Einschlafen lernen - PD Karl Heinz Brisch

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Einschlafen lernen - PD Karl Heinz Brisch
1. Lebensjahr
Einschlafen lernen
Foto: Archiv DHZ
Dr. Karl Heinz Brisch | Schlafen will gelernt sein. Nur auf der Basis einer sicheren Eltern-Kind-Bindung ist das Sich-Fallenlassen in einen erholsamen Schlaf für die Bindungsperson und ihr Kind möglich. Rituale bieten eine wertvolle Hilfe
Beim bindungsorientierten Einschlafen gerät das
Kind erst gar nicht in
Panik oder Stress
Rituale sind wichtig,
weil sie einen
bekannten Ablauf
ankündigen
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I
m ersten Lebensjahr schlafen Babys nachts nicht durch. Wach- und
Tiefschlafphasen wechseln sich bis
zu siebenmal in der Nacht ab. Nicht
alle Babys werden so hellwach, dass
sie weinen und nach der Bindungsperson rufen, manche schlafen von allein
wieder ein. Babys wollen grundsätzlich
nicht allein in einem Zimmer schlafen
– dies ist von der Evolution auch nicht
so vorgesehen. Wenn ein Baby während der Steinzeit allein schlief, war
das höchst gefährlich, weil Raubtiere
es fressen konnten. Besonders in der
Nacht ist die Gefährdung eines Babys extrem groß gewesen. Aus diesem
Grund hat es sich wahrscheinlich schon
sehr früh in der Evolution durchgesetzt,
dass Babys in der Nähe oder in engem
Kontakt mit ihren Müttern schlafen,
Kleinkinder und Kinder ebenso. Die
allermeisten Kulturen rund um die Welt
haben dies bis heute beibehalten. Nur
in westlich orientierten Kulturen wird
von Säuglingen erwartet, dass sie allein
schlafen, möglichst in einem eigenen
Bett im eigenen Zimmer. In manchen
Familien schlafen alle Kinder jeweils in
einem eigenen Zimmer und in einem
eigenen Bett. Für Menschen anderer
Kulturen, etwa aus Südamerika oder
Asien, ist diese Form der familiären
Schlafpraxis nicht nachvollziehbar. Ein
Kind in einem eigenen Zimmer, ganz
allein in seinem eigenen Bett schlafen zu lassen, würde beispielsweise
in Indonesien eher als eine Form der
Kindesvernachlässigung angesehen.
Rituale pflegen
Sind die Kinder noch nicht so groß,
dass sie schon selbst aus ihrem Bett
aufstehen können, wenn sie etwa wegen eines schlechten Traumes aufgewacht sind, dann stehen sie weinend
mit ausgestreckten Ärmchen in ihrem
Gitterbett und wollen von ihrer Bindungsperson hochgenommen werden.
Sie klammern sich an sie und wollen
von ihnen mitgenommen werden, um
in ihrer Nähe zu schlafen. Bei den Eltern ist zweifelsohne der sicherste Ort,
wenn man als Kind nachts im Traum
von bösen Geistern und Ungeheuern
verfolgt und bedroht wird. Tatsache ist,
dass auch in Deutschland Kleinkinder,
sobald sie nachts Angst bekommen und
schon selbst aus ihrem Bett klettern
können, dort nicht bleiben. Sie torkeln
schlaftrunken zu ihren Eltern, legen
sich womöglich zwischen sie und suchen Körperkontakt. Alle Eltern kennen
diese Erfahrungen, dass die Kinder sich
dann anschmusen und ganz schnell
wieder eingeschlafen sind, weil sie die
Sicherheit zur Bindungsperson durch
den Körperkontakt spüren und somit
ihr Bindungsbedürfnis ganz rasch wieder befriedigt ist. Empfehlenswert ist,
dass Babys zur Förderung der sicheren
Bindung nicht allein in einem eigenen
Zimmer schlafen. Obwohl sie sich von
sich aus zum Einschlafen nicht von
den Eltern trennen würden, ist es in
unserer westlichen Kultur von den
meisten Eltern gewünscht, dass die
Kinder lernen alleine einzuschlafen.
Wenn Eltern aber bereit sind, sich mit
dem Kind hinzulegen, wird es rasch
an ihrer Seite einschlafen und emotionale Sicherheit erleben, so wie das in
anderen Kulturen geschieht. Die Eltern
können anschließend wieder aufstehen.
In anderen Kulturen schlafen die Kinder
mit vielen Geschwistern in einem Raum,
und im Laufe des Abends kommen die
Eltern dazu.
Eingewöhnung
Damit die nächtliche Trennung auf
keinen Fall zu einer traumatischen
Erfahrung wird, sollten die Eltern dem
Säugling oder Kleinkind zumindest
durch eine bindungsorientierte Eingewöhnung bei der Trennung zum Einschlafen helfen. Auf diese Weise können
sie beim Kind eine sichere emotionale
Erfahrung verankern, auch wenn sie es
bevorzugen, dass ihr Kind lernt, alleine
in seinem Bettchen einzuschlafen.
Für eine solche bindungsorientierte
Eingewöhnung sollte Mutter oder Vater
das Baby mit einem Ritual ins Bett
bringen. Rituale sind wichtig, weil sie
mit Vorhersagbarkeit einen bekannten
Ablauf ankündigen. Das Baby erkennt
an dem Ritual, welche Handlungen im
Tagesablauf nun anstehen. Wenn die
Mutter etwa mit Wiegenlied, GuteNacht-Gebet und Spieluhr das Baby ins
Bett gelegt hat, muss sie die Initiative
DEUTSCHE HEBAMMEN ZEITSCHRIFT 3 | 2011
ergreifen und sich trennen. Das heißt, die Mutter
muss das Bett des Kindes und das Zimmer verlassen und auf Wiedersehen sagen. Sie kann nicht
warten, bis das Baby sie aus dem Zimmer schickt,
denn das wird kaum passieren. Anschließend
sollte sie draußen vor der Zimmertür hören, ob
das Baby von selbst einschläft, ob es vor sich
hin lautiert oder erzählt, nörgelt oder ob es
zunehmend mehr Stress signalisiert. Solange das
Baby keinen ausgeprägten Stress durch Weinen
ankündigt, muss die Mutter nicht erneut ins
Kinderzimmer gehen. Betrachtet man unsere
Evolution, müssten die Kinder im Kontakt mit
den Eltern einschlafen – ein Kompromiss ist
das bindungsorientierte Eingewöhnen in das
Alleine-schlafen mit einem entsprechenden
feinfühligen Trennungsritual entlang den Signalen des Kindes.
Wenn das Baby aber anfängt, nicht nur lauter
vor sich hin zu plappern, sondern deutlich Stress
signalisiert, indem es immer lauter nörgelt oder
weint, sollte die Mutter wieder ins Zimmer
gehen und das Baby beruhigen, eventuell mit
Körperkontakt. Schließlich muss sie aber wieder
versuchen, das Baby mit dem bekannten Ritual
abzulegen. Eventuell ist das Ritual jetzt auf ein
kleines Gute-Nacht-Lied verkürzt. Wiederum
wird sie sich trennen und das Zimmer verlassen
müssen.
Zuverlässigkeit
In der ersten Nacht kann es passieren, dass das
Kind viele Male nach der Trennung laut aufheult und die Mutter ruft, so dass diese in das
Zimmer zurückgehen und das Baby erneut beruhigen muss. Durch dieses Ritual des Gehens
und des absolut verlässlichen Wiederkommens
bei deutlichen Signalen von Stress – etwa mit
immer lauter werdendem Weinen – erlebt das
Baby Folgendes: Wenn ich im Dunkeln Angst
Primäre Prävention
SAFE® – Sichere Ausbildung für Eltern ist
ein präventives Modellprogramm zur Förderung einer sicheren Bindung zwischen Eltern
und Kind. Es richtet sich an alle werdenden
Eltern, etwa ab der 20. Schwangerschaftswoche. Dieses Programm wurde von PD Dr. med.
Karl Heinz Brisch im Dr. von Haunerschen
Kinderspital in München entwickelt, um die
Erkenntnisse der empirischen Bindungsforschung in Form eines Trainingsprogramms
an interessierte Eltern weiterzugeben. Das
Trainingsprogramm findet in einer Gruppe von
Eltern statt, die in einer ähnlichen Schwangerschaftsphase sind. Die Kurse werden jeweils
von zwei SAFE-MentorInnen geleitet, die eine
Weiterbildung durchlaufen haben und bereits
über einschlägige Erfahrungen in der Arbeit
mit Eltern und Säuglingen verfügen – ob als
Hebamme, Kinderkrankenschwester, als Arzt
oder Psychologe.
Der Kurs besteht aus zehn ganztägigen Seminaren, wobei vier Termine während der
Schwangerschaft und sechs Termine nach
der Geburt im ersten Lebensjahr des Kindes
stattfinden. Die Inhalte beziehen sich etwa
auf die Kompetenzen des Säuglings und
der Eltern, die vor- und nachgeburtliche
Bindungsentwicklung und die Veränderung
der Partnerschaft durch ein Kind. Auch die
Erwartungen, Hoffnungen, Fantasien und
Ängste werden in Kleingruppen thematisiert.
Stabilisierungs- und Imaginationsübungen
werden trainiert, um diese in stressvollen
Situationen anwenden zu können, zum Beispiel in der Adaptationsphase nach der Geburt.
Videogestütztes Feinfühligkeitstraining wird
eingesetzt, um die werdenden Eltern möglichst
frühzeitig für die Signale und Bedürfnisse des
Säuglings zu sensibilisieren. Anhand eigener
Videoaufnahmen von Eltern-Kind-Interaktionen lernen sie, dessen Bedürfnisse besser
DEUTSCHE HEBAMMEN ZEITSCHRIFT 3 | 2011
wahrzunehmen sowie prompt und feinfühlig
darauf zu reagieren, indem sie konkrete Rückmeldungen erhalten. Zusätzlich können eine
Traumatherapie vermittelt werden und eine
über den Kurszeitraum hinausgehende Hotline
individuelle Hilfestellungen anbieten.
Mit allen Eltern wird ein Erwachsenen-Bindungsinterview durchgeführt. Diagnostische
Fragebögen erfassen die Bindungsrepräsentation der Mütter und Väter und eventuelle traumatische Erfahrungen, welche die Beziehung
zu ihrem Kind belasten können.
Eine Traumatherapie wird von spezialisierten
PsychotherapeutInnen durchgeführt, die nicht
gleichzeitig die SAFE-MentorInnen sind. Dabei
können Eltern mit belastenden und unverarbeiteten Erfahrungen in der eigenen Lebensgeschichte diese aufarbeiten. Diese Interventionsform soll negative Auswirkungen auf die
Bindungsentwicklung verhindern und den
Teufelskreis der Weitergabe von traumatischen
Erfahrungen von Eltern an ihre Kinder durchbrechen. Das Schreien eines Säuglings kann
Erinnerungen an unverarbeitete traumatische
Erfahrungen bei den Eltern wachrufen, die
wiederum Gefühle der Hilflosigkeit auslösen
oder gar zu gefährlichen Affektdurchbrüchen,
etwa Schütteln des Babys, führen können.
Ziel des SAFE-Programms ist es, dass möglichst
viele Kinder eine sichere Bindungsbeziehung
zu ihren Eltern entwickeln. Zudem dient es
der Gewaltprävention. Nach einer erfolgreich
abgeschlossenen Pilotstudie wird das SAFEProgramm im Rahmen einer randomisierten,
prospektiven Längsschnittstudie untersucht.
Inzwischen wurden etwa 4.500 SAFEMentorInnen ausgebildet, die das präventive
Elternprogramm in Deutschland, Österreich
und der Schweiz durchführen.
Weitere Informationen: www.safe-programm.
de.
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1. Lebensjahr
bekomme und signalisiere, dass ich
es nicht mehr allein aushalte, kommt
ganz zuverlässig meine Mutter, tröstet
mich, nimmt mich sogar auf den Arm
und trennt sich dann erneut von mir.
Ich kann mich darauf
Der autor
verlassen, dass meine
Mutter in der Nacht,
PD Dr. med. Karl Heinz Brisch leiwenn ich aufwache
tet die Abteilung Pädiatrische Psychound Angst bekomme,
somatik und Psychotherapie am Dr.
sobald wie möglich
von Haunerschen Kinderspital, das
kommt oder im gleizum Klinikum der Universität München Zimmer anwechen gehört. Er ist Vorsitzender der
send ist, wenn sie
Gesellschaft für Seelische Gesundheit
mein Rufen oder sogar
in der Frühen Kindheit (www.gaimh.
Weinen hört. Sie trösorg) für den deutschen Bereich.
tet mich durch ihre
Kontakt:
erneute Nähe, sogar
[email protected] Körperkontakt.
chen.de
Auf diese Weise lernt
das Kind über die Zeit,
dass es sich auf die
Literatur
schützende Anwesenheit der Mutter
®
Brisch, K. H.: SAFE – Sichere Ausbildung für
im Hintergrund verEltern: Sichere Bindung zwischen Eltern und
lassen kann. Dies gibt
Kind. Klett-Cotta. Stuttgart (2010)
Brisch, K. H.: Bindungsstörungen - Von der
ihm viel Sicherheit, so
Bindungstheorie zur Therapie. (10. Auflage),
dass es dieses sichere
Klett-Cotta. Stuttgart (2010)
Gefühl verinnerlicht,
Brisch, K. H. (Hrsg.): Bindung und frühe
auch in der Nacht.
Störungen der Entwicklung. Klett-Cotta.
Stuttgart (2010)
Das Baby muss unter
St. James-Roberts, I.; Conroy, S. et al.: Links
diesen Umständen
between infant crying and sleep-waking at
nicht
ständig signasex weeks of age. Early Human Development.
lisieren, dass es die
48: 143–152 (1997)
Mutter braucht und
vermisst, weil es so
oft die zuverlässige Erfahrung gemacht
hat, dass die Mutter jederzeit – selbst
tief in der Nacht – auf sein Signal hin
kommt. Es ist für ein Baby absolut
beruhigend, wenn seine Mutter immer
wieder mit gleichmäßiger Zuverlässigkeit auf sein „Bindungssignal Weinen“
reagiert. Die Mutter geht immer dann
prompt ins Zimmer und tröstet das
Baby, wenn es laut erregt weint, dabei
können erst wenigen Sekunden oder
Bei der Massage im
auch schon viele Minuten Zeit vom
Brustbereich wird
Ablegen des Babys und der Trennung
beim Baby Oxytocin
bis zum erregten Weinen verstrichen
ausgeschüttet, was
sein.
Wenn das Baby krank ist, zahnt
ein Gefühl von
oder einen Infekt ausbrütet, kann es
Ruhe und Vertrauen
sein, dass es nach dem Ablegen schon
schafft
recht bald wieder Angst signalisiert
und weint, sein Bindungsbedürfnis
also wieder stärker ist und somit die
Trennung schwerer fällt, während es
zu gesunden Zeiten schon fast allein
einschlafen konnte. Die Mutter tröstet das Baby immer wieder mit dem
gleichen Ritual. Körperkontakt ist die
beste Möglichkeit, um ein Baby zu
beruhigen, zum Beispiel durch Hand
auflegen oder eine zärtliche Massage des Brustbereichs. Babys sollten
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grundsätzlich auf dem Rücken schlafen, um dem Plötzlichen Kindstod
vorzubeugen.
Bei der Massage im Brustbereich
wird gleichzeitig auch das Hormon
Oxytocin ausgeschüttet, was das Baby
entspannt und ein Gefühl von Ruhe
und Vertrautheit zur Bindungsperson
entstehen lässt.
Einschlafen
Diese Form der bindungsorientierten
Gewöhnung an das Allein-Einschlafen
kann bedeuten, dass die Mutter anfangs
viele Male wieder in das Kinderzimmer
gehen muss, bis das Baby schließlich
einschläft. Es ist von ganz großer Bedeutung, dass das Baby erst gar nicht
in Panik und Erregungszustände gerät,
weil die Mutter in diesem Stadium
viel länger braucht, um es wieder zu
beruhigen. Dieses Ritual kann genauso
vom Vater durchgeführt werden. Damit das Baby aber nicht irritiert wird,
sollten sich die Eltern in der gleichen
Nacht nicht ständig abwechseln. Vielmehr ist zu empfehlen, dass das Ritual
erst einmal mit einem Elternteil gut
funktioniert und das Baby gelernt hat,
sich von diesem Elternteil zu trennen
und einzuschlafen, bevor der andere
Elternteil das Ritual übernimmt. Da
diese Eingewöhnung manchmal sehr
anstrengend sein kann, empfiehlt es
sich, dies anfangs an einem Wochenende oder im Urlaub auszuprobieren
– aber zu Hause in der für das Baby
vertrauten Umgebung und nicht an
einem fremden Ort.
Die Ergebnisse einer Studie von Dr.
Jan St. James-Roberts und KollegInnen
(1997) zeigten bereits, dass Babys, deren Mütter gleich auf ihr Weinsignal
reagieren und ins Zimmer gehen, um
es zu trösten, auf lange Sicht besser
schlafen. Sie schlafen schneller ein
als Babys, denen längere Wartezeiten
zugemutet werden, bis die Eltern zur
Beruhigung kommen. Von großer Bedeutung ist auch der emotionale Aspekt
dieser Form des bindungsorientierten
Schlafens, weil es dem Baby hierdurch
ermöglicht wird, trotz der Trennung
zum Einschlafen eine sichere Bindungserfahrung zu verinnerlichen. Es muss
sich daher nicht vorsorglich melden
und weinen, wenn es noch gar keine
innere Not verspürt.
Je nach Temperament eines Babys kann es sein, dass dieses auch
nach dem x-ten Trennungsversuch
noch unmittelbar laut aufweint und
in Panik gerät. Es könnte sein, dass
der Zeitpunkt für eine Trennung zum
allein Einschlafen offensichtlich noch
nicht gekommen ist. Vielleicht ist es
noch zu früh, um dem Baby durch
das Trennungsritual Bindungssicherheit zu vermitteln. Es kann aber auch
sein, dass die Mutter oder der Vater
selbst größere Trennungsprobleme
und Ängste haben, so dass sie sich ihrerseits schlecht oder nur unter großer
Anspannung aus dem Zimmer entfernen können. Eine solche Anspannung
nimmt das Baby sofort wahr, so dass
natürlich die Trennung erschwert wird.
Unter diesen Umständen benötigt die
Mutter oder der Vater vielleicht eine
eigene Hilfestellung, damit sie oder er
diese und zukünftige Trennungen vom
Baby besser bewältigen kann.
Ausblick
Der Stand der Forschung sowohl im
tierexperimentellen wie im klinischen
Bereich belegt, wie bedeutungsvoll im
Sinne eines Schutzfaktors die frühe
sichere Bindung an eine Bezugsperson für eine gesunde emotionale Entwicklung des Kindes ist. Traumatische
Erfahrungen können ein Gefühl von
Urvertrauen verunsichern, erschüttern
oder sogar zerstören. Stützende und
schützende Beziehungen können bei
der Verarbeitung von traumatischen
Erfahrungen hilfreich sein, weil sie
die emotionale Sicherheit für die Betroffenen wieder herstellen. Sind aber
die traumatischen Erfahrungen durch
die nahestehenden Bindungspersonen
selbst hervorgerufen worden – etwa
durch traumatische Trennungserlebnisse, frühe Erfahrungen von Vernachlässigung und Alleinsein, Misshandlung und sexuelle Gewalt – ist diese
Möglichkeit der Unterstützung durch
Bindungspersonen nicht mehr gegeben
und es kommt zu schwerwiegenden
Auswirkungen auf die psychische Entwicklung.
Durch eine bindungsorientierte
Psychotherapie besteht die Möglichkeit, traumatische Erfahrungen in
ihren negativen Auswirkungen auf
die Bindungsentwicklung zum Fokus
der Behandlung zu machen. Auf dem
Boden einer sicheren emotionalen
therapeutischen Bindungsbeziehung
können – mit verschiedenen Methoden – Traumata verarbeitet und damit
Möglichkeiten für eine gesündere psychische Entwicklung eröffnet werden.
Eine primäre Prävention mit Beginn
in der Schwangerschaft wie durch das
SAFE-Programm (siehe Kasten) kann
die sichere Bindungsentwicklung von
Kindern fördern.
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DEUTSCHE HEBAMMEN ZEITSCHRIFT 3 | 2011

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