Verhältnis der Kirche zum Judentum
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Verhältnis der Kirche zum Judentum
Die Deutschen Bischöfe Über das Verhältnis der Kirche zum Judentum Erklärung der deutschen Bischöfe 28. April 1980 Herausgeber: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz Kaiserstraße 163, 5300 Bonn 26 Inhalt I. Jesus Christus - unser Zugang zum Judentum 4 II. Das geistliche Erbe Israels für die Kirche 4 1. Die Heilige Schrift des Alten Testaments 2. Der Glaube an den einen Gott 3. Der Schöpfungsglaube 4. Der Mensch - d a s„ Abbi l d“Got t e s 5. Der Bund 6. Der Dekalog und das Gewissen 7. Die messianische Hoffnung 8. Das Gebet 9. Grundhaltungen vor Gott 10. Exodus, Pascha, Leiden, Gericht, Auferstehung 4 5 5 5 6 7 7 8 8 9 III. Die Grundaussagen der Schrift und der Kirche über das Verhältnis von Kirche und Judentum 10 1. Das Zeugnis des Neuen Testaments a) Vorbemerkung b) Kritische Aussagen über die Juden c) Positive Aussagen über die Juden 2. Aussagen der katholischen Kirche a) Das II. Vatikanische Konzil b)Di e„ Ri c ht l i n i e nu ndHi nwe i s e “vom1.De z e mbe r197 4 c) Aktivitäten und Aussagen der Päpste d) Weitere kirchliche Verlautbarungen 3. Aussagen anderer Kirchen 10 10 10 11 13 13 15 15 16 16 IV. Glaubensunterschiede 1. Das Reich Gottes im Messias Jesus 2. Der Glaube an Jesus Christus 3. Das Problem des Gesetzes V. Umdenken gegenüber dem Judentum 1. „ Di eJ u de n“ 2. „ Di ePha r i s ä e r “ 3. Gesetzesfrömmigkeit 4. „ Got t e s mör de r “ 5. Antisemitismus 6. Gebet 7. Schuld und Sühne 2 16 16 17 17 18 18 18 18 19 20 20 20 VI. Gemeinsame Aufgaben 1. Verwirklichung des Willens Gottes 2. Teilnahme am prophetischen Protest 3. Friedensarbeit in aller Welt 4. Er wa r t un ge i ne s„ ne ue nHi mme l sun de i ne rne u e nEr de “ 5. „ Got ta l l e si na l l e m“ 21 21 21 21 22 22 3 I. Jesus Christus - unser Zugang zum Judentum Wer Jesus Christus begegnet, begegnet dem Judentum. Er ist nach dem Zeugnis des Neuen Testamentsa l s„ SohnDa vi d s “( Röm1, 3)u nd„ SohnAbr a h a ms “( Mt 1, 1 ;vg l .a uc h He b r7, 1 4)„ s e i ne m Fl e i s c h na c h“ a us de m Vol kI s r a e l he r vor ge ga n ge n( Rö m 9, 5) .„ Al sa b e rdi eZe i te r f ü l l twa r ,s a nd t eGot ts e i n e n Soh n,g e b or e nvo ne i n e rFr a uu n dde m Ge s e t zu nt e r s t e l l t “(Gal 4,4). Seiner menschlichen Natur nach war Jesus von Nazaret ein Jude; er kam aus dem Judentum. Er steht seiner Herkunft nach in der Geschichte des Volkes Israel (vgl. den Stammbaum Jesu Mt 1,1-17 und Lk 3,23-38). Heute entdecken auch jüdische Autoren da s„ J ude -Se i n“J e s u.Ma r t i nBu be rs a h 1 i nJ e s u ss e i n e n„ gr o ß e nBr u de r “ ;Schalom Ben-Ch or i nbe ke n nt :„ J e s u si s tf ür mich der ewige Bruder, nicht nur der Menschenbruder, sondern mein jüdischer Bruder. Ich spüre seine brüderliche Hand, die mich faßt, damit ich ihm nachfolge... Sein Glaube, sein bedingungsloser Glaube, das schlechthinnige Vertrauen auf Gott, den Vater, die Bereitschaft, sich ganz unter den Willen Gottes zu demütigen, das ist die Haltung, die uns in Jesus vorgelebt wird und 2 die uns - Juden und Christen - ve r b i n de nka nn“ . II. Das geistliche Erbe Israels für die Kirche Jesus Christus hat von seiner jüdischen Herkunft her ein reiches geistliches Erbe aus den religiösen Überlieferungen seines Volkes in die christliche Völkerwelt miteingebracht, so da ß de rChr i s t„ mi tde m St a mme Abr a ha msge i s t l i c h 3 ve r bu n de ni s t ”und dauernd auch aus diesem Erbe schöpft. 1.Al se r s t e si s ta u fd i eHe i l i geSc hr i f tI s r a e l s ,v o n de n Chr i s t e n„ Al t e s Te s t a me nt “ge na n n t ,hi nz uwe i s e n.We nnd a sNe ueTe s t a me ntv onde r„ Sc hr i f t “ od e rd e n„ Sc hr i f t e n“s pr i c hto de rBe z ugni mmta ufda s ,wa s„ ge s c h r i e be n“s t e h t (vgl. z. B. Mt 4,6; Mk 1,2; Lk 24,44-46; Joh 19,36f.; 1 Kor 15,3f.; 2 Kor 4,13; Gal 3,10.13), bezieht sich das auf das Alte Testament. Das 11. Vatikanische Konz i ll e hr t :„ De r liebende Gott, der um das Heil des ganzen Menschengeschlechtes besorgt war, bereitete es vor, indem er sich in einzigartiger Planung ein Volk erwählte, um ihm Verheißungen anzuvertrauen ... Die Geschichte des Heiles liegt, von heiligen Verfassern vorausverkündet, berichtet und gedeutet, als wahres Wort Gottes vor in den Büchern des Alten 4 Bu nde s . “ Das Alte Testament ist so für Juden und Christen gemeinsame Gl a u be ns q ue l l e ,we nn f ürd i e Chr i s t e na uc h da s„ Ne ue Te s t a me nt “a l s besondere Glaubensquelle dazugekommen ist. Im Alten Testament spricht der Gott der Offenbarung, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der auch der Gott J e s ui s t .Di eva t i ka n i s c h e n„ Ri c h t l i n i e nu ndHi nwe i s ef ürd i eKonz i l s e r k l ä r un g ‚ Nos t r aAe t a t e ‛Ar t .4“vom 1.De z e mbe r1 97 4b e me r ke nd a z u :„ Ma ns o l l bemüht sein, besser zu verstehen, was im Alten Testament von eigenem und bleibendem Wert ist . . ., da dies durch die spätere Interpretation im Licht des 4 Neuen Testaments, die ihm seinen vollen Sinn gibt, nicht entwertet wird, so daß 5 sich vielme hre i n ewe c h s e l s e i t i geBe l e uc h t u n gu ndAu s de ut un ge r gi b t . “ „ Ma n darf das Alte Testament und die sich darauf gründende jüdische Tradition nicht in einen solchen Gegensatz zum Neuen Testament stellen, daß sie nur eine Religion der Gerechtigkeit, der Furcht und der Gesetzlichkeit zu enthalten scheint, ohne den Anruf zur Liebe zu Gott und zum Nächsten (vgl. Dtn 6,5; Lev 6 19,18; Mt 22,34-40 ) . ” Die Kirche hat mit Recht stets alle Versuche abgelehnt, die darauf hinausgingen, das Alte Testament aus ihrem Schriftenkanon zu entfernen und nur das Neue Testament gelten zu lassen. 2.Di eHe i l i geSc hr i f tI s r a e l sb e z e ug tv ora l l e m de ne i n e nGo t t :„ Hör e ,I s r a e l ! J a hwe ,u n s e rGot t ,J a hwei s te i nz i g! “( Dt n6, 4) .Di e s e rSa t zi s tda s„ Ur c r e do“ der jüdischen Religion, das täglich beim Morgen- und Abendgebet in der Familie wie im synagogalen Gottesdienst rezitiert wird. Auf die Frage des Sc hr i f t ge l e hr t e n :„ We l c he sGe bo ti s tda se r s t evo na l l e n ? “a nt wor t e tJ e s us :„ Da s erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr! Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all de i ne nGe da n ke nu n da l lde i n e rKr a f t “( Mk1 2, 2 9f . ) .Da sKon z i ll e hr t :Go t t „ ha ts i c hd e m Vol k ,da se rs i c he r wor be n ha t t e ,d ur c h Wor tu nd Ta ta l s einzigen, wahren und lebendigen Gott so geoffenbart, daß Israel Gottes Wege mit den Menschen an sich erfuhr, daß es sie durch Gottes Wort aus der Propheten Mund allmählich voller und klarer erkannte und sie unter den Völkern mehr und mehr sichtbar machte (vgl. Ps 21,28f.; 95,1-3; Jes 2,14; Jer 7 3, 1 7) “ . 3. Dieser eine Gott ist auch der Schöpfer der ganzen Welt. In klassischer Pr ä g na nzk ommtda sg l e i c hi me r s t e nVe r sde rBi be lz um Aus d r uc k :„ I m Anf a n gs c h ufGot tde nHi mme lun ddi eEr de “( Ge n1, 1) .Di e s e sWor thä l t programmatisch fest, daß Schöpfer und Geschöpf nicht identisch, austauschbar und verwechselbar sind; es verhindert eine Vergötterung der Welt, obwohl Israel deren faszinierende Urordnung durchaus gesehen und sie in seinen Gebeten gepriesen hat. Dieses Wort bewahrt das Denken der Menschheit vor der gnostisch-neuplatonischen Interpretation der Welt, nach der die Welt eine Ema na t i o n( „ Aus f l u ß “ )Got t e si s t ,u nds c hü t z tv orj e ne rPhi l o s o p hi e ,na c hde r die Weltges c h i c ht ed i eSe l bs t e nt f a l t un gGot t e s( de s„ We l t ge i s t e s “ )i s t .Dur c h Jesus und die Kirche ist die Schöpfungsbotschaft des Alten Testaments in die Völkerwelt gekommen. Sie hilft den Menschen, das richtige Verhältnis zur Welt zu gewinnen. 4. Von besonderer aktueller Bedeutung ist die Lehre der Schrift Israels, daß der Me n s c h„ Abbi l d“Got t e si s t :„ Da nns pr a c hGo t t :La ßtu nsMe ns c h e nma c he n als unser Abbild, uns ähnlich. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere auf dem Land. Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abb i l dGot t e ss c h ufe ri h n.Al sMa n nun dFr a us c h ufe rs i e “( Ge n1, 2 6f . ) .„ Got t 5 hat den Menschen zur Unvergänglichkeit erschaffen und ihn zum Bild seines e i g e n e nWe s e nsge ma c ht “( We i s h2, 2 3) .Di eLe hre von der Ebenbildlichkeit des Menschen mit Gott impliziert die unantastbare Würde des Menschen und da mi ta uc hda s ,wa sma nhe ut e„ di eMe ns c he nr e c h t e “ne nn t .Na c hde rLe hr e 8 des Judentums vermindert der Mörder die Gottebenbildlichkeit. Man darf den Nächsten nicht verachten, weil er nach Gottes Bild geschaffen ist.9 „ De rHe r r schuf mit eigenen Händen einen Menschen und machte ihn seinem eigenen Antlitz ähnlich ... Wer des Menschen Antlitz verachtet, verachtet das Antlitz des Herrn!10 Ganz aus diesen Überzeugungen des Judentums heraus hat der J a k o bu s br i e ff o r mul i e r t :„ Mi ti hr( de rZu n ge )p r e i s e nwi rde nHe r r nu n dVa t e r , und mit ihr verfluc he nwi rdi eMe n s c he n,di ea l sAb bi l dGot t e se r s c ha f f e ns i n d“ (Jak 3,9). 5. Israel weiß sich in einen Bund mit seinem Gott hineingenommen. Dieser Bund ist Gnade und zugleich Verpflichtung. Die Bundesforderung zielt ab auf di ea u s s c h l i e ß l i c heVe r e hr u ngJ a hwe sd ur c hI s r a e l .Di e„ Bun d e s f or me l “l a ut e t : „ Duwi r s tme i nVo l ks e i n,i c hwe r dede i nGot ts e i n. “Di ePr o ph e t e nwa r n e ni h r Volk vor Bundesbruch. Die Schrift Israels erzählt auch von bereits vorausgehenden Bundesschlüssen, so mit Abraham (vgl. Gen 15), wobei Gott dem Abraham die eidliche Zusicherung zur Erfüllung der Landverheißung gibt; ferner mit Noach (vgl. Gen 9,9-17). Der Heilshorizont, in dem der Bundesschluß mit Noach sich bewegt, ist eindeutig ein universal-ko s mi s c he r ;e rbe z i e h ts i c ha ufdi eg a n z e„ Er de “( Ge n 9, 1 3) ,a uf„ a l l el e b e nd e nWe s e n“( Ge n9 , 10. 12. 15. 1 6) ,a uf„ a l l e sFl e i s c h,da s a ufEr de ni s t “( Ge n9 , 16f . )e i n s chließlich der Tierwelt (Gen 9,10). Deshalb gilt: „ De rGe s c h i c ht e de rNa t uru nd de rGe s c hi c h t e de rMe n s c h he i tl i e g te i n unbedingtes Ja Gottes zu seiner Schöpfung, ein Ja Gottes zu allem Leben zugrunde, das weder durch irgendwelche Katastrophen im Laufe der Geschichte noch ... durch Verfehlungen, Verderbnis, Empörung der Menschheit erschüttert 11 we r de nka nn.Di eZu s a g eGot t e sbl e i bte h e r nf e s t ,s ol a n ged i eEr debe s t e h t “ . Got twi r ddi eWe l tr e t t e n,a uc hwe n ndi eEr dee r ne u t„ e nt we i hti s td ur c hi hr e Bewohner, denn sie haben dieWeisungen übertreten, die Gesetze verletzt, den e wi ge nBu n dge br oc he n“( J e s2 4, 5) .Go t te r f ü l l t ,wa si m Noa c hb u ndv e r h e i ße n ist, den er mit der ganzen Erde, mit allen Menschen geschlossen hat. Der Garant für die endgültige Erfüllung der Bundespflichten ist der „ Got t e s k ne c h t “ ,de nGot ta u s e r wä hl t ,i nPe r s on„ de rBun df ürme i nVol k“und z u gl e i c h„ da sLi c h tf ürd i eVöl ke r “z us e i n( J e s42, 6) .Na c hc hr i s t l i c he r Glaubensüberzeugung ist er in Jesus Christus erschienen, der sein am Kreuz vergossene sBl u ta u s dr üc k l i c ha l s„ Bun de s b l u tf ürv i e l e “( s oMk1 4, 2 4;Mt 26, 28 )b z w.de nv o ni hm da r ge b ot e ne nKe l c ha l s„ de nn e ue nBun di nme i ne m Bl u t “( s oLk22, 20 ;1Kor1 1, 2 5)b e z e i c hn e tha t .J e s u sbe nu t z tz urDe u t u n g seines Todes Begriffe der jüdischen Überlieferung. Das Heil zeigt sich als Bund, durch den Gott in ein dauerndes Treueverhältnis zu Israel und zur ganzen 6 We l te i n ge t r e t e ni s t .„ Bund“be s a g t ,d a ßGot ts e i neSc h ö pf u n gni c h tv e r ge s s e n wird. Der Schöpfer ist auch der Erlöser (vgl. schon Jes 54,5). 6. Was dem frommen Juden bis heute besonders am Herzen liegt, ist ein Leben na c hd e r„ We i s un g“Got t e s ,he br ä i s c h„ t or a “ge na nn t .Di e„ We i s u ng“or d ne t da sLe be nde sJ ud e nvorGot ti m Al l t a g.I m Ze nt r um de r„ We i s u n g“s t e he nde r Dekalog, die Zehn Gebote. Auch Jesus bekannte sich eindeutig zum Dekalog ( vg l .Mk1 0, 1 9Pa r r .) .Di e„ Ze hnWor t e “ ,wi es i ei m Al t e nTe s t a me ntg e n a n nt werden, markieren Normen für das Gewissen aller Menschen, nicht bloß der Juden. Sie wurden zum Inbegriff des sittlichen Bewußtseins der Menschheit. Dur c hs i ei s tda s ,wa sna c hde m Apos t e lPa u l us„ vonNa t ura us “„ i nsHe r z ( a l l e rMe n s c he n)ge s c hr i e b e ni s t “- „ i hrGe wi s s e nl e g tZe u gn i sd a v ona b,i hr e Ge da n ke nkl a ge ns i c hg e g e n s e i t i ga nu n dve r t e i d i g e ns i c h“- (Röm 2,14f.), in festen Sätzen formuliert worden, ohne deren Beobachtung es kein wahres Gemeinschaftsleben und auch keine wahre Beziehung zu Gott gibt. Die Erfahrung der Geschichte lehrt, daß ohne ein am Gottesgebot normiertes Ge wi s s e n„ de rMe n s c h de m Me ns c he nz um Wol f “ wi r d.De rRa um f ür freiheits- und personfeindliche Despotie und Diktatur wird frei. Der Dekalog beschreibt die innere Ordnung des menschlichen Verhaltens; er ist daher für alle Zeiten unentbehrlich. 7. Aus der jüdischen Religion stammt auch die messianische Hoffnung. Ihre Ursprünge wurden schon früh mit der Davidsdynastie verbunden. Hinzuweisen ist vor allem auf 2 Sam 7,12-16 :„ We nnde i neTa gee r f ül l ts i n du nddudi c hz u deinen Vätern legst, werde ich deinen leiblichen Sohn als deinen Nachfolger einsetzen und seinem Königtum Bestand verleihen. Er wird für meinen Namen ein Haus bauen, und ich werde seinem Königsthron ewigen Bestand verleihen. Ich will für ihn Vater sein und er wird für mich Sohn sein ... Dein Haus und dein Königtum sollen durch mich auf ewig bestehen bleiben; dein Thron soll a ufe wi gBe s t a n dha b e n. “Di ePr o ph e t e nI s r a e l sna hme ndi eme s s i a n i s c heHof f nung immer wieder auf und bezeugten sie in unterschiedlicher Gestalt. Wenn wir fragen: Was brachte die messianische Botschaft an Impulsen in die Völkerwelt?, stellen sich drei Antworten ein: 1. Die messianische Idee sprengt das zyklische Denken in der Menschheit auf; die Geschichte der Welt bewegt sich nicht im Kreis, ist nicht die ewige Wiederkehr des Gleichen; die messianische Verheißung läßt die Geschichte als zielgerichtet erkennen. 2. Diese Bewegung der Geschichte auf ein gottgesetztes Ziel hin versteht sich als eine Bewegung aus dem Unheil in das Heil. 3. Die Wende zum Heil wird durch einen endgültigen Heilbringer herbeigeführt, de r„ Me s s i a s “ge na n ntwi r d. Durch Jesus von Nazaret, den die Kirche als den verheißenen Messias bekennt und verkündet, kam die messianische Hoffnung, wenn auch in veränderter Form, in das Denken und Hoffen der Völker. Mag zunächst auch der christliche 7 Messianismus eine starke Verinnerlichung des Gottesverhältnisses mit sich gebracht haben, so kündigte doch Jesus selbst seine Wiederkunft am Ende der Ze i t e na l se i nEr e i g n i sa n,da sd i ega nz eWe l ta ng e h e nwi r d :„ Da nnwi r dma n den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit auf den Wolken kommen s e h e n“( Mk1 3, 2 6) .Be s on de r sdi eApo k a l y ps eve r s t e h td i eWi e de r k u nf tde s He r r na l se i nWe l t e r e i g n i s ,b e id e m de r„ Ant i c hr i s t “vom wi e de r k omme nde n Messias Jesus vernichtet und ein neuer Himmel und eine neue Erde heraufgeführt werden. Der Messianismus ist heute in der Welt wirkmächtiger denn je, wenn auch häufig in säkularisierter Gestalt. Die Welt will sich nicht mehr im Kreise drehen, sie schaut in die Zukunft und auf ein Ziel. Der messianische Glaube weist von sich aus auf Zukunft hin, da er einen kommenden Heilbringer für Israel und die Völker verkündet. Dabei verbindet sich die messianische Hoffnung mit der Sehnsucht nach einer gerechten Welt und nach einem umfassenden Frieden für die ganze Menschheit, welche die Propheten Israels für die Heilszukunft ansagen, wobei sie diese Ansage oft mit einer Kritik an den sozialen Mißständen ihrer Zeit verbinden. Das Neue Testament verfolgt diese Linie. Christus wird in ihm als jener verkündigt, der den Erdkreis in Gerechtigkeit richten wird (Apg 17,31) und der dazu kam, Frieden den Fernen und Frieden den Nahen, d. h. allen Menschen, zu verkünden (Eph 2,17). Die Ki r c h ewa r t e tmi tI s r a e la uf„ e i ne nne ue nHi mme lun de i n en e u eEr de ,i nde ne n di eGe r e c ht i gk e i twoh n t “( 2Pe t r3, 1 3) .J e s u sha tf r e i l i c ha uc hv orf a l s c he n Messiassen gewarnt, die mit ihren Ideologien die Völker verführen (vgl. Mk 13,22 Parr.). Der Messianismus kann pervertiert werden. Das muß die Kirche wi s s e n :„ I hra be r , s e h te u c hvor !I c hha bee uc ha l l e sv or a us ge s a g t “( Mk13, 2 3) . 8. Das fromme Judentum ist ein betendes und Gott preisendes Volk. Aus dem großen Gebetsschatz Israels hat die Kirche vor allem die Psalmen übernommen, die im Gottesdienst und im Stundengebet der Kirche eine große Rolle spielen. Auc hda s„ Ge be tde sHe r r n“ ,da sVa t e r u ns e r ,i s t ,s os ehr es den Stempel des Ge i s t e sJ e s ua ns i c ht r ä gt ,be s o nd e r swa sdi e„ Va t e r “ -Anrede betrifft, aus den Gebetsanliegen des Judentums heraus geformt. Auch der fromme Jude ruft nach de m Komme nde sGot t e s r e i c he s ,wün s c htd i eHe i l i g un gde s„ Na me ns “und bemüht sich um die Erfüllung des Willens Gottes; er betet um das tägliche Brot, die Vergebung der Sünden und die Bewahrung vor Anfechtungen. Die beiden großen Lobpreisgebete aus der Kindheitsgeschichte Jesu, die in der Liturgie Ve r we nd u ngf i n de n,da s„ Be ne di k t u s “(Lk 1,68-7 9)u ndd a s„ Ma g ni f i ka t “( Lk 1,46-55), sind ganz durchsetzt mit Worten und Sätzen aus dem Alten Testament. 9. Israels Grundhaltungen vor Gott, wie sie sich in Gottesfurcht, Gehorsam, Got t e s e r k e n n t n i s ,Umke hr ,„ Ge de nke n“ ,Li e be ,Ve r trauen, Heiligkeit, Lobpreis 12 auf Gott und seine Heilstaten manifestieren, sind auch Grundhaltungen der c hr i s t l i c he nGe me i n de ;s i es i n dke i ne„ Ent de c ku n ge n“de rKi r c h e ,s o n de r n 8 gehören zu der geistlichen Mitgift Israels an die Kirche, die sie in ihrer Mission wiederum in die Völkerwelt weitergibt, freilich in Christus neu und endgültig begründet. 10. Aus dem geistlichen Erbe Israels sind noch jene Ereignisse zu nennen, in denen das Heilshandeln Gottes am Menschen konkrete geschichtliche Tat und so erfahrbar wird. Insbesondere sei auf folgende verwiesen, die miteinander zusammenhängen: Exodus, Pascha (Pesach), Leiden, Gericht, Auferstehung. Der Exodus ist für Israel die entscheidende Befreiungstat Gottes, an die es sich nach dem Zeugnis seiner Schriften immer wieder erinnert.13 „ Exodu s “be de u t e t di eBe f r e i u n ga u sd e m„ Skl a ve n ha u s “Ägy pt e n.„ Kne c ht ewa r e n wi rd e m Pharao in Ägypten gewesen, und herausgeführt hat uns von dort Er der ist, unser Gott, mit starker Hand und ausgestrecktem Arm. Hätte nicht der Heilige, gelobt sei Er, unsere Väter herausgeführt, dann wären wir und unsere Kinder und unsere Kindesk i nd e rde m Pha r a oi nÄgy pt e nve r k ne c ht e tge bl i e be n“ :So beginnt die Antwort der jüdischen Paschamahlgemeinschaft auf die Frage des j ün gs t e nTe i l n e hme r s :„ Wa r um i s td i e s eNa c ht so ganz anders als die übrigen 14 Nä c ht e ? ” Exodus bedeutet Wanderung durch die Wüste in intensivster Begegnung Israels mit seinem Gott und mit der Erfahrung seiner Hilfe. Exodus ist schließlich und endlich der Zug in die Freiheit, vorabgebildet im Einzug in das Land, das Gott Abraham und seinen Nachkommen verheißen hat. Der Exodus brachte Israel auch die Erfahrungen der Bitternisse des Lebens, die Erfahrung des (oft selbst verschuldeten) Leids und des Gerichts, und insofern die Erfahrung des Leidens verbunden mit der Erfahrung der Rettung durch Gott. Deshalb empfindet die jüdische Tradition den Exodus als Zeichen der Hoffnung auf die endgültige Rettung durch Gott in der Auferweckung der Toten am Ende der Tage. In Jesu Wegzug aus seinem Heimatdorf Nazaret und aus seiner Verwandtschaft, in seinen mit Leiden verbundenen Wanderungen durch das Land Israel, in seinem Weg nach Golgota zum Kreuz, aber auch in seiner Auferweckung von den Toten und in seiner Verherrlichung spiegelt sich einzigartig die Exoduserfahrung seines Volkes. „ I m Ge ge ns a t zz ua n de r e nVöl ke r ne r i nn e r ts i c hda sj ü d i s c heVol kni c h ta ndi e goldene Zeit der Macht, pocht nicht auf eine Abstammung von Göttern, sondern findet sich als das Sklavenvolk, das von Gott Rettung erfährt. Und es bringt die 15 verga nge neZe i ti nd i eGe ge nwa r tde sDa n ke su n dde rGa b e . “ Die jüdische Re l i g i o ni s te i n e„ Ge dä c ht n i s r e l i g i on“ ;d i eBe gr i f f e„ ge de n ke n“ ,„ Ge dä c h t n i s “ spielen in der Heiligen Schrift Israels eine zentrale Rolle. Die jüdischen Feste sind Gedächtnisfeste: Israel gedenkt bei seinen Festen der Heilstaten Gottes an seinem Volk und vergegenwärtigt in seinen Festen diese Heilstaten für jede Generation. In keinem Fest wird das deutlicher als am Paschafest, das die Juden an die Nacht erinnert, in der sie befreit wurden, und das in ihnen zugleich die Hoffnung weckt auf die Nacht, in der sie endgültig befreit werden. In den 9 jüdischen Festen herrscht so die Dreidimensionalität Heilsvergangenheit, Heilsgegenwart und Heilszukunft. Ohne die Beachtung dieser Zusammenhänge versteht man auch die großen Feste des christlichen Kirchenjahres und speziell die Eucharistiefeier nicht. Auch in ihnen gehören Heilsvergangenheit, Heilsgegenwart und Heilszukunft wesenhaft zusammen; auch sie sind Gedächtnis seiner Wundertaten. Sie treten dabei nicht neben die Feste Israels, sie stehen in einem beziehungsreichen Zusammenhang mit ihnen.16 Auch wenn die Kirche überzeugt ist, daß mit der Auferweckung Jesu von den Tot e n„ de rkomme ndeÄon“- ein Ausdruck des frühen Judentums - schon mächtig in diese Zeit hereinragt, so gibt es doch eine bleibende gemeinsame Thematik der christlichen und der jüdischen Eschatologie, etwa im Hinblick auf di el e t z t e nAr t i ke ld e sCr e d o.„ Mi tde nPr o phe t e nun dd e m Apo s t e lPa u l u s erwartet die Kirche den Tag, der nur Gott bekannt ist, an dem alle Völker mit e i n e rSt i mmede nHe r r na nr uf e nun di h m Sc hul t e ra n‚ Sc h u l t e rdi e ne n‛( Ze f 17 3, 9) . “ „ De rTa g“Got t e ss p i e l ts owo hli nd e rHe i l i ge nSc hr i f tI s r a e l sa l sa uc h i m Ne ue nTe s t a me nte i newi c ht i g eRol l e .Di e s e r„ Ta g“ums pa nn tna c hden Propheten und nach dem Neuen Testament die ganze Welt; er richtet den Blick a ufda s„ Ende “s c hl e c ht h i n.Di e s e r„ Ta g“i s tke i nbe r e c he n ba rer Kalendertag; nurGo t tke nn ti h n un df ü hr ti hn he r be i .Di e s e r„ Ta g“ dy na mi s i e r td i e Geschichte und treibt sie aufi hrEn dehi n.Abe rdi e s e r„ Ta g“i s ta uc he i nTa g des Übergangs in das endgültige Heil und darum ein Tag der Hoffnung für Israel und die Kirche. III. Die Grundaussagen der Schrift und der Kirche über das Verhältnis von Kirche und Judentum 1. Das Zeugnis des Neuen Testamentes a) Das Neue Testament macht wichtige Aussagen über das jüdische Volk. Die Urmissionare selbst stammten großenteils aus dem jüdischen Volk; Jesu Leben un d St e r be n ha ts i c hi m La nd I s r a e lv ol l z og e n ;J e s uswe i ßs i c h„ z u de n verlorenen Sc ha f e nd e sHa u s e sI s r a e lg e s a nd t “( Mt15, 2 4) .Da sEva n ge l i umun d da mi tda sChr i s t u s he i lwi r d„ z ue r s t “de nJ u de nve r k ün de t( v g l .Mk7, 2 7;Ap g 2,39; 3,26;10,42;13,46; Röm 1,16; 2,10). Die Frage nach dem Heil der Juden hat die Urkirche stark beschäftigt, besonders den Juden und ehemaligen Pharisäer Paulus. b) Es kann freilich nicht geleugnet werden, daß sich im Neuen Testament über das Judentum z. Z. Jesu und der Urkirche auch kritische Aussagen finden. Jesus s e l b s ts a gt :„ J e r us a l e m,J e r us a l e m,dut ö t e s td i ePropheten und steinigst die Boten, die zu dir gesandt sind. Wie oft wollte ich deine Kinder um mich sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt; aber ihr habt ni c h tge wo l l t .Da r um wi r de ue rHa u s( v onGot t )ve r l a s s e n“( Mt2 3, 3 7f .) .J e s u s 10 ne nn tdi ePha r i s ä e r„ bl i nd eBl i nd e n f ü hr e r “( Mt1 5, 1 4) ,de r e nSü nde„ bl e i b t “ ( vg l .J o h9, 4 1) .„ I hrha btde nTe u f e lz um Va t e r ,u n di hrwol l tda st un,won a c h e se ur e n Va t e rve r l a n g t “( J oh 8, 4 4) .J e s u sk o ns t a t i e r ta l s os c h ul dh a f t e s Verhalten. Paulus stellt fest ,d a ß„ ni c h ta l l e ,di ea usI s r a e ls t a mme n“ ,wi r kl i c h a uc h„ I s r a e l “s i n d( Röm 9, 6) ;d i eJ u de nh a be nz wa r„ Ei f e rf ürGot t ;a be re si s t e i nEi f e ro hn eEr k e n nt ni s “( Röm 10, 2) .De rApo s t e lf r a gtv o r wur f s v ol l :„ Ha t denn Israel. . . die Botschaft nicht verstanden ? “( Röm 10, 1 9 ) ;e rr e de tv o n e i n e m„ Ve r s a ge n“ ,e i ne r„ Ve r s t oc k un g“( Röm 11, 8) ,e i ne m„ Zur üc k bl e i be n“ I s r a e l s( Röm 11, 1 1f . )un dv o ns e i ne r„ Ve r we r f u n g“dur c hGot t( Röm 11, 15) ; di eJ u de ns e i e n„ vo m Eva ng e l i um he rg e s e he n...Fe i nde “( Röm 11, 2 8) .Si e „ ha be n sogar Jesus, den Herrn, und die Propheten getötet; auch uns haben sie verfolgt. Sie mißfallen Gott und sind Feinde aller Menschen; sie hindern uns daran, den Heiden das Evangelium zu verkünden und ihnen so das Heil zu bringen. Dadurch machen sie unablässi gd a sMa ßi hr e rSü nde nv ol l “( 1Th e s s 2,15f.). Paulus kommt auch auf die Verfolgungen zu sprechen, denen er durch jüdische Volksgenossen ausgesetzt war (vgl. 2 Kor 11,24.26). Die Apostelgeschichte redet ebenfalls von den großen Schwierigkeiten, die Juden den christlichen Missionaren bereitet haben (vgl. Apg 13,15; 14,5.19; 17,5-8; 18, 12; 23,12). Das sind Fakten, die ein ungünstiges Licht auf Juden werfen können. Dabei ist jedoch zu beachten, daß es sich um Tatbestände aus vergangenen Zeiten handelt, die kein Pauschalurteil über das Judentum zulassen, und daß diese negativen Aussagen über die Juden nicht isoliert betrachtet werden dürfen, sondern im Zusammenhang mit den vielen positiven Aussagen des Neuen Testaments gesehen werden müssen. c) Zunächst sei h i e ra nda sZe ug ni sde sJ o ha n ne s e v a n ge l i umse r i n ne r t :„ Da s He i lk ommtvonde nJ ud e n“( J o h4, 22) .De rHe i l br i ng e rJ e s u sChr i s t u si s ta u s dem Judentum hervorgegangen. Besonders im Römerbrief des Apostels Paulus finden sich wichtige positive Aussagen über die J ud e n :„ Wa si s tn u nd e rVor z ugde rJ u de n,de rNut z e nde r Beschneidung? Er ist groß in jeder Hinsicht. Vor allem: Ihnen sind die Worte Got t e sa n ve r t r a u t “( Röm 3, 1f . ) .Da mi ts i n dd i e he i l i ge n Sc hr i f t e nI s r a e l s ge me i nt ,d i edi eChr i s t e n„ Al t e sTe s t a me nt “ne nn e n.De s we i t e r e nhe i ß te s :„ Si e sind Israeliten; damit haben sie die Sohnschaft, die Herrlichkeit, die Bundesordnungen, ihnen ist das Gesetz gegeben, der Gottesdienst und die Verheißungen, sie haben die Väter, und dem Fleisch nach entstammt ihnen der Christ u s “( Röm 9, 4f . ) .Ma nn e n n tdi eh i e rv om Apos t e la uf g e z ä h l t e nVor z ü ge Israels auch seine Pr i vi l e gi e n“ ,di ei hm Got ts e l bs tge wä hr th a t .Go t tn i mmts i e de nJ ud e nn i c h twe g;„ s i n d do c hs e i neGna d e n ga be nu n ds e i neBe r u f u n g 18 unwi d e r r u f l i c h” . In Röm 11,1f. schre i b tde rAp o s t e l :„ I c hf r a gea l s o :Ha tGot ts e i n Vo l k verstoßen? Keineswegs! ... Gott hat sein Volk nicht verstoßen, das er einst e r wä h l th a t . “Erf üg thi nz u:„ Si nds i ee t wage s t r a uc he l t ,d a mi ts i ez uFa l l 11 komme n?Ke i n e s we g s ! “( Röm 11, 1 1) .De rApo s t e ls pr i c h tv o nde r„ Wur z e l “ , die die Kirche trägt (Röm 11,18). Das bezieht sich auf das ganze Volk Israel, ni c h tnura ufs e i ne„ Vä t e r “( di ePa t r i a r c he n) .Esi s tj an i c htb l o ßv onde r „ Wur z e l “a l l e i n di eRe de ,s o n de r na u c hv om „ e dl e n Öl ba um“und s e i ne n 19 „ Zwe i ge n“( vgl. Röm 11,16-21). Da ßde rApo s t e lda b e idi e„ Wur z e l “s os t a r k heraushebt - viermal ist in Röm 11,16-18 von ihr die Rede -, hat seinen Grund darin, daß es die Wurzel ist, aus der dem Baum die Säfte zufließen und so ihm s e i ne„ Fe t t i g ke i t “ ,d.h.s e i n eFr u chtbarkeit verleiht. Die (Heiden-)Kirche ist in den edlen Ölbaum von Gott eingepfropft worden und wurde so durch die Gnade Got t e s„ Mi t t e i l ha be r i na nde rWur z e l “un da nde rFe t t i g ke i td e sÖl ba ums . We nnd i eJ ud e ns i c ha uc hgr oße n t e i l sa m„ St e i nd e sAns t o ßes“ ,J e s u sChr i s t u s , s t i e ße n( v gl .Röm 9, 32)u ndde m Eva ng e l i um ge ge nü be r„ ve r s t oc kt “bl i e be n (Röm 11, 7.25), so sind die Juden nach der prophetischen Ansage des Apostels do c hde s we ge nn i c h tf üri mme rvom He i la us ge s c hl os s e n :„ de nnGot tha tdi e Macht, sie wieder einzupfropfen. Wenn du (der Heidenchrist) aus dem von Natur wilden Ölbaum herausgehauen und gegen die Natur in den edlen Ölbaum eingepfropft wurdest, dann werden erst recht sie (die Juden) als die von Natur zugehörigen Zweige ihrem eigenen Ölbaum wieder eingepfropft werde n“( Röm 11, 23 f . ) .I m Ans c hl u ßda r a ns pr i c h tPa u l usv o ne i ne m„ Ge he i mni s “ ,da ss i c h a ufd a sEn d he i lI s r a e l sb e z i e h tu n dda sde rApos t e lbe ka n ntg i b t :„ Ve r s t oc k un g liegt auf einem Teil Israels, bis die Heiden in voller Zahl das Heil erlangt haben; da nnwi r dg a nzI s r a e lg e r e t t e twe r de n,wi ee si nde rSc hr i f th e i ß t :De r‚ Re t t e r wird aus Zion kommen, er wird alle Gottlosigkeit von Jakob entfernen‛ “( Röm 11,25f.). Pa u l u ss i e h tdi e„ Ve r s t oc k un g“und„ Fe i n d s c ha f t “I s r a e l sd e m Eva n ge lium gegenüber in einem einzigartigen, dialektischen Verhältnis zur Rettung der He i de n :„ Nunf r a gei c h:Si nds i ee t wag e s t r a uc h e l t ,d a mi ts i ez uFa l lkomme n? Keineswegs! Vielmehr kam durch ihr Versagen das Heil zu den Heiden, um sie selbst eifersüchtig zu machen. Wenn aber schon durch ihr Versagen die Welt und durch ihr Zurückbleiben die Heiden reich werden, um wieviel mehr (wird da sg e s c he he nd ur c h )i hr eVol l e nd u ng“( Röm 11, 1 1f . ) .De nnwe nns c h oni hr e Verwerfung für die Welt Versöhnung gebracht hat, dann wird ihre Annahme ni c h t sa nd e r e ss e i na l sLe be na u sde m Tod“( Röm 11, 1 5) .Go t ts t e l l tdi eJ u de n einstweilen zurück zugunsten der Heiden, bis er sich am Ende aller erbarmt (vgl. Röm 11,32). Nur von daher ist die Aussage des Völkerapostels zu verstehen, daß die Juden im Hinblick auf das Evangelium dessen Feinde ge wor de ns e i e n„ undda sum e ur e t wi l l e n“( Röm 11, 2 8) ,d.h.we ge nde sHe i l s der Heiden. Von einer Schuldaufrechnung mit Strafsanktionen ist im Römerbrief nicht die Rede. Wir Christen müssen die prophetische Aussage des Apostels Paulus über das Endheil der Juden ernst nehmen, wenn wir auch den We g,a ufde m Got t„ ga nzI s r a e l “r e t t e nwi l l ,n i c htn ä h e rke n ne n.Di eJ u de n bl e i be nd i e„ Ge l i e bt e n“Got t e s„ umde rVä t e rwi l l e n“( Röm11, 28) . In der Apostelgeschichte findet sich die prophetische Aussage von der e n dz e i t l i c he n „ Wi e de r he r s t e l l u n g“ I s r a e l s . So f r a ge n di e Apo s t e l de n 12 Auf e r s t a n de ne n :„ St e l l s tdui ndi e s e rZe i tda sRe i c hf ü rI s r a e lwi e d e rhe r ? “ Jesus weist in seiner Antwort diese Frage der Apostel nicht als eine in sich verkehrte Frage zurück, er verweist nur darauf, daß für diese „ Wi e de r he r s t e l l u ng“de sRe i c he sf ürI s r a e lde rVa t e ra l l e i ndi eFr i s t e nun d Zeiten in seiner Macht festgesetzt hat. Die Apostel selbst dagegen sollen als die Ze uge nJ e s uda sEv a n ge l i um „ bi sa ndi eGr e nz e nd e rEr de “ve r kü n de n( Apg 1,6-8). Eine Wiederherstellung des verheißenen Reiches, wie sie schon die Propheten des Alten Bundes angekündigt haben, wird also kommen, auch wenn wir deren Art und Weise nicht näher kennen. Nach Apg 3,19-21 sollen sich die J u de nz uJ e s usbe ke hr e n,„ da mi te ur eSün de ng e t i l g twe r d e nu n dde rHe r r Zeiten des Aufatmens kommen läßt und Jesus sendet als den für euch bestimmten Messias. Ihn muß freilich der Himmel aufnehmen bis zu den Zeiten der Wiederherstellung von allem, die Gott von jeher durch den Mund seiner he i l i g e nPr op he t e nv e r k ün de tha t “ .Na c hdi e s e m Te xti s tde rwi e de r k omme nde Chr i s t u sa uc hf ü rI s r a e l( „ f üre uc h“= di eJ ude n)z us e i n e m„ Auf a t me n“ bestimmt. Auch die Juden werden dann zusammen mit allen Erlösten „ a uf a t me n“kö nne nun dv oni hr e nLe i de nun dSü nde nbe f r e i twe r de n.Di e s e positiven Aussagen des Neuen Testaments über die Juden und ihr Heil müssen von der christlichen Verkündigung und Theologie viel stärker, als es früher geschehen ist, bedacht werden, besonders nachdem sich das II. Vatikanische Konzil dieser Aufgabe ausdrücklich angenommen hat. 2. Aussagen der katholischen Kirche a )Da sI I .Va t i ka ni s c h e Ko nz i lh a ti ns e i n e rEr kl ä r u ng „ Nos t r a Ae t a t e “ Grundlegendes über das Verhältnis der Kirche zum Judent um ge s a gt :„ Be ii h r e r Besinnung auf das Geheimnis der Kirche gedenkt die Heilige Synode des Bandes, wodurch das Volk des Neuen Bundes mit dem Stamme Abrahams geistlich verbunden ist. So anerkennt die Kirche Christi, daß nach dem Heilsgeheimnis Gottes die Anfänge ihres Glaubens und ihrer Erwählung sich schon bei den Patriarchen, bei Mose und den Propheten finden. Sie bekennt, daß alle Christgläubigen als Söhne Abrahams dem Glauben nach in der Berufung dieses Patriarchen eingeschlossen sind und daß in dem Auszug des erwählten Volkes aus dem Lande der Knechtschaft das Heil der Kirche geheimnisvoll vorgebildet ist. Deshalb kann die Kirche auch nicht vergessen, daß sie durch jenes Volk, mit dem Gott aus unsagbarem Erbarmen den Alten Bund geschlossen hat, die Offenbarung des Alten Testamentes empfing und genährt wird von der Wurzel des guten Ölbaums, in den die Heiden als wilde Schößlinge eingepfropft sind. Denn die Kirche glaubt, daß Christus, unser Friede, Juden und Heiden durch das Kreuz versöhnt und beide in sich vereinigt hat. Die Kirche hat auch stets die Worte des Apostels Paulus vor Augen, der von s e i ne nSt a mmve r wa ndt e ns a gt , da ß‚ i h ne ndi eAn na hmea nSoh ne sSt a t tu n dd i e 13 Herrlichkeit, der Bund und das Gesetz, der Gottesdienst und die Verheißungen gehören wie auch die Väter und daß aus ihnen Christus dem Fleische nach stammt‛( Röm 9, 4-5), der Sohn der Jungfrau Maria. Auch hält sie sich gegenwärtig, daß aus dem jüdischen Volk die Apostel stammen, die Grundfesten und Säulen der Kirche, sowie die meisten jener ersten Jünger, die das Evangelium Christi der Welt verkündet haben. Wie die Schrift bezeugt, hat Jerusalem die Zeit seiner Heimsuchung nicht erkannt, und ein großer Teil der Juden hat das Evangelium nicht angenommen, ja nicht wenige haben sich seiner Ausbreitung widersetzt. Nichtsdestoweniger sind die Juden nach dem Zeugnis der Apostel immer noch von Gott geliebt um der Väter willen; sind doch seine Gnadengaben und seine Berufung unwiderruflich. Mit den Propheten und mit demselben Apostel erwartet die Kirche den Tag, der nur Gott bekannt ist, an dem alle Völker mit e i n e rSt i mmede nHe r r na nr u f e nu ndi hm‚ Sc h ul t e ra nSc hu l t e rdi e ne n‛(Zef 3,9). Da also das Christen und Juden gemeinsame geistliche Erbe so reich ist, will die Heilige Synode die gegenseitige Kenntnis und Achtung fördern, die vor allem die Frucht biblischer und theologischer Studien sowie des brüderlichen Gespräches ist. Obgleich die jüdischen Obrigkeiten mit ihren Anhängern auf den Tod Christi gedrungen haben, kann man dennoch die Ereignisse seines Leidens weder allen damals lebenden Juden ohne Unterschied noch den heutigen Juden zur Last legen. Gewiß ist die Kirche das neue Volk Gottes, trotzdem darf man die Juden nicht als von Gott verworfen oder verflucht darstellen, als wäre dies aus der Heiligen Schrift zu folgern. Darum sollen alle dafür Sorge tragen, daß niemand in der Katechese oder bei der Predigt des Gotteswortes etwas lehre, das mit der evangelischen Wahrheit und dem Geiste Christi nicht im Einklang steht. Im Bewußtsein des Erbes, das sie mit den Juden gemeinsam hat, beklagt die Kirche, die alle Verfolgungen gegen irgendwelche Menschen verwirft, nicht aus politischen Gründen, sondern auf Antrieb der religiösen Liebe des Evangeliums alle Haßausbrüche, Verfolgungen und Manifestationen des Antisemitismus, die sich zu irgendeiner Zeit und von irgend jemandem gegen die Juden gerichtet haben. Auch hat ja Christus, wie die Kirche immer gelehrt hat und lehrt, in Freiheit, um der Sünden aller Menschen willen, sein Leiden und seinen Tod aus unendlicher Liebe auf sich genommen, damit alle das Heil erlangen. So ist es die Aufgabe der Predigt der Kirche, das Kreuz Christi als Zeichen der universalen Liebe 20 Got t e su nda l sQue l l ea l l e rGna de nz uve r k ün de n. ” 14 b)Am 1.De z e mbe r19 7 4wur de nd i er ömi s c he n„ Ri c ht l i n i e nu nd Hinweise für die Konzilserklärung ,Nostra Aetate‛ ,Ar t .4“ve r a b s c h i e det. Sie bezeichnen die Konz i l s e r k l ä r un ga l s„ e i ne ne nt s c he i de n de nWe nd e p u nk ti nde rGe s c hi c h t ede r 21 Be z i e h un ge nz wi s c h e nJ u de nun dde nKa t h o l i ke n“ . Eswi r dvo nd e r„ Kl uf t “ gesprochen,di ez wi s c he nJ ude nu nd Chr i s t e n„ i mme rt i e f e run d br e i t e r ge wor de n“i s t ,„ bi shi nz um völ l i ge n Ve r ke nn e n de sa n d e r e na ufb e i de n 22 Se i t e n“ Eswi r d ge s a gt ,„ da ßd i ege i s t l i c he n Ba n deu nd d i eh i s t or i s c he n Beziehungen, die die Kirche mit dem Judentum verknüpfen, jede Form des Antisemitismus und der Diskriminierung als dem Geist des Christentums widers t r e i t e ndv e r u r t e i l e n“ ;f e r ne rwi r da u fdi e„ Ve r pf l i c ht u ngz ue i ne m be s s e r e n gegenseitigen Verstehen und einer neuen gegenseitigen Hochs c hä t z u n g“ 23 hingewiesen. Aus dem Monolog, den Juden und Christen für sich allein über de na n de r e nf ühr t e n,s o l le i n„ Di a l o g“we r de n,de rvom„ Re s pe ktge ge n ü be rde r 24 Ei ge na r td e sa n de r e n“ge t r a g e ni s tun dj e de„ Aggr e s s i on“me i de t . „ Ei n e Öffnung und Weitung des Geistes, eine Haltung des Mißtrauens gegenüber den eigenen Vorurteilen, Takt und Behutsamkeit sind dabei unentbehrlich, wenn 25 ma ns e i ne nPa r t ne rn i c h t ,u nds e ie sa u c hun ge wol l t ,v e r l e t z e nwi l l . ” Es wird dann auf die Liturgie hingewiesen mit ihren gemeinsamen Elementen, auf den bleibe nde nWe r tde sAl t e nTe s t a me nt su nds e i n e„ ge r e c ht eAus l e gu n g“i nde r 26 christlichen Theologie. Das durch das Konzil eingeleitete Umdenken muß sich in Lehre und Erziehung auswirken.27 Der Gott Israels und der Christen ist „ de r s e l b eGo t t “ .„ Di eGe s c hi chte des Judentums geht nicht mit der Zerstörung Jerusalems zu Ende. Und in ihrem weiteren Verlauf hat sich eine religiöse Tradition entwickelt, deren Ausgestaltung jedenfalls reich an religiösen Werten ist, wenn sie auch, wie wir glauben, nach Christus eine zutiefst verschiedene 28 Bedeut u ngha t . ” c )Pa p s tPa u lVI .h a ta m 22.Ok t o be r1 97 4e i n e„ Kommi s s i onf ürd i er e l i g i ös e n Be z i e h un ge nz u de mJ ude nt um“e r r i c h t e t ,d i emi tde m Se kr e t a r i a tf ürd i e Einheit der Christen verbunden ist und zu deren Mitgliedern auch Juden gehören. Papst Johannes Paul II. erinnerte in seiner Ansprache an die Repräsentanten jüdischer Organisationen am 12. März 1979 an die Aussage in Nostra Aetate, Nr .4,da ßda sKo nz i l„ be is e i ne rBe s i n n u nga ufda sGe he i mni sde rKi r c hede s Bundes gedenkt, wodurch das Volk des Neuen Bundes mit dem Stamm Abr a h a msge i s t l i c h ve r bu n de ni s t “ ,e run t e r s t r i c h di e Ri c h t l i n i e n vom 1. De z e mbe r19 7 4u n df or de r t edi eKi r c hez um „ br üde r l i c h e nDi a l og“un dz u r „ f r uc h t b a r e n Zus a mme na r be i t “ und z ur„ Übe r wi nd u ng vo nj e der Art von 29 Vorurteil und Diskrimini e r u ng“de sj ü di s c he nVo l ke sa uf . Bei seinem Besuch in Auschwitz während seiner Polenreise bemerkte der He i l i g eVa t e r :„ I c hve r we i l ea m Endeg e me i n s a m mi te uc h,l i e beTe i l ne hme r dieser Begegnung, vor der Tafel mit der hebräischen Inschrift. Sie weckt das Andenken an das Volk, dessen Söhne und Töchter zur totalen Ausrottung bestimmt waren. Dieses Volk führt seinen Ursprung auf Abraham zurück, der 15 de r‚ Va t e run s e r e sGl a u be n s ‛i s t( v g l .Rö m 4, 12) ,wi ePa ul usvo nTa r s u ss i c h a us dr üc kt e .Ge r a ded i e s e sVo l k,da svo nGot tda sGe b o te mpf i n g :‚ Dus o l l s t nicht töten!‛ ,h a ta ns i c hs e l bs ti nbe s on d e r e m Aus ma ße r f a hr e nmüs s e n,wa s töten bedeutet. An diesem Gedenkstein darf niemand gleichgültig vorüber30 ge he n. ” d) Die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland ha ts i c hi ni hr e m Be s c hl u ßü be r„ Uns e r eHof f n u ng“( I V,2)na c h dr ü c k l i c h„ f ür e i n ne ue s Ve r hä l t ni sz ur Gl a ub e n s g e s c hi c h t e d e sj ü d i s c h e n Vol ke s “ ausgesprochen. Wichtige Impulse vermittelt die Erklärung der französischen bischöflichen Kommission für die Beziehung zum Judentum vom 16. April 1973.31 Hi l f r e i c hi s ta uc hda sAr be i t s pa pi e rde sGe s pr ä c hs kr e i s e s„ J ude nu n d Chr i s t e n“ de s Ze n t r a l komi t e e s de r De ut s c he n Ka t h ol i k e n :„ The ol o gi s c he Schwerpunkte des jüdisch-chr i s t l i c he nGe s pr ä c h s “vom8. Ma i19 7 9. 3. Aussagen anderer Kirchen Dankbar sei auf die Verlautbarungen hingewiesen, die evangelischerseits zum The maKi r c heu ndJ ud e n t um he r a u s ge br a c htwur de n :„ Vol k,La ndu n dSt a a t . Eine Handreichung für eine theologische Besinnung der Niederländischen 32 Re f or mi e r t e n Ki r c h e ; “ „ Chr i s t e n u n d J ud e n. St u di ed e s Ra t e s de r Eva n ge l i s c he n Ki r c he i n De u t s c h l a n d“ ( Güt e r s l oh 1 9 75) , mi t de m da z ug e h ör i g e nAr be i t s b uc h„ Chr i s t e nun dJ u de n.ZurSt u di ede sRa t e sde r 33 Evangelischen Kirche in Deut s c hl a n d ? “ „ Übe r l e g u ng e nz um Pr ob l e m Ki r c he / I s r a e l . “ Hr s g. v om Vor s t a nd de s 34 Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes vom Mai 1977. „ Zur Er ne u e r u n gde sVe r h ä l t n i s s e svo nChr i s t e nun dJ u de n“ ,Ha ndr e i c hu n gf ürdi e Mitglieder der Landessynode, der Kreissynoden und der Presbyterien in der Evangelischen Kirche im Rheinland.35 So sind Christen dabei, sich in intensiver Weise wieder stärker als früher auf i hr e„ Wur z e l “ ,de n„ St a mm Abr a ha ms “z ube s i nn e n.Si ege wi nn e ne i nne ue s Verhältnis zu ihrem älteren Bruder, dem jüdischen Volk, sicher zurn Segen für beide. An die Stelle der Verachtung und Geringschätzung des andern werden Respekt voreinander und Liebe zueinande rt r e t e n.Für„ Ant i s e mi t i s mus “da r f kein Platz mehr bleiben. IV. Glaubensunterschiede Im Dialog zwischen Juden und Christen müssen die Glaubensunterschiede, als das Unterscheidende und gegebenenfalls Trennende, offen genannt werden; nur dann erfolgt der Dialog in Wahrheit und Wahrhaftigkeit. Folgendes ist dabei besonders ins Auge zu fassen: 1. Zunächst sei hier die christliche Überzeugung genannt, daß mit Jesus von Nazaret die Zeit schon erfüllt und das Reich Gottes unmittelbar nahegekommen 16 ist (vgl. Mk 1,15). Jesus ist für die Christen der verheißene Messias, mit ihm bricht die letzte Zeit der Gesch i c ht es c ho na n,da sRe i c hGo t t e sr a gti n„ di e s e n Äon“ he r e i n,d i e Wunde rJ e s us i n d„ vor a u s we i s e nde Ze i c h e n“ f ür d i e kommende Erfüllung, die Kräfte der Heilszukunft Gottes sind bereits wirksam, besonders in den Sakramenten der Kirche, die Endentscheidungen fallen schon. Christus ist unser Friede, unsere Versöhnung und unser Leben. Freilich weiß auch der Christ, daß durch Jesus von Nazaret noch nicht alle Verheißungen der altbundlichen Propheten erfüllt worden sind: Die umfassende Gerechtigkeit ist in der Welt noch keineswegs hergestellt, der völkerumspannende Friede steht noch aus, der Tod übt seine vernichtende Herrschaft noch aus. Der Christ muß Verständnis haben, wenn Juden gerade auf diesen noch ausstehenden „ Ve r he i ß u ng s üb e r s c h uß“hi nwe i s e nu ndwe ge ndieses noch Ausstehenden in Jesus von Nazaret nicht den Verheißenen zu sehen vermögen. 2. Der tiefste Glaubensunterschied tritt angesichts des stärksten Bindegliedes zwischen Christen und Juden zutage. Der christliche Glaube an Jesus Christus, dem gemäß der gekreuzigte und auferstandene Jesus Christus nicht nur als der verheißene Messias, sondern darüber hinaus als der wesensgleiche Sohn Gottes bejaht und verkündigt wird, erscheint vielen Juden als etwas radikal Unjüdisches; sie empfinden ihn als etwas dem strengen Monotheismus, wie er be s o nd e r si m„ Sc h’ maI s r a e l “f ürde nf r omme nJ ude nt ä gl i c hz urSpr a c he kommt, absolut Widersprechendes, wenn nicht gar als Blasphemie. Dafür muß der Christ Verständnis haben, auch wenn er selbst in der Lehre von der Gottessohnwürde Jesu keinen Widerspruch zum Monotheismus sieht. Für ihn bedeutet das Bekenntnis zum dreifaltigen Gott eine Steigerung der Einheit Gottes, ein Geheimnis, an das er glaubt und vor dem er anbetend in die Knie sinkt. 3.J e s usha tda sGe s e t zn i c ht„ a uf ge l ös t “ ,s on de r n„ e r f ül l t “( vg l .Mt5, 1 7) ,e rha t aber z. T. heftige Kritik an der konkreten Praxis des gesetzlichen Lebens seines Volkes geübt. Er hat das Doppelgebot der Liebe in den Vordergrund gerückt (vgl. Mk 12,30f. Parr.) und die vielen Gebote und Verbote der Tora und der s o ge na nn t e n„ Vä t e r ü be r l i e f e r un g“ ,womi td i eph a r i s ä i s c h-rabbinische Auslegu n gg e me i nti s t( v onde nJ u de n„ Ha l a c ha “ge na n nt ) ,a ufda sLi e be s ge b o t konzentriert. Im Blick auf das Kreuz und die Auferstehung Jesu war der Apostel Paulus mit der Urkirche überzeugt, daß der Weg des Menschen zum Heil jetzt ausschließlich über den Glauben an den gekreuzigten und auferstandenen Chr i s t u sf ühr tu n dn i c htme hrü be rd i e„ We r kede sGe s e t z e s “( Röm 2, 15;3, 2 0; Gal 2,16; 3,2.5.10). Der Christ ist nach der Lehre des Apostels und auch des Apostelkonzils (Apg 15,1-35) nicht mehr wie der Jude zu einem Leben nach den Weisungen der Tora verpflichtet, was freilich nicht heißt, daß der Christ ein „ ge s e t z l o s e s “Le be nf üh r e ndür f t e .Eri s tum s ome hra n„ da sGe s e t zChr i s t i “ (Gal 6,2) gebunden, das im Liebesgebot kulminiert, in dem das Gesetz seine „ Er f ül l un g“f i nde t( v gl . Ga l5, 1 4 ;Röm13, 8-10). 17 Über diese Glaubensunterschiede muß im christlich-jüdischen Gespräch offen geredet werden. V. Umdenken gegenüber dem Judentum Allzu oft ist in der Kirche, besonders in Predigt und Katechese, in falscher und entstellender Weise über das Judentum gesprochen worden. Falsche Einstellungen waren die Folge. Wo immer Fehlurteile und Fehlhaltungen vorliegen, sind unverzüglich Umdenken und Umkehr geboten: Dabei ist folgendes besonders zu beachten: 1. De rAu s dr uc k„ di eJ u de n“ ,de rhä uf i gi mJ oh a n ne s e va n g e l i um e r scheint, verleitete nicht selten zum theologischen Antijudaismus, insofern er in unkritischer Weise auf das ganze jüdische Volk der Zeit Jesu bezogen wurde, wä hr e ndi nWi r k l i c h ke i tmi tde mAus dr uc k„ di eJ u de n“i nde rRe ge ld i eGe g ne r Jesu aus der führenden Schicht des zeitgenössischen Judentums, besonders die Hohenpriester, gemeint sind.36 Zudem ist folgendes zu bedenken: Der Evangelist reflektiert am Ende des 1. Jahrhunderts die Vorgänge, die sich mit Jesus und seiner Kreuzigung ereignet haben. Er stellt das Ganze in einen kosmisch-universell e n Hor i z on t . Da be i we r de n„ di eJ u d e n“ ,s owe i te i n negativer Akzent auf dem Begriff liegt, zu Repräsentanten des gottfeindlichen „ Kos mos “ .De rEva n ge l i s tme i ntda mi tj e ne„ We l t “ ,di ev o nGot tun dChr i s t us nichts wissen will. So sieht das Johannesevangelium den Prozeß gegen Jesus als e i n e n„ We l t pr oz e ß“ ,nä ml i c h de rWe l t f i n s t e r n i sge ge n das göttliche Licht üb e r h a u pt . Di e sha tmi t„ Ant i j u da i s mus “ni c h t sz ut u n. 2.Ähn l i c he sg i l tf ürde nof ti nde nEva ng e l i e ne r s c he i n e n de nAus dr uc k„ di e Pha r i s ä e r “ .Ei ne Unt e r s uc hu n g de rAus s a ge nü be rd i e Pha r i s ä e ri nd e n Evangelien und über die in ihnen verarbeiteten Traditionsschichten läßt eindeutig erkennen, daß die Pharisäer zunehmend als die speziellen Gegner Jesu herausgestellt wurden, und zwar im Zusammenhang des zum Teil harten und schwierigen Ablösungsprozesses, der nach Ostern die Kirche und Israel voneinander trennte. Die Pharisäer waren zur Zeit Jesu und auch später eine straff organisierte und einflußreiche Gruppe im damaligen Judentum, mit der Jesus vor allem wegen der Gesetzesauslegung in Konflikt geraten war. Sie waren Männer, denen es mit großem Ernst um die Sache Gottes ging. Es gehört zu den Aufgaben der heutigen Exegese, Katechese und Homiletik, über die Pharisäer in gerechter Weise zu sprechen. 3. Der fromme Jude hat Freude an der Tora. Er feiert am Ende des Laubhüttenfestes ein eigenes Fes t„ Fr e ud ea n de rTor a “ .„ Na c h de i ne n Vor s c hr i f t e nz ul e be n,f r e u tmi c hme hra l sgr o ße rBe s i t z “( Ps11 9, 1 4) .„ I c h ha beme i neFr e u dea nd e i ne nGe s e t z e n,d e i nWor twi l li c hn i c htve r ge s s e n“( Ps 11 9, 1 6) .„ De i neVor s c h r i f t e nma c he nmi c hf r o h ;s i es i ndme i neBe r a t e r “( Ps 11 9, 2 4) .„ Wi ei s tmi rde i nGe s e t zs ol i e b ,de nga n z e nTa gs i n ni c hi hm na c h“ 18 (Ps 119,97). Der Jude empfindet die Tora als Gnade, nicht als Last.37 Er versteht da sLe be nna c hd e nWe i s u nge nde rTor ani c h ta l s„ Ve r di e ns t e s a mme l n“ode r als zum Ruhm vorGot tf ühr e n de„ Le i s t un g“ ,wi evi e l eCh r i s t e nme i ne n.Da s für den Juden bis heute gültige Verständnis des Lebens nach der Tora muß von drei Grundelementen her verstanden werden, die das jüdische Gesetzesverständnis bestimmen: Vertrauen, Verwirklichung in Werken, Heiligung des Alltags.38 Der fromme Jude kann sich den Glauben an den einen Gott nicht ohne die gehorsame Verwirklichung der Weisungen Gottes nach der Tora vorstellen. Das Leben gemäß der Tora heiligt den Alltag; denn dies ist der eigentliche Sinn der Weisungen der Tora im jüdischen Verständnis: Wer sich täglich und in allem dem Joch des Gesetzes unterwirft, entprofaniert dadurch den Alltag und heiligt das ganze Leben in allen seinen Bezügen und Äußerungen. Der Jude Ernst Simon hat den Sachverhalt s of or mul i e r t :„ Da sj üdi s c heGe s e t zf or mt einen Lebensweg partieller Askese. Kein Gebiet des Daseins, kein Stück Welt 39 i s ta u s ge s c h l os s e n,k e i n e sun ums c hr ä nk tf r e i ge g e b e n. “ Der bedeutende Lehrer des Frühjudentums, Rabban Jochanan ben Zakkai (1. Jh. n. Chr.), hat gesagt: „ We nnd ud i eTor ai nr e i c he m Ma ßege ha l t e nh a s t ,s ot ued i rn i c ht sda r a u f 40 z u gu t e ;de n nda z ubi s tduge s c ha f f e n. “ Dies muß der Christ sehen, wenn er das Leben des frommen Juden richtig beurteilen will. 4. Die Juden dürfen nicht als das Volk de r„ Got t e s mör de r “be z e i c hn e twe r de n . Da sKo nz i ll e hr t :„ Obg l e i c hdi ej ü di s c he nObr i g ke i t e nmi ti hr e nAn hä n ge r na uf den Tod Jesu gedrungen haben, kann man dennoch die Ereignisse seines Leidens weder allen damals lebenden Juden ohne Unterschied noch den 41 heut i g e nJ u de nz urLa s tl e ge n. “ Wir sollten, statt anderen die Schuld am Kreuzestod Jesu aufzurechnen, an unsere eigenen Sünden denken, durch die wir alle am Kreuz Jesu mitschuldig geworden sind. Schuldig am Kreuz Jesu, so lehrt der Catechismus Romanus, sindni c h te i n z e l ne ,s o n de r na l l eMe n s c h e n:„ Di e s e sVe r br e c he nmußbe iu n s schwerer erachtet werden als bei den Juden, weil diese, wie der Apostel ( Pa u l u s )be z e u g t ,de n‚ He r r nde rHe r r l i c hk e i tni ege kr e uz i g thä t t e n,we nns i e (die Weisheit Gottes) erkannt hätte n‘( 1Kor2, 8) ;wi ra be rl e g e nda sBe ke nn t ni s ab, daß wir ihn kennen, und indem wir ihn durch die Tat verleugnen, legen wir 42 gl e i c h s a mge wa l t s a mHa nda ni h n.“ Gerade der gewaltsame Tod Jesu am Kreuz ist zu etwas geworden, was die Beziehung zwischen Kirche und Judentum außerordentlich belastet hat. Diese „ La s tde rGe s c h i c ht e “dur c hge r e c h t eRe deü be rda sJ u de n tum aufzuarbeiten, gehört zu den Aufgaben gründlicher historischer Forschung durch die christliche Theologie und des jüdisch-christlichen Dialogs, zu dem uns die Kirche auffordert.43 Wenn auch die Kirche sich schon im 1. Jahrhundert nach Christus von Israel getrennt hat, so bleibt doch die Heilsbedeutung Israels und die Heilszusage Gottes an Israel bestehen. Es ist uns verwehrt, in diesem Zusammenhang 19 zeitliche Angaben zu machen, weil das Heil Israels ebenso wie das Heil der Vollzahl der Heiden im Geheimnis Gottes verborgen bleibt (Röm 11,25f.). 5. An die Stelle des unter Christen noch immer mehr oder weniger we i t e r l e be nd e n„ Ant i s e mi t i s mus “ muß de rv o n gegenseitiger Liebe und Ve r s t e he nge t r a g e neDi a l ogt r e t e n.Di e„ ge i s t l i c he nBa nd eu nddi ehi s t or i s c h e n Beziehungen, die die Kirche mit dem Judentum verknüpfen, verurteilen jede Form des Antisemitismus und der Diskriminierung als dem Geist des 44 Christentums wi de r s pr e c he nd“ . Der Antisemitismus richtet sich nicht nur gegen die Botschaft Jesu Christi, sondern letztlich gegen ihn selbst. Auch wenn betont werden muß, daß Auschwitz ein Produkt des dezidierten Abfalls vom jüdischen wie vom christlichen Glauben war, so müssen die schrecklichen Ereignisse, die mit Auschwitz und den anderen Konzentrationslagern verbunden sind, uns Christen aufschrecken und zum Umdenken und zur Umkehr bewegen. 6. Immer wieder müssen wir der Aufforderung der Karfreitagsliturgie Folge lei s t e n :„ La s s e tu nsa uc hbe t e nf ürdi eJ u d e n,z ude ne nGo t t ,u n s e rHe r r ,z u e r s t gesprochen hat: Er bewahre sie in der Treue zu seinem Bund und in der Liebe zu seinem Namen, damit sie das Ziel erreichen, zu dem sein Ratschluß sie f üh r e nwi l l . “ZurLi e be s pf l i cht der Christen gegenüber den Juden gehören auch das immerwährende Gebet für die Millionen im Laufe der Geschichte ermordeten Juden und die ständige Bitte an Gott um Vergebung des vielfachen Versagens und der zahlreichen Versäumnisse, deren sich Christen in ihrem Verhalten den Juden gegenüber schuldig gemacht haben. 7. In Deutschland haben wir besonderen Anlaß, Gott und unsere jüdischen Brüder um Verzeihung zu bitten. Auch wenn wir uns dankbar daran erinnern, daß viele Christen sich teils unter großen Opfern für die Juden eingesetzt haben, dürfen und wollen wir weder vergessen noch verdrängen, was gerade in unserem Volk Juden angetan wurde. Wir rufen ins Gedächtnis, was die Fuldaer Bischofskonferenz 1945 bei ihrer ersten Zusammenkunft nach dem Krieg erklärtha t :„ Vi e l eDe ut s c he ,a uc ha usuns e r e nRe i he n,ha be ns i c h von den falschen Lehren des Nationalsozialismus betören lassen, sind bei den Verbrechen gegen menschliche Freiheit und menschliche Würde gleichgültig geblieben; viele leisteten durch ihre Haltung den Verbrechen Vorschub, viele sind selber Verbrecher geworden. Schwere Verantwortung trifft jene, die auf Grund ihrer Stellung wissen konnten, was bei uns vorging, die durch ihren Einfluß solche Verbrechen hätten hindern können, und es nicht getan haben, ja diese Verbrechen ermöglicht und sich dadurch mit den Verbrechern solidarisch erklärt haben.45 Er ne utbe ke nne nwi r :„ Mi t t e nunt e runss i ndunz ä hl i geMe ns c he nge mor de t worden, weil sie dem Volk angehörten, aus dem der Messias dem Fleisch na c hs t a mmt . “Wi rbi t t e nde nHe r r n:„ Führ ea l l ez urEi ns i c htundUmke hr , die auch unter uns mitschuldig geworden sind durch Tun, Unterlassen und 20 Schweigen. Führe sie zur Einsicht und Umkehr, damit sie sühnen, was immer sie gefehlt. Vergib um deines Sohnes willen in deinem grenzenlosen Erbarmen die unermeßliche Schuld, die menschliche Sühne nicht tilgen 46 kann.“ VI . G e me i nsa me A ufg a be n 1. Dem frommen Juden geht es um die Verwirklichung der Weisungen Gottes, wie sie in der Tora festgelegt sind, im Alltag. Es geht ihm um das „ Tun“ .Auc hi nde rPr e di gtJ e s us pi e l tda sWor t„ t un“e i nz e nt r a l eRol l e , wie die Evangelien zeigen. Die Weisungen der Tora und die Weisungen J e s ube t r e f f e nde nWi l l e nGot t e s .De rPs a l mi s tbe t e t :„ De i ne nWi l l e nz u t un,me i nGot t ,i s tmi rFr e ude “( Ps40, 9) ;J e s usl e hr t :„ Ni c htj e de r ,de rz u mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer de nWi l l e nme i ne sVa t e r si m Hi mme le r f ül l t “( Mt7, 21) .Vons i c hs e l bs t be ke nnte r :„ Me i neSpe i s ei s te s ,de n Wi l l e n de s s e nz ut un,de rmi c h gesandt hat unds e i nWe r kz uEndez uf ühr e n“( J oh4, 34) .Ve r wi r kl i c hung des Willens Gottes in der Welt sollte darum die gemeinsame Maxime von Juden und Christen sein. 2. Was beim Studium der Propheten Israels auffällt, ist der Protest, den diese gegen bestehendes Unrecht im wirtschaftlichen und sozialen Bereich und gegen alle ideologische Unterdrückung erhoben haben. Solcher Protest ist eine bleibende Aufgabe für beide, Kirche und Judentum. Es ist ein Protest gegen die vielfältige Bedrohung der Freiheit, ein Protest zugunsten der wahren Menschlichkeit und der Menschenrechte, der Liebe und der Gemeinschaft; ein Protest gegen die sich immer mehr ausbreitenden Weltund Geschichtslügen; ein Protest gegen Faschismus, Rassismus, Kommunismus und Kapitalismus. Die jüdisch-christliche Religion ist darum das Anti-„ Opi um“f ürda sVol k. 3. Christen und Juden sollen und können gemeinsam eintreten für das, was i n de rhe br ä i s c he n Spr a c he „ s c ha l om“ he i ßt .Di e si s te i n umf a s s e nder Begriff, der Frieden, Freude, Freiheit, Versöhnung, Gemeinschaft, Harmonie, Gerechtigkeit, Wahrheit, Kommunikation, Menschlichkeit be de ut e t .„ Sc ha l om“ i s t da nn i n de r We l t Wi r kl i c hke i t , we nn a l l e Beziehungen untereinander endlich in Ordnung sind, die Beziehungen zwischen Gott und Mensch und von Mensch zu Mensch. Es darf kein völ ki s c hbe s c hr ä nkt e sFr i e de ns i de a lme hrge be n.Got twi l lke i ne„ e i s e r nen Vor hä nge “ !Wa si n de rHe i l i ge n Sc hr i f tI s r a e l si n de rLe hr e von de r Gottebenbildlichkeit eines jeden Menschen angelegt ist, will durch das Evangelium Wirklichkeit in der ganzen Welt werden: daß alle Menschen sich als Brüder erkennen. Deshalb können sich Religionen nicht mehr mit bestimmten politischen Systemen identifizieren. Judentum und Christentum 21 sollen gemeinsam und unentwegt am uneingeschränkten Frieden in aller Welt intensiv mitarbeiten. 4. Der Mensch ist von sich aus nicht in der Lage, die Welt ins endgültige Heil zu führen. Das vermag Gott allein; so ist es die Überzeugung der gläubigen Juden und Christen. Die Erfahrung der Geschichte steht ihnen dabei zur Seite. Die Welt kommt weder durch Evolution noch durch Re vol ut i oni nse ndgül t i geHe i l .Di eEvol ut i ons c ha f f t„ Na t ur “ ,a be rni c ht „ He i l “ .NurGot tf ühr tdi eWe l ti nse ndgül t i geHe i l .Ers c ha f f tunds c he nkt de n„ ne ue n Hi mme lund di e ne ue Er de “ ,a ufdi eJ ude n und Christen gemeinsam warten (Jes 65,17; 66,22; Offb 21,1). 5. Der Apostel Paulus hat das letzte Ziel aller Geschichte und Heilsgeschichte in 1Kor15, 2 8i nk l a s s i s c h e rKür z ea ufd i eFor me lge br a c ht :„ Got ta l l e si na l l e m“ . Dieser Formel können Juden und Chr i s t e nz u s t i mme n.„ Got ta l l e si na l l e m“ : Das besagt: Am Ende kommen Gott und das Gott-Sein Gottes und die Uni ve r s a l i t ä td e sHe i l sa l l e n t ha l be nv ol lz urGe l t u ng.„ De rl e t z t eFe i n d,de r e nt ma c ht e twi r d,i s tde rTo d“( 1 Kor15, 26 ) .Da r i n wi r ds i c hj e ne rGott offenbaren, den Israel, Jesus und die Kirche verkünden: Er wird die Toten e r we c ke n un ds os e i neu nü be r wi n d l i c heMa c h tz e i g e n.„ Wi re r wa r t e nd i e Auf e r s t e h un gde rTot e nun dda sLe be nde rkomme nde nWe l t . “Da si nde r Öffentlichkeit aller Welt zu bezeugen, ist gemeinsame Aufgabe von Christen und Juden. 22 Anmerkungen 1 M. Buber, Werke I, München/Heidelberg 1962, 657. Sch. Ben-Chorin, Bruder Jesus, der Nazarener in jüdischer Sicht, München 1967, 12. 3 Vat. II., Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen „ Nos t r aa e t a t e “( z i t .NA)n.4. 4 Va t .I I . ,Of f e nba r ung s kons t i t ut i on„ De iVe r bum“( z i t .DV)n.14. 5 Päpstliche Kommission für die religiösen Beziehungen zu dem Judentum, Richtlinien und Hinweise fürdi eKonz i l s e r kl ä r ung„ No s t r aAe t a t e “ ,Ar t .4( z i t .Ri c ht l i ni e n) ,Na c hkonz i l i a r e Dokumentation Bd. 49, Trier 1976, 35. 6 A.a.0. 37. 7 Vat. II., DV n. 14. 8 Mekilta Bachodesch 8,72f. 9 A.a.O. 20,26. 10 Slav. Hen. 44,1. 11 C. Westermann, Genesis I, Neukirchen 1974, 633f. 12 Näheres dazu bei F. Mußner, Traktat über die Juden, München 1979,103120. 13 Vgl. dazu A. H. Friedlander, Die Exodus-Tradition. Geschichte und Heilsgeschichte aus jüdischer Sicht, in: H. H. Henrix/M. Stöhr (Hrsg.), Exodus und Kreuz im ökumenischen Dialog zwischen Juden und Christen, Aachen 1978, 30-44. 14 A. H. Friedlander, a.a.0. 35. 15 A.a.O. 40. 16 Der Alttestamentler N. Füglister hat dies exemplarisch am Osterfest gezeigt; vgl. sein Buch: Die Heilsbedeutung des Pascha, München 1963. 17 Richtlinien 38 unter Bezug auf NA n. 4. 18 Vat. II., NA n. 4 unter Berufung auf Röm 11,28f.; vgl. auch die Kirchenkonstitution Lumen gentium (zit. LG) n. 16. 19 Vgl. dazu Mußner, a.a.0. 68-70. 20 Va t .I I “NAn.4. 21 Richtlinien 32. 22 A.a.O. 32. 23 A.a.O. 33. 24 A.a.O. 33f. 25 A.a.O. 34. 26 A.a.O. 35f. 27 A.a.O. 36-38. 28 A.a.O. 38. 29 L’ Os s e r va t or eRoma no,Woc he na us ga bei nde ut s c he rSc hr i f t ,30. 0. 1979,S.4. 30 Sekretariat der DBK (Hrsg.), Predigten und Ansprachen von Papst Johannes Paul II bei seiner Pilgerfahrt durch Polen, 2. Bis 10.6.1979, Bonn 1979, 82. 31 In deutscher Übersetzung : Freiburger Rundbrief 25 (1973) 15-18. 32 In deutscher Übersetzung in: Freiburger Rundbrief 23 (1971) 19-27. 33 Hrsg. V. R. Rendtorff, Gütersloh 1979. 34 In: Freiburger Rundbrief 29 (1977) 108-111. 35 Düsseldorf 1980. 36 Vgl. dazu Mußner, a.a.O. 281-291. 37 Vgl. H. Groß, Tora und Gnade im Alten Testament, in: Kairos, NF 14 (1972) 220-231; R.J.Z. Werblowsky, Tora als Gnade: ebd. 15 (1973) 156-163; E.L. Ehrlich, Tora im Judentum, in: Evang. Theol. 37 (1977) 536-549. 2 23 38 Vgl. dazu N. Oswald, Grundgedanken zu einer pharisäisch-rabbinischen Theologie, in: Kairos (1963) 40-58. 39 E. Simon, Brücken, Gesammelte Aufsätze, Heidelberg 1965, 468. 40 Abot II. 8 b. 41 Vat. II, NA n. 4. 42 Catechismus Romanus ex Decreto Concilii Tridentini I, cap. V, qu. 11. 43 Vat. II, NA n. 4. 44 Richtlinien 33. 45 Hirtenwort der Deutschen Bischöfe vom 23. August 1945. 46 Aus dem Gebet für die ermordeten Juden und ihre Verfolger, das nach Weisung der Deutschen Bischofskonferenz am 11. Juni 1961 in allen katholischen Kirchen Deutschlands gebetet werden sollte; in: Freiburger Rundbrief 13 (1960/61) 3. 24