Verhältnis der Kirche zum Judentum

Transcrição

Verhältnis der Kirche zum Judentum
Die Deutschen Bischöfe
Über das Verhältnis
der Kirche zum Judentum
Erklärung der deutschen Bischöfe
28. April 1980
Herausgeber: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz
Kaiserstraße 163, 5300 Bonn
26
Inhalt
I. Jesus Christus - unser Zugang zum Judentum
4
II. Das geistliche Erbe Israels für die Kirche
4
1. Die Heilige Schrift des Alten Testaments
2. Der Glaube an den einen Gott
3. Der Schöpfungsglaube
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5. Der Bund
6. Der Dekalog und das Gewissen
7. Die messianische Hoffnung
8. Das Gebet
9. Grundhaltungen vor Gott
10. Exodus, Pascha, Leiden, Gericht, Auferstehung
4
5
5
5
6
7
7
8
8
9
III. Die Grundaussagen der Schrift und der Kirche über das
Verhältnis von Kirche und Judentum
10
1. Das Zeugnis des Neuen Testaments
a) Vorbemerkung
b) Kritische Aussagen über die Juden
c) Positive Aussagen über die Juden
2. Aussagen der katholischen Kirche
a) Das II. Vatikanische Konzil
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c) Aktivitäten und Aussagen der Päpste
d) Weitere kirchliche Verlautbarungen
3. Aussagen anderer Kirchen
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13
13
15
15
16
16
IV. Glaubensunterschiede
1. Das Reich Gottes im Messias Jesus
2. Der Glaube an Jesus Christus
3. Das Problem des Gesetzes
V. Umdenken gegenüber dem Judentum
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3. Gesetzesfrömmigkeit
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5. Antisemitismus
6. Gebet
7. Schuld und Sühne
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17
17
18
18
18
18
19
20
20
20
VI. Gemeinsame Aufgaben
1. Verwirklichung des Willens Gottes
2. Teilnahme am prophetischen Protest
3. Friedensarbeit in aller Welt
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I. Jesus Christus - unser Zugang zum Judentum
Wer Jesus Christus begegnet, begegnet dem Judentum. Er ist nach dem Zeugnis
des Neuen Testamentsa
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menschlichen Natur nach war Jesus von Nazaret ein Jude; er kam aus dem
Judentum. Er steht seiner Herkunft nach in der Geschichte des Volkes Israel
(vgl. den Stammbaum Jesu Mt 1,1-17 und Lk 3,23-38).
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mich der ewige Bruder, nicht nur der Menschenbruder, sondern mein jüdischer
Bruder. Ich spüre seine brüderliche Hand, die mich faßt, damit ich ihm
nachfolge... Sein Glaube, sein bedingungsloser Glaube, das schlechthinnige
Vertrauen auf Gott, den Vater, die Bereitschaft, sich ganz unter den Willen
Gottes zu demütigen, das ist die Haltung, die uns in Jesus vorgelebt wird und
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II. Das geistliche Erbe Israels für die Kirche
Jesus Christus hat von seiner jüdischen Herkunft her ein reiches geistliches Erbe
aus den religiösen Überlieferungen seines Volkes in die christliche Völkerwelt
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”und dauernd auch aus diesem Erbe schöpft.
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(vgl. z. B. Mt 4,6; Mk 1,2; Lk 24,44-46; Joh 19,36f.; 1 Kor 15,3f.; 2 Kor 4,13;
Gal 3,10.13), bezieht sich das auf das Alte Testament. Das 11. Vatikanische
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Menschengeschlechtes besorgt war, bereitete es vor, indem er sich in
einzigartiger Planung ein Volk erwählte, um ihm Verheißungen anzuvertrauen ...
Die Geschichte des Heiles liegt, von heiligen Verfassern vorausverkündet,
berichtet und gedeutet, als wahres Wort Gottes vor in den Büchern des Alten
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Das Alte Testament ist so für Juden und Christen gemeinsame
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besondere Glaubensquelle dazugekommen ist. Im Alten Testament spricht der
Gott der Offenbarung, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der auch der Gott
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bemüht sein, besser zu verstehen, was im Alten Testament von eigenem und
bleibendem Wert ist . . ., da dies durch die spätere Interpretation im Licht des
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Neuen Testaments, die ihm seinen vollen Sinn gibt, nicht entwertet wird, so daß
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darf das Alte Testament und die sich darauf gründende jüdische Tradition nicht
in einen solchen Gegensatz zum Neuen Testament stellen, daß sie nur eine
Religion der Gerechtigkeit, der Furcht und der Gesetzlichkeit zu enthalten
scheint, ohne den Anruf zur Liebe zu Gott und zum Nächsten (vgl. Dtn 6,5; Lev
6
19,18; Mt 22,34-40
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Die Kirche hat mit Recht stets alle Versuche abgelehnt,
die darauf hinausgingen, das Alte Testament aus ihrem Schriftenkanon zu
entfernen und nur das Neue Testament gelten zu lassen.
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Familie wie im synagogalen Gottesdienst rezitiert wird. Auf die Frage des
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den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all
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einzigen, wahren und lebendigen Gott so geoffenbart, daß Israel Gottes Wege
mit den Menschen an sich erfuhr, daß es sie durch Gottes Wort aus der
Propheten Mund allmählich voller und klarer erkannte und sie unter den
Völkern mehr und mehr sichtbar machte (vgl. Ps 21,28f.; 95,1-3; Jes 2,14; Jer
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3. Dieser eine Gott ist auch der Schöpfer der ganzen Welt. In klassischer
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programmatisch fest, daß Schöpfer und Geschöpf nicht identisch, austauschbar
und verwechselbar sind; es verhindert eine Vergötterung der Welt, obwohl
Israel deren faszinierende Urordnung durchaus gesehen und sie in seinen
Gebeten gepriesen hat. Dieses Wort bewahrt das Denken der Menschheit vor
der gnostisch-neuplatonischen Interpretation der Welt, nach der die Welt eine
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Jesus und die Kirche ist die Schöpfungsbotschaft des Alten Testaments in die
Völkerwelt gekommen. Sie hilft den Menschen, das richtige Verhältnis zur Welt
zu gewinnen.
4. Von besonderer aktueller Bedeutung ist die Lehre der Schrift Israels, daß der
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als unser Abbild, uns ähnlich. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres,
über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle
Kriechtiere auf dem Land. Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als
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des Judentums vermindert der Mörder die Gottebenbildlichkeit. Man darf den
Nächsten nicht verachten, weil er nach Gottes Bild geschaffen ist.9 „
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schuf mit eigenen Händen einen Menschen und machte ihn seinem eigenen
Antlitz ähnlich ... Wer des Menschen Antlitz verachtet, verachtet das Antlitz des
Herrn!10 Ganz aus diesen Überzeugungen des Judentums heraus hat der
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(Jak 3,9).
5. Israel weiß sich in einen Bund mit seinem Gott hineingenommen. Dieser
Bund ist Gnade und zugleich Verpflichtung. Die Bundesforderung zielt ab auf
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Volk vor Bundesbruch.
Die Schrift Israels erzählt auch von bereits vorausgehenden Bundesschlüssen,
so mit Abraham (vgl. Gen 15), wobei Gott dem Abraham die eidliche
Zusicherung zur Erfüllung der Landverheißung gibt; ferner mit Noach (vgl. Gen
9,9-17). Der Heilshorizont, in dem der Bundesschluß mit Noach sich bewegt, ist
eindeutig ein universal-ko
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unbedingtes Ja Gottes zu seiner Schöpfung, ein Ja Gottes zu allem Leben
zugrunde, das weder durch irgendwelche Katastrophen im Laufe der Geschichte
noch ... durch Verfehlungen, Verderbnis, Empörung der Menschheit erschüttert
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Bund, durch den Gott in ein dauerndes Treueverhältnis zu Israel und zur ganzen
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wird. Der Schöpfer ist auch der Erlöser (vgl. schon Jes 54,5).
6. Was dem frommen Juden bis heute besonders am Herzen liegt, ist ein Leben
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Dekalog, die Zehn Gebote. Auch Jesus bekannte sich eindeutig zum Dekalog
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Juden. Sie wurden zum Inbegriff des sittlichen Bewußtseins der Menschheit.
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festen Sätzen formuliert worden, ohne deren Beobachtung es kein wahres
Gemeinschaftsleben und auch keine wahre Beziehung zu Gott gibt. Die
Erfahrung der Geschichte lehrt, daß ohne ein am Gottesgebot normiertes
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freiheits- und personfeindliche Despotie und Diktatur wird frei. Der Dekalog
beschreibt die innere Ordnung des menschlichen Verhaltens; er ist daher für alle
Zeiten unentbehrlich.
7. Aus der jüdischen Religion stammt auch die messianische Hoffnung. Ihre
Ursprünge wurden schon früh mit der Davidsdynastie verbunden. Hinzuweisen
ist vor allem auf 2 Sam 7,12-16
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deinen Vätern legst, werde ich deinen leiblichen Sohn als deinen Nachfolger
einsetzen und seinem Königtum Bestand verleihen. Er wird für meinen Namen
ein Haus bauen, und ich werde seinem Königsthron ewigen Bestand verleihen.
Ich will für ihn Vater sein und er wird für mich Sohn sein ... Dein Haus und
dein Königtum sollen durch mich auf ewig bestehen bleiben; dein Thron soll
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nung immer wieder auf und bezeugten sie in unterschiedlicher Gestalt. Wenn
wir fragen: Was brachte die messianische Botschaft an Impulsen in die
Völkerwelt?, stellen sich drei Antworten ein:
1. Die messianische Idee sprengt das zyklische Denken in der Menschheit auf;
die Geschichte der Welt bewegt sich nicht im Kreis, ist nicht die ewige
Wiederkehr des Gleichen; die messianische Verheißung läßt die Geschichte als
zielgerichtet erkennen.
2. Diese Bewegung der Geschichte auf ein gottgesetztes Ziel hin versteht sich
als eine Bewegung aus dem Unheil in das Heil.
3. Die Wende zum Heil wird durch einen endgültigen Heilbringer herbeigeführt,
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Durch Jesus von Nazaret, den die Kirche als den verheißenen Messias bekennt
und verkündet, kam die messianische Hoffnung, wenn auch in veränderter
Form, in das Denken und Hoffen der Völker. Mag zunächst auch der christliche
7
Messianismus eine starke Verinnerlichung des Gottesverhältnisses mit sich
gebracht haben, so kündigte doch Jesus selbst seine Wiederkunft am Ende der
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Messias Jesus vernichtet und ein neuer Himmel und eine neue Erde
heraufgeführt werden.
Der Messianismus ist heute in der Welt wirkmächtiger denn je, wenn auch
häufig in säkularisierter Gestalt. Die Welt will sich nicht mehr im Kreise
drehen, sie schaut in die Zukunft und auf ein Ziel. Der messianische Glaube
weist von sich aus auf Zukunft hin, da er einen kommenden Heilbringer für
Israel und die Völker verkündet. Dabei verbindet sich die messianische
Hoffnung mit der Sehnsucht nach einer gerechten Welt und nach einem
umfassenden Frieden für die ganze Menschheit, welche die Propheten Israels
für die Heilszukunft ansagen, wobei sie diese Ansage oft mit einer Kritik an den
sozialen Mißständen ihrer Zeit verbinden. Das Neue Testament verfolgt diese
Linie. Christus wird in ihm als jener verkündigt, der den Erdkreis in
Gerechtigkeit richten wird (Apg 17,31) und der dazu kam, Frieden den Fernen
und Frieden den Nahen, d. h. allen Menschen, zu verkünden (Eph 2,17). Die
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13,22 Parr.). Der Messianismus kann pervertiert werden. Das muß die Kirche
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8. Das fromme Judentum ist ein betendes und Gott preisendes Volk. Aus dem
großen Gebetsschatz Israels hat die Kirche vor allem die Psalmen übernommen,
die im Gottesdienst und im Stundengebet der Kirche eine große Rolle spielen.
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bemüht sich um die Erfüllung des Willens Gottes; er betet um das tägliche Brot,
die Vergebung der Sünden und die Bewahrung vor Anfechtungen. Die beiden
großen Lobpreisgebete aus der Kindheitsgeschichte Jesu, die in der Liturgie
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1,46-55), sind ganz durchsetzt mit Worten und Sätzen aus dem Alten
Testament.
9. Israels Grundhaltungen vor Gott, wie sie sich in Gottesfurcht, Gehorsam,
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auf Gott und seine Heilstaten manifestieren, sind auch Grundhaltungen der
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gehören zu der geistlichen Mitgift Israels an die Kirche, die sie in ihrer Mission
wiederum in die Völkerwelt weitergibt, freilich in Christus neu und endgültig
begründet.
10. Aus dem geistlichen Erbe Israels sind noch jene Ereignisse zu nennen, in
denen das Heilshandeln Gottes am Menschen konkrete geschichtliche Tat und
so erfahrbar wird. Insbesondere sei auf folgende verwiesen, die miteinander
zusammenhängen: Exodus, Pascha (Pesach), Leiden, Gericht, Auferstehung.
Der Exodus ist für Israel die entscheidende Befreiungstat Gottes, an die es sich
nach dem Zeugnis seiner Schriften immer wieder erinnert.13 „
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unser Gott, mit starker Hand und ausgestrecktem Arm. Hätte nicht der Heilige,
gelobt sei Er, unsere Väter herausgeführt, dann wären wir und unsere Kinder
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Begegnung Israels mit seinem Gott und mit der Erfahrung seiner Hilfe. Exodus
ist schließlich und endlich der Zug in die Freiheit, vorabgebildet im Einzug in
das Land, das Gott Abraham und seinen Nachkommen verheißen hat. Der
Exodus brachte Israel auch die Erfahrungen der Bitternisse des Lebens, die
Erfahrung des (oft selbst verschuldeten) Leids und des Gerichts, und insofern
die Erfahrung des Leidens verbunden mit der Erfahrung der Rettung durch Gott.
Deshalb empfindet die jüdische Tradition den Exodus als Zeichen der Hoffnung
auf die endgültige Rettung durch Gott in der Auferweckung der Toten am Ende
der Tage.
In Jesu Wegzug aus seinem Heimatdorf Nazaret und aus seiner Verwandtschaft,
in seinen mit Leiden verbundenen Wanderungen durch das Land Israel, in
seinem Weg nach Golgota zum Kreuz, aber auch in seiner Auferweckung von
den Toten und in seiner Verherrlichung spiegelt sich einzigartig die
Exoduserfahrung seines Volkes.
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findet sich als das Sklavenvolk, das von Gott Rettung erfährt. Und es bringt die
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spielen in der Heiligen Schrift Israels eine zentrale Rolle. Die jüdischen Feste
sind Gedächtnisfeste: Israel gedenkt bei seinen Festen der Heilstaten Gottes an
seinem Volk und vergegenwärtigt in seinen Festen diese Heilstaten für jede
Generation. In keinem Fest wird das deutlicher als am Paschafest, das die Juden
an die Nacht erinnert, in der sie befreit wurden, und das in ihnen zugleich die
Hoffnung weckt auf die Nacht, in der sie endgültig befreit werden. In den
9
jüdischen Festen herrscht so die Dreidimensionalität Heilsvergangenheit,
Heilsgegenwart und Heilszukunft.
Ohne die Beachtung dieser Zusammenhänge versteht man auch die großen
Feste des christlichen Kirchenjahres und speziell die Eucharistiefeier nicht.
Auch in ihnen gehören Heilsvergangenheit, Heilsgegenwart und Heilszukunft
wesenhaft zusammen; auch sie sind Gedächtnis seiner Wundertaten. Sie treten
dabei nicht neben die Feste Israels, sie stehen in einem beziehungsreichen
Zusammenhang mit ihnen.16
Auch wenn die Kirche überzeugt ist, daß mit der Auferweckung Jesu von den
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mächtig in diese Zeit hereinragt, so gibt es doch eine bleibende gemeinsame
Thematik der christlichen und der jüdischen Eschatologie, etwa im Hinblick auf
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des Übergangs in das endgültige Heil und darum ein Tag der Hoffnung für
Israel und die Kirche.
III. Die Grundaussagen der Schrift und der Kirche über das
Verhältnis von Kirche und Judentum
1. Das Zeugnis des Neuen Testamentes
a) Das Neue Testament macht wichtige Aussagen über das jüdische Volk. Die
Urmissionare selbst stammten großenteils aus dem jüdischen Volk; Jesu Leben
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hat die Urkirche stark beschäftigt, besonders den Juden und ehemaligen
Pharisäer Paulus.
b) Es kann freilich nicht geleugnet werden, daß sich im Neuen Testament über
das Judentum z. Z. Jesu und der Urkirche auch kritische Aussagen finden. Jesus
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verfolgt. Sie mißfallen Gott und sind Feinde aller Menschen; sie hindern uns
daran, den Heiden das Evangelium zu verkünden und ihnen so das Heil zu
bringen. Dadurch machen sie unablässi
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2,15f.). Paulus kommt auch auf die Verfolgungen zu sprechen, denen er durch
jüdische Volksgenossen ausgesetzt war (vgl. 2 Kor 11,24.26). Die Apostelgeschichte redet ebenfalls von den großen Schwierigkeiten, die Juden den
christlichen Missionaren bereitet haben (vgl. Apg 13,15; 14,5.19; 17,5-8; 18,
12; 23,12).
Das sind Fakten, die ein ungünstiges Licht auf Juden werfen können. Dabei ist
jedoch zu beachten, daß es sich um Tatbestände aus vergangenen Zeiten
handelt, die kein Pauschalurteil über das Judentum zulassen, und daß diese
negativen Aussagen über die Juden nicht isoliert betrachtet werden dürfen,
sondern im Zusammenhang mit den vielen positiven Aussagen des Neuen
Testaments gesehen werden müssen.
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Natur wilden Ölbaum herausgehauen und gegen die Natur in den edlen Ölbaum
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selbst eifersüchtig zu machen. Wenn aber schon durch ihr Versagen die Welt
und durch ihr Zurückbleiben die Heiden reich werden, um wieviel mehr (wird
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(vgl. Röm 11,32). Nur von daher ist die Aussage des Völkerapostels zu
verstehen, daß die Juden im Hinblick auf das Evangelium dessen Feinde
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Römerbrief nicht die Rede. Wir Christen müssen die prophetische Aussage des
Apostels Paulus über das Endheil der Juden ernst nehmen, wenn wir auch den
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verkehrte Frage zurück, er verweist nur darauf, daß für diese
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1,6-8). Eine Wiederherstellung des verheißenen Reiches, wie sie schon die
Propheten des Alten Bundes angekündigt haben, wird also kommen, auch wenn
wir deren Art und Weise nicht näher kennen. Nach Apg 3,19-21 sollen sich die
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Zeiten des Aufatmens kommen läßt und Jesus sendet als den für euch
bestimmten Messias. Ihn muß freilich der Himmel aufnehmen bis zu den Zeiten
der Wiederherstellung von allem, die Gott von jeher durch den Mund seiner
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positiven Aussagen des Neuen Testaments über die Juden und ihr Heil müssen
von der christlichen Verkündigung und Theologie viel stärker, als es früher
geschehen ist, bedacht werden, besonders nachdem sich das II. Vatikanische
Konzil dieser Aufgabe ausdrücklich angenommen hat.
2. Aussagen der katholischen Kirche
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Bandes, wodurch das Volk des Neuen Bundes mit dem Stamme Abrahams
geistlich verbunden ist.
So anerkennt die Kirche Christi, daß nach dem Heilsgeheimnis Gottes die
Anfänge ihres Glaubens und ihrer Erwählung sich schon bei den Patriarchen,
bei Mose und den Propheten finden. Sie bekennt, daß alle Christgläubigen als
Söhne Abrahams dem Glauben nach in der Berufung dieses Patriarchen
eingeschlossen sind und daß in dem Auszug des erwählten Volkes aus dem
Lande der Knechtschaft das Heil der Kirche geheimnisvoll vorgebildet ist.
Deshalb kann die Kirche auch nicht vergessen, daß sie durch jenes Volk, mit
dem Gott aus unsagbarem Erbarmen den Alten Bund geschlossen hat, die
Offenbarung des Alten Testamentes empfing und genährt wird von der Wurzel
des guten Ölbaums, in den die Heiden als wilde Schößlinge eingepfropft sind.
Denn die Kirche glaubt, daß Christus, unser Friede, Juden und Heiden durch das
Kreuz versöhnt und beide in sich vereinigt hat.
Die Kirche hat auch stets die Worte des Apostels Paulus vor Augen, der von
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Herrlichkeit, der Bund und das Gesetz, der Gottesdienst und die Verheißungen
gehören wie auch die Väter und daß aus ihnen Christus dem Fleische nach
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4-5), der Sohn der Jungfrau Maria. Auch hält sie sich
gegenwärtig, daß aus dem jüdischen Volk die Apostel stammen, die
Grundfesten und Säulen der Kirche, sowie die meisten jener ersten Jünger, die
das Evangelium Christi der Welt verkündet haben.
Wie die Schrift bezeugt, hat Jerusalem die Zeit seiner Heimsuchung nicht
erkannt, und ein großer Teil der Juden hat das Evangelium nicht angenommen,
ja nicht wenige haben sich seiner Ausbreitung widersetzt.
Nichtsdestoweniger sind die Juden nach dem Zeugnis der Apostel immer noch
von Gott geliebt um der Väter willen; sind doch seine Gnadengaben und seine
Berufung unwiderruflich. Mit den Propheten und mit demselben Apostel
erwartet die Kirche den Tag, der nur Gott bekannt ist, an dem alle Völker mit
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Heilige Synode die gegenseitige Kenntnis und Achtung fördern, die vor allem
die Frucht biblischer und theologischer Studien sowie des brüderlichen
Gespräches ist.
Obgleich die jüdischen Obrigkeiten mit ihren Anhängern auf den Tod Christi
gedrungen haben, kann man dennoch die Ereignisse seines Leidens weder allen
damals lebenden Juden ohne Unterschied noch den heutigen Juden zur Last
legen. Gewiß ist die Kirche das neue Volk Gottes, trotzdem darf man die Juden
nicht als von Gott verworfen oder verflucht darstellen, als wäre dies aus der
Heiligen Schrift zu folgern. Darum sollen alle dafür Sorge tragen, daß niemand
in der Katechese oder bei der Predigt des Gotteswortes etwas lehre, das mit der
evangelischen Wahrheit und dem Geiste Christi nicht im Einklang steht.
Im Bewußtsein des Erbes, das sie mit den Juden gemeinsam hat, beklagt die
Kirche, die alle Verfolgungen gegen irgendwelche Menschen verwirft, nicht aus
politischen Gründen, sondern auf Antrieb der religiösen Liebe des Evangeliums
alle Haßausbrüche, Verfolgungen und Manifestationen des Antisemitismus, die
sich zu irgendeiner Zeit und von irgend jemandem gegen die Juden gerichtet
haben.
Auch hat ja Christus, wie die Kirche immer gelehrt hat und lehrt, in Freiheit, um
der Sünden aller Menschen willen, sein Leiden und seinen Tod aus unendlicher
Liebe auf sich genommen, damit alle das Heil erlangen. So ist es die Aufgabe
der Predigt der Kirche, das Kreuz Christi als Zeichen der universalen Liebe
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Antisemitismus und der Diskriminierung als dem Geist des Christentums widers
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Einheit der Christen verbunden ist und zu deren Mitgliedern auch Juden
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Papst Johannes Paul II. erinnerte in seiner Ansprache an die Repräsentanten
jüdischer Organisationen am 12. März 1979 an die Aussage in Nostra Aetate,
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dieser Begegnung, vor der Tafel mit der hebräischen Inschrift. Sie weckt das
Andenken an das Volk, dessen Söhne und Töchter zur totalen Ausrottung
bestimmt waren. Dieses Volk führt seinen Ursprung auf Abraham zurück, der
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bischöflichen Kommission für die Beziehung zum Judentum vom 16. April
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3. Aussagen anderer Kirchen
Dankbar sei auf die Verlautbarungen hingewiesen, die evangelischerseits zum
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Mitglieder der Landessynode, der Kreissynoden und der Presbyterien in der
Evangelischen Kirche im Rheinland.35
So sind Christen dabei, sich in intensiver Weise wieder stärker als früher auf
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Verhältnis zu ihrem älteren Bruder, dem jüdischen Volk, sicher zurn Segen für
beide. An die Stelle der Verachtung und Geringschätzung des andern werden
Respekt voreinander und Liebe zueinande
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IV. Glaubensunterschiede
Im Dialog zwischen Juden und Christen müssen die Glaubensunterschiede, als
das Unterscheidende und gegebenenfalls Trennende, offen genannt werden; nur
dann erfolgt der Dialog in Wahrheit und Wahrhaftigkeit. Folgendes ist dabei
besonders ins Auge zu fassen:
1. Zunächst sei hier die christliche Überzeugung genannt, daß mit Jesus von
Nazaret die Zeit schon erfüllt und das Reich Gottes unmittelbar nahegekommen
16
ist (vgl. Mk 1,15). Jesus ist für die Christen der verheißene Messias, mit ihm
bricht die letzte Zeit der Gesch
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kommende Erfüllung, die Kräfte der Heilszukunft Gottes sind bereits wirksam,
besonders in den Sakramenten der Kirche, die Endentscheidungen fallen schon.
Christus ist unser Friede, unsere Versöhnung und unser Leben. Freilich weiß
auch der Christ, daß durch Jesus von Nazaret noch nicht alle Verheißungen der
altbundlichen Propheten erfüllt worden sind: Die umfassende Gerechtigkeit ist
in der Welt noch keineswegs hergestellt, der völkerumspannende Friede steht
noch aus, der Tod übt seine vernichtende Herrschaft noch aus. Der Christ muß
Verständnis haben, wenn Juden gerade auf diesen noch ausstehenden
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Jesus von Nazaret nicht den Verheißenen zu sehen vermögen.
2. Der tiefste Glaubensunterschied tritt angesichts des stärksten Bindegliedes
zwischen Christen und Juden zutage. Der christliche Glaube an Jesus Christus,
dem gemäß der gekreuzigte und auferstandene Jesus Christus nicht nur als der
verheißene Messias, sondern darüber hinaus als der wesensgleiche Sohn Gottes
bejaht und verkündigt wird, erscheint vielen Juden als etwas radikal
Unjüdisches; sie empfinden ihn als etwas dem strengen Monotheismus, wie er
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der Christ Verständnis haben, auch wenn er selbst in der Lehre von der
Gottessohnwürde Jesu keinen Widerspruch zum Monotheismus sieht. Für ihn
bedeutet das Bekenntnis zum dreifaltigen Gott eine Steigerung der Einheit
Gottes, ein Geheimnis, an das er glaubt und vor dem er anbetend in die Knie
sinkt.
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aber z. T. heftige Kritik an der konkreten Praxis des gesetzlichen Lebens seines
Volkes geübt. Er hat das Doppelgebot der Liebe in den Vordergrund gerückt
(vgl. Mk 12,30f. Parr.) und die vielen Gebote und Verbote der Tora und der
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konzentriert. Im Blick auf das Kreuz und die Auferstehung Jesu war der Apostel
Paulus mit der Urkirche überzeugt, daß der Weg des Menschen zum Heil jetzt
ausschließlich über den Glauben an den gekreuzigten und auferstandenen
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Gal 2,16; 3,2.5.10). Der Christ ist nach der Lehre des Apostels und auch des
Apostelkonzils (Apg 15,1-35) nicht mehr wie der Jude zu einem Leben nach
den Weisungen der Tora verpflichtet, was freilich nicht heißt, daß der Christ ein
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Über diese Glaubensunterschiede muß im christlich-jüdischen Gespräch offen
geredet werden.
V. Umdenken gegenüber dem Judentum
Allzu oft ist in der Kirche, besonders in Predigt und Katechese, in falscher und
entstellender Weise über das Judentum gesprochen worden. Falsche
Einstellungen waren die Folge. Wo immer Fehlurteile und Fehlhaltungen
vorliegen, sind unverzüglich Umdenken und Umkehr geboten: Dabei ist
folgendes besonders zu beachten:
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verleitete nicht selten zum theologischen Antijudaismus, insofern er in
unkritischer Weise auf das ganze jüdische Volk der Zeit Jesu bezogen wurde,
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Jesu aus der führenden Schicht des zeitgenössischen Judentums, besonders die
Hohenpriester, gemeint sind.36 Zudem ist folgendes zu bedenken: Der
Evangelist reflektiert am Ende des 1. Jahrhunderts die Vorgänge, die sich mit
Jesus und seiner Kreuzigung ereignet haben. Er stellt das Ganze in einen
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Evangelien und über die in ihnen verarbeiteten Traditionsschichten läßt
eindeutig erkennen, daß die Pharisäer zunehmend als die speziellen Gegner Jesu
herausgestellt wurden, und zwar im Zusammenhang des zum Teil harten und
schwierigen Ablösungsprozesses, der nach Ostern die Kirche und Israel
voneinander trennte. Die Pharisäer waren zur Zeit Jesu und auch später eine
straff organisierte und einflußreiche Gruppe im damaligen Judentum, mit der
Jesus vor allem wegen der Gesetzesauslegung in Konflikt geraten war. Sie
waren Männer, denen es mit großem Ernst um die Sache Gottes ging. Es gehört
zu den Aufgaben der heutigen Exegese, Katechese und Homiletik, über die
Pharisäer in gerechter Weise zu sprechen.
3. Der fromme Jude hat Freude an der Tora. Er feiert am Ende des
Laubhüttenfestes ein eigenes Fes
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(Ps 119,97). Der Jude empfindet die Tora als Gnade, nicht als Last.37 Er versteht
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für den Juden bis heute gültige Verständnis des Lebens nach der Tora muß von
drei Grundelementen her verstanden werden, die das jüdische Gesetzesverständnis bestimmen: Vertrauen, Verwirklichung in Werken, Heiligung des
Alltags.38 Der fromme Jude kann sich den Glauben an den einen Gott nicht ohne
die gehorsame Verwirklichung der Weisungen Gottes nach der Tora vorstellen.
Das Leben gemäß der Tora heiligt den Alltag; denn dies ist der eigentliche Sinn
der Weisungen der Tora im jüdischen Verständnis: Wer sich täglich und in
allem dem Joch des Gesetzes unterwirft, entprofaniert dadurch den Alltag und
heiligt das ganze Leben in allen seinen Bezügen und Äußerungen. Der Jude
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das Leben des frommen Juden richtig beurteilen will.
4. Die Juden dürfen nicht als das Volk de
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den Tod Jesu gedrungen haben, kann man dennoch die Ereignisse seines
Leidens weder allen damals lebenden Juden ohne Unterschied noch den
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Wir sollten, statt anderen die Schuld am Kreuzestod Jesu aufzurechnen, an
unsere eigenen Sünden denken, durch die wir alle am Kreuz Jesu mitschuldig
geworden sind. Schuldig am Kreuz Jesu, so lehrt der Catechismus Romanus,
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schwerer erachtet werden als bei den Juden, weil diese, wie der Apostel
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(die Weisheit Gottes) erkannt hätte
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Beziehung zwischen Kirche und Judentum außerordentlich belastet hat. Diese
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tum aufzuarbeiten,
gehört zu den Aufgaben gründlicher historischer Forschung durch die
christliche Theologie und des jüdisch-christlichen Dialogs, zu dem uns die
Kirche auffordert.43
Wenn auch die Kirche sich schon im 1. Jahrhundert nach Christus von Israel
getrennt hat, so bleibt doch die Heilsbedeutung Israels und die Heilszusage
Gottes an Israel bestehen. Es ist uns verwehrt, in diesem Zusammenhang
19
zeitliche Angaben zu machen, weil das Heil Israels ebenso wie das Heil der
Vollzahl der Heiden im Geheimnis Gottes verborgen bleibt (Röm 11,25f.).
5. An die Stelle des unter Christen noch immer mehr oder weniger
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Form des Antisemitismus und der Diskriminierung als dem Geist des
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Der Antisemitismus richtet sich nicht nur
gegen die Botschaft Jesu Christi, sondern letztlich gegen ihn selbst.
Auch wenn betont werden muß, daß Auschwitz ein Produkt des dezidierten
Abfalls vom jüdischen wie vom christlichen Glauben war, so müssen die
schrecklichen Ereignisse, die mit Auschwitz und den anderen
Konzentrationslagern verbunden sind, uns Christen aufschrecken und zum
Umdenken und zur Umkehr bewegen.
6. Immer wieder müssen wir der Aufforderung der Karfreitagsliturgie Folge
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zu seinem Namen, damit sie das Ziel erreichen, zu dem sein Ratschluß sie
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cht der Christen gegenüber den Juden gehören auch
das immerwährende Gebet für die Millionen im Laufe der Geschichte
ermordeten Juden und die ständige Bitte an Gott um Vergebung des vielfachen
Versagens und der zahlreichen Versäumnisse, deren sich Christen in ihrem
Verhalten den Juden gegenüber schuldig gemacht haben.
7. In Deutschland haben wir besonderen Anlaß, Gott und unsere jüdischen
Brüder um Verzeihung zu bitten. Auch wenn wir uns dankbar daran erinnern,
daß viele Christen sich teils unter großen Opfern für die Juden eingesetzt
haben, dürfen und wollen wir weder vergessen noch verdrängen, was gerade
in unserem Volk Juden angetan wurde. Wir rufen ins Gedächtnis, was die
Fuldaer Bischofskonferenz 1945 bei ihrer ersten Zusammenkunft nach dem
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von den falschen Lehren des Nationalsozialismus betören lassen, sind bei
den Verbrechen gegen menschliche Freiheit und menschliche Würde
gleichgültig geblieben; viele leisteten durch ihre Haltung den Verbrechen
Vorschub, viele sind selber Verbrecher geworden. Schwere Verantwortung
trifft jene, die auf Grund ihrer Stellung wissen konnten, was bei uns
vorging, die durch ihren Einfluß solche Verbrechen hätten hindern können,
und es nicht getan haben, ja diese Verbrechen ermöglicht und sich dadurch
mit den Verbrechern solidarisch erklärt haben.45
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20
Schweigen. Führe sie zur Einsicht und Umkehr, damit sie sühnen, was
immer sie gefehlt. Vergib um deines Sohnes willen in deinem grenzenlosen
Erbarmen die unermeßliche Schuld, die menschliche Sühne nicht tilgen
46
kann.“
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1. Dem frommen Juden geht es um die Verwirklichung der Weisungen
Gottes, wie sie in der Tora festgelegt sind, im Alltag. Es geht ihm um das
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wie die Evangelien zeigen. Die Weisungen der Tora und die Weisungen
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des Willens Gottes in der Welt sollte darum die gemeinsame Maxime von
Juden und Christen sein.
2. Was beim Studium der Propheten Israels auffällt, ist der Protest, den
diese gegen bestehendes Unrecht im wirtschaftlichen und sozialen Bereich
und gegen alle ideologische Unterdrückung erhoben haben. Solcher Protest
ist eine bleibende Aufgabe für beide, Kirche und Judentum. Es ist ein
Protest gegen die vielfältige Bedrohung der Freiheit, ein Protest zugunsten
der wahren Menschlichkeit und der Menschenrechte, der Liebe und der
Gemeinschaft; ein Protest gegen die sich immer mehr ausbreitenden Weltund Geschichtslügen; ein Protest gegen Faschismus, Rassismus, Kommunismus und Kapitalismus. Die jüdisch-christliche Religion ist darum das
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3. Christen und Juden sollen und können gemeinsam eintreten für das, was
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Harmonie, Gerechtigkeit, Wahrheit, Kommunikation, Menschlichkeit
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Beziehungen untereinander endlich in Ordnung sind, die Beziehungen
zwischen Gott und Mensch und von Mensch zu Mensch. Es darf kein
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Gottebenbildlichkeit eines jeden Menschen angelegt ist, will durch das
Evangelium Wirklichkeit in der ganzen Welt werden: daß alle Menschen
sich als Brüder erkennen. Deshalb können sich Religionen nicht mehr mit
bestimmten politischen Systemen identifizieren. Judentum und Christentum
21
sollen gemeinsam und unentwegt am uneingeschränkten Frieden in aller
Welt intensiv mitarbeiten.
4. Der Mensch ist von sich aus nicht in der Lage, die Welt ins endgültige
Heil zu führen. Das vermag Gott allein; so ist es die Überzeugung der
gläubigen Juden und Christen. Die Erfahrung der Geschichte steht ihnen
dabei zur Seite. Die Welt kommt weder durch Evolution noch durch
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gemeinsam warten (Jes 65,17; 66,22; Offb 21,1).
5. Der Apostel Paulus hat das letzte Ziel aller Geschichte und Heilsgeschichte in
1Kor15,
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Das besagt: Am Ende kommen Gott und das Gott-Sein Gottes und die
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offenbaren, den Israel, Jesus und die Kirche verkünden: Er wird die Toten
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Öffentlichkeit aller Welt zu bezeugen, ist gemeinsame Aufgabe von Christen
und Juden.
22
Anmerkungen
1
M. Buber, Werke I, München/Heidelberg 1962, 657.
Sch. Ben-Chorin, Bruder Jesus, der Nazarener in jüdischer Sicht, München 1967, 12.
3
Vat. II., Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen
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Päpstliche Kommission für die religiösen Beziehungen zu dem Judentum, Richtlinien und
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Dokumentation Bd. 49, Trier 1976, 35.
6
A.a.0. 37.
7
Vat. II., DV n. 14.
8
Mekilta Bachodesch 8,72f.
9
A.a.O. 20,26.
10
Slav. Hen. 44,1.
11
C. Westermann, Genesis I, Neukirchen 1974, 633f.
12
Näheres dazu bei F. Mußner, Traktat über die Juden, München 1979,103120.
13
Vgl. dazu A. H. Friedlander, Die Exodus-Tradition. Geschichte und Heilsgeschichte aus
jüdischer Sicht, in: H. H. Henrix/M. Stöhr (Hrsg.), Exodus und Kreuz im ökumenischen
Dialog zwischen Juden und Christen, Aachen 1978, 30-44.
14
A. H. Friedlander, a.a.0. 35.
15
A.a.O. 40.
16
Der Alttestamentler N. Füglister hat dies exemplarisch am Osterfest gezeigt; vgl. sein
Buch: Die Heilsbedeutung des Pascha, München 1963.
17
Richtlinien 38 unter Bezug auf NA n. 4.
18
Vat. II., NA n. 4 unter Berufung auf Röm 11,28f.; vgl. auch die Kirchenkonstitution
Lumen gentium (zit. LG) n. 16.
19
Vgl. dazu Mußner, a.a.0. 68-70.
20
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21
Richtlinien 32.
22
A.a.O. 32.
23
A.a.O. 33.
24
A.a.O. 33f.
25
A.a.O. 34.
26
A.a.O. 35f.
27
A.a.O. 36-38.
28
A.a.O. 38.
29
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1979,S.4.
30
Sekretariat der DBK (Hrsg.), Predigten und Ansprachen von Papst Johannes Paul II bei
seiner Pilgerfahrt durch Polen, 2. Bis 10.6.1979, Bonn 1979, 82.
31
In deutscher Übersetzung : Freiburger Rundbrief 25 (1973) 15-18.
32
In deutscher Übersetzung in: Freiburger Rundbrief 23 (1971) 19-27.
33
Hrsg. V. R. Rendtorff, Gütersloh 1979.
34
In: Freiburger Rundbrief 29 (1977) 108-111.
35
Düsseldorf 1980.
36
Vgl. dazu Mußner, a.a.O. 281-291.
37
Vgl. H. Groß, Tora und Gnade im Alten Testament, in: Kairos, NF 14 (1972) 220-231;
R.J.Z. Werblowsky, Tora als Gnade: ebd. 15 (1973) 156-163; E.L. Ehrlich, Tora im
Judentum, in: Evang. Theol. 37 (1977) 536-549.
2
23
38
Vgl. dazu N. Oswald, Grundgedanken zu einer pharisäisch-rabbinischen Theologie, in:
Kairos (1963) 40-58.
39
E. Simon, Brücken, Gesammelte Aufsätze, Heidelberg 1965, 468.
40
Abot II. 8 b.
41
Vat. II, NA n. 4.
42
Catechismus Romanus ex Decreto Concilii Tridentini I, cap. V, qu. 11.
43
Vat. II, NA n. 4.
44
Richtlinien 33.
45
Hirtenwort der Deutschen Bischöfe vom 23. August 1945.
46
Aus dem Gebet für die ermordeten Juden und ihre Verfolger, das nach Weisung der
Deutschen Bischofskonferenz am 11. Juni 1961 in allen katholischen Kirchen Deutschlands
gebetet werden sollte; in: Freiburger Rundbrief 13 (1960/61) 3.
24

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