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BFW Nr. 29 - 2012 Praxis Information Saat- und Pflanzgut Qualität und Herkunftssicherheit http://bfw.ac.at Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft Seckendorff-Gudent-Weg 8, 1131 Wien, Österreich Inhalt SILVIO SCHÜLER, THOMAS FRANNER, CHRISTIAN WURZER Saatgutuntersuchungen – der Schlüssel für eine erfolgreiche Forstpflanzenproduktion...........................................3 WERNER RUHM Samenproduktion in der montanen Stufe: unentbehrliche Voraussetzung, aber kein Garant für erfolgreiche Naturverjüngung........................................................6 THOMAS BASCHNY, ILSE STROHSCHNEIDER Forstpflanzenbilanz für Österreich von 1991 bis 2011.................9 ILSE STROHSCHNEIDER, CHRISTIAN WURZER Novelle des Forstlichen Vermehrungsgutgesetzes und der zugehörigen Verordnung........................................................11 KURT RAMSKOGLER, CHRISTOPH HARTLEITNER Herkunftssicherheit und Saatgutversorgung ............................13 SILVIO SCHÜLER, THOMAS THALMAYR Sind nicht alle Fichten grün? Herkunftssicherheit durch Referenzproben! .............................................................................15 THOMAS GEBUREK, ANNA-FRANZISKA ARBEITER, EDUARD HOCHBICHLER, CHRISTOPH JASSER Welche Lärchen-Herkunft im Alpenvorland? ............................19 HEINO KONRAD, KARL SIEBERER, GERALD GOLESCH, RUDOLF LITSCHAUER Qualitätssaatgut aus Samenplantagen.......................................22 PETER ZWERGER, CHRISTOPH HIEBELER Optimale Saatgutversorgung durch zugelassene Bestände am Beispiel Vorarlberg ..................................................................24 THOMAS L. CECH, HEINO KONRAD Aktuelle Gefahren durch Pflanzenkrankheiten aus dem Forstgarten: Perspektiven und Chancen ....................................26 Impressum ISSN 1815-3895 © September 2012 Nachdruck mit Quellenangabe gestattet. Presserechtlich für den Inhalt verantwortlich: Peter Mayer Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW) Seckendorff-Gudent-Weg 8, 1131 Wien, Österreich Tel.: +43 1 87838 0 Fax: +43 1 87838 1250 http://bfw.ac.at Redaktion: Christian Lackner, Silvio Schüler Layout und Umschlag: Johanna Kohl Bezugsquelle: Bibliothek Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW) Tel.: +43 1 87838 1216 2 Ob Erholung, sauberes Wasser und Luft, Holz oder Jagd – mit diesen wichtigen Leistungen des Waldes verbinden wir im Normalfall große und alte Bäume. Dabei übersehen wir, dass auch der größte Baum einmal als kleines Samenkorn begonnen hat. Die im Samen enthaltenen Erbanlagen müssen das Überleben des Baumes bei unterschiedlichsten Umweltbedingungen über mehr als hundert Jahre gewährleisten und bilden die Voraussetzung für stabile Ökosysteme. Zudem erwarten wir, dass diese Erbanlagen uns Holz in großer Menge und guter Qualität bescheren. Aber wie können wir dann erwarten, das Wachstum der Bäume, die Stabilität unserer Waldökosysteme und die nachhaltige Produktion von Holz zu verstehen und zu beeinflussen, ohne diesen „Samen“ des Waldes zu verstehen. Obwohl die große Bedeutung von Forstsaat- und pflanzgut schon seit langem bekannt ist und sich die wissenschaftlichen Erkenntnisse in Gesetze auf nationaler und internationaler Ebene (EU und OECD) niedergeschlagen haben, werden die Auswirkungen der Herkunftswahl auch heute noch weitgehend unterschätzt. Dazu gehört auch der richtige Umgang mit forstlichem Vermehrungsgut, der bei der Auswahl geeigneter Saatguterntebestände oder der Anlage von Plantagen beginnt und mit dem Setzen der richtigen Herkunft endet. Die vorliegende BFW-Praxisinformation gibt einen aktuellen Einblick in die Aufgaben und Fragestellungen im Bereich Forstsaatgut und Forstpflanzen. Dabei geht es keineswegs nur um künstliche Verjüngung, denn auch für die Naturverjüngung ist die Produktion von keimfähigen Samen die grundlegende Voraussetzung. Forstbaumschulen und WaldbesitzerInnen stehen aber noch vor weiteren Herausforderungen: Woher bekomme ich das geeignete Saat- und Pflanzgut? Wie ist es um die Qualität des wertvollen Saatguts bestellt? Wie kann ich überprüfen, ob ich beim Pflanzeneinkauf die gewünschte Herkunft auch bekommen habe? Kann ich mit geeigneten Forstpflanzen die Produktivität meines Waldes steigern? Vor dem Hintergrund des vorausgesagten Klimawandels bekommen diese Fragen eine zusätzliche Bedeutung, denn für viele Wälder werden beträchtliche Baumartenveränderungen angenommen. Doch woher soll das - möglichst hochwertige - Saatgut für alternative Baumarten kommen? Ein vormals sekundärer Nadelwald ist wohl kaum mit Naturverjüngung zu retten, wenn dessen Samen von ein paar wenigen schlechtwüchsigen Randbäumen stammen. Und auch für den Einsatz von „südlicherem“ oder trockenresistenterem Saatgut muss dieses zunächst einmal ausgewählt und geprüft werden. Insofern wird der Frage von Forstsaatgut eine stärkere Bedeutung zukommen, auch wenn viele der oben genannten Fragen noch nicht vollständig beantwortet werden können. Dipl.-Ing. Dr. Peter Mayer Leiter des BFW Dr. Silvio Schüler Institut für Waldgenetik BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 B F W Silvio Schüler, ThomaS Franner, chriSTian Wurzer Saatgutuntersuchungen – der Schlüssel für eine erfolgreiche Forstpflanzenproduktion Wer kauft schon gerne die sprichwörtliche Katze im Sack? So wie jeder Konsument wissen möchte, wie gut das gekaufte Produkt tatsächlich ist, ist es für Forstbaumschulen unverzichtbar, die Qualität des anzubauenden Saatgutes zu kennen. Gesetz sichert die Qualität von forstlichem Saatgut Im Forstlichem Vermehrungsgutgesetz (siehe Seite 11) ist deshalb fest verankert, dass bei der Weitergabe und dem Verkauf (laut Gesetz dem „Inverkehrbringen“) von forstlichem Saatgut Angaben zur Qualität des Saatgutes auf einem Lieferantendokument kenntlich zu machen sind. Die Prüfung des Saatgutes muss gemäß der Forstlichen Vermehrungsgutverordnung in einem fachlich befähigten Labor erfolgen. Am Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) ist seit 123 Jahren ein Saatgutprüflabor installiert und erfolgreich tätig. Von Adolf Cieslar im Jahr 1889 als „Waldsamen – Controlle in Mariabrunn bei Wien“ eingerichtet, hat das Forstsaatgutlabor seit seiner Gründung mehr als 40.000 Untersuchungsprotokolle ausgestellt. Foto: BFW/Franner Das gilt speziell für Forstsaatgut, dem man auf den ersten Blick die inneren Werte nicht ansieht. Allerdings bestimmen diese Eigenschaften entscheidend die Aussaat, die Kosten für das Handling in der Pflanzschule und die Anzahl der produzierbaren Sämlinge. Prüfung der Saatguteigenschaften Heute werden im Forstsaatgutlabor des BFW nach international standardisierten Methoden der International Seed Testing Association (ISTA) die gesetzlich verpflichtenden Parameter Reinheit, Tausendkorngewicht sowie Keimfähigkeit bzw. Lebensfähigkeit geprüft. Darüber hinaus wird die Zahl der lebenden B F W BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 abbildung 1: Keimfähigkeitstest bei nadelbäumen. Für die Prüfung einer Samencharge werden auf dem Jacobsen-Keimapparat acht Wiederholungen mit je 50 Samen untersucht Keime pro Kilogramm Saatgut berechnet, so dass der Forstpflanzenproduzent die für die Aussaat nötigen Mengen einfach ermitteln kann. Keim- oder Lebensfähigkeit Methode und Zeitdauer der Untersuchung sind baumartenspezifisch. Vor allem bei jenen Arten, bei denen eine Untersuchung sehr lange dauern würde, wird statt des Keimfähigkeitstests eine Prüfung auf Lebensfähigkeit durchgeführt. Für beide Prüfverfahren werden streng genormte Bedingungen bei der Verwendung der Substrate und der Umweltbedingungen angewandt, um vergleichbare Bedingungen und reproduzierbare Resultate zu gewährleisten. Unabhängig von Methode und Baumart werden im Zuge einer Saatgutprüfung grundsätzlich 400 Samen untersucht. Bei der Keimfähigkeitsprüfung wird als Substrat nahezu ausschließlich Filterpapier verwendet. Über einen Papierdocht, der in ein temperiertes Wasserbad ragt, werden die Samen gleichmäßig mit Wasser versorgt. Dafür sind die so genannten Jacobsen-Keimapparate im Einsatz (Abbildung 1). Einen Sonderfall bei der Keimfähigkeitsuntersuchung stellen großsamige Arten wie Eichen und Esskastanie dar, für die als Wachstumssubstrat Quarzsand verwendet wird. Neben der exakten Umgebungstemperatur ist die Untersuchungsdauer für jede Baumart klar definiert. Dabei werden die Samen und Keimlinge an festgelegten Tagen beurteilt und den Kategorien zugeordnet. Nach Zwischenbeurteilungen wird die Endbewertung in Abhängigkeit von der Baumart nach 14 bis 28 Tagen durchgeführt. 3 Die Untersuchung auf Lebensfähigkeit stellt besonders hohe Ansprüche an die Saatgutprüfer. Zunächst werden die Samen mit entsprechendem Werkzeug präpariert, in Wasser eingeweicht und in eine Tetrazoliumchloridlösung gegeben. Nach 24 Stunden erscheinen lebende Samen in einem kräftigen Rot, denn die auch im Ruhezustand aktive Zellatmung verfärbt die anfangs farblose Flüssigkeit. Ungefärbte und nur teilweise verfärbte Samen sind nicht lebensfähig und werden entsprechend kategorisiert. Die Präparierung der Samen und die Beurteilung der Lebensfähigkeit verlangen viel Erfahrung und regelmäßige Schulungen, unter anderem im Rahmen von Workshops der ISTA. Die Dienstleistungen des Forstsaatgutlabors werden derzeit vor allem von Saatguthändler und Ernteunternehmern genutzt. Darüber hinaus empfiehlt sich die regelmäßige Saatgutprüfung für alle Baumschulen, die Saatgut ernten und lagern und deshalb über die Eigenschaften ihres Saatgutes Bescheid wissen sollten. In Abhängigkeit vom Reifejahr, das sowohl hinsichtlich Qualität als auch Quantität sehr stark variieren kann, werden pro Jahr durchschnittlich 100 Proben am BFW untersucht. Qualitätssicherung im Saatgutlabor Die am BFW eingesetzten ISTA-Prüfmethoden gewährleisten weltweit einheitliche Prüfbedingungen. Zudem bietet die ISTA Schulungen für Labormitarbeiter an, die von BFWMitarbeiterinnen und -Mitarbeitern regelmäßig absolviert werden. Zusätzlich wurde im Saatgutlabor des BFW vor mehr als zehn Jahren ein Qualitätssicherungsmanagement eingeführt, das standardisierte Prüfverfahren, Arbeitsanweisungen, Leitlinien und interne sowie externe Schulungen vorsieht. Diese umfassen alle konkreten Arbeitsanweisungen vom Eingang der Proben, die eigentlichen Untersuchungen, die statistisch zulässigen Spielräume der Ergebnisse, Richtlinien zur Fehleranalyse bis hin zum Versand der Untersuchungsberichte. Ein weiterer Aspekt der Qualitätssicherung sind internationale Vergleichsprüfungen. In diesen als Labor 1 Labor 2 BFWLabor 3 Labor 4 Labor 5 Labor 6 Labor 7 Labor 8 0 4 20 40 60 80 100 Keimfähigkeit in % BFW Foto: BFW/Franner Tetrazoliumtest auf Lebensfähigkeit abbildung 2: Test auf Keimfähigkeit bei der eiche Ringtest bezeichneten Prüfungen werden ausgewählte Samenherkünfte aufgeteilt und einer größeren Anzahl Saatgutlabors verschickt. Arbeiten alle Labors mit denselben Prüfverfahren und Bedingungen, so kann erwartet werden, dass alle Labors Beispielhafte Durchführung eines ringversuches von Forstlichen Saatgutprüfstellen: eine Samenprobe wird gut vermischt und auf die teilnehmenden labors aufgeteilt. Der vergleich der Prüfergebnisse zeigt, ob ein labor die methodisch-technischen voraussetzungen zur Prüfung der Baumart erfüllt. im gezeigten Beispiel (links) liegen die labors 5 und 8 außerhalb der zulässigen variation. man beachte: die meisten labors sind auf einige wenige Baumarten des jeweiligen landes oder der jeweiligen region spezialisiert und müssen die methoden für selten geprüfte Baumarten erst etablieren. alle ringversuche, an denen das BFW bisher teilgenommen hat (Tabelle 1), wurden vom BFW-Forstsaatgutlabor erfolgreich bestritten. BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 B F W Dr. Silvio Schüler, Thomas Franner, Ing. Christian Wurzer, Institut für Waldgenetik, Bundesforschungszentrum für Wald, Hauptstraße 7, 1140 Wien, E-Mail: [email protected] Foto: BFW/Franner ähnliche Ergebnisse erzielen. Prüfstellen, deren Ergebnisse außerhalb der von den anderen Labors erreichten statistischen Kennziffern liegen, sind aufgefordert, ihre Methoden und Bedingungen zu überprüfen. In den vergangenen Jahren hat das Saatgutlabor des BFW sehr erfolgreich an 19 Ringversuchen mit Teilnehmern aus Europa und Nordamerika teilgenommen (Tabelle 1). Dabei erreichte das BFW-Labor in jedem Test die geforderten Standardergebnisse. abbildung 3: untersuchung auf lebensfähigkeit mittels Tetrazoliumtest bei der rotbuche. nur der komplett gefärbte Samen links ist lebensfähig Tabelle 1: ringversuche, an denen das Forstsaatgutlabor des BFW in den letzten Jahren teilgenommen hat. Bei allen ringversuchen erreichte das BFW-labor sehr gute ergebnisse, die innerhalb der statistischen Schwankungsbreite aller vergleichslabors lagen. methode anzahl teilnehmender labors länder1 Jahr Lebensfähigkeit 3 Slowakei, Österreich, Tschechien 2011 Keimfähigkeit 13 Deutschland, Österreich, Slowakei, Slowenien, Italien 2010 Lebensfähigkeit 19 Tschechien, Österreich, Italien, Deutschland, Ungarn, Slowakei, Frankreich , Litauen, Spanien, Polen, Kanada, USA 2008 Keimfähigkeit mit verschiedenen Präparationsmethoden 14 Deutschland, Österreich, Großbritannien 2005 11 Deutschland, Österreich 2003 19 Slowakei, Österreich, Frankreich, Deutschland, Schweden, Tschechien, Finnland, Norwegen, Slowenien, Großbritannien, USA 2001 5 Deutschland, Österreich 2001 4 Deutschland, Österreich 1997 Baumart esche edelkastanie Tanne Traubeneiche lärche Fichte Schwarzkiefer Weißkiefer Reinheit, Tausendkorngewicht, Keimfähigkeit Traubeneiche Tanne rotbuche lärche Fichte (2 herkünfte) Weißkiefer (2 herkünfte) rotbuche (2 herkünfte) vogelkirsche (2 herkünfte) Fichte (2 herkünfte) Bergahorn nordmannstanne 1 Keimfähigkeit, Lebensfähigkeit Reinheit, Tausendkorngewicht, Keimfähigkeit Keimfähigkeit, Lebensfähigkeit Lebensfähigkeit Keimfähigkeit Lebensfähigkeit Das den Ringversuch leitende Labor ist fett markiert. B F W BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 5 Werner ruhm Samenproduktion in der montanen Stufe: unentbehrliche Voraussetzung, aber kein Garant für erfolgreiche Naturverjüngung Die natürliche Verjüngung unserer Wälder ist in hohem Maße abhängig von der Samenproduktion der Mutterbestände. Für den Erfolg der Naturverjüngung sind nicht nur Stärke und Häufigkeit des Fruktifizierens der Altbäume von Bedeutung, sondern der Anteil an lebensfähigen Samen. Kenntnisse über die Fruktifikation unserer Waldbäume sind wesentlich für die Bewirtschaftung und Saatgutbeerntung. Im Zuge der Waldsterbensdebatte der 1980er Jahre wurde auch von der möglichen „Impotenz“ des Waldes gesprochen. Dies und augenscheinliche Verjüngungsschwierigkeiten im Gebiet des Hochwechsels führten dazu, dass das BFW (damals: Forstliche Bundesversuchsanstalt) ab 1991 Flächen anlegte, um die Verjüngungsprozesse in der montanen Stufe zu untersuchen. Es wurden für die jeweilige Seehöhe repräsentative Bestände ausgewählt und dort die Dichte des Samenfalls, die Keimfähigkeit der Samen, die Naturver- verschiedene Typen von Samenfangstationen wurden im vorfeld getestet jüngung und die Bodenvegetation von 1992 bis 2008 periodisch erhoben; weiters wurde die Humusform untersucht und wurden chemische Analysen der Bodenverhältnisse durchgeführt. Untersuchungsgebiet am Hochwechsel Das Untersuchungsgebiet liegt in der nördlichen Hälfte des Reviers „Festenburg“ der Forstverwaltung des Augustiner-Chorherrenstifts Tabelle 1: Bestandeskennzahlen der Flächen i, ii und iii (aufnahme 1992) i ii iii Fläche in ha 0,47 0,47 0,47 Seehöhe (m) 1020 - 1070 1180 - 1210 1290 - 1330 Höhenstufe mittelmontan mittelmontan hochmontan Exposition Nordwest West West Alter (1992) in Jahren 130 - 140 125 100 Ertragsklasse (Fichte -Bruck) 9,9 8,0 4,8 Stammzahl je ha 311 (Fi 147, Ta 45, Bu 119) 430 (Fi 353, Ta 68, Bu 9) 613 (Fi) Mittlerer BHD (cm) 51,7 (Fi); 44,2 (Ta); 31,1 (Bu) 43,8 (Fi + Ta) 32,7 d 100 (cm) 57,5 (Fi + Ta); 33,0 (Bu) 57,3 (Fi + Ta) 41,3 Mittlere Höhe (m) 28,3 (Fi); 28,5 (Ta); 28,7 (Bu) 28,3 (Fi + Ta) 20,8 h 100 (m) 36,5 (Fi); 31,7 (Ta); 32,6 (Bu) 31,8 (Fi + Ta) 23,0 Mittlere Kronenlänge Fi (m) 12,2 10.4 6,4 Überschirmung 70% 50% 40% 6 BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 B F W Vorau. Die drei Flächen befinden sich an der Südabdachung des Hochwechsels in der mittel- und hochmontanen Stufe. Auf Fläche I konnten wegen eines Windwurfes ab 2006 keine Beerntungen der Samenfänge mehr durchgeführt werden. tot keimfähig Samenfangstationen Im Vorfeld des Wechsel-Projektes wurden verschiedene Typen von Samenfängen entwickelt und getestet. Die Samenfangstationen sollten von den Kosten her günstig sein, stabil gegen Schneedruck, eine möglichst lange Nutzungsdauer gewährleisten sowie Vögeln und Mäusen keinen Zugang bieten. Pro Fläche kamen 12 Samenfänge zum Einsatz. Diese wurden jeweils im Herbst und im darauf folgenden Frühjahr beerntet, die Samen vom sonstigen Bestandesabfall getrennt und für jede Station separat im Labor auf ihre Keimfähigkeit untersucht. Die Keimfähigkeit der Fichtensamen wurde auf dem Jakobsen-Keimtisch, die Lebensfähigkeit der Samen von Buche, Ahorn und Tanne mittels Tetrazoliumtest ermittelt (siehe Artikel Schüler et al., Seite 3). abbildung 1: mittlere anzahl der Fichtensamen (gesamt, keimfähig) pro Quadratmeter aus den reifejahren 1992 bis 2008 tot keimfähig Auf Fläche I konnten wegen eines Windwurfes ab 2006 keine Beerntungen der Samenfänge mehr durchgeführt werden. Ergebnisse Die Samenjahre werden bei der nachfolgenden Ergebnisdiskussion immer mit den Reifejahren gleichgesetzt. Die Saatgutproduktion (gesamt und keimfähig) der drei Baumarten zeigt eine starke Variation sowohl von Baumart zu Baumart, wie von Jahr zu Jahr und von Fläche zu Fläche. Ein Rückgang der Samenmenge und der Keimfähigkeit in den 17 Beobachtungsjahren kann ausgeschlossen werden. Der Fruktifikationsverlauf bei Fichte ist gekennzeichnet von zwei sehr starken Samenjahren (1992, 2003) mit einer mittleren Anzahl von bis zu 1600 Samen pro Quadratmeter (Abbildug 1). Diese Samenjahre bei Fichte zeichnen sich mit unterschiedlichen Schwerpunkten auf allen drei Flächen (Höhenlagen) ab. Weniger starke Samenjahre haben häufig einen mehr oder weniger starken Schwerpunkt entweder tiefbis mittelmontan oder hochmontan. Dazwischen gibt es immer wieder Jahre mit keiner oder nur geringer Samenproduktion und Keimfähigkeit. B F W BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 abbildung 2: mittlere anzahl der Bucheckern (gesamt, keimfähig) pro Quadratmeter aus den reifejahren 1992 bis 2005 Auf Fläche I konnten wegen eines Windwurfes ab 2006 keine Beerntungen der Samenfänge mehr durchgeführt werden. tot keimfähig abbildung 3: mittlere anzahl der Tannensamen (gesamt, keimfähig) pro Quadratmeter aus den reifejahren 1992 bis 2008 7 Die Keimlinge wurden mit Plastikspießen markiert und deren Position, Baumart und Keimjahrgang aufgenommen Ein allgemeingültiger Zusammenhang zwischen Samenmenge bei Fichte und der Keimfähigkeit lässt sich nicht feststellen, obwohl schwache Samenjahre sehr häufig mit überproportional geringer Keimfähigkeit verbunden sind. Es lässt sich innerhalb der montanen Stufe kein signifikanter Zusammenhang zwischen produzierter Saatgutmenge und deren Keimfähigkeit mit der ansteigenden Höhenlage erkennen. Das Reifejahr 1992 hatte bei Fichte das Maximum an Samen und Keimfähigkeit auf Fläche I, während beim Reifejahr 2003 die maximale Samenanzahl auf Fläche III und die maximale Anzahl an keimfähigen Samen auf Fläche II vorgefunden wurden. Buche | Im Beobachtungszeitraum folgte bei Buche auf jedes Samenjahr immer mindestens ein Jahr ohne Samenproduktion (Abbildung 2). Dieses auch bei anderen Autoren belegte Phänomen dürfte seine Ursachen im starken Energieverbrauch bei der Fruchtbildung schwerfrüchtiger Bäume haben. Solche Bäume sind daher nach einer starken Fruktifikation und dementsprechenden Beanspruchung der Nährstoffreserven nicht in der Lage, das Jahr darauf erneut Samen zu produzieren. Tanne | Im Vergleich zur Fichte produziert die Tanne nicht nur eine Samendichte, die weit unter ihrem Stammzahlanteil (15%) liegt, sondern ist auch mit der geringsten Keimfähigkeit ausgestattet (Abbil- 8 dung 3). Wirklich starke Samenjahre wie bei Fichte traten bei Tanne im Untersuchungszeitraum nicht auf. Einflüsse auf Blüte und Fruchtbildung Für die jährlich stark schwankenden Saatgutmengen und die ebenfalls unterschiedliche Keimfähigkeit dürften hauptsächlich klimatische Ereignisse ausschlaggebend sein. Denn wesentlich für die Intensität der Blüte und Samenproduktion sind die Witterung und die Nährstoffbedingungen des Vorjahres einer Blüte. Wenn es im Frühjahr und Frühsommer des Vorjahres sehr warm und trocken ist, so ist im nächsten Jahr eine reichere Blütenbildung zu erwarten. Spätfröste hingegen können zum Abfrieren der Blühorgane führen und dadurch die Samenproduktion schmälern. Zudem begünstigen hohe Temperaturen, Trockenheit und eher geringe Luftbewegungen den Vorgang der Pollenfreisetzung und Bestäubung. Der Stammzahlanteil der jeweiligen Baumart, die Kronenlänge und gezielte Freistellungen in der Oberschicht sind sicherlich weitere, die Samendichte modifizierende Faktoren. ringes Auftreten von Naturverjüngung aus. Dass der Verbiss durch Schalenwild bei Tanne und zum Teil auch bei Buche die Hauptursache dafür darstellt, belegen eindeutig die Verjüngungsergebnisse hinter Zaun. Bei Fichte ist das Haupthindernis ein zum Teil massives Auftreten von Konkurrenzvegetation. Im konkreten Fall Drahtschmiele und Wald-Hainsimse in der hochmontanen Stufe, Wald-Reitgras im tief- und mittelmontanen Bereich. Solche üppigen Vegetationsdecken sind ein bedeutsamer Konkurrenzfaktor um Licht, Wasser und Nährstoffe und reduzieren die Überlebens- und Entwicklungschancen der Fichtenkeimlinge. Blüte und Fruchtbildung unserer Waldbäume sind maßgeblich vom Klima abhängig. Inwieweit anthropogene Einflüsse auf die Umweltfaktoren den Zyklus des Blühens und Fruktifizierens beeinflusst haben, kann mit den vorliegenden Ergebnissen nicht abgeklärt werden. Der Samenfall stellt die unentbehrliche Voraussetzung für die Naturverjüngung dar. Daraus eine für die Forstpraxis wünschenswerte Verjüngung (nach Baumartenmischung und – dichte) zu erzielen, ist eine der Herausforderungen an das waldbauliche Handeln. Literatur LITSCHAUER R., 2012: 22 Jahre Blühund Fruktifikationsuntersuchungen der Waldbaumarten im Lehrforst Ofenbach/Rosalia. BFW-Berichte 144/2012. KUOCH R., 1965: Der Samenfall 1962/63 an der oberen Fichtenwaldgrenze im Sertigtal. Eidg. Anstalt für das forstliche Versuchswesen. Gebirgsprogramm: 4. Beitrag. MOSANDL R., 1991: Die Steuerung von Waldökosystemen mit waldbaulichen Mitteln – dargestellt am Beispiel des Bergmischwaldes. Mitteilungen aus der Staatsforstverwaltung Bayerns. 46. Heft, 246S. Wildverbiss und Bodenvegetation entscheiden über Aufkommen der Verjüngung Wie aus den Ergebnissen deutlich ersichtlich ist, scheidet mangelndes oder qualitativ nicht entsprechendes Saatgutmaterial als Ursache für ge- Dipl.-Ing. Werner Ruhm, Institut für Waldwachstum und Waldbau, Bundesforschungszentrum für Wald, Hauptstraße 7, 1140 Wien, E-Mail: [email protected] BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 B F W ThomaS BaSchny, ilSe STrohSchneiDer Forstpflanzenbilanz für Österreich von 1991 bis 2011 Die Forstpflanzenproduktion, besonders von Nadelholz, hat in Österreich eine lange Tradition. Betrachtet man die vergangenen 20 Jahre, spiegeln sich beispielsweise der EU-Beitritt und die Windwurfkatastrophen wider. Jährlich werden vom Lebensministerium Erhebungsblätter an die Landesforstdirektionen gesandt, um die Produktion und den Bedarf an Forstpflanzen in den einzelnen Bundesländern zu ermitteln. Es werden beim Nadelholz die wichtigsten Baumarten (Fichte, Tanne, Lärche, Weißkiefer, Zirbe, etc.) erfasst, gleiches gilt für das Laubholz (Eiche, Buche, Esche, Bergahorn, Schwarzerle, Vogelkirsche, Pappel, etc.). Nadelholz-Pflanzenproduktion liegt deutlich über Laubhölzern In Abbildung 1 erkennt man eindeutig, dass mehr als 20 Jahre die Nadelholz-Pflanzenproduktion immer viel höher liegt als jene von Laubholz – trotz des Rückgangs der Nadelholz-Pflanzenproduktion. Nach Sturmkatastrophen (Lothar 1999, Kyrill 2007, Paula und Emma 2008) ist die Nachfrage nach Laubholz viel stärker geworden, jedoch hinkt die Produktion immer um ein bis zwei Jahre nach. Allgemein ging die Produktion von Forstpflanzen zurück. Grund dafür: Immer mehr Waldbesitzer wählen die Naturverjüngung. Wurden 1991 noch an die 45 Millionen Fichtenpflanzen produziert, liegt dieser Wert nach 20 Jahren ungefähr bei der Hälfte (Abbildung 2); der Rückgang ist bedingt durch den EU-Beitritt 1995, da sich Förderungsbedingungen bei Aufforstungen geändert haben, und die Stürme seit 1999. Der Flachwurzler Fichte wird durch Lärche, Tanne und Laubhölzer ersetzt. Lärchenpflanzen sind besonders gefragt In Abbildung 3 ist die steigende Nachfrage nach Lärchenpflanzen im letzten Jahrzehnt zu sehen. Die Lärche als Rohbodenkeimer und Pfahlwurzler ist eine gefragte Baumart, jedoch kann nicht häufig beerntet werden, da die Reifejahre selten sind. Wetterkapriolen im Frühjahr verhindern eine Zapfenbildung. Daher wird auch Saatgut aus den angrenzenden EU-Mitgliedsstaaten zum Anbau im Forstgarten verwendet. Bei der Weißkiefer sinkt die Nachfrage, da auch auf dem Holzmarkt die Nachfrage stagniert. Die Pflanzenproduktion bei Tanne bleibt annähernd gleich. Eine fünfjährige Tanne ist erst verkaufsfähig und dann wird sie auch gerne vom Wild Eschentriebsterben hinterlässt seine Spuren Vergleicht man die Pflanzenzahlen der Esche über zwei Jahrzehnte, so erkennt man, dass ab 2005 weniger zweijährige Eschen verkauft wurden; das Eschentriebsterben breitet sich langsam in Österreich aus. Als Ersatz wird mit Bergahorn aufgeforstet, daher steigen dessen Pflanzenzahlen gegenläufig an. Bei Schwarzerle erkennt man auch den Produktionsrückgang, bedingt durch Phytophtora. Hier zeigt sich aber seit 2007 wieder ein Aufwärtstrend, da nach den Stürmen die Schwarzerle auf nassen Standorten gefragt ist. In Abbildung 5 ist die Pflanzenproduktion von Eiche dargestellt. Bei den Eichen werden die Eicheln sofort nach der Ernte angebaut; es gibt keine Eichel-Lagerung in Österreich. Da die Eiche nicht regelmäßig in kurzen Zeitabständen fruktifiziert, ergeben sich die „Spitzen“. Die Buche hat in Österreich keine große Bedeutung wie in anderen EU-Mitgliedstaaten. Mit zwei Ausnahmen (Saatguthändler und Forstpflanzenproduzent) wird die Buche Anzahl in 1000 Stk. 50.000 Anzahl in 1000 Stk. 60.000 Nadelholz-Produktion Laubholz-Produktion 50.000 verbissen, daher wird mit ihr wenig aufgeforstet. Der Ausreißer beschränkt sich auf ein Bundesland und wird daher nicht berücksichtigt. 45.000 Fichte 40.000 35.000 40.000 30.000 25.000 30.000 20.000 20.000 15.000 10.000 10.000 abbildung 1: Forstpflanzenproduktion von 1991 bis 2011 B F W BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 0 Jahre 91/92 92/93 93/94 94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 00/01 01/02 02/03 03/04 04/05 05/06 06/07 07/08 08/09 09/10 10/11 11/12 Jahre 91/92 92/93 93/94 94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 00/01 01/02 02/03 03/04 04/05 05/06 06/07 07/08 08/09 09/10 10/11 11/12 5.000 0 abbildung 2: Fichtenpflanzenproduktion von 1991 bis 2011 9 Anzahl in 1000 Stk. 2.500 Anzahl in 1000 Stk. 10.000 Tanne Lärche Weißkiefer 9.000 8.000 Esche Ahorn Erle 2.000 7.000 1.500 6.000 5.000 1.000 4.000 3.000 500 2.000 Jahre 0 Jahre 91/92 92/93 93/94 94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 00/01 01/02 02/03 03/04 04/05 05/06 06/07 07/08 08/09 09/10 10/11 11/12 0 91/92 92/93 93/94 94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 00/01 01/02 02/03 03/04 04/05 05/06 06/07 07/08 08/09 09/10 10/11 11/12 1.000 abbildung 3: Pflanzenproduktion von Tanne, lärche, Weißkiefer von 1991 bis 2011 abbildung 4: Produktion von eschen-, ahorn- und erlenpflanzen von 1991 bis 2011 Anzahl in 1000 Stk. 2.000 Anzahl bzw. Fläche in ha 800 Eiche Buche 1.800 1.600 600 1.400 1.200 500 1.000 400 800 300 600 100 0 0 91/92 92/93 93/94 94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 00/01 01/02 02/03 03/04 04/05 05/06 06/07 07/08 08/09 09/10 10/11 11/12 200 abbildung 5: Produktion von eichen- und Buchenpflanzen von 1991 bis 2011 nach der Ernte auch nicht gelagert. Die Produktion bei Buche ist nach 21 Jahren gering rückläufig. Weniger Forstgärten Interessant ist, dass es immer weniger Forstgärten in Österreich gibt: Waren es 1991 noch 347 Betriebsund Handelsforstgärten, so sind es 2011 nur mehr 134 Forstgärten; so sank auch die Produktionsfläche von 733 ha auf 498 ha. Seit dem EU-Beitritt nehmen über zehn Jahre die Anzahl der Forstgärten und die Hektare der Anbauflächen stetig ab. Mit 2005 beginnt der Pappel-Boom; es werden vermehrt forstliche Pappelsteckhölzer und Setzstangen sowie Steckhölzer für Bioenergie produziert; daher steigt die Anbaufläche und für zwei Jahre die Anzahl der Forstgärten. Zu beachten ist außerdem, dass der Landesforstgarten Kärnten 1997 10 Jahre 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 200 400 Jahre Anzahl Fläche (ha) 700 abbildung 6: entwicklung der anzahl von Forstgärten seine Tätigkeit aufgab. 2001 folgte die Österreichische Bundesforste AG mit der Verpachtung des Zentralforstgartens in Arndorf (Niederösterreich) an die Firma Murauer und 2006 schloss der Landesforstgarten Oberösterreich seine Pforten. Diese Forstgartenflächen übernahmen die Bäuerlichen Forstpflanzenzüchter (BFZ). Trotz gewisser Ungenauigkeiten bei der Erfassung bildet die Forstpflanzenbilanz der letzten zwei Jahrzehnte doch sehr gut die aufgetretenen extremen Schadereignisse oder neuen Schädlinge ab. Auch die großen gesellschaftlichen Trends zu Einsparungen auf betrieblicher Ebene (weniger Forstgärten), mehr Naturverjüngung und verstärkter Handel auf EU-Ebene spiegeln sich in den Zahlen und verdeutlichen, dass bei der Verjüngung nicht notwendigerweise die für den Wald wichtigen langfristigen Ziele der nachhaltigen Bewirtschaftung oberste Priorität haben. Es ist anzunehmen, dass auch gegenwärtige Entwicklungen, wie die steigende Nachfrage nach nachwachsenden Rohstoffen oder der Wunsch nach alternativen Baumarten im Klimawandel, einen Einfluss auf den Forstpflanzenabsatz haben werden. Ing. Thomas Baschny, Lebensministerium, Forstsektion, Marxergasse 2, 1030 Wien, E-Mail: [email protected]; Dipl.-Ing. Ilse Strohschneider, Bundesamt für Wald – Forstliches Vermehrungsgut, Hauptstraße 7, 1140 Wien, E-Mail: [email protected] BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 B F W ilSe STrohSchneiDer, chriSTian Wurzer Novelle des Forstlichen Vermehrungsgutgesetzes und der zugehörigen Verordnung Das Forstliche Vermehrungsgutgesetz und die dazugehörige Verordnung wurden 2009 und 2012 novelliert. Nachfolgend die wichtigsten Änderungen. Basierend auf der Richtlinie des Rates 1999/105/EC, trat am 1. Jänner 2003 das Forstliche Vermehrungsgutgesetz (FVG) in Kraft. Ziel des FVG ist die eindeutige und nachvollziehbare Sicherung und Kennzeichnung der Identität von forstlichem Vermehrungsgut, das gewerbsmäßig national oder international in den Handel kommt; dies kann nur bei ordnungsgemäßem Vollzug des Gesetzes erreicht werden. Nach fünfjähriger Anwendungszeit musste beim Vollzug festgestellt werden, dass es Lücken im Gesetz gibt und Regelungen vergessen wurden. Daher wurde im Jahr 2009 eine Novellierung durchgeführt. Aufgrund der Gesetzesnovelle und der langjährigen Erfahrung bei der Anwendung der Verordnung waren voriges Jahr weitere Ergänzungen und textliche Korrekturen erforderlich. sten Die wichtig en und Änderung en Ergänzung Mit dem BFW-Gesetz vom 1. Jänner 2005 ist das Bundesamt für Wald Behörde 1. Instanz. Mit Gründung der Anstalt öffent- lichen Rechts (Bundesforschungsund Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft = BFW) vom 1. Jänner 2005 unterliegen die Gebühren dem BFW-Gesetz. Das BFW erlässt BFW-Tarife für das forstliche Vermehrungsgut, damit jener B F W BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 Kontrolle von Forstpflanzen Gesetzesgrundlage Forstliches vermehrungsgutgesetz und verordnung novelle Forstliches vermehrungsgutgesetz BGBl. I Nr. 110/2002 VO BGBl. I Nr. 480/2002 BGBl. I Nr. 86/2009 2002 2009 Aufwand kostendeckend abgegolten wird, der aufgrund der Bestimmungen des Forstlichen Vermehrungsgutgesetzes entsteht. Dies findet bei der Saatgutprüfung Anwendung. Für Bestandeszulassungen, die auf Antrag des Waldbesitzers an das Bundesamt für Wald erfolgen, werden ebenfalls BFWTarife verrechnet. Der Mindestzeitraum für die Voranmeldung der Beerntung bei der zuständigen Bezirksforstinspektion (BFI) wurde auf „eine Woche vor Beginn der Beerntung“ verkürzt. novelle verordnung BGBl. II Nr. 27/2012 2012 Neu hinzu kommt der Ernteunternehmer, der von der Landesforstdirektion (LFD) registriert wird und eine Betriebsnummer erhält. Die LFD informiert das Bundesamt für Wald über Aufnahme, Beendigung oder Untersagung der Tätigkeit des Ernteunternehmers. Dieser hat ein Zapfen- oder Saatgutbuch zu führen und unterliegt der Behördenkontrolle je nach Beerntungsintensität. Anmerkung: Besitzt ein Forstsamen- und Forstpflanzenbetrieb, ein Samen- oder Pflanzenhändler bereits eine Betriebsnummer von der LFD und führt zusätzlich auch 11 Die Frist für die Verfolgungsverjährung wurde auf zwei Jahre angehoben. Zusätzlich wurde die Regelung übernommen, dass die Bezirksverwaltungsbehörde die anzeigende Behörde informiert. Die Mischung von Saatgut ver- schiedener Reifejahre einer Zulassungseinheit der Kategorien „quellengesichert“, „ausgewählt“ oder „qualifiziert“ ist jetzt möglich. Ein schriftlicher Antrag mit Saatgutproben ist an das Bundesamt für Wald zu senden. Die Untersuchung erfolgt im BFW-Forstsamenlabor, das die Grundlage für die Ausstellung eines neuen Stammzertifikats durch das Bundesamt für Wald – Forstliches Vermehrungsgut ist. Vogelkirschen-Beerntung mit Kletterseil Beerntungen durch, dann muss er sich als Ernteunternehmer registrieren lassen; es wird aber keine Betriebsnummer von der LFD vergeben, da bereits eine solche existiert. Forstverwaltungen, die selber Beerntungen durchführen und das Saatgut verkaufen oder zur Lohnanzucht weitergeben (lt. Richtlinie ist Lohnanzucht ein In-VerkehrBringen), müssen sich von der LFD registrieren lassen und bekommen eine Betriebsnummer zugewiesen. Die Akkreditierung des Forstsamenlabors in Wien nach ISO 17025 wurde am 8. Juni 2011 an die Akkreditierungsstelle des Wirtschaftsministeriums zurückgegeben. Daher diese Änderung in der VO § 18: Die Forstsaatgutprüfung muss von Labors durchgeführt werden, die vom Bundesamt für Wald – forstliches Vermehrungsgut mit Bescheid zugelassen wurden. Die Registrierung erfolgt ebenfalls durch das Bundesamt. Das Forstsamenlabor im Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW) gilt als zugelassen VO §18 (5). Das Stammzertifikat kann nach er- Die Aufbewahrung der Bücher wurde auf sieben Jahre verkürzt. Die Geldstrafen bei Übertretungen wurden auf bis zu 7000 Euro reduziert. 12 Foto: BFW/Wurzer folgter Überprüfung durch das Bundesamt für Wald bei Nichteinhaltung der Bestimmung des FVG nachträglich mit Bescheid für ungültig erklärt werden. Dies gilt jetzt für alle vier Kategorien. Anmerkung: In Österreich gibt es die Kategorie „quellengesichert“ für die neuen Baumarten (geregelt seit 2003), dann die Kategorie „ausgewählt“ für Saatguterntebestände und noch die Kategorie „qualifiziert“ für Samenplantagen und Pappelklone. Die 4. Kategorie „geprüft“ gibt es noch nicht für heimisches Vermehrungsgut! Wildlinge wurden wieder in die novelle aufgenommen Die Wildlinge waren im Forstlichen Vermehrungsgutgesetz 1996 enthalten und wurden wieder in die Novelle aufgenommen. Definition: Wildlinge sind aus Naturverjüngung geworbene Pflanzen, die sich in einem zugelassenen Saatguterntebestand befinden. Die Gewinnung von Wildlingen der Kategorie „ausgewählt“ ist nur in einem zugelassenen Saatguterntebestand folgender Baumarten zulässig: Tanne, Bergahorn, Buche und Esche. Die Gewinnung von Wildlingen der neuen Baumarten in der Kategorie „quellengesichert“ ist nur in Saatgutquellen eines Herkunftsgebietes und einer Höhenstufe zulässig. Alle Zulassungszeichen sind jetzt eindeutig definiert. Folgende Baumarten wurden in der Kategorie „quellengesichert“ ergänzt: Silberpappel (Populus alba) Schwarzpappel (Populus nigra) Zitterpappel (Populus tremula) Graupappel (Populus x canescens) Riesentanne (Abies grandis) Flaumeiche (Quercus pubescens) Einzelbaumproben: Erfolgt die Gewinnung von Saatgut in Erntebeständen der Kategorie „ausgewählt“, dann müssen für folgende Baumarten die Einzelbaumproben mit dem Stammzertifikat an das Bundesamt für Wald geschickt werden: • alle Eichen und die Edelkastanie – 10 Samen pro Baum • Birke und Moorbirke – 5 Kätzchen pro Baum • Riesentanne – 1 Zapfen pro Baum Es gilt weiterhin § 11 der VO für die geregelten Baumarten. Dipl.-Ing. Ilse Strohschneider, Bundesamt für Wald – Forstliches Vermehrungsgut, Hauptstraße 7, 1140 Wien, E-Mail: [email protected]; Ing. Christan Wurzer, Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft, Institut für Waldgenetik, Hauptstraße 7, 1140 Wien, E-Mail: [email protected]; BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 B F W KurT ramSKogler, chriSToPh harTleiTner Herkunftssicherheit und Saatgutversorgung Keine Waldbesitzerin und kein Waldbesitzer, natürlich auch nicht die Nachfolge-Generation, möchten ihre produktive Waldfläche mit diesen Eigenschaften vorfinden. Mit der Wahl von qualitativ hochwertigen Saat- und Pflanzgut investiert der Waldbesitzer in die Zukunft und kann die Leistungsfähigkeit der Wälder steigern. Aus diesen Gründen kommt dem „richtigen“ Saat- und Pflanzgut eine sehr hohe Bedeutung zu. Geringer Stellenwert in der forstlichen Praxis Foto: Hartleitner, LIECO Die genetische Qualität von Saatund Pflanzgut kann in der Forstwirtschaft meist erst nach Jahren beurteilt werden. Die Folge von minderwertigem Vermehrungsgut sind Zuwachsverluste, schlechte Holzqualitäten, Einbußen in der Stabilität und Vitalität, verbunden mit einer höheren Anfälligkeit gegenüber Schadorganismen. Die wenigsten Forstbetriebe besitzen heute noch Forstmaschinen, trotzdem kennen sich die meisten Forstleute bestens bei Harvestern, Traktoren und Seilgeräten aus, während das Wissen über Saatgut, die Beerntung von anerkannten Beständen, Samenplantagen und die Qualität von Forstpflanzen nur wenig ausgeprägt ist. Vor wenigen Jahrzehnten, als die meisten Forstbetriebe noch ihre eigenen Forstpflanzen produzierten, war dieses Wissen sicher noch stärker im forstlichen Bewusstsein verankert. Auch in der Ausbildung schenkte und schenkt man diesem Thema zu wenig Aufmerksamkeit. Das mag daran liegen, dass Aufforstung oft nicht mit sehr positiven Emotionen besetzt ist. Sie verursacht Kosten, ist eine arbeitsreiche Periode im Jahr und der Erfolg stellt sich erst ein, wenn die Kultur gesichert ist. Es hängt aber sicher auch B F W BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 Schon im Forstgarten ist eindeutig ersichtlich: Fichte ist nicht gleich Fichte. im Bild zweijährige container-Fichten von zwei herkünften aus unterschiedlichen Seehöhen mit den mäßigen Holzerträgen und den damit verbundenen Personaleinsparungen in den vergangenen Jahrzehnten zusammen. Dieser Kernkompetenz der Forstwirtschaft sollte künftig wieder verstärkte Aufmerksamkeit zukommen, denn sie ist die grundlegende Weichenstellung zur Sicherung von stabilen, leistungsfähigen Wäldern. Derzeit sind die Holzpreise gut und mittel- bis langfristig sollte einer weiteren Aufwärtsbewegung nichts im Weg stehen. Der nachwachsende Rohstoff Holz liegt im Trend, wird weltweit vermehrt nachgefragt und ein Versorgungsengpass wird prognostiziert. Dies hat mehrere Gründe: die Weltbevölkerung wächst, die Nutzung von Holz als ökologischer Werkstoff nimmt zu, ebenso vergrößert sich die Waldfläche, die außer Nutzung gestellt ist. Angesichts dieser Aussichten ist es dringend geboten, dass auch in Österreich der Bestandesbegründung und dem Wissen über das richtige genetische Material wieder ein höherer Stellenwert eingeräumt wird. Qualität entscheidet Vermehrt man astige, abholzige, krumme Bäume mit geringer Massenleistung, werden die Nachkommen ähnliche, unerwünschte Qualitätseigenschaften aufweisen und dem Waldbesitzer beim Holzverkauf beträchtliche Mindererträge liefern. Dies gilt sowohl für die Aufforstung als auch bei natürlich verjüngten Beständen. Jede Fichte ist grün, aber dahinter steckt viel mehr. Schon im Forstgarten ist ersichtlich, dass Fichte nicht gleich Fichte ist. Je nach Herkunft und Höhenlage 13 Millionen m3 sk/Jahr 120 100 80 60 40 20 Düngung 60.000 ha Anbau von Pinus contora 15.000 ha genetisch verbessertes Plantagensaatgut optimierte Verjüngung Referenzwert SKO 03 0 2010 2030 2050 2070 2090 Prognostizierter Jahreseinschlag an holz in Schweden bei verschiedenen Bewirtschaftungsalternativen. Den wichtigsten Beitrag zur Steigerung der holzproduktion im 21. Jahrhundert liefert die Forstpflanzenzüchtung. Quelle: ackzell. l. Federation of Swedish Family Forest owners. haben Bäume unterschiedliche Zuwachsleistungen, Trockentoleranz, Austriebs- und Verholzungsverhalten. Um sicherzustellen, dass das passende Material auch wirklich bei der Waldbesitzerin und dem Waldbesitzer ankommt, muss die Herkunft von Beginn an nachvollziehbar sein. Als Ausgangsbasis dient das Stammzertifikat eines anerkannten Erntebestandes. Kommt das Saatgut in Produktion, sollte eine Referenzprobe zur Überprüfbarkeit abgelegt werden. Danach bedarf es einer genauen Kennzeichnung der Keimlinge. Diese Durchgängigkeit muss, bis die Forstpflanzen dem Kunden übergeben werden, gewährleistet sein. Das österreichische forstliche Vermehrungsgutgesetz setzt im internationalen Vergleich sehr hohe Standards hinsichtlich der Kennzeichnung und Nachvollziehbarkeit von Beerntungen. Zusätzlich sollten verstärkt stichprobenartige Überprüfungen von Saatgut und Forstpflanzen mit genetischen Fingerabdrücken durchgeführt werden, um die offen und sauber arbeitenden Forstgärten vor potenziellen „schwarzen Schafen“ zu schützen. Samen von Waldbäumen sind ein sehr wertvolles Gut. Die Saatgutversorgung in Österreich ist derzeit nicht zufriedenstellend. Bei gewissen Baumarten und Herkünften sind bereits jetzt Versorgungsengpässe gegeben. Vor allem der Lärche sollte verstärkte Aufmerksamkeit zukommen. Durch die Witterungsverläufe und diverse Schädlinge kam es in den letzten Jahren nur sehr regional zu Vollmasten. Um in Zukunft die Forstwirtschaft mit qualitativ hochwertigem Pflanzenmaterial versorgen zu können, müssen das Blühverhalten und die Zapfenentwicklung genau beobachtet und etwaige Erntemöglichkeiten erwogen werden. Nur der Forstmann und die Forstfrau vor Ort können diese Beobachtungen machen, um bei entsprechendem Zapfanhang eine Beerntung in die Wege zu leiten. Saatgut aus guten Mastjahren bedeutet gute Keimfähigkeit und gesunde Pflanzen. Grundsätzlich sollte Saatgut aus Vollmasten weitervermehrt werden. Dies ist neben einem vitalen und geschützten Wurzelsystem, optimierter Logistik, richtigem Pflanzverfahren ein wesentlicher Faktor für hohe Anwuchsraten und die Verkürzung des Verjüngungszeitraumes. Zudem garantiert es auf Basis der Saatgutuntersuchungen eine sichere und wirtschaftliche Pflanzenproduktion im Forstgarten. Forschung forcieren Um die Holzproduktion auf den bestehenden Flächen zu steigern, bedarf es zielgerichteter Forschung, die in der Praxis umgesetzt werden kann. Im internationalen Vergleich gibt es einige Vorreiter: Allen voran Schweden und die USA. Diese Länder erzielten durch konsequente Umsetzung von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen eine Erhöhung des Zuwachses um 20 Prozent und mehr (Abbildung). Österreich als Land mit hoher forstlicher Kompetenz hat hier sicher einen enormen Nachholbedarf. Gewiss ist, dass sich durch gezielte Auswahl (Züchtung) eine beträchtliche Leistungs- und Stabilitätssteigerung erzielen lässt. Dabei ist es auch möglich, gewisse Parameter wie etwa Trockentoleranz zu berücksichtigen, um auch einer etwaigen Klimaänderung entgegen zu treten und stabile Wälder zu erziehen. Diese Zielsetzung ist nicht in einem Jahr umsetzbar, sondern bedarf jahrelanger Forschung und Entwicklung. Dipl.-Ing. Dr. Kurt Ramskogler, Dipl.-Ing. Christoph Hartleitner, LIECO GmbH & Co KG, 8775 Kalwang 31, [email protected] Wussten Sie, um welches Saatgut es sich auf der Titelseite handelt? hier die auflösung! Bergahorn Stieleiche Weißtanne Lärche Esche Fichte Weißkiefer Rotbuche Zirbe Silvio Schüler, ThomaS Thalmayr Sind nicht alle Fichten grün? Herkunftssicherheit durch Referenzproben! Forstsamen und -pflanzen sind die Grundlage für stabile, leistungsfähige Wälder der Zukunft. Um sicherzustellen, dass die Waldbesitzerin und der Waldbesitzer tatsächlich die bezahlte Herkunft bekommen, verlangt das Forstliche Vermehrungsgutgesetz das Einsenden von Einzelbaumproben, die während der Beerntung gezogen wurden. Diese Referenzproben werden am BFW aufbereitet, gelagert und in einer Datenbank erfasst. Mit Hilfe neuer genetischer Untersuchungsmethoden können diese Proben für Kontrolluntersuchungen herangezogen werden. Die Verjüngung eines Waldes ist meist mit hohem Aufwand und Kosten verbunden. Zu den Kosten für Forstpflanzen und den sorgfältig durchzuführenden Pflanzarbeiten kommen auch der Schutz vor Verbiss und die Pflege der Pflanzen in den ersten Jahren. Damit sich dieser Aufwand lohnt, sollten die gesetzten Bäume standortsgerecht und wirtschaftlich leistungsfähig sein. Nur so entsteht ein Wald, der durch ökologische Stabilität und ökonomische Wertleistung die Investitionen rechtfertigt. Die Auswahl der richtigen Herkunft wird seit einigen Jahren durch das Online-Informationssystem www.herkunftsberatung.at erleichtert. Doch wer garantiert, dass die erworbenen Forstpflanzen tatsächlich von der betreffenden Herkunft stammen? Sind letztlich nicht alle Fichten grün? Verbraucherschutz durch das Forstliche Vermehrungsgutgesetz Zum Schutz vor falschen Herkünften und letztlich zur Erhaltung und Verbesserung des Waldes für die Gesellschaft und die Förderung der Forstwirtschaft gibt es das Forstliche Vermehrungsgutgesetz (FVG) (siehe Artikel Strohschneider und Wurzer B F W BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 abbildung 1: Die von den Forstbaumschulen bei der Beerntung entnommenen zapfen der einzelbäume werden am BFW getrennt geklengt und die Samen einzelbaumweise aufbewahrt. Damit kann später überprüft werden, ob tatsächlich die vorgeschriebene mindestanzahl an Samenbäumen beerntet wurde und ob die unter diesem Stammzertifikat verkauften Sämlinge aus dieser Beerntung stammen Seite 11). Das FVG regelt die Kennzeichnung der Identität von forstlichem Vermehrungsgut sowie die Durchführung von Saatgutbeerntungen und das Inverkehrbringen von Saatgut und Forstpflanzen. Jeder in Österreich tätige Forstgarten, Erntebetrieb und Saatguthandel unterliegt diesem Gesetz. Um überprüfen zu können, ob die gesetzten Pflanzen von der gewünschten Herkunft stammen, schreibt das FVG die Einsendung von Referenzproben von jeder in Österreich beernteten Saatgutpartie vor. Dabei ist von jedem Einzelbaum eine gewisse An- 15 zahl an Samen oder Zapfen an das Bundesamt für Wald zu senden. Im Saatgutlabor des Instituts für Waldgenetik des BFW werden diese Proben aufbereitet und sicher gelagert. Probenaufbereitung baumartenspezifisch Je nach Baumart ist das Saatgut kurz oder lang lagerfähig: Schwerfruchtige Baumarten, wie zum Beispiel Eiche, werden teilweise im Labor angekeimt, um ausschließlich die DNA der Sämlinge aufzubewahren. Derzeit sind im Samenlager des BFW etwa 600 Referenzproben von Beerntungen eingelagert und in einer Datenbank erfasst. Jede Probe besteht aus einer Vielzahl an Einzelbaumproben. Diese stehen mindestens zehn Jahre für Kontrolluntersuchungen zur Verfügung. Im Rahmen interner Untersuchungen werden alljährlich Stichproben gezogen und molekulargenetisch in der Abteilung Genomforschung untersucht. Zudem kann auf Anfrage der forstlichen Praxis gegen Gebühr überprüft werden, ob die bezogenen Forstpflanzen tatsächlich aus der angegebenen Saatgutpartie abstammen. Denn: Die Referenzproben sind mit demselben gesetzlich vorgeschriebenen Stammzertifikat der Beerntung und dem Zulassungszeichen des Erntebestandes gekennzeichnet, die gleichen Daten sind auch auf der Pflanzenrechnung des Forstgartens vermerkt. Bei der Überprüfung von Saat- und Pflanzgut, kommt auch der technologische Fortschritt ins Spiel, denn dieser ermöglicht für immer mehr Baumarten den Einsatz des genetischen Fingerabdrucks. Bei einer solchen Untersuchung werden mehrere Gene des Zellkerns analysiert. Da jedes Gen eine Vielzahl von verschiedenen Genvarianten (= Allelen) aufweist, ist oftmals schon durch eine geringe Anzahl an Genen eine eindeutige Identifikation eines Sämlings und von dessen Elternbäumen möglich. Das Saatgut abbildung 2: Dauerhafte lagerung der referenzproben, getrennt nach reifejahren, im Kühlhaus Tulln erstellt am 03.09.2012 Einzelbaumproben Lagerung 2002-2009 Reifejahr Kiste Beerntungsnummer Zulassungszeichen Firma Menge kg Kat Prüfbericht Nummer Stammzertifikat Lagerung Einlagerung VG Tulln 160 aus A/80802-01/2006 E 13.02.2012 2006 35 155/06 Ta 86(4.1/mm) LFG Rankweil 2006 43 158/06 Ta P6(4.1/mm,hm) LFG Rankweil 45 aus A/80104-02/2006 E 13.02.2012 2006 1 154/06 Fi 59(2.1/hm) LFG Rankweil 470 aus A/80101-04/2006 E 13.02.2012 2006 43 157/06 Ta 88(4.1/hm) LFG Rankweil 52 aus A/80101-03/2006 E 13.02.2012 2006 35 156/06 Ta 87(4.1/mm) LFG Rankweil 82 aus A/80101-02/2006 E 13.02.2012 2003 48 77/03 Fi 31(1.2/hm) FG Nikolsdf.+ARGE 390 aus A/70913-06/2003 E 20.06.2012 2003 2 76/03 Fi(/) FG Nikolsdf.+ARGE 650 aus A/70913-05/2003 E 13.02.2012 2003 48 24/03 Fi 1(1.2/tm) ÖBF 640 aus A/70913-04/2003 E 20.06.2012 2003 23 16/03 Zi 2(1.2/ts) ARGE Zapfenpflücker 210 aus A/70913-03/2003 E 13.02.2012 2003 41 17/03 Zi 2(1.2/ts) ARGE Zapfenpflücker 390 aus A/70913-02/2003 E 13.02.2012 2003 23 15/03 Zi 4(2.1/ts) ARGE Zapfenpflücker 280 aus A/70913-01/2003 E 13.02.2012 87/04 2005 3 13/05 Zi 2(1.2/ts) Nikolsdorf 990 aus A/709013-01/2005 E 13.02.2012 2003 16 176/03 Fi(/) LFG Nikolsdorf 220 aus A/70811-05/2003 E 13.02.2012 2003 34 114/03 Fi 3 (IV/2/9-13) LFG Nikolsdorf 531 aus A/70811-04/2003 E 13.02.2012 2003 35 111/03 Fi(/) LFG Nikolsdorf 217 A/70811-03/2003 E 13.02.2012 2006 44 102/06 Ta 17(2.1/mm) FG Stams 207 A/70811-02/2006 E 13.02.2012 aus 14/09 abbildung 3: Datenbank der eingelagerten referenzproben. Für Kontrolluntersuchungen kann jede Probe anhand des zulassungszeichens des Bestandes und des Stammzertifikats der Beerntung zweifelsfrei identifiziert werden 16 BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 B F W Box | Elternschaftanalyse von Forstsaatgut am Beispiel einer Vogelkirschenuntersuchung: Das Saatgut wurde am Boden des Bestandes aufgesammelt. Die ersten drei der hier untersuchten Samen stammen mit hoher Sicherheit vom genetisch analysierten Mutterbaum, denn sie besitzen mindestens eine gemeinsame genetische Variante = Allel (rot markiert). Der vierte Samen kann allerdings ganz sicher nicht von diesem Baum abstammen, denn er trägt keine der Varianten des Altbaumes. In diesem Fall wurde ein Nachbarbaum als Samenmutter identifiziert. Sind alle Mutterbäume eines Bestandes bekannt und werden weitere Gene analysiert, so kann für jedes aus diesem Bestand produzierte Saatgut zweifelfrei die Identität durch eine genetische Analyse abgesichert werden. Dieses Vorgehen empfiehlt sich vor allem für wertvolles Plantagensaatgut (siehe Geburek et al. Seite 19), denn Plantagen (siehe Konrad et al. Seite 22) haben eine begrenzte Anzahl von Klonen und werden über einen längeren Zeitraum wiederholt beerntet. 15000 1 500 0 Mutterbaum 10000 1 000 0 5000 5 00 0 0 180 15000 190 200 210 220 230 240 250 260 270 280 200 210 220 230 240 250 260 270 280 200 210 220 230 240 250 260 270 280 200 210 220 230 240 250 260 270 280 200 210 220 230 240 250 260 270 280 Samen 1 10000 5000 0 180 15000 190 Samen 2 10000 5000 0 180 ? 15000 190 Samen 3 10000 5000 0 180 15000 190 Samen 4 10000 5000 0 180 190 Varianten Länge der genetischen V arianten am untersuchten Gen Samen Mutterbaum Schlussfolgerung 1 Beide haben ein gemeinsames Allel 2 Beide haben ein gemeinsames Allel 3 Beide haben zwei gemeinsame Allele 4 Beide unterscheiden sich an beiden Allelen von Samenplantagen, das nur von einer geringen Anzahl an Sameneltern produziert wird, kann mit diesem Verfahren relativ einfach überprüft werden. Die Zuordnung zu Herkünften gestaltet sich etwas schwieriger. Hier benötigt man zunächst eine möglichst breite Datenbasis und im Idealfall die Kenntnis der genetischen Variation im gesamten Verbreitungsgebiet, um Saatgut einer B F W BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 Dieses Saatgut stammt sehr wahrscheinlich vom angegebenen Mutterbaum ab Dieses Saatgut stammt keinesfalls von diesem Mutterbaum ab bestimmten Herkunft zuordnen zu können. Allerdings können im Ausschlussverfahren auch für einzelne Bestände eindeutige Aussagen getroffen werden – und zwar für den Fall, dass das vermutliche Saatgut eines Bestandes keine der genetischen Varianten des Elternbestandes aufweist (siehe Box). Allerdings nützen die besten Methoden nur, wenn die Waldbesitzerin und der Waldbesitzer auch die richtigen Herkünfte für ihre Standorte verlangen und die Rechnungsunterlagen aufbewahren. Dr. Silvio Schüler, Ing. Thomas Thalmayr, Bundesforschungszentrum für Wald, Institut für Waldgenetik, Hauptstraße 7, 1140 Wien, E-Mail: [email protected] 17 Herkunftsberatung.at Die unabhängige Informationsplattform für forstliches Saat- und Pflanzgut in Österreich rasch und kostenlos das beste Saatund Pflanzgut finden B F W ThomaS geBureK, anna-FranziSKa arBeiTer, eDuarD hochBichler, chriSToPh JaSSer Welche Lärchen-Herkunft im Alpenvorland? Die Lärche weist eine sehr große ökologische Bandbreite und eine große genetische Variation auf. Daher ist die Herkunftsfrage bei dieser Baumart besonders von Bedeutung. Leider ist über den Anbau geeigneter Herkünfte im Alpenvorland wenig bekannt, da aussagekräftige Feldversuche für diese Baumart in Österreich fehlen. Aber vielleicht lassen sich praxisrelevante Schlüsse hinsichtlich der Herkunftswahl aus regulären Aufforstungen ziehen. Unsere heimische Lärche hat im Vergleich zur Fichte oder Weißkiefer ein nur sehr kleines, natürliches Verbreitungsgebiet. Dennoch weist diese Nadelholzart eine sehr große ökologische Toleranz auf. Die Lärche ist auf Standorten bei -1° bis +14 °C Jahresdurchschnittstemperatur, Jahresniederschlägen von 450 bis 2500 mm, 50 Tagen bis 250 Tagen Vegetationszeit in Höhenlagen von 250 bis 2400 m zu finden. Diese sehr große ökologische Amplitude, insbesondere hinsichtlich der Anpassung an die Seehöhe, hat zu ausgeprägten Regional- oder Lokalrassen geführt. Die Bezeichnung als Polen-, Sudeten-, Karpaten- und Alpenlärche spiegelt dabei nicht nur das jeweilige Teilareal wider, sondern auch die jeweiligen besonderen forstlichen Eigenschaften der Herkünfte. Aber dies war nicht immer so. Die europäische Forstwirtschaft hat schmerzlich die Auswirkungen großer genetischer Unterschiede bei dieser Baumart erfahren müssen, als man Tiroler Saatgut im 18. und 19. Jahrhundert weit über das alpine Areal hinaus verbreitete. Dies führte zu einem katastrophalen, lange Zeit rätselhaften Lärchensterben in Europa, welches schließlich Prof. Münch in den 1930er Jahren mit der „Herkunftsfrage“ aufklären konnte. Erst die in der Folgezeit vorwiegend in Deutschland angelegten B F W BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 abbildung 1: lage der aufforstungsflächen, die mit unterschiedlichem Pflanzgut aus Plantagen oder Saatguterntebeständen begründet wurden Herkunftsversuche zeigten die große genetisch bedingte Variationsbreite bei dieser Baumart genauer auf. Leider wurden in Österreich nur sehr wenige Vergleichsanbauten bei dieser so wichtigen Baumart angelegt, daher sind unsere Kenntnisse über die richtige Wahl der Lärchenherkunft sehr begrenzt. Wie könnte zur Lösung dieses Problems beigetragen werden? Einige österreichische Forstbetriebe dokumentieren genau die Verwendung des Saat- und Pflanzgutes, beurteilen die daraus erwachsenen Bestände und erhöhen ihren wirtschaftlichen Erfolg durch eine optimierte Herkunftswahl. Aber diese Ergebnisse werden nicht notwendigerweise auch der breiten forstlichen Praxis zugänglich gemacht oder haben nur lokal für den Forstbetrieb eine Bedeutung. Daher wurde ein bisher nicht genutzter Ansatz verfolgt, Anbauempfehlungen auf der Grundlage von regulären Aufforstungen mit bekannten Herkünften abzuleiten. Dieser retrospektive Ansatz weist natürlich viele Unzulänglichkeiten auf. So wird in klassischen Feldversuchen die umweltbedingte Variation durch das Versuchsdesign minimiert und auf einem Standort stocken in Versuchswiederholungen dieselben Herkünfte. Eine Reduktion dieses „umweltbedingten Rauschens“ ist bei dem gewählten Ansatz nicht möglich und nur sehr große genetische Unterschiede zwischen Herkünften sollten nachweisbar sein. Mit Unterstützung der Landesforstdirektion Oberösterreich wurden Aufforstungsflächen und Ausgleichsflächen nach § 18 Forstgesetz der Lärche im Zeitraum zwischen 1995 und 2003 ausgewählt. Als Auswahlkriterien dienten unter anderem die Güte der Dokumentation des ver- 19 80 % extrem gerade gerade bogig stark bogig 70 % 60 % Chi2: 224,37*** mehrfach gekrümmt stark mehrfach gekrümmt Zwiesel 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0% 6(IIA/1/9-13) P3/III/1/4-9) P7(III/4-6) Stráža -Trenčín Südböhmen abbildung 2: Prozentuale verteilung unterschiedlicher Schaftformen bei den untersuchten lärchenherkünften 70 % fein eher fein eher grob grob 60 % 50 % Chi2: 417,65*** 40 % 30 % 20 % 10 % 0% 6(IIA/1/9-13) P3/III/1/4-9) P7(III/4-6) Stráža -Trenčín Südböhmen abbildung 3: Prozentuale verteilung unterschiedlicher astigkeit bei den untersuchten lärchenherkünften Tabelle 1: Die näher untersuchten lärchenherkünfte anzahl der untersuchten Bestände (a 50 Bäume) herkunftsbezeichnung art region lä 6 (II1/1/9-13) Saatguterntebestand Tirol 7 lä P3 (III/1/4-9) ÖBf-Plantage „Hamet“ Wienerwald/Steyr 10 la P7 (III/4-6) ÖBf-Plantage „Weinzierl Wienerwald 7 Stráža -Trenčín Plantage Mähren/Sudeten 7 Südböhmen Saatguterntebestände Sudeten 5 wendeten Pflanzenmaterials, der Reinanbau, keine Läuterungs- und Durchforstungseingriffe sowie eine Mindestgröße der Aufforstung. Auf 36 Flächen (Abbildung 1) wurden 20 1800 Bäume aus fünf verschiedenen Herkünften (zwei Saatguterntebestände, 3 Plantagenherkünfte, Tabelle 1) untersucht. Im Mittel waren die Aufforstungen 13 Jahre alt. Schlussfolgerungen aus der Pilotstudie Hinsichtlich der Schaftform fällt auf, dass die beiden österreichischen Plantagenherkünfte „P3“ und „P7“ vergleichsweise hohe Anteile an wünschenswerten Schaftformen aufweisen (Abbildung 2). Die Herkünfte „Lä 6“ und Lärchenplantage „Stráža –Trenčín“ überzeugen aufgrund ihrer Schaftformen nicht. Auch hinsichtlich der Aststärke sind diese Herkünfte nicht zu empfehlen (Abbildung 3). Zusammenfassend kann Folgendes festgehalten werden: • Lärchen des Saatguterntebestandes Lä 6 (IIA/1/9-13) weisen von BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 B F W allen untersuchten Herkünften aufgrund der Höhenlage des Saatguterntebestandes (900-1300 m) erwartungsgemäß die geringste Wuchsleistung auf. Außerdem zeigen Lärchen dieser Herkunft meist ungünstige Schaftformen in Verbindung mit Grobastigkeit. Der Anteil an steilastigen Individuen ist im Vergleich zu den anderen Herkünften erhöht. • Lärchen der Plantage Lä P3(III/ 1/4-9) verfügen hinsichtlich der Gütemerkmale über die beste Leistung. Besonders im Hinblick auf Astigkeit und Schaftform überzeugen diese Lärchen. Die Wuchskraft der analysierten Bäume liegt im oberen Mittelfeld. Allerdings scheinen die Lärchen dieser Plantage relativ früh zu fruktifizieren. Inwiefern durch eine frühzeitige Reproduktionsphase das vegetative Wachstum negativ beeinflusst wird, ist offen. Die Rindenstruktur ist relativ grob. • Lärchen der Plantage Lä P7(III/46) haben etwas schlechtere Eigenschaften als Lä P3(III/1/4-9) und Waldforschung Beitrag zur Waldinventur sind eher mit Lärchen der Herkunft Südböhmen vergleichbar. Die Wuchsleistung der Lärchen aus dieser Plantage ist eher mittelmäßig. Ähnlich wie bei der Herkunft Lä P3(III/1/4-9) tragen diese Lärchen frühzeitig Zapfen. Im Gegensatz zu Lä P3(III/1/4-9) ist die Borkenstruktur eher fein. • Südböhmische Lärchen weisen erwartungsgemäß von allen Herkünften die größte Wuchskraft auf. Schaftformen und Astigkeit sind schlechter als bei der Lä P3 (III/1/4-9). • Die Lärchen der slowakischen Plantage „Stráža-Trenčín“ präsentieren sich weitgehend grobastig und krummwüchsig. Auch hinsichtlich der Wuchskraft überzeugt diese Herkunft nicht. Hinzu kommt, dass Lärchen aus der Plantage häufiger Steiläste bilden als die der anderen untersuchten Herkünfte. Abschließend soll nochmals betont werden, dass die hier gemachten Aussagen nicht die gleiche Sicherheit haben können, als wenn die Herkünfte in mehreren österreichischen Feldversuchen über viele Jahrzehnte gemessen und analysiert worden wären. Aber trotz dieser Einschränkung sind nach Meinung der Autoren praxisrelevante Schlussfolgerungen für das Alpenvorland in Oberösterreich möglich und es wäre äußerst wünschenswert, wenn dieser Ansatz auch in anderen Bundesländern verfolgt werden könnte. Univ.-Prof. Dr. Thomas Geburek, Institut für Waldgenetik, Bundesforschungszentrum für Wald, Hauptstraße 7, 1140 Wien, E-Mail: [email protected]; Dipl.-Ing. Anna-Franziska Arbeiter, Bezirkshauptmannschaft Bregenz-Forstwesen, Bahnhofstraße 41, 6901 Bregenz; Ao. Univ.-Prof. Dr. Eduard Hochbichler, Institut für Waldbau, Universität für Bodenkultur, Peter-Jordan-Straße 82, 1190 Wien; Dipl.-Ing. Christoph Jasser, Landesforstdirektion Oberösterreich, Bahnhofsplatz 1, 4021 Linz Die österreichische Waldinventur - man sieht den Wald vor lauter Bäumen Alle Daten, die Sie über Österreichs Wald lesen oder hören, basieren mehr oder weniger auf Erhebungen der österreichischen Waldforschung Flugdrohne - eine Möglichkeit zur Gewinnung von Fernerkundungsdaten Am Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) werden zurzeit Flugdrohnen aufgebaut, um ihr Anwendungsspektrum im alpinen Waldforschung Schneenetze und deren Verwendung Schneenetze zum Schutz vor Lawinen http://www.bfw.ac.at B F W Sie uns Besuchen et auf im Intern om/ youtube.c hung waldforsc heino KonraD, Karl SieBerer, geralD goleSch, ruDolF liTSchauer Qualitätssaatgut aus Samenplantagen Die Versorgung der Forstbetriebe mit Vermehrungsgut, dass wirtschaftlichen (Zuwachs, Holzqualität) und ökologischen Zielen (genetische Vielfalt, lokale Angepasstheit) entspricht, ist ein Grundpfeiler einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung. In Österreich wird ein Großteil des Saatgutes aus zugelassenen Erntebeständen gewonnen, weitere Samen werden aus dafür speziell angelegten forstlichen Samenplantagen geerntet. Gegenwärtig evaluiert das BFW sein Plantagenprogramm. abbildung 1: Samenplantage lärche am BFW-Plantagenzentrum allentsteig Das Institut für Waldgenetik des Bundesforschungszentrums für Wald betreibt das vom BMLFUW geförderte Programm der forstlichen Samenplantagen. Neben der Erhaltung und dem Schutz von seltenen Baumarten wird in diesen Plantagen auch hochwertiges Saatgut gewonnen. Derzeit existieren 56 Plantagen von 18 Baumarten auf einer Fläche von 79,4 ha (Abbildung 1). Neben den Wirtschaftsbaumarten (Fichte, Lärche, Kiefer, Tanne, Eiche, Bergahorn, Kirsche, Schwarzerle, Esche) wurden auch Plantagen für seltene Baumarten wie die Wildobstarten sowie Ulme und Spirke angelegt. Österreichs Erhaltungs-Samenplantagen wurden Ende der 1980er Jahre angesichts des Waldsterbens primär zur Sicherung von gefährdeten Baumpopulationen und erst in zweiter Linie zur Gewinnung von Saatgut angelegt. Dabei wurden Populationen ausgewählt, die selten oder bereits vom Aussterben bedroht waren oder aus anderen Gründen erhaltungswürdig erschienen. Einzelbäume dieser Arten wurden im Wege einer xenovegetativen Ver- mehrung (Veredelung) zu künstlichen Populationen zusammengefasst, um durch generative Vermehrung eine möglichst hohe genetische Variation in der Nachkommenschaft zu erreichen. Effiziente Produktion von hochwertigem Saatgut Das aus diesen Samenplantagen gewonnene Saatgut dient heute als wichtige Quelle für die Produktion von forstlichem Vermehrungsgut – ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung der genetischen Diversität der be- 2500 Bestand Plantagen 1500 1000 2007 Winterlinde 2010 Weißkiefer 2007 2008 2010 2009 Vogelkirsche 2007 2008 2009 Tanne 2010 2011 2007 2009 2010 Stieleiche 2011 2007 2011 2008 Schwarzerle 2007 2008 2009 Lärche 2011 2007 2008 Hainbuche 2010 2007 2008 Grauerle 2008 2009 Bergahorn 0 2010 500 2011 Rohsaatgut/Beerntung in kg 2000 Tabelle 1: mittlere erntemengen, getrennt nach Bestandes- und Plantagenbeerntungen für den zeitraum 2007-2011. 22 BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 B F W treffenden Baumarten. Die Plantagen sind einfacher zu beernten und die Erntemengen je Beerntung sind in den Plantagen auch wesentlich höher als in den Beständen (Tabelle 1). Daraus ergibt sich, dass für einige Baumarten in den letzten Jahren überhaupt nur Plantagensaatgut geerntet wurde. Die Bäume in den Plantagen werden optimal mit Lichtund Nährstoffen versorgt, deshalb ist Plantagensaatgut zumeist den Bestandesbeerntungen auch in Vollkornanteil und Keimkraft überlegen. Auswahl an Klonen Nachkommenschaftsprüfung Samenplantage 1. Generation + 10 % Zuwachs Nachkommenschaftsprüfung Samenplantage 2. Generation Anlage und Pflege der Generhaltungsplantagen Die Plantagenstandorte sollen so ausgewählt werden, dass kein Fremdpolleneinfluss stattfinden kann. Der jährlich schwankende Polleneintrag aus der Umgebung wurde vor der Anlage der Plantagen bei windblütigen Baumarten mit Hilfe einer Pollengravitationsfalle festgestellt. Für Samenplantagen wurden fast ausschließlich Propflinge verwendet. Die Reiser wurden im höheren Kronenbereich gewonnen, um frühzeitige Blühbereitschaft bei den Pfropflingen zu erlangen. Nach Erstellung des Klonverteilungsplanes wurden die zwei- bis vierjährigen Propflinge so ausgepflanzt, dass jedes Individuum (Ramet) eines Klons von den Rameten anderer Klone umgeben ist und in jeder Wiederholung jeweils neue Klonkombinationen vorhanden sind, um die Erbanlagen der Nachkommenschaft optimal zu durchmischen. Bei einer durchschnittlichen Plantagengröße von 1,5 ha wurden etwa 50 Klone mit vier- bis fünffacher Wiederholung gepflanzt. Um eine optimale Leistungsfähigkeit der Plantagen zu erreichen, ist eine entsprechende Pflege (Mähen, Düngen, Forstschutz) besonders in der Jugendphase essentiell. Die Bewirtschaftung der Erhaltungssamenplantagen wird teilweise ganz vom BFW (wie etwa die Plantagenzentren Allentsteig und Königshof) oder in Kooperation mit den Bundesländern Burgenland, Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark und Tirol + 10 % Zuwachs Samenplantage 3. Generation abbildung 2: Schematische Darstellung des züchtungsfortschrittes in forstlichen Samenplantagen. über mehrere zyklen der nachkommenschaftsprüfung und auslese der eliteklone wird eine erhebliche Produktionssteigerung erzielt durchgeführt. Die Kosten der Plantagenbewirtschaftung werden den Bundesländern vom Lebensministerium rückerstattet, gleichzeitig können die Länder einen Teil des gewonnenen Saatgutes über ein Vorkaufsrecht erwerben. Neben den öffentlich verwalteten Samenplantagen wurden auch Plusbaumsamenplantagen von Forstbetrieben angelegt, die einen Schwerpunkt auf Züchtung und erhöhte Qualität der Nachkommenschaft legen. Die aktuelle Liste der für die Saatgutgewinnung zugelassenen forstlichen Samenplantagen kann über Internet (http://bfw.ac.at/rz/ bfwcms.web?dok=6539) eingesehen werden. Weiterentwicklung des Plantagenprogrammes Aufgrund notwendiger Sparmaßnahmen wird das Plantagenprogramm des BFW gegenwärtig evaluiert. Flächen, die für die Generhaltung wenig Priorität haben, sollen aufgelassen werden; auf den verbleibenden Flächen soll die Pflege intensiviert werden, um die Samenproduktion zu steigern. Für die Wirtschaftsbaumarten wird derzeit eine Strategie entwickelt, um die Plantagen züchterisch weiterzuentwickeln. Dazu sollen Nachkommenschaften von Einzelklonen in Versuchsanbauten beurteilt und Plantagen um ausgelesene Klone erweitert werden. Über mehrere Zyklen der Nachkommenschaftsprüfung und Auslese von Eliteklonen kann so eine erhebliche Produktionssteigerung erzielt werden (Abbildung 2). Ähnliche Züchtungsprogramme laufen bereits in vielen anderen Ländern. Auf diese Weise soll langfristig sichergestellt werden, dass den österreichischen Forstbetrieben qualitativ hochwertiges und regional angepasstes hochleistungsfähiges Vermehrungsgut in ausreichender Menge zur Verfügung steht. Dr. Heino Konrad, Ing. Karl Sieberer, Ing. Gerald Golesch, Dipl.-Ing. Rudolf Litschauer, Institut für Waldgenetik, Bundesforschungszentrum für Wald, Hauptstraße 7, 1140 Wien, E-Mail: [email protected] Linktipp – liste der Samenplantagen – http://bfw.ac.at/rz/bfwcms.web?dok=6539 B F W BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 23 PeTer zWerger, chriSToPh hieBeler Optimale Saatgutversorgung durch zugelassene Bestände am Beispiel Vorarlberg Vielfältig sind in Vorarlberg die Waldfunktionen und die vom Menschen an den Wald gestellten Anforderungen. Insbesondere in den höheren Lagen ist die Schutzfunktion wesentlich, 49% des Waldes sind als Schutzwald eingestuft. Im Sinne der Erhaltung und Steigerung der Waldfunktionen kommt der Waldverjüngung und Wiederaufforstung eine hohe Bedeutung zu. Voraussetzung dafür ist ein dem jeweiligen Lebensraum entsprechendes Angebot von zugelassenen Saatgutbeständen für die Samenernte und die Anzucht von geeigneten Forstpflanzen, denn die richtige Wahl beim Pflanzmaterial ist Grundvoraussetzung für das gute Gelingen einer Aufforstung. Unge- Foto: BFW/Zwerger Rund 38% der überwiegend gebirgigen Landesfläche Vorarlbergs sind mit Wäldern bedeckt. Dazu gehören so unterschiedliche Lebensräume wie Lärchen-Zirbenwälder an der Waldgrenze und Auwälder im Rheintal. Um diese große Bandbreite abdecken zu können, wurde ein feines Netz von Saatgutbeständen in Vorarlberg angelegt. abbildung 1: Das hochgebirge stellt besondere anforderungen an forstliches vermehrungsgut. hier eine aufforstung mit Fichte aus dem Jahr 1984 (inklusive nachbesserung) auf einem Südwesthang in 2000 m Seehöhe (gemeinde St.gallenkirch/montafon, grappes) eignete Herkünfte verursachen Einbußen in Wüchsigkeit, Stabilität und Wirtschaftlichkeit. Spätere waldbauliche Eingriffe können diesen Fehler - nicht kompensieren. In enger Zusammenarbeit zwischen dem Land Vorarlberg und dem Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) ist es in den letzten Jahren gelungen, ein ausreichend feines Netz von Saatgutbeständen zuzulassen und damit das waldbaulich erforderliche Angebot an standortstauglichen Forstpflanzen zu gewährleisten. 1 1 Auswahl, Anzahl und Verteilung - - Tabelle 1: übersicht über alle in vorarlberg zugelassenen Saatguterntebestände je Baumart und höhenstufe (aktueller Stand 2012). Baumart anzahl der zugelassenen Saatguterntebestände je höhenstufe kollin submontan tiefmontan mittelmontan Douglasie - 2 - - - - Fichte - 2 2 9 28 12 Lärche - 1 1 1 2 Tanne - 2 2 8 11 Weißkiefer - 1 3 2 - - - Zirbe - - - - - 3 4 Bergahorn - 1 4 - - - - Esche - 2 - - - - - Rotbuche - - 2 3 3 - - Stieleiche - 1 - - - - - Weißbirke - - - - - 2 - Generhaltungsplantage Tanne - - - 1 1 - - 24 hochtiefhochmontan subalpin subalpin Dieses Netzwerk folgt keinen schablonenhaften Richtlinien für die Anzahl und Verteilung von Erntebeständen, sondern wird von der Topografie Vorarlbergs bestimmt: In der submontanen bis mittelmontanen Höhenstufe sind in den autochthonen und naturnahen Wäldern sehr viele Baumarten vorhanden, artenreiche Mischwälder dominieren. Demzufolge ist in diesen Regionen eine ausreichende BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 B F W 60 Reines Saatgut (kg) 50 40 30 20 10 0 Grauerle 2005 Tanne 2006 Fichte 2006 Tanne 2008 Fichte 2008 Tanne 2009 Tanne 2011 Bergahorn Weißkiefer 2011 2011 abbildung 2: geerntete Saatgutmengen seit 2005 durch den vorarlberger landesforstgarten Anzahl und Verteilung von Saatgutbeständen einzurichten, um alle autochthonen Baumarten zu erfassen. In der hochmontanen bis hochsubalpinen Höhenstufe sind aufgrund der schwierigen Standortsbedingungen nur wenige Baumarten anzutreffen. Daher sind im Gebirgswald für die Anerkennung von Saatgutbeständen die Standortstauglichkeit und die Wuchseigenschaften von größter Bedeutung. Weitere Kriterien sind die Beerntbarkeit und die Erschließung der Erntebestände. Auch die meist sehr geringe, unsichere und nur in mehrjährigen Zeitzyklen gegebene Samenproduktion der Bäume in den Hochlagen muss berücksichtigt werden, wenn die Saatgutproduktion nachhaltig gesichert werden soll. 95 Bestände in Vorarlberg zugelassen Aktuell sind in Vorarlberg 95 Bestände mit 116 Zulassungseinheiten für die wichtigsten Baumarten in der Kategorie „ausgewählt“ zugelassen (Abbildung 1 und Tabelle 1). Die zugelassenen Erntebestände mit einer Gesamtfläche von 2430 ha (2,5% der Waldfläche) sind über den gesamten Vorarlberger Wald verteilt. In einigen Beständen konnten aufgrund der natürlichen Waldgesellschaft mehrere Hauptbaumarten zugelassen werden. Auf das etwa zwei Drittel der Vorarlberger Landesfläche einnehmende Wuchsgebiet 4.1 (Nördliche Randalpen-Westteil) entfallen aktuell 57 Saatguterntebestände, während im Wuchsgebiet 2.1 (Nördliche Zwischenalpen-Westteil) 38 Saatguterntebestände ausgewiesen sind. Der Schwerpunkt der Zulassungen liegt auf Fichte mit 53 Zulassungen, gefolgt von der Tanne mit 23 Erntebeständen. Landesforstgarten deckt Großteil des Bedarfs Aktuell wird der Großteil des Forstpflanzenbedarfes im Land aus dem Vorarlberger Landesforstgarten gedeckt. Dieser hat die Aufgabe, die Forstwirtschaft mit standortstauglichem Pflanzmaterial zu versorgen und Saatgutreserven von den wichtigsten Baumarten anzulegen. Insgesamt sind in den letzten fünf Jahren 1,1 Millionen Forstpflanzen angezogen worden (Tabelle 2). Damit konnte der Landesforstgarten rund 81% des landesweiten Pflanzenbedarfes decken. 19% der Pflanzen Tabelle 2: Pflanzenproduktion im landesforstgarten vorarlberg und Pflanzenverbrauch in vorarlberg zwischen 2007 - 2011 holzart eigenerzeugung andere Baumschulen Pflanzenverbrauch Nadelhölzer 839.921 190.300 1.030.221 Laubhölzer 214.770 48.785 263.555 Flurgehölze 43.411 13.050 56.461 1.098.102 252.135 1.350.237 insgesamt Mittel Pfl./Jahr B F W 81% 19% 100% 219.620 50.427 270.047 BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 wurden von anderen Baumschulen zugekauft. Neben der Anzucht von Forstpflanzen für den Eigenbedarf wurden auch Forstpflanzen im Rahmen von Lohnanzucht produziert (zum Beispiel vom Forsttechnischen Dienst für Wildbachund Lawinenverbauung). Im Rahmen der Pflanzenanzucht wurde in den Jahren 2005 bis 2011 in 14 zugelassenen Saatgutbeständen Beerntungen durchgeführt (Abbildung 2). In den nächsten Jahren sind Beerntungen von Bergahorn, Fichte, Tanne und Lärche vorgesehen. Zusätzliche Beerntungen werden bei gutem Samenbesatz (Vollmast) der Bäume in den Saatgutbeständen für Saatgutreserven durchgeführt. Aufgrund der oft am liegenden Stamm durchgeführten Beerntungen sind Revisionen der Erntebestände in fünf- bis zehnjährigen Perioden erforderlich. Dabei sollen Veränderungen in den Zulassungsflächen erfasst und falls erforderlich Neuzulassungen vorgenommen werden. Literatur Killian, W., Müller, F., Starlinger, F. (1994): Die forstlichen Wuchsgebiete Österreichs. FBVA-Berichte 82:1-60, Wien. Amt der Vorarlberger Landesregierung – Abteilung für Forstwesen (Hrsg.) (2010): Handbuch der Vorarlberger Waldgesellschaften. 1-159, Bregenz. Ing. Peter Zwerger, Institut für Naturgefahren, Bundesforschungszentrum für Wald, Rennweg 1, 6020 Innsbruck, E-Mail: [email protected]; Ing. Christoph Hiebeler, Land Vorarlberg, Forstwesen, Landhaus, 6901 Bregenz 25 ThomaS l. cech, heino KonraD Aktuelle Gefahren durch Pflanzenkrankheiten aus dem Forstgarten: Perspektiven und Chancen Durch den globalen Verkehr von Waren und Menschen gelangen immer mehr Forstpathogene nach Europa, dieser Trend wird durch den Klimawandel noch verstärkt. Besonders in Forstgärten ist auf neuartige Krankheitsbilder zu achten, da von dort aus eine rasche regionale und auch überregionale Verbreitung möglich ist. Phytophthora-Krankheiten als steigende Bedrohung vieler Gehölze Unter den für die Pflanzenproduktion relevanten Pathogenen nehmen Phytophthora-Arten eine Sonderstellung ein, da sie oft ein breites Wirtspflanzenspektrum aufweisen und überdies leichter als andere Organismen hybridisieren. Das beste Beispiel für die Entstehung neuer Arten durch Hybridisierung ist der Erreger der Wurzelhalsfäule der Erle, Phytophthora alni. Diese Art kann innerhalb kurzer Zeit zum bestandesweisen Absterben von Schwarzund Grauerlen führen. Die Infektion erfolgt über Wasser, in dem sich die frei beweglichen, begeißelten Sporen des Erregers befinden. Pflanzgut, das im Wurzelraum infiziert ist, stellt die primäre Quelle der Ausbreitung der Erlen-Phytophthora dar. In Österreich werden jährlich etwa 700.000 Erlenpflanzen erzeugt (vgl. A r t i k e l Baschny et al., Seite 9), der Einfluss der Baumschulen auf die Verbreitung des Pathogens darf daher nicht unterschätzt werden. Die sekundäre Ausbreitung erfolgt über Hochwasser, das die Sporen in gewässerbegleitende Erlenbestände schwemmt, wo die Bäume über luftbürtige Wurzeln oder Korkwucherungen an der Stammbasis infiziert werden. Zertifiziertes Pflanzgut verwenden Wurzelinfektionen durch Phytophthora alni sind nur in künstlichen 26 abbildung 1: Phytophthora-Befall – Saftfluss am Stamm einer grauerle (osttirol, isel 2010) Böden von Saatbeeten oder Pflanzgärten möglich. In Waldböden fangen Konkurrenzpilze die Sporen ab, was die Gefahr einer Erkrankung im Wurzelsystem stark verringert. Erst einige Jahre nach der Auspflanzung zeigen die Erlen Symptome (Abbildung 1). Phytophthora-Befall ist vorerst makroskopisch nicht erkennbar. Deshalb reicht es auch nicht, das Pflanzgut vor dem Verkauf optisch genau zu überprüfen. Der einfachste Weg, um eine Infektion zu vermeiden, ist die Verwendung von Gießwasser, das nicht aus Teichen, Bächen oder Flüssen stammt (Brunnen- oder Leitungswasser). Erlenpflanzgut zweifelhafter Herkunft sollte nicht zugekauft werden. Eine weitere Möglichkeit ist die Produktion von Containerpflanzen in kontrolliert Phytophthora-freiem Substrat, wobei auch hier auf eine saubere Bewässerung zu achten ist. Kontrolliertes, Zoosporen freies Erlenpflanzgut wird von einzelnen Baumschulen sowie vom Forstgarten des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) angeboten. Andere Gehölzarten, die durch Phytophthora-Arten geschädigt werden können, sind Buchen sowie Rosskastanien und andere Gehölze. Auch diese Arten können über Pflanzgut verbreitet werden. Auch hier helfen Anzucht von Phytophthora-freien Pflanzen und laufende Kontrollen der Produktionsflächen. BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 B F W Lecanosticta-Nadelbräune Die Lecanosticta-Nadelbräune (Erreger Mycosphaerella dearnessii) ist primär eine Kiefernkrankheit. Entsprechend der Richtlinie 2000/29/ EG der EU ist diese Art ein Quarantäneorganismus. Der Erreger war ursprünglich im südlichen Nordamerika und im karibischen Raum beheimatet, wo die Krankheit auch am häufigsten auftritt. Als Wirtspflanzen kommen Kiefernarten infrage, von denen in Europa Latsche, Spirke, Weißkiefer, Schwarzkiefer und Aleppo-Kiefer (Pinus halepensis) als besonders anfällig gelten. Die Krankheit dürfte sich über größere Distanzen durch infiziertes Pflanzgut verbreiten, mit einiger Wahrscheinlichkeit auch durch Sporen, die an Bekleidung oder Autoreifen haften. Über kurze Distanzen werden die Sporen von Regentropfen transportiert. Die wichtigsten Symptome sind eine schüttere Benadelung (Nadelbüschel an den Triebspitzen), Nadelbräune ganzer sowie halber Nadeln und braune, unscharf abgesetzte Querbänder ohne rötliche Farbtöne. Da sich eine chemische Bekämpfung bei diesem Pilz als wenig wirksam erwiesen hat, bleibt nur das Verbrennen befallener Bäume und Jungpflanzen an Ort und Stelle. Dies sollte zwischen Mai und Juni durchgeführt werden, da zu dieser Zeit mit den geringsten Mengen an Sporen zu rechnen ist. Nachdem ein sicherer Nachweis ohne Untersuchung im Labor nicht möglich ist, sind Verdachtsfälle dem BFW zu melden und Proben zur Identifikation einzuschicken. Derzeit ist die Lecanosticta-Nadelbräune in Österreich punktuell in fünf Bundesländern besonders im städtischen Gebieten, aber auch in einem Waldbestand verbreitet. In der Pflanzenproduktion ist erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber den beschriebenen Symptomen gefordert. Befallenes Pflanzgut muss rechtzeitig vor dem Verkauf aussortiert und entsorgt werden, um einer weiteren Verbreitung entgegen zu wirken. Eschentriebsterben Das seit einigen Jahren auch in Österreich grassierende Eschentriebsterben (Erreger Hymenoscyphus B F W BFW-Praxisinformation Nr. 29 - 2012 abbildung 2: von Verticillium befallene ahornkultur (oberösterreich 2011) pseudoalbidus) kann auch durch infiziertes Pflanzgut verbreitet werden. Anders als bislang vermutet, können auch in Infektionsstellen an Zweigen und Stämmchen von Eschenpflanzen bei hoher Luftfeuchtigkeit Fruchtkörper gebildet werden, deren Sporen den Erreger am neuen Standort etablieren können. Damit ist der Forstpflanzenproduktion beim Eschentriebsterben die Chance verwehrt, durch sorgfältiges Überprüfen von Symptomen befallsfreies Pflanzgut zu garantieren. Eine sichere Vermeidung der Verschleppung des Erregers in Regionen, die noch frei von Eschentriebsterben sind (einzelne Alpentäler), kann daher nur durch einen Pflanzstopp garantiert werden. Verticillium-Welken Zu den klassischen Krankheiten in Forstbaumschulen zählen VerticilliumWelken. Diese werden bei Gehölzen hauptsächlich von zwei Arten, Ver- ticillium dahliae und V. albo-atrum, verursacht. Insbesondere V. dahliae ist gefürchtet, da diese Art aufgrund ihrer robusten Dauerstrukturen (Sklerotien) Böden über mehrere Jahre verseuchen kann. Zu den empfindlichsten Bäumen gehören Ahornarten. Auch in Österreich werden jährlich mehrere Fälle von Verticillium-Welke in Aufforstungen registriert. Als Maßnahme haben sich nur Bodentausch im Pflanzgarten und der Ersatz der absterbenden Bäume durch Verticillium-unempfindliche Baumarten bewährt. In jüngster Zeit sind mehrere Verfahren zum Nachweis der Durchseuchung von Böden entwickelt worden, wobei auch eine quantitative Analyse möglich ist. Dr. Thomas Cech, Institut für Waldschutz, Bundesforschungszentrum für Wald, Seckendorff-Gudent-Weg 8, 1131 Wien, E-Mail: [email protected]; Dr. Heino Konrad, Institut für Waldgenetik, Bundesforschungszentrum für Wald, Hauptstraße 7, 1140 Wien 27 Der Saatgutbaum B F W