Schmerztherapie bei Skelettmetastasen
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Schmerztherapie bei Skelettmetastasen
Radionuklidtherapie ossärer Metastasen Nuklearmedizin Spitalerhof Hamburg 23. Jahrestagung der NGN 2012 in Schwerin 15./16. Juni 2012 Florian Pfefferkorn Epidemiologie und Pathophysiologie ossärer Metastasen Knochenmetastasen im Verlauf von Tumorerkrankungen sind häufig > 80 % aller Skelettmetastasten bedingt durch Mamma-, Prostata-, Bronchial-, Schilddrüsen- und Nierenzellkarzinom Weltweit leiden täglich etwa 4 Millionen Menschen an tumorbedingten Schmerzen… davon werden 40-50 % durch ossäre Metastasen verursacht! Durchschnittlich hohe Überlebenszeit nach erstem Auftreten der Knochenmetastasen: 2,5 Jahre Großer Bedarf an suffizienter Schmerztherapie „add life to the years, not years to the life“ Interdisziplinäre Herangehensweise: Onkologie, Strahlentherapie, Nuklearmedizin, Schmerztherapie Physiologischer Knochenstoffwechsel Balance von Knochensubstanzaufbau und Abbau. Osteoblasten: aufbauende Zellen Osteoklasten: abbauende Zellen Verschiedene Botenstoffe regulieren das Gleichgewicht Pathophysiologie der ossären Metastasierung Wechselwirkung zwischen Tumorzelle und Knochen Tumorzellen aktivieren parakrin die Osteoblasten und Osteoklasten Diese wiederum zerstören die knöcherne Architektur Bevorzugte Manifestationen der Knochenmetastasen Vorzugsweise im Achsenskelett hoher Anteil an trabekulärem Knochen und Lokalisation des roten Knochenmarks, erhöhter Knochenumbau Metabolismus Seltener in den langen Röhrenknochen Klinik/Folgen ossärer Metastasen Knochenschmerzen Pathologische Frakturen Nervale/spinale Kompressionssyndrome Knochenmarkkarzinose (Verdrängung der Blutbildung) Hyperkalzämie Diagnostik von Skelettmetastasen I Unterscheidung von osteoblastischen, osteolytischen und gemischtförmigen Knochenmetastasen Jede Metastasierung beginnt mit osteolytischer Aktivierung, gefolgt von einer osteoblastischen Reaktion Diagnostik von Skelettmetastasen II Leituntersuchung ist die Skelettszintigraphie (hohe Sensitivität insbesondere von osteoblastischen Metastasen) Ergänzung/Erweiterung durch Röntgen, MRT, CT und PET Keine zuverlässigen laborchemischen Parameter Therapie der skelettalen Metastasierung Isolierte Metastasen => Lokale Maßnahmen: Strahlentherapie, Chirurgie Multiple Metastasen => Systemische Behandlungsformen: Hormon- und Chemotherapie, Bisphosphonate, Schmerztherapeutika, Radionuklide Medikamentöse Schmerztherapie Opiat-Therapie In Deutschland leiden viele Patienten unnötig an Schmerzen Unzureichende Verschreibung aus z.T. unbegründeter Angst Abhängigkeit, Missbrauch, Atemdepression Häufige NW erfordern eine Begleitmedikation (Übelkeit, Müdigkeit, Obstipation) Zwischen-Fazit Es besteht ein großer Bedarf an suffizienter Schmerztherapie Patienten mit Knochenmetastasen haben eine längere Überlebenszeit im Vergleich zu Patienten mit soliden Organmetastasen Eine unnötig starke Verminderung der Lebensqualität muss verhindert werden Radionuklidtherapie I - - - Indikationen: Vorhandensein von multilokulären Knochenmetastasen (singuläre Prozesse sind eher anderen Therapieverfahren zugänglich) Pharmakologisch nicht ausreichend beherrschbare Schmerzen Nebenwirkungen der Opiattherapie Radionuklidtherapie II - - - Prinzip Osteotrope ß-Strahler (kurze Reichweite!) reichern sich in osteoblastischen Metastasen an Keine direkte Strahlenwirkung auf Tumorzellen und periphere Neurone Modulation des Schmerzes (Hemmung der peritumoralen Mediatorensekretion) Radionuklidtherapie III - - Untergliederung der Radiopharmaka in hochenergetische, mittelenergetische und niedrigenergetische Nuklide In Europa sind 3 verschiedene zuglassen: Die radioaktiv markierten Bisphosphonate Samarium-153-EDTPM und Rhenium-186HEDP Das Kalziumanalogon Strontium-89-Chlorid Radionuklide [MeV] Reichw. [mm] γ Nuklid Tracer Sr-89 Chlorid β 1,46 6,6 -- Re-186 HEDP β 1,10 4,6 137 Sm-153 EDTMP β 0,84 3,0 103 Ra-223 Chlorid α 27,5 << 100 µm -- [keV] Voraussetzungen „positives“ Skelettszintigramm (uptake) Überwiegend osteoblastische Metastasen Schmerzen trotz adäquater Schmerztherapie Karnofsky-Index > 40, Lebenserwartung > 3 Monate Suffiziente Nierenfunktion und Blutbild - Thrombozyten > 60 – 100 000/ µl - Leukozyten > 3 000/µl Kontraindikationen Ausgeprägte Knochenmarksdepression (ggf. Dosisanpassung) Vorausgegangene Chemotherapie/Halbkörperbestrahlung (Überbrückung durch andere Therapieform für 6-8 Wochen) Niereninsuffizienz, Spinalkompression/Frakturgefahr, Inkontinenz, Gerinnungsstörung (DIC) Procedere Knochenszintigraphie vor Therapie (KoLokalisation von Schmerzen und Skelettmetastasen) Kontrolle wichtiger Organfunktionen (Knochenmark, Niere, Kontinenz) I.v. Applikation des Radiopharmakons unter ausreichender Hydrierung über liegende Braunüle In den ersten 48 h peinliche Körperhygiene einhalten (ggf. Katheterisierung) Procedere Sm-153-Verifikationsaufnahme 3 h p.i.: - Peak auf Sm-153 ändern - Medium-Energy-Kollimator - Matrixgröße 256X1024 - Aufnahme in Rückenlage - GK Auswertung (Tc-99m-HDP↔Sm-153-EDTMP) - SPECT nach Fragestellung Tc-99m-HDP Sm-153-EDTMP Klinische Daten Radionuklid 89 Sr Pharmazeutikum Grad der Schmerzreduktion [%] Mittlere Dauer der Schmerzreduktion [Monate] Knochenmarks toxizität Chlorid 75 3-6 deutlich 186 Re HMDP 70 1,8 mäßig 153 Sm EDTMP 78 2-2,5 klein Nachsorge/Nebenwirkungen Vorübergehende Schmerzverstärkung (bei 15-30 % aller Patienten für ca. 2-3 Tage) Transiente Knochenmarksdepression (wöchentliche BB-Kontrolle bis 3 Monate p.i) Selten Übelkeit Ausblick Tumorizide Wirkung durch Dosissteigerung oder Kombination mit Chemotherapie Alpharadin Alpharadin (α-Strahler Ra-223) Hohes Ionisierungspotenzial und kurze Reichweite mit geringer Knochenmarkstoxizität Vorzeitige Beendigung der ALSYMPAC-PhaseIII-Studie in den USA („alpharadin in symptomatic prostate cancer“) aufgrund sehr guter Ergebnisse Gesamtüberleben für Radium-223 über Placebo mit 14 vs. 11.2 Monate Zulassung in Deutschland Ende 2012 geplant Vielen Dank für Ihr Interesse!