literatur bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, ob Information die Kriterien eines eigenständigen Produktionsfaktors erfüllt [vgl. Seidenberg 1998, 3 ff.]. Dagegen spricht die in
36
Einige Autoren verwenden zusätzlich die Ebene der Sigmatik (Beziehung zwischen Zeichen und Bezeichnetem). Andere Autoren lehnen dies wegen Problemen der Abbildungsbeziehung von Zeichen auf reale Objekte
ab oder ordnen sie der Semantik zu [vgl. Krcmar 1997, 21].
37
Verschiedene Definitionen lassen entweder nur Menschen oder beliebige informationsverarbeitende Systeme
als Nutzer zu.
38
Die Zuordnung von Daten zur semantischen Ebene setzt die Verknüpfung mit einem Datenmodell voraus, das
die Bedeutung der Datenfelder erklärt.
2.2 Informationsmanagement
33
der Produktionstheorie geforderte Quantifizierbarkeit von Produktionsfaktoren zur
Unterstützung einer Input-Output-Analyse [vgl. Schneider 1981, 43]. Dafür spricht
die geforderte Vollständigkeit von Faktorsystemen, was z.B. eine Erweiterung des
Faktorsystems nach [Gutenberg 1979] um den Produktionsfaktor Information unterstützt [vgl. Zimmermann 1972; Jehle et al. 1994, 1].
Unsicherheit und Organizational Slack
Individuen halten Ressourcen vor, ohne dass sie diese für die Leistungserstellung benötigen. Dieses Problem kennzeichnet die Organisationstheorie als „organizational slack“
[vgl. Galbraith 1977, 81 ff.]. So erklärt z.B. [Bromiley 1991] die Einrichtung von Pufferlagern als Maßnahme zur Vermeidung von Störungen. Allerdings wirken sich derartige Puffer negativ auf die Effizienz der Wertschöpfungskette aus. Verschiedene
Autoren argumentieren, dass es eine für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen
optimale Menge an Organizational Slack gibt [vgl. Nohria/Gulati 1996]. Während ein
Zuviel zur Ressourcenverschwendung führt, kann ein Zuwenig die Innovationsfähigkeit oder die Flexibilität, d.h. die Fähigkeit auf unvorhergesehene Ereignisse zu reagieren, einschränken [vgl. Nohria/Gulati 1996]. Die Entscheidung über die richtige
Menge, in der eine Ressource vorzuhalten ist, hängt von ihrer Kritizität für die Leistungserstellung ab. Verschiedene Kriterien wie etwa der Beitrag zur Wertschöpfung,
die Verfügbarkeit, die Wertbeständigkeit oder die Konsequenzen aus der Nichtverfügbarkeit lassen sich zur Bewertung der Ressourcenkritizität verwenden (s. Tabelle 2-4).
Kriterien
Beitrag zur Wertschöpfung
Bewertung
- notwendig
- substituierbar
- qualitätsverbessernd
Beispiel
- Spezialteile gemäß Stückliste
- Standardteile
- gute Ausbildung der Mitarbeiter
Verfügbarkeit
- sofort
- auf Termin
- unsicher
- Standardteile
- Spezialteile vom Vertragslieferanten
- Spezialteile gemäß Kundenwunsch
Wertbeständigkeit - wertbeständig
- wertverzehrend
- volatil (Marktpreise)
- gute Ausbildung der Mitarbeiter
- Elektronikbauteile
- Rohstoffe
Konsequenzen
aus Nichtverfügbarkeit
- substituierbare Produktionsfaktoren
- kurzfristige Nichtverfügbarkeit
- dauerhafte Nichtverfügbarkeit
- keine
- Prozesskosten
- Unternehmenswertverlust
Tabelle 2-4: Kriterien zur Bewertung der Kritizität von Ressourcen
Die Bewertung von Informationen gemäß der Kritizität gibt Unternehmen Hinweise
zur Gestaltung ihrer Informationssysteme, damit diese den Bedarf nach kritischen Informationen bevorzugt behandeln. Aus Perspektive von Individuen begründet deren
Unsicherheit („Uncertainty“) deren subjektiven Informationsbedarf. Unsicherheit bedeutet in der ökonomischen Informationstheorie die subjektive Einschätzung über die
34
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
Wahrscheinlichkeit, mit der ein Individuum einen Zustand der realen Welt bestimmen
kann [vgl. Laffont 1989].39 Beispielsweise zeigt [Akerlof 1970] am Beispiel des Gebrauchtwagenmarktes, welchen Einfluss die Unsicherheit von potenziellen Käufern
über die Qualität von Produkten auf den erzielbaren Preis hat. In diesem Sinne reduziert zusätzliche Information die Unsicherheit, z.B. ein von einer Vertrauensperson erstelltes Gutachten über die Produktqualität.
Die Logistikliteratur verwendet den Begriff Visibilität40 zur Beschreibung der Verfügbarkeit von Information über logistische Systemzustände. Das heißt je größer die Visibilität ist, desto geringer ist die Unsicherheit. Informationsbedarf besteht je nach Situation bzgl. verschiedener Objekte, z.B. Auftragsstati, Bestände, Fertigungskapazitäten, Produktqualität, Prozesse, Kooperationsbeziehungen und Kostenstruktur [vgl.
Straube 2004, 101]. Eine Kernaussage des Logistikmanagements ist, dass sich durch
einen hohen Grad an Visibilität die Gesamtperformanz eines Liefernetzwerkes steigern lässt. Voraussetzung für Visibilität in logistischen Netzwerken ist der Informationsaustausch (Information Sharing) zwischen den Unternehmen [vgl. Alshawi 2001,
237 ff.; Balasubramanian et al. 2002]. Neue Informationstechnologien leisten einen
Beitrag zur Steigerung der Visibilität. Grenzen liegen dort, wo Unternehmen kein Interesse daran haben, ihre Prozesse offen zu legen.
Informationsbedarf und Informationsversorgung
Es kommt nicht darauf an, möglichst viele, sondern entscheidungsrelevante Informationen zu erhalten: „Das größte Problem […] liegt in der Flut von Informationen,
in denen die meisten Manager ertrinken“ [Iacocca/Novak 1985, 88]. Während unwichtige Informationen im Überfluss vorhanden sind, trifft für die relevanten Informationen das Prinzip der Ressourcenknappheit zu [vgl. Blohm 1988, 43]. Demzufolge
ist die Abstimmung von Informationsnachfrage und -bedarf eine wichtige Aufgabe
des Informationsmanagements (s. Abbildung 2-4). Darüber hinaus ist eine Abstimmung der Informationsmenge auf die Verarbeitungskapazität zu beachten.41
39
In der formalen Informationstheorie bedeutet Information kontraintuitiv die Zunahme von Ungewissheit. Information bezeichnet das Maß der Ungewissheit bei der gestörten Übertragung einer Botschaft, d.h. die Anzahl an Wahlmöglichkeiten, die der Empfänger zur Rekonstruktion der Botschaft hat [Shannon/Weaver 1972,
15 ff.].
40
Einige Autoren verwenden den Begriff der Transparenz synonym zur Visibilität. In der Informatik bedeutet
hingegen die Transparenz von Eigenschaften oder Komponenten eines Systems, dass deren Kenntnis für den
Anwender nicht notwendig ist. In diesem Sinne ist z.B. der physische Ort, an dem eine Internetdienstleistung
entsteht, transparent.
41
Dies stellt z.B. [Miller 1956] in seinem Aufsatz „The Magical Number Seven, Plus or minus Two: Some
Limits on our Capacity for Processing Information“ fest.
2.2 Informationsmanagement
35
objektiver
Informationsbedarf
Infonachfrage
Informationsangebot
subjektiver
Informationsbedarf
Informationsstand
Abbildung 2-4: Informationsbedarf und -versorgung [Picot et al. 1998, 82]
2.2.2 Höhere Informationsqualität durch Vermeidung von Medienbrüchen
Die Informationsökonomie beschreibt verschiedene Modelle zur Bewertung von Information, welche den subjektiven Zweckbezug, die Ortsunabhängigkeit und beliebigen Teilbarkeit berücksichtigen [vgl. Wild 1971; Hirshleifer 1973]. Allerdings behindern Medienbrüchen in der Praxis die beliebige Transferierbarkeit (Ortsunabhängigkeit) [vgl. Zerdick et al. 2001].
Ursachen und Folgen von Medienbrüchen
Medienbrüche bestehen in der betrieblichen IV bei der Übertragung von Informationen von einem auf ein anderes Medium. Ein oft zitiertes Beispiel ist die mehrfache
Erfassung von Auftragsdaten in unterschiedlichen IT-Systemen. Aber auch die Erfassung von Zuständen der realen Welt, z.B. das Durchführen einer Inventur, ist ein Medienbruch. Mögliche Folge von Medienbrüchen sind Verzögerungen, Informationsverlust und Fehler. Verzögerungen treten bspw. auf, wenn am Wareneingang eine manuelle Mengen- und Qualitätskontrolle stattfindet. Informationsverlust bedeutet, dass
ein Zielmedium weniger Informationen aufnehmen kann als das Quellmedium. Beispielsweise findet Informationsverlust bei der Übersetzung von einer Sprache in eine
andere mit geringerer Ausdrucksfähigkeit statt. Zum Beispiel kann ein Auftraggeber
seinen Auftrag genauer beschreiben, als ein Auftragsformular mit vorgegeben Feldern
an Informationen aufnehmen kann. Fehler treten bei der Übertragung von Informationen von einem Informationssystem in ein anderes auf. Durch Menschen verursachte Fehler führen z.B. zu falscher oder unvollständiger Datenerfassung.
Die Vermeidung von Medienbrüchen ist eine Motivation für die Integration von Informationssystemen (s. Tabelle 2-5). Horizontal integrierende Systeme, wie z.B. ERPSysteme, verbinden funktionsorientierte Applikationen (z.B. Buchhaltungs-, Auftragsabwicklungs- und Produktionsplanungsprogramme). SCM- und E-Procurement-Systeme vernetzen die Informationssysteme verschiedener Unternehmen. Datenerfassungsund Steuerungssysteme verbinden IT-Systeme mit der realen Welt.
36
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
Medienbrüche
IT-Systeme zur Überwindung der Medienbrüche
in einzelnen Unternehmensfunktionen, funktionsorientierte Standardsoftwarepakete, z.B.
wie Finanzen oder Produktionsplanung Finanzpakete oder PPS-Systeme
in unternehmensweiten Prozessen
Enterprise-Resource-Planning-Systeme, z.B. R/3
von SAP
in unternehmensübergreifenden Prozessen
unternehmensübergreifende Systeme, z.B. E-Procurement- oder SCM-Systeme
in der Verbindung der Informationssysteme mit Ereignissen der realen
Welt
integrierte Schnittstellen zur Datenerfassung oder
Maschinensteuerung, z.B. RFID, Sensoren oder
MEMS
Tabelle 2-5: Medienbrüche in der betrieblichen IV [Fleisch/Dierkes 2003]
Daten- und Informationsqualität
Nicht jede Information ist geeignet, den Informationsstand eines Entscheidungsträgers
zu verbessern. Informationen können nämlich auch falsch und somit eine mögliche
Ursache für Fehlentscheidungen sein. Eine potenzielle Fehlerquelle sind Medienbrüche, weil sie zu fehlerhaften Daten führen oder durch Verzögerungen zeitkritische
Informationen entwerten. Verschiedene Untersuchungen gehen davon aus, dass
durchschnittlich 1–5 % der Datenbankinhalte in Unternehmen falsch sind, in Einzelfällen sind es bis zu 30 % [vgl. Redman 1998, 80]. Operative Auswirkungen sind z.B.
schlechter Kundenservice oder erhöhter Nachbearbeitungsaufwand. Strategische Auswirkungen betreffen z.B. die Prozessplanung und die Formulierung von Geschäftszielen [vgl. Redman 1998, 80 ff.].
Ein Modell zur Bewertung der Datenqualität ist eine Voraussetzung zur Durchführung
von Verbesserungsmaßnahmen. Verschiedene Untersuchungen verwenden die Fehlerfreiheit (accuracy) als Metrik zur Bewertung der Datenqualität. Ein Datensatz in
einer Datenbank ist fehlerfrei, wenn die Angaben vollständig und richtig in Bezug auf
die Anforderungen des Datenmodells sind. Umfassendere Ansätze orientieren sich an
den Bedürfnissen der Anwender und formulieren Kriterienkataloge, die Eigenschaften
wie z.B. die Zweckentsprechung des Datenmodells, die Zuverlässigkeit und die Aktualität bewerten [vgl. Ballou/Pazer 1995; Eppler 2003] (s. Tabelle 2-6). Datenqualität
ist hierbei definiert als „data that are fit for use by data consumers“ [Wang/Strong
1996, 6]. Am Datenverwender orientierte Bewertungsmodelle messen die Qualität
von Daten anhand deren potenziellen Informationsgehalts, d.h. ihrer Nützlichkeit zur
Deckung eines aktuellen oder zukünftigen Informationsbedarfs.42 Demnach unterstützt die Datenqualität der IT-Systeme die Informationsqualität im Unternehmen.
42
Analog zu Datenqualität definiert [Wang 1998, 60] Informationsqualität als „fitness for use by the information consumer“.
2.2 Informationsmanagement
37
Kategorie
Dimensionen
Intrinsischer Wert
Fehlerfreiheit, Objektivität, Glaubwürdigkeit
Verfügbarkeit
Zugriffsmöglichkeit, Sicherheit
Kontext
Zweckentsprechung, Mehrwert, Rechtzeitigkeit, Vollständigkeit
Repräsentation
Interpretierbarkeit, Verständlichkeit, Präzision
Tabelle 2-6: Dimensionen der Datenqualität [Wang/Strong 1996, 20]
Zur Verbesserung der Informationsqualität schlagen einige Autoren die Anwendung
von Konzepten des Produktionsmanagement vor, wie bspw. die Vermeidung von
Zwischenspeicherung analog dem JIT-Verfahren, Verkürzung von Durchlaufzeiten,
Verwendung kleiner Losgrößen, Individualisierung und Total Data Quality Management [vgl. Ronen/Spiegler 1991, 240 f.; Wang 1998]. Ähnliche Ansätze verwendet
das nachfolgend beschriebene Echtzeitmanagement.
2.2.3 Echtzeitmanagement als Gestaltungsmodell
Informationen müssen nicht nur vollständig und richtig sein, sondern auch schnell und
zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung stehen. Die Geschwindigkeit, mit der Informationen in Unternehmen bzw. Unternehmensnetzwerken zur Verfügung stehen,
nutzt das Echtzeitunternehmen (Real-Time-Enterprise) als Wettbewerbsvorteil [vgl.
Porter 2001; Scheer et al. 2003]43. Das Konzept des Echtzeitunternehmens erweitert
bestehende Ansätze zur Beschleunigung von Geschäftsprozessen und richtet diese auf
den Kunden aus [vgl. Stalk/Hout 1990]. Einige Autoren beschreiben Echtzeitmanagement als Managementsicht auf die Integration von Informationssystemen. Sie fordern
von Echtzeitunternehmen, Medienbrüche in ihren Informationssystemen zu vermeiden. Echtzeitsysteme führen die Erfassung von Eingabedaten, die Durchführungen
von Berechnungen und die Ausgabe der Ergebnisse in der durch die Anwendung vorgegebenen Zeit (rechtzeitig) durch [vgl. Gartner 2004b].
Schlüsselkonzepte und Instrumente
Die Schlüsselkonzepte Integration, Automatisierung und Individualisierung schaffen
die Voraussetzung dafür, dass notwendige Informationen am Bedarfsort in Echtzeit
zur Verfügung stehen [vgl. Fleisch/Österle 2004, 5 ff.; Senger 2004]. Integration beschreibt in der Informationsverarbeitung die Vernetzung von IT-Systemen zur durchgängigen Unterstützung von Prozessen (horizontale Integration) und der Verknüpfung
dispositiver mit operativen Aufgaben (vertikale Integration). Darüber hinaus findet im
Echtzeitunternehmen eine Integration von IT-Systemen mit der realen Welt statt, deren Objekte sie abbilden und steuern (s. Abschnitt 2.1.2).
43
Weitere aktuelle Veröffentlichungen zum Thema Echtzeitunternehmen sind [vgl. Khosla/Pal 2002; McKenna
2002; Gartner 2003b]. [Rabin 2003] wendet das Konzept Echtzeitmanagement im SCM an.
38
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
Automatisierung beschreibt die Durchführung von Prozessaufgaben durch Maschinen.
Bei teilautomatisierten Systemen sind einige, bei vollautomatisierten alle Prozessaufgaben maschinell unterstützt. Beispielsweise kann ein automatisiertes Hochregallager
ordnungsgemäß etikettierte Behälter ohne menschliche Hilfe einlagern. Das Anbringen des Etiketts geschieht aber häufig manuell. Der gesamte Prozess ist deshalb nur
teilautomatisiert. Die Integration zwischen IT-Systemen und realer Welt mittels Sensoren und Aktuatorik unterstützt die Vollautomatisierung.
Individualisierung ermöglicht die bedarfsgerechte Bereitstellung von Informationen.
Echtzeitsysteme stellen den Anwendern genau die Informationen zur Verfügung, die
sie zur Entscheidungsunterstützung benötigen. Individualisierung in der Kundenbeziehung bedeutet z.B. die kundenindividuelle Leistungszusammenstellung in der Produktion. Wenn in jedem Arbeitsschritt kundenbezogene Auftragsdaten zur Verfügung
stehen, lassen sich Differenzierungen schon während der Produktion vornehmen.
Zur Umsetzung dieser Schlüsselkonzepte schlagen [Fleisch/Österle 2004] sechs Regeln idealtypischer Echtzeitsysteme vor44:
1. Verteilungsregel. In einem Echtzeitunternehmen stehen Informationen unmittelbar nach deren Entstehung am Entstehungsort („Point of Creation“) im
gesamten Unternehmen, d.h. am Bedarfsort („Point of Action“), zur Entscheidungsunterstützung zur Verfügung.
2. Erfassungsregel. Die Datenerfassung erfolgt automatisch und vermeidet Medienbrüche. Das heißt dass zur Abbildung realer Abläufe in IT-Systemen keine
manuellen Tätigkeiten notwendig sind.
3. Informationsflussregel. Echtzeitsysteme vermeiden Zeit- und Warenpuffer.
Unternehmen setzen die mit Kapitalbindungskosten verbundenen Puffer ein,
um Nachfrageschwankungen zu vermeiden, wie sie z.B. der Peitscheneffekt
(Bullwhip-Effect) beschreibt [Forrester 1958; Lee et al. 1997]. Der Austausch
von Informationen über Lagerbestände und Auftragseingänge über die gesamte
Wertschöpfungskette verringert den Bedarf an Puffern [Chen et al. 2000].
4. Semantikregel. Kommunikation setzt voraus, dass alle Beteiligten ein gemeinsames Verständnis von der verwendeten Sprache haben: Das heißt die Beteiligten müssen die ausgetauschten Daten verstehen (interpretieren). Dies können
die Beteiligten durch die Vereinbarung gemeinsamer Regeln (Standards) erreichen. Semantische Brüche bestehen auch zwischen Menschen und Maschinen,
z.B. wenn der Mensch die Maschinenbedienung nicht als intuitiv empfindet.
44
Vgl. auch die ausführlichere Beschreibung in [Senger 2004].
2.2 Informationsmanagement
39
5. Selektionsregel. Echtzeitsysteme stellen Entscheidern nur die für die aktuell zu
treffende Entscheidung relevanten Informationen zur Verfügung. Dies reduziert beim Entscheider den Aufwand des Filterns bzw. Interpretierens und beschleunigt die Entscheidung. Echtzeitsysteme sind deshalb kontextsensitiv.
6. Aktionsregel. Echtzeitmanagementsysteme besitzen die Eigenschaft, Entscheidungen am Bedarfsort direkt umzusetzen. Beispiele hierfür sind automatisch
generierte Nachbestellungen beim Erreichen eines bestimmten Lagerbestands
oder die direkte Ansteuerung von Produktionsmaschinen durch das PPS-System mittels MEMS. Derartige Aktionsregeln lassen sich durch Regelkreise
modellieren, wie folgender Abschnitt beschreibt.
Regelkreisbasierte Automatisierung
Aktionsregeln von Echtzeitsystemen lassen sich durch Regelkreismodelle beschreiben. Der Regelkreis wendet das aus der Kybernetik stammende Prinzip der Rückkopplung im Rahmen der ökonomischen Systemtheorie auf ökonomische und soziale
Beziehungen an [vgl. Wiener 1972]. [Herder-Dorneich 1993] stellt z.B. soziale Steuerung als Variation und Kombination von komplexen, vernetzten, informationsgesteuerten Regelkreisen dar. In der Produktion finden Regelkreismodelle zur Beschreibung
der Fertigungssteuerung und zur Integration von Qualitätssicherungsverfahren in operative Prozesse Anwendung [vgl. Götte 1996, 129 ff.].
Führungsgrößen
z.B.:
-Lieferservice
-Durchlaufzeit
-Rentabilität
Echtzeitsystem
SelektionsControllingregeln
z.B.:
-Bestände
-Output
-Absatz
Entscheidungsregeln
Regelgrößen
(Ist)
Stellgrößen
(Soll)
z.B.:
-Beschaffungsmengen
-Produktionsmengen
-Vertriebsmengen
Wertschöpfungskette
POC
Sensoren
Zulieferer
Fahrzeughersteller
.
Händler
Störgrößen
Kunde
POA
Aktoren
z.B.:
-Nachfrageunsicherheit
-Maschinenausfälle
-Schwund
POA: Aktionspunkt
POC: Kontrollpunkt
: Informationsfluss
: Materialfluss
Abbildung 2-5: Regelkreismodell des Echtzeitmanagements im SCM
40
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
Im Echtzeitmanagement bilden geschlossene informatorische Führungsregelkreise die
Voraussetzung für Automatisierung (s. Abbildung 2-5). Die Regelkreise können sich
auf unterschiedliche organisatorische Einheiten beziehen, d.h. auf die Wertschöpfungskette, einzelne Unternehmen oder Prozesse und Aufgaben. Führungsgrößen definieren Vorgaben für die Organisationseinheit, bspw. bei einer Lieferkette die Performanzindikatoren Durchlaufzeit oder Lieferservicegrad. Über die Anpassung von
Stellgrößen, z.B. der Beschaffungsmengen, lässt sich die Performanz der Lieferkette
im Sinne der Zielerreichung beeinflussen. Über die Veränderung der Stellgrößen entscheidet der Entscheidungsträger anhand von Regelgrößen, z.B. Bestände und Absatzzahlen. Auf die Lieferkette einwirkende Störgrößen wie z.B. Maschinenausfälle oder
Nachfrageschwankungen fordern einen ständigen Handlungsbedarf. Im ideellen Echtzeitunternehmen sind alle Regelkreise digitalisiert. Das heißt automatische Datenerfassungstechnologien (z.B. Sensoren, RFID) versorgen das Echtzeitsystem mit Informationen über den Systemzustand. Durch Anwendung von Selektionsregeln ermittelt
das Echtzeitsystem die entscheidungsrelevanten Informationen und wählt gemäß Entscheidungsregeln zwischen Handlungsoptionen aus. Die Entscheidungsumsetzung erfolgt automatisch mittels Maschine-zu-Maschine-Schnittstellen, z.B. durch MEMS.
2.3 Supply Chain Management
Über den Begriff Supply Chain Management45 und seine Abgrenzung zum Logistikbegriff bestehen in der Literatur unterschiedliche Auffassungen. Während einige Autoren die Begriffe ganz oder zumindest SCM mit integriertem Logistikmanagement
gleichsetzen, z.B. [Cooper et al. 1997, 4]: „In conclusion, for many, the contemporary
understanding of SCM is not appreciably different from the understanding of integrated logistsics management“, heben andere Autoren Besonderheiten hervor, z.B. bemerkt [Stölzle 1999, 162] die permanente interorganisatorische Ausrichtung von
SCM, [Waters 1999] versteht unter SCM ausschließlich Steuerungs- und Koordinationsaufgaben. Die Wettbewerbsrelevanz des SCMs und dessen Auswirkungen auf den
Unternehmenserfolg betonen [Lambert/Cooper 2000]. Diese Arbeit verwendet zur
Bewertung des Einsatzes von RFID-Systemen eine prozessorientierte Sichtweise [vgl.
Gaitanides 1983; Klaus 1998, 434 ff.]. Der folgende Abschnitt beschreibt ein entsprechendes Prozessmodell und Möglichkeiten zur Erfolgsmessung. Eine Darstellung
des aktuell in der Literatur diskutierten Modells des agilen Liefernetzwerkes und den
sich hieraus für Unternehmen ergebenden Herausforderungen folgt im zweiten Abschnitt. Der dritte Abschnitt vermittelt einen Überblick über den Stand des IT-Einsatzes als Ausgangsbasis einer möglichen RFID-Einführung.
45
Der Begriff Supply Chain Management stammt aus dem Umfeld der Unternehmensberatung [vgl.
Keith/Webber 1982] und wurde später in der Wissenschaft aufgegriffen. Einen Vergleich verschiedener
Definitionen nehmen z.B. [Göpfert 2004, 28 ff.] und [Kotzab 2000, 24 ff.] vor.
2.3 Supply Chain Management
41
2.3.1 Prozessorientierte Sichtweise
Die prozessorientierte Sichtweise des SCMs betrachtet anstatt einzelner Funktionsbereiche oder Unternehmen ganze Wertschöpfungsnetzwerke. „Jedes Unternehmen ist
eine Ansammlung von Tätigkeiten, durch die sein Produkt entworfen, hergestellt, vertrieben, ausgeliefert und unterstützt wird. Alle diese Tätigkeiten lassen sich in einer
Wertkette darstellen. Jede Wertaktivität setzt […] jeweils gekaufte Inputs, menschliche Ressourcen sowie Technologien in irgendeiner Form ein.“ [Porter 1992] Nach
außen hin ist diese Unternehmenswertkette eingebunden in die Wertketten von Lieferanten, Vertriebskanälen und Kunden. Dementsprechend lässt sich das Porter’sche
Modell zur Analyse wirtschaftlicher Zusammenhänge auf Industrien oder Volkswirtschaften (Wertschöpfungsnetzwerke) ausdehnen. Durch Prozesse beschriebene Wertkettenmodelle stellen die funktionalen Gliederungen der Unternehmen nicht infrage,
sondern bauen auf diesen Strukturen auf. Sie integrieren bspw. die funktionalen Subsysteme Beschaffungs-, Produktions- und Distributionslogistik [vgl. Pfohl 2000].
Ein Prozess ist eine zeitlich und räumlich strukturierte Menge von Aktivitäten mit
klar definierten Inputs und Outputs [Davenport 1993, 5]. Zur Erzeugung des Outputs
verwenden die Aktivitäten materielle oder informatorische Ressourcen (s. Abbildung
2-6). Im Rahmen der Prozessanalyse erfolgt zur Komplexitätsreduktion eine Fokussierung auf einzelne Aktivitätenfolgen (Aufgaben), die ein definiertes Teilergebnis
erzeugen [vgl. Österle 1995]. Demnach sind z.B. Auftragsannahme und Versandabwicklung einzelne Aufgaben, die aus Perspektive des SCMs in einen auf den Kundennutzen ausgerichteten Gesamtprozess zu integrieren sind [vgl. Poirier 1999, 2].
P r o z e s s
Input 0
Aktivität 1
Ressource A
Output1= Input1
Ressource B
Aktivität 2
Ressource C
Output 2…Input n-1
...
Aktivität n
Output n
Ressource Z
Abbildung 2-6: Gestaltungselement Prozess (in Anlehnung an [Ljungberg 2002, 258])
Die Aktivitätenorientierung bedeutet eine zusätzliche Detaillierungsstufe der Prozessbetrachtung [vgl. Kuhn/Hellingrath 2002, 93 f.]. Zum Beispiel betrachten Methoden
der Kostenrechnung einzelne Aktivitäten der Leistungserstellung. Vor dem Hintergrund, dass traditionelle Verfahren zur Kostenberechnung ungenau sind, da sie die
Gemeinkosten proportional zu den Lohnstückkosten anstatt verursachungsgerecht
verteilen, orientiert sich die Prozesskostenrechnung (Activity Based Costing [vgl.
Cooper/Kaplan 1988] bzw. Activity Based Management [vgl. Sharman 1993]) an den
Aktivitäten. Beispielsweise ist die Höhe der einem Produkt zurechenbaren Materialgemeinkosten nicht nur vom Wert der verwendeten Materialien abhängig, sondern
42
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
außerdem von der Anzahl an Bestellungen, Lagerbewegungen und Dispositionsaktivitäten [vgl. Coenenberg/Fischer 1991, 26]. Auch zur Bewertung des Einsatzes von ITSystemen ist eine Betrachtung auf Aktivitätenebene sinnvoll, da Effekte wie effizientere Ressourcenverwendung oder Automatisierung einzelne Aktivitäten betreffen.
Aufgabenmodelle des SCMs
Referenzprozessmodelle für das SCM erleichtern die Gestaltung und den Vergleich
von Prozessen. Zum Beispiel verwenden BPR-Methoden Prozessmodelle als Ausgangspunkt für die Entwicklung von Best Practices [vgl. Österle/Blessing 2000,
76 ff.]. Verschiedene Modelle des SCMs unterscheiden sich in den verwendeten Betrachtungsebenen, den enthaltenen Aufgaben (Teilprozessen) und dem Detaillierungsgrad.
• Mögliche Betrachtungsebenen sind z.B. die vertikal dargestellten hierarchischen Ebenen Strategie, Taktik bzw. Planung und Transaktion bzw. Ausführung (operative Ebene) oder eine flussorientierte Betrachtung der Ebenen Material-, Informations- und Finanzfluss [vgl. Wildemann 1997, 225 f.; Weber/
Kummer 1998]. Eine horizontale Einteilung, die sich an der Reichweite von
Prozessen orientiert, unterscheidet zwischen lokalen und globalen Prozessen
[vgl. Pohland 1999, 119]. Die globalen Prozesse entsprechen den unternehmensübergreifenden Prozessen, die Gegenstand der SCM-Betrachtung sind.
• Der Aufgabenbereich des SCMs ist mit „all activities asscociated with the flow
and transformation of goods from raw material stage […] through the end
user“ [Handfield/Nicholas 1999, 2] weit gefasst. Verschiedene Autoren zählen
hierzu die Aufgaben Beschaffung, Transport, Lagerhaltung, Produktion, Distribution und Recycling [vgl. Lambert et al. 1998, 2; Baumgarten/Walter 2000].
Das
in
der
Praxis
etablierte
Supply-Chain-Operations-Reference-(SCOR-)Modell ordnet Aktivitäten des
SCMs den Aufgaben Planen, Beschaffen, Herstellen, Liefern und Zurückliefern zu [vgl. SCOR 2004].
• Der Detaillierungsgrad verschiedener SCM-Modelle reicht von der Darstellung des Logistiknetzwerkes, bestehend aus (Umschlags-)Lagern (Knoten) und
Transportverbindungen (Kanten), über die Beschreibung von Aufgaben unterschiedlichen Umfangs bis hin zur Spezifizierung einzelner Aktivitäten, wie
z.B. „Wareneingangbuchung“ oder „Einlagerung“. Insbesondere Referenzmodelle von Standardsoftware spezifizieren neben Aufgaben auch einzelne Aktivitäten [vgl. Curran/Keller 1999, 139 ff.].
2.3 Supply Chain Management
43
Trotz des hohen Detaillierungsgrades des SCOR-Modells bezweifeln Kritiker seine
Eignung für die Analyse des Einsatzes von IT-Systemen, da es keine direkte Zuordnung von in diesem Modell enthaltenen Aufgaben zu gängigen IT-Applikationen unterstützt [vgl. Hellingrath et al. 2004, 197]. Zu diesem Zweck existieren andere, meist
hierarchische Modelle, die Aufgaben Systemebenen, wie z.B. Strategie-, Planungsund Ausführungssystem, zuordnen [vgl. Gehr et al. 2003]. Das in Abbildung 2-7 dargestellte Modell verwendet hierzu die Ebenen Planung und Ausführung. Es dient im
Verlauf der Arbeit zur Einordnung der Auswirkungen von RFID-Systemen. Zur Bewertung verwendet das SCM Kenngrößen (Metriken), mit deren Hilfe ein positiver
oder negativer Beitrag zur Performanz des Liefernetzwerkes darstellbar ist.
SCMgesamtplanung
F&E
Vertrieb, Beschaffung,
Lagerhaltung, Produktion,
Versand
Vertikale Integration
Finanzen,
Rechnungswesen,
Personal,
Gebäudemanagement
Planungs- und
Kontrollaufgaben
CRM
Finanzen, Rechnungswesen,
Personal, Gebäudemanagement
Operative
Aufgaben
Forschung
sowie Produktund Prozessentwicklung
Vertrieb, Beschaffung, Lagerhaltung,
Produktion, Versand
Kundendienst
Horizontale Integration
Abbildung 2-7: Aufgabenmodell des SCM (in Anlehnung an [Mertens 2001, 5])
Metriken und wertorientierte Betrachtung zur Erfolgsmessung
Die über das Einzelunternehmen hinausgehende Leistungsmessung (Performance
Measurement) erfordert im Vergleich zur Bewertung bei Einzelunternehmen neue
Metriken46. Das SCOR-Modell beinhaltet einen Katalog von Metriken für die verschiedenen dort beschriebenen Prozesse und Ebenen. Dieser umfasst Kennzahlen sowohl für die Leistungsmessung des gesamten Liefernetzwerkes, z.B. Liefertreue, Auftragsabwicklungszeit und Cash-to-cash-Zykluszeit, als auch für das Benchmarking
46
Ein aktueller Literaturüberblick verschiedener Verfahren zur Leistungsbewertung von Liefernetzwerken befindet sich in [Zeller/Mertens 2004].
44
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
einzelner Prozesse, z.B. Lagerbestand, Kapazitätsauslastung und Lieferpünktlichkeit
[vgl. Becker 2004, 84 ff.]. Bei Verwendung der traditionellen Metriken (s. Tabelle
2-7) besteht die Gefahr einer Optimierung von Teilbereichen, wenn diese nicht hinreichend an strategischen Erfolgsgrößen ausgerichtet sind [vgl. Atkinson et al. 1997].
generelle
Erfolgsfaktoren
Effizienz
Qualität
Flexibilität
konkretisierte
Erfolgsfaktoren
Metriken
- Auftragsbearbeitungszeit (-)
- Durchlaufzeit (-)
- Time-to-Market (-)
- Wiederbeschaffungszeit (-)
Ressourcenauslastung - Ausfallzeiten (-)
- Belegungsgrad (+)
- Engpasssituationen (-)
- durchschnittliche Lagerbestände (-)
Ressourceneinsatz
- Lagerumschlag (+)
- Sicherheitsbestände (-)
- Cash-to-cash-Zykluszeit (-)
Prozesszuverlässigkeit - Ausschussquote (-)
- Fehlerrate (-)
- Nachbearbeitungsaufwand (-)
- Out-of-Stock-Quote (-)
- Termintreue (+)
Kundenzufriedenheit - Anzahl Kundenbeschwerden (-)
- Anzahl neuer Stammkunden (+)
- Lieferservicegrad (Kundenwunschliefertreue) (+)
- Wiederholungskäufe (+)
- Auszeichnungen (+)
Produktqualität
- Retourenquote (-)
- Rückrufaktionen (-)
- Skalierbarkeit des Produktionsvolumens (+)
Anpassung an
- Fixkostenanteil (-)
Marktdynamik
- Anteil auftragsbezogener Fertigung (+)
Individualisierung
- Anzahl der Produktvarianten (+)
Kooperationsfähigkeit - Anzahl abgebrochener Kooperationen (-)
- Anzahl Kooperationspartner (+)
- Zeitdauer der Kooperationen (+)
- Anteil Kunden in neuen Kundensegmenten (+)
Zugang zu neuen
- Anzahl Produkteinführungen für neue Märkte (+)
Märkten
Geschwindigkeit
Tabelle 2-7: Auswahl von Metriken des SCMs47
47
(+/-) gibt an, ob die Höhe der Kennzahl einen positiven oder negativen Einfluss auf den Erfolg hat. Weitere
Metriken beschreiben [Hieber 2002; Alt et al. 2004, 32; SCOR 2004].
2.3 Supply Chain Management
45
Verschiedene Autoren schlagen deshalb die Verwendung von Balanced Scorecards
vor [vgl. Kaplan/Norton 1996; Weber 2002, 226]. Andere Autoren fordern eine Wertorientierte Betrachtung des Liefernetzwerkes [vgl. Lambert/Pohlen 2001]48. Als Begründung geben sie an, dass bspw. der durchschnittliche Lagerumschlag keine hohe
Aussagekraft besitzt, da Lagerbestände der vorgelagerten Wertschöpfungsstufen einen
geringeren Wert besitzen als in der Endstufe. Außerdem ist das Risiko von Lieferengpässen bei geringen Lagerbeständen in nachgelagerten Wertschöpfungsstufen höher.
Die konzeptionelle Integration der Performanzmessung des Liefernetzwerkes mit Verfahren der Unternehmenssteuerung kann die Bewertungslücke schließen. Durch Ursache-Wirkungs-Verknüpfungen stellen [Lambert/Pohlen 2001] einen Zusammenhang
zwischen SCM-Metriken und dem EVA (Economic Value Added) her (s. Abbildung
2-8).
Auswirkungen
Mehr Wiederholungskäufe
Höherer Absatz
Umsatz
Bruttogewinn
Nettoertrag
-
-
Höherer Marktanteil
Höhere Kundenbindung
Mehr komplette Lieferungen
Herstellkosten
Weniger Schäden
Weniger Service für „schlechte“ Kunden
Weniger Bearbeitungsaufwand
Nettomarge
÷
Weniger Gemeinkosten (Overhead)
Gesamtaufwand
Geringere Transportkosten
Optimierung des Liefernetzwerkes
Weniger Fehler / Kundenbeschwerden
Nettoumsatz
Verkürzung der Auftragsdurchlaufzeit
Economic
Value
=
Added
Geringerer Ressourceneinsatz
Höherer Lagerumschlag
Lagerbestand
Geringe Fertigwarenbestände
Geringere Sicherheitsbestände
Umlaufvermögen
Kapitalkosten (%)
x
Vermögen
+
Anlagevermögen
+
Sonstiges
Umlaufvermögen
Schnellere Bezahlung von Forderungen
Erhöhung der Ressourcenauslastung
Abbildung 2-8: EVA-Baum [Lambert/Pohlen 2001]
48
Die deutsche Literatur verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff „Bilanzfähige Logistik“ [Jehle 2000,
213].
46
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
Die zu maximierende Zielgröße ist der aggregierte Ertragszuwachs [vgl. Stern/Stewart
1995]. Auf diese Weise können SCM-Verantwortliche die Wertsteigerungspotenziale
von SCM-Maßnahmen, deren Auswirkungen sie mit den operativen Metriken erfassen, auch auf strategischer Ebene sichtbar machen und zur Steuerung einsetzen. Das
Modell unterstützt das SCM außerdem bei der Identifikation der für die SupplyChain-Planung relevanten Leistungsindikatoren (Key Performance Indicators, KPIs)
[vgl. Horváth 2001, 374].
2.3.2 Auf dem Weg zum agilen Liefernetzwerk
Zu den Kernkompetenzen von Logistikführern bzw. von „world-class-logistics“Unternehmen zählt neben „positioning, integration, and measurement“ auch „agility“
[Bowersox et al. 1995]. Gewachsene Marktdynamik und Kundenorientierung führen
aus Sicht des Unternehmens zu unsicherer Nachfrage und stellen neue Herausforderungen an das Management von Wertschöpfungsnetzwerken. Ursachen hierfür sind
der globale Wettbewerb, Konjunkturschwankungen und kurzlebige Trends. Die Fähigkeit, sich an die wandelnden Umfeldeinflüsse anzupassen (Flexibilität), z.B. durch
neue Kooperationsformen, Skalierbarkeit des Produktionsvolumens und Ausrichtung
der Leistungsgestaltung an den Prozessen des Kunden, wird zum Wettbewerbsfaktor
[Christopher 2000]. Verschiedene Gestaltungsaktivitäten in den Bereichen Produktion
und Logistik beeinflussen das Erreichen von Prinzipien des agilen Liefernetzwerkes
wie Postponement49 und sofortige Bedarfsdeckung (Rapid Replenishment).
Abbildung 2-9 identifiziert Programme (Stufe 2) wie Lean Production, organisatorische Agilität und Quick Response50 sowie die zugehörigen Gestaltungsaktivitäten
(Stufe 3), welche das agile Liefernetzwerk unterstützen (s. Abbildung 2-9).
Neben Flexibilität sind auch Qualität und Effizienz strategische Erfolgsfaktoren des
SCMs. Dementsprechend löst das Konzept des agilen Liefernetzwerkes den Rationalisierungsgedanken des Lean Management und die Qualitätsforderungen des TQM
nicht ab, sondern ergänzt diese [vgl. Aitken et al. 2002]. Allerdings besteht zwischen
Flexibilität und Effizienz ein Trade-off, da zusätzliche Flexibilität meist mit höheren
Kosten verbunden ist. Dabei ist der wichtigste Erfolgsfaktor der Lean Supply Chain
die Effizienz (Kostenführerschaft), während es bei der Agile Supply Chain der Servicegrad ist (s. Tabelle 2-8) [vgl. Mason-Jones et al. 2000].
49
Postponement (engl. Aufschiebung) bedeutet in der Produktion die möglichst späte, kundenindividuelle Differenzierung eines Standardproduktes in verschiedene Varianten [vgl. Feitzinger/Lee 1997].
50
Quick Response (engl. schnelle Reaktion) bedeutet, dass das Liefernetzwerk schnell auf unvorhergesehene
Änderungen der Nachfrage reagieren kann [vgl. Lowson et al. 1999].
2.3 Supply Chain Management
47
Auswirkungen
der agilen Produktion
Auswirkungen
der agilen Logistik
Vermeidung
unproduktiver
Aktivitäten
Vendor
Managed
Inventory
Standardisierung
Skaleneffekte
Lean
Production
Agile
Versorgung
Synchronisierte
Aktivitäten
Prozessmanagement
Verkürzte
Rüstzeiten
Flexible
Fertigung
Postponement
Agiles
Liefernetzwerk
Stufe 1
Prinzipien
Quick
Response
Sofortige
Bedarfsdeckung
Organisatorische Agilität
Demand
Chain
Funktionsübergreifende
Teams
Nachfragevisibilität
Stufe 2
Programme
Verkürzte
Durchlaufzeit
Stufe 3
Maßnahmen
Laufende
Nachbevorratung
Abbildung 2-9: Maßnahmen zur Unterstützung des agilen Liefernetzwerkes
[Christopher 2001, 243]
Merkmale
Nachfrageprognose
Agile Supply Chain
Rohstoffe, generische Produkte Modeartikel, Auftragsfertigung
Unsicher
Sicher
Produktvielfalt
Gering
Hoch
Produktlebenszyklus
Lang
Kurz
Wichtigster Erfolgsfaktor
Kosten
Verfügbarkeit
Ertragsmarge
Gering
Hoch
Kostentreiber
Herstellkosten
Vermarktungskosten
Strafen bei Fehllieferung
Langfristig vertraglich festgelegt Fallweise festgelegt, volatil
Kapazität reservieren
Güter kaufen
Typische Produkte
Einkaufsstrategie
Lean Supply Chain
Informationsreichhaltigkeit Unterstützend
Vorhersagemethode
Algorithmisch
Notwendig
Beratend
Tabelle 2-8: Vergleich zwischen Lean und Agile [Mason-Jones et al. 2000, 56]
Der Flexibilitätsbedarf ist von der Art der erstellen Leistung abhängig [Fisher 1997].
Bei Rohstoffen und generischen Zulieferteilen ist er eher gering, bei Modeartikeln
oder Auftragsfertigung hingegen hoch. Dies hat Auswirkungen auf die Gestaltung des
Liefernetzwerkes, wie z.B. den Umfang von Sicherheitsbeständen, die Kosten- und
48
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
Ertragsstruktur, Kooperationsformen und Informationsversorgung. Folgende Abschnitte begründen Flexibilitäts-, Effizienz- und Qualitätsbedarfe im SCM und aktuelle Herausforderungen.
Flexibilitätsbedarf
Einen hohen Flexibilitätsbedarf besitzen Wertschöpfungsnetzwerke, deren Leistungserstellung eine oder mehrere der folgenden Eigenschaften erfüllt:
• Variantenreichtum. Zur Befriedigung unterschiedlicher Kundenbedürfnisse
bieten Unternehmen einen Produkttyp in verschiedenen Varianten an, z.B. ein
Fahrzeugmodell in verschiedenen Motorisierungen. Der Flexibilitätsbedarf entsteht dadurch, dass ein größeres Produkt- und Teilesortiment sowie unterschiedliche Montageprozesse (Stücklisten) zu koordinieren sind. Lösungsansätze sind die Verwendung leicht zu integrierender standardisierter Module,
der Einsatz flexibler Fertigungstechnologien und Postponement.
• Kundenindividuelle Produktion. Die höchste Stufe der Kundenorientierung erreichen Unternehmen durch kundenindividuelle (auftragsbezogene bzw. Buildto-order-) Produktion. Hierbei stellen die Kunden ihre gewünschte Produktkonfiguration aus einer vorgegebenen Anzahl von wählbaren Ausstattungsmerkmalen zusammen. Zusätzlich zu den Anforderungen variantenreicher Produktion ist die Zuordnung der Produkte zum Kundenauftrag über den gesamten
Leistungserstellungsprozess zu koordinieren. Informationssysteme unterstützen
die „Losgröße eins“, indem sie die Fertigungsstationen auftragsbezogen informieren. Massenhersteller mit der Fähigkeit zur variantenreichen Fertigung
können somit auch kundenindividuell produzieren (Massenindividualisierung
bzw. Mass Customization) [vgl. Gilmore/Pine 1997].
• Kurzer Produktlebenszyklus. Die Produktlebenszyklen zahlreicher Konsumgüter verkürzten sich in den vergangenen Jahren wegen schnelllebiger Moden
und technologischen Fortschritts. Die Änderungsdynamik von Produktionsprogrammen erfordert eine häufige Anpassung von Prozessen und Kooperationen.
Unternehmen streben deshalb die Verkürzung von Entwicklungs- und Rüstzeiten an, damit Produkte schneller an den Markt gelangen (Time-to-Market)
[vgl. Stalk/Hout 1990].
Die Umsetzung flexibler Liefernetzwerke ist mit einer Erhöhung der Komplexität verbunden, die höheren Koordinationsaufwand erfordert. Zum Beispiel erfordert die
Massenindividualisierung eine aufwendigere Steuerung des Materialflusses, damit die
je Produkt unterschiedlichen Teile in der richtigen Reihenfolge und rechtzeitig zu den
Fertigungsstationen gelangen. Eine Folge des erhöhten Koordinationsaufwandes sind
neue Herausforderungen an die Rationalisierung und das Qualitätsmanagement.
2.3 Supply Chain Management
49
Rationalisierungsbedarf
Der durch Deregulierung der Märkte und Erreichen von Marktsättigung in Europa, Japan und den USA entstandene Wettbewerbsdruck veranlasst Unternehmen zur Erhöhung der Prozesseffizienz, um ihren Marktanteil zu behalten oder auszubauen. Dies
gilt insb. für Unternehmen, deren Erfolg von der Kostenführerschaft auf ihrem Markt
abhängt und die folgenden Kriterien erfüllen:
• Geringe Differenzierung vom Wettbewerb. Eine aus Kundensicht geringe Unterscheidung des Leistungsangebots eines Unternehmens führt dazu, dass der
Kunde bei seiner Kaufentscheidung ein entsprechendes Angebot mit niedrigerem Preis bevorzugt. Deshalb streben Unternehmen, die sich nicht ausreichend differenzieren können oder wollen, in Konkurrenzsituationen nach
der Kostenführerschaft.
• Massenhersteller. Unternehmen, die ein großes Kundensegment mit standardisierten Produkten bedienen, nutzen zur Differenzierung z.B. ihre Marke oder
Massenindividualisierung. Da das Geschäftsmodell jedoch auf der Realisierung
von Skaleneffekten basiert, ist die Effizienz eine Voraussetzung für den Erfolg.
• Hoher Anteil manueller Aktivitäten. Die Effizienz von Prozessen, die einen hohen Anteil an manuellen und repetitiven Aktivitäten umfassen, lässt sich durch
Automatisierung steigern. Technologische Innovationen wie z.B. flexible Fertigungssysteme erschließen zunehmend mehr Prozesse für die Automatisierung. Das Ziel des Technologieeinsatzes ist die „sinnhafte Vollautomation“
[Mertens 2002]51.
Einige heute noch aktuelle Programme zur Rationalisierung sind in den 80er-Jahren
im Rahmen des Lean Managements entstanden [vgl. Womack et al. 1990]. Das grundlegende Prinzip des Lean Managements, dessen Gültigkeitsbereich [vgl. Womack/
Jones 2003] im Lean Thinking vom Produktionsmanagement auf das Gesamtunternehmen ausdehnen, ist die Eliminierung unproduktiver Ressourcen in der Wertschöpfung. Maßnahmen sind die Reduzierung von Lagerbeständen bis hin zu deren
vollständiger Auflösung („zero inventory“). Dies ist z.B. das Ziel des Just-in-timeVerfahrens, bei dem eine laufende Versorgung der Produktion unter Vermeidung von
Pufferlagern erfolgt [vgl. Wildemann 2000]. Allerdings kann in der Praxis die Sicherstellung des Lieferservicegrades einen gewissen Lagerbestand rechtfertigen [vgl.
Grünwald/Fortuin 1992].
51
Sinnhafte Vollautomation bedeutet, dass Maschinen im Betrieb alle Aufgaben übernehmen, die sie effizienter
oder effektiver ausführen können. Der Weg zur sinnhaften Vollautomation führt über menschenähnliche
Computer.
50
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
Qualitätsbedarf
In reifen Industrien ist Qualität eine Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit [vgl.
Mason-Jones et al. 2000, 55]. Darüber hinaus bestimmen der Qualitätsanspruch des
Kundensegments, die Wettbewerbsintensität und gesetzliche Auflagen den Qualitätsbedarf von Unternehmen.
• Qualitätsanspruch des Kundensegments. Die Produktqualität ist in Abhängigkeit des Qualitätsanspruchs des adressierten Kundensegments zu planen und zu
kommunizieren. Ein Unterschreiten des vereinbarten Qualitätsniveaus führt zu
Vertrauensverlust seitens des Kunden.
• Wettbewerbsintensität. Je mehr Auswahlmöglichkeit ein Kunde hat, desto
leichter kann er bei Qualitätsmängeln zu Wettbewerbern wechseln. Deshalb
orientiert sich der Qualitätsbedarf eines Unternehmens am Qualitätsführer des
adressierten Kundensegments.
• Gesetzliche Auflagen. Gesetze, wie z.B. das Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG),
schützen Verbraucher vor Produkten mit sicherheitsrelevanten Mängeln. Insbesondere in den USA können geschädigte Verbraucher hohe Haftungsansprüche
geltend machen, die sorgfältige Qualitätskontrollen durch den Hersteller ökonomisch rechtfertigen.
Ansätze eines ganzheitlichen Qualitätsmanagements, die eine schrittweise Verbesserung der Qualität in allen Funktionsbereichen eines Unternehmens vorschlagen (Kaizen) praktizierten zuerst japanische Unternehmen [vgl. Imai 1993]. Die Literatur diskutiert diese Ansätze unter der Bezeichnung Total Quality Management (TQM) [vgl.
Shiba et al. 1990; Schildknecht 1992]. Die Umsetzung von TQM erfolgt meist mittels
Checklisten, anhand derer die Unternehmen verschiedene Bereiche, wie z.B. Führung,
Mitarbeit, Strategie und Ressourcen, regelmäßig bewerten, ggf. Verbesserungen einleiten und die Ergebnisse überprüfen, wie z.B. beim EFQM-Modell für Business Excellence52. Für einzelne Funktionsbereiche des Unternehmens existieren spezielle
Verfahren, wie bspw. Six Sigma (6σ), das die Effizienz und Fehlerfreiheit operativer
Prozesse unterstützt. Das Verfahren strebt eine Fehleranzahl von weniger als 3,4 je
eine Million Fehlermöglichkeiten an, was dem 6σ-Quantil der Gauß’schen Normalverteilung entspricht [vgl. Pande/Holpp 2002].53
52
Das EFQM-(European-Foundation-for-Quality-Management-)Modell für Business Excellence ist bspw. ein
solches Modell, das u.a. Bosch, Nestlé, Sulzer, Renault und VW einsetzen [vgl. EFQM 2003].
53
Neben Unternehmen wie General Electric, Infineon und Motorola verwendet bspw. auch der Automobilhersteller Ford Six Sigma zur Qualitätssicherung im SCM. Ford betrachtet den Einsatz von Six Sigma als strategisches Instrument zur Umsetzung der Kundenorientierung [vgl. Moore 2002].
2.3 Supply Chain Management
51
2.3.3 IT-Systeme zur Unterstützung flexibler Logistik und Fertigung
Der zunehmende IT-Einsatz ist Auslöser von Veränderungen im SCM [vgl. Cross
2000]54. Der Begriff E-Business beschreibt den IT-Einsatz zur Unterstützung innerund überbetrieblicher Prozesse. IT-Systeme erhöhen die Prozesseffizienz durch Automatisierung, unterstützen die Koordination von Aktivitäten („Workflow Coordination“) und verbessern die Informationsversorgung („Information Integration“). Dies
führt zu neuen Prozessen der interorganisatorischen Planung („Synchronized Planning“) und Geschäftsmodellen [Lee/Whang 2001]. Bei der Gestaltung des E-Business
tragen fortschrittliche Informationstechnologien, insb. leistungsfähige Kommunikationstechnologien, wie z.B. Breitbandnetze oder Funktechnologien, zur Reduzierung
des Trade-offs zwischen Informationsreichhaltigkeit und Informationsreichweite bei
[vgl. Evans/Wurster 1997, 73 f.]. Dies schafft dies die Möglichkeit, Zustandsinformationen von jedem Punkt im Liefernetzwerk in beliebiger Genauigkeit und in Echtzeit
zu erhalten (s. Abschnitt 2.2.3). Die hierfür eingesetzten Werkzeuge unterscheidet die
Literatur in Logistik- (E-Logistics) und Produktionssysteme. Nachdem innerhalb dieser beiden Bereiche eine Integration der IT-Systeme stattgefunden hat, streben Unternehmen nun auch die Verbindung von Produktionssteuerungs- und Logistiksystemen
an.
E-Logistics
IT-Systeme in der Logistik lassen sich in Technologien zur Automatisierung einzelner
Funktionen, operative Logistiksysteme zur lokalen Unterstützung von SCM-Aufgaben
sowie kollaborative Logistiksysteme zur Planung im SCM55 unterteilen:
• Automatisierungstechnologien in der Logistik. Verschiedene Technologien an
der Schnittstelle zwischen Informationssystemen und der realen Welt automatisieren einzelne Aktivitäten oder Aufgaben in der Logistik, bspw. Auto-ID-Systeme, (wandelbare) Förderanlagen, elektronische Kanban-Systeme, Lager- und
Lokalisierungssysteme (z.B. Realtime Location Systeme, RTLS).
• Operative Logistiksysteme (Supply Chain Execution). Der Einsatz operativer
Logistiksysteme erfolgt lokal zur Unterstützung von Aufgaben. Operative Systeme umfassen ERP-Systeme sowie deren Applikationen (z.B. Asset-Management-, Procurement- und Warehouse Management-Systeme), MRP- (MaterialResource-Planning-) sowie Flottenmanagementsysteme.
54
[Lancioni et al. 2000] untersuchen in einer empirischen Studie die Auswirkungen des Internet auf verschiedene Aufgaben des SCMs, z.B. Transportabwicklung, Einkauf, Lagerhaltung und Produktionsplanung. Sie identifizieren die Verfügbarkeit von zeitnaher und fehlerfreier Information als kritischen Erfolgsfaktor.
55
Einen Überblick über E-Technologien in der Logistik und SCM-Systeme liefern [Grünauer 2001, 121 ff.;
Wildemann 2001a].
52
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
• Kollaborative Logistiksysteme (Supply Chain Planning). Die Aufgabe von Planungssystemen im SCM ist die Unterstützung des Informationsaustausches und
der Kooperation. Beispiele sind prognosegestützte Bestellsysteme, AdvancedPlanning-, SCEM-(Supply-Chain-Event-Management-), und Tracking&Tracing- (T&T-) Systeme.
Die Fragmentierung von Logistiknetzwerken erschwert die durchgängige Informationsversorgung. Unternehmen berichten bspw. über ungenaue Lagerbestandsinformationen, mangelnde Prognosequalität und fehlende Voranzeigen bei Lieferverzug [vgl.
van Hoek 2001]. In diesem Zusammenhang beschreiben [Lee et al. 1997] den auf der
Erkenntnis, dass sich schwankende Bedarfe am Ende einer Lieferkette in Richtung der
Zulieferer aufschaukeln, basierenden Bullwhip-Effekt56 (Peitscheneffekt). Die Ursache
ist die Unsicherheit der Zulieferer über zu erwartenden Bedarfe. Durch den Aufbau
von Sicherheitsbeständen leiten betroffene Unternehmen die Nachfrageschwankung
an die vorgelagerte Wertschöpfungsstufe weiter und steigern damit die Volatilität. Informationsaustausch über Bestellmengen und gemeinsame IT-gestützte Planung,
Prognose und Nachbevorratung (Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment [CPFR 2004]) können Nachfrageschwankungen reduzieren.
IT-Systeme in der Produktion
Das Konzept der computerintegrierten Produktion (CIM) fordert die Integration von
Computerapplikationen zur Unterstützung des Designs, der Planung, Produktion und
Qualitätssicherung in der Fabrik [vgl. Scheer 1994]. Die IT-Technologien zur Umsetzung des Konzepts lassen sich Automatisierungstechnologien sowie operativen und
dispositiven Produktionssystemen zuordnen.
• Automatisierungstechnologien in der Produktion. Zu den Automatisierungstechnologien zählen bspw. Auto-ID-Systeme, flexible Fertigungsanlagen, Mechatronische Systeme, Mikrosysteme, MEMS und Roboter.
• Operative Produktionssysteme. Zu den operativen IT-Systemen in der Produktion gehören CAD-(Computer-Aided-Design-), CAP-(Planning-), CAM- (Manufacturing-) und CAQ-(Quality-Control-)Systeme sowie ManufacturingExecutive-Systeme (MES). Die Aufgabe von MES ist die Integration der Produktionsdaten aller Fertigungsstationen und die Bereitstellung von Schnittstellen zu anderen betrieblichen Informationssystemen, z.B. ERP- oder PPS-Systemen [vgl. Wannenwetsch 2002, 148 ff.].
56
Der Bullwhip-Effekt basiert auf dem im Rahmen des Systems-Dynamics-Ansatzes beschriebenen ForresterEffekts [vgl. Forrester 1958].
2.3 Supply Chain Management
53
• Dispositive Produktionssysteme. PPS-Systeme integrieren die Funktionen operativer Produktionssysteme, regeln die Produktion entsprechend Aufträgen, Beständen und Kapazitäten. Während sich traditionelle Systeme im Wesentlichen auf die
Anwendung von MRP-(Materials-Ressource-Planning-)Verfahren beschränkten,
sind fortschrittliche PPS-Systeme mit ERP- oder SCM-Systemen integriert.
Die Literatur der Produktionswirtschaft beschreibt einen Trade-off zwischen Automatisierung und Flexibilität [Corsten 2000, 3 f.]. Fortschritte bei den Fertigungs- und Informationstechnologien sowie die Integration dieser Technologien verringern diesen
Trade-off. Beispiele flexibler Fertigungstechnologien sind Roboter. Die flexiblen Systeme besitzen die Fähigkeit, situationsabhängig zu reagieren. Mittels Sensoren sind
sie in der Lage, Situationen zu erkennen, z.B. den Fertigungsfortschritt eines Werkstückes. Mit steigender Leistungsfähigkeit und sinkenden Computerpreisen findet
eine Verlagerung der Steuerung operativer Prozesse von Menschen zu Maschinen
statt. Traditionelle Automaten rentieren sich nur bei hohen Fertigungsstückzahlen, da
ihnen Anpassungsflexibilität fehlt. Kleine mobile Computer hingegen unterstützen die
Flexibilisierung von Automaten, indem sie die Steuerungsinformation mit den Werkstücken verknüpfen (s. Abbildung 2-10). Beispielsweise beschreibt [Finkenzeller
2002, 398 ff.] den Einsatz von beschreib- und auslesbaren RFID-Chips, die jedes Objekt mit einem Datensatz über seine Identität, seinen Bearbeitungszustand, seine Historie und zukünftige Arbeitsschritte ausstattet. Diese Daten kann das Objekt an Maschinen kommunizieren, um individuelle Bearbeitungsschritte auszulösen. Auf diese
Weise reintegriert die Miniaturisierung komplexer Schaltungen die in klassischen
Produktionssystemen umgesetzte Verrichtungsspezialisierung [Friedli 2004, 67].
Stückkosten
Flexibilität
Handwerker
Maschine
(Hardware)
Flexible
Fertigungssysteme
Maschine
(mit Software)
Werkstück
(mit Mikrochip)
Flexible
Fertigungstechnologien
Stück
Traditionelle
Fertigungssysteme
Automatisierungsgrad
Abbildung 2-10: Trade-off zwischen Automatisierung und Flexibilisierung
[Friedli 2004, 67](links), [Schauerhuber 1998, 38]57(rechts)
57
zitiert nach [Steffens 2002, 70]
54
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
2.4 Auto-ID-Systeme
Auto-ID-Systeme dienen als Schnittstelle zwischen IT-Systemen und der realen Welt.
Sie erfassen die Ausprägungen bestimmter Merkmale physischer Objekte, z.B. aufgedruckte Zeichen, und ordnen diese einer vorab für diese Merkmalsausprägung definierten Bedeutung, z.B. einer Artikelnummer, zu. Während die Identifikation automatisiert abläuft, sind vorher meist manuelle Schritte notwendig, z.B. zur Positionierung
der zu identifizierenden Objekte. Typische Auto-ID-Systeme in der Logistik sind Barcode-, OCR-(Optical-Character-Recognition-) und 2D-Systeme [vgl. Klaus/Nusswald
1996; AIM 2004a]. Zunehmend finden RFID-Systeme in der Logistik Verbreitung,
die im Gegensatz zu den heute gebräuchlichen zeichenbasierten Erfassungsmethoden
eine automatische Identifikation auch ohne Sichtkontakt zwischen zu identifizierendem Objekt und Erfassungsgerät ermöglichen [vgl. Kärkkäinen/ Holström 2002].
RFID-Systeme erweitern das Anwendungsgebiet der automatischen Identifikation.
Beispielsweise scannen heute Mitarbeiter am Wareneingang Versandetiketten manuell ein. Bei der Verwendung von RFID-Etiketten zur Warenkennzeichnung können
Erfassungsschleusen ankommende Waren unabhängig von deren Ausrichtung identifizieren. Der Abgleich zwischen Warenbewegung und Status im IT-System erfolgt
dabei automatisch. Auf diese Weise ermöglicht RFID einen ersten Schritt zur Verwirklichung des Ubiquitous Computing und dessen Vision der nahtlosen Integration
von Geschäftsprozessen mit betrieblichen IT-Systemen [vgl. Want et al. 1999]. Folgende Abschnitte beschreiben die Eigenschaften von RFID-Systemen im Vergleich zu
anderen Auto-ID-Systeme, die technische Architektur sowie die Bedeutung von Ubiquitous Computing für das SCM und der Beitrag von RFID zu deren Umsetzung.
2.4.1 Auto-ID-Systeme im Vergleich
Verschiedene Anwendungen stellen unterschiedliche Anforderungen an Auto-ID-Systeme. Während bspw. bei der Zutrittskontrolle die Zuverlässigkeit von Identifikationssystemen wichtiger ist als deren Effizienz, verlangen Materialflusssysteme kostengünstige und effiziente Verfahren. Einen vergleichenden Überblick anhand folgender
Kriterien, die sich aus möglichen Anforderungen ableiten, stellt Tabelle 2-9 dar:
• Notwendigkeit eines zusätzlichen Identifikators. Die meisten in der Logistik
eingesetzten Auto-ID-Systeme verwenden Etiketten als Datenträger.
• Datenkapazität. Einige Auto-ID-Systeme verarbeiten zusätzlich zur Identifikation noch weitere Daten, z.B. Herkunftsort, Herstelldatum oder Lieferort.
• Lesbarkeit durch Personen. Falls kein funktionierendes Erfassungssystem zur
Verfügung steht, vermeidet die Möglichkeit der manuellen Identifikation Prozessstörungen. Einige Auto-ID-Systeme verwenden zusätzlich Klarschrift.
2.4 Auto-ID-Systeme
55
• Möglichkeit der Pulkerfassung. Die Pulkerfassung erhöht den Durchsatz im
Materialfluss, indem sie alle Objekte eines Gebindes gleichzeitig erfasst.
• Positionierung des Objekts zur Erfassung. Die meisten Auto-ID-Systeme setzen eine mehr oder weniger exakte Positionierung der zu identifizierenden Objekte vor dem Erfassungsgerät voraus.
• Umgebungseinflüsse. Die Zuverlässigkeit der Erfassung kann von Umgebungseinflüssen, z.B. Feuchtigkeit, Hitze, Metall oder Staub, abhängig sein.
• Fälschungssicherheit. Einige Auto-ID-Systeme bieten einen Schutz gegen das
Kopieren bzw. Fälschen der Identifikatoren.
• Standardisierung. Die Anwendung der automatischen Identifikation in offenen
logistischen Systemen setzt Standards voraus.
• Kosten des Datenträgers. Die verschiedenen Systeme unterscheiden sich in
den Kosten für Erfassungsgeräte und die Identifikatoren.
Datenkapazität
pro Label
Barcode
(1D-Codes)
bis zu 252
alphanumerische Zeichen
2D-Codes
bis zu 2.335
alphanumerische Zeichen
OCR
RFID
nicht definiert
typischerweise bis
zu 32 kByte/
ca. 33.000 alphanumerische Zeichen
Lesbarkeit
durch Personen
meist zusätzliche nicht möglich
Klarschrift
leicht möglich
nicht möglich
Pulkerfassung
nicht möglich
nicht möglich
nicht möglich
möglich
Labelposition
bei Erfassung
Sichtkontakt
Sichtkontakt
Sichtkontakt
positionsunabhängig
Umgebungseinflüsse
Schmutz,
Feuchtigkeit
Schmutz,
Feuchtigkeit
Schmutz,
Feuchtigkeit
Metall,
Flüssigkeiten
relevante
Standards
Code 39
Code 128
EAN
Data Matrix
PDF 417
QR-Code
OCR A1
OCR B
EPC Class 0 / 1
ISO 15 693
ISO 18 000-X
Kosten des
Datenträgers
Fälschbarkeit
ab 0,01 €
ab 0,01 €
ab 0,01 €
ab 0,20 €
leicht möglich
leicht möglich
leicht möglich
schwierig
Beispielanwendung
Handelwaren im Versandlabel
Supermarkt
Autoindustrie
Versandlabel
Paketdienste
Zutrittskontrolle
Tabelle 2-9: Vergleich typischer Auto-ID-Systeme in der Logistik
56
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
Die in der Logistik gebräuchlichen Auto-ID-Systeme lassen sich nach dem verwendeten Identifikator, z.B. Zeichencodes, Mikrochips oder Objekterkennung, einteilen.
Zeichencodebasierte Verfahren
Zeichencodes bestehen aus einer vordefinierten Anzahl von Symbolen als Identifikatoren. Dabei kann es sich um Buchstaben, Zahlen, Striche, Rechtecke oder beliebige
andere Symbologien handeln. Diese lassen sich auf Papieretiketten, Verpackungen
oder die zu identifizierenden Gegenstände kosteneffizient aufdrucken.
OCR-(Optical-Character-Recognition-)Systeme verwenden optische Erfassungsgeräte
und Methoden der Texterkennung zur Verarbeitung von Klarschrift-Etiketten. Zur
Verbesserung der Lesbarkeit durch Maschinen kommen spezielle Schrifttypen zum
Einsatz. OCR-Verfahren haben den Vorteil, dass auch Menschen die Informationen
lesen können. Das Verfahren ist allerdings anfällig gegenüber Verschmutzung oder
Beschädigung des Etiketts.
Barcodes sind die in logistischen Anwendungen am weitesten verbreiteten Zeichencodes [vgl. Rosenbaum 1997]. Es existieren unterschiedliche Barcode-Symbologien,
die mit einer Abfolge von Balken verschiedener Breite bis zu 252 alphanumerische
Zeichen kodieren können, wie z.B. der standardisierte Code 12858, auf dem einige
branchenspezifische Standards basieren. Zum Beispiel verwendet die Konsumgüterindustrie den EAN-(Electronic-Article-Number-)Standard mit seinen Symbologien
EAN 8, EAN 13 und EAN 128. Die Automobilindustrie verwendet derzeit in einigen
Spezialanwendungen den älteren Code 3959. Beispielanwendungen sind die Kennzeichnung von Zulieferteilen in Nordamerika (gemäß AIAG B-1) und die Darstellung
von Packstücknummern auf Versandetiketten. In beiden Fällen ist eine Ablösung
durch leistungsfähigere Codes in Vorbereitung.
Im Unterschied zu den traditionellen Barcodes (1D-Codes) verwenden die neueren
2D-Codes gestapelte vertikale Balken (Stapelcodes) oder Quadrate (Matrixcodes) und
erreichen damit eine höhere Datenkapazität. Hiermit unterstützen sie auch Verfahren
zur Fehlerkorrektur [vgl. Lenk 2004, 45]. Zu den bekanntesten Stapelcodes gehört der
PDF-(Portable-Data-File-)417-Standard60, den u.a. die Automobilindustrie zur Codierung von Lieferscheininformationen auf dem Global Transport Label (GTL)61 ein58
Der Code 128 entspricht dem Standard ISO/IEC 15417.
59
Der Code 39 entspricht dem Standard ISO/IEC 16388.
60
PDF 417 entspricht dem Standard ISO/IEC 15438.
61
Das Global Transport Label (globaler Lieferschein) ist ein von den Automobilverbänden AIAG, ODETTE,
JAMA/JAPIA und VDA gemeinsam verabschiedeter Standard zur Gestaltung von Warenanhängern. Die Initiative ging von General Motors aus, die ihren Standard GM 1724 als Vorlage für das GTL einbrachten [vgl.
Autoid.org 2001].
2.4 Auto-ID-Systeme
57
setzt. Den Data Matrix Code62 setzt bspw. die Elektronikindustrie zur Kennzeichnung
elektronischer Bauteile ein. Die Erfassung von 2D-Zeichencodes benötigt im Vergleich zu traditionellen Barcode-Systemen aufwendigere und deshalb teurere Erfassungsgeräte. 3D-Codes erreichen eine höhere Informationsdichte als andere Zeichencodes, indem sie zusätzlich eine Farbcodierung verwenden [vgl. Lenk 2004, 45 f.].
Chipbasierte Verfahren
Chipbasierte Verfahren eignen sich für Anwendungen, die Zuverlässigkeit und Fälschungssicherheit fordern. Chipkarten können neben einem Datenspeicher auch einen
Prozessor besitzen und kryptographische Verfahren unterstützen. Typische Anwendungsgebiete sind Personenausweise, Versicherungskarten und Zahlungsmittel.
RFID-Chips verwenden Funktechnik, um die auf dem Chip gespeicherten Informationen an das Erfassungsgerät zu übertragen. Sie sind flexibel gestaltbar, z.B. als Label,
Karte oder Inlay und um Datenspeicher, Sensoren oder Batteriebetrieb erweiterbar.
Objekterkennungsverfahren
Objekterkennungsverfahren benötigen keinen zusätzlichen Identifikator am Objekt.
Das Erfassungssystem analysiert das Abbild des zu identifizierenden Gegenstandes
mittels rechenintensiver Algorithmen. In Logistikanwendungen erfolgt meist nur eine
Form- und Größenerkennung, die z.B. die Steuerung logistischer Förder- und Sortieranlagen ermöglicht. Die Verfahren der Bilderkennung besitzen Entwicklungspotenzial. Leistungsfähigere sowie preisgünstigere Kamera- und Rechnertechnologien
ermöglichen eine zunehmend genauere Unterscheidung von Objekten. Ein mögliches
Anwendungsgebiet ist die Überwachung der korrekten Etikettierung von Produkten.
2.4.2 Systemarchitektur von RFID-Systemen
Ein RFID-System besteht aus den folgenden Komponenten (s. Abbildung 2-11), für
eine detailliertere Darstellung s. [Finkenzeller 2002, 6 ff.]:
1. RFID-Transponder63 sind Computerchips, die eine Antenne besitzen und eine Identifikatiosnummer kommunizieren können. Darüber hinaus gibt es Varianten, die mit zusätzlichem Datenspeicher oder mit Sensoren ausgestattet
sind. Aktive RFID-Transponder besitzen eine Batterie und haben deshalb eine größere Sendereichweite als passive, die ihre Energie aus einem durch die
Antenne des Lesegerätes erzeugten elektromagnetischen Feld beziehen.
62
Der Data Matrix Code entspricht dem Standard ISO/IEC 16022.
63
Der Begriff Transponder setzt sich aus den englischen Begriffen „transmitter“ (Sender) und „responder“
(Antwortgeber) zusammen.
58
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
2. RFID-Lesegeräte/-Antennen kommunizieren mit den Transpondern, die sich
in ihrer Erfassungsreichweite befinden. Sie können sowohl Daten lesen als
auch schreiben. Die Erfassungsreichweite hängt von der Umgebung, z.B.
Metall oder Wasser, und der Art der verwendeten Transponder ab.
3. Die RFID-Middleware sammelt die Daten von Lesegeräten, aggregiert und
filtert diese nach vorgegebenen Regeln und leitet sie bedarfsgerecht an betriebliche Informationssysteme, z.B. ERP-Systeme oder Web Services weiter.
Durch die große Zahl der Objekte, die in einem RFID-System kommunizieren, ist eine frühzeitige Ausfilterung irrelevanter Daten für die Systemperformanz entscheidend. Mit der Entwicklung von RFID-Middleware beschäftigen sich derzeit zahlreiche Projekte in Forschung und Industrie [vgl. Kubach 2003; Römer et al. 2004]. Eine zentrale Frage ist, inwieweit sich bestimmte Basisdienste, wie die Objektverfolgung oder Zustandsüberwachung,
in die Middleware integrieren lassen [vgl. Sarma et al. 2000].
Transponder
Smartes
Produkt
Transponder/
Smartes Produkt
•ID
•ID
•ID
•Speicher
•memory
•memory
•Sensoren
•sensors
•sensors
•Prozessor
•processing
•processingunit
unit
•Kommunikations•communication
•communication
schnittstellen
interfaces
interfaces
Antenne
Kom.
Controller/
Lokaler Server
Lesegerät
RFID-Antenne/
RFID
Antenna/
RFID
Antenna/
Lesegerät
Reader
Reader
•Empfänger
•receiver
•receiver(read)
(read)
(lesen)
•transmitter
•transmitter
•Sender
(write)
(write)
(schreiben)
Kom.
Middleware
•KommunikationsDaten- und EventManagement
•Basisfunktionen:
Identifikation,
Notifikation, Monitoring, Tracking
Applikationsserver
Kom.
Internet
Applikationen
Applications
Applications
und
Services
and
andServices
Services
•ERP
•ERP
•ERP
•CRM
•CRM
•CRM
•SCM
•SCM
•SCM
•E-Business
•Ebusiness
•Ebusiness
•Web
Services
•web
•webservices
services
Abbildung 2-11: Architektur eines RFID-Systems
Auswahlkriterien für RFID-Systeme
Für die Auswahl von RFID-Systemen spielen die Kriterien Erfassungsreichweite,
Möglichkeit der Pulkerfassung, Datenkapazität, Datenübertragungsrate, Umgebungseinflüsse, unterstützte Standards sowie die Kosten der Hardware eine wichtige Rolle
[vgl. Hodges/Harrison 2003; Flörkemeier 2005]. Bezüglich der Reichweite, Robustheit gegenüber äußeren Einflüssen, aber auch in den Transponderkosten unterscheiden
sich aktive RFID-Systeme grundlegend von passiven. Durch Batterieunterstützung
können aktive Tags bis zu 100 m weit senden. Aufgrund der relativ hohen maximalen
Sendeleistung ist die Beeinträchtigung durch Umgebungseinflüsse, wie z.B. Feuchtigkeit oder Metall, gering. Allerdings verkürzt wiederholtes Senden mit maximaler Leistung die Lebensdauer der Batterie, die bei durchschnittlicher Verwendung ca. 6 Jahre
2.4 Auto-ID-Systeme
59
hält. Die meisten aktiven RFID-Systeme senden im UHF- oder MW-Bereich. Die
Kosten der meisten aktiven Transponder liegen wegen der Batterien über 15 Euro.
Flache, biegsame und kostengünstigere Batterien ermöglichen aktive RFID-Labels mit
einem Preis von unter 2 Euro, deren Lebensdauer aber weniger als ein Jahr beträgt.
Während der Einsatz von aktiven Transpondern in geschlossenen logistischen Systemen erfolgt, wo eine Wiederverwendung möglich ist, z.B. beim Behältermanagement,
kann der Einsatz der billigeren passiven Tags auch in offenen Systemen wirtschaftlich
sinnvoll sein, z.B. zur Produktkennzeichnung. Die Leistungsmerkmale passiver RFIDSysteme sind insb. von der verwendeten Sendefrequenz abhängig (s. Tabelle 2-10).
Typische
Frequenzen
Reichweite65
LF
<135 kHz
134,2 kHz
HF
3-30 MHz
13,56 MHz
UHF64
200 MHz-2 GHz
868 MHz (EU)
915 MHz (USA)
MW
>2 GHz
2,45 GHz
5,48 GHz
bis 1,5 m
bis 1,2 m
bis 7 m (USA)
bis 3 m (EU)66
bis 2 m
Umgebungseinflüsse
sehr hoher
Lärmpegel
Metall
Abschirmung
Flüssigkeit
Reflexionen
Abschirmung
Flüssigkeit
Reflexionen
Pulkerfassung
von wenigen Sys- bis ca. 70 Tags
temen unterstützt pro Sek.
bis ca. 70 Tags
pro Sek.
bis ca. 50 Tags
pro Sek.
Datenrate
bis 10 kBit/Sek.
bis 848 kBit/Sek.
bis 300 kBit/Sek.
bis 2 MBit/Sek.
Relevante Normen für die
Luftschnittstelle
ISO 14 233
ISO 18 000-2
ISO 15 693
ISO 14 443
ISO 18 000-3
EPC Class 1
ISO 18 000-6
EPC Class 0
EPC Class 1 /
EPC Gen 2
ISO 18 000-4
Transponderpreis67
Beispielanwendungen
ab 0,80 €
ab 0,20 €
ab 0,90 €
ab 0,20 €
Gasflaschenidentifikation
Bibliotheksautomation
PalettenTracking
Mauterfassung
Tabelle 2-10: Unterscheidungsmerkmale passiver RFID-Systeme
[vgl. Pflaum 2001, 138 ff.; AIM 2004b]
64
In Japan ist seit 2004 der Bereich 950-956 MHz für RFID-Anwendungen reserviert. Marktreife Produkte
existieren allerdings noch nicht.
65
Die Reichweite ist von Umgebungsfaktoren, wie z.B. Feuchtigkeit, Metall, und der relativen Position des
Transponders zum Erfassungsgerät abhängig. Deshalb verstehen sich die hier angegebenen Reichweiten als
Richtgrößen, die allerdings in der praktischen Anwendung stark variieren können.
66
Der Grund für die geringere Reichweite europäischer RFID-Systeme ist eine gesetzliche Beschränkung der
erlaubten Sendeleistung. Eine Lockerung der Beschränkung ist in Vorbereitung, sodass in Europa Reichweiten bis zu 5 m möglich werden können.
67
Die Transponderpreise sind je nach Hersteller und Abnahmemenge unterschiedlich. Sie hängen z.B. auch von
der verwendeten Ummantelung ab. In den letzen Jahren sind die durchschnittlichen Preise aufgrund neuer
Fertigungsverfahren und gestiegenem Produktionsvolumen gesunken.
60
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
Für LF-, HF- und MW-Systeme stehen weltweit die gleichen Frequenzen zur Verfügung. Bei UHF-Systemen sind der freigegebene Frequenzbereich und die maximal erlaubte Sendeleistung regional, z.B. zwischen der EU, USA und Japan, unterschiedlich. Da die Frequenzen benachbart sind, können spezielle Erfassungsgeräte trotzdem
die unterschiedlichen UHF-Transponder erfassen. Für die Reichweite von RFID-Systemen lassen sich nur Richtgrößen angeben, da diese nicht nur von der Frequenz, sondern auch von Umgebungseinflüssen und der Konfiguration des Systems abhängt.
Beispielsweise kann Metall die Reichweite von HF-Systemen bis auf wenige Millimeter reduzieren. Andererseits lässt sich die Robustheit von RFID-Systemen durch die
Antennenausrichtung oder spezielle Beschichtungen der Transponder, z.B. mit Ferrit,
erhöhen. Je höher die Sendefrequenz ist, desto weniger genau ist die Reichweite vorhersagbar, da Reflexionen an verschiedenen Objekten zunehmen.
Eigenschaften wie die Pulkerfassung, d.h. die nahezu gleichzeitige Erfassung mehrere
Objekte durch ein Erfassungsgerät, oder die Datenkapazität legt der Systemhersteller
fest. Die Datenübertragungsgeschwindigkeit ist von der Frequenz und dem verwendeten Normen zur Datenübertragung (Luftschnittstelle zwischen Erfassungsgerät und
Transponder) abhängig. Die ISO erarbeitet ein Set von Normen mit der Bezeichnung
18 000-X, das das Verfahren für die Datenübertragung auf einzelnen Frequenzen festlegt. Dabei beinhaltet eine Norm, z.B. ISO 18 000-3, mehrere untereinander inkompatible RFID-Protokolle, in diesem Fall Mode 1 und Mode 2 [vgl. Halliday 2003].
Damit sollen die Normen unterschiedliche Anforderungen an Übertragungsgeschwindigkeit, Zuverlässigkeit und die Fähigkeit zur Pulkerfassung erfüllen. Anwender und
Technologieanbieter fordern die Kompatibilität der Normen EPC Class 0 und EPC
Class 1 [vgl. EPCglobal 2004a] mit den ISO-Normen 18 000-X [vgl. Polizzi 2004].
Die Ergänzung der Transponder um zusätzliche Komponenten, z.B. Sensoren, oder
Merkmale zur Unterstützung der Datensicherheit erweitert die Funktionalität von
RFID-Systemen. Für Anwendungen im SCM existieren bspw. Konzepte, die einen
segmentierten Datenspeicher mit Zugriffsbeschränkungen vorsehen, den Wertschöpfungspartner zur Ablage vertraulicher Daten verwenden können [vgl. Jansen 2002].
„EPC Network“: Ein Ansatz einer globalen Auto-ID-Infrastruktur
Das Auto-ID-Center am MIT startete im Jahr 1999 mit der Realisierung der Vision
eines auf RFID basierten „Internet der Dinge“ [Das/Harrop 2001]. Beliebige Alltagsgegenstände sollten mit RFID-Tags versehen werden, um mit einer global verfügbaren Infrastruktur automatisch kommunizieren zu können. Die Infrastruktur sollte produktbezogene Informationen jederzeit und überall zur Verfügung stellen können. Der
durch die steigende Nachfrage nach RFID-Technologie ausgelöste Preisverfall sollte
das Konzept wirtschaftlich ermöglichen [vgl. Sarma 2001]. Das Auto-ID-Center erar-
2.4 Auto-ID-Systeme
61
beitete ein Nummerierungsschema zur Vergabe global eindeutiger Kennzeichnungen,
den Electronic Product Code (EPC), und das EPC Network als Referenzarchitektur einer Auto-ID-Infrastruktur. Mittlerweile hat das Unternehmen EPCglobal Inc., die Weiterentwicklung und Vermarktung des EPC übernommen. Parallel tragen sechs AutoID-Labs an namhaften Universitäten mit ihren Forschungsergebnissen zur Weiterentwicklung des EPC Network bei.
Externe Softwareanwendungen
Object
Naming
Service
(ONS)
DNSProtokoll
PML
EPC Information
Service
PML
PML
Savant
Reader-InterfaceProtokoll & PML Core
Lesegerät
RFID-Protokolle
UHF Class 0/1 &
HF Class 1
RFID-Transponder
Abbildung 2-12: Architektur des EPC Network [Flörkemeier 2005]
Die Architektur des EPC Network besteht aus folgenden Bausteinen (s. Abbildung
2-12) [vgl. EPCglobal 2004b]:
1. Die RFID-Transponder speichern nur den EPC (96 bit). Sie senden auf der
Frequenz 13,56 MHz (Class 1) oder UHF (Class 0 und Class 1).
2. Die Erfassungsgeräte passen sich dynamisch an die Protokolle Class 0 und
Class 1 sowie an die verwendete Frequenz an und verfügen über eine TCP/IPSchnittstelle [vgl. Reynolds et al. 2002].
3. Die Middleware Savant verarbeitet die von den Erfassungsgeräten erzeugten
Datenströme und leitet sie bedarfsgerecht (gefiltert) an Applikationen weiter
[vgl. Clark et al. 2003].
4. Die Product Markup Language (PML) ist eine XML-basierte Datensprache, auf
der die Kommunikation im EPC Network basiert [vgl.Flörkemeier et al. 2003].
5. Der EPC Information Service liefert die produktbezogenen Informationen zu
den im EPC Network registrierten Objekten [vgl. Harrison/McFarlane 2003].
6. Der Object Naming Service (ONS) funktioniert analog zum DNS (Domain
Name Service) des Internet und liefert zu einem EPC die Adresse der Datenquelle (z.B. einer HTML-Seite), an der sich die produktbezogenen Informationen befinden [vgl. Verisign 2004].
62
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
2.4.3 RFID als Basistechnologie des Ubiquitous Computing
Durch die Fähigkeit zur Integration physischer Objekte mit IT-Systemen stellt RFID
einen ersten Schritt zur Verwirklichung der Vision des Ubiquitous Computing (des
„allgegenwärtigen Computers“ [Mattern 2003b, 3]) dar [vgl. Linden/Reynolds 2003].
Nach der in [Weiser 1991] beschriebenen Vision sind Computer zwar allgegenwärtig
und unterstützen den Menschen bei seinen Tätigkeiten. Allerdings tritt die Technologie in den Hintergrund. Sie ist in der Umgebung in beliebige Alltagsgegenstände integriert und macht diese zu „smarten Dingen“ [Gellersen et al. 2000]. Mittels Sensoren,
Datenspeichern, Prozessoren, drahtloser Kommunikation und weiteren Technologien
des Ubiquitous Computings sind sie in der Lage, Informationen aus ihrer Umwelt aufzunehmen, entsprechend vorprogrammierter Regeln auf Umwelteinflüsse zu reagieren
und miteinander zu kommunizieren [vgl. Ferguson 2002].
Ein smartes Warenlager kann bspw. automatisch erkennen, welche Güter es enthält
und bei Bedarf, evtl. nach Absprache mit dem Produktionssteuerungssystem, eine Bestellung aufgeben. Über die automatische Bestandskontrolle hinaus kann ein smartes
Lager auch überwachen, ob Waren an der richtigen Stelle eingelagert, explosionsgefährdete oder verderbliche Güter ordnungsgemäß aufbewahrt oder Produkte gestohlen
werden. Bisher notwendige manuelle Tätigkeiten wie Suchvorgänge oder Inventuren
können somit entfallen. Dies ermöglicht die direkte und verzögerungsfreie Abbildung
von Vorgängen der realen Welt in den eingesetzten Informationssystemen.
Die Forschung auf dem Gebiet des Ubiquitous Computing ist von der technologischen
Seite getrieben [vgl. Abowd/Mynatt 2000; Satyanarayanan 2001]. In [Mattern 2003a]
sind fünf Trends beschrieben, die zum Ubiquitous Computing führen:
1. Gemäß dem Moore’schen Gesetz wird die Größe und dadurch bedingt der
Preis von Chips so gering, dass sie sich fast unsichtbar in alle möglichen Alltagsgegenstände integrieren lassen [vgl. Moore 1965].
2. Die Entwicklung neuer Materialen, wie z.B. Elektronisches Papier bzw. Elektronische Tinte68, ermöglichen neuartige Anwendungen.
3. Fortschritte in der Kommunikationstechnologie ermöglichen z.B. höhere Kommunikationsbandbreiten und Innovationen in der Nahbereichskommunikation,
wie Bluetooth oder Body-Area-Netzwerke. Smarte Dinge verwenden diese zur
Kommunikation.
68
Vgl. www.eink.com.
2.4 Auto-ID-Systeme
63
4. Fortschritte in der Sensortechnologie erlauben es smarten Dingen, mehr Details
aus ihrer Umwelt wahrzunehmen [vgl. Akyildiz et al. 2002]. Für betriebliche
Informationssysteme bedeutet dies eine feinere Informationsgranularität als
Entscheidungsgrundlage.
5. Es entstehen Infrastrukturen, die Basisdienste für eine Welt smarter Dinge bereitstellen, z.B. zur Kommunikation, Identifikation, Lokalisierung und Überwachung [vgl. Fritsch et al. 2001; Römer et al. 2004; Siegemund 2004].
Die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen des Ubiquitous Computing wie etwa
mögliche Anwendungsszenarien, Prozessveränderungen und neue Geschäftsmodelle
gewinnen in der aktuellen Diskussion zunehmend an Bedeutung [vgl. Fano/Gershman
2002; Fleisch/Dierkes 2003]. In einer Analyse der Prozessauswirkungen in Anwendungen smarter Dinge leiten [Schoch/Strassner 2003] die automatische Identifikation,
Lokalisierung, Zustandsüberwachung und Notifikation als Basisfunktionen des Ubiquitous Computing ab. Der automatischen Identifikation kommt eine Schlüsselrolle
bei Anwendungen des Ubiquitous Computing zu. Passive Gegenstände, die im Unterschied zu Geräten selbst keine Aktionen ausführen können oder sollen, benötigen lediglich die Fähigkeit zur automatischen Identifikation. Dann kann die UbiquitousComputing-Infrastruktur anhand eines virtuellen Stellvertreters („virtual counterpart“
[Bohn/Rohs 2001]) des Gegenstands die Dienste Lokalisierung, Zustandsüberwachung und die Notifikation erbringen. Auf diese Weise verlagern Anwendungen
des Ubiquitous Computing Aktivitäten aus der realen Welt in die virtuelle und ersetzen Mensch-zu-Maschine- durch Maschine-zu-Maschine-Interaktionen, im Sinne
des „human out of the loop computing“ [Tennenhouse 2000].
RFID als Treiber der Maschine-zu-Maschine-Kommunikation
Bei der Erfassung eines RFID-Chips ersetzt die automatische Maschine-zu-MaschineKommunikation die bisher notwendige Mensch-zu-Maschine-Kommunikation, z.B.
das Einscannen eines Barcodes. [Fleisch/Dierkes 2003] beschreiben die drei Entwicklungsstufen Manuelle Integration, Automatische Kontexterfassung und Dezentrale
Steuerung des Einsatzes von Technologien des Ubiquitous Computing, die einen höheren Automatisierungsgrad von Prozessen durch die Reduzierung des Medienbruchs
zwischen der Realität und IT-Systemen ermöglichen (s. Abbildung 2-13).
Manuelle Integration. Bei der ersten Entwicklungsstufe erfolgen die Datenerfassung
über Vorgänge und deren Steuerung unter Vermittlung von Menschen. Diese geben
Daten manuell in Datenbanksysteme ein, indem sie Eingabegeräte wie Tastaturen,
Barcode-Scanner oder Mikrofone zur Spracheingabe verwenden. Die verwendeten
Datenmodelle und Prozeduren sind einprogrammiert. Die manuelle Integration ist in
der Logistik weit verbreitet. Beispielsweise führen Mitarbeiter am Wareneingang ma-
64
2 Grundlagen des informatisierten Liefernetzwerkes
nuelle Zählungen durch bzw. scannen an der Lieferung angebrachte Barcodes. Durch
die Einführung von Barcode-Systemen konnte die Logistik in den letzten Jahren eine
deutliche Effizienzsteigerung im Vergleich zur ausschließlichen Verwendung von
schriftlichen Warenbegleitscheinen erzielen.
Automatische Kontexterfassung. Durch automatische Datenerfassung mit RFID können Unternehmen Prozessinformationen mit geringen Grenzkosten gewinnen. Dies
bedeutet, dass Messungen häufiger und an mehreren Stellen im Prozess durchführbar
sind. Folglich stehen dem für die Prozessqualität und die Prozessgestaltung verantwortlichen Prozessmanagement mehr zeit- und realitätsnahe Daten zur Verfügung.
Beispielsweise lassen sich auf diese Weise die Bewegungen von innerbetrieblichen
Transportmitteln verfolgen und somit die Bereitstellung beschleunigen. Durch Sammlung und Auswertung der Prozessdaten lassen sich Schwachstellen von Prozessen ermitteln. Beispielsweise zeigte der Einsatz von Transpondern in der Montage eines
Fahrzeugherstellers Nachteile des verwendeten Akkordlohnkonzepts. Um den eigenen
Lohn zu maximieren, schoben die Monteure Problemautos auf ein Nebenband und
setzten die Bearbeitung der übrigen Fahrzeuge fort. Dieses Verhalten widersprach
dem Grundsatz der Termintreue. Bei der automatischen Kontexterfassung erfolgt
zwar die Datenerfassung und ggf. -auswertung automatisch, die Durchführung von
Aktionen bedarf weiterhin menschlicher Vermittlung.
Stufe 2
Automatische
Kontexterfassung
Stufe 3
Dezentrale
Steuerung
Manuelle Modellbildung
Dateneingabe,
Dateninterpretation und
Entscheidungsfindung
Manuelle Modellbildung
teilweise reduziert
Manuelle Modellbildung
teilweise reduziert
Dateneingabe automatisiert
Dateneingabe automatisiert
Dateninterpretation und
Entscheidungsfindung
manuell
Dateninterpretation,
Entscheidungsfindung und
-umsetzung dezentral
automatisiert
Medienbruch zwischen
realer und virtueller Welt
(Kosten der Integration)
Stufe 1
Manuelle
Integration
Tastatur
Spracheingabe
Barcode
Informationsgenerierung
von Hand
Mensch-Maschine
Virtuelle Welt
(Bits)
Sensoren
Sensoren
Aktuatoren
Informationsgenerierung
automatisch durch
physischen Prozess
Informationsgenerierung
automatisch durch
physischen Prozess
Maschine-Maschine
Automatische Generierung
von physischen Aktionen
Reale Welt
(Atome)
Abbildung 2-13: Entwicklungsstufen von Anwendungen des Ubiquitous Computing
[Fleisch/Dierkes 2003, 613]
2.4 Auto-ID-Systeme
65
Dezentrale Steuerung. Das Konzept der dezentralen Steuerung ermöglicht den höchsten Automatisierungsgrad. Kontexterfassung, Entscheidungen und die Durchführung
von Aktionen erfolgen hierbei direkt am Objekt bzw. mit Vermittlung der IT-Infrastruktur. Dies entlastet übergeordnete Organisationseinheiten und führt zu schnelleren
Entscheidungen. Zum Beispiel bietet ein Schraubenhersteller seinen Kunden das System „SmartBin®“ zur automatisierten Nachbestellung von Schrauben an. Das System
verwendet eine Waage, die permanent die Füllung der Behälter mit den Schrauben
überprüft und bei Unterschreiten eines vordefinierten Gewichts automatisch eine
Nachbestellung auslöst. Hiermit entlastet das System die Lagermitarbeiter von der
Bestandskontrolle (Kontrolle) und der Nachbestellung (Aktion). Der Schraubenvorrat
managet sich quasi selbst [vgl. Bossard 2003].
66
3 Supply Chain Management in der Automobilindustrie
3 Supply Chain Management in der Automobilindustrie
Das SCM der Automobilindustrie ist der Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit im
Hinblick auf die Bewertung möglicher Auswirkungen des RFID-Einsatzes. Folgende
Abschnitte charakterisieren zuerst das aktuelle Branchenumfeld, leiten dann hieraus
strategische Herausforderungen für das SCM ab und konkretisieren diese anschließend in Anforderungen an die Prozessgestaltung (s. Abbildung 3-1). Dabei erfolgt eine Konzentration auf koordinationsintensive Aufgabenbereiche. Eine abschließende Situationsbeschreibung zum Einsatz von IT-Systemen im SCM der Automobilindustrie zeigt einen möglichen Bedarf nach RFID, um die zuvor beschriebenen
kritischen Prozesse besser zu unterstützen.
Markt
-Bedürfnisse
-Moden
-Preissensitivität
Beschleunigung
Individualisierung
Wertschöpfungsnetzwerk (SCM)
Gesetzgeber
-Umweltschutz
-Verbraucherschutz
-Wettbewerbsschutz
-Verwendung
-Anforderungen
-Push/Pull
Kostensenkung
Produktinnovation
Qualitätsverbesserung
Rückverfolgbarkeit
Technologie
Abbildung 3-1: Einflüsse und Maßnahmen des Wertschöpfungsnetzwerkes
3.1 Aktuelle Situation und Herausforderungen der Branche
Verschiedene Eigenschaften charakterisieren die Automobilindustrie [vgl. Straube
2004, 112 f.]:
• Wettbewerbsdruck. Während die Produktivität in der Automobilindustrie weiter steigt, treten insb. in Japan, den USA und Westeuropa (der sog. Triade) Anzeichen von Marktsättigung auf, und die Absatzzahlen stagnieren dort. Hingegen bauen die Fahrzeughersteller Fertigungskapazitäten in Wachstumsmärkten
wie China oder Südamerika auf.
• Hoher Grad an Arbeitsteilung. Circa 75 % der Wertschöpfung erbringen Kooperationspartner, wie z.B. LDL oder Zulieferer. Das Zuliefernetzwerk besitzt
eine globale Ausdehnung und hohe Komplexität. Bei einigen Liefermodulen
sind bis zu sieben Stufen (Tiers) im Netzwerk unterscheidbar.69
69
Dies zeigen [Alicke et al. 2004, 494] am Beispiel der Türinnenverkleidung der E-Klasse von Mercedes.
3.1 Aktuelle Situation und Herausforderungen der Branche
67
• Partnerschaftliche Zusammenarbeit. Die Zusammenarbeit findet in Form langfristiger Rahmenverträge, gemeinsamer Produktentwicklungen, Bedarfs- und
Absatzplanungen sowie Abstimmung der Prozesse statt.
• Kundenindividuelle Fertigung. Die Automobilindustrie ermöglicht dem Kunden die individuelle Konfiguration seines Fahrzeugs durch Kombination von
Ausstattungsmerkmalen, wie z.B. Motorisierung, Interieur und Lackierung.
• Hohe Innovationsrate. Jede Fahrzeugmodellgeneration weist verschiedene
technologische Neuerungen auf. Entsprechend hoch ist der Anteil an Aufwendungen für Forschung und Entwicklung.70
• Hoher Fixkostenanteil. Hoher Investitionsaufwand für den Aufbau von Fertigungsanlagen und deren Wartung macht Entscheidungen über die Einrichtung
von Kapazitäten langfristig wirksam.
Unter diesen Rahmenbedingungen erfordert eine effiziente Gestaltung des Wertschöpfungsnetzwerks hohen Koordinationsaufwand. Dies verdeutlicht die folgende Beschreibung der Struktur des Wertschöpfungsnetzwerkes der Automobilindustrie sowie
aktueller Herausforderungen.
3.1.1 Das Wertschöpfungsnetzwerk
Zur Durchführung einer prozessorientierten Analyse möglicher Auswirkungen von
RFID-Systemen im SCM betrachtet diese Arbeit die Prozesse des Materialflusses
(vgl. Abschnitt 2.3.1).
Wertschöpfungspartner in der Automobilindustrie
Im Wertschöpfungsnetzwerk der Automobilindustrie kooperieren unterschiedliche
Unternehmen zur Erstellung des Endprodukts Automobil und komplementärer Dienstleistungen. Am Materialfluss beteiligt sind Zulieferunternehmen, LDL, Fahrzeughersteller, Händler und Werkstätten (s. Abbildung 3-2).
• Zulieferer. Das mehrere Zulieferstufen (Tiers) umfassende Zuliefernetzwerk
besteht aus Rohstoff-, Teile-, Komponenten- und Modullieferanten. Einige Zulieferer etablieren sich zu sog. „Mega-Lieferanten“ (Tier 0,5), wie z.B. Bosch
oder Delphi, welche die Fahrzeughersteller mit mehreren Teilen, Komponenten
oder Modulen versorgen sowie global präsent sind.
70
Die F&E-Aufwendungen der deutschen Automobilindustrie lagen im Jahr 2003 bei 15,1 Mrd. Euro, was ca.
35 % der F&E-Aufwendungen der deutschen Wirtschaft entspricht [vgl. VDA 2003c, 231 f.]. Damit ist die
Automobilbranche Innovationsführer in Deutschland [vgl. Gillmann 2004].
68
3 Supply Chain Management in der Automobilindustrie
• Logistikdienstleister. Während sich das Aufgabengebiet traditioneller LDL
(z.B. Speditionen) auf den Transport beschränkte, übernehmen LDL heute
(sog. Kontraktlogistiker) weitgehend eigenverantwortlich die Organisation der
Teilelieferung vom Zulieferer über die Zwischenlagerung bis zum Verbauort.
Einige LDL haben sich auf die Bereitstellung von Ladehilfen, z.B. Behälter,
spezialisiert.
• Fahrzeughersteller. Die Fahrzeughersteller sind fokale Unternehmen im Liefernetzwerk. Sie tragen gegenüber dem Kunden die Produktverantwortung und
nehmen Einfluss auf die Gestaltung des Liefernetzwerkes, indem sie z.B. Standards durchsetzen. Während sog. Massenhersteller in großen Stückzahlen produzieren und durch Ausnutzung von Skaleneffekten die Strategie der Kostenführerschaft verfolgen, wie z.B. Toyota und VW, bieten Nischenanbieter auf
bestimmte Kundesegmente abgestimmte Fahrzeuge an, wie z.B. Porsche.
• Händler und Werkstätten. Für den Verkauf unterhalten die Automobilkonzerne
in Europa ein Netzwerk an Vertragshändlern, die auch Werkstattservices anbieten.71 Bei der Wartung konkurrieren sie mit unabhängigen Dienstleistern.
Für die Ersatzteileversorgung betreiben die Automobilhersteller eigene Vertriebsorganisationen, die bisher exklusiv sog „Originalersatzteile“ vertreiben
durften, was nun durch eine Gesetzesänderung eingeschränkt ist.72
Zulieferer
Logistikdienstleister
Fahrzeughersteller
Händler
Werkstatt
Informationsaustausch
A Wertschöpfung,
utomotive
Value Chain
Abbildung 3-2: Wertschöpfungskette der Automobilindustrie73
Informationsaustausch zwischen den beteiligten Unternehmen steigert die Effizienz
der Wertschöpfung. Moderne Konzepte zur Effizienzsteigerung im Liefernetzwerk
wie CPFR, dezentral organisierte Zulieferparks, VMIs oder JIT/JIS setzen Informationsaustausch zwischen den Wertschöpfungspartnern voraus. Je umfassender die unternehmensübergreifende Kooperation ist, desto weniger Störungen treten im Materialfluss auf [vgl. Dodel 2003, 33]. Die Betrachtung von Wertschöpfungsnetzwerken
71
Die Novelle der GVO (Gruppenfreistellungsverordnung) schafft durch den Wegfall der Gebietszuordnung
und Markenexklusivität die Voraussetzungen für Wettbewerb zwischen den Vertragshändlern [vgl. Zielke et
al. 2002].
72
Die Novelle der GVO erlaubt die Bezeichnung von Teilen, die qualitativ der Erstausstattung entsprechen, als
„Originalersatzteile“.
73
Einige Automobilhersteller verstehen sich als „Mobilitätsdienstleister“ und bieten komplementäre Dienstleistungen zum Fahrzeug an. Deshalb spielen weitere Unternehmen wie bspw. Informationsdienstleister oder
Versicherungen eine zunehmend wichtigere Rolle im Wertschöpfungsnetzwerk [vgl. Mercer 2001].
3.1 Aktuelle Situation und Herausforderungen der Branche
69
verdeutlicht, dass nicht einzelne Unternehmen (z.B. der Fahrzeughersteller) die Wettbewerbsfähigkeit steuern können, sondern hierfür auf Partner angewiesen sind [vgl.
Christopher 1998]. Die Zugehörigkeit einiger Unternehmen zu mehreren Wertschöpfungsnetzen, die evtl. unterschiedliche SCM-Strategien verfolgen, erschwert die
Umsetzung von Maßnahmen des SCM. Derartige Konstellationen erfordern bspw. die
Bereitstellung unterschiedlicher Informationen an die verschiedenen Netzwerke. Außerdem ist die Kooperation innerhalb des Wertschöpfungsnetzwerks meist eine opportunistische. Zielkonflikte entstehen nicht nur aus der Zugehörigkeit zu verschiedenen Kooperationen, sondern auch deshalb, weil Unternehmen primär an der Maximierung eigener Gewinne interessiert sind.
Neue Formen der Kooperation
Die Struktur des Wertschöpfungsnetzwerkes der Automobilindustrie befindet sich im
Wandel. Die Veränderungen entstehen durch Reduzierung der Fertigungstiefe und
Lieferantenanzahl:
• Die Fertigungstiefe der deutschen Fahrzeughersteller ist seit 1980 von ca. 38 %
auf aktuell knapp unter 25 % gesunken. Seit 1998 hat allerdings keine nennenswerte Reduzierung mehr stattgefunden [vgl. VDA 2003c, 65]. Der Trend
zum Outsourcing bzgl. der Fertigung ist damit vorerst gestoppt oder zumindest
verlangsamt. Allerdings gibt es auch Prognosen, die bis 2010 einen weiteren
Anstieg des Anteils der Zulieferer an der Wertschöpfung um 15 % voraussagen
[vgl. VDA 2003c, 59].
• Verschiedene Studien sagen eine Reduzierung der Lieferantenanzahl voraus,
z.B. erwarten [Kalmbach et al. 2001] weltweit eine Schrumpfung von heute
5.500 auf 3.500 Zulieferer bis 2010. Ein Grund hierfür ist, dass die Fahrzeughersteller die Zusammenarbeit mit Modulanbietern bevorzugen, um selbst
Montageaufwand einzusparen, und gleichzeitig zur Beschaffung zunehmend
die Single- bzw. Dual-Sourcing-Strategie verfolgen, bei der sie einzelne Typen
von Zulieferteilen weltweit nur noch bei einem oder zwei Zulieferern beziehen
[vgl. Wolters 1995, 27 ff.].
Die Restrukturierung soll Kosten für das Beziehungsmanagement sowie Logistikkosten senken. Eine Vision des zukünftigen Zuliefernetzwerkes sieht so aus, dass jeder
Fahrzeughersteller mit einer Anzahl von Mega-Lieferanten oder Zulieferer-Verbünden zusammenarbeitet. Die stärkere Marktposition der Zulieferer in diesem Szenario führt dazu, dass die fokale Rolle der Fahrzeughersteller abnimmt. Das ausgeglichene Machtverhältnis fördert die Aushandlung neuer flexibler Kooperationsformen.
70
3 Supply Chain Management in der Automobilindustrie
3.1.2 Veränderungen und Handlungsbedarf
Die Dynamik des Marktes einerseits sowie Produkt- und Prozessinnovationen andererseits sind Treiber für Veränderungen in der Automobilindustrie. Verschiedene
Trends zeigen eine gegenseitige Abhängigkeit von Markterfordernissen und technologischen Innovationen des E-Business (s. Abbildung 3-3).
Produkt-(+)
komplexität
Plattform-(+)
strategie
Modulari-(+)
sierung
(+)
Kunden-(+)
ansprüche
(+)
JIT/JIS
TQM
Value (+)
Added (Zusatzdienste)
Produkt-(+)
lebenszyklus
Direkt- (+)
verkauf
(Internet)
(+)
E-Business
(+)
Marktplätze
Globali- (+)
sierung
Umbau (+)
des Netzwerkes
Lieferan-(+)
tenwettbewerb
(+)
Outsourcing
(–)
Fertigungstiefe
Prozess- (+)
reorganisation
Make-to-(+)
Order
Time-to-(–)
Market
(+) Zunahme
(–) Abnahme
Abbildung 3-3: Interdependente Trends in der Automobilindustrie
(in Anlehnung an [SAP 2001]74)
Dynamik des Marktes
Die Automobilindustrie reagiert mit strategischen Maßnahmen auf die veränderten
Marktbedingungen. Einerseits erschließt sie neue Märkte und baut vor Ort Produktionskapazitäten auf. Andererseits restrukturiert sie ihre Leistungserstellung, um
durch mehr Kundenorientierung die Wertschöpfung auch in traditionellen Märkten zu
steigern. Beide Maßnahmen steigern die Komplexität der Kooperationsbeziehungen.
Regionale Verlagerung des Wachstums. Während der Automobilabsatz in den Ländern der Triade stagniert, sehen Studien in Asien, Osteuropa und Südamerika ein
Wachstumspotenzial von bis zu 7,5 % pro Jahr [vgl. Kalmbach et al. 2001]. Die Auslastung der Produktionskapazitäten lag im Jahr 2001 nur bei 70 %. Trotzdem ist der
zügige Aufbau von Fertigungskapazitäten in den Wachstumsregionen für die Erhaltung der Marktstellung notwendig, da die Hersteller nur vor Ort wettbewerbsfähig
produzieren können. Das Wertschöpfungsnetzwerk gewinnt hierdurch an Komplexi74
zitiert nach [Straube 2004, 124]
3.1 Aktuelle Situation und Herausforderungen der Branche
71
tät, da neue Kooperationsbeziehungen aufzubauen sind und die Versorgung mit Zulieferteilen teilw. durch die Stammwerke erfolgt.
Kundenorientierte Restrukturierung. Zur Erhöhung des Umsatzes erweitern die Automobilhersteller ihr Leistungsangebot kundenorientiert. Hierzu gehören neben der Sicherstellung der Basisleistung wie Produktqualität und Liefertermintreue neue Dienste, wie z.B. die Konfiguration des Fahrzeugs per Online-Anwendung und Telematikdienste. Die Komplexität des Wertschöpfungsnetzwerkes steigt durch die Integration
neuer Wertschöpfungspartner sowie der Priorisierung von Rechtzeitigkeit vor Effizienz. Dementsprechend sind Zulieferer wegen ihrer Flexibilität und ihrer Geschwindigkeit auszuwählen, nicht allein wegen ihrer Preise [vgl. Fisher 1997].
Produkt- und Prozessinnovationen durch neue Technologien
Neue Technologien aus verschiedenen Bereichen wie etwa der Mikroelektronik, der
Informatik und der Materialforschung ermöglichen Innovationen des Automobils und
der Prozesse. Innovation besitzt in der Automobilindustrie einen hohen Stellenwert,
da sie Voraussetzung für die zukünftige Differenzierung und Generierung neuer Umsätze ist. Kundenorientierte Produktinnovationen im Automobilbau steigern die Attraktivität neuer Fahrzeuge für den Kunden und erhöhen die Kaufbereitschaft. Viele
aktuelle Neuerungen zielen auf besseren Bedienkomfort, höhere Sicherheit oder Umweltverträglichkeit. Beispiele für geplante technologische Veränderungen in der Fahrzeugkonstruktion sind aktive Fahrwerke, elektronische Steuerungen, Sensoren zur
Umfelderkennung, Nachtsichtgeräte, Bordcomputer, Brennstoffzellenantriebe und
Karosserien aus Kunststoff [vgl. Kalmbach et al. 2001]. Der zunehmende Anteil verbauter Elektronikkomponenten ist ein Indiz für den Evolutionsprozess des Automobils.75
Die technologischen Innovationen in der Automobilindustrie lösten auch Prozessinnovationen aus. Einerseits bedeutet der Einbau einer neuen Technologie in ein Produkt
eine Innovation des Fertigungsprozesses. Zum Beispiel erforderte die Verwendung
von Sintermetall (powder metal), das die Automobilindustrie heute z.B. für die Herstellung von Getriebeteilen verwendet, ein neues Schmiedeverfahren [vgl. Sage 2000,
92 ff.]. Andererseits sind Prozessinnovationen in Produktion und Logistik auch direkt
durch den Einsatz der in Abschnitt 2.3.3 beschriebenen flexiblen Fertigungstechnologien und E-Logistics-Systeme entstanden. Zum Beispiel ermöglichten flexible Fertigungstechnologien in Verbindung mit IT-gestützen Auftragsbearbeitungs- und PPSSystemen die effiziente Umsetzung der Massenindividualisierung.
75
Der wertmäßige Anteil der Elektronik am Fahrzeug beträgt derzeit ca. 25 % und soll bis zum Jahr 2010 auf
bis zu 40 % ansteigen [vgl. VDA 2003c, 59].
72
3 Supply Chain Management in der Automobilindustrie
3.2 Strategische Herausforderungen für das SCM
Die in vorangegangenen Abschnitt beschriebenen Trends in der Automobilindustrie
stellen Herausforderungen für das SCM dar. Etwa 10 % der Gesamtkosten in der Automobilindustrie entfallen auf die Logistik. Unternehmen erwarten, dass sie in den
nächsten Jahren 25 % dieser Kosten einsparen können [vgl. Straube 2004]. Dabei
muss die SCM-Strategie einen höheren Bedarf nach Kundenorientierung, gestiegene
Komplexität des Wertschöpfungsnetzwerkes, verkürzte Produktlebenszyklen und neue
Gesetze berücksichtigen. Die folgenden Abschnitte beschreiben, mit welchen Maßnahmen Unternehmen der Automobilindustrie diesen Herausforderungen begegnen.
3.2.1 Ausrichtung auf den Kunden
Die Herstellung kundenindividueller und qualitativ hochwertiger Produkte und
Dienstleistungen ist ebenso wichtig wie die rechtzeitige Auslieferung an den Kunden.
Handlungsbedarf für das SCM besteht bzgl. der Prozesszuverlässigkeit, insb. in der
Logistik und Einsteuerung von Kundenaufträgen. Beispielsweise weicht bei 65 % der
Fahrzeuge die tatsächliche von der bei Auftragseingang geplanten Fertigstellungswoche ab [vgl. Straube 2004, 120]. Dabei nimmt die Produktion nur 5–10 % der Gesamtlieferzeit eines Fahrzeuges in Anspruch.
Die Literatur beschreibt das Modell der Demand Chain, das die Kundenorientierung
im SCM hervorhebt [vgl. Vollmann et al. 1995]. Das Prinzip der (durch die Nachfrage
getriebenen) Demand Chain ist die kundenauftragsbezogene Fertigung im Unterschied zur klassischen Vorratsproduktion („auf Halde“). Ein Beispiel für kundenorientierte Reorganisation im SCM ist das KOVP (Kundenorientierter Vertriebs- und
Produktionsprozess)-Programm von BMW [vgl. Eisenbarth 2003, 58 ff.]. Im Rahmen
des Programms hat der Automobilhersteller seine Produktions- und Vertriebsprozesse
an dem Ziel ausgerichtet, dem Kunden rechtzeitig zu einem vereinbarten Termin – auf
Wunsch möglichst kurzfristig – ein wunschgemäß konfiguriertes Auto liefern zu können. Mittlerweile erreicht BMW eine Durchlaufzeit von zehn Tagen von der Bestellung eines Fahrzeugs bis zur Auslieferung und ermöglicht außerdem dem Kunden
eine Änderung der Konfiguration bis sechs Tage vor Montagestart [vgl. Gehr/Palm
2002]. Folgende Maßnahmen des SCMs steigern die Kundenorientierung:
• Verkürzung von Durchlaufzeiten (Order-to-Delivery-Time). Die Durchlaufzeiten von Kundenaufträgen sind in der Automobilindustrie in den vergangenen
Jahren kontinuierlich gesunken. Im Durchschnitt dauert die Montage eines Automobils 48 Stunden. Dazu beigetragen haben die Umsetzung von Konzepten
wie Lean Management, JIT, JIS und CPFR. Diese eliminieren unproduktive
Wartezeiten sowie Pufferlager und unterstützen die Beseitigung von Fehlerquellen in Prozessen. Die Prozesszuverlässigkeit besitzt Priorität vor der
3.2 Strategische Herausforderungen für das SCM
73
Durchlaufzeit. Die Kunden verlangen die Einhaltung von Lieferterminen und
wünschen sich eine schnelle Auslieferung ihres Fahrzeugs.76 Lange Wartezeiten beeinflussen die Kaufentscheidung des Kunden. Schätzungen beziffern
„Lost Sales“ aufgrund zu langer Lieferzeiten mit 5 % des Jahresumsatzes.
• Individualisierung. Fahrzeughersteller ermöglichen ihren Kunden die Auswahl
zwischen verschiedenen Ausstattungsmerkmalen eines Fahrzeugmodells. Die
Fertigung von Fahrzeugen erfolgt kundenindividuell und das Logistiksystem
stellt die Bauteile entsprechend bereit. Aufgrund der Variantenvielfalt produziert VW jährlich statistisch gesehen nur zwei Fahrzeuge des Typs Golf mit der
gleichen Ausstattung, wenn für jede Variante die Bestellwahrscheinlichkeit
gleich hoch ist. Auch Zulieferer fertigen Fahrzeugkomponenten, wie z.B. Sitze
oder Cockpits, zunehmend kundenindividuell.
• Mehrwertdienste (Value Added Services). Dienstleistungen bieten Fahrzeugherstellern die Möglichkeit der Produktdifferenzierung und generieren
zusätzliche Umsätze in gesättigten Märkten. Beispielsweise betreiben oder
planen verschiedene Fahrzeughersteller Telematikdienste, z.B. Verkehrsinformations- oder Wartungsdienste, die sie in Kooperation mit Partnern, wie etwa
Mobilfunkanbietern oder Versicherungen, anbieten. Eine Voraussetzung für
die Erbringung derartiger Dienste sind die Identifizierung und bei
ortsabhängigen Diensten (Location Based Services) auch die Lokalisierung der
Anwender.
3.2.2 Management der Komplexität
Die Produktionskosten hängen überproportional von der Anzahl produzierter Varianten ab. Dies liegt an mit dem Flexibilitätsbedarf steigenden Logistik- und Produktionskosten. Flexibles Handeln ist durch die Komplexität der Lieferbeziehungen im
Wertschöpfungsnetzwerk erschwert (s. Abbildung 3-4). Auf der Zulieferseite der
Fahrzeughersteller lassen sich vom Komponentenhersteller bis zum Rohstofflieferanten sieben Zulieferstufen (Tiers) unterscheiden. Das globale Distributionsnetzwerk
umfasst zwei bis drei Stufen bis zum Endkunden. Der Fahrzeughersteller übernimmt
Koordinationsaufgaben im Netzwerk. Beispielsweise treibt er die Durchsetzung von
Standards zur Prozessgestaltung oder zur Gestaltung des Informationssystems voran.
Dabei sind die Fahrzeughersteller auf Absprachen innerhalb der Industrie angewiesen,
da viele Unternehmen Mitglied mehrerer Wertschöpfungsnetzwerke sind. Industrieverbände wie AIAG, JAMA/JAPIA, Odette und VDA moderieren diese Abstimmungsprozesse.
76
Die von Kunden durchschnittlich gewünschte Lieferzeit beträgt vier bis sechs Wochen [vgl. Stautner 2001,
38].
74
3 Supply Chain Management in der Automobilindustrie
Zulieferer
Stufen 3 bis n
Zulieferer
Stufe 2
Zulieferer
Stufe 1
Hersteller
Stufe 0
Kunden
Stufe 1
Kunden
Stufen 3 bis n
2
n
1
1
2
2
1
n
1
2
3
3
n
1
n
n
Kunden der Stufen 2 bis n / Endkunden
Zulieferer der Stufen 3 bis n
Rohstofflieferanten
1
n
1
1
n
n
fokales Unternehmen
Mitglied des Liefernetzwerkes
kein Mitglied des Liefernetzwerkes
Abbildung 3-4: Komplexität des Wertschöpfungsnetzwerkes in der Automobilindustrie
[Lambert et al. 1998]
Erfolgreiches Management der Komplexität erhöht die Prozesszuverlässigkeit. Zu bewältigende Herausforderungen sind Planabweichungen, z.B. Abweichungen geplanter
und tatsächlicher Lieferabrufe (Volatilität), Störungen wegen Fehlteilen, Dokumentationsfehlern oder Systemausfällen (Fehler) oder Qualitätsmängel, wie z.B. Produktfehler oder falsch geplante Prozesse (Defekte). Im Zusammenhang mit der Teileversorgung bezeichnet die logistische Kritizität das Ausmaß, in dem fehlende Teile den
Ablauf in der Montage beim Hersteller stören [vgl. Dodel 2003, 4]77. Folgende SCMMaßnahmen unterstützen das Management des komplexen Liefernetzwerkes:
• Just-in-sequence-Belieferung. Die Teilelieferung in der Reihenfolge des Einbaus erhöht zwar die Komplexität in der Distribution des Zulieferers, reduziert
diese aber in der Fertigung. Beim Zulieferer verursacht die Sortierung einen
geringeren Aufwand, da Bestände hier weniger Kosten verursachen als beim
Fahrzeughersteller. Würde die Sortierung dort stattfinden, dann wäre der durch
die gleichzeitige Sortierung vieler Teilesorten verursachte Aufwand wegen der
damit verbundenen Komplexität höher.
77
Ein Auto besteht aus ca. 6.000 Teilen. Der Anteil an Fehlteilen beträgt 30–100 pro 20 Mio. Teile [vgl. Dodel
2003].
3.2 Strategische Herausforderungen für das SCM
75
• Postponement. Die späte Festlegung der kundenspezifischen Ausstattungsmerkmale ermöglicht eine schnellere Bearbeitung von Kundenaufträgen, da die
Hersteller schon vor Eingang der Kundenbestellung „Rohvarianten“ von Fahrzeugmodellen vorbereiten. Der Einsatz aufwendiger flexibler Fertigungsverfahren zur Unterstützung der Individualisierung konzentriert sich beim Postponement auf den letzen Abschnitt des Wertschöpfungsnetzwerkes. Bei Exportfahrzeugen für überseeische Märkte führen meist Dienstleister vor Ort die
kundenindividuelle Konfiguration durch.78
• Reorganisation des Wertschöpfungsnetzwerkes. Outsourcing und Dezentralisierung führen zu neuen Organisationsformen, die Komplexität reduzieren und
so einen höheren Grad an Flexibilität ermöglichen. Beispiele sind die Reduzierung der Fertigungstiefe, die Einrichtung von Zulieferparks, gemeinsame
Prozessgestaltung zur Umsetzung von CPFR oder VMI sowie KanbanSysteme.
• Total Quality Management. Permanente Überwachung (Monitoring) und
Schwachstellenanalyse der Produkt- und Prozessqualität sind die Grundlage
des kontinuierlichen Qualitätsverbesserungsprozesses der Automobilindustrie
[vgl. VDA 2004]. Verbreitete Verfahren sind FMEA (Failure Mode and Effects Analysis, deutsch: Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse), die Verwendung des EFQM-Modells und neuerdings auch Six Sigma (s. Abschnitt
2.3.2).
3.2.3 Verkürzung der Produktlebenszyklen
Neben Qualität und Kosten spielt der Faktor Zeit eine wichtige Rolle bei der Erzielung von Wettbewerbsvorteilen [vgl. Stalk/Hout 1990; Vesey 1991]. Empirische Studien zeigen, dass in der Automobilindustrie ein Trend zur Verkürzung der Produktlebenszyklen besteht [vgl. Baumgarten/Walter 2000]. Technologische Innovationen
sind Treiber dieser Entwicklung. Die betroffenen Unternehmen müssen bei der durch
den Markt vorgegebenen Innovationsgeschwindigkeit mithalten, um ihre Wettbewerbsposition zu halten. Die Zeitführerschaft bei der Markteinführung (Time-toMarket) wird zu einem wichtigen Wettbewerbsvorteil für diese Unternehmen [vgl.
Eversheim 1995, 119]. Durch Kooperationen und verbessertes Anlaufmanagement
wollen Unternehmen die Zeit zur Markteinführung verkürzen:
• Kooperation in der Entwicklung. Die frühe Einbeziehung von Wertschöpfungspartnern in den Produktentwicklungsprozess soll Problemen wegen
78
Beispielsweise führt ein LDL in Bremerhaven die Endfertigung von Importfahrzeugen verschiedener Hersteller durch [vgl. BLG 2004].
76
3 Supply Chain Management in der Automobilindustrie
Inkompatibilitäten in der Produktion vorbeugen und Synergiepotenziale erschließen. Diese entstehen z.B. dadurch, dass sowohl Fahrzeughersteller als
auch Zulieferer über für die Wertschöpfungspartner relevantes Wissen bzgl.
der Kundenbedürfnisse verfügen. So kann z.B. der Fahrzeughersteller Informationen über die Nutzungsmerkmale bestimmter Ausstattungsteile, wie etwa
Sitze oder Bedienelemente, sammeln und an den entsprechenden Zulieferer
weiterleiten.
• Anlaufmanagement. Erfolgreiches Anlaufmanagement ermöglicht die zuverlässige Durchführung des Serienanlaufs und verkürzt die hierfür notwendige Zeit
(Time-to-Market). Verschiedene Störquellen erschweren den Serienanlauf in
der Automobilindustrie: Die Produktion neuer Fahrzeugserien erfordert Änderungen des Maschinenlayouts, Anpassung und Einübung von Prozessen, neue
Stücklisten und Logistikbeziehungen. Deshalb steigern Fahrzeughersteller die
Produktion stufenweise und bieten einige Ausstattungsmerkmale, wie z.B. bestimmte Motorisierungen, erst nachdem die Prozesse stabil laufen an. Dies soll
die Anzahl an Störungen in der Anlaufphase minimieren. Beispielsweise ist in
dieser Phase wegen mangelnder und untrainierter Koordination mit dem Zulieferer die Wahrscheinlichkeit von Fehlteilen oder qualitativ minderwertigen Zulieferteilen höher. Die Literatur präsentiert verschiedene Vorgehensmodelle für
das Anlaufmanagement, die z.B. Checklisten zur Unterstützung der Anlaufplanung enthalten [vgl. Risse 2003].
3.2.4 Gesetzliche Anforderungen
Verschiedene neue Gesetze stellen externe Anforderungen an das SCM der Automobilindustrie (s. Tabelle 3-1). Die Erhöhung der Sicherheit beabsichtigen Gesetze, wie
z.B. das Heimatschutzgesetz der USA (Homeland Security Act), die Verordnung EU
178/2002 zur Rückverfolgbarkeit in der Lebensmittelindustrie und der TREAD Act.
Die Altautoverordnung (EU-Richtlinie 2000/53/EG) fördert nachhaltiges Wirtschaften, indem sie höhere Wiederverwertungsquoten verlangt. Die Novelle der GVO
lockert Wettbewerbsbeschränkungen mit verschiedenen Maßnahmen, die dem Händler mehr Freiheiten beim Vertrieb von Fahrzeugen und Ersatzteilen sowie der Gründung von Niederlassungen in der EU gewähren. Die Umsetzung dieser Gesetze stellt
neue Anforderungen an die Produktkennzeichnung und die Dokumentation von Vorgängen. Die Kennzeichnung des Produkttyps (Typennummer) alleine ist nicht mehr
ausreichend. Zusätzlich ist sie auch auf Chargenebene (Chargennummer) oder Stückebene (Serialnummer) notwendig. Die Kennzeichnung ist so zu gestalten, dass sie
sich mit geringem Aufwand anbringen und lesen lässt (Maschinenlesbarkeit) sowie
eindeutig, lebenslang haltbar und unverfälschbar ist [Odette 2004a].
3.3 Abgrenzung kritischer Prozesse und Aufgaben
Gesetz
77
Bedeutung für das SCM der Automobilindustrie
Altautoverordnung
2000/53/EG [EU 2000]
Die Altautoverordnung verlangt ab 2006 für Altfahrzeuge eine
Verwertungsquote von 85 % und ab 2015 von 95 %, jeweils bezogen auf das Leergewicht. Die eindeutige Identifikation der unterschiedlichen Materialien erleichtert die Demontage und Sortierung [Vogel/Strassner 2004].
Novelle der GVO
[GVO 2003]
Händler dürfen seit 2002 neben den von den Fahrzeugherstellern bezogenen Ersatzteilen auch qualitativ gleichwertige Teile
als „Originalersatzteile“ verkaufen. Die nachträgliche Feststellung, aus welcher Quelle Ersatzteile stammen, ist bspw. im Zusammenhang mit Haftungsfragen relevant.
Homeland Security Act of Das Heimatschutzgesetz der USA fordert strengere Kontrollen
2002 (USA) [DHS 2002] im Güterverkehr. Für LDL ergeben sich hieraus steigende Kosten und Verzögerungen. Eine ausreichende Kennzeichnung der
Lieferung erleichtert die Durchführung der Kontrollen und hilft,
Verzögerungen zu vermeiden.
Verordnung zur Rückver- Die Verordnung hat keine direkten Auswirkungen auf die Autofolgbarkeit EU 178/2002 mobilindustrie, da sie nur für die Lebensmittelindustrie gilt. Indus[EU 2002]
trievertreter erwarten allerdings, dass in der Automobilindustrie
bald eine ähnliche Regelung in Kraft treten wird. Bei sicherheitsrelevanten Teilen verlangen einige Hersteller bereits heute die
Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit von ihren Zulieferern.
TREAD Act
[NHTSA 2000]
Das Gesetz verpflichtet alle Fahrzeughersteller und deren Zulieferer, die Produkte in den USA vertreiben, zur Meldung sicherheitsrelevanter Mängel an die NHTSA. Falls die Meldung nicht
umgehend erfolgt, kann die Behörde ein Bußgeld von bis zu
15 Mio. US-$ verhängen.
Tabelle 3-1: Neue gesetzliche Anforderungen für das SCM
3.3 Abgrenzung kritischer Prozesse und Aufgaben
Die im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen SCM-Maßnahmen zur Steigerung
der Kundenorientierung, zum Management der Komplexität und zu den verkürzten
Produktlebenszyklen sowie zur Umsetzung gesetzlicher Anforderungen lassen sich
nur mittels zuverlässiger operativer SCM-Prozesse umsetzen. Die folgenden Abschnitte identifizieren die Teileversorgung, das Produktionsmittelmanagement, und
das Konfigurationsmanagement als kritische Prozesse zur Unterstützung der in der
SCM-Strategie formulierten Maßnahmen und Ziele (s. Tabelle 3-2).
78
3 Supply Chain Management in der Automobilindustrie
Prozess
Teileversorgung
-
Aufgaben
Lagermanagement
Sendungszusammenstellung
Transportabwicklung
Überseeversand (Sonderfall der
Teileversorgung)
Produktionsmittel- - Behältermanagement
management
- Flottenmanagement
- Werkzeugmanagement
Konfigurationsmanagement
- Dokumentation der Montage
- Rückruf
- Wartung und Recycling
Unterstützte SCM-Maßnahmen
- Anlaufmanagement
- Individualisierung
- Postponement
- TQM
- Verkürzung von Durchlaufzeiten
- Just-in-sequence-Belieferung
- Reorganisation des Wertschöpfungsnetzwerkes (Outsourcing)
- TQM
- Verkürzung von Durchlaufzeiten
- Anlaufmanagement
- Individualisierung
- Mehrwertdienste
- TQM
Tabelle 3-2: Übersicht kritischer Prozesse und Aufgaben im SCM
3.3.1 Teileversorgung
Die Kernaufgabe des SCMs ist die Sicherstellung einer effizienten Teileversorgung.
In der Automobilindustrie existieren Standardisierungsempfehlungen zur Gestaltung
des Prozesses der Auftragsabwicklung vom Lieferabruf bis zur Auslieferung, des sog.
Pickup-Prozesses [vgl. VDA 2003b]. Die Empfehlung beschreibt Anforderungen an
den Material- und Informationsfluss sowie deren Synchronisation. Hierfür spezifiziert
sie verschiedene Informationsdokumente, die entweder die Lieferung als Papierbelege
begleiten (warenbegleitender Informationsfluss) oder die Wertschöpfungspartner
elektronisch austauschen (vorauseilender Informationsfluss) (s. Abbildung 3-5).
Zulieferer
Lieferabruf, Feinabruf
-Bereitstellungsavis
-Lieferschein
-Warenanhänger
-Speditionsauftrag
-Lieferscheindaten
Logistikdienstleister
Dokumentierter Informationsfluss
Fahrzeughersteller
-Lieferschein
-Rollkarte
-Warenanhänger
Elektronischer Informationsfluss
Abbildung 3-5: Informationsflüsse beim Pickup-Prozess
Der Fahrzeughersteller tätigt Lieferabrufe auf Grundlage geschätzter Bedarfe mehrere
Wochen im Voraus und präzisiert die Bestellungen im Rahmen taggenauer Feinabrufe. Während der Lieferabruf dem Zulieferer zur Anpassung seiner Produktionspla-
3.3 Abgrenzung kritischer Prozesse und Aufgaben
79
nung dient, veranlasst der Feinabruf die Sendungszusammenstellung. Zur Durchführung des Versands erteilt der Zulieferer Transportaufträge an Spediteure, die Art und
Menge der Waren die Abholort und -zeitfenster beinhalten. Der Spediteur führt die
genaue Tourenplanung aus und teilt dem Zulieferer eine fahrzeugbezogene Abholliste
mit. Der Zulieferer erstellt Warenanhänger (GTLs), Transport- und Sendungsbelege
(VDA 4939) und bringt diese an der Lieferung an. Bei der Abholung scannt der
Frachtführer die Warenanhänger und vergleicht diese mit den Angaben auf der Abholliste. Bei Vollständigkeit quittiert er die Entgegennahme gegenüber dem Zulieferer
durch einen Übernahmenachweis. Der Zulieferer übermittelt diese Information als
elektronischen Lieferschein an den Empfänger, z.B. unter Anwendung der Empfehlung VDA 4913. Beim Empfang der Lieferung führt der Empfänger stichprobenartig
Ident- und Mengenkontrollen durch. Bei Annahme der Lieferung quittiert er dies dem
Spediteur und übermittelt als Empfangsbestätigung einen aktualisierten Lieferabruf an
den Zulieferer. Im eigenen System bucht der Empfänger die Lieferung auf Basis der
zuvor elektronisch empfangenen Lieferscheininformationen ein.79
Mögliche Störungen des Prozesses treten durch fehlende Waren, Verzögerungen in
der Transportabwicklung, falsche Kennzeichnung oder Sendungszusammenstellung
auf. Die Komplexität des Liefernetzwerkes (Mehrstufigkeit) erhöht die Wahrscheinlichkeit von Fehlern. Die folgende Problemanalyse identifiziert Informationsdefizite
im Logistikmanagement, welche die effiziente Ausführung der Aufgaben Lagermanagement, Sendungszusammenstellung und Transportabwicklung80 beeinträchtigen. Im
weiteren Verlauf untersucht die Arbeit den Beitrag von RFID-Systemen zur Verringerung der Informationsdefizite.
Lagermanagement
Lager sind Puffer zur Deckung des Bedarfs nachgelagerter Stufen in der Wertkette.
Nachfragevolatilität und unsichere Nachbevorratung sind mögliche Ursachen für den
Aufbau von Sicherheitsbeständen. Andernfalls steigt das Risiko für teure Eilbestellungen oder Produktionsstillstände. Klassische Zentrallager ersetzen die Automobilwerke zunehmend durch kleine produktionsnahe Lager. Die Anlieferung von ca. 30 %
aller Teile erfolgt nach dem Just-in-time-Verfahren81. Die dezentralen Lager erhöhen
den zur Vermeidung von Fehlern notwendigen Koordinationsaufwand. Es existieren
verschiedene Strategien zur Nachbevorratung, um Fehlteile trotz geringer Sicherheitsbestände zu vermeiden:
79
Die Empfehlung [VDA 2003b] beinhaltet eine ausführliche Prozessbeschreibung.
80
[Klaus 1998] beschreibt Logistikmanagement als eine Abfolge der Aufgaben Lagern, Umschlagen und Transportieren.
81
Dies hat die Bevorratung von Tagesbedarfen oder für wenige Stunden in dezentralen Lagern zu Folge.
80
3 Supply Chain Management in der Automobilindustrie
• Zur Sicherstellung der Lieferbarkeit von Bauteilen schließen die Hersteller
Rahmenverträge über zu erwartende Bestellmengen mit den Zulieferern ab.
Dabei verwenden sie Absatz- und Produktionspläne, die sie z.B. mit dem
MRP-(Material-Resource-Planning-)Verfahren ermitteln.
• Zur Vermeidung unnötiger Lagerbestände erfolgt die Bestellung in Abhängigkeit des Kundenauftrags. Die Bestellmengen ergeben sich durch Stücklistenauslösung der zur Produktion vorgesehenen Fahrzeuge. Dieses Verfahren setzt
die kurzfristige Lieferbarkeit der Teile voraus.
• Zur Vermeidung von Störungen wenden die Hersteller eine Min-Max-Abweichungsregel zur Veranlassung oder Zurückhaltung von Nachbestellungen an.
Dieses Verfahren findet auch in Verbindung mit VMIs Anwendung [vgl. Werners/Thorn 2002].
Die Abweichung des tatsächlichen vom IT-Lagerbestand erschwert das IT-gestützte
Lagermanagement. Folgewirkungen sind unzuverlässige Planungen der Bestände, das
Auftreten des Bullwhip-Effekts und Produktionsstörungen oder hohe Sicherheitsbestände. Die genannten Nachbevorratungsstrategien sind von genauen Informationen
abhängig. Die Ermittlung des Lagerbestands erfolgt über Wareneingangs- und Ausgangsbuchungen sowie regelmäßig stattfindende Inventuren. Eine Erhöhung der Informationsgenauigkeit ist auf folgende Arten möglich:
• Die lückenlose Erfassung der Lagerzugänge und -abgänge bzw. Durchführung
einer permanenten Inventur erhöht die Genauigkeit der Lagerbestandsdaten.
• Die Berücksichtigung des Lagers in Transit unterstützt die Vorausplanung des
Lagerbestands.
Sendungszusammenstellung
Im Rahmen der Sendungszusammenstellung überprüft der Versender, dass Güter in
der richtigen Menge und Qualität an die nächste Wertschöpfungsstufe gelangen. Bei
Just-in-sequence-Belieferung ist außerdem die Einhaltung der Reihenfolge zu beachten. Eine hohe Anzahl an Produkten und Produktvarianten, die an verschiedene Empfänger zu senden sind, erhöht den Koordinationsaufwand. Beispielsweise gibt ein
Achsenhersteller an, dass ihm in der Distribution Kosten für Sortierung und Qualitätskontrolle in Höhe von 20 Euro je Achse anfallen [vgl. Fleisch et al. 2004b]. Ein weiteres Beispiel ist die Distribution elektronischer Ersatzteile, von denen manche vor der
Auslieferung eine kundenindividuelle Konfiguration erhalten (z.B. Airbag-Steuerungen) [vgl. Tellkamp/Schoch 2002].
3.3 Abgrenzung kritischer Prozesse und Aufgaben
81
Zur Vermeidung von Versandfehlern führen die Versender manuelle Warenausgangskontrollen durch, die das Fehlerrisiko allerdings nicht ausschließen. Genauere Information kann die Sendungszusammenstellung wie folgt unterstützen:
• Abgleich der Sendungszusammenstellung während der Beladung82 oder vor der
Bereitstellung zum Versand mit den Bestelldaten (Ident- und Mengenkontrolle).
• Abgleich von Produkteigenschaften wie Konfiguration und Transportbestimmungen mit Bestelldaten und verwendetem Ladungsträger (Qualitätskontrolle).
• Einbeziehung der Reihenfolge, in der die Güter bei der Sendungszusammenstellung ankommen, um Sortieraufwand zu minimieren.
Transportabwicklung
Die Transportabwicklung beinhaltet die Zuordnung von Versandeinheiten zu Transportmitteln (Vorlauf), den Transport (Hauptlauf) und die Auslieferung an die Empfänger (Nachlauf) [vgl. VDA/BSL 1997]. Eine Versandeinheit besteht aus Packstücken
sowie verpackten und unverpackten Einzelteilen. Je nach Art der verwendeten Transportverpackung bzw. Ladungsträger erfordert die Transportabwicklung verschiedene
Kennzeichnungen. Hierzu unterscheidet ISO die logistischen Objekte in sechs hierarchische Transportebenen und definiert Standards zu deren Kennzeichnung. Verschiedene Standards aus der Automobilindustrie, wie z.B. AIAG, basieren auf diesen ISOStandards (s. Abbildung 3-6).
Ebene 5
ISO TC 204
AIAG B-15
Transporter
(z.B. Flugzeug, LKW, Schiff, Zug)
Ebene 4
ISO TC 104
Container
(z.B. 40-Fuß-Seecontainer)
Ebene 3
ISO TC 122 / WG 4
AIAG B-10 / 14
Ebene 2
ISO TC 122 / WG 4
AIAG B-10 / 14
Ebene 1
ISO TC 122 / WG 7
AIAG B-4
Ebene 0
ISO TC 122
AIAG B-4
Versandeinheit
(z.B. Palette)
Versandeinheit
(z.B. Palette)
Packstück
Verpackung
Teil
Packstück
Verpackung
Teil
Teil
Verpackung
Teil
Teil
Packstück
Verpackung
Teil
Teil
Verpackung
Teil
Teil
Packstück
Verpackung
Teil
Teil
Verpackung
Teil
Teil
Verpackung
Teil
Teil
Teil
Abbildung 3-6:ISO-Ebenemodell logistischer Einheiten [Harmon 2004]
82
Im Versandhandel gibt es vergleichbare RFID-Anwendungen, bei denen die Kommissionierschalen RFIDLabels besitzen, anhand derer die Zuordnung der Behälter zu den Bestellungen erfolgt [RFID-Journal 2003a].
82
3 Supply Chain Management in der Automobilindustrie
Da der Versand von Einzelteilen in Verbindung mit einer Verpackung und außerdem
meist auch eines Ladungsträgers (z.B. Behälter, Container, Palette) erfolgt, sind nur
die entsprechenden Kennzeichnungen für die Transportabwicklung relevant. Durch
Identifikation des Ladungsträgers ist indirekt auch eine Verfolgung der versandten
Einzelteile möglich, sofern der Versender die Zuordnung („Verheiratung“) von Einzelteilen mit Ladungsträgern während der Sendungszusammenstellung in einer Datenbank erfasst hat.83
Die Automobilindustrie verwendet für Transporte zwischen Unternehmen das GTL84
[vgl. Odette 2004b]. Der mittlerweile von allen regionalen Automobilverbänden adoptierte Standard verwendet einen 2D-Code (PDF 417) zur Codierung von Teilenummern, -anzahl, Lieferadresse (Werk) und eine weltweit eindeutige Packstücknummer (License Plate). Das Datenformat basiert auf dem von GM entwickelten und
seit 2000 für alle Zulieferer verpflichtenden Konzernstandard GM 1724-A. Der Effizienzgewinn, den GM durch Anwendung des 2D-Codes im Vergleich zur Verwendung mehrerer Barcodes erzielte, begünstigte dessen industrieweite Adoption [vgl.
Forcinio 2004]. Neben dem 2D-Code enthält das GTL verschiedene Angaben in Klartext sowie die Packstücknummer als Barcode (Code 128) (s. Abbildung 3-7). Die
Struktur der Packstücknummer ist durch ISO 15459 spezifiziert. Verschiedene durch
das NEN (Niederländische Normungsinstitut)85 autorisierte Vergabestellen vergeben
entsprechende eindeutige Nummern [vgl. ISO/IEC 2003]. Der Einsatz eines RFIDLabels als Bestandteil des GTL ist in der Diskussion [vgl. AIAG 2004b].
FROM:
AIAP
1 ROADRUNNER WAY
TUCSON, AZ 90150
TO:
+01 313.667.4781
MADE IN USA
GENERAL MOTORS CORPORATION
ORION ASSEMBLY PLANT
LAKE ORION, MI 48359
PLANT
DOCK
54321 ZES
12345678
PART
NUMBER
160 PCS
REV: 20MAY1999
LICENSE PLATE (1J)
A6-987
MATERIAL HANDLING CODE
G1155
REFERENCE
SHIPMENT DATE:
02AUG1999
KLT3214
10 KG
384859913
CONTAINER TYPE:
UN 123456789 A2B4C6D8E
GROSS WEIGHT:
PCI SEGMENT 13
PCI SEGMENT 14
PCI SEGMENT 15
PCI SEGMENT 16
PCI SEGMENT 17
Abbildung 3-7:Beispiel eines Global Transport Labels (GTL) [Barkan 2002]
83
Eine gebräuchliche Bezeichnung für die indirekte Verfolgung von Lieferteilen ist „Soft Tracking“.
84
Alternative Bezeichnungen sind Odette-Label oder AIAG B-16.
85
Nederlands Normalisatie-instituut, www.nen.nl
3.3 Abgrenzung kritischer Prozesse und Aufgaben
83
Zur Unterstützung einer effizienten Transportabwicklung und Vermeidung von Fehllieferungen müssen zuverlässige Informationen über Bestimmungsorte bzw. Positionsangaben von Versandeinheiten verfügbar sein:
• Die eindeutige Identifizierung von Versandeinheiten vermeidet Fehler bzw.
Verzögerungen bei der Durchführung von Transportaufträgen.
• Informationen über geplante Lieferankunftszeiten ermöglichen die Einplanung
und Bereitstellung von Transportkapazitäten.
CKD-Prozess
Aus zollrechtlichen Gründen ist es günstiger, Autos als Bausätze zu verschiffen und
in Übersee zusammenbauen zu lassen. Der CKD-Prozess lässt sich als eine Spezialisierung der Teileversorgung, bei der zusätzlich die Zollabwicklung durchzuführen ist,
bezeichnen. Die Abwicklung der CKD-Logistik erfolgt meist über spezialisierte LDL,
die Teile verschiedener Hersteller konsolidieren, verpacken und versenden. Beispielsweise führt die BLG International Logistics (BLG IL)86 CKD-Verschiffungen im Auftrag von DaimlerChrysler durch. Zu den Aufgaben des LDLs gehören die Konsolidierung der vom Fahrzeughersteller und weiteren Zulieferern angelieferten Teile, die
Verpackung und der Versand unter Beachtung der Zollvorschriften (s. Abbildung 3-8)
[vgl. Höcherl/Seide 2002].
Fahrzeughersteller
Zulieferer
LDL
Konsolidierung,
Verpackung
und Versand
Zoll
Automobilwerk
in Übersee
Zulieferer
Abbildung 3-8: Materialfluss im CKD-Versand
Die Durchführung des CKD-Versands verursacht aus zwei Gründen einen höheren
Qualitätssicherungsaufwand als nationale Lieferungen. Erstens müssen die warenbegleitenden Zolldokumente mit der Beladung der Container übereinstimmen, sonst behindert dies die Zollabwicklung und die Lieferung verspätet sich. Zweitens entstehen
durch Expresslieferungen ins Ausland, welche die Fahrzeughersteller bei Falschlieferungen veranlassen, Zusatzkosten. Der Fahrzeughersteller stellt dem LDL diese zusätzlichen Kosten zzgl. einer evtl. vereinbarten Konventionalstrafe in Rechnung. Deshalb besitzen Sendungszusammenstellung und Transportabwicklung im Rahmen des
CKD-Versands eine höhere Kritizität als bei nationalen Lieferungen. Entsprechend
höher sind auch die Anforderungen an die Prozesszuverlässigkeit.
86
BLG International Logistics, www.blg.de
84
3 Supply Chain Management in der Automobilindustrie
3.3.2 Management von Produktionsmitteln
In der Automobilindustrie kommen verschiedene mobile Produktionsmittel, wie z.B.
Ladungsträger oder Werkzeuge, zum Einsatz. Die Überwachung dieser Ressourcen
unterstützt deren Verfügbarkeit und effizienten Einsatz. Die Automobilindustrie wickelt ca. 80 % aller Materialtransporte mit wieder verwendbaren Ladungsträgern ab
[vgl. Chep 2003]. Hierzu gehören standardisierte Behälter, z.B. Paletten, Gitterboxen
oder VDA-Kleinladungsträger (KLTs), aber auch Spezialbehälter, wie z.B. Motorengestelle oder Bremsteilebehälter. Falls die passenden Behälter fehlen, verzögern sich
Transporte oder es entstehen zusätzliche Kosten durch Ersatzverpackungen und Sondertransporte. Trotzdem ist das Behältermanagement bisher gering automatisiert [vgl.
Aberdeen 2004]. Die Folge sind ineffiziente Prozesse durch lange Umlaufzeiten,
schlechte Auslastung, unnötig hohe Bestände an Ladungsträgern und mangelnde
Kenntnis über deren physischen Zustand.
Behältermanagementsysteme sollen sicherstellen, dass jederzeit die benötigten Behälter in gutem Zustand zur Verfügung stehen und gleichzeitig der Bestand an Behältern
so gering wie möglich ist. Entsprechende Systeme optimieren die Umlaufzeiten, indem sie Behälter nach jedem Einsatz sofort wieder zur weiteren Verwendung zur Verfügung stellen oder bei Bedarf die Reinigung bzw. Wartung veranlassen. Ein Pilotversuch verwendete RFID-Transponder zur Überwachung der Fahrtenanzahl von 26
LKW-Aufliegern, die der Betreiber eines Güterterminals im Pendelverkehr einsetzte.87 Die Auswertung der Bewegungsdaten zeigte eine ungleichmäßige Auslastung
dieser Auflieger (s. Abbildung 3-9).
Anzahl Fahrten
80
70
60
50
40
30
20
10
A21
A05
A10
A04
A20
A09
A12
A13
A08
A24
A23
A02
A01
A11
A18
A22
A07
A16
A06
A15
A14
A19
A25
A03
A26
A17
0
Abbildung 3-9: Auslastung von LKW-Aufliegern im Pilotprojekt [Strassner/Eisen 2005]
87
Zur Durchführung des Pilotversuchs stattete der Poolbetreiber 26 von insg. 125 Aufliegern mit Transpondern
aus. Die Messung ergab 1.162 Fahrten im Beobachtungszeitraum von sechs Wochen, was im Durchschnitt
ca. 40 Fahrten pro mit Transponder ausgerüstetem Auflieger entspricht.
3.3 Abgrenzung kritischer Prozesse und Aufgaben
85
In diesem Beispiel möchte der Terminalbetreiber die Information über die Behälterbewegungen zur Steuerung der Auslastung seiner Ladungsträger sowie zur Einführung
nutzungsabhängiger Wartungen einsetzen. In ähnlicher Weise können die Automatische Identifikation, die Ortsinformation und Nutzungshistorie das Produktionsmittelmanagement unterstützen:
• Die eindeutige Identifizierung von Produktionsmitteln vermeidet Fehler bei der
Beladung und ermöglicht die Zuordnung zum Eigentümer und zur Lieferung.
• Ortsinformationen unterstützen die Verfügbarkeit von Produktionsmitteln.
• Informationen über die Nutzung ermöglichen nutzungsabhängige Wartungsintervalle und unterstützen somit die Betriebssicherheit und Verfügbarkeit.
3.3.3 Konfigurationsmanagement
Die Fahrzeughersteller bauen Automobile zunehmend als Einzelanfertigungen gemäß
Kundenwunsch. Das Konfigurationsmanagement beginnt mit dem Zusammenbau des
Fahrzeugs und unterstützt Aufgaben nach dem Verkauf, wie die Durchführung von
Rückrufen, die Fälschungssicherheit sowie Wartung und Recycling.
Produktionsautomation
Qualitätskontrollen in der Produktion stellen sicher, dass die Monteure die Teile eindeutig den Bestellungen zuordnen und die Fahrzeuge entsprechend den Bestellungen
richtig zusammenbauen. Mittels Barcode oder RFID-Chip88 erkennt das Produktionssteuerungssystem das Fahrzeug und schlägt die zu verrichtenden Arbeitsschritte vor.
Neben der Identifikation zur Unterstützung der Massenindividualisierung ermöglichen derartige Systeme die ständige Überwachung des Produktionsfortschritts. Auf
diese Weise lässt sich der Auslieferungszeitpunkt genauer bestimmen und die Produktionsleitung kann „Problemfahrzeuge“, die z.B. zu lange an einer Arbeitsstation stehen, identifizieren. Einige Systeme ermöglichen auch die Speicherung von Datensätzen zur Qualitätssicherung auf dem zur Kennzeichnung verwendeten Datenträger. Ein
derartiges System ist bspw. in der Motorenfertigung von Ford im Einsatz [vgl. EMS
1998].
Die automatische Identifikation von Einzelteilen während des Einbaus ist bisher nur
in wenigen Fällen üblich. Beispiele sind sicherheitsrelevante Teile, z.B. Hinterachsen
oder Prallschutzelemente, sowie Teile, bei denen in der Variantenbildung leichter
Fehler auftreten, wie in dem eingangs beschriebenen Fallbeispiel zum Einbau von
88
Bei RFID-Systemen ist der Chip meist nicht am Fahrzeug direkt, sondern am Träger des Transportsystems
angebracht. Dadurch ist eine Wiederverwendung möglich.
86
3 Supply Chain Management in der Automobilindustrie
Kabelbäumen. In der Produktion besteht ein Informationsbedarf zur eindeutigen Identifizierung von Bauteilen und zur Sicherstellung des korrekten Zusammenbaus bzw.
Erstellung der Konfigurationsdokumentation. Zur Unterstützung einer automatisierten
Fertigungsweise müssen diese Informationen beim Zusammenbau ohne Zeitverzögerung bereitstehen.
Echtheitsnachweis
Nach Angaben eines Automobilherstellers handelt es sich bei 10 % aller als Originalersatzteile vertriebenen Teile um Fälschungen. Hochgerechnet auf die gesamte Automobilindustrie entspricht dies entgangenen Umsätzen in Höhe von 12 Mrd. Euro pro
Jahr im Ersatzteilgeschäft [vgl. SLA 2002]. Hierbei lassen sich zwei Arten von Fälschungen unterscheiden. Erstens existieren nachgeahmte Produkte (Plagiate) unterschiedlicher Qualität, deren Herkunft sich schwer ermitteln lässt. Falls der Kunde, der
davon ausgeht, ein Originalersatzteil gekauft zu haben, unzufrieden mit dem Produkt
ist, schadet dies dem Ansehen des Fahrzeugherstellers. Zweitens rechnen die Autohersteller auch die von offiziellen Vertragspartnern gefertigten, jedoch nicht über den
vereinbarten Weg vertriebenen Teile zu den Fälschungen. Obwohl der Fahrzeughersteller bei derartigen Teilen nicht an den Gewinnen partizipiert, trägt er das Risiko
von Gewährleistungsansprüchen der Kunden. Dieses Risiko ist neben den Umsatzeinbußen und möglichen Imageschäden ein weiterer Grund, gegen Fälschungen vorzugehen. Bisher existiert kein effizientes Verfahren, dass die Verbreitung von unechten
Teilen unterbindet. Ein mögliches Verfahren basiert auf der eindeutigen Identifizierung der Ersatzeile beim Verkauf bzw. Einbau und gleichzeitigem Abgleich mit
registrierten Seriennummern.
Rückverfolgbarkeit und Rückruf
Die Anzahl der in den Jahren 2003 und 2004 zurückgerufenen Fahrzeuge übertraf in
Europa und den USA die Rückrufe der vorangegangenen Jahre. 2004 betraf dies in
den USA 30,6 Mio. Fahrzeuge (Vorjahr: weniger als 25 Mio.) und in Deutschland
1,5 Mio. (Vorjahr: weniger als 1 Mio.) [vgl. HB 2005]. Öffentliche Rückrufaktionen
verursachen neben den operativen Kosten für die Durchführung auch indirekte Kosten
wegen Imageschäden. Zu den Ursachen zählen Konstruktionsfehler sowie Fehler in
der Montage bzw. Konfiguration. Als Gründe für den Anstieg nennen die Hersteller
den zunehmenden Elektronikanteil im Auto und die dadurch entstandene Produktkomplexität. Deshalb ist die Vereinfachung der Elektronikarchitektur ein Ansatzpunkt
zur Vermeidung von Rückrufen. Eine weitere Möglichkeit zur Reduzierung der Rückrufkosten ist die gezielte und schnelle Durchführung von Rückrufen, um den Kreis
der Betroffenen möglichst klein zu halten und präventiv vor Folgeschäden zu wirken.
Bei der Durchführung von Rückrufaktionen besteht ein Informationsbedarf über die
Verbauorte der betroffenen Produkte (meistens die Produktcharge). Entsprechende
3.4 Status des Einsatzes von IT-Systemen
87
Informationen sammeln einige Fahrzeughersteller zur Rückverfolgung sicherheitsrelevanter Teile, wie z.B. Hinterachsen. [Rupp 2004] zeigt mittels einer empirischen Auswertung von Rückrufaktionen der Jahre 1973 bis 1998, dass der durch den Rückruf
sicherheitsrelevanter Teile verursachte Unternehmenswertverlust im Vergleich zu anderen Teilen signifikant höher war.
Wartung und Recycling
Information über die Produktkonfigurationen unterstützen Wartung und Recycling.
Abgesehen von Reparaturen an der Karosserie umfassen Wartungsarbeiten die Kontrolle auf Funktionstüchtigkeit und den Austausch bzw. die Nachrüstung von Komponenten. Zur Vermeidung von Inkompatibilitäten, die insb. bei programmierbaren Elektronikteilen auftreten können, sind die Restriktionen der Fahrzeugkonfiguration zu
beachten. Beispielsweise können verschiedene Softwareversionen zur Steuerung der
rechten und linken Fensterheber zu Funktionsfehlern führen. Informationen zur Fahrzeugkonfiguration benötigen die Hersteller auch für das Recycling. Gemäß EU-Richtlinie 2000/53/EG müssen sie den Verwertungsbetrieben demontagerelevante Informationen zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren sind sie verpflichtet, wieder verwendbare bzw. verwertbare Bauteile und Werkstoffe zu kennzeichnen. Für Wartung
und Recycling besteht Informationsbedarf zur Fehlerprävention und Unterstützung
der Vorausplanung89:
• Die eindeutige Identifizierung von Bauteilen vermeidet Fehler bei der Durchführung von Wartungs- bzw. Recyclingaktivitäten.
• Konfigurationsinformationen unterstützen die präventive Wartung, Vorbereitung und Bereitstellung von Ressourcen sowie Planung der Demontage. Zum
Beispiel ermöglicht die Kenntnis über den Zustand von Teilen eine Entscheidung darüber, ob sich eine aufwendige Demontage rentiert oder eine grobe
Zerlegung und Zuführung zum Shredder sinnvoll ist [vgl. Vogel/Strassner
2004].
3.4 Status des Einsatzes von IT-Systemen
Verschiedene IT-Systeme ermöglichen die durchgängige Unterstützung des Auftragsabwicklungsprozesses in der Automobilindustrie. Während in der zwischenbetrieblichen Kommunikation EDI-(Electronic-Data-Interchange-)Systeme verbreitet sind,
integrieren auch ERP- und E-Business-Systeme zunehmend kollaborative Aufgaben.
Neuere SCEM- und RFID-Systeme unterstützen die Koordination fragmentierter Lie-
89
[Lampe et al. 2004] beschreiben ein Anwendungsszenario zum Einsatz von RFID zur Unterstützung der Qualitätssicherung und Vorausplanung in der Flugzeugwartung, das auf die Automobilindustrie übertragbar ist.
88
3 Supply Chain Management in der Automobilindustrie
fernetzwerke außerdem durch bedarfsgerechte Informationsversorgung. Die folgenden Abschnitte beschreiben Einsatzgebiete und Verbreitung dieser Systeme.
3.4.1 Auftragsabwicklung mittels EDI-, ERP- und E-Business-Systemen
In der zwischenbetrieblichen Kommunikation hat sich in der Automobilindustrie die
Verwendung von EDI durchgesetzt [vgl. Eistert 1996; Rassameethes et al. 2000]. Die
EDI-Nachrichten basieren auf dem Standard EDIFACT (Electronic Data Interchange
for Administration, Commerce and Transport), der Datenstrukturen von in der Auftragsabwicklung verwendeten Geschäftsnachrichten, wie z.B. „Lieferabruf“ oder
„Rechnung“, vorgibt. Für die Automobilindustrie existieren branchenspezifische Substandards, wie z.B. VDA und Odette-EDI. Die regionalen Unterschiede bei den verwendeten EDI-Nachrichten sind eine Ursache für Inkompatibilitäten. Die für die globale Kommunikation notwendige Unterstützung verschiedener Standards erhöht den
Kommunikationsaufwand und führt zu fehlenden oder unvollständigen Nachrichten,
die Nachbearbeitungsaufwand verursachen.90 Die zwischenbetriebliche Kommunikation wickeln Wertschöpfungspartner zunehmend mit Unterstützung von ERP- und
E-Business-Systemen ab. ERP-Systeme integrieren verschiedene betriebliche Aufgaben wie das Lagermanagement, Beschaffungsmanagement, die Buchhaltung und die
Produktionsplanung.
Als Schwachstellen nennen Unternehmen der Automobilindustrie die mangelnde Integration mit PPS-Systemen sowie Defizite bei der unternehmensübergreifenden Planung [vgl. Kuhn/Hellingrath 2002, 128 ff.]. APS (Advanced Planning Systems) bieten
als Erweiterung von ERP-Systemen neue Planungsverfahren, die in der Lage sind,
Durchlaufzeiten und Lagerbestände bzgl. mehrerer Wertschöpfungspartner zu optimieren. Die Erkennung und Behandlung von Planabweichungen ist eine Schwachstelle dieser Systeme. Eine Ursache hierfür sind die in den komplexen Liefernetzwerken der Automobilindustrie bestehenden Medienbrüche. Sie sind eine Folge heterogener Systemlandschaften und schränken die Handlungsfähigkeit durch unzureichende Informationsversorgung ein [vgl. Puschmann 2003, 20 f.]. Neuere E-BusinessSysteme nutzen die Möglichkeiten des Internet, um die Integration verschiedener Systeme zu vereinfachen. Dies führt nicht zur Verdrängung der ERP-Systeme, sondern zu
einer Erweiterung deren Reichweite. Der Aufbau von Infrastrukturen des E-Business,
die neben der Kommunikationsabwicklung weitere Funktionalitäten integrieren, unterstützt diesen Trend. In der Automobilindustrie etablierten sich bspw. nachfolgend
beschriebene Infrastrukturen.
90
Ein Automobilhersteller gibt an, dass fehlende Nachrichten wiederholt zu Verzögerungen in der werksinternen Verteilung von Lieferungen führen [vgl. Strassner/Fleisch 2003].
3.4 Status des Einsatzes von IT-Systemen
89
E-Business-Infrastrukturen in der Automobilindustrie
E-Business-Infrastrukturen unterstützen neben der Punkt-zu-Punkt- auch die Mehrpunktkommunikation (Multicasting) und beinhalten Dienstleistungen wie z.B. die
Aushandlung von Kaufverträgen und Zahlungsabwicklung. Die Nutzung elektronischer Dienstleistungen stellt Anforderungen an den Datendurchsatz und die Sicherheit
der zugrundeliegenden Kommunikationsplattform. In der Automobilindustrie erfüllt
ENX diese Anforderungen [vgl. ENX 2004]. Die Plattform ermöglicht sicheren Datenaustausch durch VPNs (Virtual Private Networks). Die Wertschöpfungspartner
verwenden ENX z.B. in der kooperativen Entwicklung sowie zum Austausch zeitkritischer Informationen in der JIS-Steuerung oder bei Videokonferenzen.
Da ein Bedarf nach Integration der IuK-, Applikations- und Prozessebene besteht,
liegt ein Schwerpunkt aktueller Entwicklung auf der Erstellung von Schnittstellen zur
Integration der verschiedenen operativen Applikationen mit ENX. Die Einbindung
von Mehrwertdiensten in ENX, die über die Kommunikation hinausgehen, ist derzeit
nicht geplant. Stattdessen sieht ein Konzept, das Unternehmen der Automobilindustrie
erarbeitet haben, die Einführung einer zusätzlichen IuK-Schicht zur Unterstützung der
Kollaboration vor [vgl. Urban/Gruener 2001]. Diese plant die Einrichtung dezentraler
Koordinationsstellen an den Schnittstellen zwischen den einzelnen Applikationen
(z.B. SCM-Planung, Transportsteuerung, Lagermanagement) und ENX. Eine zentrale
Koordinationsinstanz überwacht und steuert die dezentralen Applikationen zur Optimierung aus Perspektive des gesamten Liefernetzwerkes (s. Abbildung 3-10).
....
Hersteller
....
Produktion
Transport
1st-tier-
2nd-tier-
nth-tier-
Lieferant
Lieferant
Lieferant
Logistikdienstleister
Logistikdienstleister
Logistikdienstleister
Produktion
Transport
Produktion
Programm,
Transport-
ERP/
Manuelle
Manuelle
SCM-Planung
steuerung
SCM
Planung
Planung
Steuer-
Steuer-
Steuer-
Steuer-
Steuer-
stelle
stelle
stelle
stelle
stelle
XML
XML
XML
XML
XML
European Network Exchange
Prozesse in
der Lieferkette
....
Planungssystematik
und heutige
Systemlandschaft
Koordinierende
Steuerzentrale
Bereich der
neuen luKPlattform
XMLDatenformate
Kommunikationsnetz
als Informationskanal
Abbildung 3-10: SCM-Systeme in der Automobilindustrie [Urban/Gruener 2001, 42]
90
3 Supply Chain Management in der Automobilindustrie
Ein Beispiel einer infrastrukturbasierten Anwendung sind elektronische Marktplätze.
Sie ermöglichen registrierten Anwendern die standardisierte Aushandlung von Lieferverträgen. Hierzu stellen sie Hilfsmittel, wie z.B. elektronische Kataloge, Ausschreibungen und Bieterverfahren, zur Verfügung. Durch Transparenz von Angebot und
Nachfrage sowie die Beschleunigung des Verhandlungsprozesses unterstützen sie die
Flexibilisierung von Lieferbeziehungen. Es existieren verschiedene elektronische
Marktplätze, die sich in ihrem Funktionsumfang (z.B. Prozessabdeckung, ERP-Integration, abgedeckte Materialarten) und der Zielgruppe (Fahrzeughersteller, Zulieferer
verschiedener Wertschöpfungsstufen) unterscheiden [vgl. Straube 2004, 202 f.].91 Die
in diesem Abschnitt genannten Ansätze zur Systemintegration enthalten keine Lösung
zur Flexibilisierung des Abweichungsmanagements. SCEM-Systeme sollen diese Lücke schließen.
3.4.2 Supply Chain Event Management
SCEM ist einerseits ein Managementkonzept und andererseits eine Software (oder
Softwarekomponente), die dieses Konzept unterstützt [vgl. Otto 2003]. Als Managementkonzept basiert SCEM auf dem Prinzip des „Management by Exception“ (Führung durch Abweichungskontrolle) [vgl. Bittel 1964]. Die Zielsetzung dieses Modells
ist, die Führungsebene dadurch zu entlasten, dass untergeordnete Stufen bis zum Erreichen vorgeschriebener Toleranzgrenzen selbstständig entscheiden und handeln.
Dementsprechend ist die Aufgabe von SCEM-Systemen, die Relevanz von Statusmeldungen des Liefernetzwerkes für potenzielle Empfänger zu bewerten und diese nur an
Stellen weiterzuleiten, die sie für eine Entscheidung benötigen. Beispielsweise ist der
Empfänger einer Lieferung nur daran interessiert, dass diese zum vereinbarten Zeitpunkt bei ihm eintrifft, jedoch nicht, ob unterwegs Verzögerungen auftreten, so lange
der LDL diese durch Maßnahmen, wie z.B. die Durchführung von Express- oder Extrafahrten, ausgleicht.
Die Entwicklung von SCEM-Systemen fördernde Faktoren sind steigende Komplexität von Liefernetzwerken, Informationsbarrieren zwischen den einzelnen Wertschöpfungspartnern, die teilweise durch Medienbrüche zwischen IT-Systemen begründet
sind, die viele Unternehmen aber auch zum Schutz (vermeintlich) wettbewerbsrelevanter Daten bewusst aufrechterhalten, und wachsende Dynamik von Prozessveränderungen [vgl. Bretzke et al. 2002, 29]. Zu den Herausforderungen bei der Implementierung von SCEM-Systemen gehört die Versorgung mit zuverlässigen Informationen.
Ein erster Schritt in diese Richtung sind T&T-Systeme.
91
Beispiele etablierter elektronsicher Marktplätze in der Automobilindustrie sind Covisint (www.covisint.com)
und SupplyOn (www.supplyon.com).
3.4 Status des Einsatzes von IT-Systemen
91
Tracking&Tracing-Systeme als Vorstufe zu SCEM-Systemen
T&T-Systeme verwalten aktuelle und historische Status-Informationen von Lieferungen. Statusinformationen beziehen sich auf den Ort, Zustand (z.B. die Temperatur)
oder einen definierten Prozessschritt (z.B. den Lieferstatus). Verschiedene Definitionen verstehen unter Tracking die Ortsverfolgung bzw. Bereitstellung aktueller Statusinformationen und unter Tracing die Rückverfolgbarkeit [vgl. van Dorp 2002, 25].
Unterscheidungsmerkmale von T&T-Systemen beziehen sich auf die verwalteten Daten, z.B. die erfassten Attribute oder die Hierarchiestufe des Materialflusses, bis zu
der eine Erfassung erfolgt (z.B. Lieferung oder Einzelteil), die Reichweite, d.h. ob das
System nur in abgegrenzten Bereichen oder global zur Verfügung steht, sowie die
Organisationsform, die zentral oder dezentral ist [vgl. Stefansson/Tilanus 2000]. Bedarf nach T&T-Systemen haben insb. Unternehmen, bei denen Lieferungen zeitkritisch bzw. deren Liefernetzwerke komplex und deshalb störanfällig sind und die gesetzlichen Nachweispflichten unterliegen. In seltenen Fällen ist eine permanente Aktualisierung der Ortsinformation bzw. eine lückenlose Überwachung der Lieferung
sinnvoll. Ausnahmen bilden z.B. Transporte von Gütern mit hoher Wertdichte oder
verderblichen Gütern.
Viele LDL betreiben eigene T&T-Systeme, um einerseits selbst den Status von Lieferungen zu überwachen und zu steuern, und andererseits, um diese Informationen
den Kunden als Dienstleistung zur Verfügung zu stellen. Dabei sind die Unternehmen
auf Angaben von beauftragten Transportunternehmen oder T&T-Systeme anderer
LDLs angewiesen. Die Konsequenz ist, dass T&T-Daten lückenhaft oder fehlerhaft
sind. Nach Angaben eines LDLs sind ca. 30 % der Statusinformationen in seinem
T&T-System nicht aktuell oder fehlerhaft [vgl. Fleisch et al. 2004a]. In der Automobilindustrie konzentrieren sich Projekte zur Überwachung und Steuerung des Liefernetzwerkes derzeit auf die Zulieferer und Hersteller, während Ineffizienzen im Transport, z.B. wegen mangelnder Auslastung von Transportmitteln, weiterhin bestehen
[vgl. Homrich 2003]. In abgeschlossenen logistischen Systemen, z.B. zur Überwachung der Lieferungen von ausgewählten Zulieferern sind zunehmend sog. aktive
T&T-Systeme im Einsatz, die z.B. bei Eintritt definierter Ereignisse automatisch Benachrichtigungen erzeugen. Damit erfüllen sie ein Gestaltungsprinzip von SCEMSystemen.
SCEM-Systeme: Auf dem Weg zum Echtzeitmanagement im Liefernetzwerk
Während traditionelle T&T-Systeme zwar Visibilität vermitteln, indem sie Informationen über das Liefernetzwerk zur Verfügung stellen, benötigen Anwender jedoch viel
Zeit, um die für sie relevanten Informationen, z.B. mögliche Störungen, zu erkennen.
Um eine bedarfsgerechte und individualisierte Informationsversorgung zu ermöglichen, implementieren SCEM-Systeme Filterregeln und überwachen das Liefernetz-
92
3 Supply Chain Management in der Automobilindustrie
werk nach dem Regelkreisprinzip. Zu diesem Zweck erfüllen SCEM-Systeme die folgenden Aufgaben [vgl. Otto 2003, 5]:
• Sammeln von Planungs- und Statusdaten an den Stationen des Liefernetzwerks
• Dokumentation der Planungs- und Statusdaten an zentraler Stelle, sodass diese
allen Entscheidungsträgern zugänglich sind
• Analyse der Statusinformationen anhand vordefinierter Regeln zur Feststellung
von kritischen Planabweichungen
• Entscheidungen bei kritischen Planabweichungen, die zur Lösung möglicher
Folgeprobleme beitragen
• Entscheidungsumsetzung durch Versorgung maschineller oder menschlicher
Akteure mit Informationen zur Entscheidungsunterstützung
• Lernen durch Feedback über die Wirkung der vorgeschlagenen Handlungsempfehlungen
SCEM-Systeme haben Auswirkungen auf die Prozessgestaltung von Unternehmen,
insb. auf das Qualitätsmanagement von Prozessen und die operative Planung. Verschiedene Nutzeneffekte entstehen für Hersteller und LDL (s. Tabelle 3-3).
Nutzeneffekte aus Sicht des Herstellers
- Vorausinformationen zur Unterstützung der
Produktionsplanung
- Reduzierung der Fehlerfolgekosten durch
Verkürzung der Reaktionszeiten
- Vermeidung von Produktionsausfällen wegen fehlender Teile
- Zuordnung von Transportschäden zu Verursachern
- Reduzierung von Wartezeiten am Wareneingang
- Höhere Mitarbeiterproduktivität durch Automatisierung von Prozessüberwachung
und -dokumentation
- Prozessautomatisierung (z.B. ereignisgesteuerte Auslösung von Folgeprozessen)
- Reduzierung der Sicherheitsbestände
- Qualitätskontrolle des LDLs
Nutzeneffekte aus Sicht des LDLs
Höhere Kundenbindung
Höhere Termintreue
Vermeidung von Versandfehlern
Abwehr von Schadensersatzansprüchen
Informationen zur Prozessoptimierung
Höhere Mitarbeiterproduktivität durch Automatisierung von Prozessüberwachung und
-dokumentation
- Reduzierung von Lagerbeständen
- Qualitätskontrolle beauftragter Transportunternehmen
-
Tabelle 3-3: Nutzeneffekte von T&T- und SCEM-Systemen
[Bretzke et al. 2002, 6; Nissen 2002, 479 f.]
3.4 Status des Einsatzes von IT-Systemen
93
Damit SCEM-Systeme funktionieren, müssen die Wertschöpfungspartner aktuelle Informationen über die Bestände bereitstellen. Des Weiteren setzen Implementierung
und Betrieb von SCEM-Systemen die Definition von Regeln voraus, die Handlungsanweisungen bzgl. des Auftretens bestimmter Situationen festlegen, z.B. Nachbestellungsregeln. Die automatische Behandlung von Abweichungen setzt voraus, dass die
Partner über anzuwendende Regeln zuvor Vereinbarungen getroffen haben. Eventuelle Konflikte bzgl. der Verteilung eines hierdurch entstehenden zusätzlichen Aufwandes erschweren den Aufbau von SCEM-Systemen. Ein Beispiel ist die Zuweisung
von Kosten, falls das System über die Durchführung einer Expresslieferung entscheidet. Ein SCEM-System ist dann am wirkungsvollsten, wenn es zu möglichst vielen
auftretenden Situationen Handlungsanweisungen besitzt, die eine automatische Lösung des Problems ermöglichen. Zu diesem Zweck hat der Arbeitskreis „Supply
Chain Monitoring“ Anforderungen für die Gestaltung von SCEM-Systemen in der
Automobilindustrie erarbeitet [vgl. Odette 2003]. Das Problem fehlender Informationen lösen diese nicht. Im Gegenteil: Sie verlangen noch mehr und zuverlässigere Informationen. RFID-Systeme können die Bereitstellung dieser Informationen unterstützen.
3.4.3 RFID-Systeme
Die Mehrzahl europäischer Fahrzeughersteller hat praktische Erfahrungen mit RFIDSystemen gesammelt [vgl. Fleisch et al. 2004b]. 75 % der in der empirischen Studie
des Autors interviewten Unternehmen besitzen operative Anwendungen und ebenso
75 % haben Pilotanwendungen durchgeführt. 58 % der Befragten besitzen Konzepte
für zukünftige RFID-Anwendungen, die sie bisher weder pilotiert noch operativ umgesetzt haben (s. Abbildung 3-11). Die Betrachtung der operativen Anwendungen
zeigt, dass es sich hierbei ausschließlich um geschlossene Systeme (Closed Loop),
z.B. in der Produktionssteuerung oder im Behältermanagement, handelt. Dies ermöglicht in den meisten Fällen die Wiederverwendung der RFID-Chips. Ein Beispiel ist
die Überwachung des Produktionsfortschrittes. Bei dieser Anwendung ist ein Transponder an dem fertig zu stellenden Fahrzeug oder am Montageträger befestigt. Der
Transponder dient der automatischen Identifikation an den einzelnen Fertigungsstationen und erleichtert die Bereitstellung der für dieses Fahrzeug benötigten Konfigurationspläne. Im Bereich des Asset Managements verwenden Unternehmen RFID-Systeme z.B. zur Verfolgung von Gabelstaplern, Aufliegern oder Spezialbehältern. Beispielsweise hat VW Spezialgestelle mit Transpondern ausgestattet. Mittels einer selbst
entwickelten Software kann der Fahrzeughersteller jederzeit den Standort der entsprechend ausgerüsteten Behälter bestimmen. Mithilfe dieser Anwendung konnte VW den
Behälterbestand bei gleich bleibender Behälterverfügbarkeit reduzieren.
94
3 Supply Chain Management in der Automobilindustrie
58%
Konzept
Pilot
75%
Pilot
Operativ
75%
Operativ
0%
20%
2
Konzept
40%
60%
80%
Anteil von Unternehm en m it m indestens
einer RFID-Aktivität m it diesem Status
4
Asset Management
(Ladungsträger)
3
5
5
7
0
Lokale Prozesse
(Produktion,
Lagermanagement)
3
Globale Prozesse
(Liefernetzw erk)
9
5
10
15
20
Anzahl von RFID-Aktivitäten in
verschiednene Annw endungsbereichen
Abbildung 3-11: Aktuelle RFID-Aktivitäten in der Automobilindustrie
Die Anzahl der operativen Anwendungen (16) ist niedrig. Dies zeigt, dass RFID in
der Automobilindustrie eher die Rolle einer Spezialanwendung anstatt einer Standardlösung besitzt. Die aktuellen Aktivitäten deuten nicht darauf hin, dass viele Unternehmen das Konzept der Einführung von RFID über das gesamte Liefernetzwerk, ähnlich
zum Handel, verfolgen. Nur sechs RFID-Aktivitäten beziehen sich auf den Einsatz
von RFID in unternehmensübergreifenden Prozessen, wie z.B. das Tracking von Autoreifen von der Herstellung bis zur Fahrzeugproduktion.
Motivation für den Ausbau von RFID-Systemen
Alle in der empirischen Studie befragten Unternehmen sehen eine mögliche Effizienzsteigerung operativer Prozesse als wichtigsten Treiber für den Einsatz von RFID-Systemen [Fleisch et al. 2004b]. Zwar gibt kein Unternehmen an, dass bzgl. der Prozessqualität ein dringender Handlungsbedarf besteht, einzelne Beispiele zeigen jedoch,
dass dies nur wegen aufwendiger manueller Qualitätssicherungsmaßnahmen der Fall
ist. Zum Beispiel gibt ein Hersteller von Achsen an, dass ihm durch manuelle Sortierung entsprechend der Sequenzvorgaben des Fahrzeugherstellers und Kontrolle Kosten in Höhe von 20 Euro pro Achse entstehen. Automatisierte Erfassungsvorgänge
mittels RFID könnten in diesem Fall dazu beitragen, die Prozessqualität effizienter zu
sichern.
Die befragten Unternehmen bewerten die Potenziale von RFID für verschiedene
Einsatzbereiche unterschiedlich (s. Abbildung 3-12) [vgl. Fleisch et al. 2004b, 15 ff.].
Elf der zwölf befragten Unternehmen streben zumindest langfristig die Realisierung
globaler Tracking&Tracing-Anwendungen an. Genauere Daten über den Status von
Lieferungen sollen dazu beitragen, dass die Unternehmen früher auf unerwartete Ereignisse, z.B. Verspätungen von Lieferungen, reagieren können. Dadurch erhoffen sie
sich Einsparungen bei der Bearbeitung solcher Ereignisse und bei den Fehlerfolgekosten. So können bspw. die Werke ihre Produktionspläne noch rechtzeitig anpassen oder
auf anderem Weg Nachschub beschaffen. Auch die Zulieferer profitieren von genauen
3.4 Status des Einsatzes von IT-Systemen
95
Informationen über den Lieferstatus. Eine automatische Mitteilung über den erfolgten
Wareneingang beim Kunden ermöglicht es ihnen, die Rechnungsstellung automatisch
folgen zu lassen.
Tracking&Tracing
Lokale Logistikanw endungen
Behältermanagement
Produktionskontrolle
Kundendienst
Sicherheit
0
1
2
3
4
5
0 - Unw ichtig 5 - Sehr w ichtig
Abbildung 3-12: Priorisierung von RFID-Anwendungen [Fleisch et al. 2004b]
Der Einsatz von RFID für lokale Anwendungen zur Verbesserung von Lieferkette und
Produktion besitzt für die befragten Unternehmen zwar auch eine hohe Priorität, ist
aber durchschnittlich weniger wichtig als das Tracking&Tracing. Sie erwarten insb.
Effizienzsteigerungen beim Wareneingang, beim Lagermanagement und in der Distribution. Zur Kennzeichnung von Warenlieferungen verwendet die Automobilindustrie
standardisierte Warenanhänger aus Papier (z.B. GTL). Mitarbeiter am Wareneingang
ordnen die eintreffenden Lieferungen dem zuvor per EDI empfangenen Lieferschein
zu. Eine exakte Qualitäts- und Mengenkontrolle führen sie nur in seltenen Fällen
durch. Die Folge ist, dass Fehler erst im Rahmen der Lagerbestandskontrolle bzw.
beim Lagerabruf auffallen. Eine mittels RFID automatisierte Vollständigkeitskontrolle, zumindest auf Behälter- oder Packstückebene, kann die Wareneingangsbuchung
beschleunigen und Bestandsabweichungen im Lagermanagement vermeiden helfen.
In der Produktion, die heute bereits einen sehr hohen Automatisierungsgrad besitzt,
sehen sechs Unternehmen Potenziale zur Verbesserung des Konfigurationsmanagements und bei der Durchführung von Qualitätskontrollen während des Zusammenbaus. Eine Verbesserung des Konfigurationsmanagements lässt sich durch eine automatisierte Dokumentation der Produktion erreichen. Insbesondere bei sicherheitsrelevanten Teilen, wie z.B. Airbags und Prallschutzelementen, ist ein korrekter Einbau
wichtig und die Dokumentation des Einbaus teilweise gesetzlich vorgeschrieben. Sind
die entsprechenden Teile mit RFID-Chips gekennzeichnet, können an den Arbeitsstationen montierte Lesegeräte den Einbau automatisch erfassen. Zur Sicherstellung der
96
3 Supply Chain Management in der Automobilindustrie
Rückverfolgbarkeit und für den Fall eines Rückrufs ist es hilfreich, wenn Informationen
über Serien- bzw. Chargennummern der verbauten Teile fahrzeugbezogen vorliegen.
Acht der befragten Unternehmen erwägen den Einsatz von RFID-Systemen im Behältermanagement oder besitzen bereits operative Anwendungen in diesem Bereich. Die
Automobilindustrie setzt verbreitet Mehrwegbehälter ein. Sowohl bei den teuren Spezialbehältern als auch bei den standardisierten Gitterboxen und den Kleinladungsträgern tritt ein Schwund von 5–8 % pro Jahr auf. Bei den hochwertigeren Behältern,
etwa ab einem Preis von 100 Euro, entstehen einem Automobilwerk Kosten für die
Ersatzinvestitionen für verschwundene Behälter in Höhe von mehreren Millionen Euro. Als weiteren Grund für das Tracking der Transportbehälter mittels RFID nannten
vier Unternehmen die Möglichkeit, auf diese Weise indirekt den Inhalt der Behälter
verfolgen zu können.
Verschiedene Anwendungen von RFID sind auch im Bereich des Kundendienstes,
z.B. in der Wartung oder beim Recycling, und bei Sicherheitsanwendungen, z.B. zur
Fälschungssicherheit, denkbar. Einige Unternehmen sehen zwar in diesen Bereichen
ein Verbesserungspotenzial, kein Unternehmen bezeichnete allerdings derartige Projekte als wesentlichen Treiber der aktuellen RFID-Aktivitäten. In diesen Bereichen
sind mögliche Anwendungsszenarien weniger bekannt und der zusätzliche Nutzen
von RFID im Vergleich zu anderen Technologien oder organisatorischen Maßnahmen
unklar. Beispielsweise stellen sich Hersteller die Frage, wie ein RFID-System die Fälschungssicherheit ihrer Produkte verbessern kann, während die Verwendung von Seriennummern oder Hologrammen wegen leichter Nachahmbarkeit und mangelnder
Kontrollmöglichkeiten bisher wenig erfolgreich waren.
Herausforderungen
Unternehmen der Automobilindustrie nennen verschiedene Gründe für die zögerliche
Umsetzung von RFID-Anwendungen [vgl. Fleisch et al. 2004b, 19 ff.]. Für 75 % der
befragten Unternehmen ist der fehlende Wirtschaftlichkeitsnachweis der wichtigste
Hinderungsgrund. Dies trifft insb. für offene RFID-Systeme zu, bei denen Transponder nicht mehrfach verwendet werden. Für Anwendungen wie etwa die Erfassung von
Warenanhängern oder traditionellen Produktkennzeichnungen liefert RFID keinen
nennenswerten Vorteil gegenüber dem Barcode bzw. der Preis für RFID-Chips ist zu
hoch. Solche Anwendungen rentieren sich allenfalls dann, wenn mehrere Partner der
Wertschöpfungskette RFID verwenden. Für diesen Fall müssen sich die beteiligten
Unternehmen auf Modelle zur Kostenverteilung entsprechend der realisierten Nutzeneffekte einigen, da die Kosten für die Kennzeichnung eines Produkts zunächst beim
Hersteller anfallen. Nachgelagerte Partner in der Wertschöpfungskette benötigen hingegen nur Infrastrukturinvestitionen, um von RFID zu profitieren.
3.4 Status des Einsatzes von IT-Systemen
97
Kooperative Prozesse wie das SCM lassen sich dann effizient mit IT gestalten, wenn
es Standards zum Datenaustausch oder sogar eine gemeinsame Infrastruktur gibt. Dies
trifft auch für den Einsatz der RFID-Technologie in offenen logistischen Systemen zu,
wie z.B. bei der Teileverfolgung. Elf der zwölf befragten Unternehmen bewerten
Standards als notwendige Voraussetzung oder zumindest förderlich für ihre RFIDAktivitäten. Derzeit stehen regional unterschiedliche Frequenzbänder für die Nutzung
von RFID zur Verfügung, wobei eine Vereinheitlichung unterwegs ist. Bezüglich der
Datenhaltung ist zu klären, inwieweit es sinnvoll ist, Daten dezentral am Objekt zu
speichern oder über eine gemeinsame Infrastruktur zur Verfügung zu stellen.
Bei den befragten Unternehmen scheiterten RFID-Projekte in der Vergangenheit, weil
entweder die RFID-Technologie generell oder das im konkreten Fall ausgewählte
System den Anforderungen nicht gerecht wurde. Zum Beispiel gaben drei Unternehmen an, dass sie Versuche zum Einsatz passiver RFID-Systeme für die automatische
Erfassung von Großbehältern durchgeführt haben, die gemessene Fehlerrate allerdings zu hoch für eine operative Umsetzung der Lösung war. In zwei weiteren Pilotanwendungen erwiesen sich RFID-Systeme als unverlässig bei der Pulkerfassung von
Einzelteilen. Die infrage kommenden Transponder waren entweder zu groß für die
Kennzeichnung der Einzelteile oder erreichten nicht die gewünschte Erfassungsreichweite. Jeweils acht Unternehmen gaben an, dass sie mit der erzielten Erfassungsreichweite, insb. bei metallischem Umfeld, und mit dem Integrationsaufwand in die
bestehende Systemlandschaft nicht zufrieden sind. Durch Erfahrung im Umgang mit
der Technologie und Berücksichtigung von Standards können die Anwender derartige
Probleme vermeiden.
Die Integration mit der bestehenden IT-Infrastruktur, welche die Anwender heute
selbst leisten müssen, wollen Softwareanbieter zukünftig mittels Standardsoftware erleichtern [vgl. Gillert 2004; SAP 2004]. Anfangs haben die für die Einführung von
RFID Verantwortlichen die mögliche Beeinträchtigung der Privatsphäre von Mitarbeitern und Kunden vernachlässigt. Mittlerweile haben sich einschlägige Organisationen, z.B. der Verein FoeBuD92, des Themas angenommen und weisen öffentlichkeitswirksam auf die Gefahren der RFID-Technologie für den Datenschutz hin. Mitarbeiter in den Unternehmen könnten befürchten, dass die Unternehmensleitung die mittels
RFID-Systemen gewonnenen Daten zur Überwachung ihrer Arbeitsleistung verwenden. Dies verlangt von den Verantwortlichen, dass diese alle Betroffenen in die Planung von RFID-Anwendungen einbeziehen.
92
www.foebud.org
98
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
RFID-Systeme unterstützen die Integration des physischen Materialflusses mit ITSystemen und schaffen hiermit Voraussetzungen für effiziente sowie lückenlose Kontrolle und Steuerung. Sie ermöglichen die Implementierung einer Geschäftslogik, die
auf Entscheidungs- und Aktionsregeln basiert und so z.B. eine individuelle Bearbeitung logistischer Einheiten ermöglicht (vgl. Abschnitt 2.3.3). Dieses Kapitel entwickelt ein Modell, das erklärt, in welchen Situationen RFID einen Nutzen bewirkt
und wo die wirtschaftlichen und technologischen Grenzen des Einsatzes liegen. Das
Erklärungsmodell setzt die in der Koordinationstheorie beschriebenen Auswirkungen
erster zweiter und dritter Ordnung in Beziehung zu Faktoren, die den Einsatz von
RFID beschränken, wie etwa Kosten oder Verbreitungsgrad der Technologie, und erklärt hierdurch, welche Anwendungen wirtschaftlich sinnvoll sind.93 Um die Anwendbarkeit der Koordinationstheorie zu zeigen, begründet folgender Abschnitte, dass
RFID eine Koordinationstechnologie ist, indem er den möglichen Beitrag der Technologie zur Unterstützung der Koordinationsinstrumente Integration, Automatisierung
und Dezentralisierung zeigt (s. Abbildung 4-1). Im Anschluss an die Darstellung der
Koordinationseffekte befasst sich der letzte Abschnitt aus Perspektive lokaler Anwendungen und aus SCM-Perspektive mit dem Mehrwert von RFID. Die subjektive Werteinschätzung des RFID-Einsatzes beeinflusst die Ausbreitung und damit auch die
Auswirkungen der Technologie. Ein möglicher Mehrwert misst sich an ihrem Beitrag
zur Bewältigung der im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen Herausforderungen im SCM der Automobilindustrie.
Unterstützung
der Koordination
durch RFID
-Integration
-Automatisierung
-Dezentralisierung
Effekte erster Ordnung
Substitution manueller
Koordination
Effekte zweiter Ordnung
Netzwerkanwendungen
Bewertung der
Anwendungen
-Lokale Anwendung
-SCM-Anwendung
Effekte dritter Ordnung
Prozessreorganisation
Abbildung 4-1: Auswirkungen von RFID und deren Bewertung
93
Das Modell erklärt die Ausprägung von Effekten erster zweiter oder dritter Ordnung situativ und nicht als
eine vorgegebene zeitliche Reihenfolge. Beispielsweise sind Effekte erster Ordnung keine Voraussetzung für
Effekte dritter Ordnung.
4.1 RFID als eine Koordinations- und Integrationstechnologie
99
4.1 RFID als eine Koordinations- und Integrationstechnologie
RFID-Systeme sind Komponenten einer übergeordneten SCM-Systemarchitektur.
Diese integriert interorganisatorische SCM-Systeme mit lokalen SCM-Applikationen
und Schnittstellen-Systemen (s. Abbildung 4-2). Zentrale SCM-Systeme führen Planungs- und Kontrollaufgaben zur Koordination von Prozessen im Hinblick auf die Erhöhung der Performanz des gesamten Liefernetzwerkes aus. Sie steigern den Automatisierungsgrad verschiedener Aufgaben wie z.B. Ressourcenzuteilungen, Bedarfsplanungen oder den Informationsaustausch. Zur Unterstützung lokaler Aufgaben wie etwa Lagermanagement oder Produktion existieren dezentrale SCM-Applikationen,
bspw. Lagermanagement- oder PPS-Systeme. Diese automatisieren Teilaufgaben wie
z.B. die Lagerbestandsüberwachung oder die Maschinenbelegungsplanung.
Zentrale
Steuerung
SCMSysteme
unterstützen
Automatisierung
Globale Prozesse
(z.B. SCM, CRM)
Integration
(EAI-Technologien)
Dezentrale
Steuerung
Koordination/
Integration
unterstützen
Applikationen
(z.B. WMS, PPS) Automatisierung
Lokale Prozesse
(z.B. Lagermanagement,
Produktionssteuerung)
Integration
(z.B. RFID,
Sensoren,
Aktoren)
Reale Welt
Koordination
(Regeln)
Objekte und Zustände
EAI: Enterprise Application Integration
Abbildung 4-2: Metamodell zur Koordination und Integration im SCM94
Zwischen globalen zentral gesteuerten Prozessen und lokalen dezentral gesteuerten
Prozessen besteht wegen wechselseitiger Abhängigkeiten Koordinationsbedarf. Zum
Beispiel ist eine übergeordnete Planung der Produktionsmengen in einem Wertschöpfungsnetz nur mit Kenntnis der lokalen Lager- und Maschinenkapazitäten möglich.
Gleichzeitig stellen die auf zentraler Ebene getroffenen Entscheidungen Vorgaben für
dezentrale Systeme dar. Beispielsweise muss das Lagermanagementsystem entsprechend den Vorgaben der Produktionsplanung disponieren. EAI-(Enterprise-Application-Integration-)Technologien unterstützen die Koordination zwischen unterschiedlichen Applikationen. Hingegen erfüllen Auto-ID-Systeme die Funktion einer
94
Dieses Modell ist an das in Abschnitt 2.3.1 beschriebene SCM-Aufgabenmodell angelehnt, berücksichtigt
neben Ebenen der planenden und ausführenden IT-Systeme aber auch die Ebene der realen Welt zur Gestaltung der betrieblichen Informationsverarbeitung.
100
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
Schnittstelle zur realen Welt, die aus einer Ansammlung von Objekten mit Zuständen
besteht. Sie unterstützen die Koordination von Ressourcen, z.B. bei der Ausführung
eines Dispositionsauftrags.
Zur Einordnung von RFID als Koordinationstechnologie ist zu zeigen, dass die Technologie den Koordinationsaufwand verringert. Dies können RFID-Systeme auf drei
Arten (vgl. Abschnitt 2.1.3): Erstens ermöglichen RFID-Systeme eine Steigerung der
Integrationstiefe von betrieblichen Informationssystemen und der realen Welt. Den
betrieblichen Informationssystemen stehen in der Folge mehr und genauere Informationen zur Verfügung, die sie bei unterschiedlichen Koordinationsentscheidungen unterstützen. Zum Beispiel kann ein Flottenmanagementsystem die Auslastung der Flotte umso besser steuern, je mehr Informationen über Standorte und Stati einzelner
Fahrzeuge vorliegen. Zweitens lassen sich Vorgänge automatisieren, bspw. der
Check-in eines LKWs, den ein Erfassungsgerät am Verladeterminal automatisch anhand seiner Transponderkennung identifiziert, sodass die Auslösung von Folgevorgängen, wie z.B. die Entladung des LKW, ohne Verzögerungen (automatisch) erfolgen kann.95 Drittens ermöglichen Transponder die Verteilung entscheidungsrelevanter
Informationen bis zu den physischen Objekten des Materialflusses und unterstützen
hiermit die Dezentralisierung in der Entscheidungsfindung bzw. Selbstorganisation in
logistischen Systemen. Die folgenden Abschnitte beschreiben, auf welche Weise
RFID-Systeme die Koordinationsmechanismen Integration, Automatisierung und Dezentralisierung direkt bzw. indirekt unterstützen (s. Tabelle 4-1).
Koordinationsinstrument
Koordinationseffekte im SCM
Integration
- Sinkender Kommunikationsaufwand
- Bessere Entscheidungsqualität
- Bessere Planungsqualität
- Substitution realer durch virtueller Aktivitäten
Automatisierung
- Vermeidung manueller Aktivitäten
- Vermeidung von Verzögerungen
- Vermeidung von Fehlern und deren Folgekosten
Dezentralisierung
- Entlastung zentraler Steuerungsinstanzen
- Höhere Anpassungsflexibilität
Tabelle 4-1: RFID-gestützte Koordinationsinstrumente und deren Auswirkungen
95
Eine entsprechende RFID-Anwendung betreibt z.B. das schweizerische Handelsunternehmen Migros [Lampe
et al. 2005].
4.1 RFID als eine Koordinations- und Integrationstechnologie
101
4.1.1 Informatorische Integration
Integration beseitigt Medienbrüche und erleichtert die Kommunikation zwischen Systemen. In den vergangenen Jahren haben Unternehmen ihre SCM-Systeme zunehmend entlang der Wertschöpfungskette (horizontal) und zwischen administrativen und
dispositiven Systemen (vertikal) integriert. Eine weiter gefasste Betrachtung der vertikalen Integration bezieht auch die materiellen Ressourcen als Integrationsgegenstand
der betrieblichen Informationsverarbeitung mit ein. Demnach ist die Integrationstiefe
von SCM-Systemen ein Gradmesser für die Integration mit der realen Welt.
Entwicklungstrend der Integration
Die Einführung von ERP-Systemen in der ersten Hälfte der 90er-Jahre bedeutete einen Fortschritt auf dem Weg der Integration betrieblicher Informationssysteme. ERPSysteme bilden Geschäftsprozesse sowohl innerhalb der Hauptfunktionsbereiche eines Unternehmens (z.B. Buchhaltung, Logistik, Produktion) als auch über die Bereiche hinweg (z.B. Synchronisation der Fakturierung mit der Auftragsabwicklung) ab
und automatisieren diese zumindest teilweise. Während die Integrationsreichweite
dieser Systeme auf das Unternehmen begrenzt ist, unterstützen heutige E-BusinessApplikationen und Web Services eine effiziente Kommunikation zwischen Unternehmen und die Kollaboration [vgl. Scheer 1994; Alt et al. 2002]. Mobile Computer und
smarte Dinge ermöglichen außerdem eine bessere Integration betrieblicher Ressourcen im Sinne der Integrationstiefe (s. Abbildung 4-3). Die Integrationstiefe ergänzt
die Potenziale der Integrationsreichweite. Zum Beispiel sind die gemeinsame Planung
und Produktion in Liefernetzen nur auf Grundlage zuverlässiger Informationen effizient durchzuführen, wie z.B. die Bewirtschaftung eines Lagers beim Kunden durch
den Hersteller („Vendor Managed Inventory“) [vgl. Werners/Thorn 2002].
ERP-Systeme
E-Business-Systeme
Entwicklungspotenzial
durch Integrationstiefe
Flexible
Fertigung
Lagermanagement
BRessourcen
ARessourcen
Integrationstiefe
CRessourcen
Insellösungen
Informationstechnologien
Smarte
Dinge
Mobile
Computer
Asset
Management
Teileverfolgung
Entwicklungsstand der betrieblichen
Informationsverarbeitung
Client/Server
Mainframe
Funktion
Abteilung
Unternehmen
Netzwerk
Integrationsreichweite
Abbildung 4-3: Integration betrieblicher Informationssysteme [Fleisch 2001, 187]
102
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
In einzelnen Funktionsbereichen wie etwa der Produktion ist die Integrationstiefe sehr
ausgeprägt. Sensoren erfassen den Zustand von Produktionsanlagen und Werkstücken
und leiten die Daten an das PPS-System weiter. Das folgende Fallbeispiel verdeutlicht
den Stand der Integrationstiefe, den einige Fahrzeughersteller in der Produktion erreicht haben, am Beispiel der Montage des Geländewagens „Cayenne“ bei Porsche.
Fallbeispiel: Integration realer Produktionsabläufe mit IT-Systemen bei Porsche
Der Automobilhersteller Porsche96 produziert im Werk Leipzig jährlich ca. 25.000 Geländewagen des Typs Cayenne. In der Montagehalle durchläuft jedes zu fertigende
Fahrzeug mehrere Fertigungsstationen. An jeder Fertigungsstation erfolgt zuerst die
Identifikation des Fahrzeugs mittels RFID. Das Erfassungsgerät meldet die IDs an das
PPS-System, dass dann den Status von Fertigungsaufträgen aktualisiert. Gleichzeitig
sendet das System die für die Bearbeitung notwendigen Daten, z.B. Stücklisten und Arbeitsschritte, an die Stationen. Die für die Monteure relevanten Informationen zeigt ein
Terminal an. Dort quittieren die Arbeiter Arbeitsschritte oder erfassen Störungsmeldungen, falls z.B. ein Zulieferteil fehlt oder qualitativ minderwertig ist. Die mit Sensoren
ausgerüsteten Fertigungsmaschinen protokollieren den Ablauf der Fertigung und schicken die Daten an das PPS-System. Hier stehen deshalb jederzeit aktuelle Informationen zur Verfügung. Zum Beispiel ist bzgl. einzelner Schrauben abrufbar, ob diese angezogen sind. Die detaillierten Informationen verwendet Porsche zur schnellen Identifikation und Behebung von Störungen sowie zur Dokumentation der Produktkonfiguration.
In anderen Bereichen besteht noch Entwicklungspotenzial zur Steigerung der Integrationstiefe durch den Einsatz mobiler Computer bzw. smarter Dinge. Beispielsweise
arbeiten Unternehmen häufig mit unzuverlässigen Lagerbestandsinformationen. Mit
Ausnahme einiger vollautomatisierter Lager erfolgt die Lagerbestandsführung durch
manuelle Ein- und Ausgangskontrollen. Dabei verwenden Mitarbeiter auch tragbare
Computer zur Bestandsführung und Inventur [vgl. Kurbel et al. 2003]. Die im Rahmen von Inventuren aufgedeckten Bestandsdifferenzen deuten auf Ungenauigkeiten
bei Ein- und Ausgangskontrollen hin. Der Integrationsgrad unternehmensweit eingesetzter mobiler Produktionsmittel, wie z.B. Behälter, Transportmittel und Werkzeuge,
ist gering. Asset-Management-Systeme erfassen nur typenbezogene Bestandsdaten,
nicht jedoch einzelne Gegenstände [vgl. Lampe/Strassner 2003]. Eine Ausnahme bilden Transportfahrzeuge, die mittels GPS-Systemen mit Flottenmanagementsystemen
integriert sind. Der Materialfluss ist ebenfalls nur in einem geringen Detaillierungsgrad in Informationssystemen abgebildet. T&T-Systeme verfolgen zwar einzelne Lieferungen, allerdings bestehen Mängel bei der Genauigkeit (z.B. Abbildung bis auf
Einzelteileebene) und Aktualität (seltene oder vergessene Updates).
96
www.porsche.de
4.1 RFID als eine Koordinations- und Integrationstechnologie
103
Beitrag von RFID-Systemen zur Integration
RFID ist eine Schlüsseltechnologie zur Integration der realen Welt mit betrieblichen
Informationssystemen (vgl. Abschnitt 2.4.3). In Verbindung mit einer Auto-ID-Infrastruktur, die weitere Services zu den identifizierten Objekten bereitstellt, lassen sich
Services wie der Abruf der Objekthistorie, Zustandsüberwachung oder die Ortsverfolgung realisieren. Diese Services benötigen Daten bzgl. des Objekts und seines Kontexts. Zum Beispiel benötigt ein T&T-System zur Statusaktualisierung mindestens die
Objektkennung und die Ortsinformation des Erfassungsgeräts. Weitere evtl. benötigte
Informationen, z.B. den Lieferschein, kann das T&T-System aus Datenbanken abrufen. RFID-Systeme ermöglichen auch die Speicherung von Daten am Objekt. Dies ist
z.B. dann sinnvoll, wenn eine durchgängige Infrastrukturabdeckung fehlt oder diese
unzuverlässig ist [vgl. Das/Harrop 2001, 104 f.]. Beispielsweise kommt es bei der
Warenannahme zu Verzögerungen, wenn Lieferscheininformationen, die vorab per
EDI übermittelt sein sollten, nicht verfügbar sind (vgl. Abschnitt 3.4.1). Die Speicherung der Lieferscheindaten auf einem RFID-Chip kann zwar dieses Problem beheben,
verursacht aber andere Probleme. Daten auf dem Chip können z.B. inkonsistent mit
den Stammdaten im System sein, z.B. wegen Fehlern bei der initialen Speicherung
der Daten oder während der Transportabwicklung vergessener Aktualisierungen. Außerdem sind auf dem Chip gespeicherte Daten nur mittels aufwendiger kryptographischer Verfahren gegen unerlaubten Zugriff zu schützen.
Bei ausschließlicher Betrachtung der Identifikationsfunktion von RFID-Systemen lassen sich vier unterschiedliche Gestaltungsdimensionen bestimmen, die den Integrationsgrad bzw. die erreichbare Informationsgranularität bzgl. des Liefernetzwerkes bestimmen (s. Abbildung 4-4):
• Ebene des Materialflusses. Transponder können auf verschiedenen Ebenen des
Materialflusses zum Einsatz kommen. Eine höhere Transportschicht aggregiert
jeweils mehrere Objekte des Materialflusses der unteren Schicht. In der Automobilindustrie lassen sich z.B. die Transportschichten Ladungsträger (Ebene
3), Packstück (Ebene 2) und Einzelteil (Ebene 1) unterscheiden. Der Einsatz
von RFID auf Einzelteilebene ermöglicht den höchsten Integrationsgrad.
• Einbezogene Objektarten. Der Mehrwert eines Systems zur Verfolgung von
Gütern ist von deren Kritizität für den Wertschöpfungsprozess abhängig. Die
Bewertungskriterien sind abwendungsabhängig und können z.B. der Aufwand
für die manuelle Datenerfassung, Fehlerfolgekosten oder die Nützlichkeit der
Daten für Services sein [vgl. Lampe et al. 2005]. Basierend auf diesen Kriterien lässt sich entsprechend einer ABC-Analyse eine Priorisierung der Objektarten des Materialflusses vornehmen.
104
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
• Infrastrukturabdeckung. Die Häufigkeit der Aktualisierung bestimmt die Genauigkeit der Statusangaben in Informationssystemen. Für viele Anwendungen
wie bspw. die Auftragsverfolgung ist eine Aktualisierung an bestimmten Kontrollpunkten, z.B. bei Waren- (und Gefahren-) Übergängen, ausreichend. Eine
ständige Überwachung erfordern hingegen smarte Lagersysteme (smart shelves) [vgl. Fleisch et al. 2002a].
• Zuverlässigkeit der Erfassung. SCM-Applikationen stellen unterschiedliche
Anforderungen an die Zuverlässigkeit der Informationsversorgung. Eine nahezu 100 %ige97 Zuverlässigkeit ist z.B. bei der Versandkontrolle notwendig,
insb. wenn diese mit einer Abrechnungsfunktion verknüpft ist. Hingegen verwenden einige Applikationen Zusatzinformationen, um zumindest die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit von Daten einzuschätzen. Ist z.B. die Zusammensetzung einer Lieferung zum Zeitpunkt des Versands bekannt, kann ein
T&T-System die Vollständigkeit der Lieferung vermuten, selbst wenn an späteren Kontrollpunkten der Lieferkette durchgeführte Pulkerfassungen einzelne
Bestandteile der Lieferung nicht erfassen [vgl. Brusey et al. 2003].
Infrastrukturabdeckung
vollständig
Kontrollpunkte
Insel
Ebene des
Materialflusses
Zuverlässigkeit
Produkt
Packstück
Ladungsträger
99,9%
A-Ressourcen
B-Ressourcen
C-Ressourcen
Einbezogene Objektarten
Abbildung 4-4: Integrationsleistung von RFID-Systemen [vgl. Fleisch 2005]
97
Dem liegt die Annahme zugrunde, dass eine 100 %ige Zuverlässigkeit in der Praxis nicht erreichbar ist.
4.1 RFID als eine Koordinations- und Integrationstechnologie
105
Eine weitere mögliche Gestaltungsdimension ist die Reichhaltigkeit der Daten (information richness [Evans/Wurster 1997, 73 f.]), die durch die Erfassung zusätzlicher
Attribute, wie z.B. Objekteigenschaften, oder Kontextdaten entsteht. Falls sich der
Einsatz des RFID-Systems auf die Identifikationsfunktion beschränkt, ist die Datenreichhaltigkeit ein indirekter Effekt, der erst durch Verknüpfung der Objektidentifikation mit Daten aus der Infrastruktur entsteht. Hingegen haben die hier nicht berücksichtigten Sensorsysteme direkte Auswirkungen auf die Datenreichhaltigkeit.
Auflösung von Koordinationsproblemen durch Integration
Informationen über Systemzustände, z.B. zur Identifikation von Koordinationsproblemen und Abschätzung von Folgen möglicher Koordinationsmaßnahmen sind die Voraussetzung für die Auflösung von Koordinationsproblemen. RFID-Systeme ermöglichen die Bereitstellung von aktuellen und vollständigen Informationen über das Liefernetzwerk. Bei vollkommener Integration des zur Beschreibung des Liefernetzwerkes relevanten Ausschnitts der Realität kann eine Abstraktion von der Datenbereitstellung erfolgen, da in diesem Fall das Informationssystem direkten Zugriff auf Zustände
der realen Welt besitzt.98 In dem oben beschriebenen Fallbeispiel trägt die Fahrzeugkarosserie einen Transponder, den ein Erfassungssystem bei der Ankunft in der Produktionshalle erfasst. Folglich sind Karossen im Moment ihrer Ankunft auch im PPSSystem präsent. Die verfügbare Information über die reale Welt in betrieblichen Informationssystemen unterstützt Koordinationsmaßnahmen auf verschiedene Arten:
• Sinkender Kommunikationsaufwand. Integrierte Systeme vermeiden Schnittstellen sowie Medienbrüche und senken deshalb die Kosten der Kommunikation [vgl. Fleisch 2000, 131 ff.].
• Bessere Qualität der Planung. Das SCM setzt Planungsverfahren in verschiedenen Bereichen zur vorausschauenden Vermeidung von Koordinationsproblemen ein, z.B. im operativen Bereich zur Bedarfs-, Absatz- oder Maschinenbelegungsplanung, im strategischen Bereich zur Prozess- und Erfolgsplanung.
Die Ergebnisgüte typischer Planungsverfahren wie bspw. Simulationen oder
Trendextrapolationen hängt von der Anzahl und Qualität der zur Verfügung
stehenden Daten ab.
• Bessere Qualität von Entscheidungen. Häufig erfordern auftretende Koordinationsprobleme eine umgehende Behandlung, z.B. Maschinenbelegungskonflikte, kritische Lagerbestände oder festgestellte Qualitätsmängel. In diesem
Fall unterstützen relevante Informationen, wie z.B. die Ursache von Qualitäts-
98
Dies beschreibt die Vision des Echtzeitmanagements mit der Vermeidung von „Datenstapeln“
[Fleisch/Österle 2004, 11].
106
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
mängeln, die Entscheidungsfindung.99 Die Verfügbarkeit aller notwendigen Informationen ermöglicht die Übertragung der Entscheidungsfindung von
menschlichen auf maschinelle Entscheidungsträger (Automatisierung).
• Substitution realer durch virtuelle Aktionen. Die Verwendung des Abbilds realer Objekte in Informationssystemen anstatt der Originale zur Durchführung
von Aktionen vermeidet Aufwand. Zum Beispiel ist es einfacher, den Standort
eines Containers im System abzurufen, als ihn auf einem Werksgelände zu suchen. Die Verwendung virtueller Lieferscheine vermeidet den Aufwand des
Ausdruckens, Anbringens und Einlesens.
4.1.2 Steigerung des Automatisierungsgrades
Integrationsreichweite und die Integrationstiefe von SCM-Systemen schaffen die Voraussetzungen für eine Steigerung des Automatisierungsgrades von Prozessen des
SCMs. Die Literatur definiert Prozessautomatisierung als Anteil der Maschinenunterstützung von Prozessen und unterscheidet zwischen Voll- und Teilautomatisierung
[Mertens 2001, 4].
• Vollautomatisierung bedeutet, dass kein menschlicher Aufgabenträger an der
Prozessausführung beteiligt ist, z.B. Tätigkeiten von Fertigungsautomaten.
• Bei der Teilautomatisierung sind einige Prozessschritte vollautomatisiert, während andere Schritte manuelle Bearbeitung erfordern, z.B. die computergestützte Auftragsbearbeitung.
Fortschritte in der automatisierten Fertigung sind auf den Einsatz von Informationstechnologien zurückzuführen (s. Abschnitt 2.3.3). Die früher häufig geäußerte These,
der Einsatz von IT-Systemen würde lediglich bestehende Strukturen durch Rationalisierung effizienter, aber gleichzeitig starrer machen, verkennt das Potenzial von Informationstechnologien, bestimmte organisatorische Lösungen überhaupt erst zu ermöglichen [vgl. Frese/von Werder 1989, 12]. Beispielsweise ermöglichte der Einsatz von
IT in der Fahrzeugproduktion die kundenindividuelle Massenfertigung. Andererseits
ist die Auswahl eines für den Anwendungszweck passenden Automatisierungsgrades
entscheidend für deren Nützlichkeit. Zum Beispiel rentiert sich der Einsatz eines vollautomatisierten Lagersystems erst bei einem hohen Auslastungsgrad. Bei niedriger
Auslastung kann eine Teilautomatisierung, z.B. unter Verwendung von RFID, sinnvoll sein. Die Prozessgestaltung stellt eine Grenze des Anwendungsgebiets der Automatisierung dar. Automatisierung betrifft vor allem die operative Umsetzung der in
der Prozessplanung festgelegten Abfolge von Arbeitsschritten. Betriebliche Informa99
Die Informationsökonomie behandelt den Wert von Information zur Unterstützung von Entscheidungen ausführlich.
4.1 RFID als eine Koordinations- und Integrationstechnologie
107
tionssysteme können hier mit vordefinierten Regeln eine begrenzte Flexibilität ermöglichen [Burr 1998, 320 f.]. Beispielsweise automatisieren Workflow-Automation-Systeme auf Grundlage von Geschäftsprozessdefinitionen (z.B. in BPML) den dynamischen Einsatz von verfügbaren IT-Applikationen zu deren Unterstützung [vgl.
Kirchmer/Scheer 2004, 8 ff.]. Um Möglichkeiten und Grenzen der Automatisierung
von Prozessen im Hinblick auf die Flexibilität darzustellen, eignet sich die Verwendung von Regelkreisen als Gestaltungselement der Prozessmodellierung.
Flexible Automatisierung durch Regelkreissteuerung
Verschiedene Autoren schlagen die Verwendung der Regelkreissteuerung im SCM
vor, z.B. zur Qualitätsregelung in operativen Prozessen [vgl. Held et al. 1990; Götte
1996], zum Controlling [vgl. Zäpfel/Piekarz 1996] oder zur Umsetzung des Pull-Prinzips in der Fertigung [vgl. Wildemann 1997, 146 f.] (s. Abschnitt 2.2.3). In diesen
Konzepten umschließt je ein Führungsregelkreis einen oder mehrere Prozessschritte.
Die Flexibilität der Regelkreissteuerung entsteht durch die frei definierbaren Regeln.
Beispielsweise kann ein Regelkreis den Lagerbestand so steuern, dass bei Unterschreitung eines Mindestbestandes automatisch eine Nachbestellung erfolgt. Jeder
Aktivität lassen sich mehrere Regeln der Form „Wenn Prozesszustand X eintritt
(Messung), dann führe die Aktion Y aus (Steuerung)“ zuordnen.
Regeln
Messung
Steuerung
: Informationsfluss
: Materialfluss
Aktivität
Input
Output
Abbildung 4-5: Die geregelte Aktivität als Gestaltungselement von Prozessen
Eine durchgängige Automatisierung lässt sich erreichen, wenn die Regelkreise erstens
„geschlossen“, d.h. sowohl Messung und Steuerung automatisch mittels Sensoren
(bzw. RFID-Systemen) und Aktoren erfolgen, und zweitens untereinander vernetzt
bzw. integriert sind (s. Abbildung 4-6). Bei horizontal vernetzten Regelkreisen ist das
Ergebnis einer Aktivität gleichzeitig der Input für eine Folgeaktivität. Zum Beispiel
ist die Bereitstellung eines passenden Ladungsträgers die Voraussetzung für den
Transport von Lieferungen. Die Auswahl der durch ein Regelkreissystem zu regelnden Aktivitäten legt die Prozessgestaltung fest. Bei einer vollständigen Automatisierung, ist jede Aktivität, die ein messbares Ergebnis erzeugt, geregelt. Auf diese Weise
ist eine Sicherstellung der Qualität des Ergebnisses bzgl. der durch das Messsystem
überprüften Eigenschaften möglich. RFID-Systeme stellen hierfür Identifikations- und
Ortsinformationen bzgl. der Objekte des Materialflusses automatisch zur Verfügung
und tragen hiermit zur Schließung von Regelkreisen bei. Vertikal vernetzte Regelkrei-
108
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
se befinden sich auf unterschiedlichen Stufen der Entscheidungshierarchie (zentral,
dezentral). Die Aufgabe der übergeordneten Regelkreise ist die Kontrolle und Steuerung der untergeordneten Regelkreissysteme. Sie analysieren die Funktionsweise und
Leistungsfähigkeit der untergeordneten Systeme und können Konflikte zwischen verschiedenen Regelkreissystemen auslösen und deren Regeln anpassen. Falls bspw. fehlende Lieferteile häufig die Einhaltung der Produktionsplanung verhindern, kann ein
übergeordnetes Regelkreissystem die Bestellmengen anpassen.
: Informationsfluss
: Materialfluss
Regeln A
Regelkreissystem 1
Regelkreissystem 2
Regelkreissystem 3
Regeln 1
Regeln 2
Regeln 3
Messung
Steuerung
Messung
Aktivität 1
Input
Steuerung
Messung
Aktivität 2
Output Input
Steuerung
Aktivität 3
Output Input
Output
Abbildung 4-6: Horizontal und vertikal vernetzte Regelkreise
Auflösung von Koordinationsproblemen durch Automatisierung
Während Integration Voraussetzungen für mögliche Nutzeneffekte im SCM schafft,
bewirkt Automatisierung eine direkt messbarere Steigerung der Prozesseffizienz.
Demgegenüber stehen die Kosten für die Einrichtung der Regelkreise. Kosten verursachen z.B. die menschlichen und maschinellen Aufgabenträger, welche die Überwachung und Steuerung durchführen. Außerdem verlangen Regelkreissysteme eine
gründliche Vorausplanung zur Aufstellung angemessener Regeln [vgl. Burr 1998,
312 ff.]. Sonst steigt die Wahrscheinlichkeit, dass unvorhergesehene Situationen zu
einer Störung führen, die menschliches Eingreifen bzw. Nachbearbeitungsaufwand erfordert. Die Grenzen der Automatisierung mit Regelkreisen liegen demnach in der
Beschreibbarkeit von Prozessen durch Regeln. Eine Maschine erreicht deshalb nicht
die Flexibilität von Menschen [Aggarwal 1995, 21]. Bei hierarchischen Regelkreisbeziehungen nimmt die Komplexität des Regelsystems zu, sodass die Gefahr unvollständiger Regelsysteme besteht. Als Konsequenz können Situationen eintreten, für die
keine adäquate Regel definiert ist. Zum Beispiel wenn durch Verzögerungen in der
Kommunikation eine Nachricht über die Änderung der Auftragsbearbeitungsprioritä-
4.1 RFID als eine Koordinations- und Integrationstechnologie
109
ten bei dezentralen Regelkreissystemen zu unterschiedlichen Zeiten ankommt. Dies
bedeutet, dass der Aufwand zur Gestaltung automatisierter Systeme steigt, während
der Koordinationsaufwand in der Ausführung automatisierter Prozesse sinkt:
• Vermeidung von Verzögerungen. Automatisierung löst Koordinationsprobleme
durch vordefinierte Regeln und vermeidet dadurch Verzögerungen. Die eingesparte Zeit reduziert den Koordinationsaufwand.
• Vermeidung manueller Entscheidungen. Bei geschlossenen Regelkreisen ist
kein menschliches Eingreifen zur Auflösung von Koordinationsproblemen notwendig. RFID-Systeme tragen zur Schließung von Regelkreisen bei.
• Vermeidung von Folgeproblemen. Durch die Überprüfung aller Prozessergebnisse leiten regelkreisgesteuerte Prozessketten keine fehlerhaften Ergebnisse
weiter, die an späterer Stelle zu Folgeproblemen führen können.
• Eliminierung von Prozessschritten. Prozesse werden dadurch effizienter, dass
Prozessschritte, wie z.B. das Suchen nach der Lösung eines Koordinationsproblems oder zusätzliche Qualitätskontrollen, entfallen können. Die Kosten sinken durch die reduzierte Komplexität [vgl. Vanberg 1994, 112].
4.1.3 Dezentralisierung von Entscheidungen
Aufgaben des SCM lassen sich den hierarchischen Ebenen „strategisch“ und „operativ“ zuordnen (s. Abschnitt 2.3.1). Auf diesen Ebenen existieren weitere Hierarchiestufen, z.B. auf der operativen Ebene Produktionsleiter, -meister und –monteur. Eine
erweiterte Betrachtung schließt auch Gegenstände, wie z.B. Werkzeuge oder Güter, in
diese Hierarchie ein. Die Dezentralisierung von Entscheidungen wird durch eine Übertragung von Entscheidungskompetenz auf dezentrale Aufgabenträger möglich, was
die Fähigkeit und Legitimation zur Entscheidungsdurchführung voraussetzt („Empowerment“) [Champy 1995, 131]. Dezentralisierung ermöglicht eine Organisationsstruktur, die ohne ausgeprägte vertikale Integration auskommt. Statt Tätigkeiten detailliert zentral festzulegen und deren Ausführung schrittweise zu überwachen, räumt
Dezentralisierung operativen Organisationseinheiten Freiräume bei der Gestaltung
ihrer Aktivitäten ein.100 In der Automobilfertigung führte z.B. die Einführung von
Teamarbeit und die Übertragung von Ergebnisverantwortung an die „autonomen“
Teams zu einem höheren Dezentralisierungsgrad („koordinierte Autonomie“)
[Scherer 1996, 112 ff.]. Die Kanban-Fertigung setzt z.B. das Prinzip der Dezentralisierung um, indem eine übergeordnete Steuerungsinstanz lediglich der letzen Arbeitsstation die Menge des Outputs vorschreibt und die vorderen Arbeitsstationen je-
100
[Sjurts 1998] stellt in diesem Zusammenhang die Frage „Kontrolle ist gut, ist Vertrauen besser?“
110
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
weils ihre Bedarfe (Steuerungsinformation) den Vorproduzenten mitteilen (s.
Abbildung 4-7).
Materialfluss
Steuerung
Informationsfluss
Steuerungsfluss
Station 1
Station 2
Station 3
Abbildung 4-7: Dezentrale Steuerung beim Kanban-Verfahren
Viele Unternehmen verwenden ein Konzept, das zwar dezentrale Entscheidungen
weitgehend zulässt, aber nur in Verbindung mit zentraler Kontrolle. In diesem Fall ist
die vertikale Integration eine Voraussetzung der Dezentralisierung, da ohne Kontrollmöglichkeit auch keine Kompetenzübertragung erfolgt. Zur Beurteilung der Auswirkungen von RFID-Systemen auf die Dezentralisierung ist ihr Einfluss auf die Fähigkeit dezentraler Organisationseinheiten zur Selbstorganisation bzw. Selbststeuerung
relevant.
Selbstorganisation und Selbststeuerung
Komplexe Systeme, wie Materialfluss- oder Produktionssysteme, sind nur bis zu einem gewissen Grad zentral steuerbar und auf flexible sich selbst organisierende Einheiten angewiesen. Sie brauchen diese, um auf nicht vorhersehbare externe Einflüsse
(Dynamik), z.B. Störungen, reagieren zu können [vgl. zu Knyphausen 1991]. Der Einsatz selbstständig steuernder Einheiten reduziert aus Sicht des Managements die
Komplexität eines Systems, stellt aber gleichzeitig Anforderungen an die Entscheidungskompetenz dieser Einheiten. Eine Voraussetzung zur Erlangung von Entscheidungskompetenz ist die Versorgung mit entscheidungsrelevanten Informationen.
Diese Wechselwirkung von Informationstechnologie und Organisationsgestaltung
betrachten z.B. [Fiedler et al. 1996] und stellen einen Zusammenhang zwischen dezentraler Organisation von IT-Systemen und Entscheidungsstrukturen fest. [Eymann
et al. 2003] übertragen das Prinzip der sich selbst auf Grundlage von Preismechanismen und Signalisierung der subjektiven Wertschätzung von Gütern steuernden
Marktwirtschaft („Katallaxie“ nach [Hayek 1945]) auf dezentrale IT-Systeme des Ubiquitous Computing. Sie statten Software-Agenten mit Regeln sowie Kontexterkennung aus und zeigen, dass diese so in der Lage sind, auf Märkten selbstständig Preise
auszuhandeln.
4.2 Erster Effekt: Substitution manueller Koordination
111
Auflösung von Koordinationsproblemen durch Dezentralisierung
Die Ressourcenkoordination im SCM lässt sich als ein Verhandeln verschiedener Akteure verstehen, z.B. über die Auftragsbearbeitungsreihenfolge, die Reihenfolge der
Entladung oder den Ort der Einlagerung. RFID-Systeme unterstützen die dezentralen
Akteure bei der Erfassung des Entscheidungskontextes, indem sie ihnen die mit den
Objekten der Umgebung verknüpften ggf. in der Infrastruktur gespeicherten Daten zur
Verfügung stellen. Da die Kontexterfassung automatisiert erfolgt, können die unterstützten Einheiten auch Maschinen sein. In dem Fallbeispiel von Porsche erfolgt die
Koordination zwischen der auf einem Waggon eintreffenden Karosserie und dem mit
sich selbst in Abhängigkeit von den Positionen von Waggon und Karosserie steuernden Kran. Gleichzeitig dokumentiert das PPS-System jeden Schritt und stellt ihn für
eine zentrale Überwachung zur Verfügung.
Dezentralisierung setzt voraus, dass die für Entscheidungen notwendigen Kompetenzen beim Entscheidungsträger vorhanden sind. Die Grenzen liegen dort, wo die Bereitstellung der Kompetenzen einen den zusätzlichen Nutzen der Dezentralisierung
übersteigenden Aufwand verursacht. Beispielsweise müssen entsprechende Behandlungsroutinen (Regeln) für auftretende Aufgaben beim dezentralen Entscheidungsträger vorhanden sein. Bei vollständiger Information und der Möglichkeit ein vollständiges Modell der Wirklichkeit im IT-System abzulegen, ist die zentrale Koordination
der dezentralen überlegen [vgl. Malone/Crowston 1994]. In einem dynamischen Umfeld sind allerdings Systeme besser geeignet, die sich flexibel an einen neuen Kontext
anpassen können. Gründe für dezentrale Koordination sind:
• Entlastung zentraler Steuerungsinstanzen. Durch eine Verlagerung von zentralen Entscheidungen, bei denen häufig mehrere Hierarchiestufen involviert sind,
zu dezentralen Entscheidungen sinken die Kosten der Koordination.
• Anpassungsflexibilität. Dezentrale Entscheidungsträger sind geeignet, Veränderungen in ihrer unmittelbaren Umgebung schnell zu erkennen und situativ zu
entscheiden. Ebenso besitzen dezentrale, lose gekoppelte Einheiten größere
örtliche Flexibilität und sind so bei Bedarf an verschiedenen Orten einsetzbar.
4.2 Erster Effekt: Substitution manueller Koordination
Der Effekt erster Ordnung der Koordinationstheorie beschreibt eine Substitution herkömmlicher Koordinationsmechanismen durch den Einsatz einer neuen Technologie
(vgl. Abschnitt 2.1.3). Die folgenden Abschnitte identifizieren mögliche Nutzeneffekte für die Effizienz und Qualität dieser Prozesse, die den derzeitigen Plänen der Automobilindustrie zum Einsatz von RFID entsprechen. Dabei benennt der Text die Auswirkungen von Automatisierung und Integration auf die in Abschnitt 3.3 beschriebe-
112
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
nen kritischen Prozesse Teileversorgung, Behältermanagement und Konfigurationsmanagement. Abschließend erfolgen eine kritische Beurteilung der Potenziale und das
Aufzeigen von Grenzen.
4.2.1 Prozesseffizienz
Alle101 in der Studie [Fleisch et al. 2004a] befragten Unternehmen sehen die Steigerung der Prozesseffizienz als wichtigstes Ziel beim Einsatz von RFID-Systemen.
Durch Automatisierung können Unternehmen manuellen Arbeitsaufwand verringern,
wobei das Einsparungspotenzial durch Einführung einer neuen Technologie mit zunehmendem Automatisierungsgrad sinkt. Wenn z.B. ein Unternehmen bereits Barcode-Systeme oder automatische Lagersysteme in der Logistik einsetzt, wie z.B. die
meisten größeren Industrie- und Handelsunternehmen in Europa, kann RFID nur eine
geringe Verbesserung der Prozesseffizienz bewirken. Diese entsteht bspw. durch die
mögliche Pulkerfassung und die Vermeidung mehrfacher Etikettierungen. Deshalb
rentiert sich die Investition in RFID-Systeme für Unternehmen, die ausschließlich die
Steigerung der Prozesseffizienz betrachten, in vielen Fällen nicht.
Integrationstiefe unterstützt die Effektivität der automatisierten Datenerfassung. So
sind z.B. ungeführte Prozesse wie das Behältermanagement wegen mangelnder bzw.
mit hohem Kommunikationsaufwand verbundener Integrierbarkeit durch traditionelle
Automatisierungstechnologien bisher wenig unterstützt. Integrationseffekte entstehen
durch die Verbindung von RFID-Systemen mit Applikationen bzw. SCM-Systemen.
Sie führen zu Effizienzsteigerungen bei den Prozessen, die diese Anwendungssysteme
unterstützen. Dabei hängen die erzielbaren Effekte von der Leistungsfähigkeit der
vorhandenen Applikationen ab. Die heutigen SCM-Systeme der Automobilindustrie
enthalten bereits leistungsfähige Planungs- und Steuerungsfunktionen, deren Anwendung jedoch wegen unzureichender Informationsversorgung eingeschränkt ist. Beispielsweise setzt eine Verfügbarkeitszusage gegenüber dem Kunden (Available to
Promise, kurz: ATP) verlässliche Lagerbestandsinformationen voraus. RFID-Systeme
substituieren vorhandene Datenerfassungstechnologien und verbessern damit die Informationsversorgung. Nachfolgende Abschnitte identifizieren lokale Automatisierungs- (Steigerung der Prozesseffizienz) sowie weitere Integrationseffekte (Steigerung der Prozessqualität), die durch eine Anbindung an übergeordnete Anwendungssysteme bzgl. der Prozesse Teileversorgung, Behältermanagement und Konfigurationsmanagement entstehen.
101
12 Unternehmen aus der Automobilindustrie
4.2 Erster Effekt: Substitution manueller Koordination
113
Teileversorgung
In der Teileversorgung beschleunigt der Einsatz von RFID-Systemen verschiedene
Aktivitäten, wie z.B. Wareneingangskontrollen, Inventuren und Etikettierungen,
durch automatische Datenerfassung (Identifikation, Lokalisierung, Abruf produktbezogener Daten). Bei einigen Aktivitäten, wie z.B. der Ein- und Auslagerung oder der
Kommissionierung, ist in Verbindung mit entsprechenden Förderautomaten eine
Vollautomatisierung möglich. Inventuren können sogar ganz entfallen, wenn die Einund Ausgangsbuchungen zuverlässig erfolgen (s. Tabelle 4-2).
Aufgabe
Warenein- und -ausgang
Ein- und Auslagerung
Zuordnung Teile zu Packmittel
Inventur
Kommissionierung
Kontrolle der Sendungszusammenstellung
Etikettierung
Zollabwicklung
Lokale Automatisierungseffekte
- Automatische Datenerfassung und Warenbuchung
- Vermeidung von Verzögerungen beim Auffinden des
Lagerplatzes
- Vollautomatisierung möglich
- Vermeidung von Verzögerungen beim Beladen
- Vollautomatisierung möglich
- Vermeidung von Verzögerungen durch Pulkerfassung
- Prozessschritt kann entfallen
- Vermeidung von Verzögerungen bei der Sortierung
- Vollautomatisierung möglich
- Automatische Qualitätskontrolle
- Prozessschritt kann entfallen
- Einmalig bei der Herstellung, dann automatisch (digital)
- Prozessschritt kann entfallen
- Vermeidung von Verzögerungen bei der Zollkontrolle
Tabelle 4-2: Automatisierungseffekte in der Teileversorgung
Konfigurationsmanagement
Im Konfigurationsmanagement ersetzen RFID-Systeme manuellen Aufwand bei der
Dokumentation und der Qualitätskontrolle. Die nachträgliche Konfigurationskontrolle
kann entfallen, wenn die Qualitätskontrolle in die Dokumentation integriert ist, d.h.
während der Montage erfolgt (s. Tabelle 4-3).
Aufgabe
Dokumentation des Einbaus
Konfigurationskontrolle
Lokale Automatisierungseffekte
- Automatische Datenerfassung
- Automatische Qualitätskontrolle
- Prozessschritt kann entfallen
Tabelle 4-3: Automatisierungseffekte im Konfigurationsmanagement
114
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
Management von Produktionsmitteln
RFID-Systeme erleichtern die Überwachung von Produktionsmitteln durch automatisierte Verfolgung. Weil deshalb die Position von Produktionsmitteln stets bekannt ist,
entfällt jeglicher Suchaufwand (s. Tabelle 4-4).
Aufgabe
Behälterein- und -ausgang
Suche von Produktionsmitteln
Wartungsmanagement
Lokale Automatisierungseffekte
- Automatische Datenerfassung und Buchung
- Vermeidung von Verzögerungen beim Auffinden
- Vermeidung von Verzögerungen bei der Identifikation
von Wartungsbedarf
Tabelle 4-4: Automatisierungseffekte im Management von Produktionsmitteln
4.2.2 Prozessqualität
Prozessmanagement verfolgt neben der Steigerung der Prozesseffizienz im Sinne einer effizienten Ressourcenverwendung ebenso die Steigerung der Prozessqualität, d.h.
die Sicherstellung der Produkt- und Servicequalität102. Die Qualität des Ergebnisses
ist von der Prozessplanung und -ausführung abhängig. Das operative Prozessmanagement beinhaltet Maßnahmen zur Vermeidung und Behandlung von Fehlern, die als
Abweichungen von der Prozessplanung definiert sind. Trifft bspw. eine Lieferung mit
Teilen später als zum geplanten Zeitpunkt ein, stört dies möglicherweise den Wertschöpfungsprozess (Fehlerfolgewirkung). Zum Beispiel können die fehlenden Teile
eine Produktionsunterbrechung erfordern. Mögliche Maßnahmen zur Vermeidung
oder Reduzierung derartiger Folgewirkungen sind das Vorhalten von Sicherheitsbeständen oder die Veranlassung von Expressbestellungen. Dadurch entstehen Kosten. Das Prozessmanagement berücksichtigt bei der Planung und Durchsetzung von
Maßnahmen zur Fehlervermeidung auch diese indirekten Auswirkungen, die sog.
Fehlerfolgekosten.
Umfangreiche Maßnahmen des Fehler- bzw. Entstörungsmanagements sind insb. in
der Produktion implementiert (s. Abschnitt 2.3.2). In diesem Bereich sind Prozesse
und Soll-Ergebnisse genau spezifiziert, Abweichungen messbar und Verantwortlichkeiten festgelegt. Zunehmend besteht die Tendenz zur Fehlerprävention, anstatt reaktiver Qualitätssicherung [vgl. Wildemann 2001b, 5]. Verschiedene Strategien zur Vermeidung von Fehler und deren Folgekosten lassen sich unterscheiden:
102
Dementsprechend definieren [Elzinga et al. 1995] Business Process Management (BPM) als „systematic,
structured approach to analyse, improve, control, and manage processes with the aim of improving the quality of products and services“.
4.2 Erster Effekt: Substitution manueller Koordination
115
• Vermeidung von Fehlern durch automatisierte Qualitätskontrollen im Prozess
(an der Quelle)
• Verringerung von Fehlerfolgekosten durch verkürzte Reaktionszeiten
• Identifikation und Behebung von Fehlerquellen durch verbesserte Prozessplanung im Sinne der Fehlerprävention
RFID-Systeme können das Prozessqualitätsmanagement durch engmaschige und geschlossene Regelkreise unterstützen. Auf diese Weise verkürzen sie Reaktionszeiten
beim Auftreten von Fehlern bzw. integrieren die Qualitätssicherung in den Prozess,
wenn jede Aktivität geregelt ist. Erfolgt bspw. bei der Sendungszusammenstellung ein
automatischer Abgleich einsortierter Waren mit dem Kundenauftrag, kann ein RFIDgestütztes Kommissioniersystem mögliche Sortierfehler schon während der Einsortierung anzeigen. Die Prozessplanung kann eine Auswertung historischer Prozessablaufdaten für eine Umgestaltung des Prozesses einsetzen, um die Fehlerhäufigkeit
bzw. Störanfälligkeit zu senken. Führt z.B. die Verwechslung verschiedener Typen eines Bauteils häufig zu Störungen wie im Fallbeispiel zum Einbau von Kabelbäumen
(s. Abschnitt 1.1), kann der Einsatz einer neuen Identifikationstechnologie die Prozesszuverlässigkeit erhöhen.
Die Integrationstiefe unterstützt die Vorausplanung und damit auch die Fehlerprävention durch bessere Informationsversorgung (s. Tabelle 4-5). Integrationseffekte
ermöglichen im Konfigurationsmanagement z.B. lückenlose Rückverfolgbarkeit und
Ersatzteilbedarfsplanung, wenn entsprechende Applikationen verfügbar sind. Bei Asset-Management-Systemen unterstützen sie die Auslastungs- und Wartungsplanung.
Mit RFID ausgerüstete Transportbehälter erhöhen außerdem die Zuverlässigkeit der
Teileversorgung, da sie indirekt eine Verfolgung von Lieferungen ermöglichen.
Aufgabe
Teileversorgung
Konfigurationsmanagement
Produktionsmittelmanagement
-
Integrationseffekte
Zuverlässige Auftragsplanung
Zuverlässige Produktionsplanung
Zuverlässige Lagerbestandsplanung
Prozessoptimierung
Transportwegeoptimierung
Fehlervermeidung
Lückenlose Rückverfolgbarkeit
Zuverlässige Ersatzteilebedarfsplanung
Zuverlässige Auslastungsplanung
Zuverlässige Wartungsplanung
Zuverlässige Umlaufplanung
Sichere Teileversorgung
Tabelle 4-5: Integrationseffekte bzgl. kritischer Prozesse
116
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
Arten und Ausmaß von Fehlerfolgekosten
Ob ein Fehler zu Folgekosten führt und wie hoch diese sind ist im Voraus nicht exakt
bestimmbar. Bei den Fehlerfolgekosten handelt es sich um eine Risikovariable. Im
Folgenden bezeichnen die potenziellen Fehlerfolgekosten den Erwartungswert der
möglichen Folgekosten. Die potenziellen Fehlerfolgekosten sind umso höher, je später die Behandlung eines Fehlers im Wertschöpfungsprozess nach dessen Auftreten
erfolgt [vgl. Wildemann 2001b, 6 f.; Lee/Wolfe 2003, 14 ff.]. Beispielsweise führt ein
vor der Auslieferung entdecktes falsch eingebautes Teil bei der Automobilfertigung
zunächst zu Nachbearbeitungsaufwand für die Fehlerkorrektur. Darüber hinaus kann
sich aber auch die Auslieferung verzögern und der Kunde verärgert sein. Liefert das
Werk ein fehlerhaftes Fahrzeug aus, können Schadensersatzansprüche, teure Rückrufaktionen oder Imageschäden die Folge sein.
Hendriks und Singhal zeigen in einer empirischen Studie, dass Nachrichten über Störungen im Liefernetz von börsennotierten Unternehmen in direkter Folge zu einem
Verlust von durchschnittlich 7,5 % des Börsenwertes führten [vgl. Hendricks/Singhal
2003]. Dies zeigt, dass selbst einzelne Fehler zu sehr hohen Fehlerfolgekosten führen
können. Die Fehlerfolgekosten sind in diesem Fall stärker davon abhängig, dass überhaupt ein Fehler aufgetreten ist, als von der Anzahl der Fehler. Zudem steigt das Risiko von Fehlerfolgekosten mit der Komplexität von Liefernetzen, da unmittelbar mehrere Unternehmen durch einen Fehler betroffen sein können. Nur lückenlose Kontrolle ermöglicht eine zuverlässige Verringerung des Fehlerfolgekostenrisikos. Die Fehlerauswirkungen lassen sich in operative und strategische Fehlerfolgekosten unterscheiden (s. Tabelle 4-6) [vgl. Fröhling 1994]. Demnach lassen sich Fehler in drei Kategorien einteilen:
• Fehler ohne Folgekosten. Nicht jeder Fehler (Planabweichung) verursacht Folgekosten. Ein möglicher Grund hierfür ist die Fehlertoleranz des Systems. Enthält bspw. eine Lieferung weniger Teile als bestellt, können Sicherheitsbestände Störungen vermeiden. Liefert ein Spediteur in der falschen Reihenfolge
an, können Mitarbeiter am Wareneingang dies ggf. ohne kostenwirksamen Zusatzaufwand erkennen und korrigieren.
• Fehler mit operativen Folgekosten. Häufig sind die entstehenden Folgekosten
eines Fehlers abschätzbar, insb. wenn sie nicht zur Auslieferung eines fehlerhaften Produkts führen. Zum Beispiel führen fehlende Teile oder im Rahmen
von Qualitätskontrollen entdeckte Mängel meist lediglich zu Nachbearbeitungsaufwand. Vernachlässigte Dokumentation führt zu Nachforschungsaufwand oder Suchaktionen [Lampe et al. 2004]. In diesen Fällen besteht zwischen der Fehlerhäufigkeit und den potenziellen Fehlerfolgekosten eine annähernd proportionale Abhängigkeit.
4.2 Erster Effekt: Substitution manueller Koordination
117
• Fehler mit strategischen Fehlerfolgekosten. In einigen Fällen haben Fehler negative Auswirkungen auf den Unternehmenswert, insb. wenn sie Kunden betreffen. Hierbei ist das Überschreiten einer individuellen Toleranzschwelle bei
der Fehlerhäufigkeit mehr entscheidend als die absolute Anzahl an Fehlern.
Beispielsweise kann ein Kunde seltene Abweichungen der Liefermenge eines
Zulieferers tolerieren. Wenn dies aber z.B. vier Mal im Quartal vorkommt,
wird er dies mit einem Vertrauensentzug ahnden. In der Automobilindustrie
stellt mangelnde Produktqualität wegen des hohen Sicherheitsbewusstseins der
Kunden ein hohes Fehlerfolgekostenrisiko dar [vgl. Rupp 2004].
Operative Fehlerfolgekosten
- Spezialverpackung notwendig, weil Behälter fehlt
- Expresslieferung, weil Teilelieferung verspätet
- Nachrüstung, weil Teil fehlte
- Beschwerdemanagement
- Zusatzkontrollen, wegen unzuverlässiger
Dokumentation
Strategische Fehlerfolgekosten
- Haftungsansprüche wegen Produktmängeln
- Imageschaden wegen Produktmängeln
und Verlust von Kunden
- Unternehmenswert (Börsenkurs) sinkt wegen Imageschaden
- Breit angelegter Rückruf, weil Information
über betroffene Produkte fehlt
Tabelle 4-6: Beispiele für Fehlerfolgekosten
Potenzielle operative Fehlerfolgekosten
Potenzielle strategische Fehlerfolgekosten
z.B. Imageschaden
wegen mangelnder
Produktqualität
z.B. Nachbearbeitungsaufwand
wegen fehlender Teile
Anzahl Fehlerereignisse
Anzahl Fehlerereignisse
Abbildung 4-8: Unterschiedliche Fehlerfolgekostenpotenziale
Die Abschätzung der strategischen Fehlerfolgekosten ist im Vergleich zu den operativen durch die Höhe der Varianz erschwert. Das Ausmaß der strategischen Fehlerfolgekosten kann bei einzelnen Fehlerereignisse nahezu genauso groß sein wie bei einer
Vielzahl gleicher Fehler (s. Abbildung 4-8). Hingegen sind Fehlerfolgen im Management von Behältern meist lokal begrenzt, d.h. sie wirken sich zwar negativ auf die
Prozesseffizienz aus, allerdings lassen sich Folgeschäden durch die Verwendung von
Ersatzverpackungen vermeiden. Bei Fehlern in der Teileversorgung existieren ebenso
verschiedene Maßnahmen, die zwar Kosten verursachen, aber die Fehlerfolgekosten
minimieren, z.B. je nach Situation Expresslieferungen, Änderungen der Produktions-
118
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
reihenfolge oder Unterbrechung der Produktion. Im Überseeversand sind solche Maßnahmen teurer als bei regionalen Lieferbeziehungen. Produktionsfehler besitzen ein
hohes Fehlerfolgekostenrisiko, insb. wenn hierdurch ein Mangel in der Produktsicherheit entsteht. In diesem Fall muss der Hersteller mit gesetzlichen Strafen oder Imageverlust am Markt rechnen. Das in den vergangenen Jahren gewachsene Sicherheitsbedürfnis der Kunden führt zu einer geringen Fehlertoleranz. Die Medien informieren
die Marktteilnehmer umfassend über derartige Ereignisse, wie z.B. im nachfolgend
beschriebenen Fall des Reifenrückrufs von Bridgestone/Firestone103.
Fallbeispiel Rückruf von Reifen
In den Jahren 2000 und 2001 mussten der Reifenhersteller Bridgestone/Firestone und
der Fahrzeughersteller Ford (USA) mehr als 20 Mio. Reifen zurückrufen. Der Rückruf erfolgte in mehreren Staffeln, wobei Ford den Kreis der betroffenen Fahrzeuge
jedes Mal weiter ausdehnte.104 Die durch die Rückrufaktion entstandenen Kosten beziffert der Automobilhersteller auf mindestens 2,6 Mrd. US-$. Analysten führen den
im Verlauf der Rückrufserie erfolgten Kursrückgang der Bridgestone-Aktie von
24 US-$ auf 9 US-$ sowie einen Verlust des Marktwertes von Ford um 4 Mrd. US-$
im Wesentlichen auf dieses Ereignis zurück [vgl. Healey 2000]. Ford beendete im
Jahr 2001 die 95-jährige Partnerschaft mit Bridgestone/Firestone mit den Worten „the
basic foundation of our relationship has been seriously eroded“ [CBSNews 2004]. Die
Rückrufaktion war ein Anlass für die Verabschiedung des TREAD-Acts (Transportation Recall Enhancement, Accountability, and Documentation) der Hersteller, die
Fahrzeuge in den USA verkaufen, ab 2006 die Dokumentation der Zuordnung von
Fahrzeuggestellnummer und Seriennummern von sicherheitsrelevanten Teilen (z.B.
Reifen) vorschreibt. Michelin zitiert diesen Vorfall als Begründung für seine RFIDAktivitäten [vgl. Krazit 2004].
Eingesparte Kontrollkosten
Zu den fehlerabhängigen Kosten zählen neben den Fehlerfolgekosten auch die Qualitätssicherungskosten (oder Fehlerverhütungskosten) [vgl. Seghezzi 2003]. Eine Erhöhung des Qualitätssicherungsaufwands führt nicht immer zu einer Steigerung der
Prozessqualität. Zum Beispiel ist eine manuelle Fehlerkontrolle meist aufwendiger als
eine maschinelle. Verschiedene LDL geben an, dass sie zwar mit ihrer Prozessqualität
zufrieden sind; wohingegen ineffiziente Qualitätskontrollen ein Grund für ihre RFIDAktivitäten sind [vgl. Fleisch et al. 2004]. Möglichkeiten zur Vermeidung von Qualitätssicherungsaufwand sind die Integration der Qualitätssicherung in den Prozess
103
Firestone gehört seit 1990 zum Reifenhersteller Bridgestone, www.bridgestone.com.
104
Eine chronologische Darstellung des Rückrufs stellt [CBSNews 2004] dar.
4.2 Erster Effekt: Substitution manueller Koordination
119
sowie die Fehlerprävention durch Vorausplanung. Diese Maßnahmen tragen zur Vermeidung zusätzlicher Qualitätskontrollen bei (Fehlervermeidung statt Fehlerkontrolle). RFID-Systeme unterstützen die automatisierte und in den Prozess integrierte Qualitätskontrolle. Zum Beispiel können Zulieferer die Sendungszusammenstellung mittels RFID-Systemen überwachen. Ein weiteres Beispiel der Fehlervermeidung in der
Produktion sind sog. Pick-to-light-Anwendungen. Dabei befinden sich Bauteile, welche
die Arbeiter manuell einbauen, in speziellen Behältern, die mit einem aktiven Transponder und einer Signallampe ausgerüstet sind. Das Produktionssteuerungssystem unterstützt den Arbeiter bei der Auswahl der richtigen Bauteile, indem es den entsprechenden Behälter blinken lässt. Ein derartiges System verwendet z.B. die Firma Grupo
Antolin105 zur Qualitätssicherung bei der Produktion von Dachhimmeln [vgl. Opto
2001].
Zuverlässige Prozesse senken Qualitätssicherungskosten auch bei nachgelagerten Wertschöpfungsstufen. Falls bspw. der Fahrzeughersteller auf Qualität und Menge der Zulieferteile vertraut, kann er Kontrollaufwand am Wareneingang einsparen. Die Kenntnis
darüber, dass der Zulieferer seine Prozesse absichert und zuverlässige Informationen
über die Zusammensetzung der Lieferung bereitstellt, unterstützt diese Entscheidung.
Weitere Einsparmöglichkeiten kann der Fahrzeughersteller durch die Reduzierung von
Sicherheitsbeständen, durch stabilere Produktionspläne und im Störungsmanagement
erreichen, der Zulieferer im Beschwerdemanagement und bei Vertragsstrafen.
4.2.3 Zusammenfassung der Potenziale und Grenzen
Ein steigender Automatisierungsgrad sowie erhöhte Prozessqualität sind mögliche
Nutzeneffekte von RFID-Systemen. Sie ermöglichen mehr geschlossene Regelkreise,
z.B. bei ungeführten Prozessen. Allerdings ist die Einführung auch mit Kosten verbunden. Die Kosten von RFID-Systemen entstehen durch Transponder, die Erfassungs-Infrastruktur sowie durch Software, Integrations- und Wartungsdienstleistungen [vgl. Dunlap et al. 2003]106. RFID-Systeme sind im Vergleich zu anderen in der
Logistik eingesetzten Auto-ID-Technologien wie dem Barcode relativ teuer. Bei Anwendungen in offenen logistischen Systemen und einer großen Anzahl zu identifizierender Objekte sind die Transponder der kostenbestimmende Faktor. Ein maximaler
Grad an Automatisierung ist dann möglich, wenn alle Objekte der Lieferkette mit
Transpondern ausgestattet sind und eine dichte Infrastruktur von Erfassungsstellen
besteht. Mit zunehmendem Automatisierungsgrad steigen die hiermit verbundenen
Kosten überproportional an, da z.B. ungeführte Prozesse nur mithilfe von aufwendigen und somit teuren technologischen Lösungen, welche die notwendige Flexibilität
105
www.grupoantolin.es
106
Eine detaillierte Aufstellung erfolgt in Abschnitt 4.5.3.
120
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
unterstützen, automatisierbar sind.107 Für viele bereits hochgradig automatisierte Prozesse rentiert sich deshalb eine weitere Automatisierung zur Steigerung der Prozesseffizienz nicht.
Indem RFID-Systeme einen permanenten Abgleich realer mit geplanten Abläufen unterstützen (Regelkreismodell), besitzen sie auch bei automatisierten Prozessen ein
mögliches Nutzenpotenzial. Insbesondere bei Prozessen mit hohen potenziellen Fehlerfolgekosten, wie z.B. bei der Fahrzeugmontage, kann der Einsatz von RFID-Systemen sinnvoll sein. So ist z.B. zu erklären, warum die Produktion schon heute hochgradig automatisiert ist. Dies erklärt auch, warum z.B. Paketdienstleister durch den
Einsatz von RFID-Etiketten eine weitere Steigerung der Prozessqualität verfolgen und
bereits bei der Einführung neuer T&T-Systeme zu den Vorreitern gehörten [vgl.
Bretzke et al. 2002]. Da Kunden leicht zur Konkurrenz wechseln können, sind die
potenziellen Fehlerfolgekosten (strategische Fehlerfolgekosten) von Versandfehlern
hoch.
Abbildung 4-9 zeigt den Zusammenhang zwischen IT-Kosten, dem Arbeitsaufwand
und potenziellen Fehlerfolgekosten in Abhängigkeit vom Automatisierungsgrad. Der
dargestellte Verlauf der Kurven ist in den vorangegangenen qualitativen Überlegungen begründet und auf operative Prozesse des Materialflusses und der Produktion anwendbar. Die Kurve der potenziellen Fehlerfolgekosten stellt strategische Folgekosten
dar, weil diese die Gesamtkosten stärker beeinflussen können als operative. Der genaue Verlauf und die Lage der Schnittpunkte sind vom betrachteten Prozess abhängig.
Während der dargestellte Kurvenverlauf sich auf das oben beschriebene Fallbeispiel
des Reifenrückrufs bezieht, ist bei Betrachtung des Produktionsmittelmanagements
ein linearer Verlauf der potenziellen Fehlerfolgekosten zu wählen. Anhand der Kurven können Unternehmen überprüfen, ob die RFID-Technologie in Bezug auf den bereits erreichten Automatisierungsgrad ausreichend Verbesserungspotenzial besitzt, um
die zusätzlichen Kosten zu rechtfertigen.
Bei wenig automatisierten Prozessen, z.B. dort wo der Einsatz anderer Auto-ID-Technologien nicht funktioniert, können die Einsparungen beim Arbeitsaufwand die Kosten eines RFID-Systems übersteigen. Für diesen Fall liegt der optimale Grad der Automatisierung ohne Berücksichtigung der Fehlerfolgekosten (in Abbildung 4-9 mit
„1“ gekennzeichnet) dort, wo die Summe aus dem Arbeitsaufwand und den IT-Kosten
minimal ist. Darüber hinaus können hohe Fehlerfolgekosten einen höheren Automatisierungsgrad rechtfertigen. Der optimale Grad der Automatisierung (in Abbildung 4-9
mit „2“ gekennzeichnet) liegt dort, wo die Summe aller dargestellten Kosten minimal
ist. Demnach ließe sich der Einsatz eines RFID-Systems beispielsweise dann rechtfer-
107
Dies entspricht auch dem Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen des Faktoreinsatzes.
4.2 Erster Effekt: Substitution manueller Koordination
121
tigen, wenn lückenlose Überwachung die zuverlässige Rückverfolgbarkeit von Produkten ermöglicht, und dies zu weniger und gezielteren Rückrufaktionen führt.
Kosten
Gesamtkosten
Potenzielle
Fehlerfolgekosten
Kosten
IT-Kosten
Arbeitsaufwand
+ IT-Kosten
Arbeitsaufwand
1
2
Grad der Automatisierung
Grad der Automatisierung
Abbildung 4-9: Operative Prozesskosten in Abhängigkeit von der Automatisierung
Die Anwendbarkeit des Modells beschränkt ist auf operative und automatisierbare
Prozesse. Der Automatisierungsgrad ist zudem keine quantitativ messbare Größe und
deshalb auch nicht für einen exakten Vergleich verschiedener teilautomatisierter Prozesse geeignet. Zum Beispiel ist eine Aussage darüber, um wie viel Prozent der Automatisierungsgrad einer Barcode- im Vergleich zu einer RFID-Lösung größer ist, nicht
möglich. Eine qualitative Aussage über die Auswirkungen einer Veränderung der Prozessautomatisierung ist hingegen möglich. RFID-Systeme erhöhen den Automatisierungsgrad durch die Implementierung geschlossener Regelkreise, sind aber ohne Integration mit anderen Technologien, wie z.B. Sensoren oder Aktoren, nicht zur Umsetzung von Vollautomatisierung geeignet. Unternehmen können gemäß dem Modell
für ihre Prozesse einen möglichen Bedarf an zusätzlicher Automatisierung feststellen,
um Potenziale zur Effizienzsteigerung oder zur Steigerung der Prozessqualität zu realisieren. Wenn ein Bedarf besteht, ist zu überprüfen, ob RFID-Systeme den Automatisierungsgrad steigern können und ggf. in Verbindung mit welchen anderen Technologien (Integration) ihr Einsatz sinnvoll ist. Die Fallstudien in Kapitel 5 stellen dies
beispielhaft dar und dienen gleichzeitig als Referenzanwendungen (Best Practices).
122
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
4.3 Zweiter Effekt: Netzwerkanwendungen durch Diffusion von RFID
Der Effekt zweiter Ordnung der Koordinationstheorie beschreibt, dass Anwender eine
nützliche Koordinationstechnologie in immer mehr Anwendungen nutzen. Diese Diffusion ermöglicht Netzwerkeffekte. Wenn bspw. alle Unternehmen der Wertschöpfungskette die gleiche Auto-ID-Infrastruktur verwenden, vermeidet dies Medienbrüche und spart Kosten. Derzeitige Anwendungen sind lokale Insellösungen, die RFID
zur Kennzeichnung von hochwertigen Gütern, wie z.B. Spezialgestellen, verwenden.
Durch die Diffusion von RFID steigt die Integrationstiefe und -reichweite (s. Abbildung 4-10). Zur Steigerung der Integrationstiefe statten die Anwender mehr Objekte
mit Transpondern aus. Dabei beginnen sie mit Ladungsträgern und fahren später mit
Packstücken oder Einzelteilen fort. Bei Einzelteilen statten sie zuerst hochwertige
oder sicherheitsrelevante Teile (A-Ressourcen) wie etwa Karosserieteile, Reifen oder
Sitzgestelle mit Transpondern aus, bevor sie mit B- oder C-Ressourcen fortfahren.
Integrationstiefe
Einzelteile
Ausbreitungsrichtung
Integrationstiefe
Packstücke
C-Ressourcen
B-Ressourcen
Ladungsträger
A-Ressourcen
Integrationsreichweite
Startpunkt der
Einführung
Lokal,
geschlossen
Kollaborativ,
geschlossen
Global,
offen
Abbildung 4-10: Diffusion von RFID-Anwendungen [Strassner/Fleisch 2005]
Die folgenden Abschnitte beschreiben verschiedene Entwicklungsstufen der Integrationstiefe und -reichweite. Dabei erfolgt eine Einteilung der Objekte nach der Ebene
des Materialflusses und nach ihrer Kritizität für den Wertschöpfungsprozess. Die
Reichweite von RFID-Systemen unterscheidet zwischen lokalen und globalen bzw.
offenen und geschlossenen Anwendungen. Der darauf folgende Abschnitt erklärt die
Auswirkungen der externen Einflussfaktoren Preise, Standards und technologische
Reife auf den Einsatz von RFID. Der letzte Abschnitt zeigt einen möglichen Adoptionspfad bzgl. verschiedener RFID-Anwendungen in Abhängigkeit der externen Einflussfaktoren.
4.3 Zweiter Effekt: Netzwerkanwendungen durch Diffusion von RFID
123
4.3.1 Diffusionsrichtung Integrationstiefe
Bei einem stufenweisen Vorgehen bei der RFID-Einführung steigert die Einbeziehung
zusätzlicher Objekte die Integrationstiefe. Dies können Anwender durch die Abdeckung weiterer Ebenen des Materialflusses mittels RFID-Systemen oder die Einbeziehung von mehr Objekten auf der gleichen Ebene erreichen.
Ebene des Materialflusses
Bei einer Einteilung des Materialflusses in die (hierarchischen) Transportschichten
Ladungsträger, Packstück und Produkt bedeutet eine Ausweitung der durch RFIDSysteme abgedeckten Schichten eine Steigerung der Integrationstiefe. Die Ausstattung aller Produkte mit Transpondern ermöglicht in diesem Modell die genaueste Abbildung von Lieferungen im IT-System und den maximalen Grad an Integrationstiefe.
Entsprechend nimmt die Anzahl möglicher Anwendungen zu (s. Tabelle 4-7).
• Der Einsatz von RFID auf Ladungsträgerebene, wie z.B. auf Containern, Gestellen, Paletten oder Kleinladungsträgern (KLTs), ermöglicht das Management dieser Produktionsmittel sowie die indirekte Verfolgung von Lieferungen, bei denen die Ladungsträger als Transportmittel dienen. Eine Wiederverwendbarkeit der Transponder ist in Verbindung mit dem Ladungsträger möglich.
• Die Bildung von Packstücken, die in der Regel bis zum Empfänger als Versandeinheit bestehen bleiben, reduziert den Bearbeitungsaufwand von Lieferungen. Dabei kommt meistens Einwegverpackung zum Einsatz, d.h. eine Wiederverwendung der Transponder ist nicht ohne Zusatzaufwand für die Rückführung möglich. Der Einsatz von RFID-Etiketten unterstützt eine zuverlässige
Sendungszusammen- sowie -zustellung.
• Die RFID-Kennzeichnung von Einzelteilen, die Gegenstand des Transformationsprozesses sind, z.B. Bauteile, Komponenten, Halbfabrikate und Endprodukte, ermöglicht den höchsten Integrationsgrad. Derart ausgestattete Produkte unterstützen nicht nur die Verfolgung von Einzelteilen im Liefernetz und die Sendungszusammenstellung, sondern auch die Fälschungssicherheit, die Rückverfolgbarkeit sowie das Konfigurationsmanagement [vgl. Strassner/Fleisch 2003].
In der Praxis ist ein kombinierter Einsatz von RFID auf mehreren Transportschichten
sinnvoll. Hierbei können Ladungsträger mit teuren aktiven Transpondern ausgestattet
sein und Einzelteile mit günstigen passiven. Durch eine Erfassung der Produkte während der Verladung und Speicherung der Zuordnung zum Ladungsträger lassen sich
Lieferungen dann indirekt bis auf Produktebene verfolgen. Einen solchen Ansatz verwendet bspw. das amerikanische Militär bei der Verschiffung von Ausrüstungsgegenständen in Einsatzgebiete [vgl. Roberti 2004].
124
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
Ebene des
Materialflusses
Ladungsträger
Objekte mit Transponder
Anwendungen
- Transportfahrzeug, Auflieger
- Container, Behälter
- Palette
- Flottenmanagement (Inventur, Auslastungssteuerung, Wartungssteuerung)
- Tracking&Tracing / SCEM
- Kontrolle der Sendungszusammenstellung
- Tracking&Tracing / SCEM
- Diebstahlschutz, Echtheitsnachweis
- Kontrolle der Sendungszusammenstellung
- Inventur
- Tracking&Tracing / SCEM
Packstücke
- Mehrwegverpackung
- Einwegverpackung
Einzelteile
- Bauteile
- Ersatzteile
Tabelle 4-7: Einteilung von Objekten nach der Ebene des Materialflusses
Kritizität der Ressourcen
Die Reihenfolge der Ausrüstung von Logistikobjekten mit RFID ergibt sich aus deren
Kritizität für den Wertschöpfungsprozess. Neben der Unterscheidung der Ebenen des
Materialflusses ist eine weitere Einteilung der Objekte in A-, B- und C-Ressourcen
sinnvoll. Der erwartete Nutzen des Transponders auf einem Objekt bestimmt seine
Zuteilung zu einer Ressourcenklasse. Dementsprechend sind der manuelle Bearbeitungsaufwand für die Identifikation, Sortierung und Verarbeitung warenbegleitender
Informationen sowie Folgekosten, die aus fehlender Verfügbarkeit oder falscher Verwendung entstehen, Kriterien für die Einteilung. Beispielsweise sind sicherheitsrelevante bzw. bearbeitungsintensive Teile, wie Hinterachsen, Airbags oder Reifen, als ARessourcen einzustufen. Die Einteilung von Packstücken und Ladungsträgern in Ressourcenklassen richtet sich nach den Produkten, die ihnen im Materialfluss zugeordnet sind.
Die Bewertung der Kritizität unterstützt die Operationalisierung der Einteilung in Ressourcenklassen entsprechend einer Priorisierung für den RFID-Einsatz. Die Kritizität
von Objekten lässt sich mithilfe von kritischen Einflussfaktoren der Prozesseffizienz
und Prozessqualität bewerten. Zum Beispiel beeinflusst der einem Objekt zugeordnete
manuelle Bearbeitungsaufwand dessen Auswirkungen auf die Prozesseffizienz. Als
Kriterium des Bearbeitungsaufwandes eines Objekts verwenden [Chappell et al.
2002a, 7] die Anzahl der manuellen Arbeitsschritte. Je mehr dies sind, desto höher ist
auch das Einsparpotenzial durch Automatisierung. Zur Bewertung des möglichen Einflusses von Objekten auf die Prozessqualität lassen sich verschiedene Kriterien angeben. Diese geben einen Hinweis auf ein erhöhtes Fehlerfolgekostenrisiko:
4.3 Zweiter Effekt: Netzwerkanwendungen durch Diffusion von RFID
125
• Sicherheitsrelevanz. Qualitätsmängel bei sicherheitsrelevanten Bauteilen führen zur Gefährdung des Verwenders. Beispiele sind Airbags, Prallschutzelemente, Reifen und Achsen. Eine genaue Kontrolle und Dokumentation der
Verwendung dieser Teile ist teilw. gesetzlich vorgeschrieben und liegt zur Vermeidung von Haftungsansprüchen und Imageschäden im Interesse des Herstellers. Aus diesem Grund verlangen einige Fahrzeughersteller von Zulieferern sicherheitsrelevanter Teile die Dokumentation des Zusammenbaus in Abhängigkeit von der Seriennummer.108 Eine eindeutige und leicht zu überprüfende Kennzeichnung ist außerdem zum Erkennen von Produktfälschungen
wichtig.
• Wiederbeschaffungsaufwand. Operative Fehlerfolgekosten wegen nicht verfügbarer Teile steigen mit der Zeitdauer des Mangels bzw. den Kosten der Expressbestellung. Hohe Lieferfrequenzen verringern den Wiederbeschaffungsaufwand.
Außerdem hat die individuelle Zuverlässigkeit des Zulieferers und die Anzahl
möglicher Bezugsquellen einen Einfluss. Zu deren Beurteilung verwenden Unternehmen historische Daten. Die Bestimmung des Wiederbeschaffungsaufwandes basiert auf einer Abschätzung mehrerer Faktoren, da Störungen in der
Vergangenheit oder Zukunft evtl. Einzelereignisse darstellen.
• Schwundquote. Schwund führt direkt zu materiellem Wertverlust und kann außerdem Prozessstörungen, z.B. in der Produktion, auslösen. Hohe Schwundkosten verursachen insb. Teile mit hoher Wertdichte, wie bspw. Elektronikgeräte, und mobile Produktionsmittel, wie z.B. Behälter.
• Zeitwert. Verkürzte Produktlebenszyklen führen dazu, dass modellspezifische
Bauteile schneller an Wert verlieren. Dies gilt insb. für Elektronikteile, von denen selbst bei einer Fahrzeuggeneration mehrere Versionen zum Einsatz kommen. In geringem Ausmaß sind auch verderbliche Chemikalien betroffen, wie
sie z.B. in der Reifenproduktion zum Einsatz kommen. Zur Vermeidung von
Abschreibungen auf entsprechende Lagerbestände ist ein schneller Materialfluss vom Hersteller zum Verwender anzustreben.
Die Bildung von Kritizitätsklassen anhand o.g. Kriterien hilft Unternehmen, sich bei
einer stufenweisen Einführung von RFID zuerst auf die Teile zu konzentrieren, bei
denen der größte wirtschaftliche Nutzen zu erwarten ist. Die Priorisierung basiert auf
einer Abschätzung des möglichen Beitrags zur Erhöhung von Prozesseffizienz und –
qualität. Tabelle 4-8 ordnet einige Autoteile beispielhaft drei Kritizitätsklassen anhand
108
Beispielsweise verlangt Volvo dies für Hinterachsen.
126
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
der spezifizierten Kriterien zu. Vor der Einführung durchzuführende Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen und Pilotanwendungen beginnen mit den A-Ressourcen.
Kritizitätsklasse
A-Ressourcen
B-Ressourcen
C-Ressourcen
Objekte
Kriterien
- Motoren, Karosserieteile, Sitzge- - Hohe Sicherheitsrelevanz, hohe
stelle, Reifen, Achsen, KabelIndividualität oder schwer zu beschaffen, sehr hoher Bearbeibäume, Airbags, Bordcomputer
tungsaufwand
- Bremsbeläge, Sitzbezüge, Lenk- - Mittlere Sicherheitsrelevanz, Inräder, Stoßfänger, Armaturendividualität, Schwund und Zeitwertverlust tritt auf, Nachrüstung
brett
möglich oder einfache Beschaffung
- Schrauben, Gummidichtungen, - Regelmäßige Belieferung in
Standardbehältern (typischerGlühbirnen, Rückspiegel
weise lagerfähige Kleinteile und
Verbrauchsmaterialien)
Tabelle 4-8: Beispiel einer Einteilung von Autoteilen109 nach deren Kritizität
4.3.2 Diffusionsrichtung Integrationsreichweite
Die Reichweite eines RFID-Systems ist umso größer, je mehr aufeinander folgende
Prozessschritte es unterstützt. Eine Steigerung der Integrationsreichweite ist durch die
Ausweitung des heute vorwiegend auf geschlossene logistische Systeme begrenzten
Einsatzes von RFID auf offene Systeme zu erzielen. Ein Zwischenschritt hierzu ist die
Einrichtung kooperativer geschlossener RFID-Systeme (s. Tabelle 4-9). Die Herausforderungen beim Übergang zu offenen Systemen bestehen in der Notwendigkeit von
Standards und Modellen zur Finanzierung der Transponderkosten [Das/Harrop 2001,
160 ff.].
Reichweite
Lokal,
geschlossen
Kollaborativ,
geschlossen
Global, offen
Anwendungen
-
Produktionskontrolle
Kontrolle der Sendungszusammenstellung
Management lokal eingesetzter Produktionsmittel
Belieferung von Spezialteilen (z.B. Motoren)
Management gemeinsam genutzter Produktionsmittel (z.B. Behälter)
Tracking&Tracing / SCEM
Konfigurationsmanagement / Rückrufmanagement
Echtheitsnachweis
Management von Standardbehälterpools (z.B. KLTs)
Tabelle 4-9: Einteilung von RFID-Systemen nach der Reichweite
Bei Anwendungen in geschlossenen Systemen (auch als „Closed Loop“ bezeichnet),
bewegen sich die logistischen Objekte in einem Kreislauf mit einer gewissen Anzahl
109
Die Auflistung ist nicht vollständig.
4.3 Zweiter Effekt: Netzwerkanwendungen durch Diffusion von RFID
127
beteiligter Partner. Falls mehrere Unternehmen an dem Kreislauf beteiligt sind, müssen diese Vereinbarungen zur verwendeten RFID-Infrastruktur treffen. Diese legen
u.a. fest, welche Frequenzen bei der RFID-Kommunikation zu verwenden und in welchem Format Daten auf den Transpondern zu speichern sind. Ein Anwendungsbeispiel ist der Einsatz von RFID im Management von Spezialbehältern. Diese setzen
Unternehmen entweder werksintern oder auf Lieferbeziehungen mit einzelnen Partnern ein.
In offenen Systemen (auch als „Open Loop“ bezeichnet) lässt sich nicht vorhersagen,
ob und wann ein Objekt wieder an einen bestimmten Ort zurückkehrt. Es sind Vereinbarungen zwischen allen Beteiligten des Logistiksystems notwendig, z.B. Industriestandards und Normen. Damit alle Beteiligten profitieren, bedarf es eines Modells zur
Verteilung der Kosten, das sich an den realisierten Nutzeneffekten orientiert, um eine
Benachteiligung einzelner Unternehmen zu vermeiden, welche die Kosten für die
RFID-Kennzeichnung tragen. Beispielsweise müssen bei der Kennzeichnung von Einzelteilen mit RFID-Etiketten die Zulieferer die Kosten für die Transponder und deren
Anbringung tragen, während nachgelagerte Partner im Logistiknetzwerk von reduziertem Bearbeitungsaufwand und besserer Rückverfolgbarkeit profitieren.
4.3.3 Externe Einflussfaktoren
Die Entscheidung über die Einführung von RFID-Systemen hängt neben dem Bedarf
nach verbesserter Integration physischer Ressourcen auch von den externen Faktoren
Hardwarepreise, Standards und technologischer Reife ab (s. Abschnitt 3.4.3).
Hardwarepreise. Viele Unternehmen begründen ihre abwartende Haltung bei der Einführung von RFID-Systemen mit zu hohen Transponderpreisen im Vergleich zum erwarteten Nutzen [vgl. Gartner 2003c]. Der heutige Chippreis hängt von der Menge
des verwendeten Siliziums pro Chip, dem Produktionsverfahren und der Produktionsmenge ab. Die Realisierung von Skaleneffekten in der Produktion durch ein hohes
Produktionsvolumen, Miniaturisierung zur Senkung des Siliziumbedarfs und der Einsatz neuer Transponderarten, wie bspw. Plastiktransponder oder chiplose Transponder
[vgl. Das/Harrop 2001, 133 ff.], kann zukünftig zu weiter fallenden Preisen führen.
Die Hoffnung auf den „5-Cent-Chip“ [Sarma 2001] fördert einerseits die Diskussion
um Anwendungsmöglichkeiten, ist aber andererseits Ursache für die abwartende Haltung einiger Unternehmen. Zu den Chippreisen hinzurechnen sind auch die Kosten für
spezielle Ummantelungen (z.B. Ferrit) und Erfassungsgeräte, deren Stückpreise je
nach Ausführung zwischen 100 und 10.000 Euro liegen.
Standards. Die Berücksichtigung von Kommunikationsstandards ist eine Voraussetzung für interorganisatorische IT-Systeme [Fleisch 2000, 131 ff.]. Bei RFID-Systemen erfolgt eine Einteilung relevanter Standards in Technologie-, Applikations-, Da-
128
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
ten- und Leistungsstandards (s. Abschnitt 2.4.2). Unternehmen gestalten die Standards
durch Mitarbeit in den Standardisierungsgremien der Industrieverbände sowie der
globalen Organisationen ISO und EPCglobal.
Technologische Reife. Der Markt der RFID-Technologie ist derzeit von Produktinnovationen geprägt. Hierzu gehören bei den LF- und HF-Systemen bspw. um Spezialfunktionen erweiterte RFID-Chips, die kryptographische Verfahren oder leistungsfähige Antikollisionsverfahren unterstützen. Neuere Erfassungsgeräte steigern die
Erfassungsrate durch aufwendige Antennenkonstruktionen (z.B. Tunnellesegeräte).
Bei den UHF- und GHz-Systemen zählen passive Transponder für den europäischen
Markt sowie miniaturisierte RFID-Chips zu den Neuheiten. Erste Versionen von
Middleware-Software zur Integration von RFID-Systemen in bestehende ITSystemarchitekturen nach dem Plug&Play-Prinzip bieten zunehmend mehr Softwarehersteller an. Der technologische Fortschritt der RFID-Technologie erschwert den
Anwendern die Entscheidung für eine „beste“ Lösung.
Zusammenhang zwischen technologischer Reife, Standards und Hardwarepreis
Zwischen Hardwarepreisen, Standards sowie der technologischen Reife von RFIDSystemen besteht eine gegenseitige Abhängigkeit. Eine Beeinflussung der Faktoren
setzt die Mitwirkung der Anwender voraus (s. Abbildung 4-11). Die Anwender definieren Standards bzw. Normen durch Mitarbeit in den entsprechenden Gremien. Dort
findet ein Interessenausgleich zwischen Anforderungen von Anwendern, Technologieanbietern und ggf. weiterer Betroffener unter Berücksichtigung bestehender
Normen – nicht nur technischer, sondern auch sozialer, wie z.B. zum Datenschutz
oder zur Gesundheitsverträglichkeit – statt. Eine verfügbare Technologie gilt als
„reif“, wenn sie die von den Anwendern als notwendig erachteten Anforderungen erfüllt. Ebenso wie die technologische Reife ist für den ökonomisch handelnden Anwender der Preis eine Voraussetzung für die Akzeptanz der RFID-Technologie. Der
Preis wiederum ist von der Nachfrage bzw. der Akzeptanz beim Anwender abhängig.
Technologische
Reife
Akzeptanz beim
Anwender
Sinkende Preise
Standards/
Normen
Abbildung 4-11: Einflussfaktoren der Diffusion von RFID
Die Diffusion anderer Infrastrukturtechnologien, wie z.B. von EDI, des Internet, des
Mobilfunks oder von Web Services, lässt sich in ähnlicher Weise charakterisieren.
Die Literatur beschreibt in diesem Zusammenhang verschiedene Maßnahmen, die zur
4.3 Zweiter Effekt: Netzwerkanwendungen durch Diffusion von RFID
129
Ausbreitung von Infrastrukturtechnologien beitragen, die sich auf RFID-Systeme anwenden lassen [Premkumar et al. 1994; Rogers 1995; Weitzel 2003]:
• Einführung bei Lead Usern. In der Automobilindustrie können die fokalen
Fahrzeughersteller oder Mega-Lieferanten zu Promotoren von RFID-Anwendungen im Liefernetzwerk werden. Durch erfolgreiche Pilotanwendungen und
ihren Einfluss auf die Gestaltung von SCM-Standards motivieren sie andere
Unternehmen, ebenfalls RFID-Systeme einzusetzen. Auf diese Weise haben
bspw. die Großhändler Metro und Wal*Mart die Einführung von RFID im
Handel initiiert [Buss 2004].
• Einführungsstrategien zum stufenweisen Vorgehen. Die schrittweise Realisierung von Ausbaustufen von RFID-Systemen senkt das Investitionsrisiko und
ermöglicht die Ausweitung des RFID-Einsatzes bei technologischen Innovationen und sinkenden Preise [Strassner/Fleisch 2005].
• Technologieanbieter-Push. Die Verfügbarkeit von RFID kann Auslöser kundenorientierter Prozessinnovationen sein [Gassmann/Fleisch 2003]. Die Technologieanbieter unterstützen diese Art der technologiegetriebenen Innovation
durch Marketingmaßnahmen wie etwa die Entwicklung von Anwendungsszenarien, Durchführung von Informationsveranstaltungen sowie die Unterstützung von Pilotanwendungen. Sie rechtfertigen die Finanzierung durch Antizipierung des erwarteten Marktanteils. Die Pilotanwender profitieren hiervon, da
die Technologieanbieter einen Teil des Investitionsrisikos übernehmen.
Je mehr Anwender RFID-Systeme einsetzen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit,
dass auch andere Unternehmen die Technologie einführen. Erreicht die Anzahl der
Anwender eine „kritische Masse“, erfolgt die weitere Adoption von RFID nachfragegetrieben. Die Literatur beschreibt in diesem Zusammenhang den Lock-in-Effekt, der
eine Situation darstellt, in der eine Gruppe von Anwendern eine bestimmte (Infrastruktur-)Technologie nutzt. In diesem Fall sind die Kosten eines Wechsels (Switching Costs) eine Barriere, die den Wechsel zu einer anderen Technologie verhindert,
selbst wenn diese ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweist [Shapiro/Varian
1999, 103 ff.]. Dieser Erkenntnis folgend steht RFID in Konkurrenz zu anderen AutoID-Technologien, sowohl etablierten, wie dem Barcode, als auch neueren, wie z.B.
2D-Codes. So lange RFID nicht den Status einer „Standardtechnologie“ zur automatischen Identifikation erlangt, besteht ein Risiko bzgl. der weiteren Ausbreitung. Erst
bei einer kritischen Masse von Anwendern entsteht ein Lock-in, der Unternehmen
dazu veranlasst, RFID in mehr Bereichen einzusetzen und den Ausbau der Infrastruktur voranzutreiben. RFID wird dann zunehmend zur Commodity.
130
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
4.3.4 Zusammenfassung der Potenziale und Grenzen
Die Ausbreitung von RFID-Systemen erfolgt bedarfs- und marktorientiert durch Erhöhung der Integrationsreichweite und -tiefe. Die Ebenen des Materialflusses und die
Anzahl der Teilearten, die ein RFID-System abdeckt, bestimmen die SCM-Systemen
zur Verfügung stehende Informationsgranularität bzgl. des physischen Materialflusses
(Integrationstiefe). Die Anzahl von Unternehmen des Liefernetzwerkes, die ein RFIDSystem verwenden, um Aufgaben des SCMs zu unterstützen, bestimmt die Integrationsreichweite. Eine Entwicklung von RFID-Systemen gemäß diesen beiden Ausbreitungsrichtungen ist prinzipiell unabhängig voneinander möglich. Allerdings ist
eine Ausstattung einer großen Anzahl an Teilen mit RFID ausschließlich für lokale
Nutzung nicht rentabel. In diesem Fall ist die mehrfache Verwendung, d.h. entweder
die Wiederverwendung der Transponder oder der Einsatz an mehreren Stellen des
Liefernetzwerks, eine Voraussetzung für die Wirtschaftlichkeit. Der Grad der Ausbreitung hängt nicht nur vom Bedarf nach mehr Integration ab, sondern auch von den
externen Einflussfaktoren Technologische Reife und Standards sowie Preisen. Diese
bestimmen die Grenzen des wirtschaftlich motivierten Einsatzes von RFID-Systemen.
Abbildung 4-12 sortiert mögliche Anwendungen der SCM-Aufgaben Produktionsmittelmanagement, Teileversorgung und Konfigurationsmanagement entsprechend ihrer
Abhängigkeit von den externen Einflussfaktoren ein und stellt damit einen möglichen
Adoptionspfad von RFID-Systemen dar.
Reifegrad / Standards
Lokal
Global
Produktionssteuerung
Anzahl der Objekte
Fuhrparkmanagement
Spezialbehältermanagement
Großbehältermanagement
Kleinbehältermanagement
Sendungszusammenstellung
Lagerautomation
Dokumentation
Zusammenbau
Tracking&
Tracing / SCEM
Chippreis
Abbildung 4-12: Anwendungen in Abhängigkeit externer Einflussfaktoren
4.3 Zweiter Effekt: Netzwerkanwendungen durch Diffusion von RFID
131
• Produktionsmittelmanagement. Für das Fuhrpark- und Spezialbehältermanagement existieren operative Anwendungen, die wirtschaftlich sind. Die Nutzeneffekte sind die effizientere Ressourcenverwendung, Einsparung von Suchaufwand und Vermeidung von Schwund. Der Standardisierungsbedarf bei diesen
Anwendungen ist gering, da diese Produktionsmittel meist in abgegrenzten Bereichen zum Einsatz kommen. Der nächste zu erwartende Schritt ist die Ausrüstung von Standard-Großbehältern mit Transpondern. Diese kommen konzernweit oder in bestimmten Zulieferbeziehungen zum Einsatz und erfordern
deshalb eine auf Konzernebene standardisierte Infrastruktur. Standard-Kleinbehälter finden universell im Liefernetzwerk der Automobilindustrie Anwendung
und setzen Industriestandards voraus. Je geringer der Wert der Behälter und
der hiermit transportierten Güter ist, desto geringer muss der Preis pro Transponder sein, um die Wirtschaftlichkeit der Anwendung zu ermöglichen.
• Teileversorgung. Die Verfolgung von Lieferungen kann in Verbindung mit
dem Ladungsträger erfolgen (Soft Tracking). Hierzu ist die am Ladungsträger
befindliche Lieferscheininformation mit der auf dem Transponder gespeicherten Behälteridentifikation zu verheiraten. Eine nächste Ausbaustufe ist die automatische Kontrolle und Dokumentation der Sendungszusammenstellung. Hierfür überprüfen Erfassungsgeräte die Beladung von Ladungsträgern mit den richtigen Packstücken oder Teilen und ggf. die Einhaltung von Sequenzvorgaben.
Der Einsatz von RFID-Systemen zur Kontrolle in der Sendungszusammenstellung rentiert sich zuerst dort, wo ein relativ hohes Fehlerfolgekostenrisiko besteht, wie bspw. im CKD-Prozess. Die Verfügbarkeit einer flächendeckenden
Erfassungsinfrastruktur unterstützt die lückenlose Teileverfolgung und SCEM.
• Konfigurationsmanagement. Die Dokumentation des Zusammenbaus setzt die
Kennzeichnung der Einzelteile voraus. Aktuelle RFID-Anwendungen zum
Work-in-progress-Tracking verwenden einen Transponder am Montageträger
oder dem Werkstück (z.B. an der Karosserie). Die Identifikation einiger zu verbauender Teile (z.B. Airbags, Motoren) erfolgt manuell anhand von Bar- oder
Matrixcodes. Der Einsatz von RFID zur Kennzeichnung von Einzelteilen ermöglicht eine zuverlässige (rechtssichere) und effiziente Dokumentation des
Zusammenbaus und unterstützt hiermit die Rückverfolgbarkeit, Rückrufaktionen und die Ersatzteilversorgung. Die RFID-Kennzeichnung von Teilen setzt
Industriestandards und im Vergleich zu heute niedrigere Transponderpreise110
voraus. In einem ersten Schritt ist die Ausstattung sicherheitsrelevanter sowie
konfigurationsindividueller und verwechslungsgefährdeter Teile sinnvoll.
110
Für die Mehrzahl der Teile müssen diese nach Einschätzung des Autors unter 10 Eurocent liegen.
132
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
Eine zeitlich terminierte Vorhersage der Entwicklung der technologischen und preislichen Rahmenbedingungen, welche die RFID-Ausbreitung fördern, ist nicht möglich.
Eine Beschleunigung der Entwicklung ist zu erwarten, wenn ein Lock-in eintritt und
die Unternehmen RFID als ihre bevorzugte Standardtechnologie zur automatischen
Identifikation betrachten. Dies begünstigt Investitionen in die RFID-Infrastruktur, was
wiederum die Grenzkosten für die Hinzunahme weiterer Objekte senkt, da geringere
zusätzliche Infrastrukturkosten anfallen. Die Entscheidung über die Hinzunahme weiterer Objekte bzw. Objektklassen ist ab einer kritischen Anzahl von Objekten primär
davon abhängig, ob der durch RFID durchschnittlich erzielte Nutzeneffekt pro Objekt
höher ist als der Preis für den Transponder. Abbildung 4-13 stellt ein Hilfsmittel für
die Entscheidung über die Ausweitung des RFID-Einsatzes auf zusätzliche Objekte
dar. Folgende Bedingungen beeinflussen die Entscheidung:
• Die Ausweitung des RFID-Einsatzes auf neue Objekte erfolgt in der Reihenfolge der Priorisierung nach ihrer Kritizität für das SCM.
• Der zu erwartende durchschnittliche Nutzen pro Objekt der betrachteten
Objektklasse muss mindestens so hoch sein wie die Summe aus Transponderpreis und den zusätzlichen Infrastrukturkosten je Objekt. Die zusätzlichen Infrastrukturkosten sind umso geringer, je höher die Anzahl der
durch die Infrastruktur abgedeckten Objekte ist. Somit ist die Entscheidung
für den RFID-Einsatz auch vom Erreichen einer kritischen Anzahl abhängig.
• Bei einer möglichen Wiederverwendung der Transponder ist die kritische
Anzahl notwendiger Objekte, die den RFID-Einsatz wirtschaftlich rechtfertigt, geringer.
Bei lokalen Anwendungen, wie dem Fuhrpark- oder Spezialbehältermanagement mit
relativ niedrigen Volumen, entfallen auf jedes Objekt hohe anteilige Infrastrukturkosten. Hingegen sind sie bei globalen Anwendungen mit hohen Volumen, wie z.B.
der Teileverfolgung, in Bezug auf die Gesamtkosten zumindest bei langfristiger Betrachtung vernachlässigbar. Während die zusätzlichen Kosten des RFID-Einsatzes ex
ante meist genau bestimmbar sind, ist beim Nutzen nur eine Abschätzung unter Verwendung von Annahmen möglich.111 Dies erschwert eine Aussage über die tatsächlich auftretenden Auswirkungen des RFID-Einsatzes. Zunächst ist zu erwarten, dass
bei Hinzunahme weiterer Objekte entsprechend ihrer Kritizität der Nutzen pro Objekt
sinkt. Allerdings kann eine gestiegene Reichweite durch Integrationseffekte zusätzlichen Nutzen schaffen. Deshalb haben Unternehmen die Möglichkeit, den Nutzen
111
Mögliche Ansätze zur Bewertung von RFID-Anwendungen beschreibt Abschnitt 4.5.2.
4.4 Dritter Effekt: Neue Prozesse und Geschäftsmodelle
133
durch ihre Integrationsleistung zu beeinflussen. Während der zweite Effekt sich auf
die Ausbreitung von RFID konzentriert, bei der die Technologie zunehmend zur
Commodity im Sinne von [Carr 2003]112 wird, können Unternehmen gemäß dem
nachfolgend beschriebenen dritten Effekt durch Prozessreorganisation Mehrwert generieren.
Kosten/Nutzen
Lokale Anwendungen, z.B. Fuhrparkmanagement
Anwendungen mit/ohne
Wiederverwendbarkeit,
z.B. Packmittelmanagement
Globale Anwendungen, z.B.
SCM-Tracking
Gesamtkosten/
Objekt
1: Mindestanzahl an Objekten
ohne Wiederverwendung
2: Mindestanzahl an Objekten
mit Wiederverwendung
+: hohe Kritizität der Objekte,
Integrationseffekte, „3. Effekt“
–:
niedrige Kritizität der Objekte
Infrastrukturkosten/Objekt
+
–
Nutzen/Objekt
Transponderpreis
2
1
Anzahl der Objekte
Abbildung 4-13: Kosten-Nutzen-Vergleich zur Diffusion von RFID-Systemen
4.4 Dritter Effekt: Neue Prozesse und Geschäftsmodelle
Der Effekt dritter Ordnung der Koordinationstheorie beschreibt die Entstehung neuer
koordinationsintensiverer Anwendungen, die erst durch die neue Technologie möglich werden. Die Rolle von Informationstechnologien als Enabler neuer Geschäftsprozesse ist auch eine zentrale Aussage der BPR-Literatur und bildet bspw. den Ausgangspunkt für die Transformation von Unternehmen im Business Engineering
[Österle/Winter 2000]. Angewendet auf den Einsatz von RFID-Systemen bedeutet
dies, dass Unternehmen neben den vorangehend beschriebenen Nutzeneffekten durch
Steigerung von Prozesseffizienz und -qualität bestehender Prozesse bzw. der Realisierung von Skaleneffekten durch Netzwerkanwendungen die Technologie auch zur Gestaltung neuer Prozesse und Geschäftsmodelle verwenden können. Die Steigerung der
Integrationstiefe von SCM-Systemen, die Integration mit anderen Technologien des
112
Carr bezweifelt, dass der Einsatz von Informations-, insb. ausgereifter Infrastrukturtechnologien, Unternehmen einen nennenswerten Wettbewerbsvorteil bringt. Vielmehr sieht er die Motivation für den Einsatz dieser
Technologien in möglichen Nachteilen für Unternehmen, die sie nicht verwenden.
134
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
Ubiquitous Computings und Dezentralisierung bieten Potenziale zur Prozessreorganisation. Derartige Anwendungsszenarien beschreiben z.B. [Das/Harrop 2001;
Fleisch/Dierkes 2003; Sheffi 2004; Fleisch 2005]. Dabei bildet die bessere Informationsversorgung durch RFID-Systeme die Grundlage für neue Prozesse. Das Leitprinzip lautet „See more, do more!“ [McFarlane 2003]. Folgende Abschnitte zeigen Innovationspotenziale von RFID für Prozesse des SCMs sowie mögliche neue Dienstleistungen. Im Hinblick darauf, dass deren Umsetzung in der Praxis derzeit nicht erkennbar ist, erfolgt in der abschließenden Zusammenfassung eine kritische Bewertung.
4.4.1 Reorganisation von Prozessen
Das Potenzial vieler neuer Technologien wie, z.B. des Internet, EDI oder ERP-Systeme, zeigte sich erst nach der Reorganisation von Prozessen. Zum Beispiel veränderte
das Internet klassische Vertriebsstrukturen, da Unternehmen durch die Einrichtung
elektronischer Vertriebswege mit geringem Aufwand eine hohe Reichweite erzielen
können.113 Auch bei der Einführung von ERP-Systemen ist ein wesentlicher Teil des
Mehrwertes auf Prozessreorganisationen zurückzuführen [Willis/Willis-Brown 2002].
Die folgenden Anwendungen sind durch RFID-gestützte Dezentralisierung und Integration möglich. Sie unterstützen die Flexibilisierung sowie das Management der
Komplexität von Prozessen und Kooperationen.
Flexibilisierung
Flexibilität ist ein kritischer Erfolgsfaktor für die Automobilindustrie. Die Reaktionsfähigkeit muss auch in operativen Prozessen gegeben sein. Dezentralisierung ist hierzu ein Mittel. Die Reorganisation besteht in der Verteilung von Entscheidungskompetenz an operative Einheiten. Dies unterstützt z.B. die Implementierung der Demand
Chain und die Massenindividualisierung.
Unterstützung der Demand Chain. Die verstärkte Kundenorientierung bedingt Prozessreorganisationen im Wertschöpfungsnetzwerk der Automobilindustrie, die alle
Stufen betreffen. Die kurzfristige Leistungserstellung auf Abruf ersetzt zunehmend
langfristige Vorausplanungen (Übergang vom Push- zum Pull-Prinzip). Die Umsetzung des Pull-Prinzips (Holprinzips) wirkt sich auf die Koordination zwischen den
Wertschöpfungsstufen aus [vgl. Asgekar 2004]. Nachgelagerte Stationen (Kunden)
fordern Leistungen anhand des eigenen Bedarfs bei ihrer Vorstufe an. Nach diesem
Prinzip funktioniert bspw. die Kanban-Bestellung. In einigen Werken setzt Ford ein
RFID-basiertes Kanban-System ein, das eine kontinuierliche Belieferung des Bandes
entsprechend dem Teilebedarf ermöglicht und reduziert damit die Bestände am Band
und vermeidet Nachfrageschwankungen [vgl. Navas 2000; Strassner et al. 2005]. Die113
Viel zitierte Beispiele neuer Vertriebsstrukturen sind Onlinebanking oder -shopping.
4.4 Dritter Effekt: Neue Prozesse und Geschäftsmodelle
135
ses Beispiel zeigt, dass kontinuierliche Kommunikation und schnelle Reaktionsfähigkeit zwischen Wertschöpfungsstationen Störungen wie bspw. den Bullwhip-Effekt
reduzieren. Die Implementierung der Demand Chain erfolgt durch Transformation
zentraler in dezentrale Steuerung durch Einrichtung miteinander vernetzter Regelkreise [Wildemann 1997, 147]. Dabei besitzt jede Arbeitsstation oder jede Aktivität
einen Regelkreis, der die Ausführung von Arbeitsschritten bis zum Erreichen des
Soll-Outputs bewirkt. Gleichzeitig überprüft der Regelkreis, ob die vorhandene InputMenge, die dem Output der vorgelagerten Arbeitsstation entspricht, zur Produktion
des Soll-Outputs ausreicht. Falls diese Menge zu gering ist, erhöht er das Soll-Output
des mit ihm vernetzten Regelkreises der vorgelagerten Station. Das Prinzip der horizontal vernetzten Regelkreise kann zentrale Steuerung nicht vollkommen ersetzen.
Zum Beispiel können Prioritätskonflikte auftreten, wenn mehrere nachgelagerte Stationen gleichzeitig Nachschub von einer Station anfordern. Die vertikale Vernetzung
der über- und untergeordneten Regelkreise ermöglicht die Auflösung derartiger Probleme. So können sie z.B. die dezentralen Planungen durch Berücksichtigung globaler
Bestandsinformationen beeinflussen.
Automatisierte Massenindividualisierung. Die effiziente Umsetzung der kundenindividuellen Massenproduktion erfordert angepasste Produktionsverfahren. Ein erster
Schritt ist mit flexiblen Fertigungssystemen getan, die eine automatisierte Produktion
mit vergleichbarer Flexibilität wie bei der Werkstattfertigung ermöglichen [Scherer
1996]. Bei einigen Fertigungssystemen identifizieren die Maschinen die Werkstücke
anhand von Transpondern. Denkbar ist, dass die Automobilindustrie dieses Verfahren
zukünftig durchgängig im Wertschöpfungsnetzwerk anwendet. Dabei teilen mit
Transpondern ausgestattete Werkstücke den Produktionsmaschinen die vorzunehmenden Arbeitsschritte mit [Finkenzeller 2002, 398 ff.]. Auch individualisierte Einzelteile
erkennt die Produktionsmaschine anhand von RFID-Kennzeichnungen. Auf diese
Weise erfolgt die Kontrolle der Konfiguration automatisch während des Zusammenbaus. Dadurch sinken die Grenzkosten für die Individualisierung, d.h. der Trade-off
zwischen Variantenanzahl und Effizienz sinkt.
Management der Komplexität
RFID-Systeme unterstützen Echtzeitsysteme durch die Integration der realen Welt mit
IT-Systemen. Dadurch stehen Informationen bei Entscheidungen rechtzeitig und bedarfsgerecht zur Verfügung. Dies unterstützt die Auflösung von Koordinationsproblemen in komplexeren Prozessen. So werden z.B. folgende Prozessinnovationen im
SCM möglich bzw. ausgeweitet.
136
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
Umstieg von Einweg- auf Mehrwegverpackung. RFID-Systeme senken die Kosten für
das Management von Mehrwegverpackungen. Dies fördert den Einsatz von Mehrwegverpackungen in Bereichen, in denen ihre Verwendung bisher zu aufwendig ist. Zum
Beispiel verwenden einige Hersteller für den Überseeversand Einwegverpackung, um
den Aufwand der Rückführung des Leerguts zu vermeiden. Wenn diese Kosten sinken, rentiert sich ein Umstieg auf wiederverwendbare Behälter. Die durch Verwendung einer effizienten Auto-ID-Technologie mögliche Zusammenfassung des Managements unterschiedlicher Behälterflotten, z.B. durch die Bildung gemeinsamer Pools,
erhöht zusätzlich die Attraktivität von Mehrwegverpackung.
Neue Lagerhaltungsmodelle. Zuverlässige Bestandsinformationen und automatische
Identifikation ermöglichen einen Wechsel zu neuen Lagerhaltungsmodellen [Sheffi
2004, 8]. Automatisierte Lagerverwaltung ist nicht mehr auf zentrale Lager beschränkt, sondern auch bei kleinen dezentralen Lagern möglich. Folglich lassen sich
automatisierte Großlager, deren Betrieb nur bei hohem Auslastungsgrad effizient ist,
durch kleine Lager am Bedarfsort ersetzen. Diese können chaotisch organisiert sein,
um Platz einzusparen, ohne dass dies die Visibilität im SCM-System oder den effizienten Betrieb negativ beeinflusst.
Horizontale Integration von Lieferketten. Zur Komplexitätsreduktion und Fehlervermeidung erfolgt eine physische Trennung verschiedener Lieferketten. Beispielsweise
trennen LDL die Versandabwicklung organisatorisch nach verschiedenen Produktgruppen oder Bestimmungsorten. Standardisierte RFID-Systeme unterstützen eine
flexible Bearbeitung individueller Versandeinheiten und ermöglichen somit die Abwicklung über dieselbe Logistikinfrastruktur. Dies unterstützt bspw. eine stärkere
Verzahnung mit Liefernetzwerken anderer Branchen, z.B. des Handels, und fördert
die effiziente Ressourcenauslastung.
Kooperationen
Vertrauen ist die Grundlage erfolgreicher Kooperationen [vgl. Friedli 2004]. Zuverlässige Prozesse und Visibilität (Offenheit) fördern das Vertrauen zwischen Unternehmen. Informationsaustausch und SCEM unterstützen die Vision einer „New Industry
Based on Trust“ [Lee/Whang 2001, 16]. Unternehmen können die Zuverlässigkeit
durch die Integration der Qualitätssicherung ihrer Prozesse, z.B. durch Implementierung von Regelkreisen, erhöhen.
Abbau von Kontrollen und Beschwerdemanagement. Die Notwendigkeit von Kontrollen ist eine Folge störanfälliger Prozesse und (zu Recht) mangelnden Vertrauens. Die
teilweise mehrfach hintereinander im Prozessablauf, insb. an den Schnittstellen zwischen Wertschöpfungspartnern, stattfindenden Kontrollen tragen nicht zur Wertschöpfung bei und sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Eine in den Prozess integrier-
4.4 Dritter Effekt: Neue Prozesse und Geschäftsmodelle
137
te Qualitätssicherung, die zudem den Qualitätszustand automatisch dokumentiert, hilft
Kontrollen, wie z.B. Mengenkontrollen, am Wareneingang zu vermeiden. Da bspw.
keine Versandfehler mehr auftreten, können Unternehmen das entsprechende Beschwerdemanagement abbauen.
Veränderungen des Zahlungsflusses. Missverständnisse bei Zahlungen bergen ein
Konfliktpotenzial zwischen den Wertschöpfungspartnern und sind in einzelnen Fällen
Auslöser aufwendiger Nachverhandlungen. Die automatische (objektive) Erfassung
bestimmter Ereignisse, wie z.B. des Wareneingangs, des Einbaus oder des Verkaufs
von Produkten, ermöglicht die direkte Kopplung von Zahlungsaufträgen an diese Ereignisse. Durch die genauere Erfassung von Ereignissen des Materialflusses können
Zahlungsvereinbarungen in stärkerem Maße Leistungseigenschaften berücksichtigen,
die über Produktpreis und Menge hinausgehen. Zum Beispiel hängt der Wert eines
Teiles auch von der Rechtzeitigkeit der Lieferung und ggf. seiner individuellen Konfiguration ab. So werden bspw. die möglichst genaue Einhaltung von Terminen, die
Verwendung von recycelten Bauteilen oder bestandene Qualitätstests auf Basis genauer Informationen verrechenbar und der Materialfluss dementsprechend steuerbar.
Die produktbezogene Erfassung von Prozesskosten, die bspw. in der Beschaffungslogistik, Produktion oder Versandlogistik entstehen, unterstützt die effektivere Steuerung interner Zahlungsflüsse.
Zunahme von Kooperation. Einerseits steigern zuverlässige Prozesse die Attraktivität
von Unternehmen für mögliche Kooperationspartner. So erhöhen z.B. eine hohe Lieferpünktlichkeit oder ein hoher Lieferservicegrad die Attraktivität von Zulieferern aus
Sicht der Fahrzeughersteller und erleichtern ihnen das Eingehen von Kooperationen.
Andererseits eignen sich Prozesse, die mittels IT-Systemen steuer- und kontrollierbar
sind und keinen direkten Kundenbezug aufweisen, für das Outsourcing. Hierzu zählen
die operativen Prozesse der Logistik und Produktion sowie deren Unterstützungsprozesse. Dabei ist Zunahme von Kooperation nicht gleichbedeutend mit einer Steigerung der Anzahl an Kooperationspartnern. Insbesondere bei den Fahrzeugherstellern (Leistungsnachfragern) ist eine Verringerung der Fertigungstiefe (Zunahme von
Kooperationsvolumen) und der Anzahl an Zulieferern sinnvoll. Zulieferer können ihre
Wettbewerbsfähigkeit durch die Ergänzung des Leistungsangebotes um Dienste erhöhen. Folgender Abschnitt beschreibt entsprechende RFID-basierte Dienstleistungen.
4.4.2 Neue Dienstleistungen
RFID kommt in verschiedenen fahrzeugbezogenen Anwendungen, wie etwa dem Autoschlüssel, elektronischen Wartungsbüchern und Nummernschildern sowie Mauterfassungssystemen, zum Einsatz. Bei diesen Anwendungen dient der Transponder zur
Authentifikation des Fahrzeugs bzw. des Fahrers und ermöglicht das Speichern fahr-
138
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
zeugbezogener Informationen oder den Zugang zu Dienstleistungen, wie z.B. automatische Bezahldienste. Innovative Bezahldienste wie „pay per use“ und „pay per risk“
sind bspw. auch Gegenstand der aktuellen Diskussion um neue Geschäftsmodelle des
Ubiquitous Computing [Fleisch 2005]. Sie gehören wie Telematikdienste in den Bereich der kundenbezogenen Produkt- und Dienstleistungsinnovationen. Folgende Abschnitte konzentrieren sich auf RFID-basierte Dienstleistungen zur Unterstützung des
Materialflusses, die im Unterschied zur Prozessoptimierung durch den Anwender eine
wertschöpfende Leistung durch Dritte beinhalten.
Produktdienstleistungen durch individualisierte Daten
Mittels Transpondern können die Hersteller produktbezogene Daten direkt am Produkt speichern. Auf diese Weise erhalten Produkte eine individuelle Historie. Der
Hersteller entscheidet in Abhängigkeit von den Anforderungen des Kunden, welche
Daten er aufspeichert und ob eine spätere Änderung der Daten möglich ist. Beispielsweise kann ein Zulieferer für die spätere Montage relevante Daten am Produkt hinterlegen. Der Verwender vermeidet hierdurch den Aufwand zur Informationsbeschaffung und mögliche Fehler durch Verwechslung. Die auf diese Weise informatorisch
erweiterten Produkte bilden die Grundlage für schnellere und individuellere Dienstleistungen. Anhand der Produkthistorie lassen sich Wartungsdienstleistungen besser
planen und der Wert von Produkten genauer bestimmen. Zum Beispiel besitzt ein Reifen nach mehrfacher Runderneuerung einen geringeren Wert als nach einer.
Infrastruktur-Dienstleistungen für das Informationsmanagement im SCM
Höhere Kosten für Transponder und Verlangsamung von Lese-/Schreibzugriffen begrenzen die Speicherung von Daten am Produkt. Infrastrukturen hingegen machen beliebige produktbezogene Daten auch unabhängig von der Anwesenheit des Produkts
verfügbar. Der Infrastrukturbetreiber bündelt die Verwaltung von Produktdaten und
stellt diese anwendungsbezogen zur Verfügung. Dabei realisiert er Skaleneffekte, was
dazu führt, dass den einzelnen Anwendern weniger Kosten entstehen. Ein Beispiel
einer derartigen Infrastruktur ist das EPC Network, das produktbezogene Daten in
Abhängigkeit von einer eindeutigen Identifikationsnummer weltweit bereitstellt (vgl.
Abschnitt 2.4.3). Weitere mögliche Dienstleistungen sind SCEM, die Verwaltung von
Produktkonfigurationen sowie die Produktauthentifizierung.
SCEM. Die Wertschöpfungspartner haben einen unterschiedlichen Informationsbedarf
zu Vorgängen im Liefernetzwerk. Die Aufgabe des Dienstanbieters, z.B. eines LDLs
oder Technologieanbieters, ist die Selektion und Mitteilung der relevanten Informationen. Der Anwender kann bspw. mittels Regeln definieren, über welche Ereignisse
ihn das System informieren soll bzw. welche Aktionen automatisch zu veranlassen
sind.
4.4 Dritter Effekt: Neue Prozesse und Geschäftsmodelle
139
Bereitstellung von Produktkonfigurationsdaten. Informationen zu Produktkonfigurationen beschleunigen die Durchführung von Rückrufaktionen und unterstützen Wartungsdienstleistungen. Die Informationen besitzen für verschiedene Dienstleister, die
komplementäre Leistungen zu Fahrzeugen anbieten, einen Wert, bspw. für Versicherungen, Werkstätten oder Zubehörhersteller. Der Fahrzeughersteller kann diesen
Mehrwert realisieren, wenn der die Informationen über einen Infrastrukturanbieter
vertreibt. So kann die Wertschöpfung durch den Verkauf der Informationen (virtueller
Produkte) den Vertrieb realer Produkte, wie z.B. Ersatzteile, ergänzen.
Produktauthentifizierung. Um die Verbreitung von gefälschten Ersatzteilen zu vermeiden, sollte die Überprüfung der Echtheit während des Verkaufs oder der Verwendung möglich sein. Ein elektronischer Dienst, der bei jedem Verkauf die Seriennummer der Produkte überprüft bzw. zur Überprüfung von Ersatzteilen mit im Fahrzeug
eingebauten Identifikationsgeräten kommuniziert, ermöglicht lückenlose Kontrolle.114
4.4.3 Zusammenfassung der Potenziale und Grenzen
Eine Implementierung der als Effekte dritter Ordnung beschriebenen RFID-Anwendungen hat bisher in der Praxis nicht stattgefunden. Einige der beschriebenen Veränderungen sind wünschenswert, da sie einen Beitrag zur Bewältigung der strategischen
Herausforderungen im SCM der Automobilindustrie leisten können. Sie vernachlässigen die aktuellen technologischen Fähigkeiten von RFID-Systemen. Deshalb ist die
Machbarkeit der beschriebenen Szenarien nicht erwiesen. Ihre Herleitung erfolgte aus
der Annahme, dass RFID-Systeme die Koordination im SCM durch Integration, Automatisierung und Dezentralisierung unterstützen. Die beschriebenen Anwendungen
sind Maßnahmen zur Unterstützung der Kundenorientierung, zum Management der
Komplexität und verkürzter Produktlebenszyklen sowie zur Einhaltung von Gesetzen.
Insbesondere die neuen Dienstleistungen, aber auch die Restrukturierung zum nachfragegesteuerten Liefernetzwerk (Demand Chain) leisten einen Beitrag zur Steigerung
der Kundenorientierung. Hingegen dienen RFID-gestützte Prozessveränderungen dem
Komplexitätsmanagement. Einerseits reduzieren sie Komplexität durch die Vermeidung von Arbeitsschritten, wie z.B. dem Abbau von Kontrollen, oder durch Automatisierung und die damit verbundene Festlegung von Abläufen. Andererseits verursachen
chaotische Lagerhaltungsmodelle, die horizontale Integration von Lieferketten oder
der Umstieg von Einweg- auf Mehrwegverpackungn eine Erhöhung der Komplexität.
Die Verkürzung von Produktlebenszyklen begegnen die Hersteller mit einer Steigerung des jährlichen Umsatzes pro Produkt durch komplementäre Dienstleistungen
und Kooperationen, welche die Zeit für die Einführung neuer Produkte verkürzen.
114
Letzteres erfordert das Einverständnis des Fahrzeugbesitzers.
140
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
Strategische Herausforderungen
Kundenorientierung
Management der Komplexität
-
Verkürzung der Produktlebenszyklen Gesetzliche Anforderungen
-
Durch RFID unterstützte Maßnahmen
Neue Zahlungsverfahren
Produktauthentifizierung
Produktbezogene Dienstleistungen
Unterstützung der Demand Chain
Bereitstellung von Produktkonfigurationsdaten
Abbau von Kontrollen und Beschwerdemanagement
Automatisierte Massenindividualisierung
Horizontale Integration von Lieferketten
Neue Lagerhaltungsmodelle
SCEM
Umstieg von Einweg- auf Mehrwegverpackung
Zunahme von Kooperation
Produktbezogene Dienstleistungen
Zunahme von Kooperation
Bereitstellung von Produktkonfigurationsdaten
Tabelle 4-10: Strategisch relevante Auswirkungen von RFID
Der durch die Prozessreorganisation erzielbare Nutzen lässt sich nicht allgemein gültig angeben. Er hängt von dem individuellen Bedarf der Unternehmen nach Koordination und der durchgeführten Prozessreorganisationen ab. Nicht die Menge der zur
Verfügung stehenden Informationen ist entscheidend, sondern deren sinnvolle Verwendung. Die Anwender steigern die Integrationstiefe von RFID-Systemen schrittweise durch Hinzunahme von Objekten in Reihenfolge der Kritizität bis zur Parität
von Grenznutzen und -kosten (vgl. Abschnitt 4.3.4). Durch die Reorganisation steigt
der Wert der Informationen, da Unternehmen diese zur Unterstützung von Aufgaben
des SCMs oder zur Erbringung von Dienstleistungen verwenden. Folglich erhöht die
Reorganisation den Grenznutzen der Hinzunahme von Objekten (s. Abbildung 4-14).
Dadurch verschiebt sich der maximal mögliche Grenznutzen des RFID-Einsatzes von
geschlossenen zu offenen Anwendungen. Allerdings bleibt die sinnvolle Ausweitung
von RFID-Systemen begrenzt. Beispielsweise ist der betriebswirtschaftliche Nutzen
der lückenlosen Verfolgung einzelner Schrauben fraglich. Des Weiteren werden die
Kosten für die Informationsgewinnung auch zukünftig mindestens den Transponderkosten entsprechen und damit auf absehbare Zeit höher sein als für Papieretiketten.
Bei dem in Abbildung 4-14 dargestellten Kurvenverlauf ist hervorzuheben, dass Unternehmen ihren erzielbaren Mehrwert von RFID-Systemen durch ihre Integrationsund Reorganisationsleistung bestimmen.115
115
Demnach ist ein Plug&Play-Ansatz nicht ausreichend. Entsprechende kritische Erfolgsfaktoren und Handlungsempfehlungen behandelt die Arbeit in den Abschnitten 5.7.4 und 6.2.
4.5 Kosten-Nutzen-Bewertung von RFID-Anwendungen
141
Grenznutzen
Lokal
Global
Systemintegration,
Prozessreorganisation
möglicher Grenznutzen
nach Reorganisation
Grenznutzen
ohne Reorganisation
Anzahl der Objekte/Informationsgranularität
Abbildung 4-14: Auswirkungen der Systemintegration und Prozessreorganisation
4.5 Kosten-Nutzen-Bewertung von RFID-Anwendungen
Zur Bestimmung des Mehrwertes von IT-Systemen oder flexiblen Fertigungssystemen existieren verschiedene Ansätze. Verfahren zur monetären Bewertung, z.B. ROI
(Return on Investment), TCO (Total Cost of Ownership) oder die Prozesskostenrechnung, verfolgen die Berechnung eines positiven oder negativen quantitativen Wertes
aus der operativen Perspektive. Strategische Bewertungsverfahren, z.B. Balanced
Scorecard oder EVA berücksichtigen außerdem die Auswirkungen auf den Unternehmenswert bzw. den Erfüllungsgrad strategischer Vorgaben. Grundsätzlich gilt,
dass der Einsatz flexibler Systeme nur dann betriebswirtschaftlich sinnvoll ist, wenn
der aus der Flexibilität gewonnene Nutzen, z.B. Gewinne durch Nutzung von Marktchancen, geringere Rüstkosten oder mögliche Desinvestitionen, die Kosten, z.B. zusätzliche IT-Kosten oder Wartungskosten, übersteigen [vgl. Altrogge 1979]. Die Bewertung des Mehrwertes eines RFID-Systems ist erschwert, da Nutzeneffekte nicht
nur lokal in Form einer messbaren Steigerung der Prozesseffizienz auftreten (sog. Ratio-Effekte), sondern auch indirekter Art sein können, wie etwa die Erhöhung von
Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit oder eine Reorganisation, z.B. neue Kooperationsformen, ermöglichen. Deshalb ist eine exakte Kosten-Nutzen-Bestimmung von
RFID-Systemen vor der Einführung selten möglich. Es handelt sich um ein sog. bewertungsdefektes Problem, bei dem zwar die Kosten exakt quantifizierbar sind, der
Nutzen, insb. der indirekte, aber ex ante nicht sicher bestimmbar ist [Adam 1993,
6 f.].
142
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
Die Bewertung gestaltet sich umso schwieriger, je größer die Integrationsreichweite
des Systems ist, da an mehr Stellen Nutzeneffekte entstehen. Ein Verzicht auf eine
quantitative Bewertung ist für potenzielle Anwender jedoch unbefriedigend. Deshalb
eignet sich eine Abschätzung des Nutzens unter Zuhilfenahme von Annahmen. Dies
erfordert eine systematische Analyse möglicher Nutzeneffekte und deren quantitative
Bewertung. Folgende Abschnitte beschreiben Anforderungen an geeignete Verfahren
zur Durchführung einer Kosten-Nutzen-Abschätzung von RFID-Systemen sowie ein
mögliches Vorgehen. Dabei ist zu beachten, dass prinzipiell jedes für IT-Systeme oder flexible Fertigungssysteme verwendete Verfahren auch für RFID-Systeme im
Rahmen der für das spezifische Verfahren bekannten Stärken und Schwächen geeignet ist. Die Besonderheit bei der Bewertung von RFID-Systemen sind die spezifischen
Kosten- und Nutzenfaktoren, auf die sich folgende Ausführungen konzentrieren.
4.5.1 Anforderungen an Bewertungsverfahren und Auswahl
Ex ante durchgeführte Nutzenabschätzungen stützen Entscheidungen bzgl. der Durchführung oder Zurückstellung von RFID-Projekten. Dabei ist eine vollständige Quantifizierung der Nutzeneffekte und die Gegenüberstellung der gesamten Kosten wünschenswert. In der Bewertung von technologischen Innovationen dominieren quantitative Verfahren, wie bspw. die Kapitalwert- (Net Present Value, NPV) oder interne
Zinsfußmethode (Internal Rate of Return, IRR), basierend auf Pro-forma-Cashflows,
Sensitivitätsanalysen und Bestimmung des Break Evens [Boer 1999]. Die Anwendung
dieser Verfahren bereits in der frühen Phase von Innovationen bringt meist keinen
Mehrwert, wenn wegen mangelnder Erfahrung die Schätzung von Cashflows mit hoher Unsicherheit behaftet ist. Stattdessen ist eine strategische Abwägung von Chancen
und Risiken notwendig [vgl. Sage 2000, 67]. Dies setzt voraus, dass die Innovation
strategische Auswirkungen besitzt. Zum Beispiel wenn sie ein neues Geschäftsmodell
unterstützt, die Wettbewerbsfähigkeit steigert oder eine effizientere Organisationsstruktur ermöglicht (s. Abschnitt 4.4.). Die Anwendung von Bewertungsverfahren
setzt eine Analyse der einzelnen Effekte voraus, z.B. durch Verwendung von Ursache-Wirkungsketten.
Ursache-Wirkungsketten zur Analyse der Auswirkungen
Die Bildung von Ursache-Wirkungsketten im SCM verfolgt das Ziel, direkte und indirekte Effekte von Maßnahmen, wie bspw. die Einführung eines RFID-Systems, zu
identifizieren. Eine quantitative Bewertung ist durch die ggf. mehrstufige Verknüpfung mit finanziellen Messgrößen möglich [vgl. Lambert/Pohlen 2001, 13]. Zum
Beispiel ist die Verbesserung der Integrationstiefe eine direkte Auswirkung von
RFID-Systemen. Die verbesserte Informationsqualität unterstützt SCM-Systeme bei
der Durchführung von genauen Prognosen, z.B. des Absatzes, der Maschinenbelegung oder des Lagerbestandes. Mit besserer Vorausplanung steigt die Effizienz ver-
4.5 Kosten-Nutzen-Bewertung von RFID-Anwendungen
143
schiedener operativer Prozesse (s. Abbildung 4-15). Beispielsweise führen bessere
Absatzprognosen zu einer Steigerung des Lieferservicegrades. Die durch den Kunden
wahrgenommene Produktverfügbarkeit erhöht seine Zufriedenheit und wirkt sich positiv auf sein Kaufverhalten aus. Die resultierende höhere Kundenbindung sowie zusätzliche Umsätze pro Kunde erhöhen den Gesamtumsatz des Unternehmens.
Supply-ChainManagementAufgabe
Prozessauswirkungen
Kundenauswirkungen
Finanzielle Auswirkungen
Plan- (–)
anpassungen
Produk- (–)
tionskosten
(+)
Kapazitätsauslastung
(+)
Prognosegüte
Sonder- (–)
fahrten / Eiltransporte
Gesamt- (–)
kosten
Bestands-(–)
höhe
Kunden- (+)
loyalität
Logistik- (–)
kosten
(+)
Transportauslastung
Liefer- (+)
Kapital- (–)
bindung
Gesamt- (+)
umsatz
Kunden- (+)
zufriedenheit
Produkt- (+)
verfügbarkeit
Umsatz (+)
pro Kunde
servicegrad
Abbildung 4-15: Ursache-Wirkungskette der Prognosegüte im SCM
(in Anlehnung an [Zeller 2004, 18])
Bewertungsverfahren
In der Praxis finden verschiedene Verfahren zur Bewertung von RFID-Systemen Anwendung, bspw. die Kosten-Nutzen-Vergleichsrechnung [vgl. Tellkamp 2003], TCO
(Total Cost of Ownership), die Prozesskostenrechnung [vgl. Subirana et al. 2003] sowie wertorientierte Verfahren, wie z.B. der Shareholdervalue-Baum [vgl. Alexander
et al. 2002b, 8] (s. Tabelle 4-11).
• Die Kosten-Nutzen-Vergleichsrechnung ist ein in der Investitionsrechnung verbreitetes Verfahren, welches die Investitionssumme sowie die laufenden Zahlungen den möglichen Desinvestitionen und Gewinnen gegenübergestellt.
Meist erfolgt eine Betrachtung der Differenz zwischen Aufwand und Nutzen
zum bisherigen Zustand oder zu Investitionsalternativen über einen Zeitraum
von mehreren Jahren, um einen durchschnittlichen jährlichen Überschuss bzw.
Verlust zu ermitteln.116 Für die Dauer des Betrachtungszeitraums eignet sich
116
Durch Abzinsung der erwarteten Zahlungen berücksichtigen kapitalmarktorientierte Kosten-NutzenRechnungen, z.B. die NPV-Methode, zusätzlich Opportunitätskosten aus entgangenen Zinserträgen.
144
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
die Abschreibungsdauer der Investition, bspw. für IT-Systeme zwischen drei
und sechs Jahren. In der Praxis ist die Bezeichnung der Amortisationszeit als
ROI verbreitet. Allerdings bezeichnet ROI auch die Gesamtkapitalrentabilität,
die sich auf unterschiedliche Arten (ROI-Verfahren) berechnen lässt. IT-Projekte streben meist einen Amortisationszeitraum von unter drei Jahren an.
• Das TCO-Verfahren117 berücksichtigt sowohl die direkt als auch die indirekt
mit einer Investition über den gesamten Lebenszyklus verbundenen Kosten.
Der u.a. zur Beurteilung von abteilungs- oder unternehmensübergreifenden ITProjekten bzw. zum Management von IT-Infrastrukturen verwendete Ansatz
erfasst neben den einmaligen Investitionen (z.B. für Hard- und Software) sowie
laufenden Wartungskosten auch mit der Einführung verbundene Infrastruktur(z.B. Ausbau des Netzwerkes) sowie Lohn- (z.B. Schulungen) und Kapitalkosten (z.B. Opportunitätskosten) [vgl. David et al. 2002]. In der praktischen Anwendung besteht das Problem der Identifikation der indirekten Kosten und deren Zurechenbarkeit; einheitliche Berechnungsschemata existieren nicht. Die
ausschließliche Verwendung des TCO-Verfahrens eignet sich wegen dessen
einseitigem Kostenfokus nicht zur Begründung strategischer Entscheidungen
[vgl. Klerkx et al. 2004].
• Das Ziel der Prozesskostenrechnung ist die Zurechnung von Kosten (verursacht durch Kostentreiber) zu Prozessen bzw. Aktivitäten (s. Abschnitt 2.3.1).
Das Verfahren erfasst bei seiner Anwendung zur Bewertung von IT-Systemen
die Veränderung der Prozesskosten durch den Einsatz von IT-Systemen. Beispielsweise verkürzt der Einsatz von Auto-ID-Systemen den Zeitbedarf der
Wareneingangsbuchung. Dies reduziert den Kostentreiber „manueller Aufwand“. Die Prozesskostenrechnung orientiert sich an Prozessketten anstatt an
Abteilungs- oder Unternehmensgrenzen und ermöglicht die Bewertung von
kollaborativen SCM-Anwendungen. Allerdings liegt der Schwerpunkt der Bewertung auf der Prozesseffizienz, weshalb die Prozesskostenrechnung strategische Entscheidungen nur durch ihre verursachungsgerechte Kostenzuweisung (Kostentransparenz) unterstützt.
• Den Shareholdervalue-Baum verwenden Accenture und IBM zur Darstellung
der Nutzeneffekte von RFID-Systemen [Alexander et al. 2002b, 8; Chappell et
al. 2002b, 8]. Vergleichbare wertorientierte Verfahren, wie z.B. EVA, sind im
SCM etabliert (s. Abschnitt 2.3.1). Diese stellen einen Zusammenhang einzelner Kosten- und Nutzeneffekte und der für strategische Entscheidungen rele-
117
Das TCO-Verfahren zur Bewertung von IT-Investitionen hat die Gartner Group (www.gartner.com) in den
90er-Jahren entwickelt [vgl. Emigh 1999].
4.5 Kosten-Nutzen-Bewertung von RFID-Anwendungen
145
vanten Führungsgröße Unternehmenswert (Shareholdervalue) her. Eine unternehmensübergreifende Betrachtung lässt sich durch die Aufsummierung der
einzelnen Unternehmenswerte erreichen. Die Aussagekraft des ermittelten
Wertbeitrags hängt vom Detaillierungsgrad der erfassten und bewerteten Einflussfaktoren ab. Eine Verknüpfung mit der Prozesskostenrechnung steigert
den Detaillierungsgrad. Zur Modellierung der Abhängigkeiten zwischen Einflussfaktoren und deren wertmäßiger Wirkung eignen sich Ursache-Wirkungsketten.
Kosten-NutTCO
zenvergleich
Kosten und Nut- Kosten
Bewertung von
Kosten/Nutzen
zen
Eignung für lokale ja
Ja
Anwendungen
Eignung für globa- bedingt
Ja
le Anwendungen
Strategisches Be- nein
ja
wertungsverfahren
einfache BeBerücksichtigung
Vorteil
rechnung bei
aller Kostenfaklokalen Anwen- toren
dungen, klares
Ergebnis
Strategische
komplexe BeNachteil
(nicht quantifirechnung, keine
zierte) Potenzi- einheitliche Anale sind nicht
wendung
darstellbar.
ProzessShareholderkosten
valuetree
Kosten und Nut- Nutzen
zen
ja
bedingt
ja
ja
nein
ja
genaue Zuordnung von Kosten und Nutzen
zum Prozess
Berücksichtigung
aller Effekte,
kombinierbar mit
anderen Verfahren
unzureichende keine einheitBerücksichtigung liche Anwenstrategischer
dung, Aussagekraft hängt von
Potenziale
Genauigkeit der
Analyse ab
Tabelle 4-11: Bewertungsverfahren für RFID-Anwendungen im Vergleich
Die beiden folgenden Abschnitte zeigen die Anwendung o.g. Verfahren zur Bewertung von lokalen und globalen RFID-Systemen. Dabei bildet die Identifikation von relevanten Kosten- und Nutzenfaktoren in Abhängigkeit vom Systemtyp sowie der Betrachtungsperspektive (operativ oder strategisch) den Schwerpunkt.
4.5.2 Bewertung der Nutzeneffekte
Die Bewertung der Nutzeneffekte von RFID-Systemen ist subjektiv, d.h. sie erfolgt
aus unterschiedlichen Perspektiven. Während bspw. der lokale Projektmanager am
ROI von Einzelprojekten interessiert ist, betrachtet der Supply-Chain-Manager den
Mehrwert von RFID-Systemen im gesamten Liefernetzwerk. Letzterer benötigt die
Daten der Einzelprojekte. In der Gesamtbetrachtung können auch Projekte, die einzeln betrachtet keinen positiven ROI aufweisen, einen Mehrwert erwirtschaften.
146
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
Bewertung einzelner RFID-Projekte
Nutzeneffekte von RFID-Systemen sind qualitativ oder quantitativ bewertbar. Da die
gebräuchlichen Verfahren der Investitionsrechnung, wie z.B. die Kosten-Nutzen-Vergleichsrechnung, eine monetäre Größe berechnen, ist eine Quantifizierung der Nutzenpotenziale anzustreben. Bei Ratio-Potenzialen, z.B. beschleunigter Behälterumlauf, quantifizieren die resultierenden Kosteneinsparungen den Nutzen, in diesem Beispiel die Verringerung des Behälterbestands. Bei den qualitativen Potenzialen wie
bspw. die genauere Kenntnis von Behälterbewegungen ist eine Bewertung nur mittels
zusätzlicher Annahmen über die Verwendung dieser Information möglich. Denkbar
sind Prozessanpassungen, die zur Effizienzsteigerung beitragen. Ein weiteres Hilfsmittel, das die Identifikation monetärer Auswirkungen unterstützt, ist die Verwendung
von Ursache-Wirkungsketten (s. Abschnitt 4.5.1).
Zur Überprüfung der Nachhaltigkeit einer möglichen Investition in RFID-Systeme
sind die Nutzeneffekte über mehrere Jahre hinweg zu betrachten. Die Gründe hierfür
sind erstens, dass einige Effekte einmalig wirksam werden, wie z.B. die Reduzierung
einer Behälterflotte. Zweitens ist ein Vergleich mit den im ersten Jahr getätigten Anfangsinvestitionen nur bei einer Verteilung dieser einmaligen Kosten über mehrere
Jahre sinnvoll. Als Zeitraum eignet sich die Abschreibungsperiode der Investition mit
deren Kosten der Vergleich erfolgt. Über diesen Zeitraum sind die erwarteten Einsparungen sowie Ertragszuwächse nach Art einer Pro-forma-Rechnung des Cashflows zu ermitteln. Die Annahme, dass bestimmte Einsparungen, wie z.B. die Einsparung von manuellem Aufwand oder von Lagerfläche, über den Betrachtungszeitraum von bis zu sechs Jahren gleich hoch sind, sowie der Verzicht auf die Abzinsung
von Zahlungen vereinfacht die Berechnung. Dies schränkt die Aussagekraft bzgl. eines möglichen Mehrwerts des RFID-Einsatzes, entsprechend der Fragestellung dieser
Arbeit, nicht ein.
Die Bewertung des Nutzens erfolgt in Anlehnung an [Subirana et al. 2003] prozessorientiert und bezogen auf die aktuelle (Ist-)Situation. Tabelle 4-12 stellt eine Vorlage
zur Durchführung der Nutzenbewertung eines RFID-Projekts dar. Das Schema unterscheidet zwischen einmaligen und laufenden Einsparungen bzw. Erträgen. Zur weiteren Detaillierung verwendet das Schema aus der Bilanzanalyse bekannte Positionen,
wie z.B. Personalaufwand oder Abschreibungen als Einzelpositionen der laufenden
Einsparungen. Den Positionen sind die verschiedenen geplanten Nutzeneffekte, die
das RFID-System im Vergleich zur Ist-Situation bewirken soll, zugeordnet. Im dargestellten Beispiel führen höhere Prozesseffizienz und geringerer Nachbearbeitungsaufwand zu Einsparungen beim Personalaufwand in Höhe von 500 Euro. Der Gesamtnutzen errechnet sich durch die Aufsummierung der laufenden Einsparungen und
Erträge sowie die durch den Betrachtungszeitraum geteilten einmaligen Effekte. Zur
Reduzierung des Risikos von Fehlschätzungen eignet sich die zusätzliche Berechnung
4.5 Kosten-Nutzen-Bewertung von RFID-Anwendungen
147
eines Worst-Case-Szenarios, das unsichere Positionen, wie insb. die strategischen
Fehlerfolgekosten oder die zusätzlichen Erträge, geringer oder gar nicht berücksichtigt. Aufwendigere Schätzverfahren beschreiben die Nutzeneffekte durch mathematische Modelle in Abhängigkeit von Zufallsvariablen und berechnen Ergebnisse
durch Simulation.
IST
Einmalige Einsparungen und Erträge (5 Jahre)
PLAN
151.000 €
- Desinvestitionen / Verkauf von Produktionsmitteln
- Strategische Fehlerfolgekosten
Laufende Einsparungen (jährlich)
- Personalaufwand (manueller Aufwand)
o höhere Prozesseffizienz
o geringerer Nachbearbeitungsaufwand
- Material- und Betriebsaufwand
o geringere Bestände
o geringerer Lagerflächenbedarf
- Abschreibungen / vermiedene Investitionen
o geringerer Schwund
o geringerer Verschleiß
- Kundenverbindlichkeiten
o geringere Kulanzleistungen
o geringere Vertragsstrafen
Laufende zusätzliche Erträge (jährlich)
1.000 €
0€
100.000 €
50.000 €
40.000 €
30.000 €
70.000 €
7.000 €
3.000 €
45.000 €
4.000 €
1.000 €
10.000 €
10.000 €
5.000 €
35.000 €
150.000 €
120.000 €
80.000 €
50.000 €
25.000 €
- Preiserhöhung bestehender Leistungen
- gestiegene Kundennachfrage
- neues Geschäftsmodell
Gesamtnutzen (jährlich, 5 Jahre)
0€
10.000 €
25.000 €
165.200 €
Tabelle 4-12: Nutzenbewertung von RFID-Projekten mit fiktiven Zahlen118
Bewertung aus Perspektive des SCMs
Aus zwei Gründen kann eine zusätzliche Bewertung von RFID-Systemen aus Perspektive des SCMs notwendig sein. Erstens sind einige Effekte erst bei Betrachtung
der Gesamtperformanz des Liefernetzwerkes messbar. Zum Beispiel ist die durch zuverlässigere Sendungszusammenstellung beim Zulieferer erreichte Einhaltung von
Lieferterminen gegenüber dem Endkunden nur in der Gesamtbetrachtung sichtbar.
Zweitens ist eine Zuordnung von Nutzeneffekten zu den selbstständigen Unternehmen
bzw. Abteilungen notwendig, die über die Finanzierung der Infrastruktur entscheiden.
Die Bewertung des möglichen Nutzens zuerst auf Projekt- bzw. Einzelunternehmensebene und dann die Aggregation in einem Sharholdervalue-Baum zu einer Gesamtbetrachtung ist hierfür eine mögliche Vorgehensweise. Tabelle 4-13 ordnet verschiedene
118
Die beschriebenen Nutzeneffekte erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
148
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
Nutzeneffekte und Kosten den Wertschöpfungspartnern Zulieferer und Fahrzeughersteller zu.
Nutzen
Kosten
Zulieferer
- Produktionsautomation
- Sendungszusammenstellung
- Infrastruktur
- Transponder
-
Fahrzeughersteller
Lagermanagement
Konfigurationsmanagement
Lieferservicegrad
Produktionsautomation
Infrastruktur
Tabelle 4-13: Zuordnung von Nutzen und Kosten zu Wertschöpfungspartnern
Abbildung 4-16 aggregiert entsprechend die in der Studie [Fleisch et al. 2004a] ermittelten subjektiven Einschätzungen zu möglichen Nutzeneffekten, die verschiedene
Zulieferer und Fahrzeughersteller angegeben haben. Die meisten Nennungen sind
dem Bereich Kostensenkung (entspricht Prozesseffizienzsteigerung) zugeordnet. Teils
sind die genannten Aufwandspositionen, wie z.B. Schwund oder Kosten für Rückrufaktionen, in den Kostenrechnungen der Unternehmen enthalten. Ebenso liegen für
Prozesse zunehmend detaillierte Aktivitätsbeschreibungen mit Ressourcenbedarfen
vor, welche die Unternehmen z.B. zu Prozess-Benchmarks verwenden [vgl. Luczak et
al. 2001]. Auf Basis dieser Informationen lassen sich Einsparungen durch Automatisierung von Aktivitäten berechnen. Unsicherheit besteht jedoch bzgl. des Ausmaßes
der realisierbaren Verbesserungen durch RFID. So ist anzunehmen, dass RFID-Systeme Fehlerfolgekosten nicht vollständig beseitigen, sondern allenfalls eine Reduzierung bewirken. Gleiches gilt für die Effekte zur Senkung der Kapitalkosten.
Eine Prozessreorganisation kann den Wirkungsgrad von RFID-Systemen erhöhen oder ist sogar Voraussetzung. Zum Beispiel kann eine Einschränkung der Transportrouten von Behältern, sodass eine vollständige Erfassung durch eine RFIDInfrastruktur möglich ist, Schwund zuverlässig verhindern. Outsourcing erfordert die
Definition neuer zwischenbetrieblicher Prozesse und eines Geschäftsmodells zur Verrechnung der Leistungen. Bezüglich der durch neue Geschäftsmodelle erzielbaren
zusätzlichen Umsätze, z.B. durch Zusatzdienstleistungen oder höhere Kundenbindung, ist ebenfalls von weiteren Faktoren abhängig, insb. vom Kundenbedarf an der
neuen Leistung und der Gestaltung des Preismodells.
4.5 Kosten-Nutzen-Bewertung von RFID-Anwendungen
149
Erwartete Auswirkungen von RFID (Angaben aus der Studie)
Höherer Servicegrad (heute: 96 – 99%)
Umsatzanstieg
Zusatzdienstleistungen (z.B. Individualisierung)
Höhere Kundenbindung (z.B. durch Prozesszuverlässigkeit)
Schließung von Graumärkten (betrifft 10% der verkauften Ersatzteile)
Erhöhung
EBDIT
+
Höhere Prozesseffizienz (Einsparung von 10 – 30% Produktionskosten)
Vermeidung von Umetikettierungen (bis zu 3 Umetikettierungen / Lieferung)
Kostensenkung
Reduzierung Fehlerfolgekosten (bei 0,5 – 2% der Lieferungen)
Reduzierung der Rückrufkosten (heute: > 1 Mrd. Euro in Europa)
Steigerung
Unternehmenswert
Reduzierung von Schwund (geringer Schwund tritt auf)
+
Senkung
Umlaufvermögen
Senkung
Kapitalkosten
Geringere Sicherheitsbestände (z.B. bis zu 75% Reduzierung am Band)
Reduzierung von Beständen in Transit (z.B. durch verkürzte Bestellzyklen)
Reduzierung von Abschreibungen auf Lagerbestand (Wertverlust bei
bestimmten Gütern, z.B. Reigen, Chemikalien, Elektronik)
+
Senkung
Anlagevermögen
Erhöhung der Ressourcenauslastung (z.B. im Behältermanagement)
Reduzierung von Schwund (z.B. 4 – 8% Behälterschwund pro Jahr)
Outsourcing des Behältermanagements (Bereitstellung durch LDL)
Abbildung 4-16: Shareholdervalue-Baum der RFID-Auswirkungen [Fleisch et al. 2004b]
4.5.3 Bewertung der Kosten
Die Kosten von RFID-Systemen entstehen durch Hardware-Komponenten (Transponder, Lesegeräte, Antennen, Verkabelung bzw. WLAN und Server), Software (Middleware), Integration, und Wartung [vgl. Dunlap et al. 2003]. Aus der Systemplanung
lässt sich ein Mengengerüst der benötigten technischen Komponenten ableiten und die
Gesamtkosten durch Multiplikation mit den Stückpreisen ermitteln. Dabei erschweren
die Komplexität der logistischen Systeme, die Preisvarianz der technischen Komponenten sowie die Abschätzung der Integrationskosten eine exakte Kostenbestimmung:
Hohe Komplexität besitzen logistische Systeme, die mehrere Wertschöpfungsstufen
oder ungeführte Prozesse umfassen. Bei mehreren Wertschöpfungsstufen können unterschiedliche Systemvoraussetzungen vorhanden sein, z.B. unterschiedliche Frequenzbereiche von RFID-Systemen. Verschiedene Infrastrukturgegebenheiten, z.B.
das Vorhandensein von WLAN, Internetanschlüssen oder ERP-Systemen, beeinflussen die Auswahl geeigneter RFID-Systemkomponenten. Ungeführte Prozesse erfordern Flexibilität des RFID-Systems, bspw. weiträumige Infrastrukturabdeckung in
Verbindung mit flexibler Steuerungssoftware. Ein Pilotversuch zum Tracking von Behältern verdeutlichte einem Fahrzeughersteller die Komplexität der Systemplanung
bei ungeführten Prozessen. Trotz RFID-Erfassungsgeräten an allen zuvor anhand der
Prozessbeschreibung identifizierten Übergangspunkten zwischen verschiedenen Hallen wechselten Gestelle ohne Erfassung durch das System den Ort. Es stellte sich heraus, dass Mitarbeiter anstatt der im Plan vorgesehenen Route eine Abkürzung nahmen.
150
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
Sinkende Preise von RFID-Systemkomponenten lassen Kostenberechnungen schnell
veralten. Ursache hierfür sind technologische Entwicklungen sowie Skaleneffekte.
Deshalb ist die Aufstellung von Kostenmodellen sinnvoll, bei denen die Preise der
kostenbestimmenden Systemkomponenten austauschbar sind. Dies unterstützt die
Durchführung einer Sensitivitätsanalyse zur Ermittlung des Grenzpreises, ab dem das
RFID-System wirtschaftlich ist.
Unsicherheit bei der Abschätzung des Integrationsaufwandes besteht wegen fehlender
Erfahrung in der Einführung komplexer RFID-Systeme. So lange von Softwareherstellern angekündigte Middleware-Produkte, die RFID-Systeme mit Plug&Play-Eigenschaften ausstatten, nicht verfügbar sind, müssen die Anwender individuelle Integrationslösungen entwickeln. Ebenso besteht Unsicherheit bzgl. des Nachbesserungsbedarfs, der sich erst im laufenden Betrieb zeigt, z.B. wenn im Dauerbetrieb Probleme
bei der Erfassungszuverlässigkeit auftreten.
Die Kostenstruktur von RFID-Systemen ist mit anderen Auto-ID-Systemen vergleichbar, die einen Datenträger zur Identifikation verwenden (s. Abschnitt 2.4):
• Datenträgerkosten. Die Kennzeichnung eines Objekts ist auf einem Datenträger, z.B. Papier, Magnetkarte oder Mikrochip, gespeichert. Die Datenträgerkosten hängen von der Beschaffenheit der Datenträger, der Wiederverwendbarkeit sowie der Anzahl der gekennzeichneten Objekte ab.
• Infrastrukturkosten. Zur Infrastruktur gehören die Hardware-Komponenten
Antennen, Lesegeräte, Verkabelung bzw. WLAN und Server sowie die Software (Middleware) und ggf. bezogene Dienstleistungen, wie z.B. die Nutzung
extern betriebener Infrastruktursysteme. Der Anteil der Infrastrukturkosten an
den Gesamtkosten sinkt mit der Anzahl der erfassten Objekte. Während die
Kosten für Hardware-Komponenten proportional zur Ausbreitung der Infrastruktur entstehen, sinkt der Anteil an Software und Dienstleistungen mit der
Ausbreitung.
• Integrationskosten. Im engeren Sinne gehören zu den Integrationskosten die
Kosten für die Montage und Konfiguration des RFID-Systems sowie die Anpassung vorhandener IT-Systeme, wie z.B. die Bereitstellung von Schnittstellen, Anpassung von Systemkonfigurationen oder von Datenmodellen. Im weiteren Sinne umfasst die Integration auch das Management des Einführungsprojekts, Prozessanpassungen und Betriebsunterbrechungen sowie Schulungen.
• Wartungskosten. Zu den Wartungskosten gehören der Kontroll- und Reparaturaufwand, Ersatz für defekte Hardware und nachträgliche Systemanpassungen.
Im Gegensatz zu papierbasierten Identifikationssystemen verursachen RFID-
4.5 Kosten-Nutzen-Bewertung von RFID-Anwendungen
151
Systeme einen geringeren Wartungsaufwand, da sie weniger Verschleißteile
besitzen und keine Nachbefüllung notwendig ist.
Das in Tabelle 4-14 dargestellte Schema zur Durchführung der Kostenberechnung unterscheidet zwischen einmaligen und laufenden Kosten. Zur Berechnung der jährlichen Kosten verteilt das Verfahren die einmaligen Kosten auf den Abschreibungszeitraum (analog zur Berechnung des monetären Nutzens, s.o.). Durch geeignete Finanzierungsmodelle, wie z.B. Kreditfinanzierung durch die Hausbank oder Leasing beim
Technologieanbieter, lassen sich einmalige Kosten in laufende umwandeln. Einige
Technologieanbieter bieten innovative Finanzierungsmodelle an. Zum Beispiel stellt
ein Softwareanbieter seinen Kunden Transponder „kostenlos“ zur Verfügung.119
Einmalige Kosten (Abschreibungsperiode 5 Jahre)
- Infrastruktur
o Antennen
o Lesegeräte
o Middleware
o Server
o Verkabelung / WLAN
- Datenträger
o Wiederverwendbare Datenträger
o Spezialummantelung
- Integration
o Projektmanagement
o Montage / Konfiguration der Hardware
o Anpassungen vorhandener Systeme
o Prozessanpassungen / Betriebsunterbrechung
o Schulung
Laufende Kosten (jährlich)
- Datenträger
o Einwegdatenträger
o Anbringung
- Wartung
o Kontroll- und Reparaturaufwand
o Ersatz defekter Hardware
o Anpassungen der Konfiguration
- Externe Dienstleistungen
o Miete / Leasing
o Bezug von Nummernkreisen
Zusätzliche Kosten Plansystem (jährlich, 5 Jahre)
IST
PLAN
110.500 €
15.500 €
4.000 €
6.000 €
2.500 €
2.000 €
1.000 €
0€
0€
0€
95.000 €
25.000 €
8.000 €
40.000 €
10.000 €
2.000 €
27.500 €
2.500 €
1.500 €
1.000 €
25.000 €
20.000 €
5.000 €
0€
0€
0€
0€
167.000 €
152.000 €
150.000 €
2.000 €
15.000 €
10.000 €
4.000 €
1.000 €
0€
0€
0€
161.600 €
Tabelle 4-14: Vorlage für die Kostenbestimmung von RFID-Systemen mit fiktiven Zahlen
Zur Bestimmung des Mehrwerts von RFID-Systemen konzentrieren sich die folgenden Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen auf die für die jeweilige RFID-Lösung kosten119
Die RFID-Infrastruktur bietet das Unternehmen im Rahmen eines Leasing-Modells an [Seeburger 2004].
152
4 Auswirkungen der Realwelt-Integration in SCM-Systeme
bestimmenden Faktoren Transponder, Infrastruktur und Integration im engeren Sinn.
Das Ausmaß des Einflusses dieser Kostenfaktoren auf die Gesamtkosten ist von der
Anzahl der Objekte sowie der Wiederverwendbarkeit der Transponder abhängig.
Tabelle 4-15 gibt für verschiedene Systemtypen die wesentlichen kostenbestimmenden Komponenten an.
Wenige Objekte
Viele Objekte
Wiederverwendbar
- Infrastruktur und Integration
- Infrastruktur, Integration und
Transponder
Nicht wieder verwendbar
- Infrastruktur, Integration und
Transponder
- Transponder
Tabelle 4-15: Kostenbestimmende Komponenten von RFID-Systemen
Anwendungen mit wiederverwendbaren Transpondern
Bei Wiederverwendbarkeit der Transponder lassen sich deren Kosten der Infrastruktur
zuordnen und entsprechend behandeln. Je weniger Objekte das System umfasst, desto
mehr dominieren die Infrastrukturkosten. Anwendungen, bei denen die Infrastrukturkosten höher sind als die Transponderkosten, sind bspw. solche im Produktionsmittelmanagement, wie z.B. die Ausrüstung von Gabelstaplern oder Spezialgestellen. Bei
der Ausrüstung größerer Behälterpools, wie z.B. von Standardbehältern, tragen die
Transponder mindestens im gleichen Ausmaß zu den Gesamtkosten bei wie die Infrastruktur.
Offene Anwendungen mit vielen Objekten
Bei offenen Anwendungen mit großer Objektanzahl (Massenanwendungen) ohne
Möglichkeit der Wiederverwendung von Transpondern, wie bspw. bei der Ausstattung von Einzelteilen, bestimmen die Transponderpreise die Gesamtkosten des Systems. Dies zeigen Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen zum RFID-Einsatz im Liefernetzwerk des Handels [vgl. Metro 2004]. Deshalb liefert eine Kosten-NutzenBetrachtung, die ausschließlich die Transponderpreise berücksichtigt, eine akzeptable
Näherungslösung. Durch Gegenüberstellung der über den Lebenszyklus des Objekts
aufsummierten Nutzenpotenziale (z.B. gesamte Zeitersparnis durch automatische Identifikation) lässt sich ein Grenzpreis pro Transponder bestimmen, bei dessen Überschreiten die Anwendung unwirtschaftlich ist. Beispiele für Anwendungen mit wenigen Objekten ohne Wiederverwendung der Transponder sind dem Autor nicht bekannt.
5.1 Auswahl und Aufbereitung von Fallstudien
153
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
Die fünf in diesem Kapitel dargestellten Fallstudien bewerten Nutzeneffekte und Kosten des RFID-Einsatzes anhand verschiedener Anwendungen. Dabei handelt es sich
um Einzelbeispiele, die jeweils unterschiedliche Einsatzbedingungen und RFID-Lösungen aufzeigen. Die in den Projekten dargestellten Prozessauswirkungen fundieren
die im Erklärungsmodell postulierten Auswirkungen von RFID (s. Kapitel 4). Da sich
die Fallstudien nicht auf den aktuellen Stand der RFID-Systeme beschränken, sondern
auch zukünftige Ausbaupläne entsprechend des Diffusionsmodells (s. Abschnitt 4.3)
beschreiben, ist eine Ableitung von Effekten zweiter und dritter Ordnung möglich.
Der folgende Abschnitt beschreibt die Kriterien zur Auswahl der Fallstudien und den
für die anschließende Aufbereitung verwendeten Strukturierungsrahmen. Nach der
Einzeldarstellung der Fallstudien folgen eine zusammenfassende Analyse der identifizierten Effekte erster, zweiter und dritter Ordnung sowie die Einordnung der Anwendungen in das Diffusionsmodell (vgl. Abschnitt 4.3). Abschließend leitet dieses Kapitel aus den Erfahrungen, die Unternehmen im Rahmen der untersuchten RFID-Projekte gesammelt haben, durch Generalisierung kritische Erfolgsfaktoren ab.
5.1 Auswahl und Aufbereitung von Fallstudien
Die nachfolgend beschriebenen Auswahlkriterien unterstützen die Aussagekraft der
Fallstudien zur Beurteilung des Mehrwertes von RFID im SCM der Automobilindustrie. Die Aufbereitung der Ergebnisse gemäß einem Strukturierungsrahmen erleichtert
die vergleichende Betrachtung. Vor der detaillierten Darstellung der Fallstudien folgt
ein Überblick der betrachteten RFID-Projekte.
5.1.1 Kriterien der Auswahl
Die Erhebung der Fallstudien konzentrierte sich auf große Unternehmen der europäischen Automobilindustrie, d.h. Zulieferer, Fahrzeughersteller und LDL. Dieses Auswahlkriterium unterstellt, dass große Unternehmen aufgrund ihrer fokalen Stellung im
Liefernetzwerk die Standardisierung und Verbreitung der RFID-Technologie vorantreiben, während kleinere Unternehmen eher die Existenz von Standards abwarten.
Durch Pilotanwendungen oder operative Anwendungen gewonnene Erfahrungen mit
der Anwendung von RFID-Systemen waren eine Voraussetzung für die Eignung von
Unternehmen zur Erhebung einer Fallstudie. Vorhandene Erfahrungen erhöhen die
Wahrscheinlichkeit, dass die Projekte zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit geeignet
sind und nicht nur auf die technische Machbarkeit fokussieren. Die falsche Einschätzung der technischen Möglichkeiten von RFID-Systemen ist derzeit ein Grund
für das Scheitern von RFID-Projekten (vgl. Abschnitt 3.4.3).
154
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
Die untersuchten RFID-Projekte fokussieren auf die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsanalyse. Bei einigen Fallstudien befindet sich die RFID-Technologie im prototypischen Einsatz. Die Verwendung derartiger Fallstudien ist bspw. im Rahmen der
Prototypenforschung in der Wirtschaftsinformatik üblich [vgl. Scheer 2003]. Für die
Auswahl von Pilotanwendungen in dieser Arbeit war entscheidend, dass diese neben
dem Nachweis der technischen Machbarkeit auch eine Kosten-Nutzen-Analyse ermöglichten.
Die in den Fallstudien beschriebenen RFID-Projekte verfolgen eine nachhaltige Prozessinnovation. Das heißt sie beinhalten neuartige Lösungen, die ein Potenzial zur
Steigerung der Prozesseffizienz oder -qualität bzw. Änderung der Prozesse oder Geschäftsmodelle besitzen. Dies umfasst bspw. Anwendungen im Behältermanagement
und zur Materialflussverfolgung, nicht jedoch den seit mehr als zehn Jahren in der
Automobilindustrie praktizierten Einsatz von RFID zur Überwachung des Fertigungsfortschritts. Die Lösungen sollen auf andere Unternehmen der Automobilindustrie,
welche die gleichen Prozesse verwenden, übertragbar sein. Potenzielle Anwender von
RFID in verwandten Gebieten, z.B. im SCM anderer Branchen, haben die Möglichkeit, die Erkenntnisse durch erfahrungsbasierte Generalisierung auch für ihre Anwendungen zu nutzen [vgl. Stake, 85 ff.].
Die untersuchten Anwendungen unterscheiden sich in den mit RFID gekennzeichneten logistischen Objekten und den unterstützten Prozessen. Die Anwendungen lassen
sich unterschiedlichen Ausbaustufen des RFID-Diffusionsmodells zuordnen. Sie stellen Referenzlösungen dar, aus denen sich für die entsprechende Ausbaustufe geltende
(situative) Anforderungen ableiten lassen.
Die RFID-Systeme kommen zur Unterstützung von gemäß heutigem Stand „gut“ organisierter Prozesse zum Einsatz. Dies soll gewährleisten, dass gemessene Nutzeneffekte auf den RFID-Einsatz zurückzuführen und nicht auf anderem Weg, z.B. ausschließlich durch Maßnahmen der Prozessreorganisation, erreichbar sind. Hiervon zu
unterscheiden sind Prozessreorganisationen, die erst durch den Einsatz von RFID
möglich werden und somit als Nutzeneffekt der Technologie zu betrachten sind.
Die Möglichkeit der Involvierung des Autors bei den Projekten über einen Zeitraum
von mindestens einem Jahr zur Beobachtung, gemeinsamen Reflexion mit den Projektbeteiligten und Gestaltung der Projektergebnisse unterstützte die Validierung des
Erklärungs- und des Beschreibungsmodells durch deren praktische Anwendung sowie
die Ableitung kritischer Erfolgsfaktoren.
5.1 Auswahl und Aufbereitung von Fallstudien
155
5.1.2 Durchführung der Fallstudien und Struktur der Aufbereitung
Jede Fallstudie basiert auf mehreren Experteninterviews mit Projektbeteiligten.120 Die
Verwendung eines Interviewleitfadens, den die Interviewpartner vor Durchführung
des Interviews erhielten, erleichterte die strukturierte und vollständige Erfassung der
relevanten Daten. Interviews mit weiteren Projektbeteiligten, z.B. aus anderen Abteilungen, oder später durchgeführte Anschlussinterviews ergänzten die Angaben aus
dem Erstinterview. Der Interviewleitfaden und die Aufbereitung verwenden die gleiche Struktur, deren Elemente nachfolgend beschrieben sind.
Ausgangslage und Handlungsbedarf. Die Untersuchung beginnt mit der Beschreibung
der Ausgangssituation, die dem Leser einen Überblick über das Anwendungsgebiet,
die zu unterstützenden Prozesse und Ziele des RFID-Einsatzes vermittelt. Die Beschreibung motiviert den Handlungsbedarf zur Einführung von RFID durch konkrete
Verbesserungspotenziale, die Prozessverantwortliche identifiziert haben.
Prozessbeschreibung zur Identifikation möglicher Nutzeneffekte. Die Fallstudien stellen die untersuchten Prozesse als Aufgabenkettendiagramme dar.121 Die Darstellung
konzentriert sich auf die Aktivitäten des Materialflusses, die das mit RFID ausgestattete Objekt betreffen. Der Detaillierungsgrad ist so gewählt, dass insb. die Aktivitäten
einzeln sichtbar sind, bei denen RFID zum Einsatz kommt, während andere Aktivitäten aggregiert dargestellt sind.
RFID-Lösung und Umsetzungsstatus. Die RFID-Lösung zeigt den Beitrag der Technologie zum Erreichen der durch den Handlungsbedarf vorgegebenen Ziele. Die Lösungsbeschreibung beinhaltet Angaben zu dem verwendeten RFID-System, dessen Integration mit anderen IT-Systemen, ausgelösten Prozessänderungen, dem Status des
RFID Projekts sowie subjektiven Erfahrungen der Projektbeteiligten.
Kosten-Nutzen-Bewertung. Die Bewertung der RFID-Lösungen erfolgt anhand einer
Kosten-Nutzen-Vergleichsrechnung (s. Abschnitt 4.5.2). Da zum Zeitpunkt der Aufnahme der Fallstudien noch keine Daten über den operativen Betrieb vorlagen, verwendet die Bewertung prototypisch gewonnene Daten, um Annahmen bzgl. der Nutzenpotenziale von RFID für die untersuchte Anwendung abzuleiten. Die quantitative
Kosten-Nutzen-Rechnung berücksichtigt nur solche Nutzenpotenziale, zu deren Bewertung Projektbeteiligte aus den Unternehmen veröffentlichbare Angaben gemacht
haben. Darüber hinaus sind jeweils auch qualitative (nicht quantifizierte) Nutzen-
120
121
Das Vorgehen bei der Erstellung der Fallstudien orientiert sich in wesentlichen Elementen an [Yin 1994].
Ein
Verzeichnis aller Experteninterviews befindet sich in Anhang C.
Die verwendete Notation ist angelehnt an die Methode PROMET [vgl. Österle 1996, 223 f.].
156
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
potenziale aufgeführt.122 Falls der Leser für eine ähnliche Anwendung eine Nutzenrechnung aufstellen möchte, kann er die Nutzenpotenziale anhand der Kenntnis seiner
Situation bewerten und in die Berechnung einbeziehen. Die Kosten-Nutzen-Bewertung ist um die Betrachtung von Risiken ergänzt.
Ausblick. Die Fallstudien schließen mit einem möglichen Entwicklungspfad des
RFID-Einsatzes bzgl. der untersuchten Anwendung. Hierzu zählen Pläne für die Ausrollung der untersuchten Piloten sowie geplante Ausbaustufen zur Erweiterung der
Funktionalität.
5.1.3 Überblick
Dieses Kapitel behandelt fünf Projekte, bei denen RFID-Systeme in Verbindung mit
unterschiedlichen Logistikobjekten und betrieblichen Aufgaben zum Einsatz kommen
(s. Tabelle 5-1).
Objekt
Spezialbehälter
Standardbehälter
Kleinladungsträger
(KLT)
Packstück
Reifen
Prozesse / Aufgaben
Behältermanagement, Bereitstellung,
Inventur
CKD-Versand, Behältermanagement,
Bereitstellung, Inventur
Teileversorgung, Umschlag, Versandkontrolle, Wareneingangskontrolle
CKD-Versand, Versandkontrolle
Distribution, Montage, Dokumentation,
Rückruf
Unternehmen
Volkswagen
Volkswagen, ISAR
ISAR, Logistikdienstleister123
BLG IL, ISAR
Continental
Tabelle 5-1: Übersicht der Fallstudien
Zwei Fallstudien untersuchen den Einsatz von RFID im Behältermanagement, wobei
es sich in einem Fall um lokal verwendete Spezialladungsträger und im anderen um
im Überseeverkehr (CKD-Prozess) eingesetzte Standardbehälter handelt. Beide Projekte verfolgen das Ziel mittels Visibilität der Behälterbestände und -bewegungen
eine bessere Auslastung und Verfügbarkeit zu erreichen. Ein weiteres Projekt, das
sich mit der Verfolgung von KLTs beschäftigt, fokussiert auf die Überwachung des
Materialflusses und Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung durch automatische Wareneingangskontrollen sowie Vermeidung mehrfacher Etikettierungen. Zur Eliminierung von Fehlern im Materialfluss bzw. um aufwendige manuelle Kontrollen zu vermeiden, überprüfte der Logistikdienstleister BLG IL im Rahmen eines Pilotprojektes
die Verwendung von RFID-Etiketten zur Kennzeichnung von Packstücken und Si-
122
Zum Beispiel wollten einige Unternehmen aus Wettbewerbsgründen quantitative Angaben zu ihren Prozessen nicht veröffentlichen.
123
Der Logistikdienstleister führt im Auftrag von VW den Umschlag von KLTs durch.
5.2 Management von Spezialgestellen bei Volkswagen
157
cherstellung der korrekten Sendungszusammenstellung. Continental evaluierte in einem Konzept den möglichen Mehrwert des Einsatzes von RFID zur Kennzeichnung
von Reifen in der Belieferung der Fahrzeughersteller und berücksichtigte auch Effizienzsteigerungen durch automatische Dokumentation der Montage beim Fahrzeughersteller. Die Arbeitsgruppe ISAR begleitete die RFID-Projekte zum Management
von Standardbehältern im CKD-Prozess bei Volkwagen, zur Kontrolle der Sendungszusammenstellung bei der BLG IL und zu RFID-KLTs.
5.2 Management von Spezialgestellen bei Volkswagen
Der Automobilhersteller Volkswagen (VW) nutzt ein RFID-System für die Verfolgung von teuren Spezialgestellen, die für den Transport von Pressteilen zum Einsatz
kommen. Die automatische Erfassung der Behälterbewegungen soll helfen, den Behälterumlauf zu beschleunigen, Suchaktionen oder Verzögerungen in der Produktion
wegen fehlender Behälter zu vermeiden und den Behälterbestand insg. zu reduzieren.
Falls das derzeit für die Fertigung des Fahrzeugmodells Golf V verwendete System
den erwarteten Nutzen erzielt, soll es zukünftig auch in anderen Fertigungsbereichen
und Behältertypen zum Einsatz kommen.
5.2.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf
Für den Transport von empfindlichen Pressteilen (z.B. Tür oder Motorhaube) verwendet VW Spezialgestelle, die durch spezielle Haltevorrichtungen an einzelne Fahrzeugmodelle und Teiletypen angepasst sind. Die Gestelle kosten zwischen 500 und
1.500 Euro pro Stück. Sie werden benötigt, um Karosserieteile im Presswerk in
Wolfsburg abzuholen und zur Rohbaumontage in verschiedene Fertigungswerke zu
bringen. Stehen die Gestelle nicht in ausreichendem Menge entsprechend der geplanten Fertigungslosgröße zur Verfügung, müssen die Mitarbeiter die Produktion unterbrechen oder gar beenden. In Ausnahmefällen erfolgt die Lagerung oder der Versand
der gepressten Teile in Sonderverpackung (Einwegverpackung).
Bisher fehlen zuverlässige Informationen über die jeweiligen Bestände dieser Gestelle, die an drei Fertigungsstandorten in Europa zum Einsatz kommen. Zwar verwendet
VW die selbst entwickelte Software LISON (Ladungsträgerinformationssystem Online) zur Verwaltung der Behälterbestände, aber die Daten im System stimmen häufig
nicht mit der Realität überein, da Fehler bei der manuellen Datenerfassung auftreten.
Das Management von Spezialladungsträgern möchte VW aus folgenden Gründen effizienter gestalten:
• Jährlich verschwinden durchschnittlich 5 % der Gestelle aus dem Kreislauf.
Die vermuteten Ursachen hierfür sind, dass die Gestelle z.B. bei Spediteuren
falsch abgestellt oder einer nicht sachgemäßen Nutzung zugeführt wurden.
158
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
• Regelmäßig müssen Mitarbeiter Behälter suchen. Die Behälter sind bis zu ihrem Auffinden unproduktiv und nehmen Lagerfläche in Anspruch.
• Um einen zuverlässigen Überblick über den Behälterbestand zu erhalten, sind
manuelle Inventuren notwendig, da bei der Rückführung der Behälter in den
Pool keine exakten Zählungen erfolgen.
• Es treten Fehler beim Versand auf. Als Folge erreichen Lieferungen den Bestimmungsort verspätet oder verursachen zusätzliche Kosten wegen Nachlieferungen, Sonderfahrten, Sonderverpackungen oder Produktionsausfällen.
5.2.2 Prozess Einsatz von Spezialladungsträgern
Der Prozess des Einsatzes von Spezialladungsträgern (s. Abbildung 5-1) beginnt mit
der Beschaffung und Bereitstellung der Ladungsträger. Es folgt die Verpackungs- und
Versandabwicklung im Presswerk, der Wareneingang im Montagewerk und die Rückführung der leeren Spezialbehälter durch die Werkslogistik. Folgende Abschnitte beschreiben die Teilprozesse des Behälterflusses sowie Verbesserungsmöglichkeiten.
PRESSWERK
WERKSLOGISTIK
MONTAGEWERK
Spezialladungsträger suchen
oo
Beschaffung der
Spezialladungsträger
Wareneingangsbuchung
Bestand
einbuchen
Entladung der
Pressteile
Beladung mit
Pressteilen
Bereitstellung im
Presswerk
Sammlung leerer
Spezialladungsträger
Etikettierung
Transport zum
Montagewerk
Bereitstellung zur
Abholung
Rückführung
Leergut
Produktion
unterbrechen
Ersatzverpackung
Legende
Aufgabe
IT-gestützte Aufgabe
direkte Abfolge
Reinigen und
Reparieren
o
Inventur
Abfolge mit zeitlicher
Unterbrechung
oder
Nutzeneffekte durch
RFID möglich
Abbildung 5-1: Prozess Einsatz von Spezialladungsträgern bei VW124
124
Die dargestellten Prozessschritte sind ein auf den Behälterkreislauf fokussierender Ausschnitt des Gesamtprozesses.
5.2 Management von Spezialgestellen bei Volkswagen
159
Bereitstellung von Spezialladungsträgern
Bei Neueinführung eines Fahrzeugmodells plant die Fertigung den Bedarf an Spezialbehältern und beauftragt die Werkslogistik mit der Beschaffung (Verursacher-Prinzip). Die Bedarfsermittlung erfolgt gemäß den Produktionsvorgaben, sodass die
Wahrscheinlichkeit von Störungen wegen fehlender Behälter möglichst gering ist.
Beim Eintreffen neuer Behälter führt die Werkslogistik eine Kontrolle durch, die
durchschnittlich 0,3 Minuten pro Behälter dauert. Den Bestand verwaltet die Werkslogistik mit der Software LISON. Derzeit besitzen die Behälter keine Kennzeichnung.
Verpackungs- und Versandabwicklung
Die im Presswerk hergestellten Karosserieteile stellen die Mitarbeiter direkt in die dafür vorgesehenen Spezialladungsträger, da an der Fertigungsmaschine nur wenig
Stauraum besteht. Es kommt vor, dass Mitarbeiter zuerst nach passenden Ladungsträgern suchen oder teure Ersatzverpackung (Einwegverpackung) verwenden müssen. In
seltenen Fällen ist eine Unterbrechung der Produktion notwendig. Bei permanenter
Verfügbarkeit von Spezialladungsträgern könnte die Maschinenlaufzeit um 150 Stunden pro Jahr erhöht werden.125 Nach der Beladung erfolgt die Etikettierung der Ladungsträger. Mitarbeiter drucken sog. A-, B- und C-Belege und befestigen diese an
den Klemmbrettern der Behälter. Dies dauert ca. 0,2 Minuten pro Gestell. Anschließend übergeben sie die Lieferung zum Versand an die Werkslogistik.126
Wareneingang im Montagewerk
Die Werkslogistik liefert die Karosserieteile im Just-in-time-Verfahren an das Montagewerk. Dort buchen Mitarbeiter die Warenlieferung ein. Die Wareneingangsprüfung
dauert ca. 0,3 Minuten pro Gestell. In seltenen Fällen auftretende Falschlieferungen retournieren die Mitarbeiter an den Absender.
Rückführung der leeren Spezialladungsträger
Die leeren Behälter holen die Werkslogistiker ab und bereiten sie durch Reinigung
und ggf. Reparaturen auf weitere Einsätze vor. Gelegentlich führen Mitarbeiter Inventuren des Bestandes durch, indem sie die verfügbaren Ladungsträger manuell zählen.
Die auf den Leergutsammelplätzen in Wolfsburg abgestellten Gestelle zählen Mitarbeiter einmal pro Tag. Eine vollständige Behälterinventur in allen Werken findet jährlich statt. Dabei hat VW festgestellt, dass der Bestand über die Zeit kontinuierlich abnimmt. Der Schwund beträgt ca. 5 % pro Jahr.
125
Hierbei handelt es sich um eine konservative Schätzung.
126
Gegebenenfalls beauftragt die Werkslogistik eine Spedition mit dem Versand.
160
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
5.2.3 Management der Behälter mit „LISON“ und „VisuM“
Das geplante System sieht eine Ausstattung der zum Transport von Karosserieteilen
verwendeten Spezialladungsträger mit Transpondern, die einen Datenspeicher von 8
Kilobyte besitzen, und die Anbindung an das Behältermanagementsystem LISON vor.
Das aktive RFID-System127 verwendet die Frequenz von 868 MHz (UHF), die VW
auch zukünftig bei aktiven RFID-Installationen standardmäßig verwenden wird. Erfassungsstationen befinden sich an den für den Materialfluss relevanten Durchgängen,
wie z.B. Ein- und Ausgängen der Werkshallen. Die Anbindung an das Unternehmensnetzwerk erfolgt sowohl terrestrisch (Ethernet: Kupfer oder Lichtwellenleiter) als
auch per WLAN. Um das Kommunikationsnetzwerk möglichst wenig zu belasten,
filtern die Erfassungsgeräte mehrfache Erfassungen des gleichen Vorgangs aus.
Die von VW selbst entwickelte Middleware VisuM (Visualisierung und Map Matching) sammelt die Nachrichten der Erfassungsstationen (Gates). Die Aufgaben von
VisuM sind:
• Festhalten von Uhrzeit, Ortsbestimmung, Batteriestatus und Onlinezustand jedes Objekts
• Historien-Verwaltung
• Objekt-bezogene Visualisierung der gesammelten Daten
• Mapping zwischen Transpondern und Objekt-Referenzen übergeordneter Systeme
CarPo
GW
(Fertigung)
Stammdaten
LISON
(Geschäftswagen)
Stammdaten
(Ladungsträger)
StammBeispiel:
daten Behältertyp, ContainerID
Monitoring
Client
VisuM
Auto-ID Middleware
Gate
Gate
Gate
Gate
Gate
CarPo = Car Positioning
LISON = Ladungsträgerinformationssystem Online
Abbildung 5-2: Aufbau des RFID-Systems bei VW, Quelle: VW
127
Hersteller des Systems ist die Firma Identec Solutions, www.identecsolutions.at.
5.2 Management von Spezialgestellen bei Volkswagen
161
In einem ersten Schritt hat VW das System mit 560 Spezialladungsträgern, die in der
Golf-Fertigung eingesetzt werden, über eine Laufzeit von zwei Jahren getestet. In dieser Zeit sammelten die Projektverantwortlichen Erfahrungen in der Konfiguration der
Erfassungsgeräte und stellten hiermit das zuverlässige Funktionieren des Systems sicher. Anschließend führte VW eine Kosten-Nutzen-Betrachtung für eine Einbeziehung weiterer Behälter in das System durch, deren Ergebnisse nachfolgender Abschnitt
beschreibt.
5.2.4 Kosten-Nutzen-Bewertung
Das RFID-System automatisiert die Überwachung des Behälterbestandes und liefert
aktuelle Positionsdaten zu den Spezialladungsträgern, ohne dass ein zusätzlicher manueller Aufwand durch dessen Betrieb entsteht. Mit diesen Informationen, die in der
Anwendung LISON zu Verfügung stehen, kann VW
• den Umlauf der Behälter durch den Rückruf „vergessener Behälter“ beschleunigen;
• die Lokalisierung verschwundener Behälter und hierdurch die Reduzierung des
Schwunds bewerkstelligen;
• manuelle Vorgänge im Rahmen von Inventuren, Qualitätskontrollen und der
Bearbeitung des warenbegleitenden Informationsflusses einsparen;
• Fehler beim Versand durch automatische Versandkontrolle vermeiden.
Die in Tabelle 5-2 dargestellten Kosteneinsparungen beziehen sich auf die Ausstattung von 600.000 Behältern im Werk Wolfsburg. Unter Berücksichtigung der Kosten
für das RFID-System ergibt sich bei einer Abschreibungsfrist von drei Jahren ein jährliches Einsparungspotenzial von ca. 1,8 Mio. Euro bei einer unterjährigen Amortisationszeit. Bei der Bewertung sind die folgenden Risiken zu berücksichtigen:
• VW hat die Anwendung bisher nur im Pilotbetrieb mit 560 Spezialladungsträgern getestet. Die Zuverlässigkeit im Dauerbetrieb ist noch nicht erwiesen.
• Eine Verfolgung der Behälter ließe sich evtl. auch mit einer anderen Technologie zu geringeren Kosten realisieren. Maßgebliche Gründe für die Konzentration auf RFID waren die höhere Zuverlässigkeit des RFID-Systems, die
mögliche Verknüpfung warenbegleitender Informationen mit den Behältern
und die Potenziale, die in RFID als möglicher „Standardtechnologie“ im Behältermanagement liegen.
162
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
IST
Annahmen
- Anzahl der Behälter
- Preis pro Behälter
- Anzahl durchschn. Umläufe pro Behälter und Jahr
- Schwund bezogen auf den Gesamtbestand pro Jahr
- Maschinenstillstand wg. fehlender Behälter pro Jahr
- Dauer Etikettierung und WE-Buchung pro Behälter
- Dauer Inventur pro Jahr
- Bearbeitungsaufwand wg. Versandfehlern pro Jahr
- Kosten für Ersatzverpackung pro Jahr
- Kosten für 1 Minute Arbeitszeit
- Kosten für 1 Minute Maschinenstillstand
Einmalige Einsparungen
- Reduzierung des Behälterbedarfs um 8 %
Laufende Einsparungen (pro Jahr)
600.000
500 €
6
5%
150 Stunden
0,5 Minuten
3.000 Stunden
1.000 Stunden
220.000 €
0,35 €
4,20 €
PLAN
552.000
500 €
6,5
0%
0 Stunden
0 Minuten
0 Stunden
0 Stunden
0€
0,35 €
4,20 €
4.000.000 €
4.000.000 €
15.971.800 €
Beseitigung von Schwund
Einsparungen manueller Datenerfassungsaufwand
Einsparungen durch reduzierten Maschinenstillstand128
Sonstige Fehlerfolgekosten (Ersatzverpackungen,
Nachbearbeitungsaufwand)
15.000.000 €
693.000 €
37.800 €
241.000 €
Einmalige Kosten (Abschreibungsfrist 3 Jahre)
- Transponder (Stückpreis inkl. Montage: 25 €)
- Erfassungsgeräte (Stückpreis inkl. Montage: 2.400 €)
- Installation, Konfiguration der Erfassungsgeräte
- Sonstiger Integrationsaufwand
5.466.667 €
15.000.000 €
1.200.000 €
150.000 €
50.000 €
-
Laufende Kosten (pro Jahr)
- Wartung
Gesamtergebnis (pro Jahr in den ersten 3 Jahren,
ohne einmalige Einsparungen)
15.000 €
15.000 €
10.490.133 €
Tabelle 5-2: Kosten-Nutzen-Bewertung von RFID im Spezialbehältermanagement129
5.2.5 Ausblick
VW hat zur Einführung des Fahrzeugmodells Golf V mit der Ausstattung von ca.
13.000 Spezialladungsträgern mit Transpondern begonnen. Diese Phase ist noch als
Probebetrieb zu bewerten. Erst wenn sich hierbei die rechnerisch ermittelten Nutzenpotenziale bestätigen, wird VW in einem nächsten Schritt alle Golf-V-Spezialbehälter
128
Diese Kosten beziehen sich auf den notwendigen zusätzlichen Arbeitsaufwand, spätere Fehlerfolgekosten,
z.B. durch Planabweichungen in der Fahrzeugproduktion, sind nicht enthalten.
129
Die vom Autor durchgeführte Berechnung basiert auf mit VW abgestimmten Annahmen und entspricht im
Gesamtergebnis einer durch VW durchgeführten detaillierten Kosten-Nutzen-Analyse.
5.3 Management von Standardbehältern bei Volkswagen
163
mit Transpondern ausrüsten (ca. 50.000). Weitere Ausbaustufen sind die Ausrüstung
aller Spezialladungsträger von VW (ca. 600.000) und die Erweiterung des Systems
um eine Funktion zur mobilen Inventur.
Ausbaustufe 1 – Einbeziehung aller konzernweit im Einsatz befindlichen Spezialladungsträger: Wenn sich das RFID-System in der Golf-Fertigung als technisch stabil
erweist und die erwarteten Einsparungen im Behältermanagement realisiert werden,
möchte VW das System für alle Spezialladungsträger des Konzerns einsetzen. Den
Bestand an Spezialladungsträgern schätzt VW auf ca. 600.000.
Ausbaustufe 2 – Aufbau eines Systems zu mobilen Inventur mit GPS: Mit dem RFIDSystem kann VW eine genaue Positionsbestimmung nur dann vornehmen, wenn sich
die mit Transpondern ausgerüsteten Behälter im Bereich der Erfassungsstationen befinden. Um die Ladungsträger auch außerhalb der Werkshallen lokalisieren zu können, möchte VW mobile Erfassungsstationen einsetzen, die ihre Positionsdaten mithilfe eines GPS-Moduls ermitteln und zusammen mit den erfassten Daten per WLAN
übermitteln können. In Verbindung mit dem sog. Rollcall-Verfahren, bei dem alle
Transponder, die sich im Bereich einer Erfassungsstation befinden, ihre ID melden,
wird eine mobile Inventur130 möglich.
5.3 Management von Standardbehältern bei Volkswagen
VW testet auch den Einsatz von RFID zum Management von Mehrwegbehältern, die
der Konzern zum Versand von Bauteilen an die überseeischen Werke verwendet. Die
automatische Identifikation soll helfen, den Behälterschwund zu reduzieren, die Prozesseffizienz durch automatisierte Zähl- und Datenerfassungsvorgänge zu verbessern
und die Prozesssicherheit durch vollständige Kontrolle in Verpackung und Versand zu
erhöhen. Die genaueren Daten über die Behälterbewegungen möchte VW als Basis
für ein Mietmodell verwenden, das zukünftig auch externen Partnern die Nutzung der
Behälter gegen Gebühr ermöglichen kann.
5.3.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf
VW fertigt jährlich mehr als eine Million Fahrzeuge in den überseeischen Werken in
Brasilien, China, Mexiko und Südafrika. Für den logistischen Prozess zur Versorgung
der Produktionsstätten in Übersee mit Teilen, die nicht im heimischen Markt im Rahmen des Local Content geordert werden können, sondern von der Muttergesellschaft
(Eigenfertigungsteile) oder den kontinentalen Lieferanten (Kaufteile) bezogen werden, ist bei VW die Organisationseinheit „Überseelogistik“ (oder CKD) verantwortlich. Die Gesamtmenge der im Jahr 2003 im Rahmen des CKD-Prozesses umgeschla-
130
Das Verfahren ist als deutsches Patent DE 100 54 320 angemeldet.
164
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
genen Bauteile betrug ca. 2 Mio. m3. Hiervon verwendete VW in ca. 60 % der Fälle
Mehrwegverpackungen (MTV), was ca. 1,6 Mio. Behälterladungen entspricht. Die
verwendeten Mehrwegbehälter sind aus Metall, faltbar und es gibt sie in vier verschiedenen Größen. Der durchschnittliche Neupreis eines Behälters beträgt 100 Euro.
Zur Verwaltung der MTV verwendet VW die selbst entwickelte Software-Applikation
LISON (Ladungsträgerinformationssystem Online). Das physische Behältermanagement ist Aufgabe der sog. MTV-Betriebe (externe LDL).
VW-Werke in
Übersee
MTVBetriebe
Verpackungsund Versandbetriebe
TeileLieferanten
Vollgut
Leergut
MTV: Mehrwegtransportverpackung
Abbildung 5-3: Behälterkreislauf im CKD-Versand bei VW
Es bestehen verschiedene Möglichkeiten der Verpackungs- und Versandabwicklung
(s. Abbildung 5-3). Die Verpackung erfolgt in einem der 21 CKD-Verpackungsbetriebe131 oder durch die Lieferanten. Diejenigen Lieferanten, die selbst verpacken, schicken die Packstücke entweder als Endmodul, d.h. in für den CKD-Versand verwendbaren Mehrwegbehältern, oder in einer anderen Verpackung an einen CKD-Versandbetrieb. Für den Versand sind die Endmodule in Seecontainer zu verladen, die ein
LDL zur Verschiffung an einen Hafen (z.B. Bremerhaven) bringt. Die Verschiffung
dauert je nach Bestimmungsort zwischen zwei und sechs Wochen. Die Werke in Übersee sind verpflichtet, die Behälter nach der Entladung für die Rückführung bereitzustellen. Die leeren Behälter nimmt ein LDL entgegen und bringt sie an einen MTVBetrieb zurück. Zur terminlichen Verfolgung des CKD-Versands verwendet VW ein
T&T-System. Beim Behältermanagement des CKD-Prozesses hat VW die folgenden
Schwachstellen identifiziert:
• Pro Umlauf der Behälterflotte verschwinden durchschnittlich 4 % der Behälter.
Die vermuteten Ursachen hierfür sind, dass die Werke in Übersee die Behälter
für eigene Zwecke verwenden oder ohne Rückmeldung verschrotten.
131
Hiervon werden 19 Verpackungsbetriebe durch externe Dienstleister betrieben.
5.3 Management von Standardbehältern bei Volkswagen
165
• Durchschnittlich absolviert ein Behälter nur zwei Umläufe pro Jahr, möglich
wären hingegen bis zu drei Umläufe. Die Ursache hierfür ist, dass die Behälter
nicht sofort nach der Entleerung zurückgeführt werden.
• Um einen zuverlässigen Überblick über die Verteilung des gegenwärtig nicht
nummerngenau, sondern lediglich typbezogen verwalteten Behälterbestands zu
erhalten, sind regelmäßig manuelle Inventuren notwendig, da trotz Buchung
ein- und ausgehender Behälter in LISON die tatsächlichen Bestände nicht mit
den Buchungsgrößen übereinstimmen.
• Entlang der Lieferkette sind mehrfach manuelle Vorgänge zur Identifikation,
und Kontrolle der Lieferung, zur Erfassung warenbegleitender Informationen
oder zum Anbringen von Etiketten notwendig. Bisher erfolgt die Abwicklung
des warenbegleitenden Informationsflusses auf Papier.
5.3.2 Der CKD-Prozess von Volkswagen
Beginnend mit dem Abruf leerer Behälter durch die Verpackungsbetriebe bzw. Lieferanten umfasst der CKD-Prozess die Bereitstellung leerer Behälter, die Verpackungs- und Versandabwicklung, die Verschiffung der Lieferung nach Übersee, die
Vereinnahmung der Lieferung im überseeischen Werk und die Rückführung der leeren Behälter, wie nachfolgend dargestellt (s. Abbildung 5-4).
VERPACKUNGS- UND
VERSANDBETRIEB
MTV-BETRIEB
TRANSPORTUNTERNEHMEN
MONTAGEWERK
ÜBERSEE
Abruf von Behältern
Bereitstellung der
Behälter
Abholung der
Lieferung
Wareneingangsbuchung
Etikettierung der
Behälter
Ausgangsbuchung
Behälter
Verschiffung und
Verzollung
Entleerung der
Behälter
Auslieferung
Sammlung leerer
Behälter
Rückführung leerer
Behälter
Stichtagsinventur
Bepackung der
Behälter
Qualitätskontrolle
Eingangssbuchung
Behälter
Containerbeladung
Verschrottung von
Behältern
Ausgangsbuchung
Behälter
Reinigen und Reparieren von Behältern
Stichtagsinventur
Bestand in LISON
aktualisieren
direkte Abfolge
Stichtagsinventur
Abfolge mit zeitlicher
Unterbrechung
Nutzeneffekte durch
RFID möglich
Bestand in LISON
aktualisieren
Legende
Aufgabe
IT-gestützte Aufgabe
Bestand in LISON
aktualisieren
Abbildung 5-4: Behälterlogistik in der Überseelogistik bei VW
166
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
Abruf und Bereitstellung leerer Behälter
Der Abruf von Behältern erfolgt mittels des Behältermanagementsystems LISON.
Dieses System verwaltet den Bestand der verschiedenen Mehrwegbehältertypen in einer Datenbank und stellt Funktionen zur Behälterüberwachung und -disposition bereit.132Von LISON erhält der zuständige MTV-Betrieb eine Nachricht über die benötigten Behälter. Der MTV-Betrieb liefert dem anfordernden Betrieb die Behälter und
bucht diese auf sein Konto.
Verpackungs- und Versandabwicklung
Die Hersteller liefern die Teile entweder in Serienverpackung oder als fertig verpackte Endmodule an. Im ersten Fall erfolgen die Verpackung der Bauteile und die Etikettierung der CKD-Behälter durch Mitarbeiter des Konsolidierers. Das an jedem Behälter angebrachte Versandetikett (GTL) enthält neben der Sendungs-ID auch eine Behälternummer, die eine eindeutige Identifizierung des Packstücks ermöglicht. Danach
kommen die Packstücke in die sog. Stuffingzone des Konsolidierers. Dort erfolgt eine
Vollständigkeitskontrolle und die Verladung der Endmodule in Überseecontainer
(Stuffing) sowie eine Aktualisierung des Status im auftragsführenden System. Die
Vollständigkeitskontrolle dauert durchschnittlich 20 Minuten pro Container.
Verschiffung der Lieferung nach Übersee
Ein LDL bringt die Seecontainer zur Verschiffung zum Hafen, wo die Verladung auf
ein Schiff einer von VW Transport beauftragten Reederei erfolgt. Die Reederei führt
die Verschiffung zum Bestimmungsort und die Zollabwicklung durch. Die Schiffsabfahrt und -ankunft sind Kontrollpunkte für das T&T-System. Je nach Bestimmungsort
dauert die Verschiffung zwei bis sechs Wochen. Ein LDL bringt die Lieferung vom
überseeischen Hafen zum Montagewerk.
Vereinnahmung der Lieferung im Werk in Übersee
Nach der Ankunft der Lieferung an der Verladerampe des Werkes in Übersee erfolgt
die Wareneingangsprüfung. Hierzu ordnen Mitarbeiter die Lieferung anhand der Versandetiketten den per EDI übermittelten Versandbelegen zu. Dieser manuelle Prozess,
bei dem Mitarbeiter die Versandetiketten einsammeln und scannen, dauert im Durchschnitt 30 Sekunden pro Behälter. Nach erfolgter Einbuchung der Lieferung und des
Behälterbestands bringt die Hauslogistik die Behälter in die Produktion. Die entleerten Behälter werden gefaltet und sortiert nach der Behälterart auf einem Sammelplatz
für leere Behälter bereitgestellt.
132
Die CKD-Betriebe verwenden eine SAP-Benutzeroberfläche für den Zugriff auf LISON.
5.3 Management von Standardbehältern bei Volkswagen
167
Rückführung der leeren Behälter
Ein LDL holt regelmäßig leere Behälter ab, um sie an die MTV-Betriebe zurückzugeben. Nach Ankunft im MTV-Betrieb buchen Mitarbeiter die Behälter in LISON ein,
prüfen sie auf Schäden und veranlassen ggf. die Verschrottung, Reparatur oder Reinigung. Danach erfolgt eine erneute Aktualisierung des Behälterbestands. Die für den
weiteren Einsatz verfügbaren Behälter stehen anschließend zum Abruf bereit.
Stichtagsinventur
Um Abweichungen der Behälterbestände in LISON von den tatsächlichen Beständen
zu korrigieren, erfolgt eine jährliche Stichtagsinventur, an der alle Betriebe, die CKDBehälter lagern, teilnehmen. Mitarbeiter zählen die vorhandenen Behälter manuell.
5.3.3 Geplantes Behältermanagementsystem
Das geplante System sieht eine Ausstattung aller im CKD-Prozess im Einsatz befindlichen Transportbehälter mit Transpondern und die Anbindung an das Behältermanagementsystem LISON vor. Neben der Überwachung des Behälterflusses soll das
System auch dazu beitragen, den warenbegleitenden Informationsfluss zu automatisieren. Die Ausstattung der Behälter soll durch den Hersteller erfolgen, um Kosten für
eine nachträgliche Montage zu vermeiden. Im Rahmen eines Technologietests hat
VW bereits die Tauglichkeit verschiedener RFID-Systeme überprüft. Dabei hat sich
herausgestellt, dass die Anbringungsposition der Transponder für die Zuverlässigkeit
der passiven RFID-Systeme entscheidend ist. Die Erfassungsgeräte sollen an den
Staplern befestigt werden. Damit dem System ausreichend Daten über die Behälterbewegungen zur Verfügung stehen, sind neben den CKD-Betrieben auch die überseeischen Werke mit Erfassungsgeräten auszurüsten.
Die von den Staplern erfassten Daten aktualisieren die in LISON verwaltete Standortinformation zu den Behältern. Die Erfassungsgeräte schicken die Daten über das bei
VW vorhandene WLAN an den VisuM-Server. VisuM leitet nur die Erfassungsdaten
an LISON weiter, die für das System eine neue Statusinformation darstellen könnten.
Der Nutzen besteht darin, dass durch das RFID-System kontinuierlich prozessgekoppelte, zuverlässige und vollständige Positionsdaten zum gesamten Behälterbestand in
LISON bereitgestellt und kein zusätzlicher manueller Erfassungsaufwand durch den
Betrieb des Systems entsteht. Mit diesen Informationen ist VW in der Lage,
• den Umlauf der Behälter durch den Rückruf „vergessener Behälter“ zu beschleunigen;
• verschwundene Behälter dem Werk in Rechnung zu stellen, bei dem der
Schwund aufgetreten ist;
168
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
• den Pool an vorzuhaltenden Behältern zu reduzieren und die bisher beanspruchte Lagerfläche für die künftig nicht mehr im Einsatz befindlichen Behälter freizugeben;
• manuelle Vorgänge im Rahmen von Inventuren, Qualitätskontrollen und der
Bearbeitung des warenbegleitenden Informationsflusses einzusparen;
• Fehler beim Versand durch automatische Versandkontrolle zu vermeiden.
Dies führt zu den in der folgenden Tabelle dargestellten Kosteneinsparungen. Unter
Berücksichtigung der Kosten für das RFID-System ergibt sich bei einer Abschreibungsfrist von 3 Jahren ein jährliches Einsparungspotenzial von 5.974.600 Euro. Die
Amortisationszeit beträgt weniger als ein Jahr.
IST
Annahmen
- Anzahl der Behälter
- Preis pro Behälter
- Umläufe pro Jahr
- Schwund bezogen auf den Umlauf
- Jährliche Verschrottung bezogen auf den Umlauf
- Anzahl Stapler
- Lagerkosten
- Kosten für 1 Minute Arbeitszeit
Einmalige Einsparungen
- Desinvestionen in den ersten beiden Jahren
(Vermiedene Wiederbeschaffungskosten)
800.000
100 €
2
4%
6%
150
3.353.400 €
0,35 €
PLAN
533.334
100 €
3
0%
6%
150
1.117.800 €
0,35 €
26.666.667 €
26.666.667 €
Laufende Einsparungen (pro Jahr)
- Beseitigung von Schwund
- Einsparungen bei Lagerkosten
- Einsparungen manueller Aufwand
- Sonstige Fehlerfolgekosten (Expresslieferungen,
Nachbearbeitung, Produktionsstörungen)
6.447.267 €
3.200.000 €
2.235.600 €
811.667 €
200.000 €
Einmalige Kosten (Abschreibungsfrist 3 Jahre)
- Transponder (Stückpreis: 0,96 €)
- Erfassungsgeräte (Stückpreis: 2.400 €)
- Installation, Konfiguration der Erfassungsgeräte
- Sonstiger Integrationsaufwand
1.358.000 €
768.000 €
360.000 €
80.000 €
150.000 €
Laufende Kosten (pro Jahr)
- Wartung
Gesamtergebnis pro Jahr (in den ersten 3 Jahren,
ohne einmalige Einsparungen)
20.000 €
20.000 €
5.974.600 €
Tabelle 5-3: Kosten-Nutzen-Bewertung des RFID-Einsatzes im CKD-Prozess von VW
5.3 Management von Standardbehältern bei Volkswagen
169
Bei der Bewertung des vorgestellten Konzepts sind die folgenden Risiken zu berücksichtigen:
• Das Konzept beruht lediglich auf einer Prozessanalyse und Technologietests.
Die Zuverlässigkeit im Dauerbetrieb ist noch nicht erwiesen.
• Die Verfolgung der Behälter ist nicht lückenlos. Beispielsweise erfolgt während des Versands der Behälter nach Übersee und bei der Rückführung des
Leerguts keine Erfassung.
• Eine Verfolgung der Behälter ließe sich evtl. auch mit einer anderen Technologie zu geringeren Kosten realisieren. Maßgebliche Gründe für die Konzentration auf RFID waren die höhere Zuverlässigkeit des RFID-Systems, die
mögliche Verknüpfung warenbegleitender Informationen mit den Behältern
und die Potenziale, die in RFID als möglicher „Standardtechnologie“ im Behältermanagement liegen.
5.3.4 Ausblick
Im Sommer 2004 befindet sich VW noch in der Pilotierungsphase für das beschriebene Projekt. Nach erfolgreichem Abschluss der Pilotierungsphase will VW über die
sukzessive Implementierung des Systems an weiteren Standorten entscheiden. Darüber hinaus hält VW die folgenden Ausbaustufen für möglich:
Ausbaustufe 1 – Einführung eines Mietmodells: Auf Basis der Bewegungsdaten des
RFID-Systems könnte VW eine Behältermiete auf Tagesbasis einführen. Die Mietzahlungen können einen Anreiz für die Beschleunigung des Behälterumlaufs darstellen. Aufgrund der Zuverlässigkeit der Daten hilft das System, Beschwerden und
Nachverhandlungen über Rechnungen zu vermeiden.
Ausbaustufe 2 – Einbeziehung der Packstücke: Mittels der vorhandenen Erfassungsinfrastruktur können auch Packstücke bearbeitet werden. Der Nutzen beschränkt sich
hierbei auf die Vermeidung von manuellem Aufwand und von Fehlern im Versand.
Da als zusätzliche Kosten für den RFID-Einsatz nur variable Transponderkosten bestehen, kann sich die Anwendung schneller rentieren.
Ausbaustufe 3 – Einbeziehung von externen Partnern: Bisher lässt VW die Behälter
als Leergut abholen. Die Einbeziehung externer Partner in das Mietmodell, welche die
Behälter auf dem Rücktransport von Übersee nach Deutschland verwenden, würde zu
zusätzlichen Mieteinnahmen führen. Eine zuverlässige Behälterverfolgung ist hierfür
Voraussetzung.
170
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
5.4 Einsatz von RFID-Kleinladungsträgern in der Automobilindustrie
Zum Transport von Norm- und Kleinteilen verwendet die Automobilindustrie die
standardisierten VDA-Kleinladungsträger (KLT). Die Überprüfung möglicher Nutzeneffekte von KLTs, die einen Transponder zum Zweck der Identifizierung, Verfolgung und Steuerung besitzen (RFID-KLTs), ist die Zielsetzung eines Pilotprojekts der
Projektgruppe ISAR. Die Ergebnisse des Projekts sind die Grundlage für eine Erweiterung der VDA-Norm für KLTs um den Einbau von Transpondern.
5.4.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf
In der Automobilindustrie sind ca. 40 Mio. VDA-KLTs verschiedener Typen (Größe,
Faltbarkeit, Leitfähigkeit) im Einsatz. Sie sind aus Kunststoff (Polypropylen), stapelbar und besitzen zwei Kartentaschen. Kürzlich hat der VDA eine Erweiterung des
Standards um eine neue Bauform verabschiedet, den sog. VDA-Redesign-KLT aus
Neuwaren und aus Recyclat. Die Umarbeitung erfolgt sukzessive und bietet einen Ansatzpunkt, um bspw. zusätzlich einen Transpondern einzubauen. Derzeit kostet ein
KLT in der Herstellung zwischen 3 und 5 Euro.
Die Bereitstellung der KLTs für Materiallieferungen übernehmen z.T. LDL wie
Chep133, die einen Pool von Ladungsträgern verwalten. Zulieferer können gegen Miete, KLTs beim LDL bestellen und für den Versand verwenden. Der Empfänger gibt
die leeren KLTs entweder an den Poolbetreiber zurück oder verwendet sie für eigene
Zwecke. Bei der Rückgabe von KLTs an einen LDL überprüft dieser nur Anzahl und
Typen der KLTs. Eine Verfolgung oder eindeutige Identifizierung der KLTs findet
nicht statt. Da geschlossene Kreisläufe eine Ausnahme bilden, ist eine Standardisierung für den Einsatz von RFID-KLTs notwendig.
KLT-Pool
Zulieferer
LDL
Vollgut
Leergut
Fahrzeughersteller
Abbildung 5-5: KLT-Kreisläufe in der Automobilindustrie
Die Projektgruppe hat den Einsatz von KLTs zwischen einem Umschlagszentrum
(LDL) und einem Fahrzeughersteller exemplarisch untersucht. In diesem Fall kom-
133
www.chep.com
5.4 Einsatz von RFID-Kleinladungsträgern in der Automobilindustrie
171
men die KLTs offen und gestapelt an und tragen einen Lieferschein (GTL). Der LDL
betreibt zur Zwischenlagerung der KLTs ein automatisiertes Regallager und verschickt diese auf Abruf an den Fahrzeughersteller. An folgenden Stellen ist eine Effizienzsteigerung des Prozesses durch RFID möglich:
• Der LDL versieht (belabelt) in einem arbeitsaufwendigen Vorgang alle KLTs
mit einem für das automatisierte Lagersystem lesbaren Barcode-Etikett (Wareneingangsbeleg), weil die in den Kartentaschen der KLTs befindlichen Versandetiketten nicht für eine weiterführende Steuerung des Materialflusses geeignet sind.
• Vor dem Versand zum Fahrzeughersteller muss der LDL die für den internen
Gebrauch verwendeten Barcodes nochmals entfernen und gemäß den Vorgaben des Fahrzeugherstellers neue Warenanhänger (VDA-Versandlabel) drucken und an den KLTs befestigen.
• Für Wareneingangserfassungen mit Vollständigkeitskontrolle der Lieferung ist
eine Bearbeitung der einzelnen KLTs notwendig.
5.4.2 Der KLT-Kreislauf
Abbildung 5-6 verdeutlicht den untersuchten Prozess anhand einer Übersicht und
identifiziert Einsatzmöglichkeiten von RFID.
ZULIEFERER
LOGISTIKDIENSTLEISTER
FAHRZEUGHERSTELLER
Eingang leerer KLTs
Wareneingang
Abruf
Befüllung KLTs
Umetikettierung
Wareneingang
Etikettierung
Einlagerung in vollautomatisches Lager
Entpacken
Versandkontrolle,
Warenausgang
Sendungszusammenstellung
Bereitstellung
Leergut
Versandkontrolle,
Warenausgang
Legende
Aufgabe
IT-gestützte Aufgabe
direkte Abfolge
Abfolge mit zeitlicher
Unterbrechung
Nutzeneffekte durch
RFID möglich
Abbildung 5-6: Lieferprozess bei Verwendung von KLTs
172
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
Versand durch den Zulieferer
Der Zulieferer entleiht leere KLTs bei einem Poolbetreiber. Jeder KLT ist nach der
Befüllung mit einem Lieferschein auszustatten, den Mitarbeiter ausdrucken und in die
dafür vorgesehene Kartentasche stecken. Für den Transport laden die Mitarbeiter je
bis zu max. 120 KLTs auf Paletten. Bei gemischter Sendungszusammenstellung erfolgt in der Regel danach eine Kontrolle. Nach der anschließenden Warenausgangsbuchung steht die Lieferung zur Abholung durch den LDL bereit.
Wareneingang und Einlagerung beim Umschlagzentrum
Am Wareneingang des Umschlagszentrums stellen Mitarbeiter die KLTs einzeln auf
ein Förderband, das in ein automatisiertes chaotisches Regallager führt. Das Lagersystem identifiziert die KLTs anhand von Barcodes, um sie an die richtige Stelle zu
transportieren. Die Barcodes auf den Lieferscheinen eignen sich nicht für das Lagersystem, weshalb nach dem Abstellen auf dem Förderband eine Umetikettierung erfolgt. Bei ca. 90 % der Lieferscheine funktioniert das Scannen ohne manuelles Eingreifen. In diesen Fällen erzeugt ein Etikettenspender die notwendigen Etiketten automatisch. Mitarbeiter bearbeiten die übrigen KLTs, bei denen der Lieferschein verrutscht oder unleserlich ist bzw. fehlt. Bei der für die Einlagerung notwendigen Vereinzelung der KLTs erfolgt gleichzeitig eine Wareneingangskontrolle. Der mögliche
Nutzen eines RFID-Systems besteht in der Vermeidung des durch die Umetikettierung verursachten Arbeitsaufwandes.
Warenabruf, Auslagerung und Versand
Entsprechend der Bedarfsplanung ruft der Fahrzeughersteller Teile beim LDL ab, der
diese auslagert, kommissioniert und für den Versand bereitstellt. In dem untersuchten
Beispiel stellt das Lager die Teile automatisch bereit. Es folgen eine Umetikettierung
(GTL) gemäß den Vorgaben des Fahrzeugherstellers, Palettierung und der Transport
zum Werk. RFID-KLTs können bei diesem Vorgang die Umetikettierung vermeiden.
Wareneingang beim Fahrzeughersteller
Am Wareneingang des Werks erfolgt eine Zuordnung der Lieferung zu den elektronisch vorliegenden Lieferdaten. Wegen der beim LDL erfolgten Einzelerfassung führt
der Fahrzeughersteller eine genaue Überprüfung der Lieferung nur stichprobenartig
durch. In seltenen Fällen sind Etiketten an den KLTs vertauscht, z.B. kann es vorkommen, dass bei zwei nebeneinander stehenden Stapeln von KLTs die für die rechte Seite bestimmten Lieferscheine auf der linken sind und umgekehrt. Dieser Fehler führt
zu geringem Nachbearbeitungsaufwand. Beim Wareneingang nicht erkannte unvollständige Lieferungen führen später ggf. zu Sonderbestellungen, wenn ein Lagerbestand unter einen vorgegebenen Minimalbestand fällt.
5.4 Einsatz von RFID-Kleinladungsträgern in der Automobilindustrie
173
5.4.3 Geplantes RFID-System zur KLT-Verfolgung
Um die Eignung von RFID-Systemen zur automatischen Identifikation von KLTs zu
überprüfen hat die Projektgruppe Tests zur Pulkerfassung durchgeführt.134 Die Pulkerfassung eignet sich für eine Bestimmung der Leistungsgrenze von RFID-Systemen.
Außerdem sind Pulkerfassungen eine Voraussetzung für eine nennenswerte Effizienzsteigerung von Wareneingangskontrollen.
Als Erfassungsstation kam ein als Torbogen konstruiertes Doppelantennensystem mit
3 Ebenen zum Einsatz.135 Die Etikettierung der KLTs erfolgte mittels je zwei RFIDEtiketten unterschiedlicher Größe (45x75 mm) und (70x100 mm). Die mit diesem
System durchgeführten Tests kombinierten die folgenden Anforderungen:
• Zusammenstellungen von leitenden (BxLxH: 400x600x300 mm) und nicht leitenden (BxLxH: 300x400x160 mm) KLTs
• bis zu 35 KLTs auf einer Metallpalette
• Metallbefüllung der KLTs
• Messung bei Schrittgeschwindigkeit und Stillstand
Bei je fünf Durchläufen jedes Szenarios erwies sich die Verwendung der RFIDLabels der Größe 70x100 mm mit einer Erfassungsrate von 100 % (in diesem Test)
als geeignet, bei Einhaltung der folgenden Einschränkungen:
• Bewegung im langsamen Schritttempo im Bereich der Antennen
• Einhaltung eines Mindestabstands von 5 cm zwischen den RFID-Labels
• Anbringung der RFID-Labels bei leitenden KLTs am oberen Rand der Öffnung
Diese Tests bestätigen die Tauglichkeit von RFID-Systemen zur Pulkerfassung von
KLTs im Laborbetrieb, sind jedoch im Pilotbetrieb bei einem realen Anwendungsszenario zu überprüfen.
5.4.4 Kosten-Nutzen-Bewertung
KLTs bewegen sich in einem offenen logistischen System. Vorausgesetzt es gibt einen Standard bzgl. eines zu verwendenden Transponders, so entstehen die Kosten
hierfür einmalig bei der Herstellung des KLT. Eine Wiederverwendung des
Transponders ist dann über die gesamte Lebenszeit eines KLTs möglich. Entsprechend aggregiert die in Tabelle 5-4 dargestellte Kosten-Nutzen-Betrachtung die mög-
134
An den Tests beteiligten sich die Firmen ESG (www.esg.de), Schreiner (www.schreiner-etiketten.de) und
TBN (www.tbn.de).
135
Die 3-Ebenen-Konstruktion ermöglicht die gleichzeitige Erfassung von Transpondern unterschiedlicher Ausrichtung.
174
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
lichen Nutzeneffekte über die Gesamtlebenszeit. Die Annahmen basieren auf Erfahrungen aus dem Einzelfall. Der KLT-Belieferungsprozess ist zwar hoch standardisiert,
trotzdem gibt es Unterschiede z.B. bei der Durchführung von Qualitäts- und Mengenkontrollen, bei der Etikettierung und der Kritizität der transportierten Güter. Dementsprechend ist eine Untersuchung weiterer Anwendungsszenarien für eine Gesamtbeurteilung notwendig. Mögliche zusätzliche Nutzeneffekte aus genaueren Tracking&Tracing-Daten und vermiedenen Fehlerfolgekosten berücksichtigt die Berechnung nicht. Trotzdem zeigt sich, dass insb. durch die Vermeidung von Papieretiketten
ein Einsparpotenzial besteht, was allerdings eine weit reichende Reorganisation der
Materialflussabwicklung erfordert.
IST
Annahmen
- Lebensdauer eines KLT
- Kosten eines KLT
- Durchschnittliche Anzahl an Umläufen jährlich
- Durchschnittliche Anzahl KLTs pro Palette
- Durchschnittliche Etikettierungen pro Umlauf
- Zeitbedarf je Anbringung und Entfernen des Etiketts
- Häufigkeit Stichprobenkontrollen
- Zeitbedarf einer WE-Kontrolle je 40 KLTs
- Schwundquote jährlich
- Sonstige Fehlerfolgekosten
- Kosten für 1 Minute Arbeitszeit
4 Jahre
5€
10
40
1–2
0,2 Min
1 / 50 Paletten
5 Min
5%
keine
0,35 €
Einsparungen in 4 Jahren (Lebensdauer KLT)
- Einsparungen Wareneingangskontrolle
- Einsparungen Etikettierung
- Einsparungen Schwund
SOLL
4 Jahre
5,71 €
12
40
0
0 Min
jedes Mal
0 Min
3%
keine
0,35 €
4,64 €
0,035 €
4,200 €
0,400 €
Einmalige Kosten (pro KLT)136
0,71 €
Gesamtergebnis (Lebensdauer KLT)
3,93 €
Tabelle 5-4: Kosten-Nutzen-Bewertung für RFID-KLTs
Verschiedene Risiken bestehen bzgl. der hier dargestellten Wirtschaftlichkeitsbetrachtung von RFID-KLTs:
• Die Erfassungsqualität von RFID-KLTs ist im Dauerbetrieb sowie in der realen
Anwendung noch nicht erwiesen. Die vorliegenden Erkenntnisse zur Pulkerfassung sind Erkenntnisse eines Laborbetriebs.
136
Kosten eines RFID-Etiketts der Größe 70x100 mm laut Hersteller, Stand 2004
5.4 Einsatz von RFID-Kleinladungsträgern in der Automobilindustrie
175
• Der Einsatz von RFID-KLTs setzt voraus, dass ein Standard bzgl. des zu verwendenden RFID-Systems und der Wille zur Verwendung vorhanden sind.
• Im untersuchten Anwendungsszenario hängt die Wirtschaftlichkeit vom eingesparten Etikettierungsaufwand ab. Derzeit ist die Verwendung von Papieretiketten vorgeschrieben. Deshalb ist die Einführung des papierlosen Informationsflusses eine Voraussetzung dafür, dass RFID die möglichen Nutzeneffekte
erzielen kann.
• Das untersuchte Anwendungsszenario ist ein Einzelbeispiel für den Einsatz
von KLTs und für andere Einsatzmöglichkeiten nicht repräsentativ. Eine zuverlässige Aussage über mögliche Nutzeneffekte von RFID-KLTs setzt die Berücksichtigung weiterer Anwendungsszenarien voraus.
5.4.5 Ausblick
Bei den untersuchten Prozesspotenzialen zeigt sich, dass sich die relativ geringen Einsparungen pro Transportvorgang über die Lebensdauer aufsummieren. Aufgrund des
industrieweiten Einsatzes der KLTs ist eine Ausstattung mit Transpondern nur auf
Grundlagen eines Standards durchzuführen. Industrieverbände sind bereit, hierzu Empfehlungen auszusprechen. Entscheidend für eine breite Akzeptanz ist, dass die Anwender einen Nutzen in der Ausrüstung von KLTs mit Transpondern sehen. Zulieferer, LDLs und Fahrzeughersteller profitieren z.B. von geringerem Bearbeitungsaufwand und reduziertem Schwund, den sie derzeit indirekt über höhere Mietzinsen bezahlen müssen. Poolbetreiber profitieren z.B., wenn sie schneller als ihre Mitbewerber
RFID-KLTs und evtl. den Verwendern komplementäre Services, wie z.B. die Umrüstung der Auto-ID-Infrastruktur, anbieten. Für die zertifizierten Hersteller ist die erhöhte Fälschungssicherheit der RFID-KLTs ein Anreiz, da vermehrt unzertifizierte
Nachbauten in den KLT-Kreislauf gelangen. Mögliche weitere Schritte sind:
• Die Erarbeitung von Standardisierungsempfehlungen im Rahmen weiterer Pilotanwendungen. Dabei sind auch die Aktivitäten der Automobilverbände bzgl.
eines „Welt-KLTs“ sowie allgemeine Normierungsvorhaben im Bereich von
RFID zu berücksichtigen.
• Eine Initiative von großen Herstellern zur Einführung von RFID-KLTs ist notwendig, da diese als Anwender letztendlich die mit RFID verbundenen Kosten
tragen und dementsprechend auch einen Nutzen erwarten müssen.
• Standardisierungsempfehlungen sollten einen möglichen Bedarf an Zusatzfunktionen berücksichtigen. Beispielsweise können elektronische Anzeigen (elektronisches Papier) den Inhalt von RFID-Etiketten in Klarschrift anzeigen, sodass eine Bearbeitung auch bei fehlenden RFID-Erfassungsgeräten möglich ist.
176
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
5.5 Überseeversand von Packstücken bei der BLG IL
Der Logistikdienstleiter BLG International Logistics (BLG IL) hat in einem Pilotprojekt137 die RFID-Technologie in der Versandabwicklung von Packstücken eingesetzt.
Im Rahmen des Projekts sollte überprüft werden, ob RFID die Effizienz der Sendungszusammenstellung steigern kann. Die durch das Projekt gewonnenen Erkenntnisse stellen Anforderungen für die Standardisierung von RFID-Systemen in der Automobilindustrie dar, weil die Wirtschaftlichkeit der pilotierten Lösung davon abhängt, dass auch die Partner im Logistiknetzwerk RFID verwenden.
5.5.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf
Der LDL BLG IL führt im Auftrag von DaimlerChrysler die Verschiffung von kompletten Fahrzeugen in Einzelteilen für die Montage in überseeischen Werken durch
(CKD-Prozess). Die BLG IL betreibt Logistikzentren im Neustädter Hafen, Bremen,
für Kommissionierung und Verpackung der Teile sowie Lagerung und Sendungsbildung. Bei der Anlieferung in den Versandbereich sind die Autoteile bereits in Einwegverpackung (Pappe, Sperrholz) verpackt und etikettiert. Die Packstücke besitzen
Abmessungen von bis zu 3 m Kantenlänge. Die Aufgabe des Versandbetriebs ist,
Fahrzeugsätze in die richtigen Export-Container138 zu verladen (s. Abbildung 5-7).
Lagerung und
Sendungsbildung
Containerbeladung
Wareneingang
Abbildung 5-7: Versandhalle der BLG IL (Quelle: BLG IL)
Eine fehlerhafte Sendungszusammenstellung im CKD-Prozess kann zu Folgekosten
führen, z.B. durch manuelle Nachbearbeitung, Expressversand, Zollgebühren und
Schadensersatzforderungen. Solche Vorfälle schaden dem Image der BLG IL. Aufwendige Qualitätssicherungsmaßnahmen sorgen dafür, dass die Zuverlässigkeit des
Versands bei über 99 % liegt139. Da trotzdem einzelne Fehler im operativen Betrieb
137
Das Projekt fand im Zeitraum von Februar 2003 bis Januar 2004 mit Beteiligung der Projektgruppe ISAR statt.
138
Sechs 40’-Seecontainer fassen 24 Fahrzeuge in Einzelteilen.
139
In dem untersuchten Geschäftsbereich wurden in den letzen drei Jahren keine Versandfehler festgestellt.
5.5 Überseeversand von Packstücken bei der BLG IL
177
auftreten, möchte die BLG IL die Prozesssicherheit weiter erhöhen, ohne an Prozesseffizienz zu verlieren. Eine weitere Automatisierung des ungeführten Prozesses der
Sendungszusammenstellung ist mit der eingesetzten Barcode-Technologie nicht möglich. Die BLG IL sieht aus den folgenden Gründen Handlungsbedarf:
• Der Staplerfahrer muss die Verladung mehrmals zum Einscannen von Barcodes unterbrechen und benötigt pro Scanvorgang manchmal mehrere Versuche.
• Fehler passieren, weil nicht durch das Barcode-System erfasste Packstücke in
die Container gelangen und die Staplerfahrer erfasste Packstücke nicht in den
Container laden, z.B. weil sie diese beim Umsortieren vergessen.
5.5.2 Prozess der Sendungszusammenstellung im CKD-Versand
Der im Rahmen des Pilotprojektes analysierte Prozess beginnt mit der Anlieferung
der Packstücke an der Versandhalle und beschreibt die Sendungszusammenstellung.
Abbildung 5-8 stellt den Prozessablauf dar und beschreibt die einzelnen Schritte.
Prozessübersicht
Beschreibung
Anlieferung der
Packstücke
Der Verpackungsbetrieb der BLG, DaimlerChrysler und weitere Hersteller liefern Packstücke für den CKD-Versand an den Versandbetrieb
der BLG. Beim Eintreffen an der Verladerampe der Versandhalle tragen
die Packstücke ein Etikett mit einem Barcode sowie Klarschrift.
Wareneingangsbuchung
Einlagerung
Abruf und
Auslagerung
Containerverladung
mit Qualitäskontrolle
2.Qualitätskontrolle
Versand
Lagermitarbeiter holen die Packstücke mit dem Gabelstapler an der
Verladerampe ab. Bevor sie die Packstücke aufnehmen, erfassen sie
den Barcode mit einem Handscanner. Das Scannen dauert durchschnittlich zwölf Sekunden. Die Daten des Packstücks überträgt das Erfassungsgerät per WLAN an das Lagermanagementsystem (LMS).
Das LMS teilt dem Staplerfahrer über einen Bildschirm in der Fahrerkabine den Lagerplatz für die Einlagerung der Packstücke mit. Die Einlagerung quittiert er durch Scannen der Barcodes an den Packstücken und
zweimaliges Scannen eines Barcodes, der den Lagerplatz kennzeichnet.
Dies dauert durchschnittlich 14 Sekunden pro Packstück.
Der Bildschirm in der Fahrerkabine zeigt dem Fahrer, welche Packstücke er für den Versand auszulagern soll. Er sucht die Packstücke und
scannt den Barcode ein (Zeitdauer: ca. zwölf Sekunden pro Packstück).
Der Staplerfahrer transportiert mehrere
Legende
Packstücke gleichzeitig zur Verladung. Um
Aufgabe
sicherzustellen, dass er sie in den richtigen
Container lädt, scannt er die Barcodes am
IT-gestützte Aufgabe
Container und an den Packstücken. Dies
direkte Abfolge
dauert ca. 16 Sekunden pro Packstück.
Abfolge
mit zeitlicher
Falls der Verdacht eines Fehlers besteht,
Unterbrechung
führt ein Lagermitarbeiter vor dem Versand
Nutzeneffekte durch
manuell eine zweite Qualitätskontrolle (EinRFID möglich
und Ausladen) durch.
Abbildung 5-8: Prozess der Sendungszusammenstellung bei der BLG IL
178
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
5.5.3 Pilotsystem zur Kontrolle der Sendungszusammenstellung
Für den Pilotbetrieb des RFID-Systems wählte die BLG IL eine Versandhalle (ca.
5.000 m2) aus, von der aus der Versand von Packstücken nach Brasilien erfolgt. Das
geplante System sieht vor, dass die Packstücke beim Eintreffen in der Versandhalle
bereits Transponder besitzen. Die Stapler sind mit Erfassungsgeräten für passive
Transponder, einem aktiven Ortungssystem und Datenfunk (WLAN) ausgerüstet. Die
Container sind mittels aktiver Transponder identifizier- und ortbar. Folgende Abschnitte beschreiben den Ablauf der Sendungszusammenstellung mit Verwendung des
RFID-Systems und die durchgeführten Technologietests.
Ablauf der Sendungszusammenstellung. Während ein Stapler Packstücke am Wareneingang aufnimmt, erfolgt die automatische Erfassung der an den Packstücken angebrachten Transponder. Das Erfassungsgerät sendet die Packstück-IDs zusammen mit
der Stapler-ID an das Lagermanagementsystem (LMS), das die Zuordnung der Objekte speichert. Beim Absetzen der Packstücke übermittelt der Stapler eine Nachricht an
das LMS, das dann den Status „eingelagert“ erzeugt, den Stapler über das Ortungssystem ortet und mit der Positionsinformation verknüpft. Bei der Auslagerung erfolgen
wie vor der Einlagerung die Erfassung der Packstücke sowie die Speicherung der Informationen über den Vorgang im LMS. Beim Abladen der Packstücke im Container
erzeugt der Stapler eine Mitteilung für das LMS, das die Position des Staplers sowie
des Containers abruft und zusammen mit der Statusmeldung „gestaut“ speichert.
Automatische Qualitätskontrolle durch Plausibilitätsprüfungen. Um mögliche Störungen des Prozesses z.B. durch Packstücke, die keinen Transponder besitzen, oder durch
Systemfehler frühzeitig zu erkennen, möchte die BLG IL zusätzliche Plausibilitätsprüfungen durchführen. Die geplanten Maßnahmen umfassen den Abgleich des vorauseilenden Informationsflusses (Avis) mit dem Lagerbestand, den Abgleich des Lagerbestands gegen die Container-Ladelisten und die Kontrolle Packstück Ist-Gewicht
gegen Soll-Gewicht auf der Staplergabel zur Sicherstellung der vollständigen Erfassung.
Durchführung der Technologietests. Für das Ortungssystem haben zwei Technologieanbieter140 ihre Systeme für einen Test zur Verfügung gestellt. Eines der getesteten
Systeme nutzte ein am Stapler montiertes Erfassungsgerät und in der Halle an Referenzpunkten montierte Transponder zur Lokalisierung. Das andere System verwendete
unter der Decke montierte Erfassungsstationen und einen aktiven Transponder am
Stapler. Beide Systeme ermöglichten eine zuverlässige mit einer durchschnittlichen
140
Bei den Systemanbietern der aktiven RFID-Systeme handelt es sich um die Firmen Siemens und Wherenet.
5.5 Überseeversand von Packstücken bei der BLG IL
179
Abweichung von 0,3 m bzw. 2,7 m der Soll- zur Ist-Position. Beide Systeme entsprachen den Anforderungen der BLG IL.
Zur Überprüfung der technischen Machbarkeit der Pulkerfassung von Packstücken
fand ein Test mit passiven 13,56-MHz- und UHF-Systemen141 statt. Die Testanforderung bestand in der gleichzeitigen Erfassung aller Packstücke auf der Gabel eines
Staplers, was eine Erfassungsreichweite von 2 m erfordert. Das getestete 13,56-MHzSystem ermöglichte eine zuverlässige Erfassung nur bei einer Packstückbreite bis zu
1,20 m. Hingegen erfüllte das getestete passive UHF-System mit seitlich am Stapler
montierten Erfassungsantennen die Anforderungen hinsichtlich Reichweite (3 m) und
Erfassung verdeckt stehender Packstücke. Eine zuverlässige Erfassung unabhängig
von der Ausrichtung der Packstücke erforderte zwei an gegenüberliegenden Seiten angebrachte Transponder.
5.5.4 Kosten-Nutzen-Bewertung
Die Wirtschaftlichkeitsanalyse zeigte Einsparungspotenziale beim manuellen Aufwand, der vorher durch das Scannen von Barcodes notwendig war, bei der Durchführung von Qualitätskontrollen und bei den Fehlerfolgekosten. Die Kosten werden
wesentlich durch den Preis für die passiven Transponder142 bestimmt, die zum Zeitpunkt des Pilotbetriebs einen Stückpreis von 0,95 Euro hatten. Eine Kostenbeteiligung
durch DaimlerChrysler ist nicht zu erwarten, da der Hersteller keine Pläne hat, RFID
in der Packstück-Logistik einzusetzen.
Durch das RFID-System vermiedene Schadensersatzforderungen oder Vertragsstrafen
stellen ein zusätzliches Nutzenpotenzial dar, das die Berechnung nicht berücksichtigt,
da hierzu keine konkreten Zahlen vorlagen. Ebenso bezieht die Berechnung Nutzeneffekte nicht ein, die mit einer grundsätzlichen Reorganisation der Sendungszusammenstellung, z.B. durch eine effizientere Nutzung der Lagerfläche, verbunden sind. Die in
Tabelle 5-5 dargestellten Kosten und Kosteneinsparungen beziehen sich auf den Bereich des CKD-Versands nach Brasilien, in dem auch der Pilotbetrieb stattfand.
141
Bei den Systemanbietern der passiven RFID-Systeme handelt es sich um die Firmen PI-ident und Tricon.
142
Je zwei identische Funketiketten pro Packstück ermöglichen eine zuverlässige Pulkerfassung.
180
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
IST
Annahmen
- Anzahl an Packstücken pro Jahr
- Zeitbedarf für manuelles Scannen pro Packstück
- Zeitbedarf für zusätzl. Qualitätskontrollen pro Jahr
- Schadensersatzforderungen und Vertragsstrafen
- Kosten für 1 Minute Arbeitszeit
Laufende Einsparungen (pro Jahr)
- Einsparungen man. Aufwand beim Scannen
- Einsparungen man. Aufwand für Qualitätskontrollen
- Einsparungen sonstiger Fehlerfolgekosten (Expresslieferungen, Nachbearbeitungsaufwand ohne mögliche Schadensersatzforderungen)
Einmalige Kosten (Abschreibungsfrist 5 Jahre)
-
Erfassungsgeräte (Stückpreis: 4.030 €)
System zur Ortung der Stapler und Container
Installation, Verkabelung, Konfiguration
Sonstiger Integrationsaufwand für das System
Laufende Kosten (pro Jahr)
- Transponder (Stückpreis: 0,95 €)
- Wartung
Gesamtergebnis (jährlich, 5 Jahre)
100.000
0,9 Min.
240 Stunden
keine
0,35 €
PLAN
100.000
0 Min.
0 Stunden
keine
0,35 €
44.540 €
31.500 €
5.040 €
8.000 €
231.250 €
26.520 €
60.000 €
25.000 €
120.000 €
200.000 €
190.000 €
10.000 €
-201.710 €
Tabelle 5-5: Kosten-Nutzen-Rechnung für RFID im CKD-Versand der BLG IL
Quelle: Berechnungen der Projektgruppe ISAR143
Bei der Bewertung der vorgestellten Anwendung sind die folgenden Risiken zu berücksichtigen:
• Damit die BLG IL auf manuelle Qualitätskontrollen verzichten kann, muss die
Zuverlässigkeit des RFID-System gewährleistet sein. Das im Pilot eingesetzte
passive RFID-System ist hingegen noch nicht im Dauerbetrieb erprobt.
• Auch wenn das RFID-System mit einer Zuverlässigkeit von 100 % funktioniert, können falsch oder nicht etikettierte Packstücke zu Störungen im Prozess
führen. Aus diesem Grund sind zusätzliche Plausibilitätsprüfungen notwendig,
wie z.B. der regelmäßige Abgleich des vorauseilenden Informationsflusses
(Soll-Bestand) mit dem Ist-Bestand.
• Falls sich RFID nicht als Standardlösung im Packstückversand durchsetzt, erscheint eine Insellösung bei der BLG IL nicht wirtschaftlich.
143
Die angegebenen Zahlen sind eine Zusammenfassung der Kosten-Nutzen-Bewertung der Projektgruppe.
5.6 Reifenverfolgung in der Distribution von Continental
181
5.5.5 Ausblick
Der Einsatz eines RFID-Systems zur Versandkontrolle als Insellösung bei der BLG IL
ist aus heutiger Sicht wirtschaftlich nicht rentabel. Trotzdem verfolgt die BLG IL weiterhin den Plan, den Versandprozess zu optimieren, und erwartet, dass sich der Einsatz von RFID rentiert, wenn auch die Partner in der Lieferkette von den Zulieferern
bis zur Produktionslogistik im Herstellerwerk Brasilien die RFID verwenden und die
Transponderpreise weiter sinken. Nachdem das Pilotsystem die technische Machbarkeit der automatischen Versandkontrolle gezeigt hat, wird die BLG IL die Preisentwicklung der Technologie und den RFID-Einsatz in der Automobillogistik beobachten, um bei geänderten Rahmenbedingungen mit der Umsetzung des Projekts schnell
beginnen zu können.
5.6 Reifenverfolgung in der Distribution von Continental
Der Reifenhersteller Continental hat ein Konzept für den Einsatz von RFID zur Kennzeichnung von Reifen entwickelt. Hierin überprüft Continental die technische Machbarkeit sowie mögliche Nutzeneffekte von RFID im Distributionsnetzwerk und beschreibt Anforderungen für den Einsatz in der Praxis. Wesentliche Voraussetzungen
für die Umsetzung des Konzepts sind im Vergleich zu heute geringere Kosten für
Transponder und die Existenz von Standards zur Kennzeichnung von Reifen bzw.
Einzelteilen in der Automobilindustrie.
5.6.1 Ausgangslage und Handlungsbedarf
Continental fertigte in Deutschland im Jahr 2003 ca. 19,6 Mio. Auto- und LKW-Reifen. Hiervon liefert der Reifenhersteller ca. ein Drittel direkt an die Fahrzeughersteller
zur Erstausstattung. Einzelne Werke stellen bis zu 140 verschiedene Reifentypen, die
sich z.B. in Größe, Tragfähigkeit und zugelassener Maximalgeschwindigkeit unterscheiden, alleine für die Erstausstattung her. Circa 1 Mio. Reifen stellte Continental
im Auftrag anderer Unternehmen her, welche diese unter eigenem Namen (Handelsmarken) verkaufen. Die Belieferung des Handels erfolgt über mehrere regionale Distributionsstufen (s. Abbildung 5-9).
Direktbelieferung von Großkunden (Handelsmarken)
Reifenhersteller
Distributionslager
Reg. Distributionszentren
Vormontage
Fahrzeughersteller
Endkunde
Händler
Rückgabe zur Runderneuerung
Abbildung 5-9: Lieferbeziehungen im Distributionsnetzwerk von Continental
182
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
Die Reifenlogistik erfordert zahlreiche manuelle Arbeitsschritte. An mehreren Stellen
in der Lieferkette ist die Erfassung produktbezogener Daten, z.B. des Reifentyps, der
Größe und des Herstelldatums notwendig: bei Qualitätskontrollen, bei der Kommissionierung, beim Wareneingang, bei der Einlagerung, bei der Inventur und bei der
Montage. Die Kontrolle des Herstelldatums ist wichtig, da diese in der Erstausstattung
nicht älter als 20 Wochen sein dürfen. Eine manuelle Erfassung der Daten nach dem
Aussehen oder der Beschriftung ist unzuverlässig. Gesetzliche Vorschriften in den
USA verlangen ab 2005 von den Fahrzeugherstellern eine Dokumentation, welche
Reifen (Seriennummer) auf welches Fahrzeug (Fahrgestellnummer) verbaut wurden.
Eine eindeutige Identifikation von Reifen wünschen auch einige Speditionen, die ihre
Reifen runderneuern lassen und sicherstellen wollen, dass sie die gleichen Reifen zurückerhalten.144 Diesen Service bieten derzeit einige hierauf spezialisierte Unternehmen an, Continental jedoch nicht. Zusammenfassend lassen sich in der Reifenlogistik
folgende Optimierungspotenziale durch automatische Datenerfassung identifizieren:
• Falls Mitarbeiter bei einer Qualitätskontrolle mangelhafte Reifen finden, müssen sie in einem aufwendigen Prozess Reifen der gleichen Produktionscharge
identifizieren.
• Beschwerden über Falschlieferungen führen zu Nachbearbeitungsaufwand. Bei
der versehentlichen Auslieferung höherwertiger Reifen entstehen auch dann
Kosten, wenn sich der Kunde nicht beschwert. Insgesamt schätzt Continental
die Folgekosten aus Versandfehlern in Deutschland auf 400.000 Euro.
• Die Einhaltung der Fifo-(First-in-first-out-)Regel zur Sicherstellung, dass im
Lager keine alten Reifen liegen bleiben, bedeutet zusätzlichen Aufwand.
• Gesetzliche Anforderungen in den USA verlangen die Zuordnung von Reifen
zur Fahrgestellnummer, die Verwendung von Barcodes ist ausreichend, bedeutet aber im Vergleich zu einer RFID-Lösung zusätzlichen manuellen Aufwand.
• Speditionen wünschen, dass sie bei der Runderneuerung die gleichen Reifen
zurückerhalten, die sie abgegeben haben.
Die nachfolgend dargestellte Bewertung möglicher Nutzeneffekte von RFID in der
Reifenlogistik konzentriert sich auf die Lieferbeziehung zu den Fahrzeugherstellern.
Die Reifenlogistik im Distributionsprozess des Handels enthält zwar mehr manuelle
Arbeitsschritte, allerdings ist ein Impuls für den Aufbau einer RFID-Lösung eher für
den weitgehend standardisierten Belieferungsprozess für die Erstausstattung zu erwarten.
144
Der Grund hierfür ist, dass sich Reifen nicht beliebig oft runderneuern lassen.
5.6 Reifenverfolgung in der Distribution von Continental
183
5.6.2 Prozess der Reifenlogistik für die Erstausstattung
Der in Abbildung 5-10 beschriebene Prozess der Reifenlogistik für die Erstausstattung
beginnt mit der Kennzeichnung der Reifen während der Herstellung und betrachtet
den Weg der Reifen über ein Distributionslager zur Vormontage und von dort zum
Fahrzeughersteller.
CONTINENTAL
DISTRIBUTIONS
ZENTRUM
VORMONTAGE
FAHRZEUGHERSTELLER
Reifen herstellen
und kennzeichnen
Wareneingangsbuchung
Reifen
abrufen
Räder
abrufen
Reifen etikettieren
Reifen
einlagern
Wareneingangsbuchung
Wareneingangsbuchung
Qualitätskontrolle
Reifen auslagern
Reifen auf Felgen
montieren
Räder in die
Montage bringen
Reifen palettieren
Etikettierung der
Packstücke
Verpackung und
Etikettierung
Reifen montieren
Versand
der Lieferung
Qualitätskontrolle
für den Versand
Sortierung für
Just-in-sequence
Falls USA-Export:
Dokumentation
Warenausgangsbuchung u. Versand
Warenausgangsbuchung u. Versand
Legende
Aufgabe
IT-gestützte Aufgabe
direkte Abfolge
Inventur
Bestand
einbuchen
Abfolge mit zeitlicher
Unterbrechung
Nutzeneffekte durch
RFID möglich
Abbildung 5-10: Prozess der Reifenlogistik für die Erstausstattung
Reifen kennzeichnen, prüfen und palettieren
Jeder Reifen erhält während der Herstellung eine Gravur, die u.a. Hersteller, Typenbezeichnung, Größe, Herstelldatum, Tragfähigkeit und Felgendurchmesser beschreibt.
Einige Reifen erhalten auf Wunsch des Kunden zusätzlich ein 2D-Etikett. Im Anschluss an die Fertigung erfolgt eine Qualitätskontrolle. Falls Mitarbeiter mangelhafte
Reifen entdecken, ist in einem aufwendigen Prozess die gesamte Charge zu überprüfen. Transponder, die bereits während des Produktionsprozesses im Reifen enthalten
sind, könnten in diesem Fall die Rückverfolgbarkeit, d.h. die genauere Eingrenzung
der Produktionscharge unterstützen. Für den Versand laden die Mitarbeiter die Reifen
auf Paletten und stellen sie zur Abholung bereit.
184
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
Wareneingangsbuchung und Einlagerung beim Distributionslager
Eine Spedition bringt die Palette zu einem Distributionslager in Werksnähe (Werkslager). Lagermitarbeiter heben mittels Staplern die Paletten vom LKW, führen eine Wareneingangskontrolle mit Abzählen der Reifen durch und buchen die Lieferung ein.
Anschließend lagern sie die Paletten mit den Reifen ein. Eine mittels RFID mögliche
Pulkerfassung mit anschließender automatischer Einbuchung ermöglicht Einsparung
von manuellem Aufwand.
Abruf und Auslagerung
Die Belieferung der Fahrzeughersteller erfolgt nach dem JIT-Verfahren. Lagermitarbeiter stellen Sendungen auf Abruf zusammen, versehen diese mit Lieferpapieren und
stellen sie nach einer Kontrolle der Sendungszusammenstellung zur Abholung und
Warenausgangsbuchung bereit. RFID kann in diesem Schritt durch eine Pulkerfassung der Lieferung den Aufwand der Kontrolle reduzieren.
Radmontage und Einbau
Mit der Montage der Reifen auf Felgen (Herstellung der Räder) beauftragen die Fahrzeughersteller meist externe Betriebe. Während der Vormontage steht die Zuordnung
zwischen Rädern und Fahrzeugen bereits fest. Bei der späteren Montage der Räder
auf Fahrzeuge, die für den US-Export bestimmt sind, muss der Hersteller die Zuordnung der Reifennummer zur Fahrzeuggestellnummer dokumentieren. Bisher erfolgt
dieser Vorgang manuell. Eine Effizienzsteigerung durch RFID ist durch eine automatische Dokumentation der Zuordnung von Reifen und Fahrzeug möglich.
Inventur in den Distributionslagern
Jährlich finden in den Distributionslagern Inventuren statt. Hierbei müssen Mitarbeiter jeden einzelnen Reifen erfassen und verzeichnen. Eine Pulkerfassung mit RFIDErfassungsgeräten ist eine Möglichkeit zur Reduzierung dieses manuellen Aufwands.
5.6.3 RFID-Systeme für die Reifenverfolgung
Der Einsatz von RFID zur Kennzeichnung von Reifen befindet sich im Versuchsstadium. Bei Continental und anderen Reifenherstellern durchgeführte Technologietests
konnten bisher keine zuverlässige Pulkerfassung von Reifen nachweisen. Nachfolgend sind einige technologische Ansätze zum Einbau von Transpondern in Reifen
sowie zur Standardisierung dargestellt.
5.6 Reifenverfolgung in der Distribution von Continental
185
Standardisierungsansätze
Die Branchenverbände AIAG und VDA erarbeiten Standardisierungsempfehlungen
für die RFID-Kennzeichnung von Reifen. Die Standardisierungen beziehen sich auf
die Anbringungsposition der Transponder, die zu verwendende Frequenz, das Kommunikationsprotokoll, die Datenstruktur auf dem Tag und die zu speichernden Daten.
• AIAG B-11. 2002 hat die AIAG den Standard B-11 zur Kennzeichnung von
Reifen verabschiedet. Dieser sieht alternativ zur Verwendung von 2D-Codes
auch RFID-Chips vor. Bei Anwendung der RFID-Variante, ist UHF-Technologie einzusetzen und die Transponder sind an der Außenseite des Reifens anzubringen. Die Erfassungsreichweite soll mindestens 61 cm (24 inch) betragen.
Die Datenstruktur der RFID-Lösung umfasst Angaben über den Hersteller,
Werk, Datum, eine eindeutige Seriennummer, die Fahrzeugnummer sowie einen frei verfügbaren Bereich [vgl. AIAG 2004a].
• VDA. Eine Standardisierungsempfehlung des VDA ist seit 2002 in Vorbereitung. So lange kurzfristig neue technologische Entwicklungen zu erwarten sind
und relevante ISO-Normen, insb. die ISO 18 000-Familie, noch nicht verabschiedet sind, ist hier keine Festlegung zu erwarten. Erste Überlegungen, welche die Verwendung der 13,56-MHz-Technologie und die Integration des
Chips in die Lauffläche des Reifens bevorzugten, sind zu überprüfen.
Technische Lösungen zur Integration von Transpondern in Reifen
Einige Technologieanbieter präsentieren funktionsfähige RFID-Systeme zur Reifenidentifikation, z.B. Intermec, Michelin und Sokymat.
• Intermec. Die Intellitag®-Lösung von Intermec ist seit der Verabschiedung
von B-11 verfügbar und unterstützt diesen Standard. Die RFID-Chips besitzen
einen mehrfach beschreibbaren 128 Byte-Datenspeicher [Intermec 2002].
• Michelin. Die Lösung von Michelin verwendet UHF-Chips, deren Antennendesign speziell auf Reifen angepasst ist. Die Transponder besitzen einen mehrfach beschreibbaren 2 Kbit-Datenspeicher und sind kompatibel zu B-11, EPC
Class 1 Gen 2 und ISO 18 000-6. Preise von 50 Eurocent sollen bei großen
Stückzahlen möglich sein.
• Sokymat. Die Logi Tag®-Lösung von Sokymat verwendet passive LF-Chips
mit einem mehrfach beschreibbaren Datenspeicher von 256 bit. Die Transponder sind durch eine spezielle Ummantelung hitzebeständig (bis 160° C), lassen
sich in die Lauffläche von Reifen integrieren und überstehen auch die Runderneuerung. Die Erfassungsreichweite beträgt wenige Zentimeter [vgl. Sokymat
2002].
186
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
5.6.4 Kosten-Nutzen-Bewertung
Die Kosten-Nutzen-Analyse betrachtet mögliche Einsparungen im Prozess der Belieferung der Fahrzeughersteller sowie der Montage. Weil dies ein offener logistischer
Prozess ist, sind die Chipkosten für die Gesamtkosten bestimmend. Die Analyse fokussiert auf die Prozesseffizienz und ermittelt das Verhältnis einer möglichen Steigerung der Prozesseffizienz zu den Chipkosten. Dementsprechend sind die möglichen
Kosteneinsparungen pro Reifen angegeben. Das Ergebnis zeigt, dass die Effekte aus
höherer Prozesseffizienz die Kosten für RFID nicht rechtfertigen. Es existieren weitere mögliche Nutzeneffekte, deren systematische Untersuchung nicht Gegenstand des
Projekts war, z.B. vermiedene potenzielle Fehlerfolgekosten seitens des Fahrzeugherstellers, Kosteneinsparungen durch Verwendung des Transponders als Komponente
eines Reifendruckmessgerätes sowie mögliche zusätzliche Umsätze seitens des Reifenherstellers durch neue Geschäftsmodelle, wie z.B. die oben beschriebene Runderneuerung von Reifen für Speditionen.
IST
PLAN
Annahmen
-
Anzahl von Reifen für die Erstausstattung
7 Mio.
Durchschnittlicher Lagerbestand an Reifen
70.000
Datenerfassungsaufwand am Wareneingang jährlich 12.000 Stunden
Datenerfassungsaufwand Versandkontrollen jährlich 6.000 Stunden
Datenerfassungsaufwand Inventur
120 Stunden
Zeitbedarf für Dokumentation des Einbaus
0,2 Min
Dokumentation für alle Fahrzeuge verpflichtend
nein
Folgekosten Versandfehler jährlich
150.000 €
Kosten für 1 Minute Arbeitszeit
0,35 €
Laufende Einsparungen jährlich (pro Reifen)
-
Einsparungen Datenerfassungen am Wareneingang
Einsparungen Datenerfassungen Versandkontrollen
Einsparungen Datenerfassungen Inventur
Einsparungen Fehlerfolgekosten aus Versand
Einsparungen manueller Aufwand Dokumentation
Laufende Kosten jährlich (pro Reifen)
Gesamtergebnis jährlich (pro Reifen)
7 Mio.
70.000
0 Stunden
0 Stunden
12 Stunden
0 Min
ja
0€
0,35 €
0,145 €
0,036 €
0,018 €
<0,001 €
0,021 €
0,070 €
0,500 €
-0,365 €
Tabelle 5-6: Kosten-Nutzen-Rechnung für RFID in der Reifendistribution145
Bei der Bewertung der vorgestellten Anwendung sind die folgenden Risiken zu berücksichtigen:
145
Die Annahmen bzgl. möglicher Prozesseffekte basieren auf Schätzungen von Prozessbeteiligten. Eine Trennung des reinen Datenerfassungsaufwandes vom unabhängig hiervon notwendigen manuellen Bearbeitungsaufwand ist ohne Durchführung eines Feldversuchs nicht möglich.
5.6 Reifenverfolgung in der Distribution von Continental
187
• Die Unterstützung der Pulkerfassung von Reifen durch passive RFID-Technologie, die eine wesentliche Voraussetzung zur Realisierung der o.g. Nutzeneffekte ist, haben die Technologieanbieter bisher nicht nachgewiesen.
• Der Reifenhersteller, der LDL und der Fahrzeughersteller profitieren in unterschiedlichem Ausmaß von RFID. Die Integration von Transpondern in Reifen
rentiert sich für den Hersteller nur, wenn die anderen Unternehmen sich an den
Kosten beteiligen, d.h. der LDL einen Preisnachlass für den eingesparten Aufwand gewährt, und der Fahrzeughersteller mehr für den Reifen bezahlt.
• Falls RFID keine Standardlösung zur Kennzeichnung von Reifen wird, lohnt
sich die Einführung bei Continental alleine nicht. Zum einen wird die Technologie in diesem Fall teurer sein und zum anderen werden einige Fahrzeughersteller die RFID-Eigenschaft nicht verwenden.
• Bei gleichzeitigem Einsatz von anderen elektronischen Geräten im Reifen, z.B.
Druckmessgeräte, ist die Verwendung eines separaten Transponders ausschließlich für die Identifikation nicht notwendig, da sich die Identifikationsfunktion mit anderen elektronischen Bauteilen verknüpfen lässt.
5.6.5 Ausblick
Die Diskussion um den Einsatz von RFID zur Kennzeichnung von Einzelteilen in der
Automobilindustrie hat mit dem Reifen begonnen. Sicherheitsrelevanz und hoher manueller Bearbeitungsaufwand sind hierfür ausschlaggebend. Die hohen Chippreise
verhindern derzeit eine Implementierung einer RFID-Lösung für die Reifenlogistik.
Trotzdem sind die folgenden Schritte aus Sicht von Continental sinnvoll:
• Es ist zu prüfen, ob eine Pilotinstallation zur Umsetzung des vorgeschlagenen
Geschäftsmodells der Runderneuerung von LKW-Reifen wirtschaftlich sinnvoll ist. Auf diese Weise kann Continental Erfahrungen mit RFID sammeln.
• Die Einführung von RFID zur Kennzeichnung von Reifen ist nur auf Branchenebene zu erwarten. Dann können Reifenhersteller profitieren, die schon frühzeitig Erfahrung im Umgang mit RFID gesammelt haben bzw. über eine kostengünstige Technologie zur Anbringung der Transponder verfügen.
• Außerdem ist die mögliche Kombination der automatischen Identifikation mit
Reifendrucksensoren zu berücksichtigen. Falls sich die Verwendung von Reifendruckmessgeräten durchsetzt, können diese einen separaten Identifikationschip ersetzen.
188
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
5.7 Auswirkungen aus Perspektive des Wertschöpfungsnetzwerkes
Die Fallstudien zeigen, dass Unternehmen bei verschiedenen Anwendungen erste
Schritte zur Einführung von RFID-Systemen unternommen haben. Die folgende Zusammenfassung stellt die in den einzelnen Fallstudien identifizierten Effekte erster,
zweiter und dritter Ordnung aus der übergeordneten Perspektive des Wertschöpfungsnetzwerkes dar. Die Abbildung der Anwendungen im RFID-Diffusionsmodell (s. Abschnitt 4.3) zeigt den Fortschritt der Adoption von RFID bzgl. der in den Fallstudien
untersuchten Unternehmen. Die Berücksichtigung kritischer Erfolgsfaktoren erleichtert Unternehmen die Ausweitung des RFID-Einsatzes. Die am Ende dieses Abschnitts beschriebenen Erfolgsfaktoren sind aus den praktischen Erfahrungen der Fallstudien abgeleitet und durch die Erkenntnisse des Kapitels 4 zu den Auswirkungen
von RFID begründet.
5.7.1 Substitution manueller Koordination
In den untersuchten Projekten ist die erwartete Erhöhung der Prozesseffizienz die
Hauptmotivation der Beteiligten für den RFID-Einsatz. Dabei betrachten Unternehmen RFID primär als eine Technologie zur Steigerung des Automatisierungsgrades.
Das Management großer Ladungsträger, mit dem sich die ersten beiden Fallstudien
beschäftigen, ist bisher gering automatisiert. Automatische Zählungen (Inventuren)
sowie erhöhte Behälterverfügbarkeit und Verringerung von Schwund infolge lückenloser Erfassung führen in diesen Beispielen zu einem effizienteren Ressourceneinsatz.
Die quantitativ messbaren Nutzeneffekte sind verringerte Investitionen für neue Behälter und vermiedener manueller Aufwand. Die Auswirkungen verbesserter Prozessqualität (Vermeidung von Fehlern) beschränken sich in diesen Fallstudien im Wesentlichen auf die Erhöhung der Prozesseffizienz (Verringerung operativer Fehlerfolgekosten), z.B. die Reduzierung von Maschinenstillstandszeit. Mögliche Auswirkungen
auf den Lieferservicegrad bleiben unberücksichtigt.
Bei den Fallstudien zur KLT-Verfolgung, der Sendungszusammenstellung und der
Reifenlogistik entstehen Prozesseffizienzsteigerungen ausschließlich durch substituierten manuellen Aufwand, der bspw. bei Kontrollen, wie z.B. beim Wareneingang,
der Versandabwicklung oder bei der Dokumentation in der Montage, entsteht. Quantifizierbare Nutzeneffekte entstehen durch die je Prozessschritt und Objekt häufig geringen Einsparungen, deren Mehrwert erst bei Betrachtung einer hohen Anzahl von
Objekten und der Aufsummierung von Einsparungen über den Gesamtprozess ersichtlich wird. Eine mögliche Senkung des strategischen Fehlerfolgekostenrisikos durch
Steigerung der Lieferzuverlässigkeit ist z.B. für LDL relevant. Im Fallbeispiel der
Sendungszusammenstellung für den Überseeversand kann die BLG IL ihr Fehlerfolgekostenrisiko durch die Vermeidung von Versandfehlern senken. Auch im Fallbeispiel zur Reifenlogistik treten potenzielle Folgekostenrisiko auf, wenn bspw. ein
5.7 Auswirkungen aus Perspektive des Wertschöpfungsnetzwerkes
189
Unfall wegen Fehlmontage auftritt oder ein aus Sicherheitsgründen notwendiger
Rückruf sich wegen fehlender Konfigurationsinformationen verzögert. Allerdings
spielen Überlegungen, die über die Prozesseffizienz hinausgehen, bei Entscheidungen
von Projektbeteiligten über den RFID-Einsatz keine wesentliche Rolle. Tabelle 5-7
fasst Prozessqualitäts- und Prozesseffizienzauswirkungen der einzelnen Projekte zusammen. Einige Prozesseffekte, welche die Prozessqualität steigern, wie z.B. Fehlervermeidung im Versand oder beim Zusammenbau, senken neben dem operativen Fehlerfolgekosten- (z.B. Nachbearbeitungsaufwand) auch das strategische (z.B. Imageschaden) Risiko.
Fallstudie
Prozesseffekt
Spezialbehälter
Standardbehälter
KLTs
Sendungszusammenstellung
Reifen
Prozesseffizienz
Einsparung man. Aufwand
in der Logistik
(
(
(
(
(
Einsparung man. Aufwand
beim Beschwerdemanagt.
*
*
*
*
(
(
*
*
*
(
(
(
*
*
(
(
*
*
*
*
Vermeidung von
Versandfehlern
*
*
(
(
(
Vermeidung von Fehlern
beim Zusammenbau
*
*
*
*
(
Lückenlose
Dokumentation
*
*
*
*
(
Einsparung man. Aufwand
in der Produktion
Prozessqualität: operatives Fehlerfolgekostenrisiko
Erhöhte Produktionsmittelverfügbarkeit
Vermeidung von Schwund
(Ersatzinvestitionen)
Prozessqualität: operatives und strategisches Fehlerfolgekostenrisiko
( Bei der Fallstudie berücksichtigter Effekt
* Bei der Fallstudie nicht berücksichtigt
Tabelle 5-7: Effekte erster Ordnung bei den untersuchten Fallstudien
5.7.2 Netzwerkanwendungen durch Diffusion
Die in den Fallstudien untersuchten Anwendungen lassen sich unterschiedlichen Stufen des RFID-Diffusionsmodells zuordnen. Demnach ist ein Ausbau der RFID-Systeme durch Steigerung von Integrationsreichweite und -tiefe möglich. Konkrete Möglichkeiten zum Ausbau sind in den Ausblicken der Fallstudien beschrieben. Zum Beispiel lässt sich die Anwendung RFID-gestütztes Behältermanagement ausgehend von
Spezialbehältern auf beliebige Großladungsträger und schließlich auch auf Kleinbe-
190
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
hälter ausdehnen. Im Beispiel der Sendungszusammenstellung bei der BLG IL bedeutet die Verwendung von RFID zur Verfolgung im gesamten Versandprozess eine Ausweitung des RFID-Einsatzes zur Überprüfung der Sendungszusammenstellung.
Des Weiteren erleichtern bestehende RFID-Anwendungen die Einführung neuer Anwendungen. Wenn bspw. bei VW eine RFID-Infrastruktur zur Verfolgung von Behältern im CKD-Prozess vorhanden ist, kann das Unternehmen diese auch zur Abwicklung des Packstückversands nutzen. Die hierfür notwendigen Aufrüstungskosten fallen im Vergleich zum Neuaufbau einer Infrastruktur gering aus und verbessern die
Wirtschaftlichkeit der Anwendungen. Die schrittweise Hinzunahme neuer Objekte
begünstigt schließlich auch RFID-Anwendungen mit Einzelteilen, wie bspw. in der
Reifenlogistik. Während auf Ladungsträgerebene RFID-Anwendungen bereits bis zur
Verfolgung von in KLTs transportierten C-Teilen reichen, beschränken sich aktuelle
Überlegungen bzgl. der Einzelteilekennzeichnung mittels RFID auf sicherheitsrelevante A-Teile.
Einzelteil
Packstück
A, B
Ladungsträger
Integrationstiefe des RFID-Systems
A
Verfolgung von
Reifen in der
Distribution von
Continental
Kontrolle der
Sendungszusammenstellung
bei der BLG IL
A
Spezialbehältermanagement
Volkswagen
lokal,
geschlossen
A
Tracking von
Reifen in
der Industrie
A, B
Verfolgung von
Packstücken
im CKD-Prozess
A, B
B, C
Behältermanagement
CKD-Prozess
Volkswagen
Behältermanagement
in der Industrie,
z.B. KLTs
kollaborativ,
geschlossen
global,
offen
Ausbau der
Anwendung
begünstigt neue
Anwendung
A, B, C
Objektabdeckung
(Kritizitätsklassen)
Integrationsreichweite des RFID-Systems
Abbildung 5-11: Einordnung der Fallstudien in das Diffusionsmodell
Während obiges Diffusionsmodell eine intern getriebene Ausbreitung beschreibt,
stellt Abbildung 5-12 die Abhängigkeit von externen Voraussetzungen dar. Diese identifiziert fehlende Standards als limitierenden Faktor für den Ausbau der Behälterverfolgung. Für die Verfolgung von Packstücken oder zur Kennzeichnung sicherheitsrelevanter Teile sind hingegen sinkende Chippreise eine Voraussetzung für die Wirtschaftlichkeit. Bei den entsprechenden Fallstudien begünstigen auf Standards basierte
kollaborative bzw. globale Lösungen die Wirtschaftlichkeit. Die möglichen Netz-
5.7 Auswirkungen aus Perspektive des Wertschöpfungsnetzwerkes
191
werkeffekte setzen die Sensitivität gegenüber den Chippreisen im Vergleich zu lokalen Lösungen herab. Bei derartigen Anwendungen ist fraglich, ob die operative Umsetzung von Vorstufen (Insellösungen) überhaupt sinnvoll ist. Im Diffusionswürfel (s.
Abbildung 4-10) stellt sich diese Frage insb. für Anwendungen, die sich oberhalb einer Diagonale von unten, links, vorne nach oben, rechts, hinten befinden. Das heißt
z.B. bei lokalen Anwendungen, in denen RFID auf Einzelteilen mit niedriger Kritizität zum Einsatz kommt.
Reifegrad / Standards
Lokal
Global
Spezialbehältermanagement
VW
Anzahl der Objekte
Behältermanagement CKD
VW
Sendungszusammenstellung BLG IL
KLTs in der
Industrie
Sendungszusammenstellung BLG IL
Dokumentation
Einbau Reifen
Tracking&
Tracing Reifen
Chippreis
Abbildung 5-12: Abhängigkeit der untersuchten Anwendungen von externen Faktoren
5.7.3 Neue Prozesse und Dienstleistungen
Bei den im Rahmen der Fallstudien untersuchten Projekten spielen Innovationen wie
Prozessreorganisationen oder neue Dienstleistungen derzeit eine untergeordnete Rolle. Die Unternehmen erwähnen entsprechende Möglichkeiten zwar als Option für die
Zukunft, berücksichtigen diese allerdings nicht bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Tabelle 5-8 vermittelt einen Überblick derartiger Innovationen. Dabei sind Effekte, die infolge der Überlegungen aus Abschnitt 4.4 möglich erscheinen, jedoch die
Unternehmen nicht als Zielsetzung nannten, kursiv dargestellt.
192
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
Effekt
Prozessreorganisationen
Neue Dienstleistungsmodelle
- Outsourcing des Spezialbehältermanagements
Spezialbehälter
- Behälter IT-gestützt lokalisieren
anstatt auf dem Gelände suchen
- Kontinuierliche Prozessüberwachung und -optimierung
- Reduzierung Leergutsammelstellen
- Vermietung auf Basis der
Nutzungszeit
Standardbehälter
- Papierloser Informationsfluss /
Wegfall von Etikettierungen
- Horizontale Integration von
Lieferketten
- Ereignisgesteuerte Planung
KLTs
- Papierloser Informationsfluss /
Wegfall von Etikettierungen
- Ereignisgesteuerte Planung
- Vermietung auf Basis der
Nutzungszeit
Sendungszusammenstellung BLG IL
- Abbau von Kontrollen
- Horizontale Integration von
Lieferketten
- Keine
Reifen
- Abbau von Kontrollen
- Ereignisgesteuerte Rechnungsstellung
- Gezielter Rückruf
- Individuelle Runderneuerung
- Produktinnovationen146
Fallstudie
Tabelle 5-8: Effekte dritter Ordnung bei den untersuchten Fallstudien
Die möglichen Prozessreorganisationen basieren auf der Verfügbarkeit genauer und
zeitnaher Informationen zur operativen Prozessausführung. Dies unterstützt eine Substitution zentraler durch dezentrale ereignisbasierte Steuerung und Planung.147 Beispielsweise können Informationen zu Ereignissen im Liefernetzwerk, wie z.B. der
Ankunft einer unvollständigen Lieferung, eine Änderung der Produktionsplanung anstoßen. Die Rechnungsstellung des Lieferanten kann automatisch in Abhängigkeit der
tatsächlich beim Kunden eingegangenen Waren erfolgen. Auf diese Weise können
z.B. bei der Versandabwicklung der BLG IL, in der Behälterlogistik oder in der Reifenlogistik von Continental zuvor notwendige Prozessschritte wie mehrfache Kontrollen in der Belieferung, Reklamationen oder die Kennzeichnung mit Papieretiketten
entfallen. Die permanente Prozessüberwachung ist eine Voraussetzung für eine laufende Prozessoptimierung. Dabei ermöglicht die statistische Auswertung von Prozessdaten die Aufdeckung von Schwachstellen. So könnte VW z.B. die Orte im Behälterkreislauf lokalisieren, an denen regelmäßig Behälter aus dem Kreislauf verschwin146
Verschiedene im Rahmen der Fallstudie diskutierte Produktinnovationen basieren auf dem Einsatz von Sensoren im Reifen und richten sich an den Endkunden.
147
Dies entspricht der Zielsetzung von SCEM-Systemen (s. Abschnitt 3.4.2).
5.7 Auswirkungen aus Perspektive des Wertschöpfungsnetzwerkes
193
den. Zur Minimierung des Behälterschwunds kann VW die Einführung eines nutzungsabhängigen Mietmodells, bei dem die Verwender in Abhängigkeit der Nutzungszeit bezahlen, erwägen. Die im Rahmen der Fallstudien diskutierten neuen
Dienstleistungen im Behältermanagement beschränken sich auf derartige Mietmodelle. Der Beitrag von RFID ist die Bereitstellung genauer Tracking-Informationen zur
Unterstützung einer taggenauen Abrechnung.
Die nutzungsabhängige Behälterabrechnung kann jedoch auch Auslöser für umfangreichere Prozessreorganisationen sein. Beispielsweise überprüft VW die Möglichkeit
der gemeinsamen Nutzung von CKD-Behältern mit einem Handelsunternehmen. Da
das Handelsunternehmen vorwiegend Transportkapazität aus Übersee nach Deutschland benötigt, ließe sich die Auslastung der bisher als Leergut aus Übersee zurückgeführten Behälter steigern. Dieses Beispiel zeigt Ansätze einer horizontalen Integration
von Lieferketten, in diesem Fall zwischen Industrie und Handel.
Das Fallbeispiel der Reifenlogistik verbindet Prozess- und Produktinnovation. Einerseits unterstützt die automatische Identifikation Prozesseffizienz und lückenlose
Rückverfolgbarkeit. Bei einem Reifenrückruf ist eine gezielte und vollständige
Durchführung möglich, wenn die verbauten Reifen fahrzeugbezogen dokumentiert
sind. Andererseits unterstützt die Individualisierung der Reifen die Erbringung von
Dienstleistungen während der Lebensdauer des Reifens. Ein Beispiel ist die individuelle Runderneuerung von Reifen, die z.B. Speditionen wünschen. Des Weiteren ermöglicht der Einbau von Sensoren neue Produkteigenschaften, die z.B. dem Fahrer
die Einschätzung der Straßenverhältnisse und des Reifenzustandes erleichtern und
Versicherungen bei der individuellen Prämiengestaltung unterstützen, sofern der Fahrer der Weitergabe der Daten zustimmt.
5.7.4 Kritische Erfolgsfaktoren
Die Erfolgsfaktorenforschung ist ein Mittel zur Beurteilung von Innovationen. Sie
umfasst die Identifikation von positiven und negativen Einflussfaktoren von Innovationen. Häufig erfolgt die Erhebung in Form von quantitativen empirischen Untersuchungen [vgl. Lilien/Yoon 1989]. Diese Arbeiten untersuchen die möglichen Einflussfaktoren, nachdem der Erfolg oder Misserfolg eingetreten ist. Dabei stellt sich die
Schwierigkeit der eindeutigen und vollständigen Abgrenzung der wirksamen Faktoren
[vgl. Staudt et al. 1996, 2 f.]. Diese Arbeit leitet kritische Erfolgsfaktoren aus einzelnen Fallstudien ab. Hierbei besteht die Gefahr einer Überbewertung von Sonderfaktoren, die nicht verallgemeinerbar sind. Dieser Einwand lässt sich durch einen Verzicht
auf die Forderung nach Allgemeingültigkeit relativieren. Die Übertragung der aufbereiteten Ergebnisse auf andere Situationen bleibt dem Leser überlassen. In diesem
Sinne erheben die nachfolgend beschriebenen Erfolgsfaktoren keinen Anspruch auf
Allgemeingültigkeit oder Vollständigkeit. Sie basieren auf den Erkenntnissen der vor-
194
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
gehend beschriebenen Fallstudien und den Ausführungen des vierten Kapitels. Es ist
zu beachten, dass die Erhebung in einem frühen Stadium des Innovationsprozesses erfolgte. Das heißt, es besteht Ungewissheit über die für eine weitere Ausbreitung von
RFID relevanten Rahmenbedingungen. Zum Beispiel ist ungewiss, in welchem Ausmaß die Preise für RFID-Systeme sinken und ob sich allgemein akzeptierte Standards
durchsetzen werden. Tabelle 5-9 fasst die Relevanz der nachfolgend beschriebenen
kritischen Erfolgsfaktoren für die in den Fallstudien beschriebenen RFID-Projekte
zusammen.
Fallstudie
KEF
Bedarf nach Information
Technologische Reife
Verwendung von Standards
Systemintegration
Prozessreorganisation
Schrittweises Vorgehen
Spezialbehälter
Standardbehälter
KLTs
Sendungszusammenstellung
Reifen
)
*
)
(
*
(
)
*
)
(
)
(
)
)
(
(
)
(
*
(
(
(
)
*
(
(
(
(
)
*
( hohe Kritizität ) kritisch nur für geplante Ausbaustufen * geringe Bedeutung
Tabelle 5-9:Bedeutung kritischer Erfolgsfaktoren für die untersuchten Fallstudien
Bedarf nach mehr Information
Beim aktuellen Stand der RFID-Projekte spielt die erzielbare höhere Informationsgranularität eine untergeordnete Rolle. RFID-Systeme unterstützen die Automatisierung
lokaler Vorgänge wie Ein- und Ausgangsbuchungen, wobei RFID als Substitut anderer Erfassungsverfahren wie dem Barcode oder manueller Zählung zum Einsatz
kommt. Der Mehrwert des RFID-Einsatzes entsteht dadurch, dass die Prozesse vorher
gering automatisiert waren bzw. eine hohe Fehlerrate aufwiesen oder strategische
Fehlerfolgekosten verursachten. Der Einsatzbereich von RFID beschränkt sich demnach auf entsprechende Prozesse (Spezialanwendungen). Die geplanten Ausbaustufen
benötigen hingegen zusätzliche Informationen. Im Behältermanagement entsteht der
Informationsbedarf durch die ereignisgesteuerte Planung, den papierlosen warenbegleitenden Informationsfluss148, die permanente Prozessüberwachung und Mietmodel-
148
Der Verzicht auf papiergebundene Information im Informationsfluss setzt voraus, dass diese Informationen
anderweitig verfügbar sind. Der Papierbeleg ist eine im Bedarfsfall zusammen mit der Lieferung schnell verfügbare Sicherheitskopie. Der Verzicht auf Lieferscheine erhöht die Anforderungen an die Fähigkeit zur Bereitstellung durch das IT-System.
5.7 Auswirkungen aus Perspektive des Wertschöpfungsnetzwerkes
195
le. Das Projekt zur Sendungszusammenstellung berücksichtigte anstatt des Informationsgewinns nur die Effizienzsteigerung durch automatisierte Vollständigkeitskontrolle. Hiermit war ein Nachweis der Wirtschaftlichkeit nicht möglich. Bei einer
Fortführung des Projekts sollte der LDL den zusätzlichen Nutzen der Sendungszusammenstellungsinformation nicht nur für eigene Zwecke, sondern auch für die Planung des Empfängers berücksichtigen.
Das RFID-Projekt zur Reifenlogistik zeigt ein Beispiel eines gesetzlich motivierten
Informationsbedarfs. Die zuverlässige fahrzeugbezogene Dokumentation des Einbaus
von Reifen mittels eines RFID-Systems erleichtert die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen zur Rückverfolgbarkeit. Weitere mögliche Nutzeneffekte entstehen durch
auf Zusatzinformationen basierenden Innovationen, wie etwa der individualisierten
Runderneuerung oder der sensorgestützten Reifenanwendungen. In allen untersuchten
Fallstudien sind Nutzeneffekte durch Verwendung der zusätzlich gewonnenen Informationen möglich. Die Steigerung der Integrationstiefe und -reichweite von RFIDSystemen unterstützt die Deckung dieses Informationsbedarfs. Die Forderung nach
mehr Integration in der betrieblichen Informationsverarbeitung lässt sich folglich
durch einen bisher unbefriedigten Informationsbedarf begründen.
Technologische Reife
Der Einsatz von unreifen RFID-Systemen stellt für Unternehmen aus zwei Gründen
ein Risiko dar:
1. Fehlerrisiko. Falls die RFID-Systeme nicht die erwartete Leistung bzgl. Erfassungsreichweite, Empfindlichkeit gegenüber äußeren Einflüssen, Erfassungsrate usw. erbringen, werden diese selbst zur Fehlerquelle. Ein Fehlerfolgekostenrisiko besteht insb. bei Prozessen, die bereits eine hohe Prozesszuverlässigkeit besitzen. Wenn bspw. im Fall der Sendungszusammenstellung der
BLG, wo die Prozesszuverlässigkeit heute über 99 % beträgt, die Technologie
nicht zuverlässig ist, kann der LDL den Kontrollaufwand nicht reduzieren oder
er riskiert eine Verschlechterung der Lieferzuverlässigkeit.
2. Investitionsrisiko. So lange die RFID-Technologie nicht ausgereift ist, besteht
die Möglichkeit, dass aktuelle RFID-Systeme nach kurzer Zeit technologisch
überholt sind. Die weitere Verwendung des veralteten Systems bringt einen
Wettbewerbsnachteil gegenüber Konkurrenten, die ein neues System verwenden. Eine Aufrüstung verursacht zusätzliche Kosten. Das heißt die im Nachhinein betrachtet zu früh durchgeführte Einführung wirkt sich für den Anwender
nachteilig aus. Für den Reifenhersteller Continental birgt bspw. die Entwicklung eines Produktionsverfahrens zur Integration eines unausgereiften RFIDProdukts in seine Reifen das Risiko, dass die Kunden die Lösung ablehnen.
196
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
Im Behältermanagement ist das Risiko der technologischen Reife geringer als bei anderen Anwendungen. Erstens existieren in diesem Bereich seit mehreren Jahren Referenzanwendungen. Insbesondere bei der Verwendung von aktiven Transpondern ist
die Zuverlässigkeit durch Anwendungsbeispiele erwiesen. Dabei ist bei der Verwendung von aktiven Transpondern zur Verfolgung langlebiger Produktionsmittel die
Batterielebensdauer zu beachten. Zweitens sind viele dieser Anwendungen lokal begrenzt, wie z.B. das Spezialbehältermanagement bei VW, sodass ein später eintretender externer Druck zur Anpassung der Lösung unwahrscheinlich ist.
Verwendung von Standards
Fehlende oder wenig akzeptierte Standards erhöhen das im Zusammenhang mit der
technologischen Reife beschriebene Investitionsrisiko. Ihre Verwendung von Standards unterstützt die zukünftige Ausweitung von RFID-Systemen in dreifacher Weise:
1. Standards erleichtern den stufenweisen Ausbau von RFID-Systemen als Erweiterung bestehender Infrastrukturen. Ihr Mehrwert zeigt sich erst in der Erweiterung zu kollaborativen oder offenen Systemen. Bei frühzeitiger Berücksichtigung von Standards entfallen später Kosten für die Umrüstung auf standardisierte Systeme. VW hat z.B. für das Spezialbehältermanagement das in
der Pilotanwendung verwendete UHF-System als Konzernstandard gesetzt.
Auf diese Weise möchte das Unternehmen die geplante sukzessive Hinzunahme von weiteren Behältertypen kostengünstig realisieren.
2. Kollaborative Anwendungen setzen Standards bzw. Vereinbarungen voraus.
Die Verwendung inkompatibler Systeme erschwert eine spätere Erweiterung
lokaler Insellösungen zu kollaborativen Systemen. Beispielsweise ist im Fallbeispiel der Sendungszusammenstellung bei der BLG IL die Wirtschaftlichkeit
der Verwendung von RFID-Etiketten davon abhängig, dass auch der Fahrzeughersteller die Technologie verwendet.
3. Globale Netzwerkeffekte entstehen dadurch, dass sich die Nachfrage nach
RFID-Systemen auf standardisierte Produkte konzentriert. Skaleneffekte in der
Herstellung führen zu sinkenden Hardwarepreisen. Dadurch vergrößert sich
der Markt für auf den Standards aufsetzende Dienstleistungen und Komplementärprodukte. Beispielsweise unterstützt eine branchenweite standardisierte
Reifenkennzeichnung Dienstleister, die sich auf die Runderneuerung beliebiger
Reifen spezialisieren. Im Falle des KLT-Beispiels sind elektronische Anzeigen
zur Darstellung der auf RFID-Etiketten gespeicherten Daten in menschlich lesbarer Form, bspw. basierend auf „elektronischem Papier“, ein mögliches Komplementärprodukt.
5.7 Auswirkungen aus Perspektive des Wertschöpfungsnetzwerkes
197
Systemintegration
Einen Mehrwert realisieren RFID-Systemen erst in Verbindung mit anderen IT-Systemen. Ohne Systemintegration ist der Informationsfluss unterbrochen und die bedarfsgerechte Bereitstellung erschwert bzw. lokal begrenzt. Alle beschriebenen Fallstudien verfolgen eine Systemintegration, die über die Substitution bestehender AutoID-Systemschnittstellen hinausgeht. Zum Beispiel entwickelt VW eine eigene Middleware, die zukünftig mehrere Anwendungen des Produktionsmittelmanagements nutzen wird. Die Middleware ermöglicht die Nutzbarmachung der gemeinsam mit den
Produktionsmitteln verwalteten Information, wie etwa die Wartungshistorie. Insbesondere bei kollaborativen Anwendungen, wie z.B. der KLT-Verfolgung oder der
Reifenlogistik, beeinflusst standardisierte Middleware die Leistungsfähigkeit des Systems, da sie den Beteiligten die Anbindung der RFID-Systeme mit bestehenden ITSysteminfrastrukturen erleichtert und das Risiko von Inkompatibilitäten verringert.
Die Systemintegration beschränkt sich nicht auf die Anpassung der Schnittstellen,
sondern führt auch zu Änderungen der Applikationen. Dies bedeutet z.B. eine Erweiterung um neue Funktionen, welche die Zusatzinformationen verwenden, wie z.B.
ereignisgesteuerte Planungsverfahren. Die Anwendung dieser neuen Funktionen setzt
Prozessveränderungen voraus.
Prozessreorganisation
Effekte dritter Ordnung entstehen durch Prozessanpassungen mit dem Ziel, die zusätzliche Information zur Steigerung von Prozesseffizienz oder -qualität einzusetzen.
Bei anderen Infrastrukturtechnologien, wie Internet oder Mobilfunk, zeigte sich, dass
die Anwender den Mehrwert der Technologie erst nach Durchführung der Prozessreorganisation realisierten. Beispielsweise generiert eine auf elektronischem Weg erhaltene Bestellung dann Mehrwert gegenüber einer Faxbestellung, wenn die Bestelldaten
direkt, d.h. ohne nochmalige Erfassung durch einen Mitarbeiter in das Auftragsabwicklungssystem gelangen. Die vorgeschlagenen Geschäftsmodelle im Behältermanagement oder der Reifenlogistik erfordern z.B. neue Prozesse. Im Fall des Einsatzes
von RFID eignen sich Regelkreise zur Modellierung der operativen Prozesse. Falls
bspw. die Unternehmen die ereignisgesteuerte Planung einführen möchten, müssen
sie neue Regelkreise definieren, die z.B. Vorgaben in der Produktion in Abhängigkeit
von Ereignissen im Lieferprozess steuern. Die BLG IL oder VW haben darüber hinaus die Möglichkeit, Mehrwert durch die horizontale Integration ihrer Liefernetzwerke zu generieren.
198
5 Auswirkungen des RFID-Einsatzes in der Praxis
Schrittweises Vorgehen
Die Fallstudien geben Ausblicke auf mögliche Erweiterungen der geplanten RFIDSysteme, welche die Unternehmen erst nach Abschluss der aktuellen Projekte anstreben. Das schrittweise Vorgehen hilft den Unternehmen das Investitionsrisiko zu senken, in Abhängigkeit von der technologischen Reife und der Preissituation ihre Anwendungen auszubauen und Infrastruktur aufzubauen. Schrittweises Vorgehen ist sowohl aus der Perspektive einzelner Anwendungen als auch aus der Perspektive der
Adoption im Liefernetzwerk sinnvoll:
1. Bei einzelnen Anwendungen können die Unternehmen Reichweite und Tiefe
der Integration durch den Ausbau des RFID-Systems steigern. Ein definierter
Ausbaupfad existiert z.B. für das Behältermanagement.
2. Für die Adoption in der Industrie beschreibt das Diffusionsmodell mögliche
Ausbaustufen in Abhängigkeit des Integrationsgrades von RFID-Systemen.
Dabei sind zu einigen Ausbaustufen des Modells wirtschaftliche Anwendungen
schwer realisierbar. Ein Beispiel ist die lokale Verwendung von Funketiketten
zur Kontrolle der Sendungszusammenstellung bei der BLG IL. Vergleichbare
Anwendungen sind nur unter speziellen Bedingungen, wie z.B. sehr hohen
Fehlerfolgekosten, wirtschaftlich sinnvoll. Das heißt die Ausbreitung von
RFID verläuft nicht gleichmäßig durch alle Stufen des Würfels. Trotzdem ist
die schrittweise Bildung eines Pfads, von unten links in Richtung oben rechts
möglich.
5.7 Auswirkungen aus Perspektive des Wertschöpfungsnetzwerkes
199
6 Zusammenfassung und Ausblick
RFID-Systeme konnten im Liefernetzwerk der Automobilindustrie bisher keine Verbreitung finden. Sinkende Preise für die Technologie und technologische Reife veranlassen Unternehmen jedoch, über den Einsatz von RFID im SCM nachzudenken. Wie
die Fallstudien zeigen, befinden sich einige Unternehmen, wie z.B. BLG IL und VW,
in der Pilotierungsphase (s. Kapitel 5). Die bereits operativen Anwendungen in geschlossenen logistischen Systemen, wie z.B. zum Spezialbehältermanagement, konnten die Unternehmen mit einem vergleichsweise geringen Investitionsrisiko realisieren. Der wirtschaftliche Nutzen bei solchen Spezialanwendungen entsteht durch eine
Effizienzsteigerung bisher gering automatisierter Logistikprozesse.
Mögliche Nutzeneffekte von RFID im SCM durch verbesserte Informationsversorgung betrachten Unternehmen derzeit nicht. Die Arbeit beschreibt entsprechende Anwendungsmöglichkeiten, die sich nicht auf die Automatisierung und Steigerung der
Prozesseffizienz wie etwa im Behältermanagement oder der Transportsteuerung beschränken. Dabei ermöglicht die Steigerung der Prozesszuverlässigkeit und Flexibilität einen direkten Kundennutzen, z.B. durch Unterstützung der kundenindividuellen
Leistungsgestaltung. RFID spielt in diesem Zusammenhang die Rolle eines Enablers,
da zusätzlich Prozessreorganisationen wie bspw. die Einrichtung der Ereignissteuerung (selbststeuernde Regelkreise) oder die horizontale Integration von Lieferketten und Systemintegration notwendig sind. Der Aufwand der Reorganisation kann
die Kosten des technischen Systems übersteigen. Allerdings kann RFID auf diese
Weise auch einen Beitrag zur Bewältigung strategischer Herausforderungen an das
SCMs, wie Kundenorientierung oder Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, leisten.
Über die Entwicklung relevanter äußerer Einflussfaktoren wie Kosten, technologische
Reife, Standards und Diffusion von RFID besteht derzeit ebenso Unsicherheit wie
über die im Liefernetzwerk erzielbaren Nutzeneffekte. Vor diesem Hintergrund beantwortet der folgende Abschnitt die Forschungsfrage nach dem Mehrwert von RFID.
Die anschließenden Abschnitte beschreiben Handlungsempfehlungen für die Praxis
und den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn der Dissertation. Zum Abschluss beschreibt der Autor seine Vision des informatisierten Liefernetzwerkes im Sinne einer
„realen Virtualität“.
200
6 Zusammenfassung und Ausblick
6.1 Beantwortung der Forschungsfragen
Die Beantwortung der Frage nach dem Mehrwert der RFID-Technologie für das
Supply Chain Management der Automobilindustrie folgt im Anschluss an die Beantwortung der in Abschnitt 1.2 formulierten hinführenden Forschungsfragen.
Wie unterstützt RFID die Koordination von Ressourcen im Supply Chain Management?
RFID-Systeme unterstützen die Koordinationsinstrumente Integration, Automatisierung und Dezentralisierung und senken hiermit den Koordinationsaufwand im
SCM (vgl. Abschnitt 4.1).
• Integration. RFID-Systeme bilden Vorgänge in der realen Welt automatisch in
IT-Systemen ab. Damit liefern sie Ausführungs- und Planungssystemen vollständige und richtige Informationen zur Unterstützung von Entscheidungen.
• Automatisierung. RFID-Systeme schließen Lücken in teilautomatisierten Regelkreisen, die bisher menschliches Eingreifen erforderten. Dies ermöglicht die
regelbasierte Automatisierung von Prozessen.
• Dezentralisierung. Im Vergleich zu traditionellen IT-Systemen ermöglichen
mobile RFID-Systeme einen höheren Grad an Dezentralisierung. Der Materialfluss wird informatisierbar und stellt lokalen Entscheidungsträgern objektbezogene Informationen, z.B. bzgl. Produktverwendung oder -authentifikation, zur
Verfügung.
Welche möglichen Nutzeneffekte entstehen durch verbesserte Koordination im
Supply Chain Management der Automobilindustrie?
Den Erkenntnissen der Koordinationstheorie folgend substituieren neue Koordinationstechnologien traditionelle, ermöglichen Netzwerkanwendungen nach deren
Verbreitung und führen zu koordinationsintensiveren Strukturen. Die Voraussetzung
hierfür ist, dass diese Technologien den Koordinationsaufwand senken (vgl. Abschnitte 4.2, 4.3 und 4.4.)
• Substitutionseffekte. Substitution traditioneller Datenerfassungstechnologien
durch RFID erhöht die Prozesseffizienz und -qualität. Eine nennenswerte Steigerung der Prozesseffizienz ist im Liefernetzwerk der Automobilindustrie z.B.
bei bisher gering automatisierten ungeführten Prozessen wie dem Behältermanagement möglich. Eine Verbesserung der Prozessqualität ist dort erstrebenswert, wo Fehler zu hohen strategischen Folgekosten führen, z.B. beim Einbau
und der Rückverfolgung von sicherheitsrelevanten Teilen.
6.1 Beantwortung der Forschungsfragen
201
• Netzwerkeffekte durch Diffusion. Ausgehend von Spezialanwendungen der
RFID-Technologie im Spezialladungsträgermanagement und zur automatischen Identifikation sicherheitsrelevanter Teile nimmt die Integrationsreichweite und -tiefe von RFID-Systemen zu. Die Integrationstiefe steigt, indem
RFID-Systeme zunehmend mehr Objekte abdecken. Dabei erfolgt die Ausbreitung über die Ebenen des Materialflusses von Ladungsträgern hin zu Einzelteilen sowie in der Reihenfolge der Kritizität der Objekte des Materialflusses.
Die Integrationsreichweite steigt durch den Einsatz von RFID-Systemen bei einer wachsenden Anzahl von Unternehmen im Liefernetzwerk. Die Verbreitung
der Infrastruktur führt zu Netzwerkeffekten, insb. Skaleneffekten, und unterstützt kollaborative Anwendungen, wie z.B. das Management gemeinsam genutzter Behälterpools, Tracking&Tracing und SCEM.
• Reorganisationseffekte. Systemintegration, Umgestaltung von Prozessen sowie
neue Geschäftsmodelle ermöglichen die Realisierung weiterer Effizienz- und
Qualitätssteigerungen im SCM. Beispiele solcher Reorganisationen sind der
Abbau von Kontrollen und des Beschwerdemanagements, neue informationsintensivere Planungsalgorithmen, die horizontale Integration von Lieferketten,
ein höherer Individualisierungsgrad von Produkten und die Verwendung von
Infrastrukturdienstleistungen zur Informationsversorgung.
Welche Grenzen bestehen für den wirtschaftlichen Einsatz von RFID-Systemen?
Die in gegenseitiger Abhängigkeit stehenden Faktoren Kosten, technologische Reife
sowie unzureichende Standardisierung begrenzen derzeit den wirtschaftlich sinnvollen Einsatz von RFID-Systemen (vgl. Abschnitte 4.2.3, 4.3.4 und 4.4.3).
• Kosten. Für den Einsatz von RFID zur Steigerung der Prozesseffizienz, die Unternehmen mehrheitlich anstreben, sind die Kosten für RFID-Systeme höher
als der Nutzen. Transponder sind im Vergleich zu anderen Auto-ID-Technologien wie Bar- oder 2D-Codes teurer und rechnen sich nur bei Spezialanwendungen. Derzeit ist unklar, wie schnell die von Marktforschungsinstituten aufgrund steigenden Produktionsvolumens vorhergesagte Preissenkung eintritt.
Voraussetzungen hierfür sind außerdem die technologische Reife und Standards. Weitere offene Fragen im Zusammenhang mit den Kosten sind die Unsicherheit über den Nutzen, der durch Verwendung von RFID in komplexen
Liefernetzwerken möglich ist und die Kostenverteilung bei kollaborativen Anwendungen.
• Technologische Reife. Unreife Technologien verursachen Zusatzaufwand bei
der Durchführung von RFID-Projekten oder führen sogar zu deren Scheitern.
Hierfür gibt es zwei Gründe. Erstens fehlen bei den Anbietern Erfahrungen
202
6 Zusammenfassung und Ausblick
bzgl. der Leistungsfähigkeit von RFID in spezifischen Anwendungssituationen. Zweitens sind die Anwender mit einer hohen Innovationsrate von RFIDSystemen konfrontiert, welche die Auswahl erschwert. Die Anwender erwarten
technologische Verbesserungen zur Miniaturisierung, Pulkerfassung und Performanz in metallischen Umgebungen. Nach Fortschritten in der technologischen Reife der Hardware sehen sie zunehmend die Ausgereiftheit der Integrationssoftware als kritischen Faktor.
• Standards. Kollaborative RFID-Anwendungen setzen die Verwendung von
Standards voraus. Derzeit existieren verschiedene Standardisierungsempfehlungen. Allerdings hat sich die Mehrheit der Anwender nicht festgelegt,
welchen Standard sie unterstützt. Damit die Anwender Standards akzeptieren,
muss die technologische Reife gegeben sein. Zudem gefährden ungeklärte Patentfragen die Akzeptanz von Standards.
Welche kritischen Erfolgsfaktoren müssen die Unternehmen bei der Vorbereitung der Einführung von RFID-Systemen beachten?
Die Arbeit identifiziert sechs kritische Erfolgsfaktoren für den Einsatz von RFID (vgl.
Abschnitt 5.7.4):
1. Bedarf nach mehr Information
2. Technologische Reife
3. Verwendung von Standards
4. Systemintegration
5. Prozessreorganisation
6. Schrittweises Vorgehen
Welchen Mehrwert besitzen RFID-Systeme für das SCM der Automobilindustrie?
Verbesserte Koordination erzeugt Mehrwert auf den Ebenen Prozess, Wertschöpfungsnetzwerk und Volkswirtschaft (vgl. Abschnitt 4.5). Die Höhe eines möglichen
monetären Mehrwertes ist von der konkreten Situation der betrachteten Wertschöpfungseinheit, z.B. der verwendeten Prozessstruktur, strategischen Ziele sowie
externen Anforderungen, abhängig und ist nur in Bezug auf diese ermittelbar (vgl.
Kapitel 3).
• Prozess. Einsparungen von manuellem Aufwand und Fehlerfolgekosten lassen
sich aufgabenbezogen als monetäre Größe berechnen und einzelnen Unternehmen zuordnen.
6.2 Wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn
203
• Wertschöpfungsnetzwerk. Der Einsatz von RFID im Wertschöpfungsnetzwerk
ermöglicht in Verbindung mit horizontal integrierten Informationssystemen die
Realisierung kollaborativer Nutzeneffekte. Diese sind aus Perspektive des
SCMs messbar und können die Wertschöpfung des Netzwerkes steigern.
• Volkswirtschaft. Als Commodity verfügbare Infrastrukturdienstleistungen erschweren einzelnen Unternehmen die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen
durch deren Einsatz. Allerdings entsteht volkswirtschaftlicher Mehrwert durch
die Befriedigung von zusätzlichen Kundenbedürfnissen und den Umfang erbrachter Infrastrukturdienstleistungen.
6.2
Wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn
Die Anwendung der Koordinationstheorie liefert neue Erkenntnisse zu den Auswirkungen der RFID-Technologie im SCM. Andere Arbeiten auf diesem Gebiet untersuchen meist ausgehend von einem linearen Modell der Lieferkette, bei welchen bestehenden Aufgaben und Prozessen Nutzeneffekte möglich sind. Dabei ersetzen sie
im Modell die bisher eingesetzten ID-Systeme, wie z.B. Barcode, durch RFID. Sie bewerten den wirtschaftlichen Nutzen anhand der möglichen Prozesseffizienzgewinne,
insb. der Einsparungen von manuellem Aufwand. Derartige Arbeiten versuchen einen
Mehrwert des Technologieeinsatzes durch die möglichst vollständige Erfassung aller
Effizienzgewinne im Wertschöpfungsnetzwerk und deren Aufsummierung zu zeigen.
In den Wirtschaftlichkeitsberechnungen nehmen sie Skaleneffekte, z.B. geringe Hardwarekosten und Standards, vorweg, ohne deren Zustandekommen zu begründen. Diese Vorgehensweise konnte den Mehrwert von RFID in offenen logistischen Systemen
nicht nachweisen.
Die Koordinationstheorie hingegen stellt einen fundierten Rahmen zur Analyse der
Auswirkungen von RFID zur Verfügung. Zur Erklärung von Struktureffekten ist eine
Abstraktion von RFID als Auto-ID-System notwendig. Während die Konzentration
auf die automatische Identifikation für die Identifizierung von Auswirkungen erster
und zweiter Ordnung ausreicht, lassen sich Effekte dritter Ordnung erst mittels der
veränderten Koordinationsmechanismen im SCM erklären. Hierfür verwendet die Arbeit die von RFID unterstützten Koordinationswerkzeuge Automatisierung, Integration und Dezentralisierung. Dabei erweitert die Arbeit den Aspekt der Integrationstiefe des Integrationsbegriffs. Andere Arbeiten zur Integration in der betrieblichen Informationsverarbeitung konzentrieren sich auf die Auswirkungen steigender Integrationsreichweite, wie z.B. die Durchgängigkeit der Prozessunterstützung. Integrationstiefe beschränkt sich auf die Verbindung unterschiedlicher Ebenen planender und ausführender IT-Systeme. Hierzu ergänzt diese Arbeit die Integrationsebene der realen
Welt als weitere Stufe der Integrationstiefe.
204
6 Zusammenfassung und Ausblick
Die zunehmende horizontale Integration erhöht den Bedarf nach Integrationstiefe, d.h.
nach mehr Information über den physischen Materialfluss. Kollaborative Aufgaben
wie die gemeinsame Planung, Lagerbewirtschaftung oder Nutzung von Produktionsmitteln verlangen zuverlässige und bedarfsgerechte Informationen. Andernfalls führt
dies zu Effizienzverlusten bei der Ausführung kollaborativer Aufgaben oder Einschränkungen wegen Vertrauensverlust in den Kooperationspartner. Die Koordinationswerkzeuge Automatisierung zur Erzielung von Effekten erster Ordnung und Dezentralisierung zur Erzielung von Effekten dritter Ordnung sind von der Integrationstiefe abhängig.
Basierend auf einer Substitution manueller durch maschinelle Koordination (Automatisierung) bewirken Effekte erster Ordnung eine Steigerung der Prozesseffizienz und
-zuverlässigkeit verschiedener lokaler Aufgaben, z.B. Dokumentation der Montage
und Inventur (s. Tabelle 6-1). Die Analyse der möglichen Nutzeneffekte erfolgt im
Zusammenhang mit den durch das technische System verursachten Kosten, die den
wirtschaftlich sinnvollen Einsatz von RFID begrenzen. Ein Mehrwert der Automatisierung mittels RFID zeigt die Arbeit nur für Spezialanwendungen, z.B. bei geschlossenen logistischen Systemen oder sicherheitsrelevanten Anwendungen.
Bei den Effekten zweiter Ordnung stehen, bedingt durch die Integrationsreichweite
der RFID-Systeme, Informationen nicht nur für lokale Applikationen, sondern im gesamten Liefernetzwerk zur Verfügung. Die Informationsqualität erhöht die Leistungsfähigkeit bestehender kollaborative Prozesse. Beispielsweise sind Planungen, die auf
tatsächlichen Bestandsgrößen im Vergleich zu den heute verwendeten falschen Informationen durchgeführt werden, genauer. Bei diesen Auswirkungen handelt es sich um
Netzwerkeffekte einer Infrastrukturtechnologie, die an unterschiedlichen Orten und
bei verschiedenen Aufgaben des Liefernetzwerkes auftreten.
Zur Steigerung der Wirksamkeit der verfügbaren Information restrukturieren die Unternehmen ihre Prozesse und realisieren Effekte dritter Ordnung. Dabei ermöglichen
RFID-Systeme eine Zunahme der Dezentralisierung. Fallstudien zum Behältermanagement oder zur Reifenlogistik zeigen dies ansatzweise. Beispielsweise sind die
strukturellen Effekte des RFID-gestützen Behältermanagements die Selbststeuerung
und die horizontale Integration verschiedener Lieferketten.
6.2 Wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn
Koordinationsinstrument
Integrationstiefe und
Automatisierung
Auswirkungen
Effekte erster Ordnung
(Automatisierung lokaler
Aufgaben)
Integrationstiefe und
-reichweite
Effekte zweiter Ordnung
(Unterstützung bestehender
kollaborativer Prozesse)
Integrationstiefe,
-reichweite und
Dezentralisierung
Effekte dritter Ordnung
(Änderungen der Prozessstruktur)
205
Aufgaben / Prozesse / Struktur
des SCM
- Dokumentation der Montage
- Inventur
- Konfigurationskontrolle
- Produktionsmittelmanagement
- Sendungszusammenstellung
- Transportsteuerung
- Wareneingangskontrolle
- Bestandsplanung
- Kapazitätsplanung
- Lokalisierung
- Zunahme Mehrwegbehälter
- Rückverfolgung / Rückruf
- VMI
- Bezahlmodelle
- Dienstleistungen zum PDM
- Ereignisgesteuerte Planung
- Horizontale Integration
- Integrierte Qualitätskontrolle
- Massenindividualisierung
- Produktionsmittel-Outsourcing
- SCEM
- Wartungsdienstleistungen
Tabelle 6-1: Koordinationseffekte im SCM
Mit dem Regelkreis liefert die Dissertation einen Baustein zur Gestaltung der strukturellen Transformation von Wertschöpfungsnetzwerken. Dabei schließen RFID-Systeme eine Lücke im Führungsregelkreis. Regelkreise führen zur Automatisierung, wenn
sie geschlossen sind. Sie unterstützen die Integration, wenn sie untereinander vernetzt
sind. Sie sind dezentral, weil sie sich beliebigen Aktivitäten zuordnen lassen. Die
strukturellen Änderungen entstehen durch den Einsatz neuer Regeln, die bspw. feinmaschiger sind, wie bei der Integration der Qualitätskontrolle in Prozesse, die neue
Aktionsmuster festlegen, wie beim SCEM oder die durch horizontale und vertikale
Vernetzung komplexere Organisationsstrukturen managen können, wie sie z.B. für
eine Ausweitung der Individualisierung oder die horizontale Integration von Lieferketten notwendig sind.
Die vorliegende Arbeit kann diese Auswirkungen weder vollständig darstellen noch
einen exakten Mehrwert angeben. Aufgrund der dünnen empirischen Datenbasis stützen sich die Erkenntnisse vorwiegend auf konzeptionelle Überlegungen. Die Fallstudien unterlegen das Erklärungsmodell nur mit wenigen Datenpunkten. Sie setzen
Schwerpunkte bei aktuellen RFID-Aktivitäten, die im Vergleich zu dem vermuteten
Innovationspotenzial von RFID bescheidene Ansätze des Machbaren zeigen. Hingegen gehen die Überlegungen zu zukünftigen Anwendungen über das hinaus, was heu-
206
6 Zusammenfassung und Ausblick
tige RFID-Systeme leisten können. In diesem Zusammenhang begründet die umfassendere Perspektive des Ubiquitous Computing weiteren an die Erkenntnisse dieser
Dissertation anknüpfenden Forschungsbedarf. Mögliche Forschungsfragen ergeben
sich aus der empirischen Überprüfung der Auswirkungen, der Berücksichtigung weiterer Technologien und der Anwendung neuer Perspektiven auf die Bewertung des
Technologieeinsatzes, wie bspw. das PLM-(Product-Lifecycle-Management-)Konzept.
• Berücksichtigung weiterer Technologien. RTLS (Real Time Locating Systems)149, drahtlose Sensornetzwerke, ZigBee150, MEMS sind Beispiele von
Technologien, die kurz bis mittelfristig ein Innovationspotenzial für das SCM
besitzen. In der Zukunft werden Quantencomputer, Verbindungen biologischer
und elektronischer Systeme sowie noch zu erfindende Technologien hinzukommen. Neben den neuen Anwendungsmöglichkeiten ist von besonderem Interesse, ob mit diesen Technologien die Überwindung der Grenze determinierter Regelkreise gelingt, d.h., ob selbstlernende Systeme mit Eigenschaften der
KI die Beherrschung komplexerer Prozesse ermöglichen.
• Empirische Überprüfung der Auswirkungen. Derzeit sind die Auswirkungen
von RFID auf das SCM ungewiss, da erst wenige Daten über operative Anwendungen vorliegen. Netzwerkeffekte oder Prozessreorganisationen sind
noch nicht nachweisbar. Wenn zukünftig entsprechendes Datenmaterial vorliegt, lassen sich die in dieser Arbeit vermuteten Prozessänderungen und die
mögliche Erzielung von Wettbewerbsvorteilen quantitativ empirisch überprüfen. Beispielsweise kann die Untersuchung der Auswirkungen von RFID zur
Steigerung der Prozesszuverlässigkeit bei sicherheitsrelevanten Spezialanwendungen einen Beitrag zum Qualitätsmanagement leisten.
• PLM-orientierte Perspektive. Diese Arbeit beschränkt sich auf den möglichen
Mehrwert von RFID als eine Infrastrukturtechnologie aus Perspektive des
SCMs. Produkthersteller interessieren sich darüber hinaus für neue Wertschöpfungspotenziale ihrer Produkte. Die Ermittlung des produktbezogenen
Mehrwertes im SCM und darüber hinaus ist mögliches Thema weiterführender
Arbeiten. Beispielsweise fragt sich der Hersteller, mit welchen Dienstleistungen er von der „Vernetzung“ mit seinem Produkt über dessen gesamten Lebenszyklus profitieren kann.
149
RTLS sind heute schon in der Automobilindustrie zur Lokalisierung von Produktionsmitteln oder fertigen
Fahrzeugen im Einsatz [vgl. Geier/Bell 2001].
150
ZigBee ist ähnlich wie Bluetooth eine Technologie für den Kurzstreckenfunk, die auf der IEEE-Spezifikation
802.15.4 basiert, und für die Vernetzung von Industrieanlagen oder smarten Haushaltsgeräten konzipiert ist
(s. www.zigbee.org).
6.3 Handlungsempfehlungen für die Praxis
6.3
207
Handlungsempfehlungen für die Praxis
Die folgenden aus den kritischen Erfolgsfaktoren (s. Abschnitt 5.7.4) abgeleiteten
strategischen Handlungsempfehlungen unterstützen Unternehmen bei der Planung des
RFID-Einsatzes (s. Tabelle 6-2).151
1. Ermittlung des Informationsbedarfs
2. Überprüfung der technologischen Reife
3. Berücksichtigung von Standards
4. Systemintegration
5. Prozessreorganisation
6. Schrittweises Vorgehen
Tabelle 6-2: Übersicht der Handlungsempfehlungen
1. Ermittlung des Informationsbedarfs
Unternehmen konzentrieren sich bei der Planung des Einsatzes von RFID auf die Erhöhung der Prozesseffizienz anstatt auf die Verbesserung der Informationsversorgung. Im Rahmen aktueller Pilotprojekte durchgeführte Wirtschaftlichkeitsberechnungen können die Rentabilität von RFID-Systemen nur für geschlossene logistische
Systeme zeigen. Die Berücksichtigung möglicher Nutzeneffekte besserer Informationsversorgung kann dies ändern. Ein erster Schritt hierfür ist die Ermittlung und
Bewertung des Informationsbedarfs. Hierzu vergleichen Unternehmen ihre eigene
Situation mit dem Modell des Echtzeitunternehmens.
Strategische Vision des Echtzeitunternehmens als Ausgangspunkt. Im Echtzeitunternehmen stehen entscheidungsrelevante Informationen bedarfsgerecht zur Verfügung.
Nutzeneffekte besserer Entscheidungsqualität in der operativen Ausführung (Reaktionsfähigkeit) und Planung entstehen durch
• Möglichkeiten bestehende Prozesse durch Regelkreise zu unterstützen, bspw.
zur Erhöhung der Prozesszuverlässigkeit oder Einführung von SCEM-Systemen.
• die Umsetzung strategischer Zielsetzungen des SCMs wie Kundenorientierung,
Kostenführerschaft oder Flexibilität durch Prozessreorganisation, z.B. Erhöhung des Grades der Produktindividualisierung, Outsourcing des Behältermanagements oder ereignisgesteuerte Planung.
151
Des Weiteren sind auch die allgemein üblichen Erfolgsfaktoren für die Durchführung komplexer IT-Projekte
zu berücksichtigen [Österle et al. 1991, 40 ff.].
208
6 Zusammenfassung und Ausblick
• neue Dienstleistungen zur Erhöhung der Wertschöpfung, bspw. die Speicherung von für die Verwendung relevanten Daten auf dem Produkt oder die Einführung produktindividueller Services, z.B. zur Wartung oder Finanzierung.
Auswirkungen von Medienbrüchen erkennen. Unzureichende Informationen führen zu
Fehlern und Ineffizienz. Derartige Schwachstellen lassen sich durch eine Prozessanalyse aufdecken. Dabei sind die Aufgaben zu identifizieren, bei denen aufgrund einer
verbesserten Informationsversorgung eine Steigerung von Effizienz oder Qualität
möglich ist. Dies ist bspw. der Fall, wenn aufgrund mangelnder oder falscher Informationen Verzögerungen oder Fehler auftreten. Zur Identifizierung der Medienbrüche
(Schwachstellen) überprüfen Unternehmen anhand folgender Fragen, wo Regeln des
Echtzeitunternehmens verletzt sind (vgl. Abschnitt 2.2.3).
• Bei welchen Aufgaben besteht Informationsmangel? Typische Situationen sind
z.B. unzuverlässige Planung der Nachbevorratung, unbekannter Standort von
Produktionsmitteln, fehlender Echtheitsnachweis von Ersatzteilen.
• Bei welchen Aufgaben ist die Informationsgewinnung verzögert? Verzögerungen treten bspw. bei Wareneingangskontrollen, Inventuren oder Einlesen von
Avisen auf.
• Für welche Aufgaben stehen Informationen nicht individualisiert zur Verfügung? Unzureichende Informationsgranularität ist z.B. bei der Rückverfolgung
einzelner Produkte, um bspw. gezielte Rückrufaktionen durchführen zu können, sowie kundenindividueller Einzelfertigung ein Problem.
Informationen nach der Kritizität bewerten. Der Wert von Informationen ist unterschiedlich und darf den Aufwand für die Beschaffung nicht übersteigen. Die mit den
zuvor identifizierten Schwachstellen in der Informationsversorgung verbundenen
Kosten, z.B. der Aufwand bei der Datenerfassung bzw. Opportunitätskosten, bspw.
entgangene Umsätze, entsprechen dem potenziellen Mehrwert der Information. Dabei
können sich Nutzeneffekte der Information aufsummieren. Beispielsweise nützt verzögerungsfreie Information über eine eingetroffene Lieferung nicht nur zur automatischen Verbuchung des Vorgangs, sondern auch zur effizienten Bereitstellung von
Transportkapazitäten, zur Rechnungsstellung oder zur Bewertung des Lieferanten.
Die Einführung von RFID-Systemen zur Unterstützung der Versorgung mit kritischen
Informationen ist zu priorisieren.
6.3 Handlungsempfehlungen für die Praxis
209
2. Überprüfung der technologischen Reife
Insbesondere bzgl. passiver RFID-Systeme existieren erst wenige Erfahrungen aus
operativen SCM-Anwendungen. Da die Leistungsfähigkeit der Systeme von Umgebungseinflüssen abhängt, wie z.B. Metall oder Feuchtigkeit, und die Technologieanbieter Leistungskennzahlen, wie etwa die Lesereichweite oder die Pulkerfassungsfähigkeit, nur als Richtwert in Abhängigkeit der Umgebungseinflüsse angeben können, ist eine Überprüfung der technischen Machbarkeit vor einer Ausrollung notwendig. Hierzu können Unternehmen Referenzanwendungen analysieren oder selbst Pilotanwendungen durchführen.
Referenzanwendungen beachten. Die Überprüfung der technischen Machbarkeit anhand von Referenzanwendungen ist mit geringem Zusatzaufwand möglich. Auskünfte
zu Fallstudien aktueller RFID-Projekte erteilen Fachzeitschriften, Technologieanbieter sowie Industrieverbände. Die Gleichartigkeit der Anwendungen ist u.a. bzgl. der
Umgebungseinflüsse, benötigter Lesereichweite, Anzahl, Ausrichtung und Geschwindigkeit der zu erfassenden Objekte und Platzbedarf für den Transponder zu überprüfen. Beispielsweise beeinflusst der Inhalt von Packstücken, mit welcher Zuverlässigkeit die Erfassung eines auf der Verpackung angebrachten Transponders erfolgt.
Piloten mit Beteiligung von Technologieanbietern durchführen. Bei der Durchführung
von Pilotanwendungen entstehen Kosten für Hardware, den zeitlichen Aufwand sowie
evtl. Betriebsstörungen. Insbesondere kritische Situationen, wie bspw. die Erfassung
der maximal möglichen Anzahl von Objekten sowie aus technologischer Perspektive
ungünstige Ausrichtungen, sind zu überprüfen, um die Leistungsgrenze des Systems
zu ermitteln. Die Durchführung von Piloten, bei denen sich verschiedene Wertschöpfungspartner beteiligen, z.B. Zulieferer LDL und Fahrzeughersteller von Unternehmen der Wertschöpfungskette, z.B. Zulieferer und Fahrzeughersteller, vermeidet spätere Konflikte. Die Einbeziehung von Technologieanbietern ist ebenso sinnvoll, da
diese im frühen Stadium der RFID-Adoption zur Mitfananzierung von Piloten bereit
sind.
3. Berücksichtigung von Standards
Unternehmen nennen fehlende Standards als Grund für ihre abwartende Haltung. Aktuelle Initiativen von EPCglobal und ISO haben zumindest für die Luftschnittstelle
die Standards wie z.B. EPC Class 0 / Class 1 bzw. Normen wie z.B. ISO-18.000-X
verabschiedet. Obwohl diese Standards für die Umsetzung von SCM-Anwendungen
ausgelegt sind, fehlen derzeit Referenzanwendungen, welche die Akzeptanz belegen.
Vorhandene Standards verwenden. RFID-Systeme ermöglichen die Verwendung etablierter Datenstandards (Nummerierungsschemata) zur Produktkennzeichnung, wie
z.B. FACT oder EAN 128. RFID-spezifisch sind hingegen Standards für die Luft-
210
6 Zusammenfassung und Ausblick
schnittstelle, d.h. für die Kommunikation von Lesegeräten mit Transpondern. Anwender sollten diese Standards auch für lokale Anwendungen verwenden, um die Voraussetzungen eines späteren Ausbaus zu schaffen und von Skaleneffekten wie sinkenden
Hardwarepreisen oder technologischer Weiterentwicklung zu profitieren.
Neue Standards gestalten. Fokale Unternehmen treiben zusammen mit ihren Wertschöpfungspartnern und einigen Technologieanbietern die Standardisierung voran.
Die Involvierung fokaler Unternehmen ist ein kritischer Erfolgsfaktor für Standardisierungsvorhaben im SCM. Das Beispiel der Einführung von PDF417 zeigt, dass die
rasche Durchsetzung eines Standards möglich ist, wenn die Fahrzeughersteller dies
forcieren. Der zusätzliche Aufwand der Mitgestaltung von Standards ist mit dem
möglichen Nutzen des Know-how-Vorsprungs und Möglichkeit der schnelleren Einführung, abzuwägen. Gestaltungsbedarf besteht auch bei den Prozessstandards, etwa
um Nutzeneffekte aus reorganisierten Prozessen zu erschließen. Ein Beispiel ist der
generelle Verzicht auf die Verwendung von Papieretiketten, die derzeit vorgeschrieben sind.
4. Systemintegration
RFID ergänzt bestehende SCM-Systemarchitekturen um Möglichkeiten zur genaueren
Abbildung des physischen Materialflusses. Voraussetzung hierfür ist, dass die Anwender die RFID-Systeme mit ihren Applikationen oder bestehenden Infrastrukturen
integrieren. Komplementäre Technologien ergänzen diese Fähigkeiten.
Integration mit anderen Technologien. Sensoren und MEMS sind Beispiele für in
RFID-Systeme integrierbare Technologien, welche die Informationsreichhaltigkeit erhöhen und neben der Prozessüberwachung auch die Prozesssteuerung ermöglichen.
Dies fördert die Entstehung weiterer geschlossener Regelkreise, z.B. die automatische
Steuerung von Förderanlagen durch Transportbehälter in Abhängigkeit des Inhalts.
Systemintegration mit Applikationen. Die Anbindung von RFID-Systemen über neue
Schnittstellen ermöglicht lediglich eine Substitution herkömmlicher Auto-ID-Systeme
durch RFID. Zur Unterstützung neuer Aufgaben, z.B. der ereignisgesteuerten Planung, ist die Anpassung der Datenmodelle sowie Funktionen notwendig.
Systemintegration mit Infrastrukturen. Durch Verwendung gemeinsamer Infrastrukturdienstleistungen vermeiden Anwender die redundante Implementierung von Basisfunktionen, wie z.B. Identifikation, Verfolgung, Überwachung oder Produktdatenmanagement von Logistikobjekten. Dies senkt den Aufwand für die Integration der
Applikationen und vermeidet mögliche Inkompatibilitäten. Die Anwender sollten deshalb überprüfen, welche Informationsdienste des SCMs sie auslagern können. RFIDMiddlewaresysteme verschiedener Anbieter unterstützen die Anbindung von RFID an
Infrastrukturen wie bspw. EPC Network.
6.3 Handlungsempfehlungen für die Praxis
211
5. Prozessreorganisation
Die horizontale Integration von Lieferketten, neue Planungsverfahren basierend auf
genaueren Informationen sowie der Verzicht auf Papierbelege als Informationsträger
im Materialfluss sind Beispiele möglicher Auswirkungen, die erst nach einer Reorganisation von Prozessen möglich sind. Aktuelle Pilotprojekte betrachten hingegen einseitig die Steigerung der Prozesseffizienz, weshalb sie die Wirtschaftlichkeit von
RFID infrage stellen. Deshalb sollten die Anwender bei zukünftigen RFID-Projekten
bereits in der Planungsphase zur Durchführung von Prozessreorganisationen bereit
sein. Unternehmen müssen damit rechnen, dass der Aufwand der Prozessreorganisation den Aufwand der Systemanpassungen übersteigt und langwierig ist. Da RFIDSysteme, d.h. entsprechende Infrastrukturdienstleistungen und Prozessstandards allen
Anwendern zur Verfügung stehen, bieten diese wenige Möglichkeiten zur Differenzierung. Deshalb sollten die Unternehmen weiterführende Prozessreorganisationen
zur Unterstützung der individuellen SCM-Strategie als Möglichkeit der Erzielung von
Wettbewerbsvorteilen nutzen. Eine individuelle SCM-Strategie priorisiert bspw. Kundenorientierung, Flexibilisierung und Kosteneffizienz in verschiedenen Prozessen
unterschiedlich.152
6. Schrittweises Vorgehen
Unternehmen können eine RFID-Infrastruktur schrittweise aufbauen. Sie erhöhen somit Integrationsreichweite und -tiefe, indem sie Schritt für Schritt weitere Logistikobjekte durch das System abdecken. Die zusätzlichen Infrastrukturkosten für die Erweiterung nehmen mit jeder Ausbaustufe ab. Auf diese Weise können Unternehmen ihr
RFID-System in Abhängigkeit von sinkenden Technologiepreisen und fortschreitender Standardisierung ausbauen. Die Planung des Systemausbaus umfasst die Festlegung der Ausbaustufen und die Wahl des Einführungszeitpunktes.
Ausbaustufen festlegen. Das RFID-Diffusionsmodell (s. Abschnitt 4.3) unterstützt
Unternehmen bei der Einordnung ihres Entwicklungsstandes und bei der Planung weiterer Ausbauschritte. Dabei müssen sie berücksichtigen, dass nicht alle Ausbaustufen
wirtschaftlich sinnvoll sind. Beispielsweise ist eine RFID-Kennzeichnung von Einzelteilen für lokale Anwendungen meist nicht rentabel. Einen sinnvollen Pfad ermitteln
Unternehmen durch Berücksichtigung der Ausbreitungsrichtung im Modell und des
eigenen Integrationsbedarfs.
152
In diesem Sinne ist das eingangs dieser Arbeit angeführte Zitat von Lapide zu verstehen, der davor warnt, die
Auswirkungen von RFID zu unterschätzen und die Geschwindigkeit der Implementierung zu überschätzen.
212
6 Zusammenfassung und Ausblick
Wahl des richtigen Zeitpunkts. Den richtigen Zeitpunkt der Implementierung von
Ausbaustufen bestimmen die äußeren Einflussfaktoren technologische Reife, Standards und Preise. Diese müssen ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis der geplanten
Anwendungen zulassen. Unternehmen, die zu früh einführen, riskieren das Scheitern
von RFID-Projekten und verlorene Investitionen. Wenn sie hingegen zu spät mit der
Einführung beginnen, können ihnen Wettbewerbsnachteile entstehen.
6.4 Das informatisierte Liefernetzwerk als reale Virtualität?
Verschiedene Szenarien des Liefernetzwerks der Zukunft fordern die Integration des
Informationsflusses mit dem Materialfluss. Beispielsweise erfordert der „papierlose
Informationsfluss“, dass die Synchronisierung von IT-System und Vorgängen in der
Realität auch ohne Papieretiketten funktioniert. Eine Alternative zur Darstellung von
Informationen auf Papier ist z.B. die automatische Identifikation an Kontrollpunkten
in Verbindung mit dem Abruf bzw. der Aktualisierung relevanter Informationen mittels einer überall verfügbaren Infrastruktur. Ein derartiges Szenario möchten Unternehmen der Automobilindustrie durch die Verwendung von Transpondern im Behältermanagement umsetzen. Dabei streben sie eine Koppelung der Transportsteuerung
an die Behälter an. Mittels der an den Behältern befestigten Transponder identifizieren Transportsteueranlagen, wie z.B. Weichen, Ladehilfen oder Fahrzeuge, die Behälter und veranlassen automatisch den Transport zum Bestimmungsort. In der Versorgung von Produktionsstätten verbinden derartige Fördersysteme die Zuverlässigkeit
von schienengebundenen Systemen mit der Flexibilität des ungeführten Transports.
Diese selbststeuernden Behälter führen die Organisation ihres Transports ohne
menschliche Unterstützung durch.153 Obwohl derartige Konzepte schon seit längerer
Zeit existieren, befindet sich ihre Umsetzung erst im Anfangsstadium. Die Pilotprojekte von VW zum Behältermanagement schaffen erste Voraussetzungen hierfür, wobei bei diesen Insellösungen die Schwundvermeidung wichtiger als die Flusssteuerung ist. Der Aufbau automatischer Steuerungssysteme ist erst für die Zukunft geplant.
Derweil schreitet die technologische Entwicklung voran. Drahtlose Sensornetzwerke,
MEMS, neue Funktechnologien und Materialen, wie z.B. elektronisches Papier, sind
Beispiele für Technologien, die zur Schließung der informatorischen Lücke beitragen.
Sie statten zukünftige Informationssysteme nicht nur mit „Sinnesorganen“ aus, sondern auch mit der Fähigkeit, zu agieren. Beispielsweise kann ein Transportbehälter
überwachen, welchen Erschütterungen eine Lieferung während des Transports ausgesetzt ist und die Waren ggf. automatisch zur Nachkontrolle bringen. Auf diese Weise
153
Ein Sonderforschungsbereich an der Universität Bremen beschäftigt sich mit der selbststeuernden Logistik
[vgl. Freitag et al. 2004].
6.4 Das informatisierte Liefernetzwerk als reale Virtualität?
213
entsteht die Informatisierung des Liefernetzwerkes, bei der Informationen nicht mehr
getrennt von der Realität in Datenbanken liegen, sondern ein Teil des Materialflusses
werden und dort direkt zur Anwendung kommen. Das informatisierte Logistiknetzwerk gleicht dem Internet: Anstatt Datenpakete liefert es reale Objekte an beliebige
Orte. Im Sinne der Informatik wird transparent, welchen Weg eine Lieferung geht.
Dies führt zur Reduktion von Komplexität im Liefernetzwerk.
Wird dann die Virtualität real? Dinge, die in der Virtualität möglich sind, lässt das informatisierte Liefernetzwerk Realität werden. Ausdrücke wie „Klicken in der Realität“ oder „Internet der Dinge“ verdeutlichen die Übertragung der Virtualität auf die
Realität im Sprachgebrauch [vgl. Bohn/Rohs 2001]. Das Projekt „Paketpost 2000“ der
Schweizer Post lässt bereits Ansätze dessen erahnen, wie die reale Virtualität in der
Logistik aussieht. Dort klickt der Logistiker auf einzelne Packstücke, um Transportaufträge zu veranlassen, deren Ausführung unmittelbar folgt [NZZ 1999]. Die Unterscheidung zwischen realem Objekt und seinem virtuellen Abbild im IT-System (Virtual Counterpart) wird für den Anwender unwichtig. Dinge in der Realität verändern
ihren Zustand als Folge der Änderung des virtuellen Abbilds und umgekehrt. Die
Voraussetzung hierfür ist die Integration von IT und Realität. Sie ermöglicht den direkten Informationsfluss von der realen Welt zum Entscheider und macht die Verwendung von Datenbanken überflüssig. Die Überprüfung des Lagerbestands funktioniert
zwar aus Sicht des Anwenders wie heute eine Datenbankabfrage, allerdings basiert
die Antwort zukünftig auf der mit Sensoren erfassten realen Situation.
Des Weiteren können im informatisierten Liefernetzwerk beliebige Gegenstände ihre
Geschichte kommunizieren. Zum Beispiel kann ein Bauteil seinen Hersteller, das Herstelldatum und die Anzahl durchgeführter Qualitätskontrollen sowie Reparaturen mitteilen. Da diese Informationen jederzeit bedarfsgerecht verfügbar sind, stellt sich die
Frage nach der Notwendigkeit der von Logistikern geforderten höhern Visibilität im
Liefernetzwerk. Eine mögliche Informationsüberlastung (Information Overload) der
Entscheider und die Vertraulichkeit bestimmter Informationen (Privacy) sprechen dagegen. Unternehmen brauchen nicht zu wissen, wie die Prozesse bei den Wertschöpfungspartnern aussehen, sondern sie sind an zuverlässigen Prozessergebnissen und
Dienstleistungen interessiert. Beispielsweise sind Tracking-Informationen zu einer auf
Termin bestellten Lieferung erst dann notwendig, wenn die Lieferung nach rechtzeitiger Ankunft zur Weiterverarbeitung ansteht oder eine Verspätung zu erwarten ist.
Das Erkennen und die Behandlung derartiger Situationen ist die Aufgabe von Regelkreisen. Die Ergänzung des informatisierten Liefernetzwerkes um Regeln und deren
Unterstützung durch IT ist einerseits eine notwendige Voraussetzung zur Verarbeitung der zusätzlichen Informationen (Reduktion der Prozesskomplexität) und entfernt
andererseits den Menschen aus dem Entscheidungsprozess („Human-out-of-theloop“- bzw. „Human-supervised“-Computing) [vgl. Tennenhouse 2000]. Die hieraus
214
6 Zusammenfassung und Ausblick
folgende Automatisierung von Geschäftsprozessen hat dort ihre Grenzen, wo Systeme
nicht deterministisch über Regeln vorherbestimmbar sind. Auch Systeme der künstlichen Intelligenz ließen sich hierzu bisher nicht erfolgreich einsetzen. Planende Prozesse, Überwachung benötigen weiterhin menschliche Flexibilität und Kreativität. Der
Mensch bleibt somit ein unverzichtbares Element in SCM-Systemen.
Allerdings ändern sich seine Wahrnehmung der Umwelt und die Interaktion mit ITSystemen. Menschen nehmen durch die Gewöhnung an RFID und andere Technologien die Welt durch einen „digitalen Sinn“ in einer neuen Weise wahr [vgl. Sheffi
2004, 9]. Der Mensch interagiert nicht mehr mithilfe spezieller Computer, sondern direkt durch Verwendung von Gegenständen mit IT-Systemen. Die Selbststeuerung von
operativen Prozessen ermöglicht eine Erweiterung des Zuständigkeitsbereichs des
Menschen, der zunehmend eine überwachende Rolle einnimmt. Gleichzeitig führt er
immer mehr Operationen mit virtuellen Objekten anstatt mit realen Dingen durch.
Beispielsweise gehört für ihn „Suchen“ der Vergangenheit an, da das informatorische
Abbild der Realität überall verfügbar ist. Verwendungsinformationen braucht er nicht
in Datenbanken abzurufen, da Gegenstände direkt Auskunft geben können.
Zu einem Zeitpunkt, an dem die Einführung von RFID erst am Anfang steht, sind derartige Szenarien visionär. Die Einführung geht langsamer voran, als die Vordenker
des Internets der Dinge anfangs vermuteten. Gleichzeitig ist RFID auch nur ein
Schritt auf dem Weg zur vollständigen Integration von IT-Systemen und realer Welt,
wie es Ubiquitous Computing beschreibt (s. Abbildung 6-1 Potenzielle Anwender
können durch die zeitliche Planung der Einführung von Ausbaustufen Wettbewerbsvorteile erzielen.
Integration
Integration der realen
Welt mit IT-Systemen
Ubiquitous Computing
?
Sensornetzwerke,
MEMS
Adaptive Systeme
RFID
Mobile Systeme
Internet
E-Business
Stand der Forschung
Client-Server
ERP
Stand der Anwendung
Zeit
Abbildung 6-1: Entwicklungsstufen zum Ubiquitous Computing
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Anhang A Verwendete Theorien und Konzepte
257
Anhang A Verwendete Theorien und Konzepte
Die Dissertation verwendet zur Herleitung der Ergebnisse verschiedene in Tabelle A-1
dargestellte Theorien und Konzepte.
Theorie / Konzept
Literatur
Hauptaussage im Kontext der
Dissertation
Business Process Reengineering
[Davenport 1993]
Informationstechnologien sind „Enabler“
[Hammer/Champy 1993] neuer Prozesse und Geschäftsmodelle.
Echtzeitmanagement
[Fleisch/Österle 2004]
Automatisierung, Individualisierung und
Integration der Informationsverarbeitung
sind die Prinzipien des Echtzeitunternehmens.
Industrieökonomik /
Market Based View
[Porter 1984]
Unternehmen kooperieren in Wertschöpfungsnetzwerken zur Leistungserstellung.
Informationsökonomie / [Akerlof 1970]
Information Processing [Galbraith 1977]
View
[Hirshleifer 1973]
Die Abstimmung von Informationsangebot
und Informationsverarbeitungskapazität
erhöht die Performanz von Systemen.
Innovationstheorie /
Innovation Diffusion
Perspective
[Rogers 1995]
[von Hippel 1988]
Die Diffusion von Innovationen erfolgt in
Phasen entlang eines Adoptionspfades.
Der individuelle Bedarf und externe Faktoren wie z.B. das soziale Netzwerk bestimmen die Ausbreitungsgeschwindigkeit.
Koordinationstheorie
[Malone 1987]
Koordinationstechnologien senken den
[Malone/Crowston 1991] Koordinationsaufwand in Prozessen und
führen zu Substitutions-, Netzwerk- und
Reorganisationseffekten.
Kontingenztheorie /
Situativer Ansatz
[Burns/Stalker 1994]
[Fiedler 1967]
Die Anpassung eines Systems an die
jeweilige Situation (Umwelt) bestimmt
seine Effizienz. Es existiert keine allgemein gültige Organisationsstruktur.
Organisationstheorie /
Organizational Slack
[Cyert 1988]
[Sharfman et al. 1988]
Individuen legen Sicherheitsbestände an,
um zukünftige Störungen zu vermeiden.
Aus wertorientierter Perspektive existiert
ein „optimaler Sicherheitsbestand“.
Supply Chain Management
[Bowersox 1996]
[Cooper et al. 1997]
Die Hauptaufgabe des SCM ist die Koordination von (interorganisatorischen)
Wertschöpfungsprozessen.
Systemtheorie /
Kybernetik
[Wiener 1972]
Regelkreise sind ein Gestaltungselement
der Steuerung in komplexen Systemen.
Tabelle A-1: Übersicht der in der Dissertation verwendete Theorien und Konzepte
258
Anhang B Empirische Erhebung
Anhang B Empirische Erhebung
Motivation und Durchführung
Zur Untersuchung der aktuellen Verbreitung von RFID-Systemen und deren Innovationspotenzial für das Supply Chain Management der Automobilindustrie hat der
Autor gemeinsam mit der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton im Zeitraum
von November 2003 bis Januar 2004 eine Studie durchgeführt. An der Studie nahmen
zwölf europäische Unternehmen der Automobilindustrie, darunter sechs Automobilhersteller, teil. Bei der Auswahl der teilnehmenden Unternehmen konzentrierte sich
die Studie auf Erstanwender von RFID-Systemen mit dem Potenzial, einen Trend in
der Branche vorzugeben (sog. Lead User). Die ausgewählten Unternehmen zeichnen
sich dadurch aus, dass sie gemessen an der Unternehmensgröße und ihrer fokalen
Stellung zu den gewichtigen Unternehmen im Liefernetzwerk der Automobilindustrie
gehören und sich zumindest konzeptionell mit dem Einsatz von RFID im Liefernetzwerk beschäftigt haben.
Innerhalb der Unternehmen adressierte die Studie Führungskräfte aus den Bereichen
Logistik- (SCM-) und IT-Management. Unter Verwendung eines Interviewleitfadens
mit Fragen zu geplanten und aktuellen Aktivitäten, erwarteten Nutzeneffekten und
Herausforderungen der RFID-Einführung haben die Autoren insg. 19 für das Thema
RFID in diesen Unternehmen Verantwortliche interviewt. Den Interviewleitfaden erhielten die Befragten einige Tage vor der Durchführung des Interviews. Die Zeitdauer
pro Interview, die im Durchschnitt bei ca. 90 Minuten lag, variierte zwischen 45 und
120 Minuten. Die Zeitdauer bestimmte sich dadurch, in welchem Umfang die Befragten über laufende RFID-Aktivitäten berichteten.
Verschiedene Fragen des Interviewleitfadens geben mögliche Antworten vor und erlauben dem Befragten die Bewertung der Relevanz einer vorgegebenen Antwort unter
Verwendung einer fünfstufigen Skala. Damit stellte der Interviewleitfaden eine Basis
für die vergleichende Auswertung sicher. An den Interviews nahmen ein bis zwei Interviewer teil. Diese ermunterten die befragten Personen dazu, neben der Bewertung
der vorgegeben Antworten, diese auch zu begründen und weiterführende Angaben zu
machen. Die Auswertung lieferte bzgl. der Bewertungen der vorgegebenen Antworten
Durchschnittswerte. Außerdem aggregierte sie alle weiterführenden Aussagen und
sortierte diese nach den betreffenden Fragen sowie ihrer inhaltlichen Bedeutung.
Anhang B Empirische Erhebung
Interviewleitfaden
Background
Booz Allen Hamilton and the Auto-ID Center Lab at University of St. Gallen are jointly conducting a study
on Radio Frequency Identification (RFID) technology. The study will generate deep insights on the nature
and trends in RFID usage in several industries for the both interviewees and interviewers. On top, it will
increase knowledge of emerging technologies and standardization issues. The results of the study will be
shared with participants and will enable future development of RFID technologies.
To understand your point of view on RFID, your current experience and usage, as well as your RFID strategy and action plan for the next years, we kindly ask you to invest 60 minutes of your time. The study covers the current and planned application of RFID technologies in your company, the reasons for implementation and your assessment on the technology and its standardization. We would also like to discuss your
approach for developing your RFID solution and to understand your RFID partnering.
We believe that the included quantitative questions add enormous value to the results of this study and
yourself as one of the interviewees. It would therefore be very helpful if you would provide us with rough
numbers where requested. Booz Allen Hamilton and the Auto-ID Center Lab at University of St. Gallen will
adhere to the strictest non-disclosure rules regarding the information gained form specific interviews. The
information will be used for the study and for further research at the University of St. Gallen. We will take
the survey anonymously and make results public in an aggregated form only. But, subject to your agreement, we would like to include your company’s name in our study as one of 30 interview partners. Please
let us know prior to the interview if you don’t want to be mentioned on this list.
Instructions
The following questionnaire contains the following issues: motivation for usage of RFID, expected business
value, current status of your RFID activities, standardization and technology, and challenges/risks in adoption and usage. Please feel free to answer the questions ahead of the interview. But please note that some
of the issues require a more detailed discussion in person. Usually we do conduct personal interviews, but
eventually we might decide to proceed with telephone interviews. Thank you in advance for your time and
effort.
Interview Background
Date of Interview
Interviewer
Industry Segment
Company
Interviewee(s)
Title of Interviewee
Area of Responsibility
Contact Information
Confidentiality Statement
259
260
Anhang B Empirische Erhebung
Questions
1
Motivation for Usage of RFID Technology
1.1
What is your attitude towards RFID?
1.2
How important are the following items for
your internal motivation to use RFID?
F strategic
F technical
F innovator
F early follower
improving process efficiency:
F F F F F
new products/services:
F F F F F
technology upgrade:
F F F F F
_______________________
1.3
1.4
How important are the following items for
your external motivation to use RFID?
F observer
Important Not important
F F F F F
Important Not important
customer demands:
F F F F F
laws:
F F F F F
insurance:
F F F F F
_______________________
F F F F F
Do you consider RFID as an enabling tech- F ECR (Efficient Consumer Response)
F JIT/JIS
nology to any of the following trends?
F Mass Customization
F Outsourcing F TQM
F Supply Chain Visibility
F Traceability
Other:__________________
2
Expected Business Value
2.1
How important is improving the efficiency of
tracking & tracing:
the following processes for you?
2.2
Important Not important
F F F F F
check-in/out at warehouse:
F F F F F
inventory management:
F F F F F
theft control:
F F F F F
production control:
F F F F F
mass customization:
F F F F F
picking and packing:
F F F F F
distribution/order management:
F F F F F
customs:
F F F F F
counterfeit protection:
F F F F F
recall:
F F F F F
maintenance:
F F F F F
recycling:
F F F F F
asset management:
F F F F F
_______________________
F F F F F
What are the specific error cost/handling
error-ratio:
cost you have today in those processes? (If delivery reliability:
possible please quantify)
reduction of claims:
transit time per item:
handling cost per item:
_________________________________________
Anhang B Empirische Erhebung
2.3
How large are the (expected) efficiency
gains for those processes? (If possible
please quantify with baseline)
261
error-ratio:
delivery reliability:
reduction of claims:
reduction of transit time per item:
reduction of manual labor per item:
flexibility:
_______________________
_______________________
2.4
2.5
How important are the following new products, product features or services to you?
What are the benefits that are expected
from those services?
Important Not important
tracking & tracing:
F F F F F
cool chain management:
F F F F F
pay per use:
F F F F F
pay per risk:
F F F F F
_______________________
F F F F F
competitive advantage:
new customers:
improved services:
cross selling:
_______________________
_______________________
3
Status of own RFID Activities/Organization
3.1
What RFID projects exist within your com- concepts:
pany and what is their status?
pilots:
operative applications:
3.2
To what processes or products/services are
those RFID projects related? (short description of project goal)
3.3
What are the specific benefits that are
expected/were achieved for each project?
(please quantify if possible)
3.4
What are the RFID plans for the next 1, 2, 5 1 years:
years? Amount of resources involved with 2 years:
RFID today and in 1, 2, 5 years. Does a
5 years:
Roadmap exist?
262
3.5
Anhang B Empirische Erhebung
Involved
What organizational units are today and will
Today
be involved in RFID activities in 2 years?
Not involved
strategic management:
F F F F F
operational management:
F F F F F
IT management:
F F F F F
In house consulting:
F F F F F
_______________________
F F F F F
In 2 Years
3.6
3.7
3.8
strategic management:
F F F F F
operational management:
F F F F F
IT management:
F F F F F
In house consulting:
F F F F F
_______________________
F F F F F
How does your project organization look
like:
Only local independent activities:
What is the role of external players in your
RFID projects?
What percentage of the R&D budget are
today used for RFID and will be used in 2
Yes
No
F
F
Umbrella program exists:
F
F
RFID roadmap (>1year) exists:
F
F
Roll-Out plan exists:
F
F
Government function in place
F
F
Involved
Not involved
suppliers:
F F F F F
customers:
F F F F F
industrial organizations:
F F F F F
standardization bodies:
F F F F F
technology providers:
F F F F F
consultants:
F F F F F
_______________________
F F F F F
today:
1 year:
2 years:
years?
4
Standardization
4.1
What role do standards play for your RFID
F not important
activities/plans?
F necessary
4.2
F additional benefits
What standardization bodies are you
watching for RFID?
Watching Not watching
ANSI:
F F F F F
Auto-ID Center/EPC:
F F F F F
ISO:
F F F F F
Industrial organizations:
F F F F F
_______________________
F F F F F
Anhang B Empirische Erhebung
4.3
What standards for automatic identification are important to you?
4.4
Are you involved in the creation of standards?
5
Technological Matters
5.1
Which Auto-ID technologies are currently
used in your company?
5.2
263
Important Not important
EAN:
F F F F F
EPC
F F F F F
GTAG/ISO 18000:
F F F F F
ISO 15459:
F F F F F
_______________________
F F F F F
Industrial organizations:
Standardization bodies:
others:
Used
Not used
Barcode:
F F F F F
2D-Code:
F F F F F
Alphanumeric Codes/OCR:
F F F F F
RFID:
F F F F F
_______________________
F F F F F
What kind of RFID technology do you
F active
F passive
(plan to) use?
F sensors
F positioning
F rewritable memory
frequency:
F 130kHz
5.3
What problems do you have with RFID
technology?
5.4
Problem
how do you plan to do the integration?
What requirements must be achieved in
order to use RFID technology within your
company?
F ____
No problem
maturity:
F F F F F
plug & play readiness:
F F F F F
reliability:
F F F F F
metal:
F F F F F
_______________________
F F F F F
_______________________
F F F F F
How important is integration of RFID
technology into existing IT systems and
5.5
F 13,56MHz F UHF
Important Not important
integration:
F F F F F
replaces previous Auto-ID tech: F F F F F
self developed interface:
F F F F F
standard software interface:
F F F F F
_______________________
F F F F F
264
Anhang B Empirische Erhebung
6
Challenges and Risks in Adoption and Usage
6.1
What are the major challenges/pitfalls/risks/roadblocks for the adoption of RFID in your company?
Problem No problem
standards:
F F F F F
technology:
F F F F F
knowledge:
F F F F F
cost/benefit sharing:
F F F F F
collaboration:
F F F F F
costs of hardware/software
F F F F F
_______________________ F F F F F
6.2
When (2, 5, 10 years) and how do you
expect could theses problems be solved?
standards:
technology:
knowledge:
cost/benefit sharing:
collaboration:
costs of hardware/software:
_______________________
6.3
Which migration effort (cost) is linked to
RFID implementation? (If possible please
quantify)
RFID equipment/readers:
Adoptions of the backend systems:
Ongoing expenses for RFID tags (in 1, 2, 5 years):
_______________________
How many tags will be necessary/year (in 1, 2, 5 years):
_______________________
6.4
How do you take into account security/
privacy issues into your RFID strategy?
Anhang C Interviewverzeichnis
265
Anhang C Interviewverzeichnis
Firma
Experte
Funktion
Ort, Datum
Adam Opel
Rainer Hofman
Director Supply Chain Operations
Europe
Rüsselsheim, 10.11.03
Ralf Technau
Manager Supply Operations Europe Plant MPC Coordination
Rüsselsheim, 10.11.03
Dr. Bettina Böckle
Abteilungsleiterin Vorplanung Tranport- München, 26.11.03
logistik und Transportkostenkalkulation
Marc Lüderitz
Gesamtlogistik, Kundenprozess und IT
München, 26.11.03
Roman Gesatzki
Logistikplanung und -steuerung
München, 18.6.04
BLG IL
Wolf Lampe
Director Logistics Consulting
Bremen, 17.11.03
Bosch
Carsten Frost
Forschung und Vorausentwicklung
München, 18.6.04
Chep
Andy Robson
Business Development Manager
London, 19.11.03
Continental
Dr. Siegfried Rainer
Information Technology Tires
Hannover, 27.11.03
DaimlerChrysler
Dr. Ralf Hinz
Manager On Board Service Integration
Sindelfingen, 2.12.03
Christian Mathews
Logistikplanung und Prozesscontrolling Sindelfingen, 2.12.03
Jürgen Straub
Leiter Ladungsträgermanagement
Alfons Smeets
Synchronous Material Flow Coordinator Genk, 4.11.2003
BMW Group
Ford
Sindelfingen, 2.12.03
Identec Solutions Prof. Wilhelm Gantner
Chief Executive Officer
Lustenau, 6.11.03
Infineon
Technologies
Monika Bremer
Manager Customer Solutions, Ident
Solutions
München, 11.11.03
Dr. Frank Gillert
Director Customer Solutions, Ident
Solutions
München, 11.11.03
Magna Cosma
Bernd Geiger
Logistik/Systeme
Telefoninterview, 1.3.04
Porsche
Hans-Joachim Schulze Manager Informationstechniken
Leipzig, 16.12.03
Renault
Brand Noel
Director Programmes Transverses &
Enterprise Etendue
Telefoninterview, 10.12.03
SAP
Andreas Schulze
Business Development, Business Unit
Automotive
Telefoninterview, 19.12.03
Markus Kerle
Head of Solution Management, Industry Business Unit Automotive
Telefoninterview, 19.12.03
Dr. Christian Kuhn
Director Solution Development
Telefoninterview, 19.12.03
Siemens VDO
Henry Strobel
Development Technologies
Telefoninterview, 2.2.04
Sokymat
Marc Schnippering
Business Development Manager
Telefoninterview, 5.11.03
VDA
Dr. Rüdiger Meier
Logistik und elektronischer Geschäftsverkehr
St. Gallen, 20.11.03
Volkswagen
Frank Hesse
Leiter CKD-Versand
Wolfsburg, 5.3.04
Christoph Pelich
Dedizierte Rechnersysteme, Fertigung
und Logistik
Wolfsburg, 8.12.03
Pierre Pommer
Logistikoptimierung, Logistik-Prozesse
Telefoninterview, 24.8.04
Osman al Šaqaqy
Konzern Informationssysteme Produktherstellung
Wolfsburg, 1.11.04
Stefan Volk
CKD-Prozessplanung/-analyse
Wolfsburg, 5.3.04
266
Firma
Anhang C Interviewverzeichnis
Experte
Funktion
Ort, Datum
Volkswagen
Antonio Cocca
Ersatzteilezentrum Norbert Fischer
Orginalteile-Geschäftsfeldentwicklung
Kassel, 18.11.03
Leiter Fahrzeug Intelligente Bauteile
Kassel, 18.11.03
WhereNet
Sales Manager Europe
St. Gallen, 15.5.03
Marc Onnen
ZF Friedrichshafen Claas-Hinrich v. Goesel Leitung Montage und Logistik
Telefoninterview, 12.1.04
Lebenslauf
Name:
Martin Strassner
Geburtsdatum:
6. Juli 1975
Geburtsort:
Darmstadt (Deutschland)
Nationalität:
Deutsch
Werdegang
1987-1994
Viktoriaschule in Darmstadt (Deutschland)
1994
Abitur mit der Note 1,3 (Jahrgangsbester)
1994-2001
Studium der Wirtschaftsinformatik an der Technischen Universität
Darmstadt
1998
Praktikum bei Nationwide Professional, Kuala Lumpur (Malaysia)
2001
Abschluss: Diplom-Wirtschaftsinformatiker (Dipl.-Wirtsch.-Inform.)
mit Auszeichnung
2001-2004
Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Instituten für Wirtschaftsinformatik und Technologiemanagement der Universität St. Gallen bei Prof. Dr. Elgar Fleisch; Doktorandenstudium an der Universität St. Gallen (Schweiz)
2005
Gastwissenschaftler an der Graduate Business School, Stanford
University (USA) bei Prof. Hau Lee
2005
Fertigstellung der Dissertation