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MITTELBADISCHE PRESSE
www.bo.de
Dienstag, 12. August 2014
HAUSACH
Historie
I
m Jahr 1937 gründet Erwin Hengstler seinen
Zwei-Mann-Betrieb auf
der Kegelbahn der »Blume«
mit der Herstellung hydraulischer Wagenheber und
Förderbandheber.
1939 erfolgt der Umzug
in die neue Produktionshalle am heutigen Standort.
Bis 1944 steigt die Mitarbeiterzahl kontinuierlich
auf 200. 1945 der schlimmste Schlag in der Geschichte des Unternehmens: Stillstand der Produktion und
totale Demontage.
Mit einer 16-köpfigen Mitarbeiterschar wagt Erwin
Hengstler nach dem Krieg
den Neuaufbau und beschäftigt 1957 wieder 80 Mitarbeiter. Zylinder für die
Landwirtschaft und Wagenheber sind die Hauptstandbeine. Zehn Jahre später hat
das Unternehmen rund 220
Mitarbeiter, baut neue Produktionshallen und stellt
nun auch Ventile, Steuerungen, Pumpen und Aggregate her. 1970 zählt Hengstler
260 Mitarbeiter, erweitert
1974 erneut um 2000 Quadratmeter und steigt 1978 in
die CNC-Technik ein.
1982 verkauft Erwin
Hengstler an die DANA Corporation (USA). Der Fokus
liegt nun auf dem Bereich
Zylinder für Baumaschinen. Das Unternehmen erlebt über Jahre ein Tief.
1987 wird der Automobilkranmarkt als weiteres Standbein erschlossen.
Die zwischenzeitlich gesunkene Mitarbeiterzahl stabilisiert sich auf 110. 1998
übernimmt Centerpartners
New York den DANA-Standort Hausach und bricht
2010 den Investitionsstau:
2,5 Millionen Euro werden endlich in den Standort
Hausach investiert.
Im Juli 2011 übernimmt
die schwäbische Unternehmensgruppe
Weber-Hydraulik das Unternehmen,
das sich nun Hengstler Hydraulik nennt. Es gehört nun
wieder zu einer familiengeführten Unternehmensgruppe, die seither bereits
über 5 Millionen Euro in
den Standort Hausach investiert hat.
wussten sie...
◼ . . . Dass Hengstler Hydraulik zwar zur Firmengruppe Weber-Hydraulik
gehört, aber als komplett
eigenständige Einheit mit
sämtlichen Funktionen eines Unternehmens ausgestattet ist vom Einkauf über
die Konstruktion und die Finanzbuchhaltung bis zum
Vertrieb?
◼ . . . Dass der Materialanteil an den Gesamtkosten
rund 50 Prozent beträgt?
◼ . . . Dass die neueste Investition, die 650 000 Euro
teure Fahrständer-Fräsmaschine, Werkstücke mit
über sechs Metern Länge
bearbeiten kann?
◼ . . . Dass hier auf den
Drehautomaten
Zylinder
und Rohre bis zu fünf Metern Länge gedreht werden
können?
◼ . . . Dass bei Hengstler Hydraulik jährlich rund
20 000 Zylinder hergestellt
werden?
◼ . . . Dass Hengstler mit
einer hohen Fertigungstiefe alle Prozesse vom CNCDrehen über das Fräsen,
Bohren, Härten, Schweißen, Schleifen und Finishen
bis zum Lackieren im eigenen Unternehmen fertigt?
Die Teile verlassen nur zum
Verchromen das Haus.
Vor den riesigen Wipp-Zylinder für einen Automobilkran stellten sich die 14 Teilnehmer der »Offenes-Werkstor-Führung« bei Hengstler Hydraulik zum Gruppenbild.
Fotos: Peter Heck
Rechts Geschäftsführer Joachim Gutmann.
Wuchtige Teile mit größter Präzision
OT-Sommeraktion »Offenes Werkstor« (2): 14 OT-Leser besichtigten am Freitag Hengstler Hydraulik in Hausach
Am Freitag fand die
zweite ausgebuchte Besichtigung der »Aktion
offenes Werkstor« bei
Hengstler Hydraulik
in Hausach statt. 14
OT-Leser vom Jugendlichen bis zum Rentner
waren fasziniert von der
hochpräzisen Technik,
die zur Herstellung von
Hydraulikzylindern
notwendig ist.
Von C laudia R amsteiner
Hausach. Der Eingang zur
Firma Hengstler Hydraulik ist
eher unscheinbar – umso mehr
waren die 14 OT-Leser am Freitag überrascht, welche Produktionshallen, ausgerüstet mit moderner Fertigungstechnik, sich
dahinter verbergen. Geschäftsführer
Joachim
Gutmann
stimmte die Besucher zunächst
mit allgemeinen Informationen auf die Führung ein – dass
er anschließend nicht nur selbst
durch die Produktion führte, sondern dort auch wirklich
über jeden Handgriff Bescheid
wusste und jede noch so detaillierte Frage spontan beantworten konnte, das begeisterte.
Kein Wunder, schließlich hatte
er hier bereits seine Ausbildung
absolviert und war auch als Produktionsleiter tätig, bevor er
2007 Geschäftsführer wurde.
Vor drei Jahren hat die familiengeführte Weber Hydraulik mit Sitz im schwäbischen
Güglingen die komplette Hyco-Gruppe inklusive Hengstler
in Hausach übernommen. Der
Standort Hausach, der mit 141
Beschäftigten einen Jahresumsatz von 23 Millionen Euro generiert, ist einer von zwölf Produktionsstandorten der Gruppe
– in diesem Jahr kam ein weite-
rer in den Niederlanden dazu.
Der Exportanteil liege insgesamt bei nur zwölf Prozent, beantwortete Gutman eine Frage
nach der Relevanz der russischen Märkte. Auch die Lieferanten kämen weitgehend aus
der Region. »In der Region für
die Region ist unsere Devise«,
so Gutmann.
Dann ging es in die Produktionshallen, wo hauptsächlich
Zylinder, Kolben und komplette Bauteile für den Baggerbereich hergestellt werden, aber
auch Abstützzylinder, Zylinder für den Mobilkran und für
Betonpumpen. Hengstler sieht
OFFENES
WERKSTOR
Serie
sich als Entwicklungspartner
für maßgeschneiderte und funktionssichere
Hydrauliklösungen, »nichts von der Stange«,
sagt Gutmann – und ein Besucher, der nicht zum ersten Mal
an einer OT-Führung teilnimmt,
staunt: »Wahnsinnig, was das
Kinzigtal alles an Know-how zu
bieten hat«.
Hochpräzise Maschinen
Gutmann erläutert, was die
hochpräzisen Spezialmaschinen alles so können: einen 70
Zentimeter langen Stahlkolben
mit nur sechs Millimeter längs
durchbohren, im Bearbeitungszentrum neun Teile gleichzeitig
bearbeiten oder die Schäl- und
Rolliermaschine, wo die Rohre
in einem Arbeitsgang geschält
und glattgewalzt werden – denn
Hydraulikzylinder müssen innen spiegelglatt sein, damit der
Kolben reibungsfrei läuft. Frauen sind in der Produktion nur
selten zu sehen: »Wir haben natürlich Frauen in der Qualitätssicherung, im Wareneingang und im kaufmännischen
Bereich, in der Produktion ist
die Arbeit bei uns körperlich zu
schwer«, sagt Gutmann.
Alle Teile kommen dann in
die jüngst neu gebaute Halle
mit Entgratplatz und »Waschmaschine« – dann sind die Zylinder, Kolben und Bauteile reif
fürs Lager oder die Montage,
wo beispielsweise an einem großen Montagestand die Baggerzylinder in drei Schritten montiert werden, bevor sie in die
Lackiererei gehen. Dort werden
die schweren Teile ans Band gehängt und elektrostatisch mit
unterschiedlichen Lacken – je
nach Kundenwunsch – lackiert.
Zum Schluss geht es zu Brezeln, Getränken und einer letzten Fragerunde noch einmal
ins Verwaltungsgebäude. Der
Mindestlohn spiele hier überhaupt keine Rolle, beantwortete Gutmann eine entsprechende Frage. »Wir sind über die
Südwestmetall tarifgebunden,
bei uns verdienen selbst die Ferienjobber mehr als den Mindestlohn.«
Nun gewinnen auch die kleinen Baggermodelle, die anfangs kaum beachtet wurden,
große Aufmerksamkeit: Hier
kann man noch einmal genau
nachvollziehen, wo es überall
Hydraulikzylinder von Hengstler braucht.
Eine Bildergalerie zu diesem
Thema finden Sie unter :
w w w.b o.d e | We b co d e: 1 3 375
Z iti e r t: Das sag e n u n s e r e L e s e r
Sebastian Lohfink aus Offenburg: »Am meisten haben mich
die großen Maschinen beeindruckt, so wuchtig habe ich mir
das nicht vorgestellt. Ich habe
an der Führung
auch mit Blick auf meine Ausbildung
teilgenommen. Ich könnte mir vorstellen, hier zu lernen.«
Margarete
Kopf aus Steinach: »Als Berufsschullehrerin ist es für mich
hochinteressant
zu sehen, wo meine Schüler einmal
arbeiten werden.
Mich beeindruckt
vor allem die
Technik mit der solche riesigen Werkstücke mit höchster Präzision bearbeitet werden.«
Thomas Lempert aus Wolfach-Kirnbach: »Ich
arbeite in
der Nachbarschaft und finde es sehr beeindruckend, was
Hengstler Hydraulik hier auf die
Beine stellt. Man sieht, dass die Vergangenheit mit großen Schritten aufgeholt wird. «
Innenansichten
Dicke Dinger:
Bereits die Materialanlieferung
vor den Werkshallen beeindruckt.
Was es dann hinter dem recht unscheinbaren Verwaltungsgebäude
des Unternehmens in den Produktionshallen
zu sehen gibt, erstaunt alle.
Blitzendes Chrom:
Der rohe Stahl, der
vor der Halle lagerte, ist zu hochpräzisen Kolbenstangen in blitzendem
Chrom geworden.
Hengstler Hydraulik setzt nicht auf
Massenfertigung,
sondern auf kundenspezifische Lösungen.
Echt scharf: Geschäftsführer Joachim Gutmann
erläutert den interessierten Besuchern die Werkzeuge zur Fertigung,
die in der Werkzeugvorbereitung für jeden Auftrag und
jede Maschine individuell zusammengestellt werden.
Spiegelglatt: Vom
»Honen« haben viele Teilnehmer noch
nie etwas gehört.
Joachim Gutmann
erläutert, wie mit
einem speziellen
Werkzeug in einem
langen Prozess Zylinder innen spiegelglatt geschliffen werden.
Druck und Hitze: In
der letzten Halle erfuhren die Besucher, wie eine Reibschweißmaschine
mittels Reibwärme
und großem Druck
die sicherste aller
Schweißnähte herstellt – und den entstandenen Wulst
gleich abdreht.