Der Moment, in dem Medizintechnik etwas sehr Menschliches

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Der Moment, in dem Medizintechnik etwas sehr Menschliches
Der Moment, in dem
Medizintechnik etwas sehr
Menschliches bewirkt: Ein
Patient kann wieder lächeln.
Für diesen Moment
arbeiten wir.
Weltweit | 100 Jahre Medizintechnik bei Carl Zeiss
Innovationen für den medizinischen Fortschritt
Nicht nur die Politik ist die Kunst des Möglichen,
Im Dezember 1990, noch vor der offiziellen Wiederver-
auch die Medizin lässt sich so beschreiben. Wäh-
einigung von Carl Zeiss, verständigten sich die Führun-
rend der vergangenen einhundert Jahre haben
gen der Medizintechnik-Sparten in Ost und West darauf,
Geräte von Carl Zeiss die Möglichkeiten der Ärzte
den Bereich Operationsmikroskope in Oberkochen zu
immer wieder erweitert. Dabei beginnt die Ge-
konzentrieren, während Jena sich der augenärztlichen
schichte der Medizintechnik im Konzern früher,
Gerätetechnik widmen sollte.
als selbst Kenner der Unternehmenshistorie erwarten würden.
„Die Entscheidung, dass Jena nur
noch ophthalmologische Geräte
Bereits rund 19 Jahre vor Gründung der entsprechenden
baut, während sich Oberkochen
Abteilung wurde bei Carl Zeiss das erste medizintechni-
auf die Operationsmikroskope kon-
sche Gerät entwickelt. Damals, im Jahr 1893, baute Carl
zentriert, führte in Jena zunächst
Zeiss nach Vorgaben des Dresdner Augenarztes Fritz
zu schmerzhaften personellen Ein-
Schanz ein monokulares Hornhautmikroskop. Nach und
schnitten. Im Nachhinein betrachtet, war es die
nach kamen neue und bessere Geräte hinzu, allesamt
richtige Entscheidung für die weitere erfolgreiche Ent-
in enger Kooperation mit herausragenden Medizinern
wicklung der Medizintechnik bei Carl Zeiss sowohl
entwickelt. Gleichzeitig begann Carl Zeiss mit der Ferti-
in Jena als auch in Oberkochen.“ Dr. Karl-Heinz
gung der ersten wissenschaftlich berechneten Brillen-
Donnerhacke
gläser. Augenoptik und ophthalmologischer Gerätebau
beflügelten sich. Der wirtschaftliche Erfolg stellte sich
Als im Konzern unter dem neuen Vorstand Peter Grass-
jedoch erst ein, nachdem die verstreuten und betriebs-
mann 1995 eine grundlegende Restrukturierung einge-
wirtschaftlich kaum beachteten Aktivitäten zum 1. April
leitet wurde, war der Umbauprozess in der Medizintech-
1912 in eigenen Geschäftsbereichen zusammengefasst
nik schon weitgehend abgeschlossen. Dennoch blieb ein
worden waren.
Grundproblem: Oberkochen, Jena und die im kalifornischen Dublin beheimatete Carl Zeiss Tochter Humphrey
Der ophthalmologische Gerätebau war bei Carl Zeiss
Instruments arbeiten jeweils unabhängig voneinander
in Jena also bereits zu Anfang des 20. Jahrhunderts
an den eigenen Projekten. Synergien gab es kaum, und
etabliert. Dagegen wurden die chirurgischen Disziplinen
die Geräte aus den einzelnen Standorten erweckten
als Geschäftsfeld für die Carl Zeiss Medizintechnik in
mitunter den Eindruck, von unterschiedlichen Herstel-
Oberkochen entdeckt. 1953, rund fünf Jahre nach der
lern zu stammen.
Teilung von Carl Zeiss infolge des Kalten Krieges, erfand
Hans Littmann mit dem Operationsmikroskop OPMI 1
Voraussetzung für den etwa seit der Jahrtausendwende
eine völlig neue Geräteklasse. Viele heute häufig durch-
eingeschlagenen Weg von einzelnen Produkten zu kom-
geführte mikrochirurgische Eingriffe wurden damit erst
plexen Lösungen (Solutions) war die Gründung der Carl
möglich. Die ZEISS Operationsmikroskope etablierten
Zeiss Meditec AG 2002.
sich binnen weniger Jahre als „Goldstandards“ und entwickelten sich zur festen Größe im klinischen Alltag.
„Neben der stärkeren Anwendungsorientierung haben wir in den ver-
„Was macht uns aus? – Produkte,
gangenen Jahren auch unser Ver-
die für die Medizin wirklich bahn-
ständis von Service erweitert. Was
brechend sind, besonders in den
wir inzwischen damit meinen, geht
Bereichen Augenheilkunde und
Mikrochirurgie. Wir nennen diese
Produkte und Lösungen Goldstandards.“ Dr. Ludwin Monz
über Liefern und Reparieren weit
hinaus.“ Dr. Karlheinz Rein
Unter Michael Kaschke als zuständigem Vorstand wur-
„Unser Ziel ist der perfekte Arbeits-
den zunächst das Medizintechnikgeschäft der Carl Zeiss
platz für den Chirurgen. Das geht
Standorte in Jena und Dublin (Kalifornien) sowie die in
weit über die Bereiche der klas-
Jena ansässige Asclepion Meditec AG in dem neuen
sischen Optik hinaus.“ Dr. Werner
Unternehmen zusammengeführt.
Nahm
„Der Erfolg der Carl Zeiss Medizintechnik hängt auch daran, dass wir
Dies hat sicher dazu beigetragen, dass sich die Carl Zeiss
mehrfach mutige, unkonventionelle
Meditec AG in der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise
Wege gegangen sind. Die Formie-
des Jahres 2009 als stabile Säule für das Konzernge-
rung einer börsennotierten AG, Ak-
schäft erwiesen hat.
quisitionen jenseits der klassischen
Optik im Bereich der chirurgischen Geräte oder der
Auch der Zukunft sieht die Carl Zeiss Meditec AG opti-
Intraokularlinsen – solche Entscheidungen galten bei
mistisch entgegen, sagt Dr. Ludwin Monz, Vorsitzender
Carl Zeiss früher als nahezu nicht vorstellbar. Aber
des Vorstands: „Wir erleben, dass weltweit immer mehr
auch die Pioniere Carl Zeiss und Ernst Abbe haben zu
Menschen in den Genuss einer umfassenden Gesund-
ihren Zeiten Grenzen überschritten und unser Unter-
heitsversorgung kommen. Durch eine Vielzahl passge-
nehmen voran gebracht.“ Dr. Michael Kaschke
nauer Lösungen, die Ärzte rund um den Globus in ihrer
Arbeit unterstützen und das Leben von Patienten verbes-
Die Gründung erfolgte als Übernahme einer bereits
sern, können wir an diesem globalen Wachstum teil-
börsennotierten Gesellschaft (auch Reverse IPO genannt)
haben und die Medizintechnik in die Zukunft führen.“
und löste gleich mehrere Probleme: Sie brachte Carl
Zeiss den Einstieg in das bisher von Asclepion betriebene
„Die Marke ZEISS war für die Ver-
Geschäft mit refraktiven Lasern, stärkte den Standort
triebsarbeit schon immer ein hilf-
Jena, ermöglichte die Aufnahme zusätzlichen Kapitals
reicher Türöffner gewesen. Viele
am Aktienmarkt und bot erstmals ein Dach für die auf
Kunden kennen Carl Zeiss aus an-
verschiedene Standorte verteilten Medizintechnik-Aktivi-
deren Bereichen. Ihre Erwartungen
täten. Mit der Stiftungsreform des Jahres 2004 und der
an umfassenden Kundenservice
nun möglichen Übernahme des Oberkochener OPMI-
und höchste Qualität wollen wir auch in der Medizin-
Geschäft durch die Carl Zeiss Meditec AG wurde der
technik erfüllen. Der Partner der Wahl für unsere
Prozess der Neustrukturierung abgeschlossen.
Kunden zu sein – das wird für die Zukunft unseres
Unternehmens richtungsweisend sein.“ Thomas
Dies war jedoch nur der Startpunkt für die Umsetzung
der eigentlichen, auf komplette Diagnose- und Behandlungslösungen ausgerichteten Strategie. Durch Übernahme von IOLTECH (2005) und Acri.Tec (2007) erweiterte die Carl Zeiss Meditec AG ihr Portfolio beispielsweise um Intraokularlinsen und Verbrauchsmaterialien für
die Augenchirurgie. Damit bewegte sich Carl Zeiss über
die traditionellen Bereiche der Optik und Feinmechanik
hinaus in Richtung weniger konjunkturabhängiger
Verbrauchsgüter.
Simmerer
Weltweit | 100 Jahre Medizintechnik bei Carl Zeiss
100 Jahre Medizintechnik bei Carl Zeiss
1911
1925
Spaltlampe
Netzhautkammer nach J. W. Nordenson
Mit Hornhautmikroskop (1898) und Großem Ophthal-
Die erste bekannte Fotografie einer menschlichen
moskop (1910) hatte Carl Zeiss die vorderen und hinte-
Netzhaut stammt aus dem Jahr 1886. Von der klini-
ren Augenabschnitte für die medizinische Untersu-
schen Anwendung blieb die auf riesigen Laborappara-
chung erschlossen. Weitgehend unsichtbar blieben
ten basierende Netzhautfotografie aber noch weit
noch die dazwischen liegenden, durchsichtigen Teile –
entfernt, bis Carl Zeiss 1925 die erste in Serie gefertig-
Augenkammern, Linse und Glaskörper. Buchstäblich
te, kompakte und leicht zu bedienende Netzhautkam-
Licht ins Dunkel brachte die Spaltlampe, entwickelt
mer („Kammer“ = Kamera) auf den Markt brachte.
1911 von dem schwedischen Mediziner und Nobel-
Das grundlegende Design war so überzeugend, dass es
preisträger Allvar Gullstrand in Kooperation mit Moritz
später von allen Herstellern weltweit übernommen
von Rohr, dem ehemaligen Assistenten von Ernst Abbe.
wurde. Wieder einmal hat Carl Zeiss Standards gesetzt.
Das Grundprinzip: Ein variabler Lichtspalt wird in das
Auge projiziert. Der Arzt beobachtet die entstehende
Lichtstreuung durch eine Stereolupe und kann anhand
dessen Schäden bzw. Verunreinigungen von Linse,
Kammerflüssigkeit oder Glaskörper diagnostizieren.
1915 wurde die Spaltlampe mit dem Hornhautmikroskop kombiniert. Von 1933 an baute Carl Zeiss ein kompaktes, leicht bedienbares Gerät mit Beleuchtung und
Mikroskop auf einer gemeinsamen Drehachse. Damit
war ein universelles Untersuchungsgerät geschaffen,
das bis heute zur Grundausstattung jeder augenärztli-
Netzhautkammer
chen Praxis gehört.
1953
Operationsmikroskop
Mehrfach haben Innovationen der Carl Zeiss Medizintechnik Ärzten völlig neue therapeutische Möglichkeiten erschlossen. Eines der bedeutendsten Beispiele
dafür ist das 1953 von Hans Littmann in Oberkochen
entwickelte Operationsmikroskop. Es steht am Anfang
einer neuen Klasse medizinisch-technischer Geräte und
ermöglichte damit erst eine Vielzahl der heute üblichen
mikrochirurgischen Verfahren. Das optische System
Spaltlampe
basierte auf den in Jena bereits vor Kriegsende entwickelten Spaltlampen und besaß zusätzlich eine von
Littmann entworfene koaxiale Beleuchtung durch das
1912
Hauptobjektiv. Das Operationsmikroskop OPMI® 1 war
Gründung der Abteilung für medizinisch-
in Kooperation mit dem Tübinger Professor für Augen-
optische Geräte
heilkunde Heinrich Harms entstanden. Später wurde es
Bereits seit 1893 entwickelte und fertigte Carl Zeiss
auch in weiteren medizinischen Disziplinen von der
augenärztliche Geräte. Umfang und Bandbreite des
Hals-, Nasen-, Ohrenchirurgie über Dermatologie und
medizintechnischen Programms wuchsen über die
Kieferchirurgie bis hin zur Gynäkologie eingesetzt. In
Jahre stetig. Am 1. April 1912 war es dann so weit:
enger Zusammenarbeit mit den Anwendern wurden
Die unterschiedlichen Aktivitäten in diesem Bereich
die Möglichkeiten durch spezielle Stative, Beleuch-
wurden in der Abteilung für medizinisch-optische Ge-
tungseinrichtungen sowie Kamera- und Assistententu-
räte zusammengefasst – damit war der Grundstein
ben stetig erweitert. Speziell für die Ausbildung von
der Carl Zeiss Meditec AG gelegt.
Medizinern entwickelte Carl Zeiss 1962 das aus zwei
100 Jahre Medizintechnik bei Carl Zeiss
Stereomikroskopen bestehende Diploskop. Dieses er-
1957
möglichte erstmals einen für den behandelnden Arzt
Photokoagulator
und dessen Assistenten identischen räumlichen Blick
Der Ophthalmologe Gerhard Meyer-Schwickerath wag-
auf das operative Geschehen – Voraussetzung für die
te erstmals 1949 die Operation einer beginnenden
Vermittlung der neuartigen mikrochirurgischen Tech-
Netzhautablösung mittels Lichtkoagulation, das heißt
niken.
durch Vernarbung des umliegenden Netzhautgewebes
durch punktuelle, hochintensive Lichteinwirkung. Das
„Was macht uns aus? – Produkte, die für die Medizin
dafür genutzte Gerät bündelte die Sonnenstrahlen auf
wirklich bahnbrechend sind, besonders in den Berei-
dem Dach einer Hamburger Augenklinik – ein abenteu-
chen Augenheilkunde und Mikrochirurgie. Wir nen-
erliches Verfahren. Carl Zeiss entwickelte 1957 zusam-
nen diese Produkte und Lösungen Goldstandards.”
men mit Meyer-Schwickerath einen Lichtkoagulator.
Dr. Ludwin Monz
Dieser nutzte stattdessen eine Xenonhochdrucklampe
und machte die Operation unabhängig von der norddeutschen Wetterlage und wesentlich besser kontrollierbar. Der Photokoagulator begründete die Nutzung
von Licht für die Therapie von Augenerkrankungen und
wurde damit zum Vorläufer heutiger Lasersysteme.
Operationsmikroskop
1955
Funduskamera
Federführend von Hans Littmann entwickelt, besaß die
Photokoagulator
HFA
Funduskamera gegenüber der Netzhautkammer von
1925 zwei wesentliche Verbesserungen: die Nutzung
1984
eines Elektronenblitzes zur Verkürzung der Belichtungs-
Humphrey Field Analyzer (HFA)
zeit und die Verwendung eines Farbfilms. Die nun
Das US-amerikanische Unternehmen Humphrey Instru-
möglichen Abbildungen des Augenhintergrundes wa-
ments, das 1991 von Carl Zeiss übernommen wurde,
ren wesentlich kontraststärker; sie besaßen eine höhere
brachte Mitte der 1980er Jahre mit dem Humphrey
Auflösung und weniger Verzerrungen. Ab 1965 unter-
Field Analyzer ein Gerät auf den Markt, welches das
stützte das Gerät dann auch die sogenannte Fluores-
Gesichtsfeld in einem automatisierten Prozess vermes-
zenz-Angiographie, bei der die Kapillaradern der Netz-
sen konnte. Krankhafte Einschränkungen des Gesichts-
haut durch Einspritzen eines Fluoreszenzmittels
feldes, besonders in Folge von Glaukom-Erkrankungen,
zusätzlich hervorgehoben werden.
ließen sich damit viel genauer analysieren.
„Ab dem Tag der Markteinführung erwies sich der
HFA als ungemein erfolgreich und hat sich über die
automatisierte Perimetrie hinaus längst seinen gegenwärtigen Platz als Standardtest in jeder Augenarztpraxis erobert. Heute gilt der Humphrey Field
Analyzer als internationaler Goldstandard in der
standardisierten automatisierten Perimetrie (SAP)
und zugleich auch weiterhin als Messlatte für alle
Vergleichsprodukte.” Chris Ritter
Funduskamera
100 Jahre Medizintechnik bei Carl Zeiss
1985
zenz für die Technologie durch die Carl Zeiss Tochter
Ophthalmologischer Arbeitsplatz (OAP)
Humphrey Instruments erworben. Das erste Gerät „OCT
Die fünf wichtigsten augenärztlichen Geräte sowie ein
1“ kam unter der Marke ZEISS 1997 auf den Markt. Für
so genannter Phoropter zum Brillenabgleich (subjektive
die Augenheilkunde wurde damit bei der Diagnose von
Refraktion) und ein Scheitelbrechwertmesser zur Ver-
Netzhauterkrankungen eine noch nicht gekannte Tie-
messung von Brillengläsern wurden 1985 bei Carl Zeiss
fendimension erschlossen. Durch intelligente Software
Jena in einer kompakten Einheit, dem Ophthalmologi-
und eine Vielzahl von Verbesserungen sind die Möglich-
schen Arbeitsplatz OAP 211/311, zusammengefasst.
keiten der Optischen Kohärenz-Tomographie mit der
Damit wurde die heutige Idee der integrierten Gerä-
aktuellen Gerätegeneration der Marke Cirrus™ HD-OCT
telösung erstmals umgesetzt. In der damaligen DDR
immer weiter gewachsen.
gab es für den OAP vor allem pragmatische Gründe:
Ein einziger Beschaffungsvorgang genügte, um eine
„Während es beim HFA darum ging, einen bestehen-
Augenarztpraxis funktionsfähig auszustatten.
den Test aus der Augenheilkunde zu automatisieren,
erkannte ZEISS bei der OCT-Technologie frühzeitig
1986
das Potenzial für den Einsatz in der ophthalmolo-
Excimerlaser MEL 50
gischen Diagnostik. Die ersten beiden ZEISS OCT-
Die 2002 in der Carl Zeiss Meditec AG aufgegangene
Produkte sprachen zunächst nur die wenigen Top-
Firma Asclepion Meditec brachte mit dem MEL 50 das
spezialisten für Netzhauterkrankungen an. Dennoch
erste kommerzielle Lasersystem zur Refraktionskorrek-
arbeiteten wir weiter an der Bedienerfreundlichkeit
tur auf den Markt, mit dem man Fehlsichtigkeiten am
und an neuen Verwendungsmöglichkeiten, die das
Auge korrigieren konnte.
Produkt breiter nutzbar machen sollten. Der Wendepunkt gelang mit der Einführung der dritten Genera-
1991
tion des Stratus OCT. Der geringere Preis, die leichte
Kauf von Humphrey Instruments
Nutzbarkeit und neue Einsatzmöglichkeiten beim
Der Kauf des US-amerikanischen Spezialisten für au-
Glaukom fielen mit neuen Behandlungsverfahren bei
genärztliche und augenoptische Diagnosegeräte erwei-
Makuladegeneration zusammen, die von der OCT-
terte die Kompetenz von Carl Zeiss besonders im Be-
Bildgebung profitierten. Das war der lang ersehnte
reich automatisierter, rechnergestützter Systeme. Nach
Durchbruch, mit dem der Siegeszug dieses neuen
der Übernahme durch Carl Zeiss wurde der Sitz von
und in der Klinik heute unverzichtbaren Geräts für
Humphrey Instruments von San Leandro ins kaliforni-
die Augenheilkunde begann.” Chris Ritter
sche Dublin verlegt, wo sich heute der mit 700 Mitarbeitern größte Standort der Carl Zeiss Meditec
befindet.
1997
Optischer Kohärenz-Tomograph (OCT)
Bis zu zwei Millimeter tief können Ärzte mit Hilfe der
Optischen Kohärenz-Tomographie unter die Oberfläche
von streuendem lebendem Gewebe blicken. Gemessen
OCT
IOLMaster
wird dabei völlig berührungsfrei. Als Ergebnis liefert der
OCT detaillierte Bilder auch feinster Kapillargefäße und
1999
Nervenbahnen. Die Funktionsweise beruht auf der
IOLMaster
Überlagerung (Interferenz) zweier breitbandiger Licht-
Der 1999 vorgestellte IOLMaster® war am Markt lange
strahlen, von denen einer durch die zu betrachtende
Zeit konkurrenzlos. Das Gerät, das auf ein Konzept des
Oberfläche reflektiert wird, während der andere als
Wiener Physikers Adolf Friedrich Fercher zurückgeht,
Referenz dient. Am berühmten Massachusetts Institute
konnte das Auge im Vorfeld einer Kataraktoperation
of Technology (MIT) war dieses Verfahren Anfang der
absolut präzise und berührungslos vermessen und aus
1990er Jahre entwickelt worden; 1993 wurde die Li-
diesen Daten automatisch die optimale Brechkraft der
100 Jahre Medizintechnik bei Carl Zeiss
einzusetzenden Intraokularlinse bestimmen. Gegenüber
nehmen, mit dem Carl Zeiss bereits seit den 1990er
dem für den Patienten unangenehmen und aus ärztli-
Jahren bis zur Auflösung der Firma im Jahr 2001 koope-
cher Sicht ebenso aufwändigen wie ungenauen Ultra-
riert hatte. Seit der Vorstellung im Jahr 2003 wurde das
schallverfahren stellte der IOLMaster eine derartige
Produkt vor allem bei der Therapie von Brustkrebs ein-
Verbesserung dar, dass erfahrene Kataraktchirurgen
gesetzt. Mit INTRABEAM können noch während der
von der ersten echten Revolution seit Jahrzehnten
Operation eventuell verbliebene Krebszellen im Tumor-
sprachen.
bett gezielt mit hoher Dosis bestrahlt werden. Dies ist
sehr zielgenau, schonend für gesundes Gewebe. Davon
2002
können sehr viele Patientinnen profitieren – manche,
Gründung der Carl Zeiss Meditec AG
durch eine verkürzte Bestrahlungsdauer nach der Ope-
Die Jahrtausendwende markierte auch für den opthal-
ration oder, in geeigneten Fällen, sogar durch den Weg-
mologischen Gerätebau bei Carl Zeiss eine Zäsur: Ab
fall dieser externen Bestrahlung. Vor allem ältere Pati-
sofort sollte das Geschäft nicht mehr auf einzelne,
entinnen mit frühem Brustkrebs, der bei Vorsorge-
mehr oder weniger unverbundene Bausteine ausgerich-
untersuchungen immer häufiger entdeckt wird, profitie-
tet sein, sondern die komplette Bandbreite an Problem-
ren von der schonenden intraoperativen Bestrahlung
lösungen für den Augenarzt umfassen. Äußeres Zei-
noch während der Operation. Im Jahr 2010 konnte die
chen und Kernstück der neuen Strategie war die
Wirksamkeit von INTRABEAM bei Brustkrebs bei einer
Gründung der Carl Zeiss Meditec AG im Jahr 2002, die
geeigneten Patientengruppe durch eine breit angelegte
zugleich mit dem Einstieg von Carl Zeiss in die refrak-
Studie bewiesen werden. 2011 wurde die Entwicklung
tive Laserchirurgie verbunden war. Im Vorfeld der Grün-
von INTRABEAM mit dem Deutschen Innovationspreis
dung wurde der in Jena beheimatete ophthalmologi-
der Wirtschaft ausgezeichnet.
sche Gerätebau zunächst in die Carl Zeiss Ophthalmic
Systems AG ausgegründet und anschließend mit
Humphrey Systems mit Sitz in Dublin (Kalifornien) verschmolzen. Die neu gegründete AG fusionierte ihrerseits mit der in Jena ansässigen Asclepion-Meditec AG
zur Carl Zeiss Meditec AG, die bereits an der Börse
notiert war. Der Geschäftsbereich chirurgische Geräte
wurde nach der Reform der Carl-Zeiss-Stiftung im Jahr
2004 ebenfalls in die neue Gesellschaft eingebracht.
Damit war die Integration der Medizintechnik-Aktivitä-
INTRABEAM
ten unter einem Dach weitgehend abgeschlossen.
2003
Excimerlaser MEL 80™
Das erste unter dem Dach von Carl Zeiss in den Markt
eingeführte refraktive Lasersystem zeichnet besonders
seine kurze Behandlungsdauer und hohe Genauigkeit
aus. Mit der Operation werden die auftretenden Beeinträchtigungen der Sehkraft für Patienten minimiert.
Die Carl Zeiss Meditec AG 2002
2003
INTRABEAM
Mit dem Produkt INTRABEAM® hat Carl Zeiss die intraoperative Bestrahlung von Krebszellen (IORT) zur Marktreife entwickelt. Die grundlegende Technologie dazu
stammte von einem US-amerikanischen Startup-Unter-
MEL 80
100 Jahre Medizintechnik bei Carl Zeiss
2004
führung von Operationen zur Verfügung stellen
Übernahme Laser Diagnostics Technologies Inc.
sollten. Indem wir verschiedene Funktionen in das
(LDT, San Diego)
Mikroskopsystem integrierten, wollten wir eine ein-
Durch von LDT entwickelte Technologie zur laserba-
fache Anwendung und Einrichtung für das klinische
sierten Abtastung des Augenhintergrundes sicherte
Team sowie eine hohe Zuverlässigkeit bei geringer
sich Carl Zeiss einen Innovationsvorsprung in der Glau-
Systemgröße erreichen. Neben der klassischen Visua-
kom-Diagnostik.
lisierung wurden verschiedene Anwendungsoptionen
entwickelt, einschließlich Videoanzeige- und Archiv-
2004
funktionen, Navigations- und Fluoreszenzanwendun-
OPMI Pentero
gen. Mit der Fluoreszenzfunktion kann das chirurgi-
Kaum jemals zuvor war eine Entwicklung von Carl Zeiss
sche Team Gewebestrukturen auf eine völlig neue
so umfangreich mit den Bedürfnissen einer Vielzahl
Art und Weise darstellen – eine bahnbrechende Neu-
erfahrener Anwender abgeglichen worden wie bei dem
erung. Schließlich mussten wir sicherstellen, dass das
2004 vorgestellten ZEISS Operationsmikroskop Pentero.
System nicht nur die Arbeitsabläufe für den Chirur-
Der Markterfolg dieses speziell für die Neurochirurgie
gen, sondern für das gesamte klinische Team verbes-
entwickelten Modells beruhte nicht nur auf bahnbre-
sern würde, z. B. auch für OP-Schwestern und Biome-
chenden Neuerungen, sondern vor allem auf der ge-
diziner. Es war keine leichte Aufgabe, all diese
konnten Umsetzung einer Vielzahl von Kundenanforde-
Anforderungen in einem kompakten, eleganten De-
rungen wie Beweglichkeit, Beleuchtung, Kompaktheit,
sign mit modernster Elektronik und Software zu reali-
Kabelfreiheit, vollständige Videointegration und Benut-
sieren – natürlich unter der Vorgabe, dass der Preis
zerfreundlichkeit. Durch die Integration vielfältiger
nicht zu stark vom Vorgängermodell abweichen
Diagnostik-, Daten- und Informationsfunktionen in ein
sollte. Doch unserem Engineering-Team gelang es,
leicht und ergonomisch bedienbares, kompaktes und
das Unmögliche möglich zu machen, und das Resul-
formschönes Gehäuse gelang mit dem
OPMI®
Pentero
tat ist ein sehr beliebtes Produkt!” Dirk Brunner
ein bis dahin unerreichter Technologietransfer vom
Entwicklungslabor in den Operationssaal.
2005
Übernahme IOLTECH SA (La Rochelle)
Mit dem Kauf der IOLTECH sicherte sich die Carl Zeiss
Meditec den Zugang zum attraktiven Markt für Intraokularlinsen und Verbrauchsgüter für die Katarakt-OP,
die mit rund 15 Millionen Eingriffen jährlich weltweit
am häufigsten durchgeführte Operation. Nach der
Übernahme war Carl Zeiss erstmals in der Lage, die
gesamte Wertschöpfungskette in der Behandlung und
Nachbehandlung des Grauen Stars abzudecken. Auf
dem durch den Konzern eingeschlagenen Weg von
einzelnen Diagnosegeräten hin zu kompletten Lösungen für die Medizin bedeutete dies einen wichtigen
strategischen Schritt nach vorn.
OPMI Pentero
„Ausgangspunkt für die Entwicklung des OPMI
Pentero waren verschiedene Konzepte, die dem
Neurochirurgen ein vollständiges „Cockpit“ zur Durch-
Standort La Rochelle
100 Jahre Medizintechnik bei Carl Zeiss
2006
Katarakts getrübte Augenlinse wird ersetzt. Gleichzeitig
VisuMax
können Hightech-Implantate wie die bei Acri.Tec ent-
Durch wesentlich kleinere Hornhautschnitte und eine
wickelte AT LISA® toric alle üblichen Fehlsichtigkeiten
bisher unerreichte Genauigkeit in der Schnittführung
einschließlich Stabsichtigkeit (Astigmatismus) und Al-
erlaubte das System VisuMax® auch die Behandlung
tersweitsichtigkeit (Presbyopie) korrigieren. Allerdings
von Patienten, bei denen aufgrund geringer Hornhaut-
ist eine sorgfältige Implantation und Ausrichtung der
dicke oder starker Fehlsichtigkeit ein refraktiver Lase-
Kunstlinse erforderlich. Carl Zeiss Meditec gibt dem
reingriff bisher zu riskant war. Geheimnis hinter dem
behandelnden Arzt daher ein optimal abgestimmtes
2006 in den Markt eingeführten System VisuMax ist ein
System von Komponenten an die Hand, das den ge-
hochmoderner Femtosekundenlaser, dessen Lichtpulse
samten Prozess von der Diagnose und präoperativen
so kurz und zugleich intensiv sind, dass sie das umlie-
Biometrie über die Berechnung der Linse bis hin zur
gende Gewebe beim Schnitt nicht aufheizen oder
Implantation. Aber auch in der ophthalmologischen
verletzen.
Diagnostik verbindet Carl Zeiss seine Instrumente zu
einem System und führt die Daten auf einer gemein-
2007
samen Computer-Plattform zusammen (siehe FORUM,
Übernahme Acri.Tec GmbH (Hennigsdorf)
2009).
Das 1997 gegründete Unternehmen Acri.Tec hatte sich
binnen wenigen Jahren eine führende Stellung auf
2007
dem Gebiet innovativer Intraokularlinsen erarbeitet. Die
OPMI Lumera
Carl Zeiss Meditec AG konnte ihr Portfolio durch die
Nachdem das OPMI® Pentero bereits in der Neuro-
Integration der Acri.Tec speziell um bifokale und bitori-
chirurgie als neuer Goldstandard etabliert war, gelang
sche Linsen mit patentierten Optiken erweitern. Mate-
mit dem OPMI® Lumera ein ähnlicher Coup in der Oph-
rial und Design der Linsen erlauben insbesondere die
thalmologie. Das ZEISS Operationsmikroskop ließ selbst
Patienten schonende Kleinstschnitt-Kataraktchirurgie
erfahrene Augenärzte staunen: So kontraststark und
(Micro Incision Cataract Surgery – MICS).
detailreich hatten sie das menschliche Auge noch nie
gesehen. Möglich wurde dies durch eine verbes-serte
Beleuchtung nach dem Prinzip der Stereo Coaxial Illumination (SCI). Auch beim OPMI Lumera sorgten ein
praxisnahes, ergonomisches und platzsparendes Design
sowie zahlreiche nützliche Zusatzfunktionen dafür, dass
das Mikroskop im Klinikalltag schnell akzeptiert wurde.
Der ehemalige Acri.Tec Standort Hennigsdorf
„Die Übernahme durch Carl Zeiss hat uns völlig
neue Möglichkeiten erschlossen. Innerhalb der
Meditec-Familie gewannen wir die diagnostischen
Mittel zur Anpassung von Intraokularlinsen, perfekt
aufeinander abgestimmte Operationsgeräte sowie
die Technologie für eine optimale Nachsorge. Zum
ersten Mal waren unsere Produkte Teil eines Rundum-Pakets für Arzt und Patienten.” Bernd Heck
OPMI Lumera
2007
„Wir verstehen unsere Geräte als intelligente Cockpits
Toric Solution
für den Chirurgen, mit digitaler Bildverarbeitung und
Die Implantation torischer Intraokularlinsen löst für den
zahlreichen Möglichkeiten zur intraoperativen Diag-
Patienten gleich mehrere Probleme: Die aufgrund eines
nostik.” Dr. Werner Nahm
100 Jahre Medizintechnik bei Carl Zeiss
2009
indischen Millionenmetropole Bangalore gewonnenen
FORUM
Einsichten profitieren jedoch auch Länder wie die USA,
Vernetzung ist eines der zentralen Themen der Infor-
Japan oder Deutschland, etwa durch preislich hochat-
mationsgesellschaft. Mit dem ophthalmologischen
traktive, absolut zuverlässige und wartungsfreundliche
Datenmanagementsystem FORUM® hat Carl Zeiss Me-
Einstiegsgeräte.
ditec auch für die Augenheilkunde gezeigt, dass die
Zusammenführung der unterschiedlichsten Untersu-
Durch die Gründung eines Forschungs- und Entwick-
chungsergebnisse in einem intelligenten Netzwerk
lungszentrums in China durch die Carl Zeiss-Gruppe
mehr ergibt als eine Summe von Gerätedaten. Durch
konnte ein Medizintechnik-Entwicklerteam in Shanghai
die Standardisierung der Geräteschnittstellen nach dem
aufgebaut werden. Auch dort wird an Produkten gear-
speziell für die Medizin entwickelten DICOM-Standard
beitet, die insbesondere neue Marktsegmente in den
und die zentrale Datenspeicherung lassen sich die
schnell wachsenden Märkten Asiens und Südamerikas
gesamten klinischen Abläufe wesentlich beschleunigen.
erschließen sollen.
Zudem unterstützt FORUM den Arzt bei Diagnose und
Operation und verbessert die Voraussetzungen für eine
„Weil wir weltweit vertreten sind, verstehen wir
umfassende Information des Patienten.
Märkte und Kunden.” Dr. Ludwin Monz
2012
100 Jahre Carl Zeiss Medizintechnik
Immer wieder hat Carl Zeiss Produkte entwickelt, die
die Diagnose- und Therapiemöglichkeiten der Medizin
grundlegend erweitert haben. Zahlreiche ZEISS Medizinprodukte sind in ihren Bereichen zu Goldstandards geworden, an denen sich die gesamte Branche misst.
FORUM
Bahnbrechende Neuerungen werden oft mit den Namen einzelner Pioniere verbunden, und doch sind es
ebenso die unzähligen Details, die geübten Handgriffe
und die kleinen Geistesblitze vieler Ungenannter, die
ein Produkt großartig machen. Dieses Potenzial, für das
fast 3.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überall auf
der Welt stehen, ist der Grund, warum die Geschichte
der Medizintechnik bei Carl Zeiss jeden Tag fortgeschrieben wird.
Center for Application and Research in India
„Der Erfolg der Carl Zeiss Medizintechnik hängt auch
daran, dass wir mehrfach mutige, unkonventionelle
2011
Wege gegangen sind. Die Formierung einer börsen-
Center for Application and Research in India
notierten AG, Akquisitionen jenseits der klassischen
(Bangalore) und Innovation and R&D Center in
Optik im Bereich der chirurgischen Geräte oder der
China (Shanghai)
Intraokularlinsen – solche Entscheidungen galten bei
Eine globale Produktstrategie beginnt mit weltweiter
Carl Zeiss früher als nahezu nicht vorstellbar. Aber
Präsenz. Mit der Gründung eines Forschungszentrums
auch die Pioniere Carl Zeiss und Ernst Abbe haben zu
auf dem indischen Subkontinent wollte Carl Zeiss den
ihren Zeiten Grenzen überschritten und unser Unter-
besonderen Anforderungen Rechnung tragen, welche
nehmen voran gebracht.” Dr. Michael Kaschke
medizintechnische Geräte in den infrastrukturell noch
wenig erschlossenen, aber bevölkerungsreichen und
„Kleine Detailverbesserungen sind oft große
wirtschaftlich aufstrebenden Regionen Asiens und Süd-
Innovationen für die Kunden.” Dr. Ludwin Monz
amerikas erfüllen müssen. Von den im Umfeld der
100 Jahre Medizintechnik bei Carl Zeiss
„Die Marke ZEISS war für die Vertriebsarbeit schon
immer ein hilfreicher Türöffner gewesen. Viele Kunden kennen Carl Zeiss aus anderen Bereichen. Ihre
Erwartungen an umfassenden Kundenservice und
höchste Qualität wollen wir auch in der Medizintechnik erfüllen. Der Partner der Wahl für unsere
Kunden zu sein – das wird für die Zukunft unseres
Unternehmens richtungsweisend sein.” Thomas
Simmerer

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