working papers - Betriebliche Finanzwirtschaft

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working papers - Betriebliche Finanzwirtschaft
WORKING PAPERS
Arbeitspapiere der Betrieblichen Finanzwirtschaft
Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbes.
Betriebliche Finanzwirtschaft
bfw08V1/01
Hedge-Fonds: Performance und Erklärungsansätze
von Frank Schuhmacher
Aachen University of Technology ⋅ Department of Finance ⋅ Templergraben 64
D - 52056 Aachen ⋅ Germany ⋅ Phone: +49 241 8093649 ⋅ Fax: +49 241 8092163
Hedge-Fonds: Performance und Erklärungsansätze
von Frank Schuhmacher†
†
PD Dr. Frank Schuhmacher
Wissenschaftlicher Assistent an der
Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen
Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre,
insbesondere Betriebliche Finanzwirtschaft
Templergraben 64, 52056 Aachen, Germany
Tel.: +49 241 8093649 - Fax: 8092163
Einleitung
In den USA werden alternative Investitionsformen zu den klassischen Aktien-, Renten- und Investmentfondsanlagen schon seit etwa 50 Jahren verfolgt. Unter der Bezeichnung „Absolute Rendite“ haben sich solche Strategien dort in den letzten 10
Jahren als eine eigenständige Anlageform insbesondere für wohlhabende amerikanische Privatinvestoren etabliert. Unter dem Stichwort „Hedge-Fonds“ oder „Absolute
Rendite Fonds“ werden nun auch in Deutschland verstärkt innovative Anlageprodukte angeboten, die unabhängig von der Marktentwicklung eine positive absolute Rendite versprechen. 1 Zur Erreichung dieses Ziels setzen Hedge-Fonds auf
hochentwickelte Anlagestrategien und spezifische Vergütungsstrukturen, die sie von
den Standard-Publikumsfonds unterscheiden. In der März-Ausgabe 5-2001 der Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen hat Gerhard L. Single unter dem Titel „HedgeFonds – Anlageform der Zukunft?“ verschiedene Hedge-Fonds-Strategien und -Charakteristika ausführlich beschrieben und erläutert sowie Kriterien zur Auswahl von
Hedge-Fonds definiert. Für Investoren ist aber nicht nur das Verständnis der Funktionsweise von Hedge-Fonds wichtig, sondern auch welche Performance sie im Vergleich zu den klassischen Anlageformen erzielen und welche Rolle dabei den besonderen Charakteristika der Hedge-Fonds zukommt. Der Beantwortung dieser Fragen
widmet sich der vorliegende Artikel.
Performance
Zur Beurteilung der Güte verschiedener Investmentfonds greifen qualifizierte Investoren gerne auf das im Rahmen der Performancemessung entwickelte Sharpe-Maß
zurück. Gemäß der Markowitz-Portfoliotheorie wird dabei davon ausgegangen, dass
zur Beurteilung einer unsicheren Wertpapieranlage die Kenntnis der erwarteten Rendite des in Rede stehenden Portfolios sowie der zugehörigen Standardabweichung
der Rendite ausreichend sind. Für die Übernahme von Risiken werden die Anleger
durch eine erwartete Rendite oberhalb des risikolosen Zinssatzes entschädigt. Die
Differenz zwischen erwarteter Rendite des unsicheren Portfolios und der Rendite der
risikolosen Anlage wird daher als Risikoprämie bezeichnet. Das Sharpe-Maß greift
den Umstand auf, dass sich eine höhere Risikoprämie nur durch die Übernahme ei-
1
Vgl. beispielsweise die von der Commerzbank entwickelten Investment-Zertifikate COMAS I und
COMAS II. Weitere Zertifikate werden von der Deutschen Bank (Xavex HedgeSelect Zertifikat(TM)), von
der Dresdner Bank (AI-Global-Hedge-Zertifikat), von der BNP Paribas (Alternative Index Zertifikat),
oder von der German Asset Managers AG (Black+White Indexzertifikat) angeboten.
nes größeren Risikos erzielen lässt. Unter diesem Gesichtspunkt ist von jedem Anleger der Fonds zu wählen, der die maximale Risikoprämie pro eingegangener Einheit
Risiko erzielt. Bezeichnet man die erwartete Rendite eines Fonds F mit µF, die Rendite der risikolosen Anlage mit r0 und die Renditestandardabweichung von F mit σ F,
so ist das Sharpe-Maß definiert als Quotient aus Risikoprämie und Standardabweichung
SF =
(1)
µ F − r0
.
σF
Im weiteren wird der Ausdruck in (1) auch als risikoadjustierte Rendite bezeichnet.
Verschiedene empirische Studien weisen nach, dass Hedge-Fonds eine im Vergleich
zu Publikumsfonds überlegene Performance liefern. 2 Beispielhaft sei hier die 1999 im
Journal of Finance veröffentlichte Studie von Ackerman, McEnally und Ravenscraft
erwähnt, in der die Autoren nachweisen, dass Hedge-Fonds konsistent in der Lage
sind, eine bessere Performance als Publikumsfonds zu liefern. Auf der Grundlage
durchschnittlicher Sharpe-Maße werden die Erfolge von Hedge-Fonds und Publikumsfonds in vier unterschiedlich langen Zeiträume miteinander verglichen. Die dazugehörigen Zahlen auf der Basis monatlicher Daten sind in Tabelle 1 abgetragen.
Für jeden Zeitraum ist das durchschnittliche Sharpe-Maß der Hedge-Fonds mit dem
entsprechenden Wert für die Publikumsfonds zu vergleichen. Insgesamt sind somit 4
Fälle zu untersuchen. 3 Das jeweils größere Sharpe-Maß ist in Tabelle 1 fett markiert.
Aus der Tabelle ist zu erkennen, dass Hedge-Fonds jeweils eine höhere risikoadjustierte Rendite als Publikumsfonds liefern.
Betrachtungs-
Durchschnittliches Sharpe-Maß
Durchschnittliches Sharpe-Maß
zeitraum
von Hedge-Fonds
von Publikumsfonds
1994 – 1995
0,145
0,144
1992 – 1995
0,297
0,223
1990 – 1995
0,241
0,183
1988 – 1995
0,231
0,192
Tabelle 1: Sharpe-Maße für Hedge-Fonds und Publikumsfonds
2
Vgl. Ackerman, McEnally und Ravenscraft (1999), Liang (1999) oder Agarwal und Naik (2000).
Die Untersuchung von Ackerman, McEnally und Ravenscraft (1999) ist wesentlich ausführlicher. Die
grundlegenden Ergebnisse stimmen jedoch mit den hier dargestellten überein.
3
Ein ähnliches Bild bietet sich, wenn alle untersuchten Hedge-Fonds in unterschiedliche Strategien aufgeteilt und entsprechenden Publikumsfonds gegenüber gestellt
werden. Ackerman, McEnally und Ravenscraft vergleichen insgesamt 88 Werte miteinander. Als Resultat erhalten sie, dass in 74 Fällen Hedge-Fonds eine im Vergleich
zu den Publikumsfonds überlegene Performance liefern, wovon 36 Werte statistisch
signifikant sind. In den übrigen Fällen, in denen Publikumsfonds besser abschneiden,
sind nur 3 Werte statistisch signifikant. Auf der Grundlage dieser empirischen Ergebnisse kann man also schlussfolgern, dass Hedge-Fonds im Allgemeinen günstigere
Risiko-Ertrags-Profile als Publikumsfonds liefern.
In dem gleichen Aufsatz dokumentieren die Verfasser allerdings auch, dass HedgeFonds keine nachhaltig höhere risikoadjustierte Rendite gegenüber Standard-Indizes
erzielen. Beispielhaft seien hier die Daten aus Tabelle 2 betrachtet.4 Während in der
Zeitspanne von 1994 bis 1995 die risikoadjustierten Renditen beider Indizes oberhalb
des durchschnittlichen Hede-Fonds-Sharpe-Maßes liegen, ist in der Periode von
1992 bis 1995 genau das Gegenteil zu beobachten. In den Zeiträumen von 1990 bis
1995 sowie von 1988 bis 1995 ist das Sharpe-Maß des Lehman-Bond-Indexes größer bzw. das Sharpe-Maß des MSCI World-Indexes kleiner als der entsprechende
Wert für die Hedge-Fonds. Jeweils die Hälfte der durchgeführten Vergleiche fällt also
zugunsten der Indizes bzw. der Hedge-Fonds aus.
Betrachtungs-
Durchschnittliches Sharpe-Maß
Sharpe-Maß
Sharpe-Maß
zeitraum
von Hedge-Fonds
MSCI World
Lehman Bond
1994 – 1995
0,145
0,229
0,164
1992 – 1995
0,297
0,190
0,267
1990 – 1995
0,241
0,058
0,304
1988 – 1995
0,231
0,108
0,272
Tabelle 2: Sharpe-Maße für Hedge-Fonds und Indizes
Angesichts dieses Resultats stellt sich die Frage, ob man nicht auf Hedge-Fonds verzichten und statt dessen in Indizes investieren sollte? Diese Frage ist eindeutig mit
4
In ihrem Artikel vergleichen Ackerman, McEnally und Ravenscraft die Performance von HedgeFonds mit weiteren Indizes wie S&P 500, MSCI EAFE, Wilshire 5000, Russel 2000 und Lehman Government/Corporate Bond. Die qualitativen Ergebnisse sind aber mit den in der Tabelle dargestellten
Resultaten identisch.
„Nein“ zu beantworten, denn die alleinige Betrachtung des Sharpe-Maßes ignoriert
einen wichtigen Aspekt: Hedge-Fonds weisen in der Regel eine geringe Korrelation
mit den Standard-Indizes auf. Das bedeutet, auch bei fallenden Kursen an den internationalen Kapitalmärkten können Hedge-Fonds eine positive Wertentwicklung vorweisen. Aus diesem Grund sind sie geeignet, einen positiven Diversifikationseffekt
herbeizuführen und zu einer spürbaren Verbesserung des Risiko-Rendite-Verhältnisses eines Portfolios beizutragen. Die Korrelationskoeffizienten der HedgeFonds-Renditen mit den Renditen der Standard-Indizes lagen in den von Ackerman,
McEnally und Ravenscraft untersuchten Zeiträumen jeweils in dem Intervall von
0,136 bis 0,323. Die Korrelationskoeffizienten von Publikumsfonds liegen dagegen in
der Größenordnung von 0,8. Hedge-Fonds sind daher tatsächlich in der Lage, das
Risiko-Rendite-Verhältnis eines Portfolios deutlich zu verbessern. Das Ausmaß dieses Diversifikationseffektes demonstrieren Agarwal und Naik (2000) sehr anschaulich, indem sie die Effizienzlinien bei Vernachlässigung sowie bei Berücksichtigung
von Hedge-Fonds auf der Grundlage der Markowitz-Portfoliotheorie ermitteln und
miteinander vergleichen. 5
In Abbildung 1 stellt die Index-Effizienzlinie alle µ-σ-effizienten Kombinationen dar,
falls die Anleger nur die Möglichkeit besitzen, positive Anteile von drei Aktien-Indizes6, drei Anleihen-Indizes7, einem Währungsindex8 sowie einem Güterindex9 zu
halten. Besitzen die Investoren zusätzlich die Möglichkeit, positive Anteile von den im
Exkurs beschriebenen Hedge-Fonds-Strategien zu erwerben, so ist die HedgeFonds/Index-Effizienzlinie in Abbildung 1 erreichbar. Man erkennt sehr deutlich, dass
durch die Aufnahme von Hedge-Fonds jede beliebig vorgegebene erwartete Rendite
jeweils mit einem deutlich geringeren Risiko erreichbar ist. Es stellt sich nun die Frage, wie Hedge-Fonds eine derartige Verbesserung des Risiko-Rendite-Verhältnisses
erreichen.
5
6
Eine ähnliche Abbildung ist beispielsweise auch in Liang (1999), S. 79 zu finden.
Die zugrunde liegenden Indizes sind der S&P 500, der MSCI World Equity Index excluding US and
the emerging markets und der MSCI Emerging Markets Index.
7
Die Indizes lauten: Salomon Brothers World Government Bond Index, Salomon Brothers Government & Corporate Bond Index und Lehman High Yield Composite Index.
8
Hierbei wird der Federal Reserve Trade-Weighted Dollar Index benutzt.
9
Es wird der UK Market Price Index for Gold zugrunde gelegt.
22 Rendite
20
18
16
14
12
10
8
6
4
2
0
0
2
Hedge-Fonds/Index-Effizienzlinie
Index-Effizienzlinie
Risiko
4
6
8
10
12
14
Abb.: 1: Effizienzlinien (Quelle: Agarwal/Naik (2000))
Exkurs: Hedge-Fonds-Kategorien nach Agarwal und Naik
Die Menge aller Hedge-Fonds kann in verschiedene Klassen aufgeteilt werden. Eine sehr grobe Gliederung unterscheidet zwischen nicht-marktorientierten (non-directional) und marktorientierten (directional) Strategien. In die erste Klasse gehören die folgenden Hedge-Fonds-Strategien, die unabhängig
von der Marktentwicklung eine absolute positive Rendite erzielen wollen und von daher auch als
marktneutral bezeichnet werden:
Anleihen-Arbitrage: Es werden Long und Short-Positionen in Zinswertpapieren und –instrumenten
eingegangen und dabei unterbewerte Titel ge- und überbewertete Titel verkauft.
Ereignisgetrieben: Finanzierungsinstrumente von Unternehmen, bei denen vermutlich ein besonderes
Ereignis (Fusion, Übernahme) ansteht, werden analysiert und Preisineffizienzen ausgenutzt.
Aktien-Hedge: Investition in wertmäßig voll oder teilweise gedeckte Long- und Short-Aktien-Positionen. Verfolgung eines regionalen oder sektorspezifischen Ansatzes.
Restrukturierung: Identifikation und Ausnutzung von fehlbewerteten Finanzierungstiteln im Zusammenhang mit Restrukturierungsmaßnahmen infolge einer (drohenden) Insolvenz.
Ereignis-Arbitrage: Kauf von Finanztiteln des Übernahmekandidaten bei gleichzeitigem Verkauf von
Titeln des übernehmenden Unternehmens.
Kapitalstruktur-Arbitrage: Kauf und Verkauf verschiedener Wertpapiere (Junior- und Senior-Schulden,
kurz- und langfristige Schulden) des gleichen Emittenten zur Ausnutzung von Fehlbewertungen.
In die zweite Kategorie gehören die folgenden Hedge-Fonds-Strategien, die insbesondere von den
Bewegungen auf den internationalen Kapitalmärkten profitieren wollen
Macro: Diese Anlagestrategie spekuliert weltweit auf Preisänderungen bei realen Wechselkursen,
Aktien, Inflationsraten, Rentenwerten oder etwa börsengehandelten Waren, wie etwa Öl oder Gold.
Long: Hedge-Fonds in dieser Kategorie verfolgen einen wachstums- oder wertorientierten Ansatz. Sie
investieren dabei vornehmlich in Schwellenländern, in denen Leerverkäufe von Aktien verboten sind.
Hedge (Long Bias): Ähnliche Strategie wie Aktien-Hedge allerdings mit einem signifikanten LongAnteil.
Short: Überbewertete Finanztitel werden verkauft, in der Hoffnung sie später günstiger zurück zu kaufen.
Vergütungsstrukturen
Eine wesentliche Besonderheit von Hedge-Fonds besteht in der Vergütungsstruktur
ihrer Manager.10 Eine Beteiligung am Erfolg des Hedge-Fonds soll die Manager zu
außergewöhnlichen Leistungen motivieren, die sich in höheren erwarteten Renditen
und geringeren Risiken niederschlagen. 11 Die Höhe der Erfolgsbeteiligung schwankt
typischerweise zwischen etwa 10 und 20 Prozent; es existieren aber auch HedgeFonds, die auf eine Beteiligung ihrer Manager am Unternehmensgewinn verzichten.
Empirische Untersuchungen zeigen, dass die Höhe der prozentualen Erfolgsbeteiligung tatsächlich in einem positiven Zusammenhang zur Performance von HedgeFonds steht. Hedge-Fonds mit einer größeren prozentualen Beteilung am Gewinn
erzielen tendenziell auch höhere risikoadjustierte Renditen. 12 Der Übergang von einem Fonds ohne Erfolgsbeteiligung zu einem Hedge-Fonds mit einer 20prozentigen
Erfolgsbeteiligung steigert beispielsweise das Sharpe-Maß im Durchschnitt um 0,15.
Wie aus den Tabellen 1 und 2 zu entnehmen ist, entspricht dies etwa 66 Prozent des
durchschnittlichen Sharpe-Maßes.
Die Hypothese, dass erfolgreiche Hedge-Fonds-Manager eine größere Beteiligung
am Unternehmenserfolg besitzen, weil sie eine bessere Position in den Vertragsverhandlungen haben, lässt sich sofort ablehnen, da sich die Vergütungsstrukturen
innerhalb der Hedge-Fonds im Laufe der Zeit kaum verändert haben. Vielmehr
scheint eine positive Wirkung von der Höhe der Erfolgsbeteiligung auf die Performance des Hedge-Fonds auszugehen. Das heißt, eine höhere Erfolgsbeteiligung
führt in der Regel auch zu einer höheren risikoadjustierten Rendite. Ob dieser Einfluss darauf zurückzuführen ist, dass Hedge-Fonds mit höheren Erfolgsbeteiligungen
fähigere Manager anziehen oder die Manager einen größeren Arbeitseinsatz zur Erzielung besonderer Renditen leisten, lässt sich nur schwer nachweisen. Fest steht
jedenfalls, dass eine höhere Erfolgsbeteiligung der Hedge-Fonds-Manager, die aus
Sicht der Investoren zwar zunächst sehr kostenintensiv wirkt, sich in der Regel auszahlt, da sie im Durchschnitt mit höheren risikoadjustierten Renditen verbunden ist.
10
Vgl. Single (2001), S. 243.
Vgl. Schuhmacher (2001a), S. 281.
12
Vgl. Ackerman, McEnally und Ravenscraft (1999), S. 855.
11
Ein weiteres Merkmal der Vergütungsstruktur von Hedge-Fonds besteht in der Vereinbarung einer sogenannten High-Watermark. Die Implementierung einer solchen
High-Watermark hat zu Folge, dass die Erfolgsbeteiligung des Managers nur bei
Überschreitung historischer Höchststände fällig wird. Ein Manager, der beispielsweise im ersten Jahr den Wert seines Anlagevermögen in Höhe von 1 Mrd. USDollar auf 500 Millionen US-Dollar verringert und im folgenden Jahr eine Rendite von
100 Prozent erzielt, erhält im zweiten Jahr keine Gewinnbeteiligung, da die
100prozentige Erhöhung des Portfoliowertes gerade ausreicht, um den zuvor hingenommen Verlust wieder zu kompensieren. Die Erfolgsbeteiligung wird nur fällig,
wenn es dem Manager in der zweiten Periode gelingt, den Portfoliowert um mehr als
100 Prozent zu erhöhen.
Die meisten Hedge-Fonds machen die Erfolgsbeteiligung tatsächlich davon abhängig, ob das Fondsvermögen die High-Watermark überschreitet; es existieren aber
auch Fonds, die auf eine solche Vereinbarung verzichten. Die Untersuchung der jeweils durchschnittlich erzielten Renditen zeigt, dass Hedge-Fonds mit High-Watermarks eine signifikant höhere Rendite als Fonds ohne High-Watermarks erzielen. 13
Leerverkäufe
Eine weitere wesentliche Besonderheit von Hedge-Fonds besteht in dem fehlenden
Verbot, Leerverkäufe durchzuführen. Zur Realisierung eines Leerverkaufs leiht der
Hedge-Fonds sich zunächst das betreffende Wertpapier von einem Verleiher. Hierfür
kommen in Deutschland organisierte Leihsysteme wie die Deutsche Kassenverein
AG oder nationale und internationale Großbanken in Frage. 14 Diese übertragen dabei
an den Hedge-Fonds (Entleiher) für eine bestimmte Dauer das Eigentum an dem betreffenden Wertpapier. Verkauft der Fonds das erhaltene Wertpapier, so spricht man
von einem Leerverkauf. Der Hedge-Fonds verpflichtet sich weiterhin, dem Verleiher
nach einer bestimmten Dauer unabhängig von dem dann aktuellen Kurs, das Wertpapier in gleicher Art und Menge zurückzugeben. Falls der Kurs des in Rede stehenden Wertpapiers in dem vereinbarten Zeitraum sinkt, so kann der Hegde-FondsManager das Papier zu einem günstigeren Kurs erwerben als er es veräußert hat, an
den Verleiher zurückgeben und einen Gewinn in Höhe der Differenz zwischen Ver13
14
Vgl. Liang (1999), S. 74.
Vgl. Bruns und Meyer-Bullerdiek (2000), S. 425.
kaufskurs pV und Kaufkurs pK realisieren. Der Gewinn lässt sich demzufolge aus pV –
pK berechnen. Steigt der Kurs des Wertpapiers allerdings in dem relevanten Zeitraum, so liegt pK oberhalb von pV und der Hedge-Fonds erleidet einen Verlust.
Aus der Formel zur Ermittlung des Gewinns bzw. Verlusts im Falle eines Leerverkaufs kann man erkennen, dass der Leerverkauf eines Wertpapiers eine grundsätzlich andere Risikostruktur als der Kauf eines Finanztitels aufweist. Während die Gewinnchance bei einem Kauf unbegrenzt ist, kann bei einem Leerverkauf maximal ein
Gewinn in Höhe von pV erzielt werden, wenn der Kurs des Wertpapiers nämlich auf
Null sinkt. Die Gewinnchance ist dadurch auf 100 Prozent limitiert. Auf der anderen
Seite besteht bei einem Leerverkauf ein unbegrenztes Verlustrisiko, da der Ausdruck
pV – pK im Falle eines steigenden Kaufkurses beliebig klein werden kann. Beim Kauf
von Finanztiteln ist dagegen das Verlustrisiko auf den Anlagebetrag und somit auf
100 Prozent beschränkt.
Weil der Leerverkauf eines Wertpapiers im allgemeinen als riskanter zu beurteilen ist
als der Kauf eines Finanztitels, ist es den Publikumsfonds in Deutschland und den
USA gesetzlich untersagt, Wertpapiere leer zu verkaufen. 15,16 Die Kapitalanlagegesellschaften in Deutschland und den USA unterliegen einem relativ engmaschigen
Netz von gesetzlichen Regulierungen, die dem Gedanken des Anlegerschutzes
Rechnung tragen sollen. Weil Hedge-Fonds eine grundsätzlich andere Rechtsform
als Publikumsfonds aufweisen, ist es ihnen erlaubt, Wertpapiere leer zu verkaufen.
Leerverkäufe eröffnen Hedge-Fonds die Möglichkeit, durch den gleichzeitigen Kauf
und Verkauf von Wertpapieren sich von der Marktentwicklung zu lösen und das Risiko eines Portfolios spürbar zu senken.
Tatsächlich kann man zeigen, dass sich die in Abbildung 1 erkennbare besondere
Performance von Hedge-Fonds zu einem großen Teil auf Leerverkäufe zurückführen
lässt. Auf einem relativ geringen Risikoniveau mit Standardabweichungen unterhalb
von 3 Prozent lassen sich durch optimale Long- und Short-Positionen in Indizes ähnliche Risiko-Rendite-Kombinationen erzielen wie mit Hilfe von Hedge-Fonds.17 Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Strategie von Hedge-Fonds zumindest teil15
Vgl. §9(5) KAGG.
Vgl. §12(a)(1) ICA 1940.
17
Vgl. Schuhmacher (2001b).
16
weise durch optimale Kauf- und Verkaufspositionen von Standard-Indizes auf Grundlage der Markowitz-Portfoliotheorie dupliziert werden kann. Beispielsweise erreicht
die Anlagestrategie, die aus Long-Positionen in den Indizes für Staatsanleihen (Salomon Brothers World Government Bond Index) und Währungen (Federal Reserve
Trade-Weighted Dollar Index) sowie Short-Positionen in den Indizes für hochrentierliche Anleihen (Lehman High Yield Composite Index) und Unternehmensanleihen (Salomon Brothers Government & Corporate Bond Index) besteht, für Standardabweichungen unterhalb von 3 Prozent ungefähr die gleichen Risiko-Rendite-Profile wie
die Hedge-Fonds/Index-Effizienzlinie aus Abbildung 1.
Auf einem hohen Risikoniveau können allerdings mit Hilfe der optimalen Index-Anlagestrategie günstigere Risiko-Rendite-Profile erreicht werden im Vergleich zu mit
Hedge-Fonds angereicherten Portfolios. Dieser Umstand lässt sich möglicherweise
auf die Tatsache zurückführen, dass das optimale Index-Portfolio unter anderem aus
einer Long-Position des amerikanischen Aktienindexes S&P 500 sowie einer ShortPosition des Goldindexes besteht und diese Strategie von keinem der Hedge-Fonds
angewandt wurde.
Hedge-Fonds-Strategien
Schließlich soll noch der Frage nachgegangen werden, ob die Auswahl einer bestimmten Hedge-Fonds-Strategie zu einem besonders günstigem Risiko-RenditeProfil führen kann. Es zeigt sich jedoch, dass keine Strategie konsistent in der Lage
ist eine im Vergleich zu den anderen Kategorien außergewöhnliche Performance zu
erzielen. 18 Lediglich die Strategie „Short“ hat in dem betrachteten Zeitraum eine besonders schlechte Performance geliefert, was angesichts der in diesem Zeitraum
steigenden Aktienmärkte nicht besonders verwunderlich ist. Ansonsten bieten die
verschiedenen Hedge-Fonds-Strategien völlig unterschiedliche Risiko-Rendite-Profile. So weisen beispielsweise die marktneutralen Hedge-Fonds eine geringere
Volatilität als die marktorientierten auf, erzielen dafür aber auch im Durchschnitt
geringere Renditen. Es lässt sich also festhalten, dass die Anwendung beziehungsweise Auswahl einer bestimmten Hedge-Fonds-Strategie nicht die außergewöhnliche
gute Performance eines Hedge-Fonds erklären kann.
18
Vgl. Ackerman, McEnally und Ravenscraft (1999), S. 862.
Verzeichnis der zitierten Literatur
Ackerman, C., McEnally, R. und Ravenscraft, D. (1999): „The Performance of Hedge
Funds: Risk, Return, and Incentives,“ in: Journal of Finance 54 (3), 833-874.
Agarwal, V. und Naik, N. Y. (2000): „On Taking the Alternative Route: Risks, Rewards, Style and Performance Persistence of Hedge Funds“, in: Journal of Alternative Investments 2 (4), 6-23.
Bruns, C. und Meyer-Bullerdiek, F. (2000): „Professionelles Portfoliomanagement“,
Stuttgart.
Liang, B. (1999): „On the Performance of Hedge Funds,“ in: Financial Analysts Journal 55, 72-85.
Schuhmacher, F. (2001a): Wertpapier-Hedge-Fonds aus Sicht der Prinzipal-Agenten-Theorie, in: Die Sparkasse, 118 Jg., S. 278-282.
Schuhmacher, F. (2001b): Der Einfluß von Leerverkäufen auf die Performance von
Hedge-Fonds, unveröffentlichtes Manuskript.
Single, G. L. (2001): „Hedge-Fonds - Anlageform der Zukunft“, in: Zeitschrift für das
gesamte Kreditwesen 26 (5), 240-244.