Praxis

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Praxis
BFW
Nr. 29 - 2012
Praxis
Information
Saat- und Pflanzgut
Qualität und Herkunftssicherheit
http://bfw.ac.at
Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum
für Wald, Naturgefahren und Landschaft
Seckendorff-Gudent-Weg 8, 1131 Wien, Österreich
Inhalt
SILVIO SCHÜLER, THOMAS FRANNER, CHRISTIAN WURZER
Saatgutuntersuchungen – der Schlüssel für eine
erfolgreiche Forstpflanzenproduktion...........................................3
WERNER RUHM
Samenproduktion in der montanen Stufe:
unentbehrliche Voraussetzung, aber kein Garant für
erfolgreiche Naturverjüngung........................................................6
THOMAS BASCHNY, ILSE STROHSCHNEIDER
Forstpflanzenbilanz für Österreich von 1991 bis 2011.................9
ILSE STROHSCHNEIDER, CHRISTIAN WURZER
Novelle des Forstlichen Vermehrungsgutgesetzes und
der zugehörigen Verordnung........................................................11
KURT RAMSKOGLER, CHRISTOPH HARTLEITNER
Herkunftssicherheit und Saatgutversorgung ............................13
SILVIO SCHÜLER, THOMAS THALMAYR
Sind nicht alle Fichten grün? Herkunftssicherheit durch
Referenzproben! .............................................................................15
THOMAS GEBUREK, ANNA-FRANZISKA ARBEITER,
EDUARD HOCHBICHLER, CHRISTOPH JASSER
Welche Lärchen-Herkunft im Alpenvorland? ............................19
HEINO KONRAD, KARL SIEBERER, GERALD GOLESCH,
RUDOLF LITSCHAUER
Qualitätssaatgut aus Samenplantagen.......................................22
PETER ZWERGER, CHRISTOPH HIEBELER
Optimale Saatgutversorgung durch zugelassene Bestände
am Beispiel Vorarlberg ..................................................................24
THOMAS L. CECH, HEINO KONRAD
Aktuelle Gefahren durch Pflanzenkrankheiten aus dem
Forstgarten: Perspektiven und Chancen ....................................26
Impressum
ISSN 1815-3895
© September 2012
Nachdruck mit Quellenangabe gestattet.
Presserechtlich für den Inhalt verantwortlich:
Peter Mayer
Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für
Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW)
Seckendorff-Gudent-Weg 8,
1131 Wien, Österreich
Tel.: +43 1 87838 0
Fax: +43 1 87838 1250
http://bfw.ac.at
Redaktion: Christian Lackner, Silvio Schüler
Layout und Umschlag: Johanna Kohl
Bezugsquelle: Bibliothek
Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für
Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW)
Tel.: +43 1 87838 1216
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Ob Erholung, sauberes Wasser und Luft, Holz oder Jagd – mit
diesen wichtigen Leistungen des Waldes verbinden wir im
Normalfall große und alte Bäume. Dabei übersehen wir, dass
auch der größte Baum einmal als kleines Samenkorn begonnen
hat. Die im Samen enthaltenen Erbanlagen müssen das Überleben
des Baumes bei unterschiedlichsten Umweltbedingungen über
mehr als hundert Jahre gewährleisten und bilden die Voraussetzung für stabile Ökosysteme. Zudem erwarten wir, dass diese
Erbanlagen uns Holz in großer Menge und guter Qualität bescheren. Aber wie können wir dann erwarten, das Wachstum
der Bäume, die Stabilität unserer Waldökosysteme und die nachhaltige Produktion von Holz zu verstehen und zu beeinflussen,
ohne diesen „Samen“ des Waldes zu verstehen.
Obwohl die große Bedeutung von Forstsaat- und pflanzgut schon
seit langem bekannt ist und sich die wissenschaftlichen Erkenntnisse in Gesetze auf nationaler und internationaler Ebene (EU
und OECD) niedergeschlagen haben, werden die Auswirkungen
der Herkunftswahl auch heute noch weitgehend unterschätzt.
Dazu gehört auch der richtige Umgang mit forstlichem
Vermehrungsgut, der bei der Auswahl geeigneter Saatguterntebestände oder der Anlage von Plantagen beginnt und mit dem
Setzen der richtigen Herkunft endet.
Die vorliegende BFW-Praxisinformation gibt einen aktuellen Einblick in die Aufgaben und Fragestellungen im Bereich Forstsaatgut
und Forstpflanzen. Dabei geht es keineswegs nur um künstliche
Verjüngung, denn auch für die Naturverjüngung ist die Produktion
von keimfähigen Samen die grundlegende Voraussetzung.
Forstbaumschulen und WaldbesitzerInnen stehen aber noch vor
weiteren Herausforderungen: Woher bekomme ich das geeignete
Saat- und Pflanzgut? Wie ist es um die Qualität des wertvollen
Saatguts bestellt? Wie kann ich überprüfen, ob ich beim Pflanzeneinkauf die gewünschte Herkunft auch bekommen habe? Kann
ich mit geeigneten Forstpflanzen die Produktivität meines Waldes
steigern?
Vor dem Hintergrund des vorausgesagten Klimawandels bekommen diese Fragen eine zusätzliche Bedeutung, denn für viele
Wälder werden beträchtliche Baumartenveränderungen angenommen. Doch woher soll das - möglichst hochwertige - Saatgut
für alternative Baumarten kommen? Ein vormals sekundärer
Nadelwald ist wohl kaum mit Naturverjüngung zu retten, wenn
dessen Samen von ein paar wenigen schlechtwüchsigen Randbäumen stammen. Und auch für den Einsatz von „südlicherem“
oder trockenresistenterem Saatgut muss dieses zunächst einmal
ausgewählt und geprüft werden. Insofern wird der Frage von
Forstsaatgut eine stärkere Bedeutung zukommen, auch wenn
viele der oben genannten Fragen noch nicht vollständig beantwortet werden können.
Dipl.-Ing. Dr. Peter Mayer
Leiter des BFW
Dr. Silvio Schüler
Institut für Waldgenetik
BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012
B F W
Silvio Schüler, ThomaS Franner, chriSTian Wurzer
Saatgutuntersuchungen – der Schlüssel für
eine erfolgreiche Forstpflanzenproduktion
Wer kauft schon gerne die sprichwörtliche Katze im Sack? So wie
jeder Konsument wissen möchte,
wie gut das gekaufte Produkt tatsächlich ist, ist es für Forstbaumschulen unverzichtbar, die Qualität
des anzubauenden Saatgutes zu
kennen.
Gesetz sichert die Qualität
von forstlichem Saatgut
Im Forstlichem Vermehrungsgutgesetz (siehe Seite 11) ist deshalb fest
verankert, dass bei der Weitergabe
und dem Verkauf (laut Gesetz dem
„Inverkehrbringen“) von forstlichem
Saatgut Angaben zur Qualität des
Saatgutes auf einem Lieferantendokument kenntlich zu machen sind.
Die Prüfung des Saatgutes muss gemäß der Forstlichen Vermehrungsgutverordnung in einem fachlich befähigten Labor erfolgen. Am Bundesforschungszentrum für Wald
(BFW) ist seit 123 Jahren ein Saatgutprüflabor installiert und erfolgreich tätig. Von Adolf Cieslar im Jahr
1889 als „Waldsamen – Controlle in
Mariabrunn bei Wien“ eingerichtet,
hat das Forstsaatgutlabor seit seiner
Gründung mehr als 40.000 Untersuchungsprotokolle ausgestellt.
Foto: BFW/Franner
Das gilt speziell für Forstsaatgut,
dem man auf den ersten Blick die
inneren Werte nicht ansieht. Allerdings bestimmen diese Eigenschaften
entscheidend die Aussaat, die
Kosten für das Handling in der
Pflanzschule und die Anzahl der produzierbaren Sämlinge.
Prüfung der
Saatguteigenschaften
Heute werden im Forstsaatgutlabor
des BFW nach international standardisierten Methoden der International Seed Testing Association
(ISTA) die gesetzlich verpflichtenden
Parameter Reinheit, Tausendkorngewicht sowie Keimfähigkeit bzw.
Lebensfähigkeit geprüft. Darüber
hinaus wird die Zahl der lebenden
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BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012
abbildung 1: Keimfähigkeitstest bei nadelbäumen. Für die Prüfung einer Samencharge werden auf dem Jacobsen-Keimapparat acht Wiederholungen mit je 50
Samen untersucht
Keime pro Kilogramm Saatgut berechnet, so dass der Forstpflanzenproduzent die für die Aussaat nötigen
Mengen einfach ermitteln kann.
Keim- oder Lebensfähigkeit
Methode und Zeitdauer der Untersuchung sind baumartenspezifisch.
Vor allem bei jenen Arten, bei denen
eine Untersuchung sehr lange dauern würde, wird statt des Keimfähigkeitstests eine Prüfung auf
Lebensfähigkeit durchgeführt. Für
beide Prüfverfahren werden streng
genormte Bedingungen bei der Verwendung der Substrate und der Umweltbedingungen angewandt, um
vergleichbare Bedingungen und reproduzierbare Resultate zu gewährleisten. Unabhängig von Methode
und Baumart werden im Zuge einer
Saatgutprüfung grundsätzlich 400
Samen untersucht.
Bei der Keimfähigkeitsprüfung wird
als Substrat nahezu ausschließlich
Filterpapier verwendet. Über einen
Papierdocht, der in ein temperiertes
Wasserbad ragt, werden die Samen
gleichmäßig mit Wasser versorgt.
Dafür sind die so genannten Jacobsen-Keimapparate im Einsatz (Abbildung 1). Einen Sonderfall bei der
Keimfähigkeitsuntersuchung stellen
großsamige Arten wie Eichen und
Esskastanie dar, für die als Wachstumssubstrat Quarzsand verwendet
wird. Neben der exakten Umgebungstemperatur ist die Untersuchungsdauer für jede Baumart klar
definiert. Dabei werden die Samen
und Keimlinge an festgelegten Tagen
beurteilt und den Kategorien zugeordnet. Nach Zwischenbeurteilungen wird die Endbewertung in Abhängigkeit von der Baumart nach 14
bis 28 Tagen durchgeführt.
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Die Untersuchung auf Lebensfähigkeit stellt besonders hohe Ansprüche an die Saatgutprüfer. Zunächst werden die Samen mit entsprechendem Werkzeug präpariert,
in Wasser eingeweicht und in eine
Tetrazoliumchloridlösung gegeben.
Nach 24 Stunden erscheinen lebende Samen in einem kräftigen
Rot, denn die auch im Ruhezustand
aktive Zellatmung verfärbt die anfangs farblose Flüssigkeit. Ungefärbte und nur teilweise verfärbte
Samen sind nicht lebensfähig und
werden entsprechend kategorisiert.
Die Präparierung der Samen und die
Beurteilung der Lebensfähigkeit verlangen viel Erfahrung und regelmäßige Schulungen, unter anderem
im Rahmen von Workshops der
ISTA.
Die Dienstleistungen des Forstsaatgutlabors werden derzeit vor allem
von Saatguthändler und Ernteunternehmern genutzt. Darüber hinaus
empfiehlt sich die regelmäßige Saatgutprüfung für alle Baumschulen,
die Saatgut ernten und lagern und
deshalb über die Eigenschaften ihres
Saatgutes Bescheid wissen sollten.
In Abhängigkeit vom Reifejahr, das
sowohl hinsichtlich Qualität als auch
Quantität sehr stark variieren kann,
werden pro Jahr durchschnittlich
100 Proben am BFW untersucht.
Qualitätssicherung im
Saatgutlabor
Die am BFW eingesetzten ISTA-Prüfmethoden gewährleisten weltweit
einheitliche Prüfbedingungen. Zudem bietet die ISTA Schulungen für
Labormitarbeiter an, die von BFWMitarbeiterinnen und -Mitarbeitern
regelmäßig absolviert werden. Zusätzlich wurde im Saatgutlabor des
BFW vor mehr als zehn Jahren
ein Qualitätssicherungsmanagement
eingeführt, das standardisierte Prüfverfahren, Arbeitsanweisungen, Leitlinien und interne sowie externe
Schulungen vorsieht. Diese umfassen alle konkreten Arbeitsanweisungen vom Eingang der
Proben, die eigentlichen Untersuchungen, die statistisch zulässigen
Spielräume der Ergebnisse, Richtlinien zur Fehleranalyse bis hin zum
Versand der Untersuchungsberichte.
Ein weiterer Aspekt der Qualitätssicherung sind internationale Vergleichsprüfungen. In diesen als
Labor 1
Labor 2
BFWLabor 3
Labor 4
Labor 5
Labor 6
Labor 7
Labor 8
0
4
20 40 60 80 100
Keimfähigkeit in %
BFW
Foto: BFW/Franner
Tetrazoliumtest auf
Lebensfähigkeit
abbildung 2: Test auf Keimfähigkeit bei
der eiche
Ringtest bezeichneten Prüfungen
werden ausgewählte Samenherkünfte
aufgeteilt und einer größeren Anzahl
Saatgutlabors verschickt. Arbeiten
alle Labors mit denselben Prüfverfahren und Bedingungen, so kann
erwartet werden, dass alle Labors
Beispielhafte Durchführung eines
ringversuches von Forstlichen Saatgutprüfstellen: eine Samenprobe wird gut
vermischt und auf die teilnehmenden
labors aufgeteilt. Der vergleich der
Prüfergebnisse zeigt, ob ein labor die
methodisch-technischen voraussetzungen zur Prüfung der Baumart erfüllt. im
gezeigten Beispiel (links) liegen die
labors 5 und 8 außerhalb der zulässigen
variation. man beachte: die meisten
labors sind auf einige wenige Baumarten des jeweiligen landes oder der
jeweiligen region spezialisiert und
müssen die methoden für selten
geprüfte Baumarten erst etablieren. alle
ringversuche, an denen das BFW bisher
teilgenommen hat (Tabelle 1), wurden
vom BFW-Forstsaatgutlabor erfolgreich
bestritten.
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Dr. Silvio Schüler, Thomas Franner, Ing. Christian Wurzer,
Institut für Waldgenetik, Bundesforschungszentrum
für Wald, Hauptstraße 7, 1140 Wien,
E-Mail: [email protected]
Foto: BFW/Franner
ähnliche Ergebnisse erzielen. Prüfstellen, deren Ergebnisse außerhalb
der von den anderen Labors erreichten statistischen Kennziffern
liegen, sind aufgefordert, ihre
Methoden und Bedingungen zu
überprüfen. In den vergangenen
Jahren hat das Saatgutlabor des
BFW sehr erfolgreich an 19 Ringversuchen mit Teilnehmern aus Europa
und Nordamerika teilgenommen
(Tabelle 1). Dabei erreichte das
BFW-Labor in jedem Test die
geforderten Standardergebnisse.
abbildung 3: untersuchung auf lebensfähigkeit mittels Tetrazoliumtest bei der
rotbuche. nur der komplett gefärbte Samen links ist lebensfähig
Tabelle 1: ringversuche, an denen das Forstsaatgutlabor des BFW in den letzten Jahren teilgenommen hat. Bei allen
ringversuchen erreichte das BFW-labor sehr gute ergebnisse, die innerhalb der statistischen Schwankungsbreite aller
vergleichslabors lagen.
methode
anzahl
teilnehmender
labors
länder1
Jahr
Lebensfähigkeit
3
Slowakei, Österreich, Tschechien
2011
Keimfähigkeit
13
Deutschland, Österreich,
Slowakei, Slowenien, Italien
2010
Lebensfähigkeit
19
Tschechien, Österreich, Italien,
Deutschland, Ungarn, Slowakei,
Frankreich , Litauen, Spanien,
Polen, Kanada, USA
2008
Keimfähigkeit mit verschiedenen
Präparationsmethoden
14
Deutschland, Österreich,
Großbritannien
2005
11
Deutschland, Österreich
2003
19
Slowakei, Österreich,
Frankreich, Deutschland,
Schweden, Tschechien, Finnland,
Norwegen, Slowenien,
Großbritannien, USA
2001
5
Deutschland, Österreich
2001
4
Deutschland, Österreich
1997
Baumart
esche
edelkastanie
Tanne
Traubeneiche
lärche
Fichte
Schwarzkiefer
Weißkiefer
Reinheit, Tausendkorngewicht,
Keimfähigkeit
Traubeneiche
Tanne
rotbuche
lärche
Fichte (2 herkünfte)
Weißkiefer (2 herkünfte)
rotbuche (2 herkünfte)
vogelkirsche (2 herkünfte)
Fichte (2 herkünfte)
Bergahorn
nordmannstanne
1
Keimfähigkeit, Lebensfähigkeit
Reinheit, Tausendkorngewicht,
Keimfähigkeit
Keimfähigkeit, Lebensfähigkeit
Lebensfähigkeit
Keimfähigkeit
Lebensfähigkeit
Das den Ringversuch leitende Labor ist fett markiert.
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Werner ruhm
Samenproduktion in der montanen Stufe:
unentbehrliche Voraussetzung, aber kein Garant
für erfolgreiche Naturverjüngung
Die natürliche Verjüngung unserer
Wälder ist in hohem Maße abhängig von der Samenproduktion
der Mutterbestände. Für den Erfolg der Naturverjüngung sind
nicht nur Stärke und Häufigkeit
des Fruktifizierens der Altbäume
von Bedeutung, sondern der Anteil
an lebensfähigen Samen. Kenntnisse über die Fruktifikation unserer Waldbäume sind wesentlich
für die Bewirtschaftung und
Saatgutbeerntung.
Im Zuge der Waldsterbensdebatte
der 1980er Jahre wurde auch von
der möglichen „Impotenz“ des
Waldes gesprochen. Dies und
augenscheinliche
Verjüngungsschwierigkeiten im Gebiet des
Hochwechsels führten dazu, dass
das BFW (damals: Forstliche Bundesversuchsanstalt) ab 1991 Flächen
anlegte, um die Verjüngungsprozesse in der montanen Stufe zu
untersuchen. Es wurden für die jeweilige Seehöhe repräsentative
Bestände ausgewählt und dort die
Dichte des Samenfalls, die Keimfähigkeit der Samen, die Naturver-
verschiedene Typen von Samenfangstationen wurden im vorfeld getestet
jüngung und die Bodenvegetation
von 1992 bis 2008 periodisch erhoben; weiters wurde die Humusform untersucht und wurden
chemische Analysen der Bodenverhältnisse durchgeführt.
Untersuchungsgebiet am
Hochwechsel
Das Untersuchungsgebiet liegt in
der nördlichen Hälfte des Reviers
„Festenburg“ der Forstverwaltung
des Augustiner-Chorherrenstifts
Tabelle 1: Bestandeskennzahlen der Flächen i, ii und iii (aufnahme 1992)
i
ii
iii
Fläche in ha
0,47
0,47
0,47
Seehöhe (m)
1020 - 1070
1180 - 1210
1290 - 1330
Höhenstufe
mittelmontan
mittelmontan
hochmontan
Exposition
Nordwest
West
West
Alter (1992) in Jahren
130 - 140
125
100
Ertragsklasse (Fichte -Bruck)
9,9
8,0
4,8
Stammzahl je ha
311 (Fi 147, Ta 45, Bu 119)
430 (Fi 353, Ta 68, Bu 9)
613 (Fi)
Mittlerer BHD (cm)
51,7 (Fi); 44,2 (Ta); 31,1 (Bu)
43,8 (Fi + Ta)
32,7
d 100 (cm)
57,5 (Fi + Ta); 33,0 (Bu)
57,3 (Fi + Ta)
41,3
Mittlere Höhe (m)
28,3 (Fi); 28,5 (Ta); 28,7 (Bu)
28,3 (Fi + Ta)
20,8
h 100 (m)
36,5 (Fi); 31,7 (Ta); 32,6 (Bu)
31,8 (Fi + Ta)
23,0
Mittlere Kronenlänge Fi (m)
12,2
10.4
6,4
Überschirmung
70%
50%
40%
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Vorau. Die drei Flächen befinden
sich an der Südabdachung des
Hochwechsels in der mittel- und
hochmontanen Stufe.
Auf Fläche I konnten wegen eines Windwurfes ab 2006
keine Beerntungen der Samenfänge mehr durchgeführt werden.
tot
keimfähig
Samenfangstationen
Im Vorfeld des Wechsel-Projektes
wurden verschiedene Typen von
Samenfängen entwickelt und getestet. Die Samenfangstationen sollten von den Kosten her günstig sein,
stabil gegen Schneedruck, eine möglichst lange Nutzungsdauer gewährleisten sowie Vögeln und Mäusen
keinen Zugang bieten. Pro Fläche
kamen 12 Samenfänge zum Einsatz.
Diese wurden jeweils im Herbst und
im darauf folgenden Frühjahr beerntet, die Samen vom sonstigen Bestandesabfall getrennt und für jede
Station separat im Labor auf ihre
Keimfähigkeit untersucht. Die Keimfähigkeit der Fichtensamen wurde
auf dem Jakobsen-Keimtisch, die
Lebensfähigkeit der Samen von
Buche, Ahorn und Tanne mittels
Tetrazoliumtest ermittelt (siehe
Artikel Schüler et al., Seite 3).
abbildung 1: mittlere anzahl der Fichtensamen (gesamt, keimfähig) pro Quadratmeter aus den reifejahren 1992 bis 2008
tot
keimfähig
Auf Fläche I konnten wegen eines Windwurfes ab
2006 keine Beerntungen der Samenfänge mehr
durchgeführt werden.
Ergebnisse
Die Samenjahre werden bei der
nachfolgenden Ergebnisdiskussion
immer mit den Reifejahren gleichgesetzt.
Die Saatgutproduktion (gesamt und
keimfähig) der drei Baumarten zeigt
eine starke Variation sowohl von
Baumart zu Baumart, wie von Jahr
zu Jahr und von Fläche zu Fläche.
Ein Rückgang der Samenmenge und
der Keimfähigkeit in den 17 Beobachtungsjahren kann ausgeschlossen
werden.
Der Fruktifikationsverlauf bei Fichte
ist gekennzeichnet von zwei sehr
starken Samenjahren (1992, 2003)
mit einer mittleren Anzahl von bis
zu 1600 Samen pro Quadratmeter
(Abbildug 1). Diese Samenjahre bei
Fichte zeichnen sich mit unterschiedlichen Schwerpunkten auf
allen drei Flächen (Höhenlagen) ab.
Weniger starke Samenjahre haben
häufig einen mehr oder weniger
starken Schwerpunkt entweder tiefbis
mittelmontan oder hochmontan. Dazwischen gibt es immer
wieder Jahre mit keiner oder nur
geringer Samenproduktion und
Keimfähigkeit.
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abbildung 2: mittlere anzahl der Bucheckern (gesamt, keimfähig) pro Quadratmeter
aus den reifejahren 1992 bis 2005
Auf Fläche I konnten wegen eines Windwurfes ab
2006 keine Beerntungen der Samenfänge mehr
durchgeführt werden.
tot
keimfähig
abbildung 3: mittlere anzahl der Tannensamen (gesamt, keimfähig) pro Quadratmeter aus den reifejahren 1992 bis 2008
7
Die Keimlinge wurden mit Plastikspießen markiert und deren Position, Baumart
und Keimjahrgang aufgenommen
Ein allgemeingültiger Zusammenhang zwischen Samenmenge bei
Fichte und der Keimfähigkeit lässt
sich nicht feststellen, obwohl
schwache Samenjahre sehr häufig
mit überproportional geringer Keimfähigkeit verbunden sind.
Es lässt sich innerhalb der montanen
Stufe kein signifikanter Zusammenhang zwischen produzierter Saatgutmenge und deren Keimfähigkeit mit
der ansteigenden Höhenlage erkennen. Das Reifejahr 1992 hatte bei
Fichte das Maximum an Samen und
Keimfähigkeit auf Fläche I, während
beim Reifejahr 2003 die maximale
Samenanzahl auf Fläche III und die
maximale Anzahl an keimfähigen
Samen auf Fläche II vorgefunden
wurden.
Buche | Im Beobachtungszeitraum
folgte bei Buche auf jedes Samenjahr immer mindestens ein Jahr
ohne Samenproduktion (Abbildung
2). Dieses auch bei anderen Autoren
belegte Phänomen dürfte seine Ursachen im starken Energieverbrauch
bei der Fruchtbildung schwerfrüchtiger Bäume haben. Solche Bäume
sind daher nach einer starken Fruktifikation und dementsprechenden
Beanspruchung der Nährstoffreserven nicht in der Lage, das Jahr darauf erneut Samen zu produzieren.
Tanne | Im Vergleich zur Fichte produziert die Tanne nicht nur eine Samendichte, die weit unter ihrem
Stammzahlanteil (15%) liegt, sondern ist auch mit der geringsten
Keimfähigkeit ausgestattet (Abbil-
8
dung 3). Wirklich starke Samenjahre
wie bei Fichte traten bei Tanne im
Untersuchungszeitraum nicht auf.
Einflüsse auf Blüte und
Fruchtbildung
Für die jährlich stark schwankenden
Saatgutmengen und die ebenfalls
unterschiedliche Keimfähigkeit dürften hauptsächlich klimatische Ereignisse ausschlaggebend sein. Denn
wesentlich für die Intensität der
Blüte und Samenproduktion sind die
Witterung und die Nährstoffbedingungen des Vorjahres einer Blüte.
Wenn es im Frühjahr und Frühsommer des Vorjahres sehr warm und
trocken ist, so ist im nächsten Jahr
eine reichere Blütenbildung zu erwarten. Spätfröste hingegen können
zum Abfrieren der Blühorgane führen und dadurch die Samenproduktion schmälern. Zudem begünstigen
hohe Temperaturen, Trockenheit
und eher geringe Luftbewegungen
den Vorgang der Pollenfreisetzung
und Bestäubung. Der Stammzahlanteil der jeweiligen Baumart, die Kronenlänge und gezielte Freistellungen
in der Oberschicht sind sicherlich
weitere, die Samendichte modifizierende Faktoren.
ringes Auftreten von Naturverjüngung aus. Dass der Verbiss durch
Schalenwild bei Tanne und zum Teil
auch bei Buche die Hauptursache
dafür darstellt, belegen eindeutig
die Verjüngungsergebnisse hinter
Zaun.
Bei Fichte ist das Haupthindernis ein
zum Teil massives Auftreten von
Konkurrenzvegetation. Im konkreten
Fall Drahtschmiele und Wald-Hainsimse in der hochmontanen Stufe,
Wald-Reitgras im tief- und mittelmontanen Bereich. Solche üppigen
Vegetationsdecken sind ein bedeutsamer Konkurrenzfaktor um Licht,
Wasser und Nährstoffe und reduzieren die Überlebens- und Entwicklungschancen der Fichtenkeimlinge.
Blüte und Fruchtbildung unserer
Waldbäume sind maßgeblich vom
Klima abhängig. Inwieweit anthropogene Einflüsse auf die Umweltfaktoren den Zyklus des Blühens und
Fruktifizierens beeinflusst haben,
kann mit den vorliegenden Ergebnissen nicht abgeklärt werden. Der
Samenfall stellt die unentbehrliche
Voraussetzung für die Naturverjüngung dar. Daraus eine für die Forstpraxis wünschenswerte Verjüngung
(nach Baumartenmischung und –
dichte) zu erzielen, ist eine der Herausforderungen an das waldbauliche
Handeln.
Literatur
LITSCHAUER R., 2012: 22 Jahre Blühund Fruktifikationsuntersuchungen der
Waldbaumarten im Lehrforst Ofenbach/Rosalia. BFW-Berichte 144/2012.
KUOCH R., 1965: Der Samenfall
1962/63 an der oberen Fichtenwaldgrenze im Sertigtal. Eidg. Anstalt für das
forstliche Versuchswesen. Gebirgsprogramm: 4. Beitrag.
MOSANDL R., 1991: Die Steuerung von
Waldökosystemen mit waldbaulichen
Mitteln – dargestellt am Beispiel des
Bergmischwaldes. Mitteilungen aus der
Staatsforstverwaltung Bayerns. 46. Heft,
246S.
Wildverbiss und Bodenvegetation entscheiden über
Aufkommen der Verjüngung
Wie aus den Ergebnissen deutlich
ersichtlich ist, scheidet mangelndes
oder qualitativ nicht entsprechendes
Saatgutmaterial als Ursache für ge-
Dipl.-Ing. Werner Ruhm, Institut für Waldwachstum und
Waldbau, Bundesforschungszentrum für Wald, Hauptstraße 7, 1140 Wien, E-Mail: [email protected]
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ThomaS BaSchny, ilSe STrohSchneiDer
Forstpflanzenbilanz für Österreich
von 1991 bis 2011
Die
Forstpflanzenproduktion,
besonders von Nadelholz, hat in
Österreich eine lange Tradition.
Betrachtet man die vergangenen
20 Jahre, spiegeln sich beispielsweise der EU-Beitritt und die
Windwurfkatastrophen wider.
Jährlich werden vom Lebensministerium Erhebungsblätter an die Landesforstdirektionen gesandt, um die
Produktion und den Bedarf an
Forstpflanzen in den einzelnen Bundesländern zu ermitteln. Es werden
beim Nadelholz die wichtigsten
Baumarten (Fichte, Tanne, Lärche,
Weißkiefer, Zirbe, etc.) erfasst,
gleiches gilt für das Laubholz (Eiche,
Buche, Esche, Bergahorn, Schwarzerle, Vogelkirsche, Pappel, etc.).
Nadelholz-Pflanzenproduktion
liegt deutlich über Laubhölzern
In Abbildung 1 erkennt man eindeutig, dass mehr als 20 Jahre die
Nadelholz-Pflanzenproduktion immer viel höher liegt als jene von
Laubholz – trotz des Rückgangs
der Nadelholz-Pflanzenproduktion.
Nach Sturmkatastrophen (Lothar
1999, Kyrill 2007, Paula und Emma
2008) ist die Nachfrage nach Laubholz viel stärker geworden, jedoch
hinkt die Produktion immer um ein
bis zwei Jahre nach.
Allgemein ging die Produktion von
Forstpflanzen zurück. Grund dafür:
Immer mehr Waldbesitzer wählen
die Naturverjüngung.
Wurden 1991 noch an die 45 Millionen Fichtenpflanzen produziert,
liegt dieser Wert nach 20 Jahren ungefähr bei der Hälfte (Abbildung 2);
der Rückgang ist bedingt durch den
EU-Beitritt 1995, da sich Förderungsbedingungen bei Aufforstungen geändert haben, und die Stürme
seit 1999. Der Flachwurzler Fichte
wird durch Lärche, Tanne und Laubhölzer ersetzt.
Lärchenpflanzen sind
besonders gefragt
In Abbildung 3 ist die steigende
Nachfrage nach Lärchenpflanzen im
letzten Jahrzehnt zu sehen. Die Lärche als Rohbodenkeimer und Pfahlwurzler ist eine gefragte Baumart,
jedoch kann nicht häufig beerntet
werden, da die Reifejahre selten
sind. Wetterkapriolen im Frühjahr
verhindern eine Zapfenbildung. Daher wird auch Saatgut aus den angrenzenden EU-Mitgliedsstaaten
zum Anbau im Forstgarten verwendet. Bei der Weißkiefer sinkt die
Nachfrage, da auch auf dem Holzmarkt die Nachfrage stagniert. Die
Pflanzenproduktion bei Tanne bleibt
annähernd gleich. Eine fünfjährige
Tanne ist erst verkaufsfähig und
dann wird sie auch gerne vom Wild
Eschentriebsterben hinterlässt
seine Spuren
Vergleicht man die Pflanzenzahlen
der Esche über zwei Jahrzehnte, so
erkennt man, dass ab 2005 weniger
zweijährige Eschen verkauft wurden;
das Eschentriebsterben breitet sich
langsam in Österreich aus. Als Ersatz
wird mit Bergahorn aufgeforstet, daher steigen dessen Pflanzenzahlen
gegenläufig an.
Bei Schwarzerle erkennt man auch
den Produktionsrückgang, bedingt
durch Phytophtora. Hier zeigt sich
aber seit 2007 wieder ein Aufwärtstrend, da nach den Stürmen die
Schwarzerle auf nassen Standorten
gefragt ist.
In Abbildung 5 ist die Pflanzenproduktion von Eiche dargestellt. Bei
den Eichen werden die Eicheln sofort nach der Ernte angebaut; es gibt
keine Eichel-Lagerung in Österreich.
Da die Eiche nicht regelmäßig in
kurzen Zeitabständen fruktifiziert,
ergeben sich die „Spitzen“.
Die Buche hat in Österreich keine
große Bedeutung wie in anderen
EU-Mitgliedstaaten. Mit zwei Ausnahmen (Saatguthändler und Forstpflanzenproduzent) wird die Buche
Anzahl in 1000 Stk.
50.000
Anzahl in 1000 Stk.
60.000
Nadelholz-Produktion
Laubholz-Produktion
50.000
verbissen, daher wird mit ihr wenig
aufgeforstet. Der Ausreißer beschränkt sich auf ein Bundesland
und wird daher nicht berücksichtigt.
45.000
Fichte
40.000
35.000
40.000
30.000
25.000
30.000
20.000
20.000
15.000
10.000
10.000
abbildung 1: Forstpflanzenproduktion von 1991 bis 2011
B F W
BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012
0
Jahre
91/92
92/93
93/94
94/95
95/96
96/97
97/98
98/99
99/00
00/01
01/02
02/03
03/04
04/05
05/06
06/07
07/08
08/09
09/10
10/11
11/12
Jahre
91/92
92/93
93/94
94/95
95/96
96/97
97/98
98/99
99/00
00/01
01/02
02/03
03/04
04/05
05/06
06/07
07/08
08/09
09/10
10/11
11/12
5.000
0
abbildung 2: Fichtenpflanzenproduktion von 1991 bis 2011
9
Anzahl in 1000 Stk.
2.500
Anzahl in 1000 Stk.
10.000
Tanne
Lärche
Weißkiefer
9.000
8.000
Esche
Ahorn
Erle
2.000
7.000
1.500
6.000
5.000
1.000
4.000
3.000
500
2.000
Jahre
0
Jahre
91/92
92/93
93/94
94/95
95/96
96/97
97/98
98/99
99/00
00/01
01/02
02/03
03/04
04/05
05/06
06/07
07/08
08/09
09/10
10/11
11/12
0
91/92
92/93
93/94
94/95
95/96
96/97
97/98
98/99
99/00
00/01
01/02
02/03
03/04
04/05
05/06
06/07
07/08
08/09
09/10
10/11
11/12
1.000
abbildung 3: Pflanzenproduktion von Tanne, lärche,
Weißkiefer von 1991 bis 2011
abbildung 4: Produktion von eschen-, ahorn- und erlenpflanzen von 1991 bis 2011
Anzahl in 1000 Stk.
2.000
Anzahl bzw. Fläche in ha
800
Eiche
Buche
1.800
1.600
600
1.400
1.200
500
1.000
400
800
300
600
100
0
0
91/92
92/93
93/94
94/95
95/96
96/97
97/98
98/99
99/00
00/01
01/02
02/03
03/04
04/05
05/06
06/07
07/08
08/09
09/10
10/11
11/12
200
abbildung 5: Produktion von eichen- und Buchenpflanzen
von 1991 bis 2011
nach der Ernte auch nicht gelagert.
Die Produktion bei Buche ist nach
21 Jahren gering rückläufig.
Weniger Forstgärten
Interessant ist, dass es immer weniger Forstgärten in Österreich gibt:
Waren es 1991 noch 347 Betriebsund Handelsforstgärten, so sind es
2011 nur mehr 134 Forstgärten; so
sank auch die Produktionsfläche von
733 ha auf 498 ha.
Seit dem EU-Beitritt nehmen über
zehn Jahre die Anzahl der Forstgärten und die Hektare der Anbauflächen stetig ab. Mit 2005 beginnt
der Pappel-Boom; es werden vermehrt forstliche Pappelsteckhölzer
und Setzstangen sowie Steckhölzer
für Bioenergie produziert; daher
steigt die Anbaufläche und für zwei
Jahre die Anzahl der Forstgärten.
Zu beachten ist außerdem, dass der
Landesforstgarten Kärnten 1997
10
Jahre
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
200
400
Jahre
Anzahl
Fläche (ha)
700
abbildung 6: entwicklung der anzahl von Forstgärten
seine Tätigkeit aufgab. 2001 folgte
die Österreichische Bundesforste AG
mit der Verpachtung des Zentralforstgartens in Arndorf (Niederösterreich) an die Firma Murauer und
2006 schloss der Landesforstgarten
Oberösterreich seine Pforten. Diese
Forstgartenflächen übernahmen die
Bäuerlichen Forstpflanzenzüchter
(BFZ).
Trotz gewisser Ungenauigkeiten bei
der Erfassung bildet die Forstpflanzenbilanz der letzten zwei Jahrzehnte doch sehr gut die aufgetretenen extremen Schadereignisse
oder neuen Schädlinge ab. Auch die
großen gesellschaftlichen Trends zu
Einsparungen auf betrieblicher
Ebene (weniger Forstgärten), mehr
Naturverjüngung und verstärkter
Handel auf EU-Ebene spiegeln sich
in den Zahlen und verdeutlichen,
dass bei der Verjüngung nicht notwendigerweise die für den Wald
wichtigen langfristigen Ziele der
nachhaltigen
Bewirtschaftung
oberste Priorität haben. Es ist anzunehmen, dass auch gegenwärtige
Entwicklungen, wie die steigende
Nachfrage nach nachwachsenden
Rohstoffen oder der Wunsch nach
alternativen Baumarten im Klimawandel, einen Einfluss auf den Forstpflanzenabsatz haben werden.
Ing. Thomas Baschny, Lebensministerium, Forstsektion,
Marxergasse 2, 1030 Wien,
E-Mail: [email protected];
Dipl.-Ing. Ilse Strohschneider, Bundesamt für Wald –
Forstliches Vermehrungsgut, Hauptstraße 7, 1140 Wien,
E-Mail: [email protected]
BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012
B F W
ilSe STrohSchneiDer, chriSTian Wurzer
Novelle des Forstlichen Vermehrungsgutgesetzes und der zugehörigen Verordnung
Das Forstliche Vermehrungsgutgesetz und die dazugehörige
Verordnung wurden 2009 und
2012 novelliert. Nachfolgend die
wichtigsten Änderungen.
Basierend auf der Richtlinie des
Rates 1999/105/EC, trat am 1. Jänner
2003 das Forstliche Vermehrungsgutgesetz (FVG) in Kraft. Ziel des
FVG ist die eindeutige und nachvollziehbare Sicherung und Kennzeichnung der Identität von forstlichem
Vermehrungsgut, das gewerbsmäßig
national oder international in den
Handel kommt; dies kann nur bei
ordnungsgemäßem Vollzug des
Gesetzes erreicht werden.
Nach fünfjähriger Anwendungszeit
musste beim Vollzug festgestellt
werden, dass es Lücken im Gesetz
gibt und Regelungen vergessen wurden. Daher wurde im Jahr 2009 eine
Novellierung durchgeführt. Aufgrund
der Gesetzesnovelle und der langjährigen Erfahrung bei der Anwendung der Verordnung waren voriges
Jahr weitere Ergänzungen und textliche Korrekturen erforderlich.
sten
Die wichtig
en und
Änderung
en
Ergänzung
 Mit
dem BFW-Gesetz vom
1. Jänner 2005 ist das Bundesamt
für Wald Behörde 1. Instanz.
 Mit Gründung der Anstalt öffent-
lichen Rechts (Bundesforschungsund Ausbildungszentrum für
Wald, Naturgefahren und Landschaft = BFW) vom 1. Jänner 2005
unterliegen die Gebühren dem
BFW-Gesetz. Das BFW erlässt
BFW-Tarife für das forstliche
Vermehrungsgut, damit jener
B F W
BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012
Kontrolle von Forstpflanzen
Gesetzesgrundlage
Forstliches
vermehrungsgutgesetz und
verordnung
novelle
Forstliches
vermehrungsgutgesetz
BGBl. I Nr. 110/2002
VO BGBl. I Nr. 480/2002
BGBl. I Nr. 86/2009
2002
2009
Aufwand kostendeckend abgegolten wird, der aufgrund der Bestimmungen des Forstlichen Vermehrungsgutgesetzes entsteht. Dies
findet bei der Saatgutprüfung Anwendung. Für Bestandeszulassungen, die auf Antrag des Waldbesitzers an das Bundesamt für Wald
erfolgen, werden ebenfalls BFWTarife verrechnet.
 Der
Mindestzeitraum für die
Voranmeldung der Beerntung bei
der zuständigen Bezirksforstinspektion (BFI) wurde auf „eine
Woche vor Beginn der Beerntung“ verkürzt.
novelle
verordnung
BGBl. II Nr. 27/2012
2012
 Neu
hinzu kommt der Ernteunternehmer, der von der Landesforstdirektion (LFD) registriert
wird und eine Betriebsnummer erhält. Die LFD informiert das Bundesamt für Wald über Aufnahme,
Beendigung oder Untersagung der
Tätigkeit des Ernteunternehmers.
Dieser hat ein Zapfen- oder Saatgutbuch zu führen und unterliegt
der Behördenkontrolle je nach Beerntungsintensität.
Anmerkung: Besitzt ein Forstsamen- und Forstpflanzenbetrieb,
ein Samen- oder Pflanzenhändler
bereits eine Betriebsnummer von
der LFD und führt zusätzlich auch
11
 Die
Frist für die Verfolgungsverjährung wurde auf zwei Jahre
angehoben. Zusätzlich wurde
die Regelung übernommen, dass
die Bezirksverwaltungsbehörde
die anzeigende Behörde informiert.
 Die Mischung von Saatgut ver-
schiedener Reifejahre einer Zulassungseinheit der Kategorien
„quellengesichert“, „ausgewählt“
oder „qualifiziert“ ist jetzt möglich.
Ein schriftlicher Antrag mit Saatgutproben ist an das Bundesamt
für Wald zu senden. Die Untersuchung erfolgt im BFW-Forstsamenlabor, das die Grundlage für
die Ausstellung eines neuen
Stammzertifikats durch das Bundesamt für Wald – Forstliches Vermehrungsgut ist.
Vogelkirschen-Beerntung mit Kletterseil
Beerntungen durch, dann muss er
sich als Ernteunternehmer registrieren lassen; es wird aber keine Betriebsnummer von der LFD vergeben, da bereits eine solche existiert.
Forstverwaltungen, die selber
Beerntungen durchführen und das
Saatgut verkaufen oder zur Lohnanzucht weitergeben (lt. Richtlinie
ist Lohnanzucht ein In-VerkehrBringen), müssen sich von der LFD
registrieren lassen und bekommen
eine Betriebsnummer zugewiesen.
 Die
Akkreditierung des Forstsamenlabors in Wien nach
ISO 17025 wurde am 8. Juni
2011 an die Akkreditierungsstelle
des Wirtschaftsministeriums zurückgegeben.
Daher diese Änderung in der
VO § 18:
Die Forstsaatgutprüfung muss von
Labors durchgeführt werden, die
vom Bundesamt für Wald – forstliches Vermehrungsgut mit Bescheid zugelassen wurden. Die Registrierung erfolgt ebenfalls durch
das Bundesamt.
Das Forstsamenlabor im Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und
Landschaft (BFW) gilt als zugelassen VO §18 (5).
 Das Stammzertifikat kann nach er-
 Die
Aufbewahrung der Bücher
wurde auf sieben Jahre verkürzt.
 Die
Geldstrafen bei Übertretungen wurden auf bis zu 7000 Euro
reduziert.
12
Foto: BFW/Wurzer
folgter Überprüfung durch das
Bundesamt für Wald bei Nichteinhaltung der Bestimmung des FVG
nachträglich mit Bescheid für ungültig erklärt werden. Dies gilt
jetzt für alle vier Kategorien.
Anmerkung: In Österreich gibt es
die Kategorie „quellengesichert“ für
die neuen Baumarten (geregelt seit
2003), dann die Kategorie „ausgewählt“ für Saatguterntebestände
und noch die Kategorie „qualifiziert“ für Samenplantagen und Pappelklone. Die 4. Kategorie „geprüft“ gibt es noch nicht für heimisches Vermehrungsgut!
Wildlinge wurden wieder in die novelle
aufgenommen
 Die
Wildlinge waren im Forstlichen Vermehrungsgutgesetz 1996
enthalten und wurden wieder in
die Novelle aufgenommen.
Definition: Wildlinge sind aus
Naturverjüngung
geworbene
Pflanzen, die sich in einem zugelassenen Saatguterntebestand befinden.
Die Gewinnung von Wildlingen
der Kategorie „ausgewählt“ ist nur
in einem zugelassenen Saatguterntebestand folgender Baumarten
zulässig: Tanne, Bergahorn, Buche
und Esche.
Die Gewinnung von Wildlingen
der neuen Baumarten in der
Kategorie „quellengesichert“ ist
nur in Saatgutquellen eines Herkunftsgebietes und einer Höhenstufe zulässig.
 Alle
Zulassungszeichen sind jetzt
eindeutig definiert.
 Folgende
Baumarten wurden in
der Kategorie „quellengesichert“
ergänzt:
Silberpappel (Populus alba)
Schwarzpappel (Populus nigra)
Zitterpappel (Populus tremula)
Graupappel (Populus x canescens)
Riesentanne (Abies grandis)
Flaumeiche (Quercus pubescens)
 Einzelbaumproben:
Erfolgt die Gewinnung von Saatgut in Erntebeständen der Kategorie „ausgewählt“, dann müssen
für folgende Baumarten die Einzelbaumproben mit dem Stammzertifikat an das Bundesamt für
Wald geschickt werden:
• alle Eichen und die Edelkastanie – 10 Samen pro Baum
• Birke und Moorbirke –
5 Kätzchen pro Baum
• Riesentanne – 1 Zapfen pro
Baum
Es gilt weiterhin § 11 der VO für
die geregelten Baumarten.
Dipl.-Ing. Ilse Strohschneider, Bundesamt für Wald –
Forstliches Vermehrungsgut, Hauptstraße 7, 1140 Wien,
E-Mail: [email protected];
Ing. Christan Wurzer, Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und
Landschaft, Institut für Waldgenetik, Hauptstraße 7,
1140 Wien, E-Mail: [email protected];
BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012
B F W
KurT ramSKogler, chriSToPh harTleiTner
Herkunftssicherheit und Saatgutversorgung
Keine Waldbesitzerin und kein
Waldbesitzer, natürlich auch nicht
die Nachfolge-Generation, möchten
ihre produktive Waldfläche mit
diesen Eigenschaften vorfinden. Mit
der Wahl von qualitativ hochwertigen Saat- und Pflanzgut investiert der Waldbesitzer in die
Zukunft und kann die Leistungsfähigkeit der Wälder steigern. Aus
diesen Gründen kommt dem
„richtigen“ Saat- und Pflanzgut eine
sehr hohe Bedeutung zu.
Geringer Stellenwert in der
forstlichen Praxis
Foto: Hartleitner, LIECO
Die genetische Qualität von Saatund Pflanzgut kann in der
Forstwirtschaft meist erst nach
Jahren beurteilt werden. Die Folge
von
minderwertigem
Vermehrungsgut sind Zuwachsverluste, schlechte Holzqualitäten,
Einbußen in der Stabilität und Vitalität, verbunden mit einer
höheren Anfälligkeit gegenüber
Schadorganismen.
Die wenigsten Forstbetriebe besitzen heute noch Forstmaschinen,
trotzdem kennen sich die meisten
Forstleute bestens bei Harvestern,
Traktoren und Seilgeräten aus, während das Wissen über Saatgut, die
Beerntung von anerkannten Beständen, Samenplantagen und die Qualität von Forstpflanzen nur wenig
ausgeprägt ist. Vor wenigen Jahrzehnten, als die meisten Forstbetriebe noch ihre eigenen Forstpflanzen produzierten, war dieses
Wissen sicher noch stärker im forstlichen Bewusstsein verankert. Auch
in der Ausbildung schenkte und
schenkt man diesem Thema zu
wenig Aufmerksamkeit.
Das mag daran liegen, dass Aufforstung oft nicht mit sehr positiven
Emotionen besetzt ist. Sie verursacht Kosten, ist eine arbeitsreiche
Periode im Jahr und der Erfolg stellt
sich erst ein, wenn die Kultur gesichert ist. Es hängt aber sicher auch
B F W
BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012
Schon im Forstgarten ist eindeutig ersichtlich: Fichte ist nicht gleich Fichte. im
Bild zweijährige container-Fichten von zwei herkünften aus unterschiedlichen
Seehöhen
mit den mäßigen Holzerträgen und
den damit verbundenen Personaleinsparungen in den vergangenen
Jahrzehnten zusammen.
Dieser Kernkompetenz der Forstwirtschaft sollte künftig wieder verstärkte Aufmerksamkeit zukommen,
denn sie ist die grundlegende
Weichenstellung zur Sicherung von
stabilen, leistungsfähigen Wäldern.
Derzeit sind die Holzpreise gut und
mittel- bis langfristig sollte einer
weiteren Aufwärtsbewegung nichts
im Weg stehen. Der nachwachsende
Rohstoff Holz liegt im Trend, wird
weltweit vermehrt nachgefragt und
ein Versorgungsengpass wird prognostiziert. Dies hat mehrere Gründe:
die Weltbevölkerung wächst, die
Nutzung von Holz als ökologischer
Werkstoff nimmt zu, ebenso vergrößert sich die Waldfläche, die
außer Nutzung gestellt ist.
Angesichts dieser Aussichten ist es
dringend geboten, dass auch in
Österreich der Bestandesbegründung und dem Wissen über das
richtige genetische Material wieder
ein höherer Stellenwert eingeräumt
wird.
Qualität entscheidet
Vermehrt man astige, abholzige,
krumme Bäume mit geringer
Massenleistung, werden die Nachkommen ähnliche, unerwünschte
Qualitätseigenschaften aufweisen
und dem Waldbesitzer beim Holzverkauf beträchtliche Mindererträge
liefern. Dies gilt sowohl für die Aufforstung als auch bei natürlich verjüngten Beständen. Jede Fichte ist
grün, aber dahinter steckt viel mehr.
Schon im Forstgarten ist ersichtlich,
dass Fichte nicht gleich Fichte ist.
Je nach Herkunft und Höhenlage
13
Millionen m3 sk/Jahr
120
100
80
60
40
20
Düngung 60.000 ha
Anbau von Pinus contora 15.000 ha
genetisch verbessertes Plantagensaatgut
optimierte Verjüngung
Referenzwert SKO 03
0
2010
2030
2050
2070
2090
Prognostizierter Jahreseinschlag an holz in Schweden bei verschiedenen
Bewirtschaftungsalternativen. Den wichtigsten Beitrag zur Steigerung der holzproduktion im 21. Jahrhundert liefert die Forstpflanzenzüchtung. Quelle: ackzell.
l. Federation of Swedish Family Forest owners.
haben Bäume unterschiedliche Zuwachsleistungen, Trockentoleranz,
Austriebs- und Verholzungsverhalten. Um sicherzustellen, dass das
passende Material auch wirklich bei
der Waldbesitzerin und dem Waldbesitzer ankommt, muss die Herkunft von Beginn an nachvollziehbar
sein. Als Ausgangsbasis dient das
Stammzertifikat eines anerkannten
Erntebestandes. Kommt das Saatgut
in Produktion, sollte eine Referenzprobe zur Überprüfbarkeit abgelegt
werden. Danach bedarf es einer genauen Kennzeichnung der Keimlinge.
Diese Durchgängigkeit muss, bis die
Forstpflanzen dem Kunden übergeben werden, gewährleistet sein.
Das österreichische forstliche Vermehrungsgutgesetz setzt im internationalen Vergleich sehr hohe Standards hinsichtlich der Kennzeichnung und Nachvollziehbarkeit von
Beerntungen. Zusätzlich sollten verstärkt stichprobenartige Überprüfungen von Saatgut und Forstpflanzen mit genetischen Fingerabdrücken durchgeführt werden, um
die offen und sauber arbeitenden
Forstgärten
vor
potenziellen
„schwarzen Schafen“ zu schützen.
Samen von Waldbäumen sind ein
sehr wertvolles Gut. Die Saatgutversorgung in Österreich ist derzeit
nicht zufriedenstellend. Bei gewissen Baumarten und Herkünften
sind bereits jetzt Versorgungsengpässe gegeben. Vor allem der Lärche
sollte verstärkte Aufmerksamkeit zukommen. Durch die Witterungsverläufe und diverse Schädlinge kam es
in den letzten Jahren nur sehr
regional zu Vollmasten.
Um in Zukunft die Forstwirtschaft
mit qualitativ hochwertigem Pflanzenmaterial versorgen zu können,
müssen das Blühverhalten und die
Zapfenentwicklung genau beobachtet und etwaige Erntemöglichkeiten erwogen werden. Nur der
Forstmann und die Forstfrau vor Ort
können diese Beobachtungen
machen, um bei entsprechendem
Zapfanhang eine Beerntung in die
Wege zu leiten.
Saatgut aus guten Mastjahren bedeutet gute Keimfähigkeit und
gesunde Pflanzen. Grundsätzlich
sollte Saatgut aus Vollmasten weitervermehrt werden. Dies ist neben
einem vitalen und geschützten
Wurzelsystem, optimierter Logistik,
richtigem Pflanzverfahren ein
wesentlicher Faktor für hohe Anwuchsraten und die Verkürzung des
Verjüngungszeitraumes.
Zudem
garantiert es auf Basis der Saatgutuntersuchungen eine sichere und
wirtschaftliche Pflanzenproduktion
im Forstgarten.
Forschung forcieren
Um die Holzproduktion auf den bestehenden Flächen zu steigern, bedarf es zielgerichteter Forschung, die
in der Praxis umgesetzt werden
kann.
Im internationalen Vergleich gibt es
einige Vorreiter: Allen voran Schweden und die USA. Diese Länder erzielten durch konsequente Umsetzung von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen eine Erhöhung des
Zuwachses um 20 Prozent und mehr
(Abbildung). Österreich als Land mit
hoher forstlicher Kompetenz hat
hier sicher einen enormen Nachholbedarf.
Gewiss ist, dass sich durch gezielte
Auswahl (Züchtung) eine beträchtliche Leistungs- und Stabilitätssteigerung erzielen lässt. Dabei ist es auch
möglich, gewisse Parameter wie etwa
Trockentoleranz zu berücksichtigen,
um auch einer etwaigen Klimaänderung entgegen zu treten und
stabile Wälder zu erziehen. Diese
Zielsetzung ist nicht in einem Jahr
umsetzbar, sondern bedarf jahrelanger Forschung und Entwicklung.
Dipl.-Ing. Dr. Kurt Ramskogler, Dipl.-Ing. Christoph
Hartleitner, LIECO GmbH & Co KG, 8775 Kalwang 31,
[email protected]
Wussten Sie, um welches Saatgut es sich auf der Titelseite handelt? hier die auflösung!
Bergahorn
Stieleiche
Weißtanne
Lärche
Esche
Fichte
Weißkiefer
Rotbuche
Zirbe
Silvio Schüler, ThomaS Thalmayr
Sind nicht alle Fichten grün?
Herkunftssicherheit durch Referenzproben!
Forstsamen und -pflanzen sind die
Grundlage für stabile, leistungsfähige Wälder der Zukunft. Um
sicherzustellen, dass die Waldbesitzerin und der Waldbesitzer tatsächlich die bezahlte Herkunft
bekommen, verlangt das Forstliche Vermehrungsgutgesetz das
Einsenden von Einzelbaumproben,
die während der Beerntung gezogen wurden. Diese Referenzproben werden am BFW aufbereitet, gelagert und in einer Datenbank erfasst. Mit Hilfe neuer genetischer Untersuchungsmethoden
können diese Proben für Kontrolluntersuchungen herangezogen
werden.
Die Verjüngung eines Waldes ist
meist mit hohem Aufwand und
Kosten verbunden. Zu den Kosten
für Forstpflanzen und den sorgfältig
durchzuführenden Pflanzarbeiten
kommen auch der Schutz vor Verbiss und die Pflege der Pflanzen in
den ersten Jahren. Damit sich dieser
Aufwand lohnt, sollten die gesetzten Bäume standortsgerecht und
wirtschaftlich leistungsfähig sein.
Nur so entsteht ein Wald, der durch
ökologische Stabilität und ökonomische Wertleistung die Investitionen rechtfertigt. Die Auswahl der
richtigen Herkunft wird seit einigen
Jahren durch das Online-Informationssystem www.herkunftsberatung.at erleichtert. Doch wer
garantiert, dass die erworbenen
Forstpflanzen tatsächlich von der
betreffenden Herkunft stammen?
Sind letztlich nicht alle Fichten grün?
Verbraucherschutz
durch das Forstliche
Vermehrungsgutgesetz
Zum Schutz vor falschen Herkünften
und letztlich zur Erhaltung und Verbesserung des Waldes für die Gesellschaft und die Förderung der
Forstwirtschaft gibt es das Forstliche
Vermehrungsgutgesetz (FVG) (siehe
Artikel Strohschneider und Wurzer
B F W
BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012
abbildung 1: Die von den Forstbaumschulen bei der Beerntung entnommenen
zapfen der einzelbäume werden am BFW getrennt geklengt und die Samen einzelbaumweise aufbewahrt. Damit kann später überprüft werden, ob tatsächlich die
vorgeschriebene mindestanzahl an Samenbäumen beerntet wurde und ob die
unter diesem Stammzertifikat verkauften Sämlinge aus dieser Beerntung
stammen
Seite 11). Das FVG regelt die Kennzeichnung der Identität von forstlichem Vermehrungsgut sowie
die Durchführung von Saatgutbeerntungen und das Inverkehrbringen
von Saatgut und Forstpflanzen. Jeder in Österreich tätige Forstgarten,
Erntebetrieb und Saatguthandel
unterliegt diesem Gesetz. Um überprüfen zu können, ob die gesetzten
Pflanzen von der gewünschten Herkunft stammen, schreibt das FVG
die Einsendung von Referenzproben
von jeder in Österreich beernteten
Saatgutpartie vor. Dabei ist von jedem Einzelbaum eine gewisse An-
15
zahl an Samen oder Zapfen an das
Bundesamt für Wald zu senden. Im
Saatgutlabor des Instituts für Waldgenetik des BFW werden diese Proben aufbereitet und sicher gelagert.
Probenaufbereitung
baumartenspezifisch
Je nach Baumart ist das Saatgut kurz
oder lang lagerfähig: Schwerfruchtige Baumarten, wie zum Beispiel
Eiche, werden teilweise im Labor
angekeimt, um ausschließlich die
DNA der Sämlinge aufzubewahren.
Derzeit sind im Samenlager des BFW
etwa 600 Referenzproben von
Beerntungen eingelagert und in
einer Datenbank erfasst. Jede Probe
besteht aus einer Vielzahl an
Einzelbaumproben. Diese stehen
mindestens zehn Jahre für Kontrolluntersuchungen zur Verfügung. Im
Rahmen interner Untersuchungen
werden alljährlich Stichproben gezogen und molekulargenetisch in
der Abteilung Genomforschung untersucht. Zudem kann auf Anfrage
der forstlichen Praxis gegen Gebühr
überprüft werden, ob die bezogenen
Forstpflanzen tatsächlich aus der
angegebenen Saatgutpartie abstammen. Denn: Die Referenzproben sind mit demselben gesetzlich vorgeschriebenen Stammzertifikat der Beerntung und dem
Zulassungszeichen des Erntebestandes gekennzeichnet, die gleichen
Daten sind auch auf der Pflanzenrechnung des Forstgartens vermerkt.
Bei der Überprüfung von Saat- und
Pflanzgut, kommt auch der technologische Fortschritt ins Spiel, denn
dieser ermöglicht für immer mehr
Baumarten den Einsatz des genetischen Fingerabdrucks.
Bei einer solchen Untersuchung
werden mehrere Gene des Zellkerns
analysiert. Da jedes Gen eine Vielzahl von verschiedenen Genvarianten (= Allelen) aufweist, ist oftmals
schon durch eine geringe Anzahl an
Genen eine eindeutige Identifikation
eines Sämlings und von dessen Elternbäumen möglich. Das Saatgut
abbildung 2: Dauerhafte lagerung der referenzproben, getrennt nach reifejahren,
im Kühlhaus Tulln
erstellt am 03.09.2012
Einzelbaumproben Lagerung 2002-2009
Reifejahr
Kiste Beerntungsnummer
Zulassungszeichen
Firma
Menge kg
Kat Prüfbericht Nummer
Stammzertifikat
Lagerung
Einlagerung VG Tulln
160
aus
A/80802-01/2006
E
13.02.2012
2006
35
155/06
Ta 86(4.1/mm)
LFG Rankweil
2006
43
158/06
Ta P6(4.1/mm,hm)
LFG Rankweil
45
aus
A/80104-02/2006
E
13.02.2012
2006
1
154/06
Fi 59(2.1/hm)
LFG Rankweil
470
aus
A/80101-04/2006
E
13.02.2012
2006
43
157/06
Ta 88(4.1/hm)
LFG Rankweil
52
aus
A/80101-03/2006
E
13.02.2012
2006
35
156/06
Ta 87(4.1/mm)
LFG Rankweil
82
aus
A/80101-02/2006
E
13.02.2012
2003
48
77/03
Fi 31(1.2/hm)
FG
Nikolsdf.+ARGE
390
aus
A/70913-06/2003
E
20.06.2012
2003
2
76/03
Fi(/)
FG
Nikolsdf.+ARGE
650
aus
A/70913-05/2003
E
13.02.2012
2003
48
24/03
Fi 1(1.2/tm)
ÖBF
640
aus
A/70913-04/2003
E
20.06.2012
2003
23
16/03
Zi 2(1.2/ts)
ARGE
Zapfenpflücker
210
aus
A/70913-03/2003
E
13.02.2012
2003
41
17/03
Zi 2(1.2/ts)
ARGE
Zapfenpflücker
390
aus
A/70913-02/2003
E
13.02.2012
2003
23
15/03
Zi 4(2.1/ts)
ARGE
Zapfenpflücker
280
aus
A/70913-01/2003
E
13.02.2012
87/04
2005
3
13/05
Zi 2(1.2/ts)
Nikolsdorf
990
aus
A/709013-01/2005
E
13.02.2012
2003
16
176/03
Fi(/)
LFG Nikolsdorf
220
aus
A/70811-05/2003
E
13.02.2012
2003
34
114/03
Fi 3 (IV/2/9-13)
LFG Nikolsdorf
531
aus
A/70811-04/2003
E
13.02.2012
2003
35
111/03
Fi(/)
LFG Nikolsdorf
217
A/70811-03/2003
E
13.02.2012
2006
44
102/06
Ta 17(2.1/mm)
FG Stams
207
A/70811-02/2006
E
13.02.2012
aus
14/09
abbildung 3: Datenbank der eingelagerten referenzproben. Für Kontrolluntersuchungen kann jede Probe anhand des
zulassungszeichens des Bestandes und des Stammzertifikats der Beerntung zweifelsfrei identifiziert werden
16
BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012
B F W
Box | Elternschaftanalyse von Forstsaatgut am Beispiel einer Vogelkirschenuntersuchung: Das Saatgut wurde
am Boden des Bestandes aufgesammelt. Die ersten drei der hier untersuchten Samen stammen mit hoher
Sicherheit vom genetisch analysierten Mutterbaum, denn sie besitzen mindestens eine gemeinsame genetische
Variante = Allel (rot markiert). Der vierte Samen kann allerdings ganz sicher nicht von diesem Baum abstammen,
denn er trägt keine der Varianten des Altbaumes. In diesem Fall wurde ein Nachbarbaum als Samenmutter identifiziert. Sind alle Mutterbäume eines Bestandes bekannt und werden weitere Gene analysiert, so kann für jedes
aus diesem Bestand produzierte Saatgut zweifelfrei die Identität durch eine genetische Analyse abgesichert werden. Dieses Vorgehen empfiehlt sich vor allem für wertvolles Plantagensaatgut (siehe Geburek et al. Seite 19),
denn Plantagen (siehe Konrad et al. Seite 22) haben eine begrenzte Anzahl von Klonen und werden über einen
längeren Zeitraum wiederholt beerntet.
15000
1 500 0
Mutterbaum
10000
1 000 0
5000
5 00 0
0
180
15000
190
200
210
220
230
240
250
260
270
280
200
210
220
230
240
250
260
270
280
200
210
220
230
240
250
260
270
280
200
210
220
230
240
250
260
270
280
200
210
220
230
240
250
260
270
280
Samen 1
10000
5000
0
180
15000
190
Samen 2
10000
5000
0
180
?
15000
190
Samen 3
10000
5000
0
180
15000
190
Samen 4
10000
5000
0
180
190
Varianten
Länge der genetischen V
arianten
am untersuchten Gen
Samen
Mutterbaum
Schlussfolgerung
1
Beide haben ein gemeinsames Allel
2
Beide haben ein gemeinsames Allel
3
Beide haben zwei gemeinsame Allele
4
Beide unterscheiden sich an beiden Allelen
von Samenplantagen, das nur von
einer geringen Anzahl an Sameneltern produziert wird, kann mit
diesem Verfahren relativ einfach
überprüft werden.
Die Zuordnung zu Herkünften gestaltet sich etwas schwieriger. Hier
benötigt man zunächst eine
möglichst breite Datenbasis und im
Idealfall die Kenntnis der genetischen Variation im gesamten Verbreitungsgebiet, um Saatgut einer
B F W
BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012
Dieses Saatgut stammt sehr wahrscheinlich vom
angegebenen Mutterbaum ab
Dieses Saatgut stammt keinesfalls von diesem Mutterbaum ab
bestimmten Herkunft zuordnen zu
können. Allerdings können im Ausschlussverfahren auch für einzelne
Bestände eindeutige Aussagen getroffen werden – und zwar für den
Fall, dass das vermutliche Saatgut
eines Bestandes keine der genetischen Varianten des Elternbestandes aufweist (siehe Box).
Allerdings nützen die besten
Methoden nur, wenn die Waldbesitzerin und der Waldbesitzer auch
die richtigen Herkünfte für ihre
Standorte verlangen und die
Rechnungsunterlagen aufbewahren.
Dr. Silvio Schüler, Ing. Thomas Thalmayr, Bundesforschungszentrum für Wald, Institut für Waldgenetik,
Hauptstraße 7, 1140 Wien,
E-Mail: [email protected]
17
Herkunftsberatung.at
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forstliches Saat- und Pflanzgut in Österreich
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B F W
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Welche Lärchen-Herkunft im Alpenvorland?
Die Lärche weist eine sehr große
ökologische Bandbreite und eine
große genetische Variation auf.
Daher ist die Herkunftsfrage bei
dieser Baumart besonders von Bedeutung. Leider ist über den Anbau geeigneter Herkünfte im
Alpenvorland wenig bekannt, da
aussagekräftige Feldversuche für
diese Baumart in Österreich
fehlen. Aber vielleicht lassen sich
praxisrelevante Schlüsse hinsichtlich der Herkunftswahl aus
regulären Aufforstungen ziehen.
Unsere heimische Lärche hat im Vergleich zur Fichte oder Weißkiefer ein
nur sehr kleines, natürliches Verbreitungsgebiet. Dennoch weist diese
Nadelholzart eine sehr große ökologische Toleranz auf. Die Lärche ist auf
Standorten bei -1° bis +14 °C Jahresdurchschnittstemperatur, Jahresniederschlägen von 450 bis
2500 mm, 50 Tagen bis 250 Tagen
Vegetationszeit in Höhenlagen von
250 bis 2400 m zu finden. Diese
sehr große ökologische Amplitude,
insbesondere hinsichtlich der Anpassung an die Seehöhe, hat zu ausgeprägten Regional- oder Lokalrassen geführt. Die Bezeichnung als
Polen-, Sudeten-, Karpaten- und
Alpenlärche spiegelt dabei nicht nur
das jeweilige Teilareal wider, sondern
auch die jeweiligen besonderen
forstlichen
Eigenschaften
der
Herkünfte.
Aber dies war nicht immer so. Die
europäische Forstwirtschaft hat
schmerzlich die Auswirkungen großer genetischer Unterschiede bei
dieser Baumart erfahren müssen,
als man Tiroler Saatgut im 18. und
19. Jahrhundert weit über das alpine
Areal hinaus verbreitete. Dies führte
zu einem katastrophalen, lange Zeit
rätselhaften Lärchensterben in
Europa, welches schließlich Prof.
Münch in den 1930er Jahren mit
der „Herkunftsfrage“ aufklären
konnte. Erst die in der Folgezeit vorwiegend in Deutschland angelegten
B F W
BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012
abbildung 1: lage der aufforstungsflächen, die mit unterschiedlichem Pflanzgut
aus Plantagen oder Saatguterntebeständen begründet wurden
Herkunftsversuche zeigten die große
genetisch bedingte Variationsbreite
bei dieser Baumart genauer auf.
Leider wurden in Österreich nur sehr
wenige Vergleichsanbauten bei dieser so wichtigen Baumart angelegt,
daher sind unsere Kenntnisse über
die richtige Wahl der Lärchenherkunft sehr begrenzt.
Wie könnte zur Lösung dieses
Problems beigetragen werden?
Einige österreichische Forstbetriebe
dokumentieren genau die Verwendung des Saat- und Pflanzgutes,
beurteilen die daraus erwachsenen
Bestände und erhöhen ihren wirtschaftlichen Erfolg durch eine optimierte Herkunftswahl. Aber diese
Ergebnisse werden nicht notwendigerweise auch der breiten
forstlichen Praxis zugänglich gemacht oder haben nur lokal für den
Forstbetrieb eine Bedeutung. Daher
wurde ein bisher nicht genutzter
Ansatz verfolgt, Anbauempfehlungen auf der Grundlage von regulären
Aufforstungen mit bekannten
Herkünften
abzuleiten. Dieser
retrospektive Ansatz weist natürlich
viele Unzulänglichkeiten auf. So
wird in klassischen Feldversuchen
die umweltbedingte Variation durch
das Versuchsdesign minimiert und
auf einem Standort stocken in Versuchswiederholungen dieselben
Herkünfte. Eine Reduktion dieses
„umweltbedingten Rauschens“ ist
bei dem gewählten Ansatz nicht
möglich und nur sehr große genetische Unterschiede zwischen Herkünften sollten nachweisbar sein.
Mit Unterstützung der Landesforstdirektion Oberösterreich wurden
Aufforstungsflächen und Ausgleichsflächen nach § 18 Forstgesetz der
Lärche im Zeitraum zwischen 1995
und 2003 ausgewählt. Als Auswahlkriterien dienten unter anderem die
Güte der Dokumentation des ver-
19
80 %
extrem gerade
gerade
bogig
stark bogig
70 %
60 %
Chi2: 224,37***
mehrfach gekrümmt
stark mehrfach gekrümmt
Zwiesel
50 %
40 %
30 %
20 %
10 %
0%
6(IIA/1/9-13)
P3/III/1/4-9)
P7(III/4-6)
Stráža -Trenčín
Südböhmen
abbildung 2: Prozentuale verteilung unterschiedlicher Schaftformen bei den untersuchten lärchenherkünften
70 %
fein
eher fein
eher grob
grob
60 %
50 %
Chi2: 417,65***
40 %
30 %
20 %
10 %
0%
6(IIA/1/9-13)
P3/III/1/4-9)
P7(III/4-6)
Stráža -Trenčín
Südböhmen
abbildung 3: Prozentuale verteilung unterschiedlicher astigkeit bei den untersuchten lärchenherkünften
Tabelle 1: Die näher untersuchten lärchenherkünfte
anzahl der
untersuchten
Bestände
(a 50 Bäume)
herkunftsbezeichnung
art
region
lä 6 (II1/1/9-13)
Saatguterntebestand
Tirol
7
lä P3 (III/1/4-9)
ÖBf-Plantage „Hamet“
Wienerwald/Steyr
10
la P7 (III/4-6)
ÖBf-Plantage „Weinzierl
Wienerwald
7
Stráža -Trenčín
Plantage
Mähren/Sudeten
7
Südböhmen
Saatguterntebestände
Sudeten
5
wendeten Pflanzenmaterials, der
Reinanbau, keine Läuterungs- und
Durchforstungseingriffe sowie eine
Mindestgröße der Aufforstung. Auf
36 Flächen (Abbildung 1) wurden
20
1800 Bäume aus fünf verschiedenen
Herkünften (zwei Saatguterntebestände, 3 Plantagenherkünfte, Tabelle
1)
untersucht.
Im Mittel
waren die Aufforstungen 13 Jahre alt.
Schlussfolgerungen aus der
Pilotstudie
Hinsichtlich der Schaftform fällt auf,
dass die beiden österreichischen
Plantagenherkünfte „P3“ und „P7“
vergleichsweise hohe Anteile an
wünschenswerten Schaftformen aufweisen (Abbildung 2). Die Herkünfte „Lä 6“ und Lärchenplantage
„Stráža –Trenčín“ überzeugen aufgrund ihrer Schaftformen nicht.
Auch hinsichtlich der Aststärke sind
diese Herkünfte nicht zu empfehlen
(Abbildung 3).
Zusammenfassend kann Folgendes
festgehalten werden:
• Lärchen des Saatguterntebestandes Lä 6 (IIA/1/9-13) weisen von
BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012
B F W
allen untersuchten Herkünften
aufgrund der Höhenlage des Saatguterntebestandes (900-1300 m)
erwartungsgemäß die geringste
Wuchsleistung auf. Außerdem
zeigen Lärchen dieser Herkunft
meist ungünstige Schaftformen
in Verbindung mit Grobastigkeit.
Der Anteil an steilastigen Individuen ist im Vergleich zu den anderen Herkünften erhöht.
• Lärchen der Plantage Lä P3(III/
1/4-9) verfügen hinsichtlich der
Gütemerkmale über die beste
Leistung. Besonders im Hinblick
auf Astigkeit und Schaftform
überzeugen diese Lärchen. Die
Wuchskraft der analysierten
Bäume liegt im oberen Mittelfeld. Allerdings scheinen die Lärchen dieser Plantage relativ früh
zu fruktifizieren. Inwiefern durch
eine frühzeitige Reproduktionsphase das vegetative Wachstum
negativ beeinflusst wird, ist offen.
Die Rindenstruktur ist relativ
grob.
• Lärchen der Plantage Lä P7(III/46) haben etwas schlechtere Eigenschaften als Lä P3(III/1/4-9) und
Waldforschung
Beitrag zur Waldinventur
sind eher mit Lärchen der Herkunft Südböhmen vergleichbar.
Die Wuchsleistung der Lärchen
aus dieser Plantage ist eher mittelmäßig. Ähnlich wie bei der
Herkunft Lä P3(III/1/4-9) tragen
diese Lärchen frühzeitig Zapfen.
Im Gegensatz zu Lä P3(III/1/4-9)
ist die Borkenstruktur eher fein.
• Südböhmische Lärchen weisen
erwartungsgemäß von allen Herkünften die größte Wuchskraft
auf. Schaftformen und Astigkeit
sind schlechter als bei der Lä P3
(III/1/4-9).
• Die Lärchen der slowakischen
Plantage „Stráža-Trenčín“ präsentieren sich weitgehend grobastig
und krummwüchsig. Auch hinsichtlich der Wuchskraft überzeugt
diese Herkunft nicht. Hinzu
kommt, dass Lärchen aus der
Plantage häufiger Steiläste bilden
als die der anderen untersuchten
Herkünfte.
Abschließend soll nochmals betont
werden, dass die hier gemachten
Aussagen nicht die gleiche Sicherheit haben können, als wenn die
Herkünfte in mehreren österreichischen Feldversuchen über viele
Jahrzehnte gemessen und analysiert
worden wären. Aber trotz dieser
Einschränkung sind nach Meinung
der
Autoren
praxisrelevante
Schlussfolgerungen für das Alpenvorland in Oberösterreich möglich
und es wäre äußerst wünschenswert, wenn dieser Ansatz auch in
anderen Bundesländern verfolgt
werden könnte.
Univ.-Prof. Dr. Thomas Geburek, Institut für Waldgenetik,
Bundesforschungszentrum für Wald, Hauptstraße 7,
1140 Wien, E-Mail: [email protected];
Dipl.-Ing. Anna-Franziska Arbeiter, Bezirkshauptmannschaft Bregenz-Forstwesen, Bahnhofstraße 41, 6901
Bregenz;
Ao. Univ.-Prof. Dr. Eduard Hochbichler, Institut für Waldbau, Universität für Bodenkultur, Peter-Jordan-Straße
82, 1190 Wien;
Dipl.-Ing. Christoph Jasser, Landesforstdirektion Oberösterreich, Bahnhofsplatz 1, 4021 Linz
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Waldforschung
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http://www.bfw.ac.at
B F W
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waldforsc
heino KonraD, Karl SieBerer, geralD goleSch, ruDolF liTSchauer
Qualitätssaatgut aus Samenplantagen
Die Versorgung der Forstbetriebe
mit Vermehrungsgut, dass wirtschaftlichen (Zuwachs, Holzqualität) und ökologischen Zielen
(genetische Vielfalt, lokale Angepasstheit) entspricht, ist ein
Grundpfeiler einer nachhaltigen
Waldbewirtschaftung. In Österreich wird ein Großteil des Saatgutes aus zugelassenen Erntebeständen gewonnen, weitere
Samen werden aus dafür speziell
angelegten forstlichen Samenplantagen geerntet. Gegenwärtig
evaluiert das BFW sein Plantagenprogramm.
abbildung 1: Samenplantage lärche am BFW-Plantagenzentrum allentsteig
Das Institut für Waldgenetik des
Bundesforschungszentrums für Wald
betreibt das vom BMLFUW
geförderte Programm der forstlichen
Samenplantagen. Neben der Erhaltung und dem Schutz von seltenen
Baumarten wird in diesen Plantagen
auch hochwertiges Saatgut gewonnen. Derzeit existieren 56 Plantagen
von 18 Baumarten auf einer Fläche
von 79,4 ha (Abbildung 1). Neben
den Wirtschaftsbaumarten (Fichte,
Lärche, Kiefer, Tanne, Eiche, Bergahorn, Kirsche, Schwarzerle, Esche)
wurden auch Plantagen für seltene
Baumarten wie die Wildobstarten
sowie Ulme und Spirke angelegt.
Österreichs Erhaltungs-Samenplantagen wurden Ende der 1980er
Jahre angesichts des Waldsterbens
primär zur Sicherung von gefährdeten Baumpopulationen und erst
in zweiter Linie zur Gewinnung von
Saatgut angelegt. Dabei wurden
Populationen ausgewählt, die selten
oder bereits vom Aussterben bedroht waren oder aus anderen Gründen erhaltungswürdig erschienen.
Einzelbäume dieser Arten wurden
im Wege einer xenovegetativen Ver-
mehrung (Veredelung) zu künstlichen Populationen zusammengefasst, um durch generative Vermehrung eine möglichst hohe genetische
Variation in der Nachkommenschaft
zu erreichen.
Effiziente Produktion von
hochwertigem Saatgut
Das aus diesen Samenplantagen gewonnene Saatgut dient heute als
wichtige Quelle für die Produktion
von forstlichem Vermehrungsgut –
ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung
der genetischen Diversität der be-
2500
Bestand
Plantagen
1500
1000
2007
Winterlinde 2010
Weißkiefer
2007
2008
2010
2009
Vogelkirsche
2007
2008
2009
Tanne
2010
2011
2007
2009
2010
Stieleiche
2011
2007
2011
2008
Schwarzerle
2007
2008
2009
Lärche
2011
2007
2008
Hainbuche
2010
2007
2008
Grauerle
2008
2009
Bergahorn
0
2010
500
2011
Rohsaatgut/Beerntung in kg
2000
Tabelle 1: mittlere erntemengen, getrennt nach Bestandes- und Plantagenbeerntungen für den zeitraum 2007-2011.
22
BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012
B F W
treffenden Baumarten. Die Plantagen sind einfacher zu beernten
und die Erntemengen je Beerntung
sind in den Plantagen auch wesentlich höher als in den Beständen (Tabelle 1). Daraus ergibt sich, dass für
einige Baumarten in den letzten Jahren überhaupt nur Plantagensaatgut
geerntet wurde. Die Bäume in den
Plantagen werden optimal mit Lichtund Nährstoffen versorgt, deshalb
ist Plantagensaatgut zumeist den
Bestandesbeerntungen auch in Vollkornanteil und Keimkraft überlegen.
Auswahl
an Klonen
Nachkommenschaftsprüfung
Samenplantage
1. Generation
+ 10 %
Zuwachs
Nachkommenschaftsprüfung
Samenplantage
2. Generation
Anlage und Pflege der
Generhaltungsplantagen
Die Plantagenstandorte sollen so
ausgewählt werden, dass kein
Fremdpolleneinfluss stattfinden
kann. Der jährlich schwankende
Polleneintrag aus der Umgebung
wurde vor der Anlage der Plantagen
bei windblütigen Baumarten mit
Hilfe einer Pollengravitationsfalle
festgestellt. Für Samenplantagen
wurden fast ausschließlich Propflinge
verwendet. Die Reiser wurden im
höheren Kronenbereich gewonnen,
um frühzeitige Blühbereitschaft bei
den Pfropflingen zu erlangen.
Nach Erstellung des Klonverteilungsplanes wurden die zwei- bis vierjährigen Propflinge so ausgepflanzt,
dass jedes Individuum (Ramet) eines
Klons von den Rameten anderer
Klone umgeben ist und in jeder Wiederholung jeweils neue Klonkombinationen vorhanden sind, um die
Erbanlagen der Nachkommenschaft
optimal zu durchmischen. Bei einer
durchschnittlichen Plantagengröße
von 1,5 ha wurden etwa 50 Klone
mit vier- bis fünffacher Wiederholung
gepflanzt.
Um eine optimale Leistungsfähigkeit
der Plantagen zu erreichen, ist eine
entsprechende Pflege (Mähen, Düngen, Forstschutz) besonders in der
Jugendphase essentiell. Die Bewirtschaftung der Erhaltungssamenplantagen wird teilweise ganz vom BFW
(wie etwa die Plantagenzentren Allentsteig und Königshof) oder in Kooperation mit den Bundesländern
Burgenland, Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark und Tirol
+ 10 %
Zuwachs
Samenplantage
3. Generation
abbildung 2: Schematische Darstellung des züchtungsfortschrittes in forstlichen
Samenplantagen. über mehrere zyklen der nachkommenschaftsprüfung und
auslese der eliteklone wird eine erhebliche Produktionssteigerung erzielt
durchgeführt. Die Kosten der Plantagenbewirtschaftung werden den
Bundesländern vom Lebensministerium rückerstattet, gleichzeitig
können die Länder einen Teil des
gewonnenen Saatgutes über ein
Vorkaufsrecht erwerben.
Neben den öffentlich verwalteten
Samenplantagen wurden auch Plusbaumsamenplantagen von Forstbetrieben angelegt, die einen Schwerpunkt auf Züchtung und erhöhte
Qualität der Nachkommenschaft
legen. Die aktuelle Liste der für die
Saatgutgewinnung zugelassenen
forstlichen Samenplantagen kann
über Internet (http://bfw.ac.at/rz/
bfwcms.web?dok=6539) eingesehen
werden.
Weiterentwicklung des
Plantagenprogrammes
Aufgrund notwendiger Sparmaßnahmen wird das Plantagenprogramm des BFW gegenwärtig evaluiert. Flächen, die für die Generhaltung wenig Priorität haben,
sollen aufgelassen werden; auf den
verbleibenden Flächen soll die
Pflege intensiviert werden, um die
Samenproduktion zu steigern. Für
die Wirtschaftsbaumarten wird derzeit eine Strategie entwickelt, um
die Plantagen züchterisch weiterzuentwickeln. Dazu sollen Nachkommenschaften von Einzelklonen in
Versuchsanbauten beurteilt und
Plantagen um ausgelesene Klone erweitert werden. Über mehrere Zyklen
der Nachkommenschaftsprüfung und
Auslese von Eliteklonen kann so
eine erhebliche Produktionssteigerung erzielt werden (Abbildung 2).
Ähnliche Züchtungsprogramme laufen bereits in vielen anderen Ländern. Auf diese Weise soll langfristig
sichergestellt werden, dass den
österreichischen Forstbetrieben qualitativ hochwertiges und regional angepasstes hochleistungsfähiges Vermehrungsgut in ausreichender
Menge zur Verfügung steht.
Dr. Heino Konrad, Ing. Karl Sieberer, Ing. Gerald Golesch,
Dipl.-Ing. Rudolf Litschauer, Institut für Waldgenetik,
Bundesforschungszentrum für Wald, Hauptstraße 7,
1140 Wien, E-Mail: [email protected]
Linktipp – liste der Samenplantagen – http://bfw.ac.at/rz/bfwcms.web?dok=6539
B F W
BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012
23
PeTer zWerger, chriSToPh hieBeler
Optimale Saatgutversorgung durch
zugelassene Bestände am Beispiel Vorarlberg
Vielfältig sind in Vorarlberg die
Waldfunktionen und die vom Menschen an den Wald gestellten Anforderungen. Insbesondere in den
höheren Lagen ist die Schutzfunktion wesentlich, 49% des Waldes
sind als Schutzwald eingestuft.
Im Sinne der Erhaltung und Steigerung der Waldfunktionen kommt
der Waldverjüngung und Wiederaufforstung eine hohe Bedeutung
zu. Voraussetzung dafür ist ein dem
jeweiligen Lebensraum entsprechendes Angebot von zugelassenen
Saatgutbeständen für die Samenernte und die Anzucht von geeigneten Forstpflanzen, denn die richtige Wahl beim Pflanzmaterial ist
Grundvoraussetzung für das gute
Gelingen einer Aufforstung. Unge-
Foto: BFW/Zwerger
Rund 38% der überwiegend gebirgigen Landesfläche Vorarlbergs
sind mit Wäldern bedeckt. Dazu
gehören so unterschiedliche
Lebensräume wie Lärchen-Zirbenwälder an der Waldgrenze und
Auwälder im Rheintal. Um diese
große Bandbreite abdecken zu
können, wurde ein feines Netz
von Saatgutbeständen in Vorarlberg angelegt.
abbildung 1: Das hochgebirge stellt besondere anforderungen an forstliches
vermehrungsgut. hier eine aufforstung mit Fichte aus dem Jahr 1984 (inklusive
nachbesserung) auf einem Südwesthang in 2000 m Seehöhe (gemeinde
St.gallenkirch/montafon, grappes)
eignete Herkünfte verursachen Einbußen in Wüchsigkeit, Stabilität und
Wirtschaftlichkeit. Spätere waldbauliche Eingriffe können diesen Fehler
-
nicht kompensieren. In enger Zusammenarbeit zwischen dem Land
Vorarlberg und dem Bundesforschungszentrum für Wald (BFW)
ist es in den letzten Jahren gelungen, ein ausreichend feines Netz
von Saatgutbeständen zuzulassen
und damit das waldbaulich erforderliche Angebot an standortstauglichen Forstpflanzen zu gewährleisten.
1
1
Auswahl, Anzahl und Verteilung
-
-
Tabelle 1: übersicht über alle in vorarlberg zugelassenen Saatguterntebestände
je Baumart und höhenstufe (aktueller Stand 2012).
Baumart
anzahl der zugelassenen Saatguterntebestände je höhenstufe
kollin
submontan
tiefmontan
mittelmontan
Douglasie
-
2
-
-
-
-
Fichte
-
2
2
9
28
12
Lärche
-
1
1
1
2
Tanne
-
2
2
8
11
Weißkiefer
-
1
3
2
-
-
-
Zirbe
-
-
-
-
-
3
4
Bergahorn
-
1
4
-
-
-
-
Esche
-
2
-
-
-
-
-
Rotbuche
-
-
2
3
3
-
-
Stieleiche
-
1
-
-
-
-
-
Weißbirke
-
-
-
-
-
2
-
Generhaltungsplantage Tanne
-
-
-
1
1
-
-
24
hochtiefhochmontan subalpin subalpin
Dieses Netzwerk folgt keinen
schablonenhaften Richtlinien für die
Anzahl und Verteilung von Erntebeständen, sondern wird von der
Topografie Vorarlbergs bestimmt: In
der submontanen bis mittelmontanen Höhenstufe sind in den
autochthonen und naturnahen
Wäldern sehr viele Baumarten vorhanden, artenreiche Mischwälder
dominieren. Demzufolge ist in
diesen Regionen eine ausreichende
BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012
B F W
60
Reines Saatgut (kg)
50
40
30
20
10
0
Grauerle
2005
Tanne
2006
Fichte
2006
Tanne
2008
Fichte
2008
Tanne
2009
Tanne
2011
Bergahorn Weißkiefer
2011
2011
abbildung 2: geerntete Saatgutmengen seit 2005 durch den vorarlberger landesforstgarten
Anzahl und Verteilung von Saatgutbeständen einzurichten, um alle autochthonen Baumarten zu erfassen.
In der hochmontanen bis hochsubalpinen Höhenstufe sind aufgrund
der schwierigen Standortsbedingungen nur wenige Baumarten anzutreffen. Daher sind im Gebirgswald
für die Anerkennung von Saatgutbeständen die Standortstauglichkeit
und die Wuchseigenschaften von
größter Bedeutung. Weitere Kriterien sind die Beerntbarkeit und die
Erschließung der Erntebestände.
Auch die meist sehr geringe, unsichere und nur in mehrjährigen
Zeitzyklen gegebene Samenproduktion der Bäume in den Hochlagen muss berücksichtigt werden,
wenn die Saatgutproduktion nachhaltig gesichert werden soll.
95 Bestände in Vorarlberg
zugelassen
Aktuell sind in Vorarlberg 95 Bestände mit 116 Zulassungseinheiten
für die wichtigsten Baumarten in der
Kategorie „ausgewählt“ zugelassen
(Abbildung 1 und Tabelle 1). Die zugelassenen Erntebestände mit einer
Gesamtfläche von 2430 ha (2,5%
der Waldfläche) sind über den gesamten Vorarlberger Wald verteilt.
In einigen Beständen konnten aufgrund der natürlichen Waldgesellschaft mehrere Hauptbaumarten zugelassen werden.
Auf das etwa zwei Drittel der Vorarlberger Landesfläche einnehmende
Wuchsgebiet 4.1 (Nördliche Randalpen-Westteil) entfallen aktuell
57 Saatguterntebestände, während
im Wuchsgebiet 2.1 (Nördliche
Zwischenalpen-Westteil) 38 Saatguterntebestände ausgewiesen sind.
Der Schwerpunkt der Zulassungen
liegt auf Fichte mit 53 Zulassungen,
gefolgt von der Tanne mit 23 Erntebeständen.
Landesforstgarten deckt
Großteil des Bedarfs
Aktuell wird der Großteil des Forstpflanzenbedarfes im Land aus dem
Vorarlberger Landesforstgarten gedeckt. Dieser hat die Aufgabe, die
Forstwirtschaft mit standortstauglichem Pflanzmaterial zu versorgen
und Saatgutreserven von den wichtigsten Baumarten anzulegen. Insgesamt sind in den letzten fünf Jahren 1,1 Millionen Forstpflanzen angezogen worden (Tabelle 2). Damit
konnte der Landesforstgarten rund
81% des landesweiten Pflanzenbedarfes decken. 19% der Pflanzen
Tabelle 2: Pflanzenproduktion im landesforstgarten vorarlberg und Pflanzenverbrauch in vorarlberg zwischen 2007 - 2011
holzart
eigenerzeugung
andere Baumschulen
Pflanzenverbrauch
Nadelhölzer
839.921
190.300
1.030.221
Laubhölzer
214.770
48.785
263.555
Flurgehölze
43.411
13.050
56.461
1.098.102
252.135
1.350.237
insgesamt
Mittel Pfl./Jahr
B F W
81%
19%
100%
219.620
50.427
270.047
BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012
wurden von anderen Baumschulen
zugekauft. Neben der Anzucht von
Forstpflanzen für den Eigenbedarf
wurden auch Forstpflanzen im
Rahmen von Lohnanzucht produziert (zum Beispiel vom Forsttechnischen Dienst für Wildbachund Lawinenverbauung).
Im Rahmen der Pflanzenanzucht
wurde in den Jahren 2005 bis 2011
in 14 zugelassenen Saatgutbeständen Beerntungen durchgeführt
(Abbildung 2). In den nächsten
Jahren sind Beerntungen von Bergahorn, Fichte, Tanne und Lärche vorgesehen. Zusätzliche Beerntungen
werden bei gutem Samenbesatz
(Vollmast) der Bäume in den Saatgutbeständen für Saatgutreserven
durchgeführt. Aufgrund der oft am
liegenden Stamm durchgeführten
Beerntungen sind Revisionen der
Erntebestände in fünf- bis zehnjährigen Perioden erforderlich. Dabei sollen Veränderungen in den Zulassungsflächen erfasst und falls erforderlich Neuzulassungen vorgenommen werden.
Literatur
Killian, W., Müller, F., Starlinger, F.
(1994): Die forstlichen Wuchsgebiete
Österreichs. FBVA-Berichte 82:1-60,
Wien.
Amt der Vorarlberger Landesregierung –
Abteilung für Forstwesen (Hrsg.) (2010):
Handbuch der Vorarlberger Waldgesellschaften. 1-159, Bregenz.
Ing. Peter Zwerger, Institut für Naturgefahren, Bundesforschungszentrum für Wald, Rennweg 1, 6020 Innsbruck, E-Mail: [email protected];
Ing. Christoph Hiebeler, Land Vorarlberg, Forstwesen,
Landhaus, 6901 Bregenz
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ThomaS l. cech, heino KonraD
Aktuelle Gefahren durch Pflanzenkrankheiten
aus dem Forstgarten: Perspektiven und Chancen
Durch den globalen Verkehr von
Waren und Menschen gelangen
immer mehr Forstpathogene nach
Europa, dieser Trend wird durch
den Klimawandel noch verstärkt.
Besonders in Forstgärten ist auf
neuartige Krankheitsbilder zu
achten, da von dort aus eine rasche
regionale und auch überregionale
Verbreitung möglich ist.
Phytophthora-Krankheiten als
steigende Bedrohung vieler
Gehölze
Unter den für die Pflanzenproduktion relevanten Pathogenen nehmen
Phytophthora-Arten eine Sonderstellung ein, da sie oft ein breites
Wirtspflanzenspektrum aufweisen
und überdies leichter als andere Organismen hybridisieren. Das beste
Beispiel für die Entstehung neuer
Arten durch Hybridisierung ist der
Erreger der Wurzelhalsfäule der Erle,
Phytophthora alni. Diese Art kann
innerhalb kurzer Zeit zum bestandesweisen Absterben von Schwarzund Grauerlen führen. Die Infektion
erfolgt über Wasser, in dem sich die
frei beweglichen, begeißelten Sporen des Erregers befinden. Pflanzgut,
das im Wurzelraum infiziert ist, stellt
die primäre Quelle der Ausbreitung
der Erlen-Phytophthora dar. In
Österreich werden jährlich etwa
700.000 Erlenpflanzen erzeugt (vgl.
A
r
t
i
k
e
l
Baschny et al., Seite 9), der Einfluss
der Baumschulen auf die Verbreitung
des Pathogens darf daher nicht unterschätzt werden. Die sekundäre
Ausbreitung erfolgt über Hochwasser,
das die Sporen in gewässerbegleitende Erlenbestände schwemmt,
wo die Bäume über luftbürtige
Wurzeln oder Korkwucherungen an
der Stammbasis infiziert werden.
Zertifiziertes Pflanzgut
verwenden
Wurzelinfektionen durch Phytophthora alni sind nur in künstlichen
26
abbildung 1: Phytophthora-Befall – Saftfluss am Stamm einer grauerle (osttirol,
isel 2010)
Böden von Saatbeeten oder Pflanzgärten möglich. In Waldböden
fangen Konkurrenzpilze die Sporen
ab, was die Gefahr einer Erkrankung
im Wurzelsystem stark verringert.
Erst einige Jahre nach der Auspflanzung zeigen die Erlen Symptome
(Abbildung 1). Phytophthora-Befall
ist vorerst makroskopisch nicht erkennbar. Deshalb reicht es auch
nicht, das Pflanzgut vor dem Verkauf
optisch genau zu überprüfen. Der
einfachste Weg, um eine Infektion
zu vermeiden, ist die Verwendung
von Gießwasser, das nicht aus Teichen, Bächen oder Flüssen stammt
(Brunnen- oder Leitungswasser). Erlenpflanzgut zweifelhafter Herkunft
sollte nicht zugekauft werden.
Eine weitere Möglichkeit ist die Produktion von Containerpflanzen in
kontrolliert Phytophthora-freiem
Substrat, wobei auch hier auf eine
saubere Bewässerung zu achten ist.
Kontrolliertes, Zoosporen freies Erlenpflanzgut wird von einzelnen
Baumschulen sowie vom Forstgarten
des Bundesforschungszentrums für
Wald (BFW) angeboten.
Andere Gehölzarten, die durch Phytophthora-Arten geschädigt werden
können, sind Buchen sowie Rosskastanien und andere Gehölze. Auch
diese Arten können über Pflanzgut
verbreitet werden. Auch hier helfen
Anzucht von Phytophthora-freien
Pflanzen und laufende Kontrollen
der Produktionsflächen.
BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012
B F W
Lecanosticta-Nadelbräune
Die Lecanosticta-Nadelbräune (Erreger Mycosphaerella dearnessii) ist
primär eine Kiefernkrankheit. Entsprechend der Richtlinie 2000/29/
EG der EU ist diese Art ein Quarantäneorganismus. Der Erreger war ursprünglich im südlichen Nordamerika und im karibischen Raum beheimatet, wo die Krankheit auch am
häufigsten auftritt. Als Wirtspflanzen
kommen Kiefernarten infrage, von
denen in Europa Latsche, Spirke,
Weißkiefer, Schwarzkiefer und
Aleppo-Kiefer (Pinus halepensis) als
besonders anfällig gelten.
Die Krankheit dürfte sich über größere Distanzen durch infiziertes
Pflanzgut verbreiten, mit einiger
Wahrscheinlichkeit auch durch Sporen, die an Bekleidung oder Autoreifen haften. Über kurze Distanzen
werden die Sporen von Regentropfen
transportiert. Die wichtigsten Symptome sind eine schüttere Benadelung (Nadelbüschel an den Triebspitzen), Nadelbräune ganzer sowie
halber Nadeln und braune, unscharf
abgesetzte Querbänder ohne rötliche Farbtöne. Da sich eine chemische Bekämpfung bei diesem Pilz als
wenig wirksam erwiesen hat, bleibt
nur das Verbrennen befallener
Bäume und Jungpflanzen an Ort und
Stelle. Dies sollte zwischen Mai und
Juni durchgeführt werden, da zu
dieser Zeit mit den geringsten Mengen an Sporen zu rechnen ist.
Nachdem ein sicherer Nachweis
ohne Untersuchung im Labor nicht
möglich ist, sind Verdachtsfälle dem
BFW zu melden und Proben zur
Identifikation einzuschicken. Derzeit
ist die Lecanosticta-Nadelbräune in
Österreich punktuell in fünf Bundesländern besonders im städtischen
Gebieten, aber auch in einem Waldbestand verbreitet. In der Pflanzenproduktion ist erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber den beschriebenen
Symptomen gefordert. Befallenes
Pflanzgut muss rechtzeitig vor dem
Verkauf aussortiert und entsorgt
werden, um einer weiteren Verbreitung entgegen zu wirken.
Eschentriebsterben
Das seit einigen Jahren auch in
Österreich grassierende Eschentriebsterben (Erreger Hymenoscyphus
B F W
BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012
abbildung 2: von Verticillium befallene ahornkultur (oberösterreich 2011)
pseudoalbidus) kann auch durch infiziertes Pflanzgut verbreitet werden.
Anders als bislang vermutet, können
auch in Infektionsstellen an Zweigen
und Stämmchen von Eschenpflanzen
bei hoher Luftfeuchtigkeit Fruchtkörper gebildet werden, deren
Sporen den Erreger am neuen
Standort etablieren können. Damit
ist der Forstpflanzenproduktion
beim Eschentriebsterben die Chance
verwehrt, durch sorgfältiges Überprüfen von Symptomen befallsfreies
Pflanzgut zu garantieren. Eine
sichere Vermeidung der Verschleppung des Erregers in Regionen, die
noch frei von Eschentriebsterben
sind (einzelne Alpentäler), kann
daher nur durch einen Pflanzstopp
garantiert werden.
Verticillium-Welken
Zu den klassischen Krankheiten in
Forstbaumschulen zählen VerticilliumWelken. Diese werden bei Gehölzen
hauptsächlich von zwei Arten, Ver-
ticillium dahliae und V. albo-atrum,
verursacht. Insbesondere V. dahliae
ist gefürchtet, da diese Art aufgrund
ihrer robusten Dauerstrukturen
(Sklerotien) Böden über mehrere
Jahre verseuchen kann. Zu den empfindlichsten Bäumen gehören
Ahornarten. Auch in Österreich werden jährlich mehrere Fälle von Verticillium-Welke in Aufforstungen registriert. Als Maßnahme haben sich
nur Bodentausch im Pflanzgarten
und der Ersatz der absterbenden
Bäume durch Verticillium-unempfindliche Baumarten bewährt. In
jüngster Zeit sind mehrere Verfahren
zum Nachweis der Durchseuchung
von Böden entwickelt worden, wobei auch eine quantitative Analyse
möglich ist.
Dr. Thomas Cech, Institut für Waldschutz, Bundesforschungszentrum für Wald, Seckendorff-Gudent-Weg
8, 1131 Wien, E-Mail: [email protected];
Dr. Heino Konrad, Institut für Waldgenetik, Bundesforschungszentrum für Wald, Hauptstraße 7, 1140 Wien
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Der Saatgutbaum
B F W