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Ariane Husemann
Michael Graves
Gelbe Säulen flankieren den Eingang des
mächtigen Ziegelbaus in Rot und Blau. Auf den
ersten Blick wirkt die Laurell Hall auf dem
Campus der Universität von Newark nicht wie
ein Studentenwohnheim. Umgeben von leer
stehenden und zerfallenen Häusern, strahlt das
Gebäude Wärme aus, ohne durch seine Farbigkeit aufdringlich zu wirken.
Michael Graves, der Architekt des Gebäudes,
wohnt in Princeton, New Jersey, etwa auf halber Strecke zwischen New York und Philadelphia. Hier hat er an der bekannten Eliteuniversität fast vierzig Jahre lang gelehrt und seit
vielen Jahren auch sein Architekturbüro.
Ich mache mich auf den Weg nach Princeton,
um das Büro kennen zu lernen. Die Firma Michael Graves & Associates liegt an der Nassau
sind. Die Mitarbeiter grüßen leise. Das Haus
ist durchzogen von einer freundlichen, fast
schon familiären Atmosphäre. An den Wänden
hängen gerahmte Pläne von früheren Projekten; Ansichten, Schnitte, Perspektiven auf gelbem Papier, alle von Hand ausgearbeitet und
sorgfältig mit Buntstiften angelegt.
Bei einem Rundgang durch das Büro erschließt
sich das Haus nicht gleich. Schmale Gänge,
immer wieder einige Stufen, kleine Räume alles wirkt verschachtelt. Das Gebäude besteht
aus zwei Teilen, einem ehemaligen Wohnhaus
mit kleinem Ladengeschäft und daran angebautem Warenlager. Es stammt aus den Anfängen des letzten Jahrhunderts, wurde später umgebaut und beherbergt seit nunmehr
zwanzig Jahren das Büro von Michael Graves.
Michael Craves, geb. 1934, Architekturstudium an der Universität Cincinnati und in Harvard, Cambridge.
1960-61 war er an der American
Academy in Rom. 1962-2001 Professor an der Universität Princeton.
1972 Mitglied der New York Five. Zu
seinen bedeutendsten Bauten gehören das Snydermann House, Fort
Wayne, Indiana; das Humana Building in Louisville, Kentucky; das Walt
Disney World Swan Hotel und World
Dolphin Hotel in Orlando, Florida.
Street, in einer Wohngegend mit frei stehenden, liebevoll gestalteten Holzhäusern - das
Ideal einer beschaulichen, heilen Welt an der
amerikanischen Ostküste.
Das Taxi hält auf dem Parkplatz hinter dem
Haus. Bäume, Sträucher und Blumenkübel rahmen den Eingang des Wohnhauses. Das Entree
ist dezent und bescheiden - Eigenschaften, die
auch Michael Graves nachgesagt werden. Im
Sekretariat kommen mir zwei Hunde entgegengelaufen, die ihre Freude über den Gast bekunden. Das Büro ist anders als die typischen
New Yorker Architekturbüros mit ihren hohen
Räumen und Designer-Möbeln. Im knapp bemessenen Eingangsbereich gibt es einen offenen Kamin. Links und rechts stehen zwei Sessel, die allerdings den Hunden vorbehalten
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I Bauwelt 24
2003
Eine schmale Holztreppe führt ins Obergeschoss. Bereits auf halber Höhe, im Zwischengeschoss, befindet sich ein kleiner Arbeitsraum, in dem sechs Personen an ihren Computern arbeiten. Auch hier hängen dicht an
dicht Pläne - zum Teil gerahmt, zum Teil als
Skizzen für neue Entwürfe. Ich stoße zu weiteren Räumen vor. Sie sind zum Teil so schmal,
dass sie einer Person kaum genügend Platz
bieten. Über fünfzig Mitarbeiter gibt es in diesem Büro. Niemand scheint sich an der Platznot stören. Dennoch ist man froh, dass einige
bald in ein anderes Haus umziehen werden,
das vor kurzem an der Nassau Street angernietet wurde. Die Auftragslage ist blendend.
Das Büro Michael Graves & Associates ist in
vier Arbeitsgruppen untergliedert, die man
hier Studios nennt. Sie bearbeiten unterschiedliche Projekte. Die Leitung hat jeweils einer
der Partner. Die Entwürfe stammen durchweg
von Graves selbst und werden anschließend
gemeinsam mit seinen Partnern ausgearbeitet
und umgesetzt. Sie reichen von temporären
Verkleidungen, zum Beispiel für das Washington Monument, bis hin zu Bibliotheken und
Theaterbauten. Eines der laufenden Projekte
ist das neue amerikanische Botschaftsgebäude in Seoul. Es wird streng geheim im obersten Geschoss des Büros entworfen, direkt unter dem Dach. Die Bauplätze der diversen prestigeträchtigen Projekte sind über die ganze
Welt verteilt, doch das Büro liegt - bis auf die
Zweigstelle in New York - im überschaubaren
Princeton. Die beengten Verhältnisse des Büros bedingen ein ständiges Miteinander, Hierarchien scheint es kaum zu geben. Schon allein
aufgrund der beschränkten Platzverhältnisse
bekommen nur wenige junge Architekten und
Designer die Möglichkeit, ein Praktikum zu
absolvieren oder an Projekten mitzuarbeiten.
Das Interesse daran soll sehr groß sein.
Michael Graves' bescheidenes Arbeitszimmer
ist ein schmaler, aber lichtdurchfluteter Raum
im hinteren Trakt des Hauses. Statt eines Computers gibt es eine Zeichenschiene auf dem
Schreibtisch - Entwerfen mit Stift und Lineal.
Eine Sammlung von CD's ist für den Musikliebhaber Graves genauso wichtig wie die angrenzende Bibliothek - ein vergleichsweise großzügig bemessener Raum mit Kamin und einem
runden alten Holztisch mit Stühlen. Hier kann
der Architekt an den wenigen Tagen der Woche, die er im Büro ist, entspannen oder Besucher empfangen. Im Treppenbereich vor dem
Arbeitszimmer werden Modelle früherer Projekte auf Säulen präsentiert. Sie wurden in der
sehr gut ausgestatteten hauseigenen Werkstatt
gefertigt, die im Keller des Hauses liegt. Hier
Werden auch die Entwürfe von Graves' Designprodukten als Prototypen hergestellt.
Auf der anderen Seite der Nassau Street befindet sich das Design-Studio von Michael Graves. Auch hier die gleiche Enge wie im Architekturbüro vis-a-vis. Wieder fallen die schmalen Treppen und die niedrigen Decken auf. Das
Besprechungszimmer, das auch für die Mittagspause der Angestellten dient, gleicht einem Ausstellungsraum.
Im westlichen Flügel des Hauses ist der kleine
"Graves Design Store" untergebracht, der drei-
mal in der Woche geöffnet hat. Er ist kaum
breit genug, um sich darin umdrehen zu können. Präsentiert werden die neusten Designprodukte im "Graves' unmistakable style".
Seit vier Jahren sind auch bei der großen, 1962
in Roseville, Minnesota, gegründeten Ladenkette "Target" zahlreiche Artikel erhältlich, die
Michael Graves speziell für den Store entworfen hat. Seit kurzem sind auch zwei Pavillons
im Angebot. Auf diese Weise kann jeder, der
möchte, in einem "kleinen Haus" von Michael
Graves wohnen. Auch für Alessi entstanden
zahlreiche Objekte. Sie reichen von sehr teuren Produkten bis hin zu Alltagsgegenständen
zu relativ moderaten Preisen. Sein wohl bekanntestes Objekt, der Wasserkessel mit dem
kleinen rötlich-brauen Kunststoff-Vogel, hat
sich seit 1985 weltweit über zwei Millionen
Mal verkauft. Das Teeservice aus Sterling-Silber zum Preis von 25.000 Dollar hingegen ist
nur für wenige erschwinglich. Doch ist es gewiss eine der interessantesten Arbeiten; eine
Ausführung davon befindet sich in der Bibliothek. Ich bin überrascht über die vielen mir bekannten Produkte, die ich nicht mit Michael
Graves in Verbindung gebracht hätte. Auffällig
sind auch die Mickey-Mouse-Objekte, die der
Architekt neben den Hotels für Disney World
entworfen hat.
Einigen seiner Kollegen ist die Sprache von
Michael Graves zu kindlich und zu direkt.
Wenn auch die großen, verspielten Gebäude
nicht den Geschmack aller treffen, so begeistern zumindest die kleineren Designgegenstände. Graves bleibt seiner Architektur treu,
auch wenn seine Kritiker ihn als überholt bezeichnen. Er wurde vor drei Jahren mit der begehrten Goldmedaille des American Institute
of Architects (AIA) ausgezeichnet, zu deren
früheren Trägern Frank Lloyd Wright, Le Corbusier und Frank O. Gehry zählen.
Graves bezeichnet sich als "General Practitioner" und schätzt den Reiz der Gegensätzlichkeit seiner beiden Arbeitsbereiche. Einerseits
die Architektur als ein Produkt, das nur langsam wächst, dafür aber von Dauer ist, andererseits die überschaubaren und erschwinglichen
Designgegenstände, deren Aktualität einer
schnelllebigen Mode unterworfen ist. Beides,
Architektur wie Design-Produkte, entsteht im
unkomplizierten Miteinander, in einer angenehmen Arbeitsatmosphäre, die auch der Besucher der Büros spürt.
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Ariane Husemann
Michael Graves
Gelbe Säulen flankieren den Eingang des
mächtigen Ziegelbaus in Rot und Blau. Auf den
ersten Blick wirkt die Laurell Hall auf dem
Campus der Universität von Newark nicht wie
ein Studentenwohnheim. Umgeben von leer
stehenden und zerfallenen Häusern, strahlt das
Gebäude Wärme aus, ohne durch seine Farbigkeit aufdringlich zu wirken.
Michael Graves, der Architekt des Gebäudes,
wohnt in Princeton, New Jersey, etwa auf halber Strecke zwischen New York und Philadelphia. Hier hat er an der bekannten Eliteuniversität fast vierzig Jahre lang gelehrt und seit
vielen Jahren auch sein Architekturbüro.
Ich mache mich auf den Weg nach Princeton,
um das Büro kennen zu lernen. Die Firma Michael Graves & Associates liegt an der Nassau
sind. Die Mitarbeiter grüßen leise. Das Haus
ist durchzogen von einer freundlichen, fast
schon familiären Atmosphäre. An den Wänden
hängen gerahmte Pläne von früheren Projekten; Ansichten, Schnitte, Perspektiven auf gelbem Papier, alle von Hand ausgearbeitet und
sorgfältig mit Buntstiften angelegt.
Bei einem Rundgang durch das Büro erschließt
sich das Haus nicht gleich. Schmale Gänge,
immer wieder einige Stufen, kleine Räume alles wirkt verschachtelt. Das Gebäude besteht
aus zwei Teilen, einem ehemaligen Wohnhaus
mit kleinem Ladengeschäft und daran angebautem Warenlager. Es stammt aus den Anfängen des letzten Jahrhunderts, wurde später umgebaut und beherbergt seit nunmehr
zwanzig Jahren das Büro von Michael Graves.
Michael Graves, geb. 1934, Architek·
turstudium an der Universität Cincinnati und in Harvard, Cambridge.
1960-61 war er an der American
Academy in Rom. 1962-2001 Profes·
sor an der Universität Princeton.
1972 Mitglied der New York Five. Zu
seinen bedeutendsten Bauten ge·
hören das Snydermann House, Fort
Wayne, Indiana; das Humana Buil·
ding in Louisville, Kentucky; das Walt
Disney World Swan Hotel und World
Dolphin Hotel in Orlando, Florida.
Street, in einer Wohngegend mit frei stehenden, liebevoll gestalteten Holzhäusern - das
Ideal einer beschaulichen, heilen Welt an der
amerikanischen Ostküste.
Das Taxi hält auf dem Parkplatz hinter dem
Haus. Bäume, Sträucher und Blumenkübel rahmen den Eingang des Wohnhauses. Das Entree
ist dezent und bescheiden - Eigenschaften, die
auch Michael Graves nachgesagt werden. Im
Sekretariat kommen mir zwei Hunde entgegengelaufen, die ihre Freude über den Gast bekunden. Das Büro ist anders als die typischen
New Yorker Architekturbüros mit ihren hohen
Räumen und Designer-Möbeln. Im knapp bemessenen Eingangsbereich gibt es einen offenen Kamin. Links und rechts stehen zwei Sessel, die allerdings den Hunden vorbehalten
Eine schmale Holztreppe führt ins Obergeschoss. Bereits auf halber Höhe, im Zwischengeschoss, befindet sich ein kleiner Arbeitsraum, in dem sechs Personen an ihren Computern arbeiten. Auch hier hängen dicht an
dicht Pläne - zum Teil gerahmt, zum Teil als
Skizzen für neue Entwürfe. Ich stoße zu weiteren Räumen vor. Sie sind zum Teil so schmal,
dass sie einer Person kaum genügend Platz
bieten. Über fünfzig Mitarbeiter gibt es in diesem Büro. Niemand scheint sich an der Platznot stören. Dennoch ist man froh, dass einige
bald in ein anderes Haus umziehen werden,
das vor kurzem an der Nassau Street angemietet wurde. Die Auftragslage ist blendend.
Das Büro Michael Graves & Associates ist in
vier Arbeitsgruppen untergliedert, die man
llier Studios nennt. Sie bearbeiten unterschiedliche Projekte. Die Leitung hat jeweils einer
der Partner. Die Entwürfe stammen durchweg
von Graves selbst und werden anschließend
gemeinsam mit seinen Partnern ausgearbeitet
und umgesetzt. Sie reichen von temporären
Verkleidungen, zum Beispiel für das Washington Monument, bis hin zu Bibliotheken und
Theaterbauten. Eines der laufenden Projekte
ist das neue amerikanische Botschaftsgebäude in Seoul. Es wird streng geheim im obersten Geschoss des Büros entworfen, direkt unter dem Dach. Die Bauplätze der diversen prestigeträchtigen Projekte sind über die ganze
Welt verteilt, doch das Büro liegt - bis auf die
Zweigstelle in New York - im überschaubaren
Princeton. Die beengten Verhältnisse des Büros bedingen ein ständiges Miteinander, Hierarchien scheint es kaum zu geben. Schon allein
aufgrund der beschränkten Platzverhältnisse
bekommen nur wenige junge Architekten und
Designer die Möglichkeit, ein Praktikum zu
absolvieren oder an Projekten mitzuarbeiten.
Das Interesse daran soll sehr groß sein.
Michael Graves' bescheidenes Arbeitszimmer
ist ein schmaler, aber lichtdurchfluteter Raum
im hinteren Trakt des Hauses. Statt eines Computers gibt es eine Zeichenschiene auf dem
Schreibtisch - Entwerfen mit Stift und Lineal.
Eine Sammlung von CD's ist für den Musikliebhaber Graves genauso wichtig wie die angrenzende Bibliothek - ein vergleichsweise großzügig bemessener Raum mit Kamin und einem
runden alten Holztisch mit Stühlen. Hier kann
eier Architekt an den wenigen Tagen der Woche, die er im Büro ist, entspannen oder Besucher empfangen. Im Treppenbereich vor dem
Arbeitszimmer werden Modelle früherer Projekte auf Säulen präsentiert. Sie wurden in der
sehr gut ausgestatteten hauseigenen Werkstatt
gefertigt, die im Keller des Hauses liegt. Hier
Werden auch die Entwürfe von Graves' DesignprOdukten als Prototypen hergestellt.
Auf der anderen Seite der Nassau Street befindet sich das Design-Studio von Michael Graves. Auch hier die gleiche Enge wie im Architekturbüro vis-a-vis. Wieder fallen die schmalen Treppen und die niedrigen Decken auf. Das
Besprechungszimmer, das auch für die Mittagspause der Angestellten dient, gleicht einem Ausstellungsraum.
Im Westlichen Flügel des Hauses ist der kleine
"Graves Design Store" untergebracht, der drei-
mal in der Woche geöffnet hat. Er ist kaum
breit genug, um sich darin umdrehen zu können. Präsentiert werden die neusten Designprodukte im "Graves' unmistakable style".
Seit vier Jahren sind auch bei der großen, 1962
in Roseville, Minnesota, gegründeten Ladenkette "Target" zahlreiche Artikel erhältlich, die
Michael Graves speziell für den Store entworfen hat. Seit kurzem sind auch zwei Pavillons
im Angebot. Auf diese Weise kann jeder, der
möchte, in einem "kleinen Haus" von Michael
Graves wohnen. Auch für Alessi entstanden
zahlreiche Objekte. Sie reichen von sehr teuren Produkten bis hin zu Alltagsgegenständen
zu relativ moderaten Preisen. Sein wohl bekanntestes Objekt, der Wasserkessel mit dem
kleinen rötlich-brauen Kunststoff-Vogel, hat
sich seit 1985 weltweit über zwei Millionen
Mal verkauft. Das Teeservice aus Sterling-Silber zum Preis von 25.000 Dollar hingegen ist
nur für wenige erschwinglich. Doch ist es gewiss eine der interessantesten Arbeiten; eine
Ausführung davon befindet sich in der Bibliothek. Ich bin überrascht über die vielen mir bekannten Produkte, die ich nicht mit Michael
Graves in Verbindung gebracht hätte. Auffällig
sind auch die Mickey-Mouse-Objekte, die der
Architekt neben den Hotels für Disney World
entworfen hat.
Einigen seiner Kollegen ist die Sprache von
Michael Graves zu kindlich und zu direkt.
Wenn auch die großen/verspielten Gebäude
nicht den Geschmack aller treffen, so begeistern zumindest die kleineren Designgegenstände. Graves bleibt seiner Architektur treu,
auch wenn seine Kritiker ihn als überholt bezeichnen. Er wurde vor drei Jahren mit der begehrten Goldmedaille des American Institute
of Architects (AIA) ausgezeichnet, zu deren
früheren Trägern Frank Lloyd Wright, Le Corbusier und Frank O. Gehry zählen.
Graves bezeichnet sich als "General Practitioner" und schätzt den Reiz der Gegensätzlichkeit seiner beiden Arbeitsbereiche. Einerseits
die Architektur als ein Produkt, das nur langsam wächst, dafür aber von Dauer ist, andererseits die überschaubaren und erschwinglichen
Designgegenstände, deren Aktualität einer
schnelllebigen Mode unterworfen ist. Beides,
Architektur wie Design-Produkte, entsteht im
unkomplizierten Miteinander, in einer angenehmen Arbeitsatmosphäre, die auch der Besucher der Büros spürt.
StadtBauweit 158
I 27
tischen Kommentar zur Entwurfsphi-
nen nicht als bloße Stilfrage anzuse-
immer in einer technischen Dimen-
gestellten Bau - Castalia, die Zentrale
losophie der postmodernen Reaktion
hen, sondern als eine Frage nach dem
sion existieren. Dennoch sind wir der
zweier holländischer Ministerien in De
auf die Moderne. In den späten 70er
Umgang mit dem architektonischen
Überzeugung, dass es entscheidend
Resident, ein für Mischnutzung ausge-
und frühen 80er Jahren registrierten
Idiom, nach der dem Entwerfen eige-
wichtig ist, die Seite des Technischen
wiesenes Gebiet in Den Haag _
wir zwei unterschiedliche Positionen,
nen Sprache, da diese Unterschiede
in der Waage zu halten zu einer Ge-
Beim Humana Building verlangte der
die man vereinfachend auf den Nen-
aus den jeweiligen, fundamental an-
gen position von Symbol und Ritual
Bauherr nach einem ausgefallenen
Entwurf, der die Stadt und das Unter-
ner "abstrakt" bzw. .,figurativ" bringen
deren philosophischen Ansätzen er-
und also anzuerkennen, dass Architek-
mag. Nach unserer Auffassung schlie-
wachsen. Das ungebrochene Interesse
tur einem pragmatischen als auch
nehmen gleichermaßen repräsentie-
ßen sich beide Positionen nicht not-
an Abstraktion ist die Fortschreibung
symbolisierenden Bedürfnis geschul-
ren sollte. Das Baugelände, ein Eck-
wendigerweise aus, in unserem Büro
einer Fokussierung der Frühen Mo-
det ist. Um den Einfluss der figurati-
grundstück, liegt an der Kreuzung
arbeiten wir mit beiden. Dennoch, für
derne auf alles Technische, auf die
ven Architektur auf die Entwicklung
von Main und Fifth Street. Gegenüber,
die Beantwortung der Eingangsfrage
Metapher Maschine. Der Begriff der
kontextueller Zusammenhänge in den
auf der Flussseite der Main Street lie-
ist die Gegenüberstellung hilfreich -
.,figurativen Architektur" nimmt in sei-
vergangenen 25 Jahren zu illustrieren,
gen: ein Bankhaus von Mies van der
und gerade auch für das Verständnis
ner Metaphorik Bezug auf den Men-
setzen wir einen unserer Entwürfe aus
Rohe und das moderne Performing
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I Ba uwelt 24
2003
fahren kann, die
schen Bebauung sind die modernen
men zuschreiben.
Gebäude der Umgebung von Offen-
Stadtstruktur def
heit geprägt. Als Gegengewicht dazu
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sah unser Entwurf eine geschlossene
schen Raum als
Bebauung vor, um damit die Straße
plätzen gestalte'
als urbane Struktur zu reetablieren.
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Rotterdam
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geschlossenen Fassaden der histori-
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jene figurativen
Castalia-Bürogebäude im neuen Quar-
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Eigenschaft als gebautes Gebäude,
zu schaffen, so d;
zur Straßenflucht hin ausgerichteten
prägten städtiscl
Foto Seite 26: M ichael Graves & Asso-
die Differenz zwischen bei den Positio-
sche landschaft
dent. Der Plan für eine Mischnutzung
ci ate. Princeton;
gangenen 25 Jahre und um einen kri-
bündigen Front Stadthäuser aus dem
19. Jahrhundert. Im Gegensatz zu den
Gebiet von Den Haag vor: De Resi-
Street 341 in Princeton .
den frühen Achtzigern, das Humana
unser Anspruch c
hau sbet reibers Humana in Louisville,
ves in seinem Architekturbüro Nassau
schen und die Natur. Jeglicher archi-
dernen Stahlglas-Büroturm und einer
gural vs. abstrak1
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tektonische Ausdruck wird, in seiner
raum. Anstatt di E
als Solitäre zu ver
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chen Empfangsraum von Michael Gra -
heutiger Architektur- und Entwurfs-
ser Bauplatz liegt zwischen einem
von der Straße zurückgesetzten, mo-
Rob Krier einen Masterplan für ein
Es wird von zwei Ministerien genutzt.
konzeptionen. Entscheidend dabei ist,
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links: Da s Headquarter des Kran ken-
t ier De Resident von Den Haag.
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geben von weitläufigen Plätzen. Un-
Castalia : Anfang der goer Jahre legte
Kentucky, aus dem Jahr 1982.
tement zu unserer Architektur der ver-
Arts Center, beide Gebäude sind um-
Bebauung und Restaurierung der ge-
Figuren . Auch
wachsenen Substanz vor. Um das Ge-
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bäude in das Stadtgeflecht einzupas-
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niederländischen Steilgiebel an. In den
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Ziegelfassaden sitzen die für die lo-
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lichen Qualitäte
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das Humana Building als auch Casta-
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Links: Das Headquarter des Krankenhausbetreibers Humana in Louisville,
Architektur der ver-
konzeptionen. Entscheidend dabei ist,
tektonische Ausdruck wird, in seiner
Building in Louisville, Kentucky, in Be-
die Differenz zwischen beiden Positio-
Eigenschaft als gebautes Gebäude,
zug zu einem erst vor kurzem fertig
r zur Entwurfsphi-
nen nicht als bloße Stilfrage anzuse-
immer in einer technischen Dimen-
gestellten Bau - Castalia, die Zentrale
zweier holländischer Ministerien in Oe
~dliche
Positionen,
hen, sondern als eine Frage nach dem
sion existieren. Dennoch sind wir der
Umgang mit dem architektonischen
Überzeugung, dass es entscheidend
Resident, ein für Mischnutzung ausge-
Idiom, nach der dem Entwerfen eige-
wichtig ist, die Seite des Technischen
wiesenes Gebiet in Den Haag.
Beim Humana Building verlangte der
nen Sprache, da diese Unterschiede
in der Waage zu halten zu einer Ge-
aus den jeweiligen, fundamental an-
genposition von Symbol und Ritual
Bauherr nach einem ausgefallenen
deren philosophischen Ansätzen er-
und also anzuerkennen, dass Architek-
Entwurf, der die Stadt und das Unter-
Auffassung schlie-
wachsen. Das ungebrochene Interesse
tur einem pragmatischen als auch
nehmen gleichermaßen repräsentie-
itionen nicht not-
an Abstraktion ist die Fortschreibung
symbolisierenden Bedürfnis geschul-
ren sollte. Das Baugelände, ein Eck-
"figurativ" bringen
in unserem Büro
einer Fokussierung der Frühen Mo-
det ist. Um den Einfluss der figurati-
grundstück, liegt an der Kreuzung
!iden. Dennoch, für
derne auf alles Technische, auf die
ven Architektur auf die Entwicklung
von Main und Fifth Street. Gegenüber,
der Eingangsfrage
Metapher Maschine. Der Begriff der
kontextueller Zusammenhänge in den
auf der Flussseite der Main Street lie-
teilung hilfreich -
"figurativen Architektur" nimmt in sei-
vergangenen 25 Jahren zu illustrieren,
gen: ein Bankhaus von Mies van der
ür das Verständnis
ner Metaphorik Bezug auf den Men-
setzen wir einen unserer Entwürfe aus
Rohe und das moderne Performing
0,
19. Jahrhundert. Im Gegensatz zu den
zur Straßenflucht hin ausgerichteten
jene figurativen Charakteristika er-
geschlossenen Fassaden der histori-
fahren kann, die wir sonst Innenräu-
schen Bebauung sind die modernen
men zuschreiben. In einer historischen
Gebäude der Umgebung von Offen-
Stadtstruktur definiert die umfangen-
heit geprägt. Als Gegengewicht dazu
de Gestik der Fassaden den städti-
sah unser Entwurf eine geschlossene
schen Raum als Abfolge von Schau-
Bebauung vor, um damit die Straße
plätzen gestalteter figuraler Leere.
als urbane Struktur zu reetablieren.
Verfolgen wir unsere Analogie von fi-
Castalia: Anfang der 90er Jahre legte
gural vs. abstrakt, so ist Raum in dem
Rob Krier einen Masterplan für ein
von einer Ästhetik der Moderne ge-
Objekte - also die Gebäude - sind die
Bebauung und Restaurierung der ge-
Figuren. Auch wenn hier die bei den
wachsenen Substanz vor. Um das Ge-
Positionen in polemisierender Gegen-
chen Empfangsraum von Michael Gra-
bäude in das Stadtgeflecht einzupas-
überstellung aufgebaut sind, schließen
ves in seinem Architekturbüro Nassau
sen, griffen wir auf bekannte Versatz-
sich diese Konzeptionen des "Figural
stücke niederländischer Bauweise zu-
Solid" und des "Figural Void" bzw.
Foto Seite 26: Michael Graves & Asso-
rück, die wir abstrahiert und in stark
die Opposition Objekt/Gebäude und
ciate, Princeton;
vergrößertem Maßstab umsetzten. Die
Objekt/Raum in der Realität einer ge-
Turmkappen mit ihrem charakteris-
wachsenen Stadt dennoch nicht aus.
tischen Skyline-Profil spielen auf die
In der Gleichzeitigkeit - nämlich dass
niederländischen Steilgiebel an. In den
sie einerseits die traditionellen städti-
Ziegelfassaden sitzen die für die lo-
schen Muster, andrerseits die verbind-
kale Bauweise typischen Sprossenfens-
lichen Qualitäten neuer Bauten ein-
ter - nur sehr stark vergrößert.
schließen, sind diese Typologien posi-
Aus stadtplanerischer Sicht etablieren
tive Modelle für heute - und für die
das Humana Building als auch Casta-
Zukunft. Michael Graves/Karen Nichols
den frühen Achtzigern, das Humana
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l end auf den Nen-
sche Landschaft eine Verbindlichkeit
zu schaffen, so dass der Außenraum
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unser Anspruch darauf, für die städti-
bündigen Front Stadthäuser aus dem
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Rotterdam
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dernen Stahlglas-Büroturm und einer
Unten: das vor kurzem fertig gestellte
Fotos links: Paschall/Taylor, New York;
den späten 70er
von der Straße zurückgesetzten, mo-
Castalia-Bürogebäude im neuen Quar-
unten: Daria Scagliola & Stijm Brakkee,
lOdernen Reaktion
raum. Anstatt die Gebäude vorrangig
als Solitä re zu verstehen, richtet sich
prägten städtischen Szenario eine un-
Street 341 in Princeton.
1
umbautem Innen- und offenem Außen-
ser Bauplatz liegt zwischen einem
eingefasste, unbegrenzte Leere, und
Das Foto Seite 26 zeigt den persönli-
schen und die Natur. Jeglicher archi-
geben von weitläufigen Plätzen. Un-
dent. Der Plan für eine Mischnutzung
Es wird von zwei Ministerien genutzt.
heutiger Architektur- und Entwurfs-
lia eine Wechselbeziehung zwischen
Gebiet von Den Haag vor: Oe Resi-
Kentucky, aus dem Jahr 1982.
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Arts Center, beide Gebäude sind um-
StadtBauweit 158
I 29
Das Hyatt Regency Taba Heights
Hotel steht an der ägyptischen
Aqaba-Bucht, die von felsigen Bergen gerahmt wird_ Die 426 Zimmer
des Fünfsterne-Hotels sind in kleinen und kleinsten Hausgruppen untergebracht, die sich durch Form
und Farbe deutlich voneinander unterscheiden. Die Anlage wird von
einem Golfcourse, Pools mit großen
Pergolen, künstlichen FeIslandschaften mit Wasserfällen und Palmenhöfen umgeben. Außerdem gibt es
ein türkisches Bad, ein Kaltwasserund ein Jaccusi-Heißwasserbecken
und verschiedene Restaurants.
_
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Fotos: Mich.
Prin ceton
Das Hyatt Regency Taba Heights
Hotel steht an der ägyptischen
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des Fünfsterne-Hotels sind in kleinen und kleinsten Hausgruppen untergebracht, die sich durch Form
und Farbe deutlich voneinander unterscheiden. Die Anlage wird von
einem Golfcourse, Pools mit großen
Pergolen, künstlichen FeIslandschaften mit Wasserfällen und Palmenhöfen umgeben. Außerdem gibt es
ein türkisches Bad, ein Kaltwasserund ein Jaccusi-Heißwasserbecken
und verschiedene Restaurants.
Michael Graves' Hotelanlage 5011
auf abstrakte Weise mit der ländlichen Architektur Ägyptens korrespondieren. Es wurden traditionelle
Materialien verwendet und in althergebrachter Handwerklichkeit
verbaut. Über eine Million gebrannter Ziegelsteine wurden 50 geschichtet, wie es die nubischen Bauern
über Jahrhunderte gewohnt waren.
Die Gebäude weisen viele verschieden geformte Dächer auf. Sie reichen von der Kuppel bis zur Tonne.
Fotos: Michael Graves & Assodates,
Princeton
StadtBauweit 158
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