Das Klima und dessen Entwicklung in der Ostseeregion

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Das Klima und dessen Entwicklung in der Ostseeregion
Geographisches Institut der Universität Kiel
Sommersemester 2004
Mittelseminar: Die Ostseeregion im Wandel
Leitung: PD Dr. Gerald Schernewski
'DV.OLPDXQGGHVVHQ(QWZLFNOXQJLQGHU2VWVHHUHJLRQ
Julia Wiedekamp
Adresse: Mangoldtstr. 20, 24106 Kiel, [email protected]
Die Ostsee liegt im Bereich der nordhemisphärischen Westwindzone. Diese ist
gekennzeichnet durch Hoch- und Tiefdruckgebiete, die meist vom Atlantik kommen. Wechselhafte Winde,
Niederschläge zu allen Jahreszeiten, gemäßigte Jahres- und Tagesgänge der Temperatur charakterisieren
dieses Klima. Allerdings nehmen der maritime Einfluss von Westen nach Osten hin ab, der Einfluss des
Kontinents zu. (Kaufeld, Bauer & Dittmer 1997). Die geographische Lage und das Relief der Ostseeländer
bedingen den Übergang von einem maritimen zu einem kontinentalen Klima innerhalb der Ostseeregion. Die
ganzjährig gegenwärtige Polarfront im Ostseeraum mit den sie ständig begleitenden Tiefdruckstörungen hat
einen entscheidenden Einfluss auf das Klima dieses Raumes.
(LQOHLWXQJ
Nach W. Köppen (1928) versteht man unter dem Begriff „Klima“ den langzeitlich mittleren Zustand
und den gewöhnlich stattfindenden Verlauf der Witterung an einem gegebenen Ort oder in einem
gegebenen Bereich (Newig & Theede 1985).
Im Folgenden wird nun das Klima der Ostseeregion (Ostsee und angrenzende Länder) und dessen
Entwicklung näher erläutert. Hierbei ist besonders zu beachten, dass die Ostseeregion nicht einem
einheitlichen Klimabereich zugeordnet werden kann. Die Klimafaktoren Luftdruck und Wind,
Temperaturen, Niederschläge, Sonnenschein und Bewölkung, sowie die Eisverhältnisse in der Ostsee
werden getrennt voneinander betrachtet. Zudem wird auf die Klimaschwankungen, die im
Ostseebereich seit der letzte Eiszeit stattgefunden haben eingegangen werden.
'DV.OLPDGHU2VWVHHUHJLRQ
Die Lage der Ostsee, sowie das sie umgebende Relief sind klimatisch von großer Bedeutung. In der
freien Atmosphäre wird die Ostsee ganzjährig von mittleren westlichen Winden überweht (im Winter
aus WNW, im Frühling und Herbst aus W, im Sommer aus WSW). Vom Atlantik her werden durch
diese atmosphärische Westwinddrift relativ feuchte und gemäßigt warme Luftmassen weit in den
Ostseebereich hinein verfrachtet, wodurch die südwestliche, südliche und zentrale Ostsee wegen der
flachen Landumgebung ganzjährig von ihnen beeinflusst werden. Innerhalb von Tiefdruckstörungen
begleitenden Fronten regnet die Feuchte in diesen Gebieten aus.
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.OLPDW\SHQGHU2VWVHHUHJLRQQDFK.|SSHQ
Gemäß der (LQWHLOXQJ GHU .OLPDDUWHQ QDFK .|SSHQ teilt sich die Ostseeregion in zwei
unterschiedliche Klimazonen auf: R]HDQLVFKJHPl‰LJWHV und NRQWLQHQWDOJHPl‰LJWHV.OLPD.
$EE Die Grenze zwischen Cf- und Df-Klima im Ostseeraum (Quelle: Newig & Theede 1985)
Dänemark, das Skagerrak und Kattegat, die südwestliche Ostsee und der Großteil der zentralen Ostsee,
sowie ganz Südschweden werden daher von einem feuchten Untertypus des C-Klimas, nämlich dem
Cf-Klima beherrscht, welches ein überwiegendes Meeresklima ist.
Das & .OLPD hat folgende ZLFKWLJH(LJHQKHLWHQ:
Regen zu allen Jahreszeiten; Maximum im August/September, Minimum im Februar/März.
Gemäßigt warme Temperatur (kältester Monat zwischen –3 und +1,8°C, wärmster Monat über
10°C jedoch stets <22°C).
Kühle Sommer (Monatsmitteltemperatur zwischen 10 und 22°C), „Buchenklima“ nach Köppen.
Übergang von einem reinen Meeres- zu einem reinen Landklima.
Tägliche Temperaturschwankung nimmt vom Meer auf das Festland zu.
Jährliche Temperaturschwankung beträgt etwa 8 bis 15°C; Maximum im August, Minimum im
Januar/Februar/März.
Hoher Bewölkungsgrad (6/10 bis 8/10 in allen Monaten), geringe Jahresschwankung.
Hohe relative Luftfeuchte (meist >60%); Maximum im Herbst/Winter, Minimum im Mai/Juni.
Winde zeigen ein starkes Überwiegen im Sektor von NW über W bis SW mit höheren
Geschwindigkeiten; Winde aus dem Sektor N bis O sind seltener und auch schwächer.
Je weiter man im Ostseeraum nach Norden, Nordosten und Osten fortschreitet, desto mehr macht sich
der Festlandeinfluss bemerkbar. In Mittel- und Nordschweden, in Finnland, im Bereich der Baltischen
Länder und in großen Teilen des europäischen Rußlands sowie in der Bottenwiek und Bottensee, im
Golf von Finnland und der Rigabucht und im nördlichen Teil der zentralen Ostsee setzt sich der
Einfluss einer wesentlich anderen Klimaart durch, nämlich des feucht-winterkalten Df-Klimas,
welches wiederum ein feuchter Klimatypus der Hauptklimaart D ist.
Das ' .OLPD hat folgende ZLFKWLJH(LJHQKHLWHQ:
Ausreichend Niederschlag (Regen oder Schnee) zu allen Jahreszeiten; Maximum im
August/September, Minimum im März.
Winterkalte Temperatur (kältester Monat <-3°C), Meeresteile vereisen in jedem Jahr.
Im Westen kühle Sommer, im Osten gegen das Festland hin zunehmend heißere Sommer
(wärmster Monat stets >10°C, landeinwärts viel höher >17°C).
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Meeresklima-Einfluss tritt zurück, stärkerer Einfluss des Landklimas.
Tägliche Temperaturschwankung nimmt gegen das Festland hin zu.
Jährliche Temperaturschwankung nimmt gegen Osten stark zu. (Newig & Theede 1985)
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Luftdruck und Wind über der Ostsee weisen charakteristische Jahresgänge auf. Im Jahresverlauf ist
das mittlere /XIWGUXFNfeld der Ostsee größeren Schwankungen unterworfen. Während des Winters
besteht zwischen dem Island-Tief und dem Alpenraum ein starkes Luftdruckgefälle. Während des
Frühjahres wird der hohe Druck im Süden abgebaut, während gleichzeitig der Luftdruck im Norden
ansteigt, wodurch sich die Druckgegensätze abschwächen, sodass, vor allem im April, nur schwache
Gegensätze existieren. Anschließend steigt der Luftdruck kontinuierlich an bis er sein Maximum
zwischen Mitte und Ende Mai erreicht. Im Sommer bestehen im Norden oft geringe
Luftdruckdifferenzen, im Westen und Süden beeinflussen stärkere Luftdruckgegensätze das
Wettergeschehen. Zum Herbstbeginn verstärkt sich dann durch steigenden Luftdruck im Süden
wiederum das Gefälle, und im Oktober beginnt der unruhige winterliche Typ des Luftdruckfeldes
wieder sich durchzusetzen.
$EE Sechs typische Pentadenkarten von Trenkle (1962), Bodenluftdruckverteilung über Mittel- und
Nordeuropa. (Quelle: Newig & Theede 1985)
Über der Ostsee treten alle :LQGrichtungen auf, wobei Südwest- und Westwinde überwiegen (25%).
Die niedrigsten mittleren Windgeschwindigkeiten werden im Mai und Juni mit 4-5 m/s und die
höchsten im Dezember mit 7-9 m/s gemessen. Im Allgemeinen besteht über der offenen Ostsee,
besonders wegen der geringeren Reibung, ein um 1-2 Windstärken (Beaufort) stärkerer Wind als über
dem Binnenland. In der westlichen und südlichen Ostsee treten bei Ost- und Nordostwinden und in
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der zentrale Ostsee bei Südwestwinden häufig markante Verstärkungen des mittleren Windes auf. Der
Südostteil ist der windschwächste Raum. Im Nordteil treten vor allem im Winter häufig östliche
Winde auf.
An den Luv-Küsten treten durch das Bodenrelief verstärkte Winde auf. Dies geschieht vor allem dann,
wenn es sich um Steilküsten wie Nordrügen und Bornholm oder topographische Meerengen wie den
Fehmarnbelt handelt.
Durch die häufig eintretende und länger anhaltende monsunale Westwindwetterlage ist der Juli der
windstärkste Sommermonat. Der durchschnittlich stärkste Wind in der südlichen Ostsee herrscht im
Dezember, während im Januar am häufigsten Orkane auftreten. Der Wind ist gekennzeichnet durch
einen raschen Wechsel von Richtung und Stärke. Die sehr schnelle Drehung von Südwest auf
Nordwest und sehr kräftige Böigkeitszunahme beim Durchzug der Kaltfront eines mit seinem Kern
nördlich vorbeiziehenden Sturms oder Orkans gehört mit zu den gefährlichsten Wettererscheinungen
der Ostsee. (Rheinheimer 1995)
/XIWXQG:DVVHUWHPSHUDWXUHQ
Typisch für das Klima Nordwesteuropas ist eine ausgeprägte Maritimität, die sich in einer geringen
Amplitude zwischen mittlerer Temperatur des kältesten und wärmsten Monats widerspiegelt (z.B.
Amplitude von Westnorwegen und -dänemark: 10-15°C). Geringere aber immer noch deutliche
Maritimität besteht an den Ostseeküsten Schwedens und Finnlands (16-20°C). Die Skanden bilden
jedoch eine wirkungsvolle Barriere, die den maritimen Einfluss vom Nordatlantik her einschränkt,
wodurch es eine beachtliche Kontinentalität in Ostnorwegen und im nördlichen und mittleren
Schweden im Lee des Gebirges gibt. Wo das Gebirge jedoch niedrig ist oder breite Passagen aufweist,
dringt die maritime Witterung weiter nach Osten durch. Dadurch hat beispielsweise Östersund eine
Amplitude von nur 22°C im Vergleich zu 25°C auf der gleichen Breite nahe der Ostküste Schwedens
und Finnlands.
$EE Lufttemperaturen im Ostseeraum während (a) Januar und (b) Juli. (Quelle: John 1984)
Der jährliche Gang der langzeitlich gemittelten :DVVHUWHPSHUDWXU weist ähnliche Züge wie jener der
Lufttemperatur knapp über dem Wasser (ca. 6-10 m) auf. In der südwestlichen und zentralen Ostsee
bleibt die mittlere Differenz zwischen der Luft- und Wassertemperatur relativ klein. Im nördlicher und
östlicher gelegenen Bereich sind die Differenzbeträge jedoch wesentlich größer. Von Ende August
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über den Winter hinweg bis Mitte März liegt die Temperatur des Wassers über der der Luft, während
im Frühling und Frühsommer die Lufttemperatur höher als die Wassertemperatur ist. Die
Wärmespeicherfähigkeit des Wassers hat zur Folge, dass der Jahresverlauf der Temperatur nicht
symmetrisch ist. Die Herbsttemperaturen sind in der gesamten Ostseeregion höher als die während des
Frühjahres. (Newig & Theede 1985)
$EE Die Kontinentalität des Klimas in den Nordischen Ländern. Die Isolinien zeigen die Amplitude
zwischen der durchschnittlichen Temperatur der kältesten und wärmsten Monate. Die Diagramme ausgewählter
Klimastationen veranschaulichen den Jahresgang der mittleren monatlichen Minima und Maxima. – Die auffällig
kleine Amplitude an der Westküste Norwegens, die die Maritimität und den allmählichen Anstieg der
Kontinentalität gegen Osten hin kennzeichnet, ist typisch für das Klima der Nordischen Länder. (Quelle:
Sömme 1961)
1LHGHUVFKOlJH
Die 9HUWHLOXQJ XQG 0HQJH GHU 1LHGHUVFKOlJH sind eng mit der atmosphärischen Zirkulation
verknüpft. Als Folge der vorherrschenden westlichen und südwestlichen Winde fallen in den
westlichen Teilen der Nordischen Länder mehr Niederschläge als in den östlichen. Bedingt durch die
erhöhte Zyklonalität im Winter, fallen in den westlichen Gebieten die Niederschläge hauptsächlich
während dieser Jahreszeit.
Generell wird die Niederschlagsmenge bestimmt von der Höhe über und dem Abstand zum Meer. In
Dänemark und Finnland liegt der jährliche Niederschlag bei 500-1000 mm, wobei es in ganz
Dänemark und Finnland nur geringe lokal bedingte Unterschiede gibt. In Schweden gibt es im
nördlichen Norrland und im Südosten nahe der Ostseeküste ausgesprochene Trockengebiete mit nur
300-400 mm Niederschlag im Jahr. Auf der Insel Öland herrscht bei den geringen
Jahresniederschlägen und der vergleichsweise hohen Verdunstung von 400 mm sogar ein semiarides
Klima. (Sömme 1961)
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Insgesamt beträgt der mittlere Jährliche Niederschlag 400-800 mm. Während der oft noch kalten und
stabilen Großwetterlagen in Februar und März treten die geringsten Niederschläge auf, im Juli
hingegen zeichnet sich das Niederschlagsmaximum ab. Die Ursache hierfür liegt in der regenreichen,
monsunartigen Westströmung, die sich häufig von Mitte bis Ende Juli besonders über der südlichen
Ostsee einstellt. Dies spiegelt sich auch deutlich in der Regenwahrscheinlichkeit wider, die Mitte Juli
bei etwa 70% liegt bei einer gleichzeitig dementsprechend niedrigen Tagessonnenscheindauer von nur
ca. 5 Stunden. Durch die eigenständigen Niederschlagsprozesse der Ostsee, sind die
Niederschlagsmengen im Allgemeinen im Spätsommer bis Frühwinter an der Küste und im Hinterland
stärker als über dem Binnenland. Durch die starke Eiszeitliche Gliederung der Küste, treten hier und
auf den Inseln, vorwiegend bedingt durch Staueffekte an Steilküsten, häufig stärkere Niederschläge
auf als über der reibungsarmen freien Ostsee.
Während des Winterhalbjahres gehen die Niederschläge, in Abhängigkeit von der geographischen
Breite und somit auch von der Temperatur der Kaltluftmasse und dem Vereisungszustand der Ostsee,
von der flüssigen in die feste Phase über. (Rheinheimer 1995)
$EE Jährliche Niederschläge in mm 1931-60 (Quelle: Varjo & Tietze 1987)
6RQQHQVFKHLQXQG%HZ|ONXQJ
Die 6RQQHQVFKHLQGDXHU steht in ziemlich umgekehrtem Verhältnis zur Niederschlagshöhe. Das
Maximum mit 2100 Sonnenstunde jährlich liegt in Südostnorwegen, entlang der Küste Norrlands, in
Nordfinnland und Südostschweden einschließlich der Inseln Gotland und Öland. Die Minimalwerte
findet man entlang der regenreichen Küstenstriche von Tröndelag in Norwegen und an den
Südwesthängen der Südschwedischen Hochlande mit nur etwa 1500 Sonnenstunden pro Jahr.
(Sömme 1961)
Die %HZ|ONXQJ wechselt über der Ostsee in Form und Bedeckung in allen Monaten erheblich. In der
südlichen und westlichen Ostsee beträgt die mittlere Bewölkung durchweg 6/8, im Sommer 4-5/8 der
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Himmelsbedeckung, nur im wolkenarmen Mai/Juni sind es nur 3-4/8. landeinwärts nimmt die
Bewölkung in allen Monaten um mindestens 1/8 zu. Das Maximum an trüben Tagen (über 6/8
Bewölkung) liegt mit etwa 20 Tagen im Monat im Dezember, das Minimum liegt mit 7-10 tagen im
Monat im Juni. Die heiteren Tage (weniger als 2/8 Bewölkung) haben das Maximum im mai (5-9
Tage) und das Minimum im Dezember (1-2 Tage). In der mittleren und östlichen Ostsee sind die
Bewölkungsverhältnisse wenig unterschiedlich. Im Bottnischen Meerbusen liegt die mittlere
Bewölkung fast einheitlich bei 4/8 der der Himmelsbedeckung, im Juli nur 3/8. Wolkenreichste Zeit
ist hier der Spätherbst und Frühwinter, Juni und Juli sind die wolkenärmste zeit. (Newig & Theede
1985)
(LVYHUKlOWQLVVHLQGHU2VWVHH
Die Eisbildung an den Küsten der Nordischen Länder ist von großer geographischer Bedeutung. Durch
die geringeren Salzgehalte bildet sich in der Ostsee und besonders im Bottnischen Meerbusen in jedem
Winter Eis. Gewöhnlich beginnt das Eis sich ab November in den nördlichsten Häfen zu bilden. In
Helsinki und Stockholm setzt die Vereisung normalerweise etwa zum Jahreswechsel ein, während sie
in den südlichsten schwedischen und den dänischen Häfen nicht vor Anfang Februar beginnt. Dort
dauert die Vereisung auch lediglich ungefähr einen Monat. Durchschnittlich vollzieht sich der
Eisrückgang in etwa 80 Tagen, sodass die nördlichsten Häfen Finnlands und Schwedens bis Ende Mai
wieder eisfrei sind. Obwohl das Oberflächenwasser einen bis sechs Monate gefroren bleibt, ist die
Periode, in denen die Häfen geschlossen bleiben müssen, durch den Gebrauch von Eisbrechern
wesentlich kürzer.
Es muss jedoch betont werden, dass einzelne Winter von diesen Durchschnittswerten stark abweichen
können. In einem besonders strengen Winter kann die Eisbildung bereits einen Monat früher
einsetzen, während sie in einem besonders milden Winter auch zwei oder drei Monate später beginnen
kann. Natürlich sind die Temperaturverhältnisse der wichtigste Faktor der Eisbildung, für die
Schifffahrt jedoch kann die Verteilung des Eises durch die Winde besonders zum Ende des Winters
hin von noch größerer Bedeutung sein. Während südwestliche Winde für die schwedischen Häfen
vorteilhaft sind, weil sie das Eis von der schwedischen Küste weg treiben, sind sie für die finnischen
Häfen ungünstig, weil sie das Eis auf die finnische Küste zu treiben. Nordöstliche Winde haben
demnach den umgekehrten Effekt. (Sömme 1961)
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$EE Durchschnittliche Vereisung der Ostsee zu verschiedenen Zeitpunkten im Winter. (Quelle: Sömme
1961)
.OLPDVFKZDQNXQJHQLP2VWVHHEHUHLFK
Das Klima der Ostseeregion war auch nach dem Ende der letzten Vereisung nicht konstant. Die dem
postglazialen Wärmeoptimum (rund 4000-2000 v.Chr.) folgende Klimaverschlechterung (im Sinne
von Temperaturabfall) erreichte um 600 v.Chr. einen Höhepunkt. Die Firnlinie senkte sich und die
Gletscher dehnten sich aus, wobei sie stellenweise ihre maximale Ausdehnung erreichten. Dieses
Klima besteht heute noch, auch wenn es zwischenzeitlich einige Verbesserungen im Sinne von
Temperaturzunahme) wie beispielsweise während der Römerzeit (ca. 0-400 v.Chr.) gab.
Zwischen der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und um etwa 1900 erreichten die meisten Gletscher
noch einmal zumindest dieselbe Ausdehnung wie um 600 v.Chr.. Seither sind die Gletscher jedoch
durch den mit zunehmender geographischer Breite sich erhöhenden Temperaturanstieg einer
Klimaschwankung erheblich zurückgegangen.
Diese Tendenz zeigt sich in den Temperaturaufzeichnungen der letzten Jahrzehnte und bestätigt sich in
einer allgemeinen Zunahme der Wintertemperaturen, hauptsächlich als Ergebnis der Abnahme der
Anzahl an sehr kalten Wintern. In Oslo, Stockholm und Helsinki hat die durchschnittliche
Januartemperatur zwischen 1850 und 1940 um 1°C, 2°C bzw. 3°C zugenommen.
Die gleichzeitigen Veränderungen in den Sommertemperaturen sind komplizierter. Seit der Mitte des
19. Jahrhunderts bis etwa 1915 wurden die Sommer insgesamt kälter. Dies impliziert, wenn man die
Erhöhung der Wintertemperaturen mit in Betracht zieht, eine erhöhte Maritimität des Klimas in
diesem Teil der Erde. Während der folgenden zwei oder drei Jahrzehnte stiegen die
Sommertemperaturen wieder, was wiederum eine Erhöhung der Kontinentalität des Klimas impliziert.
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Die Erwärmung der Sommer und der Winter wirkte sich in den nördlichen Landesteilen stärker aus als
in den südlichen.
Während kaum ein Zweifel besteht, dass bis etwa 1940 eine deutliche Klima-„Verbesserung“
stattgefunden hat, sind die Bedingungen danach zweifelhafter. Es gibt viele Anzeichen, dass die
Erwärmungszeit für die Skandinavische Halbinsel, Dänemark und Finnland vorbei ist. In Stockholm
waren die Wintertemperaturen seit 1940 wesentlich niedriger als in vorhergehenden Jahrzehnten.
Auch wenn man die extremen Winter von 1940-42 außer acht lässt, ergeben die zehnjährigen Mittel
der letzten Jahre Werte, die beträchtlich niedriger liegen als die der 20er und 30er Jahre. Für die
Sommertemperaturen gilt besonders in den höheren Breiten das gleiche. Die Zeitspanne seit 1940 ist
jedoch zu gering, um eine bindende Schlussfolgerung ob die Abnahme der Temperaturen ein
temporäres Phänomen oder eine nachhaltige Klimaveränderung ist zuzulassen.
Die Schwankungen hinsichtlich des Niederschlages sind weniger deutlich. Zwar ließen sich örtliche
Zu- und Abnahmen beobachten, eine bestimmte Tendenz ließ sich in den vergangenen Jahren jedoch
nicht feststellen.
Es ist gerechtfertigt, diese Veränderungen im Hinblick auf die allgemeine Zirkulation über dem
Nordatlantik und Nordwesteuropa zusammenzufassen. Demnach scheint sich in der Zeitspanne
zwischen etwa 1850 und etwa 1915 das Westwindsystem stärker durchgesetzt zu haben. Es herrschte
also die meridionale Druckverteilung vor und brachte sowohl im Sommer als auch im Winter häufiger
Südwinde, wodurch sich der Temperaturanstieg in beiden Jahreszeiten erklären lässt. Das
Vorherrschen der meridionalen Zirkulation blieb zwar auch nach 1940 bestehen, jedoch gab es im
Winter mehr Nord- und Nordostwinde und im Sommer mehr Nordwestwinde und wo durch für beide
Jahreszeiten wiederum ein Temperaturrückgang stattfand. (Sömme 1961)
/LWHUDWXU
John, B. S. (1984): Scandinavia. A New Geography. Longman, London/New York.
Kaufeld, L., Bauer, M. & Dittmer, K. (1997): Wetter der Nord- und Ostsee. Delius Klasing, Bielefeld.
Newig, J. & Theede, H. (Hrsg.) (1985): Die Ostsee: Natur und Kulturraum. Husum Druck- und
Verlagsgesellschaft mbH u. Co. KG, Husum.
Rheinheimer, G. (Hrsg.) (1996): Meereskunde der Ostsee. 2. Aufl. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg.
Sömme, A. (Hrsg.) (1961): A Geography of Norden. Denmark – Finland – Iceland – Norway –
Sweden. J. W. Cappelens Forlag, Oslo.
Varjo, U. & Tietze, W. (Hrsg.) (1987): Norden – Man and Environment. Gebrüder Borntraeger Berlin/
Stuttgart.
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