Kompendium 4 - Fontane
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Kompendium 4 - Fontane
Kompendium 4 Thema: eingereicht von: Demokratie- und Diktaturverständnis im Wandel der Zeit Stefanie Hansche, Maria Meisel, Doreen Pieper, Steve Knitter, Thomas Pflug, Mathias Vogel; Fontane-Gymnasium-Rangsdorf; Jahrgangsstufe 13 / 2002 Leistungskurs Geschichte Rangsdorf, den 23. März 2002 Inhaltsangabe Inhalt: Seite Kontinuitäten und Veränderungen vom Zeitalter der Antike bis zur Gegenwart I. Vorwort S. 6 II. Antike- am griechischen Beispiel Athens (Maria Meisel) 1. Vorwort S. 7 2. Entstehung griechischer Gemeinwesen bis hin zur Polis S. 7 3. Wandlung der Gemeinwesen S. 7-9 3.1. Voraussetzung für einen Wandel 3.2. Reformen Solons als Versuch der Krisenüberwindung 3.3. Die Tyrannis- eine Übergangsphase S. 7-8 S. 8 S. 8-9 4. Reformen Kleisthenes`- Entwicklung zur attischen Demokratie S. 9 5. Vollendung der attischen Demokratie S. 9-10 5.1. Ionischer Aufstand und Perserkriege, sowie deren Bedeutung 5.2. Ephialtes und Perikles 5.3. Die politische Ordnung der attischen Demokratie S. 9 S. 10 S. 10 6. Krise und Untergang der Polis S. 10-11 7. Fazit S. 11-12 7.1. Demokratieentwicklung im Überblick 7.2. Bewertung der attischen Demokratie S. 11 S. 11-12 III. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Mittelalter (Doreen Pieper) 1. 2. 3. Einführung in das Thema Mittelalter S. 13 1.1. 1.2. S. 13 S. 13 Epocheneinordnung des Mittelalters Kurze, allgemeine Definition von Demokratie und Diktatur „Lebensalltag im Mittelalter„ S. 13-15 2.1. 2.2. 2.3. 2.4. 2.5. S. 13-14 S. 14 S. 14 S. 14 S. 14-15 Die Lebenssituation der Menschen Die Rolle der Kirche Die Bedeutung der Ständeordnung Das Lehnswesen als gesellschaftliche Form Die Urbanisierung und ihre fortschrittliche Auswirkung Demokratische und Diktatorische Elemente im Mittelalter S. 15-16 3.1. 3.2. 3.3. 3.4. S. 15 S. 15-16 S. 16 S. 16 S. 16 Das Justizwesen und seine Bedeutung Der Begriff des Rechts im Mittelalter Die Vertretung „moderner„ demokratischer und diktatorischer Elemente Recht im Sinne der Gerechtigkeit 3.4.1. Das Bild der Frauen und Juden 4. Ein Musterbeispiel der Demokratie: England S. 16 5. Auswertendes Fazit S. 17 Inhaltsangabe IV. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1500 bis 1800 (Steve Knitter) 1. Einleitung S. 18 2.Demokratietheorien und andere Staatstheorien S. 18 2.1.) 2.2.) 2.3.) 2.4.) S. 18 S. 18 S. 18 S. 18 Locke Vorläufer der liberalen Demokratie Montesquieu Rousseau Hobbes 3.Der Weg zur Demokratie S. 19-21 3.1 3.2 3.2.1 3.2.2 3.3 S. 19 S. 19-20 S. 19-20 S. 20 S. 20-21 England Frankreich Französische Revolution Diktatur der Jakobiner Amerika 4. Federalist Papers Verfassungsentwurf der Vereinigten Staaten S. 21-22 4.1 4.2 4.3 S. 21 S. 21 4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4 4.4.5 4.5 4.6 Gründe gegen Direktdemokratie Unterschied zwischen Demokratie und Republik Vorteile der großen örtlichen Distanz, Anzahl der Bürger und des größeren Staatsgebietes Wie und Warum Gewaltenteilung die härtesten Argumente der Kritiker der Verfassung: Die Lösung Legislative Exekutive Judikative Wahlberechtigte Kritik an der Verfassung S. 21 S. 21-22 S. 21 S. 21 S. 21 S. 22 S. 22 S. 22 S. 22 V. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1800 bis 1945 (Thomas Pflug) 1. Einleitung S. 23 2. Problemaufriss S. 23 3. Bedeutsame Demokratietheorien dieser Zeit S. 23-27 3.1. Vorläufer moderner Demokratietheorien S. 23-25 3.1.1. John Stuart Mills „Representative Government“ 3.1.2. Formen der Direktdemokratie 3.1.2.1. Marx' Lehre der revolutionären Direktdemokratie 3.1.2.1.1. Marx’ Auffassung von Demokratie 3.1.2.1.2. Gewaltenmonistische revolutionäre Direktdemokratie 3.1.2.1.3. Fazit 3.1.2.2. Die direktdemokratischen Einrichtungen der Schweiz S. 23-24 S. 24-25 S. 24 S. 24-25 S. 25 S. 25 S. 25 3.2. Moderne Demokratietheorien S. 25-27 3.2.1. Max Webers Theorie der Führerdemokratie 3.2.2. Theorie der Sozialen Demokratie S. 25-26 S. 26-27 4. Ausbildung von neuartigen Diktaturen in der Zeit von 1800 bis 1945 4.1. Einleitung 4.2. totalitäre Diktaturen 4.2.1. Der Begriff Totalitarismus 4.2.2. Merkmale von totalitären Diktaturen 4.2.3. Sowjetrussland unter Lenin und Stalin 4.2.4. Das faschistische Beispiel Italiens S. 27 S. 27-30 S. 27-28 S. 28 S. 28-29 S. 29-30 Inhaltsangabe 4.2.4.1. Zum Begriff des Faschismus 4.2.4.2. Der italienische Faschismus 4.3. Zusammenfassung S. 29-30 S. 30 S. 30 5. Der Wechsel zwischen Demokratie und Diktatur am Beispiel Frankreichs S. 30-33 5.1. Das Erbe des Absolutismus 5.2. Die "Dialektik" der demokratischen Entwicklung in Frankreich 5.3. Schlussfolgerung S. 30-31 S. 31-32 S. 33 6. Demokratieauffassungen im Zeitraum von 1800 bis 1945 S. 33 6.1. Die Demokratie als Problemlöser 6.2. Die Demokratie als Problemerzeuger S. 33 S. 33 VI. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses in der Zeit der Bipolarität (Mathias Vogel) 1. Einführung S. 34 2. Versuch einer Unterscheidung für Typen politischer Systeme in der Bipolarität S. 34-35 2.1. Politische Demokratie 2.2. Gelenkte Demokratie 2.3. Modernisierte Oligarchie 2.4. Totalitäre Oligarchie 2.5. Traditionelle Oligarchie S. 34 S. 34 S. 34 S. 35 S. 35 3. Pluralismustheorie S. 35 4. Regierungssysteme innerhalb des Typs "politische Demokratie" S. 35-36 4.1. Konkordanzdemokratie 4.2. Parlamentarische und präsidentielle Demokratie 4.2.1. Hauptunterscheidungsmerkmale 4.2.2. Typen parlamentarischer und präsidentieller Systeme 4.2.3. Politische Prozesse S. 35 S. 35-36 S. 35-36 S. 36 S. 36 5. Demokratie in der bipolaren Zeit am Beispiel Italien S. 36-37 5.1. historischer Hintergrund 5.2. Italienische Verfassung 5.3. Italienisches Recht (Judikative) S. 36-37 S. 37 S. 37 6. prägende Elemente der Demokratie, die eine eindeutige Unterscheidung von der Diktatur gestatten S. 37 6.1. Presse 6.2. Interessen 6.3. Wertvorstellungen S. 37 S. 37 S. 37 7. Diktaturen im "Kalten Krieg" S. 37-38 7.1. Diktaturbegriff in der Gegenwart 7.2. Volksdemokratie S. 37-38 S. 38 8. Diktaturen nach dem Zweiten Weltkrieg am Beispiel China S. 38-39 8.1. Historischen Hintergrund bildet die Entstehung und Entwicklung der Volksrepublik China 8.2. Maoismus 8.2.1. Die Rolle der Gesellschaft im Maoismus 8.3. proletarische Kulturrevolution 1965/66-76) 8.4. Äußerungen eines Pekinger Deutschstudenten bezüglich Meinungsfreiheit und Demokratie S. 38 S. 38 S. 38 S. 38-39 S. 39 9. Schlußwort S. 39 VII. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses in der Gegenwart Inhaltsangabe VIII. Quellen- und Literaturverzeichnis S. 40-42 1. Antike- am griechischen Beispiel Athens (Maria Meisel) 2. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Mittelalter (Doreen Pieper) 3. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1500 bis 1800 (Steve Knitter) 4. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1800 bis 1945 (Thomas Pflug) 5. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses in der Zeit der Bipolarität (Mathias Vogel) 6. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses in der Gegenwart (Stefanie Hansche) S. 40 IX. Thesenblätter S. 43-48 1. Antike- am griechischen Beispiel Athens (Maria Meisel) 2. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Mittelalter (Doreen Pieper) 3. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1500 bis 1800 (Steve Knitter) 4. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1800 bis 1945 (Thomas Pflug) 5. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses in der Zeit der Bipolarität (Mathias Vogel) 6. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses in der Gegenwart (Stefanie Hansche) S. 43 X. Anhang (Einzelarbeiten von uns aus der Projektwoche) S. 49 S. 40 S. 41 S. 41 S. 42 S. 42 S. 44 S. 45 S. 46 S. 47 S. 48 1. Einleitung 2. „Demokratie-Experiment“ Weimarer Republik 3. Nationalsozialismus XI. Eidesstattliche Erklärung S. 50 Vorwort I. Vorwort Zweck dieser Belegarbeit soll die Darstellung der Entwicklung von Demokratie und Diktatur sein, wir werden dabei speziell auf die Verständnisänderung dieser beiden Begriffe im Verlauf der Geschichte eingehen. Zum Ende dieser Abhandlung wird nun mehr deutlich werden, dass „Demokratie„- und „Diktaturentwicklung„ einem scheinbaren Funktionsmechanismus unterliegen. Die gesamte Darstellung von Antike bis Gegenwart offenbart uns eine bestimmte Gesetzmäßigkeitnämlich die des Aufstiegs, Blütezeit und Niedergang (Sinus Theorie). Dieses Kompendium ersetzt jedoch nicht die Auseinandersetzung mit Sekundärliteratur, denn es soll sich hierbei um einen Überblick der mit den beiden Begrifflichkeiten verbundenen Entwicklungen handeln. Die Autoren Seite 6 Maria Meisel II. Antike- am griechischen Beispiel Athens Antike- am griechischen Beispiel Athens Maria Meisel 1. Vorwort - obwohl Bildung des Begriffs "Staat" erst im Anschluss an Machiavelli im 16. und 17. Jahrhundert, Beginn der "Geschichte" der Staatsphilosophie in der Antike - Beschäftigung mit Staats- und Verfassungslehre (Philosophie) bereits unter Homer im 8. Jh. v. Chr. - best erhaltendste antike Überlieferung und direkte Auseinandersetzung mit Thematik→Schriften des Aristoteles → Sammlung sämtlicher Verfassungen der griechischen Poleis, DOCH: als Ganzes nur „Atenaion Politeia„„Politik der Athener„ erhalten Def. Polis: -ursprünglich Bezeichnung für mykenische Burg mit dazugehöriger Siedlung -Homer (8. Jh. v. Chr.): Begriff =Charakterisierung von Gemeinwesen, in denen sich das öffentl./polit. Leben im gemeinsamen Handeln auf der Agora, im Gespräch und in Beratungen polit. Gremien entfaltet -im 4./5. Jh. v. Chr.: Polis=Inbegriff des polit. und kulturell hochstehende Gemeinwesen -nach heutigem Verständnis: Polis= Stadtstaat, gekennzeichnet durch eigene Gesetzgebung (Autarkie), wirtschaftliche Autonomie und außenpolitische Unabhängigkeit Aristoteles (384-322 v. Chr.) - griechischer Philosoph - Beschäftignung mit Poetik, Physik- und Naturphilosophie, Psychologie, Ethik etc. Unterschied zwischen griechischer Polis und modernen Staat: -Polis erfüllt zwar alle notwendigen Staatselemente → Staatsvolk, Staatsgebiet, Staatsgewalt ABER: Antike kannte die Trennung von Staat und Gesellschaft nicht Verfassungslehre des Aristoteles - grundsätzliche Unterscheidung nach Herrschaftszweck: • gute Herrschaft, Anstreben des Wohls der Beherrschten • schlecht Herrschaft, Beherrschte=Zweck zum eigenen Nutzen zusätzliche Betrachtung der Verfassungsform: • Herrschaft des Einzelnen • Herrschaft weniger • Herrschaft aller gute Herrschaftsformen Monarchie Aristokratie Politie - ⇔ ⇔ ⇔ Aristoteles: „[…] Und ebenso sind auch die Bürger zwar verschiedene, aber die Aufrechterhaltung ihrer Gemeinschaft ist doch gemeinsame Aufgabe für sie alle, die Gemeinschaft aber ist die Verfassung, und daher richtet sich die Tugend eines Bürgers immer nach der Staatsverfassung.„1 3. Wandlung der Gemeinwesen Entartungsformen Tyrannis (Despotie) Oligarchie Demokratie 3.1. Voraussetzung für einen Wandel - entgegen unserem heutigen Verständnis: Demokratie=schlechte Herrschaftsform ABER: Ersetzung des Begriffs "Demokratie" noch in der Antike durch "Ochlokratie"- (Pöbelherrschaft) - -Normen beruhen auf überlieferten Sitten und Gewohnheiten des Adels →Gesetze=bereits vorhandene Sitten + Bräuche wenn jene Normen Frieden und innere Einheit gewährleisten →Zustandsbezeichnung: Eunomia ABER: wenn Realität zu weit vom Ideal göttlicher Ordnung entfernt, dann Versuch der Wiederherstellung der Ordnung durch gemeinsame Anstrengung Zusatz: zum besseren Verständnis→ in den nachfolgenden Abhandlungen Verwendung des Begriffs Demokratie nach heutigem Sinn („gute Herrschaftsform„) 2. Entstehung griechischer Gemeinwesen bis hin zur Polis - - - - kennzeichnend für Entwicklung Griechenlands um 750-500 v. Chr.: Ausbreitung, sowie polit. + witschaftl. Aufstieg der Polis gegenüber den Stammesverbänden Gesellschaft: -Auffassung vom Recht =Ausdruck vorgegebener, göttlicher Ordnung - in Poleis und anderen Gemeinwesen gravierende gesellschaftl. und wirtschaftl. Unterschiede: oligio ⇔ Masse der armen Bürger (reiche Adlige) WEIL: Grundbesitz=Voraussetzung für Teilnahme am polit. Leben; doch durch Weitergabe von Land durch Erbrecht Aufsplittung des Grundbesitzes und, dadurch wachsende Ungleichheit bei Überbevölkerung, außerdem durch unfruchtbares Land: Bauern in Schuldknechtschaft älteste griech. Staatsform→ ethnos=Stammesverbände Stammesverbände: noch keine Zusammenfügung zu polit. Gemeinwesen ab 8. Jh. v. Chr. Bildung von Gemeinwesen mit städtischem Mittelpunkt→ polis; an der Spitze erbliche Könige, doch in vielen Gemeinwesen Machtübernahme durch den Adel darüberhinaus: Zusammenschluß von benachbarten Poleis zum Schutz und zur Verwaltung eines Heiligtums zu Kultbünden→ amphiktyonien 1 um 700 v. Chr. Vereinigung der ionischen* Bezirke 2 Attikas* zum Stadtstaat Athen innerhalb von Stammesverbänden: „Ortsgemeinden„=Poleis ;einzige Bedingung: neben Bürgerrecht, Besitz einer eigenen Ordnung und Gesetzgebung Poleis meißt aristokratisch geprägt→ herrschende Schicht fast überall Adel →soziale Ungleichheit häufig in Frage gestellt →bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen im 7. Jh. v. Chr. und später im 4.Jh.v. Chr. Zusammensetzung der Polis vor d. Reformen:Solons: - Ausübung der militärischen und politischen Macht → Archontat (höchsten Beamte, politische Leitung des Gemeinwesen=„Regierung„) und Areopag Seite 7 Maria Meisel - II. Antike- am griechischen Beispiel Athens (Rechtssprechung, Kontrollfunktion etc.)←Zugang nur der Adel Volksversammlung und Dikasterien (Gerichtshöfe) (nicht allen Bürgern zugänglich, weil Zensuswahlrecht); keine Einflußreichen Kontrollorgane Aristoteles: „[…] Dem Rat der Areopagiten übertrug er (Solon) die Überwachung der Gesetze, wie er (Areopag) bereits vorher Aufsichtsbehörde über die Verfassung gewesen war. […] Aus eigener Macht bestrafte er Vergehen mit Körperstrafen und Geldbußen.„ 2 3.2. Reformen Solons als Versuch der Krisenüberwindung • • Areopag:-höchste Gerichtsbarkeit, Kontrollfunktion Archontat: -Archonten=höchste Beamte, nach Ablauf der Amtszeit→ Mitglieder des Areopags -Amtszeit urspr. lebenslang; im 8. Jh. v.Chr. auf 10 Jahre reduziert, unter Solon nur noch ein Jahr (siehe Abb.) • Bürgerschaft→ Demos: in engeren Sinn Vollbürger Athens, die am politischen Leben teilnehemen dürfen, ausgenommen Frauen, Sklaven, Metöken (ansässige Fremde ohne Büregerrecht) Solon: Archon (in Athen) mit außerordentlichen Vollmachten, d.h. er fungiert als Gesetzgeber Ziel Solons: mögliche Wiederherstellung der Eunomia, Bewältigung der sozialen Spannungen Grundlage der griechischen Gemeinwesen (werden von Solon beibehalten): - Geschlechterverbände→ Phratrien (Bruderschaften) sog. Kultgemeinschaften - für Wahrung des sozialen und polit. Status: Angehörigkeit des att. Bürgers zu einer Phratrie, Mitgliedschaft in einer Phyle nicht territorial, sondern geschlechterspezifisch (gentilizisch); durch gentilizisches Prinzip Ermöglichung der Einflussnahme des Adels - Aufbau: Phylen 3.3. Die Tyrannis- eine Übergangsphase Aristoteles: „Auch nach den Solonischen Reformen dauerten die Streitigkeiten an. […] Es gab drei Parteiungen: die Küstenbewohner […], die am ehesten eine gemäßigte Verfassung anzustreben schienen; die Bewohner der Ebene, die eine Oligarchie anstrebten […]; schließlich die Bergbewohner, an deren Spitze Peisistratos stand, der am volksfreundlichsten zu sein schien.„3 ⇑ Phratrien ⇑ Geschlechter (Großfamilien) Inhalt der Reformen von 594/593 v. Chr.: „Bauernbefreiung„ durch Aufhebung der Schuldknechtschaft und Erlass der Schulden Appellationsrecht für jeden Bürger Schaffung des Rates der 400, Zusammensetzung: je 100 Vertreter der weiterhin bestehenden 4 Phylen - Einteilung der Bürgerschaft (demos) nach Vermögen: Vermögensklassen 1.Pentakosiomedimnoi („Fünfhundertscheffler„) Großgrundbesitzer 2.Hippeis Reiter, Kaufleute 3.Zeugiten Ochsengespannbesitzer, Kleingewerbe, Bauern, 4.Theten Besitzlose Lohnarbeiter, Handwerker - - Politische Rechte Zulassung zu allen Ämtern Zulassung zu allen Ämtern außer Archontat und Areopag siehe 2. - Herrschaft keine brutale Gewaltherrschaft, jedoch mit Hilfe von Leibwachen (Söldnern) und Verbannung rivalisierender Adelsgruppen →„Peisistratos übernahm die Herrschaft und verwaltete den Staat eher nach dem Gemeinwohl als tyrannisch„ →„Vergabe„ von politischen Rechten auf der Grundlage von Einkommen und Besitz = Timokratie Aristoteles Aufbau der solon. Verfassung: - Areopag - Archontat Heliaia (Volksgericht) Wahl auf ein Jahr - 4 regelmäßige Wahlen, aber mit Einflussnahme auf die Aufstellung von Kandidaten→ demos politisch entmachtet wirtschaftlicher Aufschwung und Wohlstand durch günstige Darlehen für Zeugiten und Theten, sowie „öffentliche Bauprojekte„ u.ä. positive Entwicklung auch nach dem Tod Peisistratos (528/527) unter Herrschaft seiner Söhne Hippias und Hipparch - nach Attentat auf Hippias Verschärfung des politischen Klimas, zunehmende Gewaltherrschaft →510 v. Chr. Vertreibung der Tyrannen mit Hilfe der Spartaner Ekklesia (Volksversammlung) Wahl auf ein Jahr schon seit Ende des 7. Jh. v. Chr. Tyrannis in anderen griechischen Poleis (Bsp.: Kypselos, Periandros; Korinth ca. 615 v. Chr.); ebenfalls aufgrund von wirtschaftlichem Wandel und daraus resultierenden Spannungen das ursprüngliche Verständnis vom Begriff Tyrannis: Tyrannis (griechisch týrannos: Herrscher): Alleinherrschaft, die (frühen) Tyrannen (im 7. und 6. Jh. v. Chr.) stützten sich im Wesentlichen auf die Zustimmung des Volkes und richteten sich gegen die Aristokratie. Zulassung nur zum Volksgericht und zur Volksversammlung Rat der 400 561/560 v. Chr. erster Versuch der Erichtung einer Tyrannis durch Peisistratos; DOCH: noch vor Festigung seiner Macht → Verbannung durch die beiden anderen, nun verbündeten, Parteien endgültige Festigung der Herrschaft 546/545 v. Chr. (nach zwischenzeitlich zweimaliger Vertreibung) Wahl auf ein Jahr Bürgerschaft Athens Seite 8 Maria Meisel II. Antike- am griechischen Beispiel Athens DOCH: Rückkehr zur Eunomia ausgeschlossen, Forderung des demos nach gleichen politischen Rechten →Isonomia erforderlich - jeder Stimmberechtigte schreibt Namen des zu verbannenden auf eine Tonscherbe - zeitl. begrenzte Verbannung (10 Jahre) des Bürgers mit den meisten Stimmen ABER: Verbannung keine Verurteilung, sondern polit. Vorsichtsmaßnahme (jedoch auch Hilfsmittel für Ausschaltung polit. Gegner, Bsp.: Perikles→ Thukydides) - der Verbannte behält seinen Besitz und seine Bürgerrechte - in späteren Staats- und Verfassungstheorien→ Wandlung des Verständnisses: Tyrannis= Gewaltherrschaft= schlechteste Herrschaftsform - Bsp.: Aristoteles: Tyrannis =Entartung der Monarchie [Ausnahme scheint Tyrannis unter Peisistratos zu sein (siehe Zitat 4)] - 4. Reformen des Kleisthenes - Entwicklung zur attischen Demokratie - - Schwäche der solonischen Verfassung: Beibehaltung der gentilizischen Phylen Die neue Verfassung: Zerstörung der alten gentilizischen Phylen unter Kleisthenes Reformen 509/507 v. Chr Epistates Prytanie Grundlage der neuen Einteilung Attikas*: • demen (Gemeinden, von demos): lokale Selbstverwaltung, Führen von Bürgerlisten und zugleich Kultgemeinschaft • ursprünglich 100 demen→ Zuordnung zu den drei regional festgestzten Einheiten =Trittyen: Athen und näheres Umland; Binnenland; Küstengebiet • jeweils 10 demen =einer der zehn neuen Phylen • Zusammensetzung der Phylen: jeweils eine Trittye 9 Achonten, 1 Ratsschreiber Wahl Volksgericht B Los Ekklesia Wahl 10 Strategen - die 4 Vermögensklassen nach Solon bleiben unberührt Verfassungsänderungen: • Zulassung der 2. Vermögensklasse (Hippeis) zum Achontat B Bürgerschaft Athens Ziel der häufigen Losverfahren: Verringerung persönlicher Einflußnahme; beim Achontat sogar erst Wahl einer größeren Anzahl von Kandidaten, dann Auslosung der endgültigen Mitglieder←Reform während der Perserkriege(490479 v. Chr.) 5. Vollendung der attischen Demokratie • Aufstockung des „solonischen„ Rates der 400 auf 500→ Rat der 500 (50 Mitglieder pro Phyle) 5.1. Ionischer Aufstand und Perserkriege, sowie deren Bedeutung • Geschäftsführung des Rates unter wechselndem 1 Vorsitz durch ausgeloste Reihenfolge für jeweils /10 des Jahres bei den Abgeordneten einer Phyle; zeitweilige geschäftsführende Phyle= Prytanie - • täglicher Wechsel des Vorsitzenden der Prytanie (anfangs durch Wahl, später durch Los) • Verpflichtung der Prytanie: min. einmal Einberufung der Volksversammlung, Festlegung der Tagesordnung für die Volksv., sowie Unterbreitung von Vorlagen zur Beschlußfassung expansive Politik des 550 v. Chr. bestehenden Perserreiches→Folge: direkte Berührung mit dem Griechentum 546 v. Chr. ionische Poleis unter persischer Herrschaft (weitere Unterwerfung anderer Städte wie Thrakiens, Makedoniens→ persische Herrschaft bis an griech. Siedlungsraum auf dem europ. Festland) ionischer Aufstand (500-494 v. Chr,): - Versuch der Auflehnung gegen die persische Oberhoheit Niederschlagung des Aufstandes trotz Unterstützung Athens u.a. • seit 501/500 v. Chr. Wahl der 10 Strategen durch Ekklesia (10 Strategen stehen zunächst unter Oberbefehl des Achon Polemarchos (Führer im Krieg); später Verdrängung des Polemarchos, wechselndes Oberkommando unter den Strategen) Folge: Perserkriege, weitergehender persischer Vorstoß gegen alle griechischen Gemeinwesen • Erweiterung des Aufgabenbereichs der Eklessia: Beschlußfassung in sämtlichen Fragen, Kontrolle der Ämter, letzte Instanz der Rechtsprechung • Rat der 500 Wahl und Los Folge: →durch Aufhebung der Bindung des Bürgerrechts an Kult und Mitgliedschaft in einer Phratrie→ Schwächung der Einflussmöglichkeit des Adels, außerdem repräsentiert jede Phyle in sich die gesamte Region Attikas - die bekanntesten verbannten Staatsmänner: Aristides (483 v. Chr.), Themistokles (471 v. Chr.), Kimon (461 v. Chr.) u.a. Perserkriege (490-479 v. Chr.): insges. 3 Perserkriege - 481 v. Chr. Bildung eines antipersischen Schutzbündnisses mit Verknüpfung eines innergriechischem Sonderfriedens, bestehend aus griechischen Gemeinwesen (u.a.: Athen, Sparta, Korinth) - letzlich, Sieg der Griechen über das Perserreich Einführung des Ostrakismos= Scherbengericht Ostrakismos (griech. ostrakon: Tonscherbe): Ziel: Schutz vor erneuter Tyrannis Anwendung: bei Verdacht; Machtstreben eines einzelnen Bürgers - jedes Jahr Abstimmung innerhalb der Volksversammlung, ob Notwendigkeit von Scherbengericht - bei Zustimmung, Durchführung einer öffentlichen Abstimmung, Teilnahme von min. 6000 Bürgern Bedeutung für zukünftige Politik: - 478/477 v. Chr. Gründung des Delisch-AttischenSeebundes mit Athen, ohne Sparta zum Schutz gegen die Perser Seite 9 Maria Meisel II. Antike- am griechischen Beispiel Athens – Folge: athenisch-spartanischer Dualismus (siehe 6.Niedergang der Poleis) Schiffen, Ausgestaltung der Festspiele etc. durch vereinzelte Bürger) 5.2. Ephialtes und Perikles (462 v. Chr.) Reformen des Ephialtes: - Machtminderung des Areopags →kein Einfluss mehr auf die Verfassung, keine Kontrollfunktion; Beschränkung auf Blutgerichtsbarkeit - Übertragung der ehemal. Befugnisse auf Ekklesia und Rat der 500 Vollendung der Demokratie - durch Reformen 458-450 v. Chr. unter Perikles (495.429 v. Chr.) - Perikles: Adliger, Gegner der konservativen und prospartanischen Politik Ekklesia (allen Bürgern zugängig): - Entscheidungsgremium: Krieg/Frieden; Ostrakismos etc. - Funktion der Rechtsprechung - Verwendung von Staatseinnahmen - Gesetzgebung nach Vorlage von Entwürfen - Wahl bzw. Losung von Beamten - Inhalt der Reformen: • Zulassung der Zeugiten zum Achontat • Einführung von Besoldung für die einzelnen Ämter • ab 403 v. Chr. sogar Tagegeld für Besuch der Ekklesia→Ermöglichung der Teilnahme für ärmere Schichten am polit. Leben • Festlegung von Kriterien für bürgerlichen Status (Voraussetzung für Bürgerrechte→Nachweis attischer Eltern) • Bestimmung der Mitglieder des Rats der 500 durch Los ⇒Verwirklichung der Isonomia (Gewährleistung der Chancengleichheit durch Losverfahren und Besoldung) Volksgericht (allen Bürgern zugängig): - bestehend aus mehreren Gerichtshöfen - Entscheidungsgremium (in Form von Gesetzen und Dekreten) - letzte Instanz bei Entscheidung öffentlicher und privater Prozesse - Bestimmund der 6000 Geschworenen per Los für ein Jahr Rat der 500 (allen Bürgern zugängig): - „Beirat“ zur Ekklesia - Einberufung der Ekklesia - Festsetzung der Tagesordnung - Zuständigkeit gewisser Gerichts- und Verwaltungsangelegenheiten (z.B.: Verfahren zur Amtsenthebung, Instandhaltung der Seestreitkräfte, Kontrolle über die Staatseinnahmen) - Iterationsverbot (Iteration-Wiederholung): der Bürger →nicht mehr als 2mal Ratsmitglied Perikles- der Demagoge: Demagoge: ursprünglich Volksführer; erst in späterer Zeit Negativierung der Bedeutung → Volksverhetzer, Volksverführer - ständige Wiederwahl Perikles` zum Strategen durch die Ekklesia Grund: seine persönliche Autorität, Charisma, politische Erfolge, rethorische Begabung Thukydides (um 460-400 v.Chr., Befehlshaber während d. pelopon. Kriege, griechischer Geschichtsschreiber) : „[…] Das kam daher, dass er, mächtig durch sein Ansehen und seine Einsicht und in Gelddingen makellos und unbeschenkbar, die Masse in Freiheit bändigte, […]„5 - Areopag (Zugang aller Vermögensklassen bis auf Theten): - Blutgerichtsbarkeit Achontat (Zugang aller Vermögensklassen bis auf Theten): - höchste Beamte - Eingriffsmöglichkeit in das Gerichtswesen - verwaltungsmäßige, richterliche Funktionen innerhalb des att. Seebundes durch Ostrakisierung seines Rivalen Kimon → Perikles= „monarchische Stellung„ 6. Krise und Untergang der Polis - eigentlich: Perikles als Stratege keine besonderen Befugnisse (letzte Entscheidungsinstanz = Ekklesia) - ABER de facto: im Laufe seiner politischen Karriere zunehmende Einflussnahme auf die gesamte Staatsführung Thukydides: „So war es dem Namen nach Demokratie, in Wirklichkeit aber Herrschaft des ersten Mannes„6 athenisch- spartanischen Dualismus: Delisch-Attischer-Seebund ⇔ Peloponnesischer Bund* Athen Sparta - - Auslosung aller Ämter, bis auf Ämter mit Erforderung von Sachkenntnissen (Militär→Strategen) oder Vermögen - Finanzierung des Staates u.a. durch Steuern und Tribute der Bündner, Leitourgien (Ausrüstung von ständige kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Athen und Sparta→ 446 v. Chr. athenischspartanischer Frieden, Festsetzung auf 30 Jahre trotz Frieden: Weiterbestehenden des Dualismus Dualismus mündet schließlich in: 5.3. Die politische Ordnung der attischen Demokratie seit Mitte des 5. Jh. direkte Demokratie Gewaltenteilung (exek.,judik.,legisl.) unbekannt 3 hegemonielle Stellung -Phase von 461-429 v. Chr. =Perikleische Zeitalter ⇒WEIL: kulturelle und wirtschaftliche Blütezeit (Wiederaufbau zerstörter Tempel und Gebäude) - Zusammenkunft: 4 mal während jeder Prytanie (→40 mal im Jahr) Anwesenheit während einer Sitzung: 1 • rege Beteiligung der Stadtbewohner ( /3 d. Demos) • seltene Teilnahme der restl. Bürger, weil in ganz Attika verstreut Peloponnesischer Krieg (431-404 v. Chr.): - Seite 10 Auslöser→ Einmischung in den jeweils anderen Machtbereich (u.a.: Korinth (Mitglied d. pelopon. Bundes) Streitigkeiten mit seiner Kolonie Korkyra→Eingreifens Athens; Handelssperre d. att. Seebundes gegen Megera) Maria Meisel II. Antike- am griechischen Beispiel Athens - 429 v. Chr. „Erschütterung„ Athens durch Ausbruch der Pest (←Grund: Rückzug eines erheblichen Teils d. att. Bevölkerung in d. Stadt Athen) - Blendung der Ekklesia durch Demagogen (Kleon, Alkibiades) - zwischenzeitlicher Frieden (421 v. Chr.) - 415-413 Sizilische Expedition, militär. Katastrophe - 412 v. Chr. Bündnis Spartas mit Persien - 404 v. Chr. Kapitulation Athens, Vormachtstellung Spartas →Entstehung eines von Sparta nicht lösbaren Machtvakuums - - - Sinus Theorie: Aufstieg, Blütezeit, Niedergang Aufstieg→von Monarchie bis Tyrannis Blütezeit→Demokratie zur Zeit Kleisthenes, Ephialtes, Perikles Niedergang →Beginn bereits unter Perikles Indikator: die enormen Baumaßnahmen (Wiederaufbau der Akropolis, weitere Tempelbauten u.a.), außerdem das Zutreffen der These, dass die Gesellschaft („Gesellschaftsphänomen„ Demokratie) aufgrund ihrer Werte untergeht Beweis: Isonomia (z.B.: Ekklesia)= Bestandteil des Wertesystems DOCH: Fehlentscheidung der Ekklesia im Peloponnesischen Krieg (z.B.: die Entscheidung zur sizil. Expedition) 404 v. Chr. Abschaffung der Demokratie und Instalierung einer Oligarchie in Athen durch Sparta (Herrschaft der „dreißig Tyrannen„) Prägung der nachfolgenden Zeit durch: • soziale Spannungen • innergriechische Machtkämpfe Thydides: „Denn er hatte ihnen gesagt, sie sollten sich nicht zersplittern, die Flotte ausbauen, ihr Reich nicht vergrößern während des Krieges und die Stadt nicht aufs Spiel setzen, dann würden sie siegen. Sie aber taten von allem das Gegenteilige.„ 8 ab Mitte 4. Jh. Aufstieg und Herrschaft Makedoniens unter König Philipp II (Persienfeldzug) 334 v. Chr. Alexander der Große Nachfolger Philipps II (Beendigung der Auseinander durch Eroberung des Perserreiches) Zusammenbruch des Alexanderreichs, Diadochenkämpfe, 277 v. Chr. Errichtung einer Monarchie unter Antigonos in Makedonien und Griechenland 7.2. Bewertung der attischen Demokratie - letztlich: 146 v. Chr Unterwerfung Griechenlands und dessen Eingliederung als römische Provinz Hauptmerkmale dieser Zeit: Verfall der griechischen Poleis als politische Einheiten direkte Demokratie, weil Ekklesia in sämtlichen Belangen maßgebliches Entscheidungsgremium → Ausübung der Macht des Demos unmittelbar ABER: Teilnahme am politischen Leben nur wenigen vorbehalten; Frauen, Metöken, Sklaven waren ausgeschlossen - Prinzip der Volksherrschaft gilt also nur für den Demos →Anzahl der politischen „Aktivbürger„ gering (auch weil viele Bürger nicht in Athen, sondern auf dem Land lebten- Mitwirkung der Landbewohner an Entscheidungsprozessen aus praktischen Gründen auf ein Minimum reduziert) 7. Fazit 7.1. Demokratieentwicklung im Überblick Monarchie (bis 8. Jh. vor Chr.) - 1 /8 der Gesamtbevölkerung = „Aktivbürger„ - aufgrund der geringen Anzahl an att. Vollbürgern → politische Verantwortung des Einzelnen nicht abwendbar, ständig bestehende Möglichkeit der Wahl oder Losung in ein Amt →att. Bürger war politisch informiert Aristokratie (bis Anfang 6. Jh. v. Chr.; Einführung der solonische Reformen) - Verhinderung von Einflussnahme einzelner Gruppen durch häufig angewandte Losverfahren→ Schaffung von Isonomia (nur für die Vollbürger) ABER: Gefahr durch Losung →Besetzung von Ämtern durch nicht kompetente Personen (Risiko bei Wahl geringer) Tyrannis (bis Aufhebung der gentilizischen Ordnung unter Kleisthenes 509/507 v. Chr) - Besoldung= Sicherung der Amtsausführung auch für untere Vermögensklassen ABER: Besoldung für Anwesenheit in der Ekklesia birgt Gefahr→ Teilnahme nicht aus poltischen Beweggründen, sondern aufgrund finanzieller Demokratie (bis zur Herrschaft „der dreißig Tyrannen„ durch Sparta, 404 v. Chr.) - da Ekklesia direkt Machtausübung und Entscheidungskompetenz hat→ Gefahr von Fehlentscheidungen durch Emotionalität statt Rationalität in Krisen (Kriegszeiten etc.), „Augenblicksstimmungen„ oder durch Beeinflussung von Demagogen u.a. - keine Gewaltenteilung, ABER: Gewaltenteilung Voraussetzung einer Demokratie nach heutigem Verständnis Timokratie (bis zur Errichtung der Tyrannis unter Peisistratos 560 v. Chr.) - Tyrannis notwendiger Bestandteil der Demokratieentwicklung, weil dadurch Erweckung des Bewußtseins des Demos und damit verbunden der Wille nach Isonomia oben dargestellte Grafik verdeutlicht Ablauf der Demokratieentwicklung→ Demokratieentwicklung unterliegt Funktionsmechanismus→Sinus Theorie Thukdides: „Und nicht die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Volksteil, sondern allein die Seite 11 Maria Meisel II. Antike- am griechischen Beispiel Athens persönliche Tugend verleiht im öffentlichen Leben einen Vorzug […]„7 - alle Reformatoren während der Entwicklung der attischen Demokratie und sogar die herausragenden Politiker, die an keinen Reformen mitwirkten, waren Adlige→ Bsp.: Kleisthenes, Perikles, Kimon →sie alle Verfügten über Reichtum, überdurchschnittliche Bildung (z.B. in Rhetorik, aufgrund von zusätzlichem Unterricht durch Privatlehren) und Popularität durch ihre Herkunft ⇒insgesamt ist die attische Demokratie nach unserem heutigen Verständnis weniger Demokratie, als mehr Oligarchie notwendige Bedingungen für eine Demokratie nach heutigem Verständnis: - Prinzip der Gleichheit und damit verbunden die Beteiligung des gesamten Volkes (bzw. seines erwachsenen, wahlberechtigten Teiles) - Rechtsstaatsstaatlichkeit Mehrheitsprinzip und Pluralismus Gewaltenteilung Volkssouveränität - Wahrung der Grundrechte Begriffserklärung * 1 ionisch→ Ionier: neben den Äoliern, den Dorern und den Achaiern eine der Hauptgruppen der Griechen * 2 Attika: Region, die von den Ioniern bewohnt ist * 3 Peloponnesischer Bund: seit etwa 550 v. Chr. unter Hegemonie Spartas bestehendes Bündnis aller Staaten der Peloponnes mit Ausnahme von Argos zur gemeinsamen Kriegsführung Seite 12 Doreen Pieper III. Veränderungen des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Mittelalter ökonomische Organisationsform > Grundherrschaft > Funktionen staatlich-politischer Herrschaft > Aufgebotsrecht, Gerichtsbann, Militär • Ständeordnung: hierarchische Modelle > 1.Stand König / Klerus, 2.Stand Adel, 3.Stand Volk • Unterscheidung zwischen Freien und Unfreien, Herrschenden und Dienenden • Frau oder Juden hatten kein „Ansehen„ oder Rechte • Bildung stand nur Reichen zu • feudale Gesellschaft > jeder hat seinen „ererbten„ Platz im Leben > Aufstiegsmöglichkeiten für Bauern etc. kaum gegeben • Arbeiten um seine Pflicht gegenüber Grundherr zu erfüllen und zu überleben > Bauer war der Natur ausgesetzt (z.B. schlechte Ernten aufgrund von Trockenheit) • hohe Sterblichkeitsrate, niedrige Alterswahrscheinlichkeit • Stütze ist der Glaube an Gott > für jeden Menschen ist sein Lebensweg vorbestimmt • Zehnten zahlen > harte Strafen bei Ausbleiben • Kriege bestimmen das Leben Hochmittelalter • Verbesserung von Produktivkräften > agrarische Nutzung und Produktion gefördert > Ansteigen der Bevölkerung • Dreschflegel, Dreifelderwirtschaft, moderne Mühlen > zunehmende Technisierung der europäischen LW • Anwachsen der Geldwirtschaft > Ware-GeldBeziehung entwickelt sich • Bäuerliche Überproduktion gegen Geld getauscht • Geld > fördert Beziehung zwischen Arm und Reich • Straßen und Meere sind sicherer geworden, Ernteerfolg verbessert sich • Aufschwung für Handel und Gewerbe (Handwerker, Kaufleute, Geldwechsler) • „Stadtluft macht frei„ > Bauern und Unfreie stürmen in die entstandenen Städten und fliehen somit vor der Unterdrückung durch den Lehnsherrn • gesellschaftliche Arbeitsteilung > Handwerk von Landwirtschaft getrennt • lokale Märkte > Nah- und Fernhandel • Veränderung im sozialen System > „Städtische Umwälzung„ > Stadtwirtschaft im Widerspruch zur Agrarwirtschaft des Feudalismus • Bürgertum als neue soziale Schicht in den Städten > Bürgertum in sich differenzierbar • Burgenbau, Klosterbau • Bildung von Territorien durch Adlige > Versuch einer einheitlichen Verwaltung • Kirche verbreitet Mißstimmung in der Bevölkerung > Personalpolitik, Finanzpolitik, hohe Ausgaben für internationale Reputation und Kreuzzüge • Paris > Zentrum europäischer Gelehrsamkeit > Anfang 13. Jh. Bildung von Universitäten > rationalen Geist schärfen (für Kreuzzüge, politische Fragen u.a.) > fördert Bildungswesen • Feudalherren > Aufteilung in niederer und hoher Adel • Entstehung der Ministerialität (Reichs-Ministerialität) • Ständeordnung: Adel > Klerus > Bauern und Arbeiter Spätmittelalter • Blütezeit der Hanse • Hundertjähriger Krieg • Zusammenschluss nordeuropäischer Städte > Sicherung von Handel und Schifffahrt • Kolonisation des Ostens > steigert Handel • Verweltlichung und Verfall der Kirche > Reformbewegung der Kirche • wirtschaftlicher Aufstieg Europas > steigende Bevölkerung, Handel und gewerbliche Arbeitsteilung > entscheidend dafür die geeignete Lage der Städte an See-, Land- und Flusswegen • Stadtrechte, Stadtregiment (Verwaltung, Gericht) • Zunftkämpfe mit dem Patriziat • Steuern: Vergabe (Nutzungsrechte = Zoll, Münze, Bergbau), Bede (Bitte), Ungeld (direkte und indirekte Steuer) • III. Veränderungen des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Mittelalter (Doreen Pieper) 1. Einführung in das Thema • • Mit dieser Arbeit sollen die Erscheinungsbilder Demokratie und Diktatur im Mittelalter verdeutlicht werden. Um dies zu erreichen wird das Mittelalter im Folgenden veranschaulicht. 1.1. Epocheneinordnung des Mittelalters • • • • • liegt zwischen Antike und Neuzeit wird in drei Epochen unterteilt: (1.) Frühmittelalter ( ab ca. 5./6. Jh.), (2.) Hochmittelalter (ab ca. 10./11. Jh.), (3.) Spätmittelalter (ca. 14.-16. Jh.) Mittelalter als Solches nur im Abendland (Europa) Abwendung vom sozialen, politischen etc. Fortschritt der Antike nicht geklärt „dunkles Zeitalter„ aufgrund der Unterdrückung der Menschen; Elend durch Hunger, Armut und Krankheiten; Lebensziel: Überleben der Familie sichern 1.2. Kurze, allgemeine Definition von Demokratie und Diktatur Demokratie • Volksherrschaft • Grundlage von politischer Freiheit und rechtlicher Gleichheit • Rechtsstaatlichkeit: allg., geheimes, freies, gleiches Wahlrecht; Parteien als Träger d. politischen Meinungsbildung • individuelle Rechte der Menschen (z.B. Meinungsfreiheit) • Regierung als Vertreterin des Volkswillens • Würde, Freiheit und Gleichheit des Staatsbürgers wird garantiert • Parlament > Volkssouverän • unmittelbare, mittelbare/repräsentative D. • Gewaltenteilung Diktatur • mit unbeschränkten Vollmachten im Staatsnotstand ausgestattet • autoritäres, demokratiefeindliches Staatssystem • Polizeistaat • Gewaltherrschaft Entstehung der Demokratie und Diktatur ist bereits im Kompendium 3 erklärt. 2. „Lebensalltag im Mittelalter„ • • Leben ist gekennzeichnet von harter Arbeit, Hunger, Abhängigkeit, Krankheiten und Mißernten kaum Freiheiten für Bauern oder Unfreie; willkürliche Herrschaft von König, Fürsten und Kirche 2.1. Die Lebenssituation der Menschen Das Frühmittelalter • Bauern und Unfreie in Abhängigkeit eines Grundherrn • Agrarwirtschaft > politische Macht und soziale Bedeutung beruhen auf wirtschaftlicher Basis (Grund und Boden) • fehlende Arbeitsteilung und Spezialisierung • kaum Ware-Geld-Beziehungen Seite 13 Doreen Pieper • • • • • • • • III. Veränderungen des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Mittelalter deutsche Territorialstaaten > Ansätze zur Bildung von „Staaten im Staate„ (Immunität, Lehnswesen, Reichspolitik) Bürgertum etabliert sich gegen feudalen Adel „Goldene Bulle„ 1356 > Königswahl festgelegt 14. Jh. > Russland im Begriff zu entstehen 15. Jh. > „Wiedergeburt der Antike„ > griechisches Gedankengut > italienische Renaissance Ende 15. Jh. Aufbau eines spanischen Reiches unter Isabella von Kastilien Höhepunkt der Inquisition (15. Jh.) Verbreitung der Universitäten > Einsetzen von gelehrten Beamten oder Geistlichen in Ämter • • 2.2. Die Rolle der Kirche • • • • • • • • • • • die Machtposition der Kirche verschiebt sich im Laufe des Mittelalters während im Frühmittelalter an die Lehren der Kirche zweifellos geglaubt wurde, kommen spätestens im Hochmittelalter durch steigende Rechte der Menschen und die zunehmende Bildung Zweifel an der Allmacht der Kirche auf politische Rechte des Papstes im Frühmittelalter: Verleihung der Kaiserwürde, neben dem König das höchste Amt geistliche und weltliche Politik arbeiten zusammen > Kirche unterstützt König, König sorgt für Kirche im 11. Jh. erwächst durch „Gottesfriedensbewegungen" die Forderung nach einer Reform der Gesamtkirche Ende des 11. Jh. beginnt der Investiturstreit (u.a. Verbot der Priesterehe, Verbot der Laieninvestitur) Glaube an Wohlwollen der Kirche sinkt > „Vetternwirtschaft„, Ausgabe der schwer erarbeiteten Steuern für Prestigesachen der Kirche Ende 13. Jh. > päpstliche Weltherrschaft zu Ende Großes Schisma: Europa spaltet sich in die Lager Häresie (Irrglaube) und Aberglaube (Hexenwahn) Reformbewegung setzt Anfang des 15. Jh. ein > beseitigt u.a. das Schisma, verweltlichtes Papsttum erstarkt, Scheitern innerkirchlicher Reformen 2.4. Das Lehnswesen als gesellschaftliche Form • • • • • • • • • • • • • • Lehen setzt Gehorsam und Treue voraus soll „Personenverbandsstaat„ darstellen beeinflusst durch das römische Klientelwesen Grundherr verleiht Land und Ämter und erwartet dafür militärische und andere Dienste Lehen bekam Erblichkeitsrecht > schwächt Königsstärke als Oberlehensherr adlige Kronvasallen wurden zu Rittern und die Untervasallen blieben unfrei 2.5. Die Urbanisierung und ihre fortschrittliche Auswirkung • • • 2.3. Die Bedeutung der Ständeordnung • • einer muoter alle...„ > später Losung bei Bauernaufständen Ordnung des Lehnswesens: der König gibt an adlige Kronvasallen (Markgrafen, Grafen u.a.) ein Amt, Lehen und Schutz und bekommt dafür von ihnen Dienste, Treue, Rat, Hilfe und einen Treueid / die adligen Kronvasallen geben ihr Eigengut daraufhin an Untervasallen weiter mit ihrem Schutzversprechen und erhalten dafür Treue und Treueid, sowie Kriegsdienste als Reiter Feudalstaat: innere Funktion (Schutz der Feudalherrschaft gegen den Widerstand der feudal abhängigen Bauern) und äußere Funktion (Erweiterung der feudalen Ausbeuterschaft durch Verteidigung des Herrschaftsbereiches, Eroberung fremden Territoriums) Heerschildordnung im Hochmittelalter: Herrscher (König) > Kronvasallen (Herzöge, Grafen, Bischöfe, Reichsäbte) > Aftervasallen (Ritter, Dienstmannen, Äbte) > unfreie Bauern • Grundlage der ständischen Ordnung Unterscheidung nach politischem Einfluss: Adel > Klerus > Bürger (Hochmittelalter) als schöpfungsbedingt angesehen Gliederung der christlichen Gesellschaft in: „Lehr-, Wehr- und Nährstand„ > Beter, Kämpfer und Bauern persönliches Bekenntnis zu einem Stand sagt nicht unbedingt etwas über soziale und rechtliche Stellung der Person aus Rittertum und Ritterstand > spiegelt nicht die Realität des Mittelalters wieder > Stand für Angriff und Verteidigung > meist Adlige > erst später für Nichtadlige zugänglich > Ritterspiele Feudalherren und Bauern > von Gott gegebene Stellung Johann Salisbury (12. Jh.) > Vergleich der Feudalgesellschaft mit dem menschlichen Körper: Krieger bilden Arme und Hände, Bauern und Handwerker stellen Füße dar > Stände sind aufeinander angewiesen Honorius Augustodunensis (12.Jh.): Vergleich der architektonischen Struktur der Kirche mit den Ständen > Lehrer bilden die Fenster (Lichtquelle, schützen vor Sturm); Säulen = Bischöfe; Balken des Dachstuhls = weltliche Fürsten; Ziegel = Ritter (Schutz vor Regen, Verteidigung); Boden der Kirche = untere Bevölkerungsschichten > ernähren und erhalten die Kirche durch ihre Arbeit) Hugo von Trimberg (13.Jh.) > Dichter > vor Gott sind alle Stände gleich > „Pfaffen, ritter und gebûre sind alle gesippe von nature...Nû si wir doch geborn von • • • • • • • • • • • • Seite 14 Entstehung der Städte seit dem 11. Jh. > Blütezeit der Feudalgesellschaft große Einwirkung auf feudale Gesellschaftsstruktur und Lage der Bauern „Stadtluft macht frei„ > Stadtfreiheit > frei von grundherrlichen Abhängigkeiten Stadtsiegel, Stadtgericht, Schreinsbücher (ähnlich Grundbücher) Bildung von Kommunen > oft gewaltsame Verdrängung oder Tötung der bischöflichen Stadtherren > kommunale Bewegung im 11. und 12. Jahrhundert Kommunen > neue soziale Kräfte mit politischem Durchsetzungswillen, oft rechtliches Konzept > Kommune = „Reizwort„ der Zeit > rütteln an bestehendem herrschaftlichen Strukturen Bildung von Zünften und Gilden > Entstehung eines Stadtbürgertums Bürgertum wird im Laufe des Mittelalters fast so mächtig wie der Adel Stadt bedeutete > mehr Menschen auf engem Raum Stadtsicherung > Mauern, Türme Städte sind in ihren Rechten und Freiheiten regional verschieden mentale Differenzierung zwischen Stadt und Land > feine, gebildete Lebensart gegen ärmliche, abhängige, arbeitende Ländler Kaufleute > soziale Führungsschicht vor Bildung der Zünfte Markt und Handel > Wesensmerkmal für Stadt > Stadtgründer und Marktherr profitierte von den Einnahmen des Ortes Bürger > sind nicht alle gleich > aber gleiche Rechte: Eigentum erwerben und vererben, Freiheit von grundherrlicher Ehebeschränkung, Schutz und Frieden der Stadtgemeinde wenn man als Unfreier in die Stadt kam wurde man „nach Jahr und Tag„ zum Bürger mit allen Rechten > Eid leisten und Nachweis eines Mindestvermögens/ Doreen Pieper • • • • • • • • III. Veränderungen des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Mittelalter Beispiel Frankfurt am Main 14. Jh.: „Den Bürgermeistern, Schöffen und dem Rat zu Frankfurt treu und gehorsam zu sein und Beistand zu leisten und ihnen und der Stadt Frankfurt Schaden abzuwenden, ihr Bestes zu fördern und in keiner Weise gegen sie zu handeln.„ Stadt > bietet Möglichkeiten für soziale Mobilität und individuelles Glücksstreben Kluft zwischen armen Handwerkern, Tagelöhnern etc. und den reichen Patriziern Markt-, Münz-, Zoll- und Befestigungsrechte (Stadtmauer) meist Kleinstädte mit weniger als 2000 Einwohner sehr schlecht hygienische Bedingungen (Pestrisiko) Pflicht: Steuern, Verteidigung Verstädterung Europas veränderte Gesellschaft Rat der Stadt > seit ca. 12. Jh. > ist das Organ für die Bürgerschaft (Selbstverwaltung) > Ausschüsse für z.B. Steuern, Landfrieden • • 3.2. Der Begriff des Rechts im Mittelalter • • 3. Demokratische und Diktatorische Elemente im Mittelalter • • • es gilt herauszufinden, ob demokratische oder diktatorische Elemente im Mittelalter auftreten oder eine Staatsform der gleichen sogar besteht hierbei wird nach typischen Merkmalen beider Regierungsformen gesucht • • • 3.1. Das Justizwesen und seine Bedeutung • • • • • • • • • • • • • • • • • (Ritterstand und gelehrte Juristen) > nicht vom Kaiser abhängig seit 12. Jh. Offizialgerichte > früheste Gerichtsform des Mittelalters (rechtsgelehrter Richter = Offizial, Gremium von Assessoren) > stellt ebenfalls Behörde dar (unteres Gerichtspersonal, z.B. Schreiber) man wandte sich langsam vom Gottesfrieden ab und dem Strafgesetz zu > es ging nicht mehr nur darum, Frieden zu stiften zwischen den verstrittenen Parteien, sondern Recht walten zu lassen, im Sinne von Recht sprechen, verurteilen und bestrafen Frühmittelalter Germanen: 3 Stände (1. der von den Göttern abstammende Adel, 2. Freie als werktätige Bevölkerung mit politischen Rechten, 3. Minderfreie und Halbfreie) Oberstes Organ = Landgemeinde (Thing) > Heerversammlung > Fürsten stellen Antrag > Volk muss einstimmig zustimmen (z.B. über Krieg und Frieden) sonst folgt die Ablehnung Gericht = Landgemeinde > entscheidet über Kultfrevel, Landesverrat, Kriegsverbrechen, Taten ehrloser Gesinnung > Täter wird aus der Gemeinschaft verstoßen, Todesurteil und Art der Vollstreckung „Volksgericht„ durch Schöffenverfassung reformiert > Mitwirkung der gesamten Gerichtsgemeinde unter Vorsitz des Grafen > Schöffen sprechen das Urteil Adlige übten oft „Privatjustiz„ aus Gericht als Institution noch nicht so verbreitet Verfahren und Recht hatten die Funktion Frieden herzustellen und eine Fehde zwischen zwei „Parteien„ zu unterbinden es gab z.B. das Gaugericht (Gaugraf führt Verhandlung) > meist Geldstrafen oder Freispruch durch Zeugenaussagen und das Königsgericht (in den Pfalzen) > überwiegend unförmlich > meist bei Mißtrauen gegen Verfahren des Gaugerichts Gericht > ein Richter, Vertreter der öffentlichen Gewalt, Urteiler, Schöffen Hochmittelalter bis Spätmittelalter Räte und Gerichte bilden sich heraus Gründung von Landfriedensgerichten (ein Hauptmann, Soldaten etc.) > sofortige Verfolgung bei Landfriedensbruch Gründung von Blutgerichten Hoftage mit Reichsvasallen durch den König abgehalten (Fürstenkollegium, Grafenkollegium, Städtekollegium) > später Reichstage Reichstag > Einstimmigkeitsprinzip Landtage > Prälate (Geistliche), Ritter (Adlige), Städte 1495 >Errichtung des Reichkammegerichts in Deutschland > Aufbau: 1 Richter, 16 Beisitzer • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • Seite 15 Frühmittelalter germanische Stammesrechte = leges > umfassende Gesetze einzelner Volksstämme (z.B. Gesetz über weiblicher Erbfolge bei Grundbesitz, Gesetz zur Zahlung einer Buße statt blutige Fehden zu führen) leges = Volksrechte > Gerichtsprozess: Gesamtheit der bewaffneten, freien Männer leges = Stammesrechte > entstanden durch aufschreiben der Gewohnheitsrechte von Rechtsgelehrten Codex Euricianus (ca. 475) > Überbleibsel eines Westgotengesetzes des Königs Eurich (römisch angehaucht) > enthält „Zivilrecht„ Lex Salica (507/511) > Bußkataloge, Regelungen für den Prozess, familien- und erbrechtliche Dinge Karl der Große > Mängel an Volksrechten > ergänzte das Volksrecht, Neueinbringung: kaiserliches Volksrecht (muss vom Volk akzeptiert werden) Funktion des Rechts = Frieden sichern heutige Trennung von Strafrecht und Zivilrecht sowie Strafprozess und Zivilprozess existiert noch nicht der Gedanke, Straftaten verfolgen oder bestrafen zu lassen ist kaum vorhanden Strafrecht > Sühnegeldkatalog von Taten / offene und heimliche Delikte / Anstiftung oder Beihilfe kein Tatbestand > Leibesstrafe (z.B. Entmannung), Todesstrafe Privatrecht > Erbrecht und Familienrecht (z.B. Frau kann Besitz oder Grundstück erben) / Rechtsgeschäfte förmlicher (Bindung an einen Vertrag) / Möglichkeit Grundstücke an Kirche zu übertragen Hochmittelalter Cluniaszensische Reformbewegung > Verbot der Laieninvestitur und des Ämterkaufs, Durchsetzung des Zölibats 1122 Wormser Konkordat > Beendigung des Investiturstreites (geistliche Würde durch Papst und Belehrung durch König/Kaiser) Volksrechte „verlieren an Bedeutung„ Lehensrecht ab ca. 12. Jh. > Heerschildordnung, Belehnung „von oben nach unten„ (Lehensrecht = Kaiserrecht) Stadtrechte > Marktrecht, Gewohnheitsrecht, Bauvorschriften etc.) Eigentum, Grundsteuer, Miete etc. werden ein Begriff Gottesurteile abgeschafft „Sachsenspiegel„ > vermischt weltliches mit geistlichem Recht, Rechtssammlung ab 13./14. Jh. > das römische Recht wird wieder entdeckt Spätmittelalter Steuergesetzgebung > Landtage 1356 Goldene Bulle > Grundgesetz des HRRDN (Rechtsstellung der Kurfürsten, legt Königswahl fest) kaiserliches Recht Prinzip der Öffentlichkeit fällt überwiegend weg Stadtrechte und städtische Rechtspflege (Stadtrechte, Stadtbücher etc.) 1495 Reichstag in Worms > ewiger Landfriede mit dem Ziel die Fehden zu beseitigen, Reichstag wird Verfassungsorgan, Reichskammergerichtsordnung Doreen Pieper • III. Veränderungen des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Mittelalter Reichskammergericht > Grundsatz > das Recht des Einzelnen geht vor dem gemeinen Recht • • 3.3. Die Vertretung „moderner„ demokratischer und diktatorischer Elemente • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • Frühmittelalter keine Form der Regierung > Adel/König und Klerus herrschen „gemeinsam„ > verteilte Herrschaftsbereiche keine Wahlen > Menschen werden in ihre Lebenssituation hineingeboren oder hineingezwängt und haben kein Mitbestimmungsrecht an den Ereignissen ihres Landes Wahlen finden zwar statt, aber nur als Königswahl > geistliche und weltliche Vertreter wählen oder setzen ein kein Parlament > keine Parteien > keine Volksvertretung durch die sich die Menschen „äußern„ können kein vorhandener Staatshaushalt > unausgeprägte Staatenausbildung > Zersplitterung der Ländereien Gewaltenteilung nicht bekannt > Herrschaft des Adels und des Klerus ist willkürlich und uneingeschränkt Rechtssystem unausgebildet > Straftaten werden willkürlich je nach Ausmaß der Straftat vom Lehnsherr o.ä. „verhandelt„ lockerer Bund von Stämmen > eigene Sprache und Gesetze, keine Identifikation mit dem Deutschen Reich > Gemeinsamkeit lediglich der König Hochmittelalter trotz wachsender Herrschaftsterritorien > keine Staatenform königliche Rechte: Regalien, Verfügung über Reichsheer, Regalien, Hoftage, Münz- und Marktrecht, Zölle > Machtmißbrauch abhängig von König Herrschaftswechsel in Stadt erblich > nicht wählbar Gesellschaftsordnung des Bürgertums: Landesherr > Adel/Klerus > freies Bürgertum > Unfreie Art Verwaltung > Finanzierung des Schutzes der Stadt (z.B. Mauer) > selbständig von Bürgern > Schöffenrat entscheidet bei Streitigkeiten Stadt: Zensuswahlrecht > zeitweise Grundbesitz Voraussetzung für Wahlteilnahme, Stimmen je nach Stand > Schöffenrat durch Vetternwirtschaft der Patrizier ausgehöhlt Zünfte > handwerkliche Regelungen, Hierarchie, familiäre Bindungen soziale Spannungen: Pest, Missernten > Revolten > Einführung des Mitspracherechts der Zünfte im Schöffenrat niedere Handwerker, Frauen, Juden > kein Mitspracherecht > dennoch rechtlich bestrafbar Spätmittelalter Herrschaftsterritorien verändern ihre Form > leicht staatliche Gliederung erkennbar demokratische Züge in Stadtverwaltung und Steigerung der Bürgerrechte Nationalbewußtsein bildet sich heraus (z.B. Kommunen) > Deutschland, England, Spanien etc. gewisse Steigerung des Lebensstandards > dennoch hierarchische Struktur der Bevölkerung 15./16. Jh. > Versuch innere Zerrüttung des Deutschen Reiches zu bekämpfen > „Ewiger Landfriede„ > Maximilian I. > Interesse an bürgerlicher Arbeit, fördert Landknechte und Artillerie dennoch kaum „Rechte„ für Frauen und Juden Modernisierungsprozess und Entwicklungsprozess des Gerichtswesens > mit verbesserten Rechtsgrundlagen etc. Bildungszentren entstehen > Universitäten > gelehrte Richter, Juristen, Schreiber etc. • • die Auffassung des Rechtsbegriffes wandelt sich im Laufe des Mittelalters anfangs wird willkürlich „gerichtet„, um Fehden harmlos zu beseitigen bei kirchlichen oder weltlichen Prozessen lässt man sich oft von Aberglaube und „Schein„ leiten und es gibt harte Strafen von Folterung bis Tod mit der Zeit wird das Recht etwas „humaner„ und die Gerichte suchen durch Zeugen etc. die Wahrheit zu finden das Gerichtswesen wird ab Ende des Hochmittelalters und im Spätmittelalter immer komplexer, fortschrittlicher und sicherer und bietet in Ansätzen die Form der folgenden Justiz (z.B. Reichskammergericht) 3.4.1. Das Bild der Frauen und Juden • • • • • • • • • • • • • kein demokratischer Aufstieg der Frau im Mittelalter > unmündig, von Vater oder Ehemann abhängig > keine Wahlen oder Mitspracherechte, kaum/kein Anteil an staatlicher Herrschaft, öffentliche Ämter sind ihr versagt im politischen Sinne keine Rechte > dennoch vor Gericht strafbar (z.B. Hexe, Ketzerin, Kindstötung) Kirche > frauenfeindliches Bild Witwe > verfügt über Mitgift, Erbe des Mannes, Selbstverlobungsrecht trotz Entbehrung „männlicher Rechte„ > Abgaben, Steuerlast (Junggesellinnen, Witwen) gerichtliches Klagerecht eingeschränkt ab Spätmittelalter beruflicher Aufstieg möglich abwechselnde Toleranz und Abschiebung der Juden > nicht wirklich gern gesehen Dortmund > einzige Stadt mit Synagoge, Frauenbad, jüdischer Friedhof (14. Jh.) sozialer Neid auf Juden > Bestätigung in Berufen wie Kaufleute, Steuereinnehmer, Goldschmiede, Ärzte nach Kreuzzügen > enorme Judenverfolgung erhebliches Schutzbedürfnis > keine Rechte, kein Ansehen in der Bevölkerung Abgaben zahlen, vor Gericht strafbar 4. Ein Musterbeispiel d. Demokratie: England • • • • • • • 3.4. Recht im Sinne der Gerechtigkeit Seite 16 Königsmacht früh eingeschränkt 1215 König Johann Ohneland > Magna Charta > Rechte des Adels, der Bauern und Kaufleute schriftlich festgehalten Art Verfassung: Gesetze und Rechte an die sich der König halten muss Mitbestimmungsrecht der Barone > wollte der König Gesetze oder Steuern ändern, brauchte er die Zustimmung der Barone Barone > Allgemeiner Rat > ab 13. Jh. in Parlament umbenannt (hier dürften auch Vertreter des niedrigen Adels und 2 Bürger aus jeder Stadt teilnehmen) Parlament teilte sich in Oberhaus (House of Lords) > nur Barone, erblich (Sitz von Vater auf Sohn), meistens auf der Seite des Königs und Unterhaus (House of Common) > Vertreter der Grafschaften und Städte (vom Volk gewählt, reiche Bürger) die Grundzüge dieser Verfassungsvorlage sind auch heute noch in der englischen Verfassung verankert, sowie sich das House of Lords und House of Common beibehalten hat (innere Strukturen sicher etwas „moderner„) Doreen Pieper III. Veränderungen des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Mittelalter 5. Auswertendes Fazit Am Verlauf der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklung im Mittelalter kann man eine steigende Tendenz erkennen. Daher ist die Epoche des Mittelalters der Lineartheorie zuzuordnen. Das bedeutet, dass sich die allgemeine Lebenssituation der Menschen im Laufe der Jahrhunderte zum höheren entwickelt (nach Marx). Kommunikationsschwierigkeiten und ideologische Barrieren werden allmählich abgebaut, u.a. durch das stete Anwachsen von Städten, Märkten und Handel. Den Menschen, im Allgemeinen zwar eher den Männern, öffnen sich durch die Stadtfreiheit neue Möglichkeiten, z.B. im Beruf aufsteigen und nicht mehr Abhängiger eines Grundherrn/Gutsherrn sein. Dies führt zum Zusammenschluss von Zünften und Gilden und zur Entstehung einer neuen Schicht im Hochmittelalter: Das Bürgertum. Mit dem Erstarken des Bürgertums (bis zum niederen Adelstand) eröffnen sich neue Rechte und Einrichtungen im Land. Es entstehen Versammlungen, Räte, Gerichte (welche sich immer mehr spezialisieren) und Rechte, wobei sich auch die Ahndung von Verbrechen änderte. Hatte man im Frühmittelalter noch Buße geleistet oder Geld bezahlt, so wurden die Verbrechen spätestens ab dem Hochmittelalter untereinander differenziert (schwerwiegendes Verbrechen oder kleine Fehde) und je nach dem mit Folter, Geldstrafen oder sogar Todesstrafen bestraft. Diesen Fortschritt im Justizwesen ist u.a. die Entstehung von Universitäten zu verdanken. Sie bildeten u.a. Gelehrte für das Justizwesen aus, damit diese ein formelles, rechtskräftiges Verfahren einleiten konnten. Doch die Rechte, die sich in der Stadt entwickelten, kamen meist nicht bis aufs Land. Deshalb unterscheidet man das konservative Landrecht von dem fortschrittlichen Stadtrecht. Umso mehr sind die Zuwanderungsströme in den Städten zu begreifen. Durch die verbesserte Wirtschaft, was u.a. neuen „Techniken„ wie der Wind- und Wassermühle zu verdanken ist, hebt sich der Lebensstandard und die Lebenserwartung der Menschen. Durch das Bestellen der Felder in Form der Dreifelderwirtschaft steigt die Produktivität der Ernten. Trotz allen Fortschritts dürfen nicht die mittelalterlichen Kriege vergessen werden (z.B. Kreuzzüge), die Krankheiten (z.B. Pest in den Städten aufgrund der Enge und mangelnder Hygiene) und auch wetterabhängige Ernten. Dies alles diente jedoch als Katalysator für die niederen Bevölkerungsgruppen, um für ihre Rechte einzutreten (überwiegend in den Städten durch die starken Bande der Zunft oder Gilde). Man kann aufgrund der während des ganzen Mittelalters bestehenden Ständeordnung, oder später Heerschildordnung, nicht von einem einheitlichen, sondern von einem in sich unterscheidbaren Volk sprechen. Somit fällt von vornherein der demokratische Hauptfaktor, die Volksherrschaft, aus. Weiterhin sind die Menschen vor dem Recht, soweit dieses als für alle Menschen geltendes Recht besteht, nicht gleich. Weiterhin gab es keine direkte Volksvertretung, frei nach dem Motto „Jeder ist sich selbst der Nächste„ wurde sich um die Familie gekümmert und seiner jeweiligen ständemäßigen Arbeit nachgegangen. Die Schritte in Richtung des einheitlichen Staates, und somit auch Volkes, werden zwar gemacht (z.B. Trennung von weltlichem und kirchlichem Bereich), reichen aber bis zum Spätmittelalter noch nicht aus für ein einheitliches Deutschland. Durch die Zersplitterung, die zwar bis zum Spätmittelalter abnimmt, kommt trotz des gemeinsamen Königs kein föderaler Staat zustande. Erst ab dem 12. Jahrhundert und danach setzt ein wachsender nationaler Gedanke ein und ein Bewusstsein des Individuums. Dennoch wurde das Land in eine Vielzahl verschiedener Gewalten, Grundherren, Großvasallen und Städte „geteilt„, welche sich unterschiedlich und zum Teil lose auf die monarchische Spitze richteten. Außerdem sind die Ansätze moderner Staatlichkeit von Land zu land verschieden. Der Adel etc. ist im Mittelalter noch nicht völlig für Zugeständnisse an die Bevölkerung zu haben, aus dem einfachen Grund, dass sie keinen Machtverlust oder die Kontrolle über ihre Territorien riskieren wollen. Deshalb entwickeln sich spätestens seit dem Mittelalter in den Städten z.B. Kommunen und auf dem Land Bauernzusammenschlüsse, welche u.a. um 1524/25 den Deutschen Bauernkrieg führen. Abschließend kann man sagen, dass es Ansätze für die Demokratie schon gab, aber mehr im Unterbewusstsein des Menschen. Es mangelte an Bildung und demokratischer Erkenntnis der Menschen und der Zugeständnisse durch den Adel. Wahlen fanden nur bei der Wahl zum König statt, und hierfür wurden spezielle weltliche und geistliche Vertreter des Adels und Klerus eingesetzt. Der Begriff des Volkes ist nicht verbreitet, die Staatsform ist dezentralisiert und in Fürstentümer etc. zersplittert. Es gibt keine Verfassung und keine allgemeingültigen Rechte und wenn dann nur für Männer. Frauen und Juden werden in ihren persönlichen Freiheiten und Rechten bis auf das äußerste eingeschränkt. Auch eine Volksvertretung gibt es nicht, schon aus dem Grunde weil der Begriff „Volk„ kaum relevant ist. Die Menschen sind nur in ihrem Stand gleich und werden danach beurteilt. Für die Diktatur gibt es eigentlich kaum Möglichkeiten zur Entfaltung, da die Herrschaft verteilt ist auf König, Adel und vorerst dem Klerus. Es gibt keinen allmächtigen Alleinherrscher, auch in der Monarchie des Mittelalters nicht, der seine Ideologie an sein Volk geben kann, da es kein einheitliches Volk gibt. Aufgrund des fehlenden nationalen Bewusstseins gibt es auch kaum diktatorische Ansprüche, jeder will für sich selbst das Beste raus holen. Weiterhin gibt es keine/kaum exekutiven oder legislativen Institutionen, welche die Ideologie des Herrschers durchsetzen könnte. Seite 17 Steve Knitter IV. Die Veränderung des Demokratie- und Literaturverständnisses im Zeitraum von 1500 bis 1800 1. Einleitung Auf den folgenden Seiten soll ein Überblick über die Demokratieentwicklung im 16-19 Jahrhundert gegeben werden. Es wird zuerst auf die wichtigen Denker und ihre Staatstheorien sowie ihr Demokratieverständnis eingegangen. Anschließend werden 3 Beispiele näher erläutert, wie das Volk sich gegen die absolutistische Staatsform wendet und eine Demokratie oder eine demokratischere Monarchie einführt, dass soll auch die Probleme deutlich machen, was passieren kann, wenn man gewisse Sachen nicht berücksichtigt bei der Staats- bzw. Verfassungsbildung. Im Anschluß an die drei Beispiele, bekommt der Leser eine Darstellung, wie es zu der Amerikanischen Verfassung kam und welche Probleme bei der Erstellung berücksichtigt werden mussten. Diese Ausarbeitung hebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie sollte als Aufhänger zu weiteren Überlegungen dienen und auch als solcher verstanden werden. • Die Entwicklung des Demokratie Diktaturverständnisses 1500-1800 • (Steve Knitter) • 2.Demokratietheorien und andere Staatstheorien • 2.1.)Locke Vorläufer der liberalen Demokratie • • • • • • • • • • 2.3.)Rousseau 1690 „Zwei Abhandlungen über die Regierung„ gegen die Rechtfertigung der absoluten Monarchie politische Ordnung = völliger Gleichheit und Freiheit die durch Rücksicht auf andere und die Notwendigkeit friedliche Lebens begrenzt ist Leute schließen sich zum Staat zusammen um Eigentum zu sichern Aufgaben der Staatsgewalt beschränkt Machtmittel des Staates beschränkt 3 Träger der Macht Legislative (Parlament) Exekutive und Föderative (äußere Sicherheit) vom Monarchen und seiner Reg. Die Macht erfordert die Zustimmung der Bürger Richtet sich die Macht gegen Unversehrtheit der Person und dem Eigentum ist es eine Tyrannei Im allg. Machtbegrenzung, Verantwortlichkeit des Machtträgers dem Volk gegenüber, Bedeutung des Privateigentums • • • • • • • • • • • • • • Begründer der direkten Demokratie in der Theorie Nach seiner Theorie Mensch immer gut und in öffentlichen Angelegenheiten tugendhaft entscheidet Mensch ist aber durch Gesellschaft, Institutionen und Konventionen sich selbst entfremdet Ziel eine Ordnung mit Freiheit Gleichheit und Gerechtigkeit Alle schließen sich zum gemeinsamen Schutz zusammen Jeder stellt seine Person unter den Allgemeinwillen Staat soll die Einzelinteressen bis zur Todesstrafe unterdrücken Parteien Gewerkschaften gegen Rousseaus Vorstellungen Mensch muss gezwungen werden das Richtige zu wollen da er es selbst nicht erkennt 2.4) Hobbes 2.2.)Montesquieu • Die Judikative besteht nur noch aus Volk und Adel (Volksgericht, Adelsgericht, Volkskammer, Adelskammer) Die Wahl der Volksvertreter wird öffentlich durchgeführt die Stimmabgabe in der legislative und Regierung erfolgt geheim (umgekehrt wie heute) Montesquieu versteht unter Volk „nur das vermögende Bürgertum„(Riklin 1989 Montesquieus freiheitliches Staatsmodel in PVS 30, 420-442) Seine Vorstellungen wurden im großen und ganzen bei der Amerikanische Verfassung beachtet Montesquieu selbst war für eine konstitutionelle Monarchie mit demokratischen Elementen • menschliche Neigung zum Machtmissbrauch soll Gewaltenteilung unterbinden Legislative Exekutive und Judikative Jede Staatsgewalt hat die andere in Schach zu halten(„que le pouvoir arrête le pouvoir„(De l‘ esprit des los XI, 4)) Für die Repräsentation des Volkes durch Volksvertreter Legislative besteht aus Volkskammer, Adelskammer und Monarch wobei das Volk die höchste Stellung einnimmt Exekutive besteht wie Legislative aus 3 Kammern diesmal hat aber der Monarch die höchste Stellung und die Volkskammer die Schwächste • Seite 18 Hobbes unterscheidet in nur 3 Staatsformen, der Monarchie der Aristokratie und der Demokratie („denn es besitzen entweder einer, mehrere oder alle die gesamte souveräne Gewalt die (...) unteilbar ist„ (Leviathan 145) Hobbes ist gegen Demokratie da die Vielzahl an Personen die an der Entscheidungsfindung beteiligt sind zu groß ist („Die Entscheidung eines Monarchen sind nur so unbeständig wie die menschliche Natur. In Versammlungen dagegen kommt zur natürlichen Unbeständigkeit noch die Zahl„ (Leviathan147) Steve Knitter IV. Die Veränderung des Demokratie- und Literaturverständnisses im Zeitraum von 1500 bis 1800 3.Der Weg zur Demokratie Warum scheiterte die Republik in England? • der Sohn Cromwells war nicht in der Lage die Macht zu behaupten Warum verlief die Demokratisierung trotzdem erfolgreich ab? • Karl II. ließ Puritaner wieder verfolgen • Spannungen zwischen Parlament und Krone • Absetzung Jacob II. Anerkennung seines Bruders Wilhelm von Oranien • Er erkannte 1689 das Glaubensfreiheit die Lösung ist 3.1 England • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • Schottland: presbyterianische Kirche England: anglikanische Kirche Irland: katholisch Puritanismus: geht aus der anglikanischen Kirche hervor Nonkonformisten: protestantisch Dissenters: Personen die sich weigern, die Autorität oder die Gesetze einer staatlichen Kirche anzuerkennen 1603 Jacob I. schottischer König nennt sich Erbe des britischen Königs stützt sich auf anglikanische Staatskirche Bischofskonferenz in Hampton Court verdammt deswegen den Puritanismus und Katholizismus 1604 1605 Pulverbeschwörung der Katholiken gegen absolutistischen Neigung des britischen Salomos (Titel-, Ämterkauf, Steuerauflagen) bildet sich eine Parlamentsopposition des Landadels und des Bürgertums zur Wahrung der alten Rechte 1625 Karl I. Verschärfung der Gerichtsbarkeit und Steuerforderung (1635 Flottenbau) nach Mehrfacher Auflösung des Parlament verlangt es 1628 in der Petition of rights mehr Sicherheiten vor willkürlichen Verhaftungen und Besteuerungen 1629- 40 Parlamentslose Regierung Verfolgung aller politischen und religiösen Gegner (Nonkonformisten, Puritaner, Dissenters) Puritaner (kalvinistische Bewegung) fordern Reinigung vom kath. Kultus auf Bibelgrundlage die Independenten (radikale Puritaner) fordern unbedingte Meinungsfreiheit 1638 Aufstand der Schotten gegen Einführung der anglikanischen Kirche zur Kostenbewilligung des Krieges gegen die Schotten Einberufung der Kurzen Parlaments später des Langen Parlaments beherrscht von Puritanern 1642-48 Bürgerkrieg zwischen Krone und Parlament veranlasst durch irischen Volksaufstand und der Verhaftung einer der Führenden Köpfe des Parlaments John Pym entscheidend war das eintreten der schottischen Truppen sowie des Parlamentsheer unter Führung Cromwells 1648 Sieg Cromwells über Schotten 1649 Hinrichtung Karl I. Abschaffung Monarchie Commonwealth wird ohne Oberhaus und Staatsrat regiert Cromwell regiert die Republik wie ein Monarch Hat das Recht das Parlament auflösen 1658 Tod Cromwealth unfähige Sohn dankt ab General Monk stellt Monarchie wieder her 1660-85 Karl II. Verfolgung der Puritaner und Restauration der anglikanischen Kirche führen zu Spannungen zwischen Krone und Parlament 1672 Indulgenzerklärung (Nachsichtserklärung) zugunsten der Katholiken und Dissenters 1673 Testakte Ausschluß aller Nichtanglikaner aus Staatsämtern (als Reaktion auf 1672) 1679 Habeas Corpus Akte Schutz vor willkürlicher Verhaftung und Sicherung der persönlichen Freiheit 1685-88 Jakob II. versucht kath Restauration Widerstand der Anglikaner und schottischen Bauern 1688 unerwartete Geburt Jakobs III. ⇒ Gefahr einer dauerhaften kath. Dynastie unblutige Revolution Flucht Jakobs II. nach Frankreich 1689 Declaration of Rights (Steuerbewilligung, Redefreiheit, kein stehendes Heer mehr) Einführung der konstitutionellen Monarchie Legislative, Exekutive und Sicherung der persönlichen Freiheit und des Eigentums der Bürger nach John Locke 3.2 Frankreich 3.2.1 Französische Revolution • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • Seite 19 Girondisten: vor allem das liberale, wohlhabende Bürgertum im Westen und Süden Frankreichs Jakobiner: für konstitutionelle Monarchie nach Fluchtversuch Ludwigs XVI. gegen jede Form der Monarchie Befürworter Rousseaus Royalisten: Anhänger des Königs Situation in Frankreich vor der Revolution Schwäche des absolutistischen System Prestigeverlust und Autoritätsverlust Ludwigs XV. durch militärische Misserfolge sowie verschwenderische Lebensweise Feudalordnung weckt in allen Ständen Unzufriedenheit Adel besitzt Steuerfreiheit Ärmsten tragen die Steuern Aufklärung kritisiert die sozialen Zustände so das eine Opposition entsteht die von der priviligierten Oberschicht und der Bourgeoisie getragen wird Forderungen: Beschränkung der absoluten Monarchie und Abschaffung der Kabinettsjustiz der 3. Stand fordert politisches Mitbestimmungsrecht und soz. Gleichberechtigung 1774 Reformtätigkeit Ludwig XVI. Beseitigung der feudal und Zunftrechte, Aufbau einer Selbstverwaltung und Einführung der allgemeinen Grundsteuer Reformen werden durch die Hofpartei Marie Antoinettes zu Fall gebracht 1786 Handelsvertrag mit England verschlechtern Industriekrisen Hungersnöte, Unruhen sind die Folge 1788 Staatsbankrott Verdopplung der Abgeordneten des 3. Standes 5. Mai 1789 Eröffnung der Generalstände in Paris 3. Stand fordert Abstimmung nach Köpfen und nicht nach Ständen 17.Juni Erklärung zur Nationalversammlung 20.Juni Ballhausschwur sich nicht zu trennen bis die Verfassung steht 14.Juli Sturm auf die Bastille (politische Gefängnis) daraufhin folgen Bauernerhebungen im ganzen Land 4./5. August 1789 Abschaffung der Feudalordnung und Bauernbefreiung Klassenstaat entsteht Ämter und Gewerbefreiheit 26. August 1789 Erklärung der Menschenrechte ( persönliche Freiheit, Rechtsgleichheit und Weltbürgertum) 10. Okt. 1789 Einziehung kirchlicher königlicher Besitztümer Juli 1790 Verstaatlichung der Kirche, Aufhebung der Klöster und Orden, Wahl der Priester Wahl der Beamten, Richter, Geschworenen und öffentlicher Gerichte Wählen darf der aktiv Bürger (Vermögende) 1791 Fluchtversuch Ludwigs XVI. führt zur völligen Entmachtung 3.Sept. 1791 Verkündung der Verfassung konstitutionellen Monarchie 20.April.1792 Kriegserklärung an Österreich um von soz. Problemen abzulenken Steve Knitter • • • • • • • • • • • • • • • IV. Die Veränderung des Demokratie- und Literaturverständnisses im Zeitraum von 1500 bis 1800 25. Juli 1792 Manifest (Herzog von Braunschweig) zu Befreiung des Königs ( fordert das sich das französische Volk dem König unterwirft „Die Stadt Paris und all ihre Bewohner ohne Unterschied sind schuldig, sich sogleich ihrem König zu unterwerfen, ihn in volle Freiheit zu setzen...„ (Lb. Krieg und Frieden S.95 Z. 12-15) 10. Aug. 1792 kgl. Familie wird im Temple interniert Girondisten fordern Beseitigung des Königtums und Neuwahlen eines republikanischen Nationalkonvents Sept. 1792 Frankreich wird zur Rep. Erklärt 17.Jan. Enthauptung Ludwigs XVI. Staatsnotstand wird mit Fanatismus begegnet Juni 1793 absolute Volksherrschaft nach Rousseaus Theorie Konflikt zwischen Staat und Kirche da meisten Geistliche den verlangten Eid auf Verfassung nicht leisten wollen Legislative Volksvertretung, schwache Exekutive Menschenrechte, Rechtsgleichheit und Privateigentum wird garantiert Abstimmung für jedes Gesetz und Gewaltenteilung wird aufgehoben Rousseau lässt sich nicht praktisch verwirklichen Nach militärischen Misserfolgen stürzen die Jacobiner die Girondisten und errichten eine Diktatur 5.Okt. 1795 Niederschlagung des Royalistenaufstandes Versuche der Lösung der Finanzprobleme schlagen fehl ⇒ Staatsbankrott 4.Sept.1797 Staatsstreich Napoleons - 1793 beschloss Konvent Massenaufgebot um Bürgerkrieg zu beenden und den äußeren Feind schlagkräftig begegnen zu können. Getreidezufuhr nach Paris kam wegen Trockenheit ins stocken, Volksmassen in Bewegung, sie drangen in den Konvent ein und zwangen Gesetz zu beschließen jeder ,,Verdächtige ohne Umstände verhaftet und eingesperrt werden konnte". Revolutionsregierung entfernte sich indessen durch die Ausschaltung der politischen Gegner sowohl auf der radikaldemokratischen Seite (Club der Cordeliers, Hinrichtung der Führer am 24. März) als auch auf der gemäßigten Seite (Hinrichtung Dantons u.a. am 5. April 1794) von den Massen.Verhaftungswelle begann ,,Großer Schrecken" · Massenhinrichtungen Konvent verhinderte Inkrafttreten der neuen Verfassung trotz Siege gegen äußere und innere Feinde führte Robespierre die Politik fort und wollte scheinbar nur seine eigene Macht festigen. Voruntersuchung und Verteidigung vor Gericht wurde abgeschafft und nur Freispruch oder Todesurteil zugelassen (La Grande Terreur -der große Schrecken, 10. Juni). Im Konvent bildete sich eine Opposition aus rechten Jakobinern und Gemäßigten, die am 27. August eine Anklageschrift gegen Robespierre ohne Gegenstimme durchbrachte. 28.Juli Robespierre und 21 seiner engsten Anhänger ohne Prozess, unter Jubel des Volkes hingerichtet Bis zum 30. August folgten weitere 105 seiner Anhänger. Fazit: Rousseau seine Theorie führte dazu das sich einzelne Personen an die Spitze des Volkes setzten und den Allgemeinwillen diktierten. Robespierre war ein guter Redner und wickelte die anderen ein und konnte so seine Macht ausbauen bis er Diktator der „Demokratie„ war. Das Volk erhob sich erst gegen Robespierre als er immer größenwahnsinniger wurde und die Grundrechte des Menschen außer Kraft setzte (Recht auf eine Gerichtsverhandlung) Französische Verfassung 1791 3.3 Amerika • • • • • • • Warum schlägt der Versuch fehl? • die verschiedenen Gruppen wurden sich nicht einig • die außenpolitischen Probleme wurden zu groß • Rousseaus Theorie war nicht durchsetzbar da man den Allgemeinwillen mit Gewalt erzwingen musste aber es waren zu viele Einzelinteressen vorhanden • innenpolitisch traten zu viele Attentate auf (wichtige Führer wurden vom Gegner umgebracht) • • • 3.2.2 Diktatur der Jakobiner • Ziele der Politik des Schreckens waren: 1793 begann eine diktatorische Gewaltherrschaft 28. Juli 1794 unter Führung Robespierres Jakobiner im Konvent, Machtkampf mit Girondisten beenden Aufstand gegen die Bourgeoisie 29 Girondisten Abgeordnete verhaftet Montaguarden beherrschten den Konvent Bürgerkrieg gegen Montaguarden und Sausculotten in der Provinz • • • 1773 Boston Tea Party 1774 13 Staaten von Amerika beschließen Einstellung des Englandhandels 1775-83 Unabhängigkeitskrieg 4.Juli.1776 Unabhängigkeitserklärung erste Formulierung der Menschenrechte 1783 GB erkennt Amerikanische Unabhängigkeit an 17.Sept.1789 Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika Einzelstaaten ersetzen Kolonialstatuten durch Verfassungen Garantieren Volkssouverenität , Gewaltenteilung und Wahl zu allen Staatsämtern sowie Trennung von Kirche und Staat Gewaltenteilung nach Montesquieu in Judikative (oberste Gerichtshof), Exekutive (Präsident)und Legislative (Kongress) Kongress besteht aus zwei unauflösbaren Kammern dem Repräsentantenhaus (direkte Wahl auf 2 Jahre) und dem Senat (2 Vertreter pro Bundesstaat auf sechs Jahre) Präsident Oberhaupt wird von den Parteien nominiert und von Wahlmänner der Staaten indirekt gewählt, er kann einmal wieder gewählt werden Der Präsident ernennt die Minister und kann nur durch eine Staatsanklage abgesetzt werden Der Oberste Gerichtshof besteht aus 9 unabhängigen vom Präsidenten auf Lebenszeit berufenden Mitgliedern Verantwortlich für die Rechtsaufsicht über Verfassung und Gesetzgebung Warum war die Demokratisierung erfolgreich? Seite 20 Steve Knitter • • • IV. Die Veränderung des Demokratie- und Literaturverständnisses im Zeitraum von 1500 bis 1800 weil Amerika sich vom europäischen Einfluss entzogen hat weil in Amerika die Gesellschaft erkannt hat das die Monarchie „die ganze Welt in Blut und Asche gelegt„(LB Krieg und Frieden. S93 Z. 43) hat Amerika achtet aber die Rechte des Menschen („alle Menschen gleichgeschaffen sind„(LB. S.93 Z.14-15)) und somit kommt Monarchie nicht in Frage 4.2 Unterschied zwischen Demokratie und Republik • • Amerikanische Verfassung Erstens durch die Übertragung der Regierung auf eine kleine Anzahl von gewählten Vertretern zweitens durch die größere Anzahl von Bürgern sowie das größere Gebiet, über die sich die republikanische Herrschaft erstreckt. 4.3 Vorteile der großen örtlichen Distanz, Anzahl der Bürger und des größeren Staatsgebietes • • • • Anzahl fachlich kompetenter Repräsentanten nimmt zu die Forderungen der Wähler können gebündelt, kanalisiert und das Wichtigste kann ausgewählt werden Zahl der Sonderinteressensgruppierungen nimmt zu All dies erschwert die Herausbildung stabiler potentiell tyrannischer Mehrheiten 4.4 Wie und Warum Gewaltenteilung • • 4.4.1 die härtesten Argumente der Kritiker der Verfassung: • Der Präsident habe Vollmachten wie ein Monarch; • das Repräsentantenhaus repräsentiere nicht das Volk, sondern vor allem die Besitzenden und die Arrivierten; • das richterliche Recht zur Überprüfung von Gesetzen auf Verfassungskonformität hebe die Richter über die Stimmberechtigten; • die Regierung sei zu zentralistisch und gefährde aufgrund ihrer Machtfülle die Freiheit; • und das Volk schließlich komme nicht genügend zum Wort. neue Verfassung zielte auf eine Repräsentativdemokratie für einen bundesstaatlich gegliederten Großstaat Legislative in zwei Kammern 4.Federal Papers Verfassungsentwurf der Vereinigten Staaten • • • • • • 4.4.2 Die Lösung Exekutivgewalt sollte auf einen Präsidenten, übertragen werden Absicht starke Bundesregierung die sowohl in der Wirtschafts- und der Innen- sowie Außenpolitik handlungsfähig sein soll unabhängige Judikative • • • • befürworteten eine einheitliche, handlungsfähige bundesweite Regierung, die ausreichend stark sein müsse, um sich gegen äußere Feinde zu verteidigen und dazu, den Unionsbestand gefährdende Konflikte zwischen den Gliedstaaten zu verhindern oder zu überbrücken. Ferner zielten die Federalists auf die Schaffung eines einheitlichen Marktes Eine kraftvolle Regierung ist Voraussetzung für Gewährleistung von Freiheit, einschließlich des freien wirtschaftlichen Handelns, • 4.4.3 Legislative • • • 4.1Gründe gegen Direktdemokratie • • • System der "Gewaltenteilung durch Gewaltenverschränkung" Gewaltenaufteilung zur Freiheitssicherung Bündelung aller Staatsgewalten in einer Einrichtung oder in einer Person ist die eigentliche Tyrannei (Federalist Nr. 47). eine Staatsgewalt muss der anderen Paroli bieten (Gewaltenteilung nach Montesquieu) Der Gewaltenaufteilung und -verschränkung zufolge ist jede der Staatsgewalten einerseits weitestmöglich unabhängig von den beiden anderen Gewalten reine Demokratie im Sinne einer Versammlungsdemokratie kein Heilmittel gegen das "Übel der Parteiungen" (Federalist, Nr. 10) Direktdemokratie besitzt "keinen Mechanismus, um das leidenschaftsgetriebene Partikularinteresse an der Durchsetzung zu hindern, wenn es Mehrheiten findet" (Zehnpfennig 1993: 12, vgl. Federalist Nr. 55) Die reine Versammlungsdemokratie kann nur in Kleinstaaten verwirklicht werden. • • • in der Legislative entsteht am ehesten die tyrannische Mehrheit die Legislative in der Republik aufzuspalten und in ein System der wechselseitigen Kontrolle überzuführen Zwei Kammern mit unterschiedlichen Repräsentanten, die auf unterschiedlichem Wege gewählt werden Für die Vertretung der gesamten Bürgerschaft ist das Repräsentantenhaus zuständig Vertretung der Einzelstaaten obliegt hauptsächlich dem Senat pro Gliedstaat 2 Sitze (Federalist Papers Nr. 52-66). Die Legislative kann durch Amtsklage auf Exekutive und Judikative Einfluß ausüben; der Senat arbeitet bei der Ämterbesetzung und dem Vertragsabschluß mit der Exekutive zusammen 4.4.4 Exekutive Seite 21 Steve Knitter • • • • • • • IV. Die Veränderung des Demokratie- und Literaturverständnisses im Zeitraum von 1500 bis 1800 die Machtfülle des Präsidenten schürt das "tiefsitzende Misstrauen gegen die Exekutive" (Hampsher-Monk 1992: 203) Die Lösung bestehe darin, die Exekutive und den Präsidenten im Besonderen durch Sicherungen und Gegenkräfte einzugrenzen ("checks and balances"). Aufteilung der Exekutivkraft durch vertikale Gewaltenteilung (zwischen Bundesregierung und den Regierungen der Einzelstaaten) und durch horizontale Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und einer unabhängigen Judikative andererseits. Präsident soll nicht machtlos sein Er soll die Machtbefugnis haben sich notfalls auch notwendiger Maßnahmen jenseits des Gesetzes zu behelfen. Die Exekutive wirkt durch ihr Nominierungsrecht auf die Judikative, durch ihr Vetorecht auf die Legislative ein. verlangten ein Gesetzbuch der Rechte der Bürger traten für das Recht auf Pressefreiheit ein. Hauptanliegen Grundlagen der demokratischen Politik zu schützen. • Die Pressefreiheit sollte dazu dienen, die angemessene Repräsentation, häufige Wahlen und die Rolle des Volkes bei der Interpretation des Rechts und der Gesetze sicherzustellen Fazit: trotz der modernen Verfassung und den Ausspruch„alle Menschen sind gleichgeschaffen„ (LB Krieg und Frieden s.93 Z.14) ist es Amerika nicht gelungen die Sklaverei und den Rassismus zu begrenzen. • • • 4.4.5 Judikative • • • • • • • • Unabhängige Gewalt Hat die Schiedsrichterfunktionen (zwischen Exekutive und Legislative) und Befugnis zur Gesetzesüberwachung Bundesrichter nicht vom Volk gewählt sondern vom Präsidenten auf Lebenszeit ernannt werden und unabsetzbar sind Hauptaufgaben der Judikative des Bundes liegen in der Zuständigkeit für Streitfälle, welche die Gesamtheit der Vereinigten Staaten betreffen. Gefragt ist die Judikative des Bundes ferner in Fällen, in denen eine Einigung auf untergeordneter Ebene der Staatsorganisation nicht möglich ist, und wenn die Selbsterhaltung des gesamten Staatswesens in Gefahr steht. Gefährdung kann durch innerstaatliche Konflikte hervorgerufen werden, durch gesetzgeberische Verstöße der Gliedstaaten gegen die Bundesgesetze oder durch Verstöße der Legislative des Bundes oder eines Einzelstaates gegen die Verfassung Dagegen setzt die Verfassung das Recht des Obersten Gerichtshofes zur Normenkontrolle, also das Recht der gerichtlichen Überprüfung der Gültigkeit von Rechtsvorschriften und im Besonderen im Verfassungsrecht die Befugnis zur Prüfung der Vereinbarkeit der Gesetze mit den Normen der Verfassung. Die Judikative schließlich kann durch ihr Normenkontrollrecht in die Tätigkeit von Legislative und Exekutive eingreifen" 4.5 Wahlberechtigte • • • weiße, besitzende, steuerzahlende Männer ausgeschlossen sind alle Nichtweißen, alle Nichtbesitzenden, alle Nichtsteuerzahler und die Frauen. Das Verbot der Sklaverei ist nicht vorgesehen. Mehr noch: Die Verfassung und ihre Kommentatoren decken sie (Dahl 1997e: 771f.)da die Südstaaten drohten aus dem verfassungsvorbereitenden Konvent von Philadelphia auszuziehen, wenn die Sklaverei in Frage gestellt würde. 4.6 Kritik an der Verfassung • • • Antiföderalisten für die Repräsentation möglichst aller sozialer Klassen in der Politik ein befürworteten kleine Wahlbezirke, Ämterrotation und häufige Wahlen, um auf die Repräsentanten möglichst eng an die Repräsentierten zu binden. Die Legislative sollte groß sein, ehrenamtlich und dazu befähigt werden, mit Autorität für das Volk zu sprechen. Seite 22 Thomas Pflug V. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1800 bis 1945 V. Veränderungen des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1800 bis 1945 • (Thomas Pflug) • 1. Einleitung • Diese Abhandlung soll zeigen, wie stark dieses Zeitalter von dem Vormarsch der Gleichheit geprägt war und inwiefern die vielen Theorien, die man jedoch nicht allesamt behandeln kann, den Demokratisierungsprozess der Gesellschaften beeinflusst haben. Jedoch soll dabei nicht übersehen werden, dass dieser Prozess in einigen Ländern durch völlig konträre Herrschaftssysteme unterbrochen wurde (siehe dazu auch den Anhang). • • • 2. Problemaufriss • • alte Staatsformenlehre: Demokratie = eine Direktdemokratie in kleinen, überschaubaren Gemeinwesen, wie den Stadtstaaten der griechischen Antike oder den Kommunen der heutigen Schweiz • demokratisch waren zunächst nur kleine Staaten oder Stadtgemeinden • ansonsten herrschten monarchische, aristokratische oder gemischte Staatsformen mit demokratischen Spurenelementen (konstitutionelle Monarchie, wie z.B. in England) • Veränderung der alten Staatsformenlehre durch: ♦ Entstehung der USA, da dort erstmals in einem Großstaat eine Demokratie heranwuchs ♦ ruhige Entwicklung Englands ♦ Vormarsch der Gleichheit der auch für Europa unausweichlich wurde • Veränderung des Sprachgebrauchs um 1800: ♦ der Begriff Demokratie wurde jetzt aus einem Wort der Gelehrtensprache endgültig zu einem allgemein verwendeten selbstverständlichen politischen Begriff erhoben (Selbstdarstellung von Parteirichtungen + Kennzeichnung von Verfassungsinstitutionen) • Erweiterung des Inhalts: Demokratie wuchs über ursprünglichen verfassungspolitischen Sinn, der Kennzeichnung der Staatsform hinaus (Aufnahme von sozialen und geschichtsphilosophische Gehalte + Entstehen neuer Wortverbindungen „Sozialdemokratie“) • neue Sichtweise: Belichtung des Unterschieds von Demokratie und ständischer Gesellschaft • der Hunger nach Verbesserungen und das Streben nach Neuerungen bestimmen auch besonders das demokratische Zeitalter, in dem sich diverse Theorien der modernen Massendemokratie entwickelten (Mill, Marx) • dieser Zeitraum ist mit Neuerungen konfrontiert: ♦ Vormarsch der Industriegesellschaft ♦ zunehmende gesellschaftliche Gleichheit ♦ allmähliche Erweiterung des Wahlrechts ♦ dem Emporkommen politischer Parteien ♦ Voranschreitung der politischen Mobilisierung der Mittelklassen und der unteren Gesellschaftsschichten ⇒ die Politik wird daher vor große Herausforderungen gestellt • vor dem 20. Jahrhundert genießt die Demokratie insgesamt keinen guten Ruf • die Ablehnung wurzelt in der Überzeugung, die Demokratie bringe notwendigerweise nur Mittelmaß hervor • • • • neben der Arbeiterbewegung, in der man nach Sozialdemokratie oder revolutionärer Direktdemokratie strebte, fand man Befürworter der Demokratie vor allem in liberalen Kreisen aber nicht nur die Demokratie ist politisches Phänomen dieser Zeit, sondern auch eine neue Art von Diktaturen - totalitäre D., die besonders im Nationalsozialismus und im Leninismus, später Stalinismus zu finden sind nämlich: der Vormarsch der Gleichheit gefährdet die Freiheit, und die Demokratie birgt nun die Gefahr des 1 Umkippens zum Despotismus in sich die Sehnsucht nach Gleichheit und Erneuerungen führt zur Überwindung der alten Mächte: aber zugleich Wegfall der alten Schranken gegen despotische Herrschaft ein Beispiel für das ständige wechseln zwischen den beiden Herrschaftsformen Demokratie und Diktatur kann man in Frankreich finden, was besonders in Punkt 5 behandelt wird die Revolution von 1789 hatte zwar das alte absolutistische Regime gestürzt, doch es war keine stabile Herrschaftsordnung an dessen Stelle getreten unterstützend: der Vormarsch der Gleichheit hat in Frankreich das Potenzial der Demokratie nicht ausgeschöpft, die Freiheit wurde nicht vorangebracht 2 und der Zentralismus behinderte stabile Verhältnisse am Beispiel Amerikas sieht man, das auch für andere Länder, insbesondere die europäischen Staaten, die Chance, die Demokratisierung in freiheitsbewahrende Bahnen zu lenken bestand die Nationen können dem Vormarsch der Gleichheit nichts entgegensetzen: "von ihnen jedoch hängt es ab, ob die Gleichheit sie in die Knechtschaft oder in die Freiheit, zur Gesittung oder in die Barbarei, zum Wohlstand oder ins Elend führt" (zitiert nach: 6. , S. 830) 1941 ist nur eine Minderheit der souveränen Staaten demokratisch verfasst die große Mehrheit wird autoritär regiert oder steht gar 3 unter der Geißel des Totalitarismus 3. Bedeutsame Demokratietheorien dieser Zeit 3.1. Vorläufer moderner Demokratietheorien 3.1.1. John Stuart Mills „Representative Government“ • • 1 John Stuart Mill (1806-1873) hat Befürchtungen, dass 4 die älteren Utilitaristen , Unrecht hatten, als sie Machtmissbrauch nur in nichtdemokratischen Regimen als erwiesen sahen und von der Demokratie eine durchweg gemeinwohlverträgliche Politik erwarteten Mills „beste“ Regierungsform (1861): ♦ Förderung der Tugend und Intelligenz ihrer Bürger ♦ Befähigung der Gesellschaftsmitglieder dazu, ihre Rechte und Interessen selbst zu schützen (Erziehung und Ausbildung sowie durch das Recht auf Beteiligung am politischen System der Gewaltherrschaft eine Form der Verwaltung eines Staates, bei der die wichtigen Fragen nur von zentralen Stellen entschieden werden <> Föderalismus 3 diktatorisches Staatswesen, das alle gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und privaten Lebensbereiche zu umfassen und beherrschen sucht 4 Theoretiker, die Handlungen u. sittliche Werte nur nach ihrer gesellschaftlichen Nützlichkeit bewerten 2 Seite 23 Thomas Pflug • • • • • • • • • • • • • V. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1800 bis 1945 Willensbildungsprozess - "edukativen Prozess" [zitiert nach 4. , S. 383]) ⇒ Schlüsselbegriffe sind politische Beteiligung und Kompetenz ♦ viele Bürger sollten beteiligt an der Willensbildung und Entscheidung über öffentliche Angelegenheiten werden, sofern sie zur autonomen Urteilsbildung befähigt sind ♦ es kommt nur die Repräsentativordnung in Frage ♦ unverzichtbar: Regieren Wenigen zu übertragen, allerdings im Interesse der Vielen und kontrolliert durch diese ♦ 3 Probleme müssen von der Regierungsform gelöst werden: ⇒ Auswahl einer qualifizierten politischen Führungsschicht ⇒ Zähmung der Mehrheit ⇒ wirksame Vorkehrungen gegen Inkompetenz unmündiger Bürger bei gesicherter politischer Beteiligung kompetenter Staatsbürger Volk, das sich unterwerfen lässt und sich am Entscheidungsprozess beteilige, eigne sich in besonderem Maße für eine Repräsentativverfassung Demokratie mit "expert guidance in political affairs" (zitiert nach 5. ,S. 239), Demokratie mit Expertenlenkung in politischen Angelegenheiten, ist Mills Erfolgsrezept Verhältniswahlrecht - direkte Wahlen Wahlrecht wird an bestimmte Qualifikationen gebunden: wahlberechtigt ist derjenige männlichen oder weiblichen Geschlechts, der lesen, schreiben und rechnen kann und Steuern zahlt Pluralstimmrecht - ein ungleiches Stimmrecht, das besonders befähigten Wählern zwei oder mehr Stimmen zuteilt, während die übrigen Abstimmungsberechtigten jeweils nur eine Stimme haben öffentliche Wahlen: geheime Stimmabgabe, so gibt Mill zu bedenken, stärke selbstbezügliche Interessen Wahlkampfausgaben strikt begrenzen, um die Wähler nicht zu beeinflussen keine Bezahlung der Parlamentsmitglieder, sonst rekrutiere man selbstsüchtige, vulgäre Personen und 5 Demagogen ; daher Subventionierung aus den Portemonees der Wähler Legislaturperiode zwischen drei und fünf Jahren, je Tendenz (Aristokratie, Demokratie); 7-Jahresperiode auch möglich die Chance der Wiederwahl solle auf jeden Fall gewahrt bleiben 6 Zweikammersystem nicht unbedingt nötig Wahl der Minister weder vom Volk noch von der Abgeordnetenversammlung aufgrund mangelnder Qualifikation zentralisierter Staat die Frauen als wahlberechtigt betrachtete ist aus heutiger Sicht ebenfalls bemerkenswert. Jedoch ist nicht zu verschweigen, dass das plurale Stimmrecht, die offene Stimmabgabe und Bindung des Wahlrechts an Zahlung von Steuern für die Mehrheit ein Ärgernis darstellte. Blind scheint Mill gegenüber möglicher Verselbständigung der politischen Führung zu sein, denn dafür sieht er außer des Wahlrechtes keine Vorkehrungen vor. Dieses Plädoyer für die Wahlrechtsausdehnung hatte weit reichende Folgen. 1867 wurde dieses in England mit der 7 2. Reform Bill auf die Steuerzahler in den Städten ausgedehnt, wodurch die Zahl der Wahlberechtigten erhöht wurde. Dadurch stärkte er die politischen Parteien und schwächte die Stellung des einzelnen Abgeordneten. Weltweit wurden seine Ideen, bezüglich der Wahl aufgrund von Qualifikation, nicht weiter realisiert, wodurch eine Ständegesellschaft hätte entstehen können. 3.1.2. Formen der Direktdemokratie 3.1.2.1. Marx' Lehre Direktdemokratie der revolutionären 3.1.2.1.1. Marx’ Auffassung von Demokratie Karl Marx (1818-1883) vom Aufstieg der Industriegesellschaft in England zutiefst geprägt Zusammenarbeit mit Engels • Auffassung: echte Freiheit und echte Gleichheit könnten erst nach Überwindung des Kapitalismus verwirklicht werden: "Enteignung der Enteigner" (zitiert nach 3. , S. 491) • Demokratie ist Feld für revolutionären Befreiungskampf und hat darin ihre Bestimmung • "Die Demokratie, das ist heutzutage der Kommunismus (...) Die Demokratie ist proletarisches Prinzip" (zitiert nach 1. , S. 612) • Ziel: Steigerung des Klassenkonflikts und sie wollten 8 mit der Klasse, und zwar mit dem Proletariat , zur Revolution voranschreiten - in der Hoffnung, von dort zur Befreiung aller zu gelangen • 3.1.2.1.2. Gewaltenmonistische revolutionäre Direktdemokratie • Fazit Hervorzuheben ist, dass Mill die Repräsentativdemokratie vertritt, obwohl die Volksherrschaft noch keineswegs anerkannt ist. Des Weiteren war der Vorschlag, das Wahlrecht zu erweitern, mutig bzw. riskant. Denn niemand wusste, wie sich dies auf die Zukunft auswirken könnte. Dass Mill indirekte Wahlen ablehnte, um den Einfluss des Volkes auf die Staatsgeschäfte nicht zu beschneiden und Hauptmerkmale: ♦ basisnahe Organisation der Gesellschaft in überschaubare Einheiten, in denen die politische Souveränität ihren Ursprung hat ♦ Prinzip der Direktwahl aller Ämter - alle öffentlichen Ämter sollten durch direkte Wahl der Kandidaten seitens der Wähler besetzt werden ♦ imperatives Mandat: jeder Amtsträger ist an Weisungen der Wählerbasis gebunden; er unterliegt permanenter Kontrolle und kann jederzeit aus dem Amt abberufen werden ♦ Amtsträgerbesoldung: Durchschnittseinkommen (Sonderstellung und Verselbständigung verhindern) ♦ institutionelle Sperren gegen die Verselbständigung der Führungsschicht und gegen Bürokratie errichten - Ämterrotation 5 jemand, der versucht, andere von seinen politischen Ideen zu überzeugen, indem er bestimmte Gefühle wie Neid, Hass in ihnen weckt und Dinge sagt, die nicht zu beweisen sind 6 parlamentarisches System, in dem die Gesetzgebung von zwei Kammern wahrgenommen wird. Zumindest eine dieser Kammern muss direkt vom Volk gewählt sein. 7 eine Reihe von Gesetzen, die im 19. und 20. Jahrhundert vom britischen Parlament erlassen wurden. Ziel war eine Stärkung der parlamentarischen Regierungsform und eine gerechtere Abwicklung des Wahlverfahrens 8 abhängige, wirtschaftlich besitzlose Arbeiterklasse Seite 24 Thomas Pflug ♦ ♦ ♦ V. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1800 bis 1945 die Räte sollen die Sozialstruktur des Volkes widerspiegeln - die Mehrheit der Räte ist direkt aus dem Proletariat zu rekrutieren oder aus dem Kreis von "anerkannten Vertretern der Arbeiterklasse" (zitiert nach 3. , S. 487) Zerschlagung von organisierten Sonderinteressen in Parteien, Verbänden und Kirchen („Opium fürs Volk“) sowie die Auflösung der Gewaltenteilung zwischen Legislative, Exekutive und Judikative Basierung auf totaler Politik - Leitidee der "Totalpolitisierung" Voraussetzung: Begehren von 100.000 Unterschriften der Stimmbürger • bei Zustandekommen müssen Parlament und Regierung über den Verfassungsänderungsvorschlag beraten (gegebenenfalls Gegenvorschlag entwickeln) und dann den Vorschlag bzw. den Gegenvorschlag dem Volk zur Abstimmung vorlegen ⇒ (3) weiterer Ausbau 1921: fakultative Staatsvertragsreferendum Volksabstimmung für unbefristete internationale Verträge • • in den Kantonen sind die direktdemokratischen Einrichtungen sogar noch weiter ausgebaut als auf der Bundesebene: Gesetzesinitiative + Finanzreferendum 3.1.2.1.3. Fazit Fazit Wenn man die Auswirkungen Marx’scher Direktdemokratie sieht, ist es schwierig viel positives dieser Vorstellung abzugewinnen. Aber dennoch kann man sagen, dass das Ziel völlige Gleichheit zu erreichen, erstrebenswert ist, aber nicht realisierbar. Marx feierte zu seiner Zeit die Pariser Kommune, die sich 1871 in Frankreich herausbildete, da sie zur Zerschlagung der politischen Form der Klassenherrschaft des alten Staates und deren Ersetzung durch eine "Regierung der Arbeiterklasse" (zitiert nach 3. , S. 490) beitrug. Aber dem ist entgegenzuhalten, dass dies nur kurzatmig war und zudem auf ein kleinräumiges, überschaubares Gemeinwesen (Paris) begrenzt war. Sie setzte einen hohen Informationsstand und ein umfangreiches Zeitbudget der Wähler voraus, woran sie schließlich scheiterte. Marx Theorie ist zugute zu halten, dass er alle Arbeiter als Wähler betrachtet und dass durch das imperative Mandat die Amtsträger von den Weisungen des Wählers abhängig sind, woraus ein hohes Mitspracherecht der Bevölkerung resultieren sollte. Dabei darf man allerdings nicht übersehen, dass der Amtsträger Steuerungs- und Manipulationsmöglichkeiten besitzt. Durch die weltweite Kommunikation ist es ebenfalls schwierig, Sonderinteressen zu unterdrücken. Revolutionäre Direktdemokratie bringt eine öffentliche Gewalt hervor, die nahezu schrankenlos agieren kann. Für diese Gefahr sieht Marx keine sonderbaren Regelungen vor. Daher sieht man die große Anfälligkeit gegen totalitäre Ausdeutungen, wie im Beispiel des Leninismus und Stalinismus. Jedoch ist Marx nicht verantwortlich für das Tun und Lassen einiger Staatsmachten und politischer Organisationen, die sich später auf seine Lehren beriefen. 3.1.2.2. Die Direktdemokratie weist sowohl Vor- als auch Nachteile auf, wobei die Vorteile überwiegen. Die Schweiz straft dem Kritiker Lügen, dass Demokratie nur für Kleinstgemeinwesen anwendbar sei. Die Direktdemokratie hat die Mitwirkungsgelegenheiten der Bürger weit über das in den meisten modernen Demokratien übliche Maß hinaus erweitert. Man spricht deshalb von einer „full democracy". Zudem haben die direktdemokratischen Instrumente die Integrationsfähigkeit des politischen Systems verbessert und die Bürger politisch relativ zufrieden gemacht sowie dadurch maßgeblich zur Legitimität politischer Entscheidungen beigetragen. Jedoch sind auch Nachteile aufzuzeigen. Nur besonders strittige Themen bewegen die Mehrheit der Wähler zur Wahl. Außerdem wird durch den zusätzlichen Verfahrensweg der politische Entscheidungsprozesses verkompliziert. Daher fallen hohe Konsensbildungskosten an. Volksabstimmungen können zudem gesamte Gesetzgebungsvorhaben gefährden. Bei komplexen interventionsstaatlichen Entscheidungen (wie Abstimmungen über das Stimmrechtsalter, die Abschaffung oder Beibehaltung der Schweizer Armee und die Ausländerpolitik) sind jedoch viele Stimmberechtigte überfordert. Die Demokratie der Schweiz ist lehrreich. Man kann von ihr unter anderem lernen, dass eine starke Direktdemokratie auch in modernen Gesellschaftssystemen möglich ist und weder in die Anarchie noch in den Staat der permanenten Reform führen muss. Aber auch sie könnte von Demagogen manipuliert werden, was erstaunlicher Weise in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts nicht passierte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das direktdemokratische Stimmrecht sogar noch ausgebaut und das Frauenwahlrecht eingeführt. Die direktdemokratischen Einrichtungen der Schweiz die Direktdemokratie der Schweiz unterwirft die Politik der direkten Volksherrschaft • dem Stimmbürger der Schweiz stehen allein auf Bundesebene 4 direktdemokratische Instrumente zur Verfügung: ♦ (1) das fakultative Gesetzesreferendum ♦ (2) die Volksinitiative ♦ (3) das fakultative Staatsvertragsreferendum ⇒ (1) Das fakultative Gesetzesreferendum war die erste direktdemokratische Institution auf Bundesebene (eingeführt 1874) • mit ihm können vom Parlament verabschiedete Gesetze und allgemeinverbindliche Bundesbeschlüsse dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden, sofern das durch Unterschrift dokumentierte Begehren von 50.000 Stimmbürgern vorliegt ⇒ (2) die Volksinitiative kam 1891 hinzu • ermöglicht die Volksabstimmung über eine partielle Verfassungsänderung • 3.2. Moderne Demokratietheorien 3.2.1. Max Webers Theorie der Führerdemokratie • • • • • Seite 25 Voraussetzung: Deutschland dürfe den Ersten Weltkrieg nicht verlieren, in dem auf ihn folgenden Frieden nicht zu kurz kommen tritt für eine Strukturreform des Deutschen Reiches seit 1917 ein Webers Kritik am Deutschen Reich ist zugleich Kritik am autoritär verfassten Kapitalismus dient vor allem der Einmischung in die aktuelle Politik Deutschlands will bestmögliche innenpolitische Voraussetzungen für eine erfolgreiche Weltmachtpolitik Deutschlands schaffen Thomas Pflug • • • • • • • • • • • • • • • V. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1800 bis 1945 9 Weber will eine „plebiszitäre Führerdemokratie" auf der Basis eines demokratisierten Wahlrechts und der Parlamentarisierung des Deutschen Reiches sowie organisierter und miteinander konkurrierender Parteien des Typs US-amerikanischer „Parteimaschinen" errichten Demokratievorstellung: "Ventil für das Bedürfnis nach Führertum" (zitiert nach 7. , S. 225) keine Regierung des Volkes, sondern als "Regierung des Volkes durch eine aus dem Volk hervorgegangene Elite" Demokratisierung des Wahlrechts was die gesamte erwachsene Bevölkerung erfasst (+Abschaffung des Drei-Klassen-Wahlrechts in Preußen). Ziel: Einheit der Nation sicherzustellen (politisch und sozial) volle Parlamentarisierung Deutschlands Reichspräsident sollte nur vom Volk direkt gewählt werden (die Wahl F. Eberts entsprach nicht seiner Vorstellung): "Ein volksgewählter Präsident als Chef der Exekutive, der Amtspatronage und als Inhaber eines aufschiebenden Vetos und der Befugnis der Parlamentsauflösung und Volksbefragung ist das 10 Palladium der echten Demokratie, die nicht ohnmächtige Preisgabe an Klüngel, sondern Unterordnung unter selbstgewählte Führer bedeutet" Führer an Legitimität und Verfassung gebunden: "Man sorge dafür, dass der Präsident für jeden Versuch, die Gesetze anzutasten oder selbstherrlich zu regieren, Galgen und Strick stets vor Augen sieht" (zitiert nach 8., S. 221) Parlament soll Stätte der Auslese kompetenter und verantwortungsbewusster politischer Führer sein Konkurrenzkampf: Mechanismus zur Herausschälung fähiger politischer Führer und garantiere deren Wahl Gegengewicht zur Beamtenherrschaft schaffen Leitmotiv: "Emanzipation des Kapitalismus aus feudalpatriarchalischer Bevormundung und Befreiung der Politik aus bürokratischen Sachzwängen" (zitiert nach 8. , S. 115) Politik durchsichtig machen - Kompetenzen abgrenzen kein Bundesrat: die Macht des Reichstages und damit dessen Bedeutung als "Auslesestelle von Führern" nicht beschränken Mehrheitswahlrecht - allgemein und gleich Ziel: Weltmachtpolitik zu praktizieren um somit auf längere Sicht den Lebensstandard und die wirtschaftliche Zukunft der gesamten Nation zu sichern zur Leitung des Staates“ (Weber). Beides drohte Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg und ist der Schlüssel zu den Gefährdungen nach der Weltwirtschaftskrise und möglichen Chancen des Landes. Für seine Weitsichtigkeit spricht auch, dass er sich vom allgemeinen und gleichen Wahlrecht die Einbindung politisch potenziell gefährlicher Schichten, vor allem die Integration der aus dem Krieg heimkehrenden Soldaten und der Arbeiterschaft, erhofft. Besonders an Webers Theorie kann man sehen, dass sich das Demokratieverständnis geändert hat - für ihn war es selbstverständlich, dass ein Großstaat demokratisiert werden kann. Besonders erwähnenswert ist eine These Webers, die bis heute Bestand hat: Weber misst dem Staatsvolk nur bedingte Rationalität zu. Die Masse kann nur bis übermorgen denken, so gibt er zu bedenken, denn sie ist erfahrungsgemäß "stets der aktuellen rein emotionalen und irrationalen Beeinflussung ausgesetzt". Seine Theorie hat ebenfalls Mängel, wie z.B. der Ausleseprozess der Führungspersönlichkeiten kann mangelhaft oder kontraproduktiv sein, da infolge des Konkurrenzkampfes fähige Kandidaten herausfallen können, während Bewerber den Sieg davontragen, die medienwirksam sind, ansonsten Politik aber bloß als Inszenierung betreiben. Der größte Mangel Webers ist, dass jegliche institutionellen Sicherungen gegen unbedingtes Machtstreben der Exekutive und Legislative fehlen, woraus eine Unterschätzung des Verselbständigungspotenzials eines charismatischen Führers resultiert. Durch die starke Stellung des Reichspräsidenten und den eben angesprochenen fehlenden Absicherungen, endete 1933 die erste deutsche Demokratie in der vom Reichspräsidenten zu verantwortenden Machtübergabe an Adolf Hitler, der den demokratischen Verfassungsstaat aushebelte und an seiner Stelle ein totalitäres Regime zu errichten begann. Jedoch ist anzumerken, dass er in der Periode des Übergangs vom Wilhelminischen Kaiserreich zur Demokratie schreibt. Mithin kennt er nicht jene Verselbständigung einer Führerherrschaft wie im Deutschland der Jahre von 1933 bis 1945. 3.2.2. Theorie der Sozialen Demokratie • • • Fazit • Weber liefert mit seiner Idee der „Führerdemokratie“ eine kritische Bestandsaufnahme der Strukturschwächen in Deutschlands politischem Betrieb. Zur Bewältigung dieses Strukturproblems sah er eine demokratische Transformation der Herrschaftsordnung mit starker führerdemokratischer Komponente vonnöten. Diese Schwächen des politischen Betriebes des Kaiserreichs konnten demnach nur durch Demokratisierung des Wahlrechts, Parlamentarisierung und plebiszitäre Führerdemokratie überwunden werden. Daher ist ihm zuzusprechen, dass er der Demokratie mehr als andere Herrschaftsformen die Fähigkeit zuspricht sich für Wettbewerb, für Offenheit und für Anpassung an veränderte Verhältnisse zu eignen. Sehr positiv und weitblickend ist anzumerken, dass er verhindern will, dass „eine ökonomisch sinkende Klasse die politische Herrschaft in der Hand hält." Noch gefährlicher sei es, wenn gesellschaftliche Klassen, "zu denen hin sich die ökonomische Macht und damit die Anwartschaft auf die politische Herrschaft bewegt, politisch noch nicht reif sind 9 10 • • • auf Volksabstimmung beruhend Element Seite 26 politisch-soziale Bewegung der Begriff entstand 1843 in Frankreich bezeichnet eine politische Richtung, die die Ideen und Ziele des Sozialismus mit der Regierungsform der Demokratie zu verbinden sucht dem „Anliegen Schwächerer verpflichteten Bewegung“ (von Stein) in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde "Soziale Demokratie" mehr und mehr zum Kennzeichen: ♦ einer bestimmten politischen Parteirichtung (Sozialdemokraten) ♦ Bestrebungen, die auf eine Koalition von Arbeiterbewegung und bürgerlicher Demokratie zielten ♦ für die Theorie, Praxis und Organisation der Sozialdemokratie Messung der Demokratie nicht nur an den Beteiligungschancen sondern auch an den materiellen Ergebnissen, vor allem für die Schwächeren einer Gesellschaft zur Volksherrschaft gehört der Auftrag: ♦ Staat, Gesellschaft und Wirtschaft in sozialstaatsfreundliche Richtung zu gestalten ♦ die politische Demokratie zur gesellschaftlichen zu erweitern ♦ Verteilungs- und Machtstrukturen mit dem Ziel zu steuern, soziale Ungleichheit zu verringern oder zumindest ihre Auswirkungen zu lindern Thomas Pflug • • • • • • • V. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1800 bis 1945 man will Sozial- und Wirtschaftsdemokratie durch Erweiterung der politischen Rechte und Pflichten auf gesellschaftliche und wirtschaftliche Einrichtungen und Vorgänge zielt auf Entwicklung der Humanressourcen und umfassende Verteilung und Umverteilung ab Reformierung des Kapitalismus, jedoch mit den Mitteln einer freiheitlichen, parlamentarischen Demokratie mittlere Ebene zwischen Staat und Gesellschaft soll demokratisiert werden, insbesondere durch Selbstverwaltung, Dezentralisierung sowie betriebliche und überbetriebliche Mitbestimmung Einbau des Föderalismus und des Gemeindesozialismus als Gegengewichte zur zentralstaatlichen Bürokratie und zur Wirtschaftsplanung Forderungen nach beständiger Demokratisierung, und zwar im doppelten Sinne: ♦ Ausweitung demokratischer Gleichberechtigung auf immer mehr Subjekte ♦ Ausweitung demokratischer Entscheidungsverfahren auf immer mehr gesellschaftliche Funktionsbereiche" in progressiven Demokratietheorien des 20. Jahrhunderts behielt man in der Regel das sozialreformerische Anliegen der "Sozialen Demokratie" bei, allerdings meist ohne ausdrückliche Bindung an die Partei der Sozialdemokraten die „Soziale Demokratie“ entfaltet sich erst nach dem Zweiten Weltkrieg, aber ihre Wurzeln liegen im späten 19. Jahrhundert 4. Ausbildung von neuartigen Diktaturen in der Zeit von 1800 bis 1945 4.1. Einleitung Der Vormarsch der Gleichheit gefährdete die Freiheit, und die Demokratie birgt die Gefahr des Umkippens zum Despotismus in sich. Diese Sehnsucht nach Gleichheit und Erneuerungen führte zur Überwindung der alten Mächte, aber dadurch fielen zugleich die alten Schranken gegen despotische Herrschaft weg. Viele demokratische Staaten waren den Massenbewegungen, aufgrund von sozialen Problemen (Weltwirtschaftskrise) nicht gewachsen. An die Stelle des zusammengebrochenen "Pluralismus" trat ein zentralisierter und immer allmächtig werdender Staat. Diese Entwicklung konnte man in vielen modernen Staaten beobachten. Diese neuartigen politischen Bewegungen und die von ihnen gegründeten Herrschaftsordnungen hatten mit einer wesentlich größeren Radikalität als frühere autoritäre Regime die Verbindungen zur liberalen Tradition politischen Denkens zu zerschlagen versucht. Allein die sozialistischen Systeme vollzogen einen radikalen Bruch mit der alten sozialökonomischen Ordnung und allen Traditionsbeständen der alten Gesellschaft. Gemeinsam war ihnen eine auf der Nutzung der technischen Mittel basierende Herrschaftspraxis, die dann auch in der ersten Phase der theoretischen Auseinandersetzung mit dem Kommunismus, Faschismus und Nationalsozialismus im Vordergrund stand. Dies unterschied die neuen Diktaturen des 20. Jahrhunderts von früheren Vorläufern und seien sie, wie z. B. die "Schreckensherrschaft" der Jakobiner, noch so radikal gewesen. Die Welt hatte es also seit dem Aufkommen der großen Massenbewegungen unseres Jahrhunderts mit einem historisch neuartigen Phänomen, dem "Totalitarismus", zu tun. In den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts schritt der Demokratiezerfall in Ländern wie Deutschland, Österreich, Italien, Portugal, Spanien, Polen und der Tschechoslowakischen Republik voran. Intakte Demokratien waren nicht viele übrig geblieben. Fazit Zwar hat die soziale Demokratie Ähnlichkeiten zur Marxschen Idee, aber im Gegensatz zu Marx zielt die soziale Demokratie nicht auf die "Zerschlagung des Staates". Hervorzuheben ist weiterhin, dass sie versucht sich den Schwächeren anzunehmen, was eine Folge der Industrialisierung ist. Jedoch scheitert sie an der Reformierung des Kapitalismus, da die Umverteilung ohne Revolution schwierig zu gestalten ist. Ein Verdienst der Sozialdemokraten war nach dem Ersten Weltkrieg die Wiedereinführung der Arbeitsschutzbestimmungen, Aufhebung der Gesindeordnung, Erwerbslosenunterstützung und der 8-Stunden-Tag. Während des Nationalsozialismus waren sie verboten, aber bestimmten nach dessen Ende die Politik wieder aktiv mit. Der nächste Teil soll zeigen, dass man diese neuartigen Diktaturen noch unterteilen konnte, dabei sollen die Länder Sowjetrussland, Deutschland (siehe Anhang) und Italien eine Rolle spielen. 4.2. totalitäre Diktaturen 4.2.1. Der Begriff Totalitarismus • • • • 11 Seite 27 Begriffe "totalitär" und Totalitarismus" sind 11 Neologismen , die von italienischen Antifaschisten erfunden worden sind, um die Faschisten um Benito Mussolini (ab 28.10.1922) kritisieren und bekämpfen zu können Ende 1922 war Mussolinis Partido Nazionale Fascista zu einem Begriff geworden, der überall Furcht und Schrecken einflößte (Militanz und Grausamkeit, sog. Strafexpeditionen (spedizioni punitive), politische Gegner geschlagen, gefoltert und getötet) Mussolini wollte die ganze Macht - Mit Druck und Überredung zog er immer mehr Mitglieder der bürgerlichen Parlamentsparteien auf seine Seite er brachte im Parlament ein neues Wahlgesetz durch, das Legge Acerbo genannt wurde und vorsah, dass die jeweils stärkste Partei zwei Drittel aller Parlamentssitze erhalten sollte, wenn sie mindestens sprachliche Neubildung, Neuwort Thomas Pflug • • • • • V. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1800 bis 1945 25 Prozent der abgegebenen Stimmen gewinnen würde (5. April 1924) trotzdem gab es noch innerhalb und außerhalb des Parlaments Oppositionelle („Antifaschisten“), die von dem Liberalen Giovanni Amendola angeführt wurden A. warf als erster Mussolini vor, ein "sistema totalitario" - ein totalitäres System - einführen zu wollen (etwas Neuartiges) Faschisten haben sich dazu bekannt, einen totalitären" Staat anzustreben: Rede von Roberto Forges Davanzati am 28. Februar 1926: "Wenn die Gegner uns sagen, wir seien totalitär, Dominikaner, unversöhnlich, tyrannisch, dann erschreckt vor diesen Adjektiven nicht. Akzeptiert sie mit Ehre und Stolz ( ... ) Weiset keines zurück! Jawohl, wir sind totalitär! Wir wollen es sein vom Morgen bis zum Abend, ohne abweichende Gedanken.“ (=erschreckend) bei Übernahme des Begriffs "totalitär" übersahen Mussolini und die Faschisten jedoch, daß die italienischen Antifaschisten ihn auch deshalb verwandten, um auf Parallelen zwischen dem italienischen Faschismus und dem russischen Bolschewismus hinzuweisen (= negativ) mit dem Begriff wurde vornehmlich immer derjenige Staat etikettiert, der die "westliche" parlamentarische Ordnung am stärksten zu bedrohen schien unüberbrückbarer Freund-Feind-Gegensatz, eine radikale Zweiteilung der Welt in Gut und Böse • das durch Revolution geschaffene totalitäre Regime hat meist einen Führer an der Spitze, dem es gelingt, die Massen in seinen Bann zu schlagen • "Führer" und "Verführte" bilden eine Gemeinschaft, die im Kult Bestätigung findet. Ideologisch gehört das Führerprinzip zum Kernbestand des Nationalsozialismus, während es mit dem Marxismus theoretisch kaum vereinbar ist, institutionell und prozessual aber seit Lenin zum Bestandteil kommunistischer Herrschaft wurde • totalitäre Herrschaft kann folglich charismatischer Art sein, sie muss es aber nicht • monokratische Struktur des Machtapparates. Monokratie ("Einherrschaft") bedeutet hier Alleinherrschaft einer Person oder einer Führungsgruppe: Ein-Parteien-Diktatur ♦ Machtmonopol einer politischen Partei Massenpartei NSDAP und Bolschewiki. Beispiel: 1933 zählte die NSDAP ca. 700.000 Mitglieder und 1935 etwa 2,5 Millionen • Grundlage der Gewaltbereitschaft ist die Ideologie • „totalitäte Diktatur" = Phasen, in denen die Parteiführer eine despotische Stellung erlangten. Dies war in der Sowjetunion die Ära des Stalinismus (ab Ende der 20er bis Mitte der 50er Jahre) und in Deutschland die Zeit etwa ab Kriegsbeginn 12 • Dezisionismus des politischen Führers, über den sehr wenige politische Führer verfügten, wie Lenin, Stalin und Hitler • sie entschieden souverän über Freiheit oder Unfreiheit, Leben oder Tod ihrer Mitbürger - Hitler sogar über Krieg und Frieden in Europa • prinzipiell gab es keinen Bereich, in den sie nicht absolut hätten eingreifen können • Führer kann Dinge tun, die nicht mit Ideologie vereinbar sind: Hitler-Stalin-Pakt ⇒ "Totalitäre Diktatur" sollte als ein dynamisch-destruktiver Prozess verstanden werden • 4.2.2. Merkmale von totalitären Diktaturen • • • • • • • • • • • faschistische und kommunistische Regime sind "totalitär", weil alle "wirtschaftlichen, religiösen und erzieherischen Institutionen kontrolliert werden und man sich zugleich auf die Massen" stützen konnte, die mit Hilfe der Propaganda, der "allgegenwärtigen Geheimpolizei" und der alles durchdringenden Partei beherrscht werden." Unterwerfung und Auflösung des klassischen staatlichen Institutionengefüges (Militär, Staatsbürokratie, Justiz) durch die Partei, der Primat von Parteiorganisationen über die Staatsapparate Zentralelement ist der Terror, dessen Vollstreckung eine der wichtigsten Aufgaben der Sonderexekutivapparate der Partei ist für die neuen totalitären Staaten seien "Macht und Gewalt" nicht "Mittel zum Zwecke", sondern Selbstzweck daher sei der "diktatorische Totalitarismus" eine ,Revolte gegen die gesamte historische Kultur des Westens." der Totalitarismus ist ein politisches Phänomen der Moderne. Jede totalitäre Ideologie enthält eine geschlossene Konzeption für die ideale Gesellschaft und erhebt Anspruch auf absolute Gültigkeit totalitäre Bewegung und totalitärer Staat wollen alle Macht konzentrieren, um ihre Ideologie in die Praxis umzusetzen Die gesamte Gesellschaft soll unterworfen und zugleich mobilisiert werden, um in einem revolutionären Prozeß das politische und gesellschaftliche System planmäßig völlig neu zu gestalten Uniformierung der Gesellschaft: weitgehende Durchdringung, Kontrolle und Uniformierung gesellschaftlicher Lebensbereiche durch Parteiorganisationen Die Ideologie ist antifreiheitlich, der Staat antidemokratisch und die Gesellschaft antipluralistisch die für den Totalitarismus charakteristischen Ideologien sind Rechtfertigungslehren zur Erhaltung einer bestehenden Struktur; dogmatische, in sich geschlossene, andere Deutungsmuster rigoros ausschließende Systeme zur Universalerklärung der Wirklichkeit formulieren ein Zukunftsideal, eine Utopie, und zugleich die zur Verwirklichung dieses Ziels "notwendige" Praxis 4.2.3. Sowjetrussland unter Lenin und Stalin • • • • • 12 älteste, bislang dauerhafteste totalitäre System war der Sowjetstaat seine ideologischen Grundlagen bildeten die marxistische Geschichtsphilosophie und deren Interpretation vor allem durch Lenin, der sich um die Verbindung von Theorie und (russischer) Praxis bemühte von Marx und Engels wurden neben der materialistischen Geschichtsauffassung und der ökonomischen Lehre einige politische Konzeptionen übernommen (Vorstellung von der führenden Rolle der Arbeiterklasse und der Begriff der Diktatur des Proletariats, zu dem inhaltlich die Ablehnung der Gewaltenteilung und des Parlamentarismus gehören) insofern kann der Marxismus als revolutionäre Theorie interpretiert werden, die von Lenin und den Bolschewiki in die Praxis umgesetzt wurde - Art und Weise=umstritten Lenins eigener Beitrag: 13 ♦ Lehre von der Partei als "Avantgarde des Proletariats" ♦ eine Revolutionstheorie, die eine friedliche Umwälzung der Verhältnisse "ohne einen Krieg im Innern" ausschließt ♦ in Konzept der "Diktatur des Proletariats" Entscheidungsfreiheit die ersten Personen, die eine völlig neue geistige, künstlerische oder politische Richtung vertreten 13 Seite 28 Thomas Pflug • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • V. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1800 bis 1945 schließlich sollte aus der Sicht Lenins die russische Revolution nur der Funke für eine Weltrevolution sein entsprechend nahm der "Marxismus-Leninismus" ab Ende der zwanziger Jahre eine Schlüsselfunktion im sowjetischen Wissenschaftsbetrieb ein Theorie und Praxis der "Partei neuen Typs" wiesen zwei Aspekte auf, die hinsichtlich der Herrschaftsstruktur prägend wirken sollten, die Vorstellung von Berufsrevolutionären als einer Führerorganisation und zum zweiten das Organisationsprinzip des "demokratischen Zentralismus" 14 Oligarchisierung des Staates: bei Konflikten zwischen demokratischen Forderungen "von untenund zentralistischer Führung von oben" setzte sich stets letztere durch während Lenin als Volkstribun der Revolution charismatisch herrschte, wuchs eine Schicht von Parteifunktionären heran, die materiell privilegiert war und die Ressourcen des Landes verwaltete sowie verteilte wo sich Widerstand von unten regte, reagierte der Parteiführer mit Druck oder Gewalt, z.B.: Lunatscharskij mußte als Volkskommissar für das Bildungswesen hinnehmen, dass Lenin selbstherrlich auch in den Kulturbetrieb eingriff und die anfängliche Experimentierfreudigkeit der künstlerischen Avantgarde allmählich beseitigte bereits 1917 war die Geheimpolizei Tscheka von Lenin geschaffen worden und operierte unabhängig vom Rechtssystem als Herrschaftsinstrument der Parteiführung mit den Mitteln des Terrors Lenins Repressionspolitik: Kronstädter Aufstand (1921): Bekämpfung von 5.000 Matrosen, die 1917 zu den Revolutionären gehört hatten, rebellierten und die "neue Sklaverei" (Parteidiktatur, entrechtete Gewerkschaften, Furcht vor Tscheka, Unterordnung unter die Ideologie) beklagten, durch 50.000 Soldaten (Mord oder Deportation) die geistige, politische und materielle Entrechtung des Individuums schritt fort Kritik an den Bolschewiki wurde unterdrückt und verfolgt die Propaganda trat an die Stelle des Meinungsstreites Lenin zentralisierte die Macht im Staat und in der Gesellschaft der "Kriegskommunismus" während des Bürgerkriegs endete im Chaos einer allgemeinen Verelendung und wurde 1921 durch die Neue Ökonomische Politik (NEP) abgelöst (Liberalisierung der Wirtschaft) Stalin setzte später die Kollektivierung entschlossen durch die russische Verfassung von 1918 schuf die Arbeitspflicht in einer neuen Form: "Wer nicht arbeitet, hat kein Daseinsrecht." Adlige und Kleriker erhielten keine Lebensmittelkarten nach dem Bürgerkrieg, während der Hungersnot 1922, forderte Lenin eine Intensivierung des Terrors: "je mehr Vertreter der reaktionären Geistlichen und der reaktionären Bourgeoisie wir (...) erschießen, desto besser." alles unterlag der "lenkenden Kraft" der Partei, deren Führungsgremien das Zentralkomitee, das Politbüro, das Organisationsbüro und das Sekretariat waren schließlich kontrollierte die Partei den gesamten Staat, die Wirtschaft und alle gesellschaftlichen Institutionen ideologische Zuverlässigkeit und Parteilichkeit wurden zu den wichtigsten Eigenschaften der Kader die "Grundlagen des Leninismus", über die Stalin 1924 an der Swerdlow-Universität referierte, bildeten das Dogma des Sowjetstaates und seiner späteren Satellitenstaaten • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • dies war das System, das Stalin nach Lenins Tod 1924 schrittweise übernahm die beiden Primärmerkmale totalitärer Herrschaft, Ideologie und monokratische Herrschaftsstruktur, waren in ihm voll ausgebildet, sowie der Terror Stalins Aufstieg zum Alleinherrscher begann 1922 mit der Übernahme der Position des Generalsekretärs der Partei sowie des Organisationsbüros und des Sekretariats ab 1929/30 hatte er die gesamte Macht auf sich vereint durch immer neue "Säuberungen", Schauprozesse und Terrorwellen wurden Kritiker beseitigt und die Bevölkerung eingeschüchtert im "großen Terror" des Jahres 1935 mußten in jedem Bezirk Sowjetrußlands "Volksfeinde" vernichtet werden Chruschtschow stellte zum Begriff "Volksfeind" in seiner Geheimrede auf dem KPdSU-Parteitag 1956 fest: "Dieser Terminus ermöglichte die Anwendung grausamster Unterdrückung" der Befehl zum Terror ging zentral von der Systemspitze aus die These über den "Sozialismus in einem Land" wies einer Politik den Weg, in der Rußland zum Schlüsselstaat der sozialistischen Bewegung avancierte der "Aufbau des Sozialismus" legitimierte die Konzentration auf die Industrialisierung des Landes und schuf in Verbindung mit der These von der "kapitalistischen Umkreisung" die Begründung für die "Aufbauarbeit der Diktatur", deren Instrumente "die Organe der Unterdrückung, die Armee und andere Organisationen" waren die Kontrolle der Gesellschaft und die durch Industrialisierung und Kollektivierung der Landwirtschaft vorangebrachte Kontrolle der Wirtschaft erreichten nie dagewesene Ausmaße Beispiel: zum Vorbild geriet Pawlik Morosow, ein Junge, der seinen politisch nicht linientreuen Vater denunziert hatte, sodass dieser von der Geheimpolizei verhaftet werden konnte die Solidarität aller hatte in erster Linie dem Staat, der Partei, dem "großen" Stalin zu gelten, und nicht den engsten Familienangehörigen 1936 verkündete Stalin den Sieg des Sozialismus im eigenen Land unter Stalin fand ein gewaltiger Ausbau der staatlichen Macht statt der bürokratische Apparat wuchs, die Zahl der Parteimitglieder nahm zu (1917: 23.600, ,1921: 576.000, , 1945: 5,7 Millionen) Terror und Personenkult waren allgegenwärtig Stalin war Rußlands Alleinherrscher (Diktator) Grundlagen des Systems waren ideologisch verfaßt: ♦ Massenmord an den "Kulaken" ergab sich aus den Dogmen des Klassenkampfes und des Kollektivismus ♦ Kollektivierung der Landwirtschaft gehörte zum Programm der politischen Ökonomie Resultat: der Sowjetstaat existierte als Weltanschauungsstaat, in dem der Pluralismus beseitigt, die Gewalteneinheit verwirklicht, die Wirtschaft verstaatlicht waren und das Individuum dem Kollektiv untergeordnet war 4.2.4. Das faschistische Beispiel Italiens 4.2.4.1. Zum Begriff des Faschismus 14 Oligarchie = Herrschaftsform, in der eine kleine Personengruppe die Macht in den Händen hält Seite 29 Thomas Pflug • • • • V. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1800 bis 1945 Faschismus = von "fasces", Rutenbündel, dem 15 Amtszeichen der altrömischen Liktoren Faschismus kennzeichnet im weiteren Sinne eine politische Grundhaltung und im engeren Sinne eine bestimmte Diktaturform, die sich nach dem Ersten Weltkrieg in Italien, Rumänien, Ungarn, Österreich, Spanien und Portugal ausbildeten ein gemeinsames Merkmal der verschiedenen faschistischen Bewegungen ist der Totalitarismus verzichten jedoch auf eine totalitäre Ideologie, die sich als „wissenschaftliche“ Weltanschauung versteht und absolute Alleingeltung beansprucht Auffassung die Voraussetzung jedes echten Fortschritts ⇒ italienischer Sendungsauftrag im Mittelmeerraum („mare nostro“) gegen Österreich in Südtirol und die Slowenen an der Adriaküste (Anspruch zeigte sich während des spanischen Bürerkriegs und 1940 als man Albanien und Griechenland sich aneignen wollte) ⇒ zielte darüber hinaus auf die Gewinnung eines neuen „Impero Romano“ und eine Selbstbestätigung des italienischen Kolonialgeistes in Afrika (Somaliland, Libyen, Abessinien) ♦ I. verstärkte sich durch den Hitlerschen Nationalsozialismus, ohne diesen jedoch zur totalitären Ideologie auszuformen 4.2.4.2. Der italienische Faschismus • • • • • • • • • • • • • • • • • • Begründer des autoritären Faschismus war Benito Mussolini (1883-1945) wurde 1919 unter dem Eindruck der unerfüllten Territorialansprüche Italiens durch den Versailler Vertrag zum Nationalisten organisierte Kampfbünde (fascio di combattimento), die dem wachsenden kommunistischen Terror mit systematischem Gegenterror zu wehren versuchten am 28. Oktober 1922 unternahmen unter Mussolinis Führung etwa 40000 "Schwarzhemden" den "Marsch auf Rom", der zum Sturz der verfassungsmäßigen Regierung führte ursprüngliche Minderheit, die jedoch durch ihre überlegene Organisation und den Einsatz terroristischer Mittel bald die Macht in die Hand bekam 1924 wurden die Parlamentsmandate der oppositionellen Parteien für ungültig erklärt Verfassung und monarchische Staatsform blieben formal unangetastet, jedoch wurde eine Einparteienherrschaft errichtet, die sich vornehmlich auf die Staatsmiliz ("Schwarzhemden") stützte anstelle des Parlaments trat 1929 ein geschlossenes Gremium, in das die staatlich organisierten und geführten "Stände" ihre Vertreter entsandten Oppositionsmöglichkeiten gab es damit nicht mehr Gewerkschaften und Unternehmerverbände wurden der staatlichen Wirtschaftsführung unterstellt unumstrittener Führer war Mussolini, der "Duce" des faschistischen Staates, der mit seiner Machtergreifung eine neue Zeitrechnung einführte 1928: Bildung eines "Faschistischen Großen Rates", der u.a. die Befugnis erhielt, dem König den Ministerpräsidenten vorzuschlagen durch die mit dem Vatikan geschlossenen Lateranverträge (1929) sicherte sich Mussolini Duldung und teilweise Unterstützung durch die katholische Kirche, deren Eigenständigkeit er ebenso unangetastet ließ wie die der Aristokratie und des Hofes systematische Massenliquidation gab es nicht die Funktionen, die der Nationalmiliz und der staatlichen Jugendorganisation (Ballila) zukamen, lassen nur bedingt einen Vergleich mit SA, SS und Hitlerjugend zu die größte Machtentfaltung gelang der faschistischen Diktatur 1936 mit der Annexion Abessiniens und der damit verbundenen Erhebung des italienischen Königs zum "Kaiser von Äthiopien" geringe Bedeutung der Geheimpolizei Die Ideologie des Faschismus: ⇒ Wille zur Macht ⇒ Ordnung entsteht durch Gewalt ⇒ Elite sei berechtigt, das Volk zu führen und zu erziehen, notfalls durch diktatorische Mittel ⇒ die dirigistische Funktion des Staates gegenüber Gesellschaft und Wirtschaft ist nach faschistischer • • während des Zweiten Weltkriegs erlitt das faschistische Italien in seinen afrikanischen Kolonien wie im eigenen Land schwere Niederlagen Absetzung Mussolinis durch den Großen Rat (1943) Mussolini wurde von kommunistischen Partisanen erschossen (1945) 4.3. Zusammenfassung Das 20. Jahrhundert hat verschiedene Formen diktatorischer Weltanschauungsstaaten hervorgebracht, von denen in seiner ersten Hälfte die durch Terror geprägten dominierten. Es bleibt zu hoffen, dass man aus diesen grauenvollen Teilen der Geschichte gelernt hat. Jedoch entstanden nach dem Zweiten Weltkrieg neue faschistische oder teilfaschistische Diktaturen in Argentinien (bis 1955) und anderen lateinamerikanischen Staaten. Die totalitäre Diktatur in Sowjetrussland hielt sich sogar bis zu Stalins Tod, ehe sie zu einer bürokratischen umgewandelt wurde. 5. Der Wechsel zwischen Demokratie und Diktatur am Beispiel Frankreichs Die Geschichte der Demokratie in Frankreich ist wie in keiner der anderen klassischen Demokratien wechselvoll und aufregend. Es hat den Anschein, als werde diese Staatsform auch heute noch fortwährend durch autoritäre Kräfte bedroht. Die Diktatur der Jakobiner (1793/94), die Herrschaft Napoleons I. (1799-1814) und Napoleons III. (1852 bis 1871), die Präsidentialsysteme der Generäle Petain (1940-1944) und de Gaulle (seit 1958) erwecken den Eindruck, als ob Frankreich ebenso stark zur Diktatur wie zur Demokratie neige. 5.1. Das Erbe des Absolutismus • • • • • 15 Amtsdiener der höheren Magistrate, u. a. der Konsuln und Prätoren im antiken Rom Seite 30 das "Alte Regime" (ancien regime) des französischen Absolutismus wurde zwar durch die Große Revolution 1789 gestürzt, seine Erbschaft bestimmt jedoch noch heute das politische Gesicht Frankreichs das entscheidende Wesensmerkmal des französischen Staates ist seine zentralistische Struktur schon Philipp IV. (der Schöne, 1285-1314) begann mit der Zentralisierung des Staatsapparates, den schließlich Ludwig XIV. in Versailles konzentrierte nach der Revolution von 1789 wurde durch die Neugliederung in Departements der Staatszentralismus vollendet Paris, "der Kopf und das Herz Frankreichs", verfügte fortan über alle Macht, und die Provinz war von ihm abhängig Thomas Pflug • • • • • • • • • V. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1800 bis 1945 die staatlich streng kontrollierte und geschützte Wirtschaft war in weiten Bereichen nationalisiert französischer Parlamentarismus hat sich während der absoluten Monarchie ausgebildet ursprünglich bestanden die Parlamente aus Juristen, die die Aufgabe hatten, die königlichen Gesetze formal zu überprüfen und zu registrieren später erlangten diese hochangesehenen Versammlungen zur politischen Mitbestimmung aus der Pflicht zur Gesetzregistrierung entstand schrittweise das Recht, königliche Gesetze abzulehnen bzw. zu ratifizieren ab 1789 übernahmen die Generalstände als Verfassunggebende Versammlung (Konstituante) diese Aufgabe der Anteil der Staatsphilosophen und Schriftsteller an der Geschichte der Demokratie ist in Frankreich besonders groß (Charles de Montesquieu, Jean Jaques Rousseau) Sturz der Monarchie wurde wirkungsvoll durch die Philosophie der Aufklärung und politische Publizistik 16 der Enzyklopädisten vorbereitet (Flugblattaktionen) die Unterstützung der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung (1776) durch die Kabinettspolitik von Versailles förderte die Entstehung der Demokratie in Frankreich, als die zahlreichen Freiwilligen (Lafayette) aus Amerika in das absolutistische Heimatland zurückkehrten • • • • • • 5.2. Die "Dialektik" der demokratischen Entwicklung in Frankreich • • Die Geschichte der demokratischen Staatsform weist in 17 Frankreich eine bemerkenswerte Dialektik auf. Das Schwergewicht der Staatsmacht wechselte beinahe regelmäßig zwischen Legislative und Exekutive. So kam es, dass die französische Demokratie immer wieder starke, ja selbst autoritäre Regierungen ertragen konnte. Diese Darstellung soll am Beispiel Frankreichs zeigen, dass Demokratie und Diktatur aufkeimende Erscheinungen dieser Zeit sind und dass sich die Demokratie gegen die Diktatur durchgesetzt zu haben scheint. • • • • • • • • • das revolutionäre Geschehen der Jahre 1789/90 mündete 1791 in die erste demokratische Verfassung (konstitutionelle Monarchie) sie scheiterte an der Unfähigkeit des Königs, ferner an den Spannungen zwischen den gemäßigten und radikal republikanischen Kräften und an der zu starken Betonung des Wahlprinzips (wenigen Wahlberechtigten mussten zu oft zur Urne) schließlich gelangten die radikalen Jakobiner mit der republikanischen Verfassung von 1793 an die Macht ihr Terror versetzte das Land in Schrecken und Angst vor der Gewalt des Pöbels (Schreckensherrschaft) der Sieg der Gemäßigten (Thermidorianer) über die Jakobiner führte sodann zur "Direktorialverfassung" (1795), die schon 1799 durch eine neue Diktatur, das "Konsulat" Bonapartes abgelöst wurde ermächtigt durch eine Volksabstimmung, ernannte sich Napoleon I. dann 1804 selbst zum "Kaiser der Franzosen": autoritäre Staatsführung mit Verknüpfung von Errungenschaften der Revolution die Beteiligung des Volkes an der Entstehung der Staatsmacht, die Freiheit der Person und des • • • • • • • Eigentums sowie die Gleichheit vor dem Gesetz gehören seitdem zum nationalen Selbstverständnis der Franzosen als nach dem Sturz des Korsen (1814) die restaurativen Monarchen, Ludwig XVIII. und sein Nachfolger Karl X., die demokratischen Freiheiten anzutasten versuchten, erhob sich das Bürgertum in der Julirevolution des Jahres 1830 und setzte den "Bürgerkönig" Louis Philippe ein, der bewusst an die Tradition von 1791 anknüpfte (Zensuswahlrecht = Grundlage der bürgerlichen Mitbestimmung an der konstitutionellen Monarchie) 18 gegen diese timokratische Ordnung kämpften die Kleinbürger und Arbeiter an, in deren Kreisen bald sozialistische und kommunistische Ideen Boden gewannen Saint Simon und Proudhon begründeten den "utopischen Sozialismus" und untermauerten damit den "Kampf gegen das Eigentum" ideologisch als das Verlangen nach einem demokratischen Wahlrecht mit den sozialen Forderungen zusammenfloß, kam es erneut zur Revolution - der "Februar-Revolution" von 1848 Verbot von öffentlichen Demonstrationen für das Wahlrecht Nationalgarde weigerte sich dieses mit Gewalt durchzusetzen. Folge: Abdankung des Königs (24. 2. 1848) und Flucht nach England da Frankreich auf den neuen republikanischen Status kaum vorbereitet war, ergaben sich bald zwischen den proletarischen und bürgerlichen Kräften schwerste Spannungen in der "Juni-Revolution" des Jahres 1848 erhob sich 19 der "Vierte Stand" und wurde blutig niedergeworfen aus Angst vor den Sozialisten trieb das Bürgertum in die Arme Louis Napoleons, der zum Präsidenten der Republik gewählt wurde und mit einem Staatsstreich am 2. 12. 1851 die Nationalversammlung auflöste das Volk übertrug ihm plebiszitär das Präsidentenamt für 10 Jahre ("demokratischer Caesarismus"), wählte ihn aber schon ein Jahr später - wiederum durch eine Volksabstimmung zum "Kaiser der Franzosen". (Napoleon III. 1852-1870) Folge: Aufhebung der Gewaltenteilung, Unterdrückung der Presse und autoritäre Regierung; sicherte aber dem Volke einen gewissen wirtschaftlichen Wohlstand dieses System war auf die Zustimmung der Öffentlichkeit angewiesen und begann darum nach 1860 eine schrittweise Angleichung an parlamentarische Verfassungsformen infolge außenpolitischer Fehlschläge sank jedoch das Prestige Napoleons III. ,sodass er bei den Wahlen 1869 zwar 4,3 Millionen Stimmen gewann, aber 3,4 Millionen Gegenstimmen in Kauf nehmen mußte als sich im Frühjahr 1870 eine Liberalisierung des Systems anbahnte, kam es gleichzeitig zwischen Frankreich und Deutschland zu Spannungen und schließlich zum Ausbruch des Krieges der Staat Napoleons III. brach zusammen, als der Kaiser bei Sedan in Kriegsgefangenschaft geriet im belagerten Paris erhob sich am 18. 3. 1871 erneut der „Vierte Stand“, die "Pariser Kommune", und errichtete ein Schreckensregiment die geflohene Nationalversammlung erteilte dem bürgerlichen Ministerpräsidenten Thiers weitreichende Vollmachten Paris wurde nach einem Blutbad freigekämpft die "Dritte Republik" erhielt einen bürgerlichen und antisozialistischen Charakter in ihr überwog die Macht des Präsidenten gegenüber den beiden Häusern der Legislative 16 Mitarbeiter und Herausgeber der großen französischen Enzyklopädie des 18. Jahrhunderts, Encyclopédie, ou dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers (Enzyklopädie, oder Systematisches Wörterbuch der Wissenschaften, der Künste und des Handels) 17 innewohnende Gegensätzlichkeit 18 Staatsform, in der die Rechte eines Bürgers von der Größe seines Vermögens abhängen 19 Stand der Kleinbauern, Landarbeiter, Kleinbürger und vor allem der Lohnarbeiter und des Industrieproletariats Seite 31 Thomas Pflug • V. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1800 bis 1945 bis 1875 übten die Monarchisten noch einen starken Einfluß auf die Innenpolitik aus, doch wurde keine neue Verfassung verabschiedet, weil man auf eine Entscheidung des Volkes zwischen Monarchie und Seite 32 Thomas Pflug V. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1800 bis 1945 (geänderte Quelle; siehe Literatur - Punkt 14, S. 340) Republik wartete, die dann mit den Wahlen von 1876 zugunsten der Republik fiel • die Linkskräfte drängten nach vorn und bestimmten das politische Gesicht Frankreichs, bis die Dritte Republik 1940 im Zweiten Weltkrieg zusammenbrach • nach der militärischen Niederlage Frankreichs bildete Marschall Pétain für das von den deutschen Truppen nicht besetzte Gebiet des Landes eine Regierung • das in Vichy residierende System stellte eine Notlösung dar • nach dem Rückzug der deutschen Truppen (1944) begann die Abrechnung mit den "Verrätern" • • • • Seite 33 dem Revancheterror der französischen Kommunisten fielen unzählige Menschen zum Opfer General de Gaulles ("Résistance") verhinderte ein Abgleiten in die Diktatur der Befreier Frankreichs, ermöglichte die neue Verfassung der Vierten Republik vom 27. Oktober 1946, die das Schwergewicht der politischen Macht auf die Nationalversammlung legte die Exekutive, fast völlig abhängig vom Parlament, konnte sich auf keine stetige Mehrheit verlassen Thomas Pflug V. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1800 bis 1945 5.3. Schlussfolgerung Auf eine abschließende Zusammenfassung wird verzichtet, da ich in der Belegarbeit mehrfach ausführliche Zusammenfassungen bzw. Wertungen eingefügt habe. Als Zusammenfassung kann man auch die Thesen betrachten. Dieser geschichtlicher Abriss gibt den Anschein, als ob der Franzose sich nicht zwischen Demokratie und Diktatur entscheiden kann. Aber in Wirklichkeit widerstrebt dem französischen Volk jede undemokratische Herrschaftsform. Seine Vorstellungen von der Demokratie unterscheiden sich jedoch erheblich von denen der Engländer oder der Deutschen. Dem Franzosen geht es bei seinem Verhältnis zum Staat an erster Stelle nicht um die Formen und das Machtgleichgewicht der Institutionen, sondern um die konkrete politische Freiheit. Als ausgeprägtem Individualisten ist dem Franzosen das Recht auf die freie Äußerung seiner Meinung heilig. Ob diese von einem parlamentarischen System oder von einer Diktatur garantiert wird, ist ihm wohl zweitrangig. 6. Demokratieauffassungen im Zeitraum von 1800 bis 1945 6.1. Die Demokratie als Problemlöser • • • • • • • • die Machtwechselchance in der Demokratie um ein Vielfaches größer ist als in nichtdemokratischen Systemen Politikbetroffene haben Sanktionschancen gegen Politikmacher wirksame Methode zur Schulung und Auswahl fähiger Führer relativ hohe "politische Produktivität" der Demokratie in Demokratien sind die Chancen politischer Beteiligung der erwachsenen Bevölkerung viel größer als anderswo in Demokratien werden die Legislative und die Exekutive weit strenger und erfolgreicher gezähmt als in anderen Regimen Demokratie erhöht die Transparenz des politischen Geschehens nicht das Gedeihen aller wird begünstigt, wohl aber das der großen Mehrheit 6.2. Die Demokratie als Problemerzeuger • • • • • • • • die Demokratie hat höchst anspruchsvolle Voraussetzungen und ist besonders verletzlich Herrschaft Inkompetenter, zumindest der gleichberechtigten Mitsprache vieler Unwürdiger die Demokratie erzeugt eine Lücke zwischen hohen Erwartungen und relativ geringer Steuerungsfähigkeit der Politik der Volkswille, auf den sich die Demokratie stützt, ist "fiktiv, fehlbar und verführbar" (Offe) der Konkurrenzkampf um Wählerstimmen und die Leitung durch schwächliche politische Führungen erzeugen nicht selten eine "Gefälligkeitsdemokratie", die mittels kostspieliger Geschenke und Vergünstigungen zugunsten von Sonderinteressen die Wirtschaft und die Gesellschaft überlastet Kurzsichtigkeit mangelhafte Qualifikation der Wähler zur fachkundigen Beurteilung von Kandidaten und politischen Problemen, hastig gefällte Entscheidungen gewählte Regierende sind für Fehler anfällig, beispielsweise dafür schlechte Gesetze zu machen Seite 34 Mathias Vogel VI. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses in der Zeit der Bipolarität VI. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses in der Zeit der Bipolarität • (Mathias Vogel) 1. Einführung Die Zeit vor 1945 war geprägt von unterschiedlichen Auffassungen, einen Staat totalitär oder demokratisch/pluralistisch zu führen. Besonders auf dem europäischen Kontinent spiegelte sich diese Gegensätzlichkeit wieder. Deutschland und Italien, die Verantwortlichen für den Zweiten Weltkrieg, wurden von totalitären Systemen beherrscht (Nationalsozialismus/Faschismus). Sie gingen als Verlierer aus dem Krieg hervor. Besiegt wurden sie durch demokratisch geführte Staaten, mit Ausnahme der UdSSR, dass durch den Kommunismus/Stalinismus geprägt war. Nach 1945 polarisierte sich die Welt zwischen den neuen Weltmächten USA und der UdSSR. Sie waren es, die nun im internationalen Beziehungsgeflecht den Ton angaben. Die resultierte pipolare Blockbildung war besonders durch die unterschiedliche Auffassung politischer Systeme geprägt. Nach dem Zweiten Weltkrieg standen sich nun die freiheitliche Demokratie westlichen Typs und die totalitäre Diktatur stalinistischen Typs gegenüber. Die USA verfolgte das Ziel to make the world safe for demogracy. Die Sowjetunion wollte den Kapitalismus westlichen Vorbilds zurückdrängen. Jeder der beiden Hauptmächte versuchte mittels politischer Versprechen und Zusicherung wirtschaftlicher Unterstützung Verbündete für das Erreichen eigene Ziele zu sichern. Staaten Westeuropas wie Frankreich, England, Italien oder die BRD stellten sich auf die Seite der USA. Der gesamte Ostblock (Bezeichnung für die 1945-90/91 von der Sowjetunion beherrschten Staaten im östlichen Europa), die VR China und Kuba wendeten sich an die kommunistische Sowjetunion. Dieses Ost-West Verhältnis kann man aber nicht auf alle Staaten der Welt beziehen. Beispielsweise waren einige Entwicklungsländer weder Demokratien westlichen Typs noch totalitäre Diktaturen. Das gleiche galt für Spanien und Portugal vor ihrem Übergang zur Demokratie. Viele Staaten Asiens und Afrikas sind Entwicklungsdiktaturen, in denen eine politische Führungsgruppe Modernisierungsziele setzt und die Zustimmung der Bevölkerung durch Propaganda und Ausschaltung jeder Opposition zu erreichen sucht. Bsp.: Demokratien Westeuropas und der USA 2.2. Gelenkte Demokratie • • • • • • • • 2.3. Modernisierte Oligarchie Oligarchie: (griechisch: "Herrschaft der wenigen"); Bezeichnung für die Herrschaft einer kleinen Gruppe, die ihre Macht aus eigennützigen Interessen gebraucht • Unterscheidung politischer Systeme in Typen durch den Amerikaner E. Shils (1962). Er versucht die Entwicklungsländer zu berücksichtigen und mit einzubeziehen • • • • 2.1. Politische Demokratie • Ist modifizierte Form der Demokratie Handlungsspielräume vom Parlament und den Parteien sind geschwächt, politische Freiheitsrechte sind eingeschränkt Pressefreiheit existiert nicht oder nur im geringen Maße Politische Opposition kämpft im Chancengleichheit, da ihr Zugang zu den Massenmedien beschnitten wird oder ihr ganz untersagt wird Rechtsprechung ist unabhängig von der Regierung Verwaltung ist an das Gesetz gebunden ? Rechtstaatlichkeit ist begrenzt gesichert Voraussetzung für gelenkte Demokratie ist: • Politische Elite (sie ist sich einig über politische Grundsätze und Verfahrensweisen) Gelenke Demokratie ist instabil: • Versagen von Einschränkung der politischen Freiheitsrechte • Opposition kann sich durchsetzen (starke Führung durch die Regierung der herrschende Elite kann geschwächt werden) Bsp.: Indonesien 2. Versuch einer Unterscheidung für Typen politischer Systeme in der Bipolarität • • Unabhängige Justiz • Freie öffentliche Meinungsbildung Voraussetzungen für die Funktionsfähigkeit der politischen Demokratie sind: • Legitimität der Regierung (ihr Recht zur Entscheidung muss von der Bevölkerung größtenteils anerkannt sein) • Politische Opposition muss zur konstruktiven Kritikausübung vorhanden sein und von der Regierung respektiert werden • Loyale und kompetente Bürokratie zur Ausführung der Entscheidungen (Beamtenapparat); muß frei von Korruption sein • Möglichst breite Schicht von informierten und politisch interessierten Bürgern • Interessenverbände begrenzen die Macht der Regierung kein bestehendes politisches System erfüllt diese Bedingungen komplett Es ist eine Herrschaft durch repräsentative Institutionen (Kanzler/Ministerpräsident oder Parlament) Sie zeichnet sich durch politische Freiheitsrechte aus wie: • Gesetzgebung durch ein aus allgemeinen Wahlen entstandenes Parlament • Kontrolle der Regierung durch Parlament • Handlungsund Meinungsfreiheiten für politische Oppositionen und politische Minderheiten • • Entstehung: Kluft zwischen konservativer Mehrheit und einer zur Modernisierung entschlossenen politischen Führung ist zu groß? repräsentative Institutionen werden funktionsunfähig System verlangt eine gut organisierte und untereinander loyale Elite (Partei, Kampfverbände) Parlament ist machtlos; Parteien werden gleichgeschaltet oder gar aufgelöst Öffentliche Meinungsbildung wird unterbunden Medien (Presse, Rundfunk, TV) sind gezwungenermaßen in Abhängigkeit von Regierung Polizei/Armee/Verwaltung stehen fest im Dienste der politischen Führung Die Beteiligung der Bürger ist durch Akklamation (öffentliche Zustimmung ohne Einzelabstimmung) in Form von Volksabstimmungen beschränkt Bsp.: Pakistan, Sudan, Ghana Seite 35 Mathias Vogel VI. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses in der Zeit der Bipolarität 2.4. Totalitäre Oligarchie • • • • • • Wird durch geschaffene Ideologie legitimiert Die politische Elite ist organisiert in einer disziplinierten Partei und überzeugt von ihrer Mission, die ihr die Ideologie vorschreibt Ziel: Durchdringung und Gleichschaltung in Bereichen des sozialen Lebens, religiösen Gruppen und traditionellen Autoritäten Bürger sind durch Akklamation beschränkt? Wahrung demokratischer Fassade; es können politische Maßnahmen (Repression) zur Durchsetzung der Ziele erfolgen Ihr Ziel, alle Bereiche der Gesellschaft zu kontrollieren lässt sich durch eine umfangreiche Bürokratie erreichen • • Bsp.: VR China, Kuba, Vietnam 2.5. Traditionelle Oligarchie • • • • • • Legitimiert durch eine Religion; Exekutive ist ein Herrscher Es existiert kein Parlament mit wirklichen Handlungsspielraum, sondern sorgfältig kontrollierte Versammlungen (Beraterfunktion) Unterentwickelter Beamtenapparat Meinungsbildung ist zensiert Beherrschte haben höchstens auf regionaler Ebene politischen Einfluss • • Bsp.: Marokko oder Nepal 3. Pluralismustheorie • diese Theorie lässt sich auf die heutige Demokratie und deren Parlamentarismus beziehen. Dient zur Kennzeichnung von Strukturmerkmalen politischer Systeme (Demokratie- Diktatur) • • • • • • Gegensatz zur Theorie, die nur ein Individuum oder eine politische Ordnung als Träger der Staatsgewalt wünschte und akzeptierte Pluralistische Demokratietheorie erkennt, dass die Vielfalt gesellschaftlicher Gruppen unvermeidlich und dies nur wünschenswert ist Entscheidungen werden durch Mehrheiten getroffen Der Pluralismus von Gruppen hindert eine konzentrierte Staatsmacht ?Gefahr von Totalitarismus ist gering Das Allgemeinwohl wird durch Abstimmung und Kompromiß hergestellt Kritik an der Pluralismustheorie: • Sie ist konservativ, d.h. Veränderungen müssen durch Abstimmungen betroffener Gruppen legitimiert werden • Verhärtet gesellschaftliche Gruppen, da Meinungen und Vorurteile einzelner Gruppen schwer zu verändern sind, gerade in einer Kompromissfindung • Pluralismus reduziert den Volkswille auf den kleinsten gemeinsamen Nenner erreichbarer Kompromisse 4. Regierungssysteme "politische Demokratie" innerhalb des Deutschland wird aufgrund der Strukturen aus Konkurrenz- und Konkordanzdemokratie als Mischform als ein von Mehrheits- und Konkordanzdemokratieelementen geprägtes politisches System bezeichnet. 4.2. Parlamentarische und präsidentielle Demokratie Beide Typen sind Grundformen des im weiten Sinne definierten Parlamentarismus, also des Regierungssystems, in dem das Parlament der Gesetzgeber ist und das Staatsbudget kontrolliert und in dem das Volk oder von ihm gewählte Repräsentanten über Wahl und gegebenenfalls Abwahl der Regierungen entscheiden. 4.2.1. Hauptunterscheidungsmerkmale • Typs 4.1. Konkordanzdemokratie • • An der Stelle des Mehrheitsprinzips bestimmen Kompromisstechniken den Weg der Verhandlung zum Herbeiführen eines Konsenses über strittige Angelegenheiten. Die Konkordanzdemokratie geht von einer Gesellschaft mit unterschiedlichen Interessen aus, welche gekennzeichnet ist durch: • gemeinschaftlicher Willensbildungsund Entscheidungsprozeß in Angelegenheiten allgemeiner Bedeutung, und zwar mit Beteiligung der Abgeordneten aller wichtigen Bereiche der Gesellschaft (Bsp. Regierung) • Ernennung von Beamten • gesicherte Vetorechte für die Mitglieder der Konsoziation (politisches Gemeinwesen einer tief zerklüfteten Gesellschaft) in allen Belangen Die Konfliktregelung unterscheidet die Konkordanzdemokratie von der Konkurrenzdemokratie (die Konkurrenzdemokratie bewältigt Konflikte im Wesentlichen mit Hilfe des Mehrheitsprinzips) Die Konkordanzdemokratie regelt Konflikte hauptsächlich in der Anwendung von Entscheidungsmaximen des gütlichen Einvernehmen (Einstimmigkeitsprinzip) Minderheiten werden an den Entscheidungsprozessen mit gesicherten Vetorechten beteiligt (Bsp. Einbindung oppositioneller Parteien in die Regierung einer großen Koalition) politische Minderheiten besitzen somit mehr oder weniger entscheidende Vetorechte Beispiele für Konkordanzdemokratie: • Schweiz • Niederlande • (Österreich und Belgien galten lange als Paradebeispiele) Im politischen System der Bundesrepublik spielen konkordanzdemokratische Strukturen ebenfalls eine Rolle. (Bsp.: Bereiche des Bildungswesen; Besetzung oberster Bundesgerichte; verfassungsändernde Gesetzgebung Als Konkordanzdemokratie wird ein politisches System jedoch in der Regel nur bezeichnet, wenn "wichtige Entscheidungsprozesse auf der Ebene der Zentralregierung formal oder durch informelle Prozeduren außerparlamentarischer Verständigung von der Maxime des gütlichen Einvernehmens 1 beherrscht sind" Der Begriff Konkordanz entstammt dem lateinischen concordantia (Übereinstimmung) Konkordanzdemokratie hieße demnach wörtlich Übereinstimmungsdemokratie. Sinngemäß ist jedoch eine Verhandlungsdemokratie gemeint Das Hauptunterscheidungsmerkmal der parlamentarischen Demokratie und der Präsidialform ist die Abberufbarkeit im Unterschied zur Nichtabberufbarkeit der Regierung oder des Regierungschefs durch die Legislative Parlamentarische Präsidentielle Demokratie Demokratie (Kennzeichen: (Kennzeichen: die Regierung Abberufbarkeit der ist nicht abberufbar und die Seite 36 Mathias Vogel VI. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses in der Zeit der Bipolarität Regierung und die doppelte Exekutive ist geschlossen) Exekutive) • • Amtsdauer und • Amtsführung der Regierung ist vom Vertrauen der Parlamentsmehrheit abhängig (Parlamentsmehrheit hat Recht, Regierung • abzuberufen) Meistens besteht enge Verbindung (Vertrauen) zwischen Regierung und Parlamentsmehrheit • • • • Gegenüber stehen sich • die parlamentarische Opposition und die Parlamentsmehrheit, welche durch die Regierung gestützt ist (Ausnahme bildet Minderheitsregierung) Oppositionsführer hat • entscheidenden Einfluss Exekutive besteht aus • dem Regierungschef (Kanzler/ Ministerpräsident) und dem Staatsoberhaupt (Präsident) 2. Parlament und Regierung sind voneinander relativ unabhängig (Amtsdauer der Regierung ist meistens in der Verfassung festgelegt) Parlamentsmehrheit kann aus politischer Hinsicht die Regierung nicht abberufen (Ausnahme bildet ein grober Amtsmissbrauch) ?Parlament kann die Exekutive nicht stürzen, ungeachtet der Mehrheitsverhältnisse im Parlament Direktwahl der Exekutive durch das Volk (USA: Wahlmänner) Gegenüber stehen sich Parlament und Regierung Eine starke Oppositionspartei im Parlament hat keinen Einfluss auf die Exekutive (bezeichnet als "divided 2 government" ) Regierung ist vereint in dem Amt des Staatsoberhauptes und des Regierungschefs 3. 4.2.3. Politische Prozesse Parlamentarische Demokratie • Relativ gut organisierte Parteien und disziplinierte Parteifraktionen sind unerlässlich • Regierung stützt sich meist auf die Parlamentsmehrheit; Voraussetzung ist eine relativ geschlossene Fraktion der Regierungspartei/en • Opposition tritt in der Regel geschlossen auf Es kommt meist zu Konfrontation von Regierungsund Oppositionsparteien • Regierungschef ist an den Vorstellungen einer Partei/Parteienkoaliti on gebunden • 4.2.2. Typen parlamentarischer und präsidentieller Systeme • Präsidialform • • • • Die Präsidialform kommt auch in abgeschwächtere Konstruktionen (ein Ministerrat setzt der Präsidialgewalt Grenzen, indem sich der Präsident mit dem Rat über wichtige Entscheidungen ins Benehmen setzen muss) Bsp.: Brasilien, Mexiko, Argentinien • • • • Parlamentarische Form • Man unterscheidet aufgrund der Kompetenzverteilung zwischen Staatsoberhaupt und Regierung in drei Untertypen: (20. Jh.) 1. Exekutivkooperation (Kompetenzbalance zwischen Staatsoberhaupt/Regierung; Bsp. Italien) • Seite 37 • • • Parteien sind weniger geschlossen wie bei der parlamentarischen Demokratie; Fraktionsund Parteidisziplin ist weniger erforderlich Parteien sind locker strukturiert, schwach organisiert Exekutive hat Initiativfreiheit hohe 5.1. historischer Hintergrund • • Präsidentielle Demokratie 5. Demokratie in der bipolaren Zeit am Beispiel Italien Parlamentarische Demokratie und Präsidialform sind Grundformen, die in Untertypen gegliedert werden können. Eine Zuordnung hat Winfried Steffani vorgeleg. (er unterscheidet zwischen: parlamentarischer/präsidentieller Demokratie; Abberufbarkeit der Regierung/ des Regierungschefs; der Konstellation zwischen Regierungschef/Staatsoberhaupt • Kompetenzverlagerung (zu Gunsten des Regierungschefs ? Kanzlerdominanz; Bsp. BRD "Kanzlerdemokratie") Präsidialdominanz (zu Gunsten des Staatspräsidenten ? Dominanz des Staatsoberhauptes; Bsp. Finnland; auch Weimarer Republik) Vor und während des zweiten Weltkrieges war Italien geprägt durch den Faschismus Mussolinis (seit 1922) Mussolinis Diktatur war zum Teil geprägt von Zerschlagung gefährdender Oppositionen (Kommunisten/Sozialisten) unter dem Deckmantel einer konstitutionellen Monarchie Mussolini schloss sich Hitler an und trat mit Italien als Verbündeter Deutschlands in den Zweiten Weltkrieg ein Nach dem Sieg der Alliierten wurde das faschistische Regime gestürzt Mit 12,7 Mio. gegen 10,7 Mio. Stimmen sprach sich die italienische Bevölkerung am 2. Juni 1946 für eine Republik aus Wahl der verfassunggebenden Nationalversammlung am 2. Juni 1946 Am 18. Juni 1946 proklamierte der Oberste Gerichtshof die Republik Italien Eine parlamentarisch- demokratische Verfassung wurde verabschiedet (in Kraft seit 1. Januar 1948) Durch Hilfe des Marshallplans leitete die Regierung den Wiederaufbau der Wirtschaft ein (1945-53) Resultierend aus einer Agrarkrise vollzog die Regierung eine Sozial- und Bodenreform; zudem wurde eine nationale Entwicklungsbank eingerichtet (Planung/Finanzierung von Entwicklungsvorhaben in Industrie, Landwirtschaft und Verkehr) Seit dem Ende der 60er Jahre wurde die innere Sicherheit durch steigenden Terrorismus rechts- und linksextremer Gruppe bedroht Mathias Vogel VI. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses in der Zeit der Bipolarität 5.2. Italienische Verfassung • • • • Die Verfassung wurde am 22. Dezember 1947 verabschiedet und trat am 1. Januar 1948 in Kraft Italien ist eine demokratische Republik (Art. 1) Sie bewahrt bürgerliche Freiheitsrechte und billigt der Kirche in ihrem Bereich Autonomie 6. prägende Elemente der Demokratie, die eine eindeutige Unterscheidung von der Diktatur gestatten Legislative • • • • • • Diese Thesen beziehen sich größtenteils auf die Politik eines demokratischen Staates? Unterscheidung zur totalitären Systemen soll vereinfacht werden Nach Art. 55 der Verfassung wird die politische Vertretung des Volkes durch zwei gleichberechtigte Versammlungen repräsentiert (Kammer/Senat) "Das Parlament besteht aus der Abgeordnetenkammer und dem Senat der Republik" Die Kammer umfaßt 630 Mitglieder (wählbar sind Bürger mit einem Mindestalter von 25 Jahren); aktiv wählen dürfen Bürger ab 18 Jahren Mitglieder des Senats (315), die auf regionaler Ebene gewählt werden, müssen mindestens 40 Jahre alt sein; aktiv wählen dürfen Bürger ab 25 Jahren Zu den Senatoren kommen Senatoren auf Lebenszeit hinzu (ehemalige Staatspräsidenten und fünf vom Staatsoberhaupt ernannte Persönlichkeiten) Beide Institutionen haben gleiches Initiativ- und Beschlußrecht Senat/Kammer wird auf fünf Jahre nach dem Verhältniswahlrecht gewählt 6.1. Presse • • • • • • • • • Die italienische Regierung besteht aus dem Ministerpräsidenten und den Ministern (Ministerrat) Der Staatspräsident ernennt den Ministerpräsident und auf dessen Vorschlag die übrigen Mitglieder der Regierung Art. 95 besagt: "Der Präsident des Ministerrates bestimmt die allgemeinen Richtlinien der Regierungspolitik und übernimmt dafür die Verantwortung. Er sorgt für die einheitliche Führung der Politik und Verwaltung, indem er die Amtstätigkeit der Minister fördert und koordiniert." 2 • • • • • • Demokratien sind schwerfälliger in ihrer politischen Aktionsfähigkeit; sie sind aus Verfassungsgründen gehalten, sich in politischen Entscheidungen mit wichtigen gesellschaftlichen Institutionen (Partei; Verbänden, Parlament,..) abzustimmen Die Konsequenz daraus ist ein längerer Zeitaufwand In einem kleinen Kreis (Führungselite) kommt es zu schnellen Entscheidungen und diese können wiederum in einem hohen Grad geheim gehalten werden 6.3. Wertvorstellungen • Das Staatsoberhaupt der Republik ist der Staatspräsident Er wird alle sieben Jahre von den Mitgliedern des Parlaments und von 58 Vertretern der 20 italienischen Regionen gewählt (Zweidrittelmehrheit erforderlich) Er gibt als Staatsoberhaupt (muss mindestens 50 Jahre alt sein) den Auftrag zur Regierungsbildung; kann Parlament auflösen; verfügt über ein aufschiebendes Vetorecht; Oberbefehlshaber der Streitkräfte; hat Sitz im obersten Rat des Richterstandes Stellvertreter des Staatspräsidenten ist der Senatspräsident • Pluralistisch geführte Staaten werden sich in außenpolitischen Handlungen (militärische Intervention) streng an innenpolitische Wertvorstellungen halten (Grund: Rechtfertigung vor dem Volk) Autoritär geführte Staaten lassen sich nicht leiten durch Wertvorstellungen in ihrer Außenpolitik (Grund: Unterdrückung der öffentlichen Kritik) Diese Systeme gefährden den internationalen Frieden/Sicherheit mehr als demokratische 7 Diktaturen im "Kalten Krieg" 7.1. Diktaturbegriff in der Gegenwart: • 5.3. Italienisches Recht (Judikative) • Demokratische Regierung wird für außen- und innenpolitische Fragen auf die öffentliche Meinung Rücksicht nehmen müssen Totalitäre Regierungen, die über ein Informationsmonopol verfügen können somit Tatsachen verfälschen und Kritik verhindern größere Auswahl der Mittel zur Verfolgung politischer Ziele 6.2. Interessen Exekutive • Das Privatrecht ist im Codice Civile seit 1942 niedergeschrieben Das höchste Gericht ist der 1956 eingerichtete Verfassungsgerichtshof (Corte Costituzionale) Es ist ein unabhängiges Verfassungsorgan über die Einhaltung der Verfassung An der Spitze der Straf- und Zivilgerichtsbarkeit steht der Oberste Kassationsgerichtshof (Corte Suprema di Cassazione); (Kassation: Aufhebung eines Gerichtsurteils) Unter dieser Ebene sind für die Strafgerichtsbarkeit Institutionen wie: • Berufungs- und Berufungsassisengericht • Assisengericht • Magistratsgericht Für die Zivilgerichtsbarkeit sind Berufungsgerichte und verschiedene Untergerichte eingerichtet • In der heutigen Zeit versteht man unter einer Diktatur eine auf unbestimmte Dauer angelegte Herrschaftsform Insbesondere versteht man in der Gegenwart unter dem Begriff Diktatur den absoluten Gegensatz zur Demokratie Äußerlichkeiten der gegenwärtigen Diktaturen sind sehr unterschiedlich, doch gibt es ähnliche Strukturmerkmale. • • • • • Seite 38 Die Staatsgewalt ist auf eine Person (Diktator) oder Gruppe (Partei, Militär, Klasse) verteilt Unterdrückung der politischen und gesellschaftlichen Opposition Aufhebung und Verzicht auf Gewaltenteilung Gleichschaltung von autonomen Teilgewalten um Macht auszubreiten und zu zentralisieren Verzicht auf politischen und gesellschaftlichen Pluralismus Mathias Vogel • • • VI. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses in der Zeit der Bipolarität Einschränkung der Menschenrechte Rechtsstaat wird durch Polizeistaat ersetzt Bürokratie kontrolliert die Gesellschaft Unterscheidung zwischen Entwicklungsdiktatur: Beharrungsdiktatur • und • Beharrungsdiktatur: • möchte bestehenden gesellschaftlichen Zustand bewahren (Status quo) oder einen früheren Zustand (Status que ante) wiederherstellen 1962-1965 scheiterte von Mao Zedong der Versuch, mit Hilfe der Armee über eine sozialistische Erziehungskampagne die Partei auf seine idealistisch- revolutionäre Linie ein zu schwören. Mao Zedong war gezwungen sich auf das Amt des Partei- Vorsitz (KPCh) zu beschränken und die Staatspräsidentschaft an Liu Shaoqi abzugeben Mao Zedong löste von Schanghai Ende 1965 die Kulturrevolution aus 8.2. Maoismus Entwicklungsdiktatur: • revolutioniert gewaltsam politische und gesellschaftliche Strukturen; Sicherung vor Restauration abgeschaffter politischer/gesellschaftlicher Strukturen • • 7.2. Volksdemokratie • Nach 1945 entstanden im Verlauf der Sowjetisierung (staatliche Organisation nach sowjetischen Vorbild) kommunistische Einparteiensysteme im Gewande repräsentativer Verfassungsmodelle • • • • Begriff der Volksdemokratie: • Ist nach marxistisch-leninistischen Theorie eine Variante der Diktatur des Proletariats (errichtet durch proletarische Revolution) • Regierungssystem, dass auf ein Bündnis von Arbeitern und Bauern beruht • Unter Führung der kommunistischen Partei soll der Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus gesichert werden • Ausschaltung einer selbstständigen Opposition • • 8. Diktaturen nach dem Zweiten Weltkrieg am Beispiel China: • 8.1. Historischen Hintergrund bildet die Entstehung und Entwicklung der Volksrepublik China • • • • • • • • Träger der Revolution ist die unterdrückte Landbevölkerung Die Führung ist in der Hand der KPCh Ländliches Proletariat erobert sich in militärischen und politischen Auseinandersetzungen die Macht über herrschende Elite Errichtung einer Diktatur des Proletariats Weltrevolution hat den Ursprung in den unterentwickelten Agrarländern der dritten Welt 8.2.1. Die Rolle der Gesellschaft im Maoismus • • es ist eine auf den Marxismus-Leninismus entwickelte Vorlage einer sozialen Revolution. Es berücksichtigt besonders die gesellschaftlichen Bedingungen der dritten Welt Sie unterscheidet sich zum Marxismus-Leninismus in der Ausführung einer Revolution und der nach sowjetischen Vorbild entwickelnden sozialen Gesellschaft Inhalt des Maoismus: • Mit Unterstützung der Sowjetunion gelang es den Kommunisten, unter Führung Mao Zedong, über die Mandschurei nach China einzudringen (1947) In Bürgerkriegsähnlichen Zuständen eroberten die Kommunisten bis Ende 1949 das restliche China. Der chinesische Staatspräsident Chiang Kai- Shek zog sich 1949 mit seinen Truppen nach Taiwan zurück Am 1. Oktober 1949 rief Mao Zedong (Tsetung) die VR China aus und trat als Präsident des Zentralrates der Volksregierung an die Spitze des Staates Eine spezifische Deutung des Marxismus-Leninismus durch Mao Zedong (Maoismus) prägte die radikale Umgestaltung von Staat und Gesellschaft 1954 trat eine neue Verfassung nach dem Prinzip des demokratischen Zentralismus (Organisations- und Leitungsprinzip eines Staates, gekennzeichnet durch die Konzentration aller Kompetenzen bei einer zentralen, obersten Instanz) in Kraft: • Zentralrat mit 56 Mitgliedern mit absoluter Vollmacht unter Vorsitz des KPCh (Kommunistische Partei China) Chefs Mao Zedong Sog. Säuberungswellen schalteten politische Gegner und alte Führungseliten aus (10 Mio. Menschen starben dabei) Bodenreform (1950-56); Verstaatlichung der Schwerindustrie und den Außenhandel (1950) Indoktrination (Beeinflussung) und Gedankenreform von Seiten der KPCh sollten dazu dienen, die Chinesen ideologisch umzuerziehen 1958-60/61 startete die Kampagne des Großen Sprungs nach vorn; Ziel war die Weiterentwicklung des sozialistischen Gesellschaftssystems Der Maoismus schwört auf die ideologische Einheit im Sinne des Kommunismus? daraus folgt ein verschärfter Klassenkampf von Seiten der sich entfaltenden sozialistischen Gesellschaft Einheit der Produktionsverhältnisse und des kommunistischen Gedankenguts innerhalb der Bevölkerung Volksmassen sollten demzufolge ständig Bereitschaft zeigen, revolutionäre Klassen mit Hilfe der KPCh zu unterdrücken 8.3. proletarische Kulturrevolution 1965/66-76) In den Jahren 1962/65 mißlang der Versuch Mao Zedongs, mit Hilfe der Armee die Partei von innen her auf seinen Maoismus einzuschwören ?Kulturrevolution • Säuberungskampagnen gegen antimaoistische Intelektuelle in Literatur, Pädagogik und Publizistik • Gebildete Rote Garden (bestehend aus Schülern/Studenten) griffen 1966 die antimaoistische Parteizentrale in Peking an? Entmachtung von Staatspräsident Liu Shaoqi • Zerschlagung von Partei- und Staatsapparat • Im April 1969 wurde die Kulturrevolution von der KPCh als beendet betrachtet und offiziell legalisiert • 1976 starb Mao Zedong Nach dem Tod Mao Zedong und dem Sieg der Pragmatisten (orientiert sich an Handlungen der Menschen) änderte sich wenig am radikalen Kurs der Partei und des Staates • Parteivorsitz wurde durch Generalsekretariat abgelöst • Westlich orientiertes Rechtswesen Beibehalten wurde: • • • Seite 39 Diktatur des Proletariats Führende Rolle der KPCh in Staat und Gesellschaft Unumstößlicher Primat des Marxismus-Leninismus Mathias Vogel VI. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses in der Zeit der Bipolarität deutlich, wie ein fehlendes Recht auf internationales Reisen zu revolutionären Verhältnissen führten. Der Punkt, dass in manchen Fällen Grund- und Menschenrechte noch gewaltsam beschnitten wurden, bestätigt meine Ansicht, dass die Demokratie westlichen Vorbilds positiver für den Menschen ist. Zudem gibt es Einflüsse, die den Menschen anfällig für Veränderung machen. Ich rede von gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Bedürfnissen, die unbewusst geweckt wurden und resultierend daraus befriedigt werden wollten. Der Charakterzug Neid, welcher aus Mangel an Bedürfnisbefriedigung entsteht, ist nur zu menschlich. Jedes Individuum kann sich diesem Empfinden nicht erwehren. Wenn wir dies nun übertragen in die bipolare Zeit, könnte man sagen, dass es auf der einen demokratischen Seite Menschen mit befriedigten Bedürfnissen (Menschenrechte,...) gab, und auf der anderen totalitären Seite diejenigen waren, die nach dieser Bedürfnisbefriedigung strebten und begannen darum zu kämpfen. Die Demokratie westlichen Vorbilds kam der breiten Bevölkerung besser entgegen, indem sie versuchte die, menschlichen Grundlagen bestmöglich zu sichern und individuelle Freiheiten zu gewähren. Sie konnten in Form von Abgeordneten Einfluss auf die Politik nehmen und durch Meinungsfreiheit Kritik am Staat üben. 8.4. Äußerungen eines Pekinger Deutschstudenten bezüglich Meinungsfreiheit und Demokratie: Der Student beginnt seinen Aufsatz mit der Feststellung: • In allen Gesprächen und Diskussionen (innerhalb der Universität) geht es in erster Linie um das Thema Meinungsfreiheit. Die allermeisten sind dafür, dass 2 wir Meinungsfreiheit in unserem Land brachen. Auf die Frage, warum China Meinungsfreiheit gebrauche, schrieb er: • Die Meinungsfreiheit gehört zu den grundlegenden 2 demokratischen Rechten eines Volkes. Warum eine Demokratie für ein Land gut wäre begründet er wie folgt: • Die Demokratie westlicher Länder bringt einen hohen 2 Lebensstandard und fördert die Wirtschaft. In seiner Ausführung über Meinungsfreiheit stellt er weiter fest: • Nach der Theorie von Marx soll der Sozialismus zwei Grundlagen haben, das sozialistische Gemeineigentum und die Demokratie. Leider haben wir bemerkt, dass in den allermeisten sozialistischen Staaten passiert, was ganz das Gegenteil von dem 2 ist, was Marx sagte. Dieser Mutmaßung fügt er gleich die Äußerung hinzu: • Wir wollen das ändern. Die meisten Bürger bei uns haben deshalb den starken Wunsch, Meinungsfreiheit zu verwirklichen. Sie ist uns in der 2 Verfassung garantiert, aber nicht in der Wirklichkeit. Er ist fest der Ansicht: • Ist man unzufrieden, soll man es ganz offen sagen können. Auch für den Fall, dass diese Meinung der Regierung nicht paßt."..."Ich glaube, dieses Problem ist nur zu lösen, wenn wir ein entsprechendes Rechtssystem bekommen, wirkliche Gesetze, die 2 unsere Meinungsfreiheit schützen. 9. Schlußwort Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sich die Erde gespalten, besonders in Hinsicht gesellschaftlicher und politischer Systeme. Die Blockbildung zwischen den Großmächten UdSSR und den USA sollte bis in die 90er Jahre Bestand haben. Ihre unterschiedlichen Wertsysteme aber auch die atomare Bedrohung machten eine Annäherung fast unmöglich. Somit war es möglich, dass totalitäre Systeme, beispielsweise nach kommunistischen Vorbild, bis in die Gegenwart existieren konnten und noch immer existieren, wie z.B. Afrika. Wenn man sich auf die Aussagen des Pekinger Deutschstudenten bezieht, konnte es nur eine Frage der Zeit sein, dass Diktaturen zusammenbrechen. Die Meinungsfreiheit gehört zu den grundlegenden 2 demokratischen Rechten eines Volkes. Wenn man diese Meinung als richtig erachtet und sie auf die Allgemeinheit bezieht, müsste die Demokratie die bessere Staatsform sein. In der Tat ist es so. Ein Staat besteht aus einem Staatsvolk, einem Staatsgebiet und der Gewaltenteilung. Die Bevölkerung ist die zentrale Kraft, ohne sie geht nichts. Deswegen sollte es an jeder Regierung liegen, politische Entscheidungen zu Gunsten des Volkes zu treffen und nicht zu versuchen, sie nach ideologische Gedankengut zu manipulieren. Es wird immer Intellektuelle und Andersdenkende geben, die sich nicht mit dem System identifizieren und es hinter fragen. Deswegen schließe ich mich den Äußerungen des Deutschstudenten und dem Sinn der Pluralismustheorie und der Demokratie an. Meines Erachtens war der grundlegende Fehler der totalitären Systeme des 20. Jh. die Unterbindung von Menschenrechten. Meinungsfreiheit, Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, Berufsfreiheit oder Unverletzlichkeit des Eigentums sind treibende Kräfte eines jeden Individuums, gerade in einem Zeitalter, wo diese Rechte in einem Nachbarland gelten und in der Heimat nicht. Am Beispiel der DDR wurde besonders Seite 40 VIII. Quellen- und Literaturverzeichnis VIII. Quellen- und Literaturverzeichnis 1. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses in der Antike (Maria Meisel) 1.1. Sekundärquellen: 1, 2, 3, 4 Übersetzt nach: Aristoteles, „Athenaion Politeia„ Hrsg. N.Tsouyopoulous und E. Grassi, Reinbeck 1965, S. 171ff, 175f 192ff 5, 6, 7, 8 Übersetzt nach Thukydides, Geschichte des Peloponnnesischen Krieges II, 65. G. P. Landmann, Zürich 1976 1.2. Literaturverzeichnis: Olaf Gigon, Politik und Staat der Athener, Artemis Verlag, Zürich 1955, S. 22ff. Hrsg. Bundeszentrale für politische Bildung, Information zur politischen Bildung. Demokratie, Bonn 1992, S.2-3 Hrsg. Franz-Josef Schütz, Geschichte Dauer und Wandel. Von der Antike bis zum Zeitalter des Absolutismus, Cornelsen Verlag Hirschgraben, Frankfurt/Main 1990, S. 6-36 W. Grüttner und R. H. Tenbrock, Zeiten und Menschen. Der geschichtliche Weg unserer Welt bis 1776. Schöningh-Schroedel, Paderborn 1976, S. 12ff, 17-28 Autorenkollektiv (Drechsler, Hilligen, Neumann), Gesellschaft und Staat. Lexikon der Politik, SignalVerlag, Baden-Baden 1989, diverse Seiten u.a. 42, 161, 188, 681 www.encarta.msn.de/reference/default.asp www.dadalos.org/deutsch/Demokratie/demokratie/grundkurs2/antike.html 2. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Mittelalter (Doreen Pieper) • • • • • • • • • • • Dr. Helmut Müller, Professor Dr. Karl F. Krieger, Professor Dr. Hanna Vollrath, Meyers Lexikonredaktion: Deutsche Geschichte in Schlaglichtern, Meyers Lexikonverlag, 1990 Horst Fuhrmann: Deutsche Geschichte im hohen Mittelalter, Vandenhoeck & Ruprecht, 1993 Siegfried Epperlein: Der Bauer im Bild des Mittelalters, Urania Verlag Leipzig, 1975 Autorenkollektiv: Deutsche Geschichte Band 1, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, 1965 Karl Mittermaier/Meinhard Mair: Demokratie, WBV Verlag, 1995 Toucan Books Limited, London, Nick Yapp: Lebensalltag im Mittelalter, Verlag Das Beste, 1995 Hermann Kinder / Werner Hilgemann: dtv Atlas zur Weltgeschichte Band 1, Deutscher Taschenbuch Verlag, 1990 Serges Medien: 2000 Jahre Weltgeschichte, 2000 ECO Verlag und Brepols Graphic Industries N.V., Belgien: Grundstock des Wissens in Geschichte, ECO Verlag, 2000 Microsoft Encarta 98, Enzyklopädie Internet: www.uni-bielefeld.de / www.jura-light.de / home.t-online.de / www.mordor.ch / www.eduvinet.de / hoszkult..hu-berlin.de / www.dadalos.de / www.tu-harburg.de 3. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1500 bis 1800 (Steve Knitter) Seite 41 VIII. Quellen- und Literaturverzeichnis 3.1. Sekundärquellen: Schroedel Verlag: LB „Krieg und Frieden„ S. 93 f. M 3.10 „4. Juli 1776 – Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika„ Schroedel Verlag: LB „Krieg und Frieden„ S.95 M 3.13 „25.Juli 1792 – Aus dem Manifest des Herzogs von Braunschweig an die Bewohner Frankreichs„ 3.2. Literaturverzeichnis Encarta 97 Enzyklopädie Lehrbuch Krieg und Frieden Band 6 dtv Atlas Weltgeschichte (Zeitwende, Zeitalter der Glaubensspaltung, Zeitalter der Vernunft, Zeit der großen Revolutionen) Schmidt Demokratietheorie 3.A (Hobbes, Locke, Montesquieu, Federalist Papers) Informationen zur politischen Bildung Heft 165 Demokratie (S.3f.) 4. Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1800 bis 1945 (Thomas Pflug) 4.2. Sekundäre Quellen 1. Engels, Friedrich (1845/46): Das Fest der Nationen in London, in: MEW Bd.2, Berlin, 1958; S. 612 2. Hildebrandt, Horst: Die deutschen Verfassungen des 19. und 20. Jahrhunderts; Verlag Ferdinand Schöningh; 14. Auflage; 1992; S. 111-115 3. Marx, Karl (1871): Der Bürgerkrieg in Frankreich, in: Marx, Karl - Friedrich Engels. Ausgewählte Schriften in zwei Bänden, Bd. 1, Berlin-Ost, 1970; S. 487 4. Mill, John Stuart (1861): Considerations on Representative Government; New York; 1958; S. 383 5. Robson, John M.: The Improvement Of Mankind. The Social And Political Thought Of John Stuart Mill; Toronto; 1968, S. 239 6. de Toqueville, Alexis (franz. 1835/40): Über die Demokratie in Amerika, München, 1976; S. 830 7. Weber, Max (1921): Gesammelte politische Schriften, Tübingen, 1988; S. 225 8. Weber, Max (1919): Der Reichspräsident, in: Max Weber, Zur Neuordnung Deutschlands. Schriften und Reden 1918-1920, hrsg. von Wolfgang J. Mommsen in Zusammenarbeit mit Wolfgang Schwentker (MWG, Abt. I:, Schriften und Reden, Bd. 16), Tübingen, 1988a; S. 220-224 4.2. Literatur 9. Autorenkollektiv: Encarta 99; Microsoft; 1998 10. Autorenkollektiv: Geschichte und Geschehen 10 - Ausgabe N Gymnasium; Ernst Klett Schulbuchverlag GmbH; 2. Auflage; 1996; S. 6-103 11. Glaeßner, Gert-Joachim: Kommunismus - Totalitarismus - Demokratie, in: Berliner Schriften zur Demokratieforschung; Europäischer Verlag der Wissenschaften; 1. Auflage; 1995; S. 81-141 12. Jesse, Eckhard/Kailitz, Steffen (Hrsg.): Prägekräfte des 20. Jahrhunderts - Demokratie, Extremismus, Totalitarismus; Nomos Verlagsgesellschaft; 1. Auflage; 1997; S. 11-40, 251-273 13. Kinder, Hermann/Hilgemann, Werner: dtv-Atlas - Weltgeschichte; Deutscher Taschenbuch Verlag; 25. Auflage; 2001; S. 412-474 14. Klein, J. Kurt: Demokratien und Diktaturen - Zur Geschichte und Politik im 20. Jahrhundert; Kölner Universitätsverlag GmbH; 1970; S. 336-346, 352-379, 401-403 15. Liepach, Martin: Geschichte von 1789 bis heute; Cornelsen Verlag; 1. Auflage; 2000; S. 6-23, 5077 16. Schmidt, Manfred G.: Demokratietheorien; Leske+Budrich; 3. Auflage; 2000; S. 130-194, 240242, 355-371 17. Waschkuhn, Arno: Demokratietheorien; R. Oldenbourg Verlag; 2. Auflage; 1998; S. 229-241 18. Wippermann, Wolfgang: Totalitarismustheorien - Die Entwichlung der Diskussion von den Anfängen bis heute; Wissenschaftliche Buchgesellschaft; Band 291; 1997; S. 8-20 5. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses in der Zeit der Bipolarität (Mathias Vogel) Seite 42 VIII. Quellen- und Literaturverzeichnis 5.1. Primärliteratur: Politik im 20. Jahrhundert; Westermann Verlag GmbH, Braunschweig; 1985 Frau und Familie in China; Verlag C.H.Beck München; 1988 Chinesen über ihr eigenes Leben; Goldmann Verlag; 1983 5.2. Sekundärliteratur: Metzler Handbuch für den politischen Unterricht; J.B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung Stuttgard; 1987 Enzyklopädie; Brockhaus Verlag Mannheim; 1989 Dtv- Atlas Weltgeschichte; Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München, 1991 Geschichte der Staatsideen von Reinhold Zippelius VII Gegenwart Seite 43 VIII. Quellen- und Literaturverzeichnis 3. Definitionen 3.3. Demokratiedefinitionen 3.4. Diktaturdefinition 3.5. Vergleich von Demokratie und Diktatur 4. Republik Kuba - Diktatur? 4.3. Vorgeschichte und kurze Beschreibung der Revolution von 1958/59 4.4. Der Staatsaufbau von Kuba 4.5. System des Überwachungsapparates 4.6. Die Situation nach dem Zusammenbruchs des Ostblocks/RGW 4.7. Gegenüberstellung der demokratischen und diktatorischen Elemente innerhalb des Systems von Kuba 4.8. Nachweis der Sinustheorie 5. Bundesrepublik Deutschland – Demokratie? 5.3. Die Grundsätze der Verfassung von 1949 5.4. Der Pluralismus – Kritik von Links und Rechts 5.4.1. Die Konservative Kritik am Einfluß der Verbände 5.4.2. Die Linke Kritik am Pluralismus 5.5. Der Staatsaufbau der BRD 5.5.1. Die Legislative 5.5.2. Die Exekutive 5.5.3. Die Judikative 5.6. Ist Deutschland ohne Plebszit eine Demokratie? 5.6.1. Warum keine plebiszitären Elemente in Deutschland? 5.6.2. Argumente für plebiszitäre Elemente 5.6.3. Argumente gegen Plebiszit 5.6.4. Die Bürgergesellschaft oder Parteiendemokratie 5.6.5. Versuche die Sinustheorie an der BRD zu belegen Seite 44 VIII. Quellen- und Literaturverzeichnis 3. Definition 3.3. Demokratiedefinition nach Wolfgang Fikentscher - Regierte regieren sich selbst Demokratie ist von unten nach oben aufgebaut Horizontal organisiert nach Dahl - ist diejenige Ordnung der Institution zur Erreichung politischer Entscheidungen, bei welcher einzelne die Entscheidungsbefugnis vermittels eines Konkurrenzkampfes um die Stimmen des Volkes erwerben 3.4. Diktaturdefinition - Konzentration der politischen Gewalt in der Hand einer einzelnen Person oder Personengruppe Auftreten als befristete, verfassungsmäßige Institution zur Überwindung einer inneren und /oder äußeren Krisenlage Unbeschränkte Herrschaft ohne zeitliche Grenzen 3.5. Vergleich Demokratie und Diktatur Diktatur Konzentration der Gewalt in einer Person bzw. Personen ↓ Aufhebung der Gewaltenteilung westliche Demokratie Prinzip der Gewaltenteilung (Exekutive, Legislative, Judikative) - Keine Kontrolle der Machtausübung gewährleistet Rechtlosigkeit des Bürgers versus Machtkonzentration Oft Einparteienstaatlichkeit - - Staats- und Parteiämter werden in Personalunion erfüllt - Keine Foren von legaler Opposition Noch bestehende Volksvertretungen ⇒keine Zustimmungsorgane Vertikale Org. - Seite 45 Allgemeines, geheimes Wahlrecht Prinzip des Pluralismus Gegenüber der Mehrheitsherrschaft ⇒ Schutz der industriellen Freiheit Schutz der Minderheiten durch Grundrechte und Gewaltenteilung Horizontale Org. VIII. Quellen- und Literaturverzeichnis 3. Republik Kuba- Diktatur 2.1. Zustandekommen und Gelingen der Revolution von Fidel Castro - 1952 General Batista y Zaldivar löste durch Staatsstreich die gewählte Regierung ab obwohl Aufschwung der Wirtschaft Zunahme von Korruption und sozialen Unruhen Entstehung einer Guerillabewegung unter dem Anwalt Fidel Castro Ruz Nur möglich durch Rückhalt innerhalb der Landbevölkerung Von 1957 – 1959: Guerillakrieg – Sturz der Regierung Castro ruft Revolution aus Hinrichtung von ca. 500 Abgeordneten und Militärs Hohe Emigrationsrate von Kubanern (Bourgeoisie) Ziele der Revolution: - Reformen nach sozialistischen Prinzipien, aber zu dem Zeitpunkt noch keine ausdrückliche sozialistische Revolution Landwirtschaftsreform (70 % staatlich) Verstaatlichung der Industrie (90 %) Alphabetisierungskampagne (96,4 %) Ein für alle Bürger offenes Schul- und Erziehungswesen Bis heute kostenloser Besuch bis zur Hochschule, Bedingung ist Eignungstest Kostenloses Gesundheitswesen mit hohem Standard erfolgreich durchgeführt Statistik Ärzte Kliniken Krankenhäuser Kindersterblichkeit auf 1.000 Menschen Lebenserwartung - 1958 6.000 160 96 (1 ländlich) 50 Jahre 1978 14.000 370 261 (64 ländlich) 22,3 2000 71 Jahre 75,9 Jahre 5 Allerdings Medikamentenmangel Nachdem die Enteignungen in Landwirtschaft und Industrie, die hauptsächlich die USA betrafen, vollzogen waren, beschlossen die USA am 29.01.1960 eine Ankündigung, die kubanische Zuckerquote auf dem US-Markt auszusetzen Auf Grund dieser massiven Einschränkungen geriet Kuba in Bedrängnis, d.h. Verlust 2.2. Der Staatsaufbau von Kuba - Einparteienstaat (kommunistische Partei Kuba PCC) Zentralistische Führung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft Fidel Castro Ministerpräsident Modifizierung der Verfassung: Legislative-Judikative-Exekutive in der Hand vom Ministerpräsident Alle 5 Jahre Wahl der Nationalversammlung/Volkskongress (510 bzw. 601 Mitglieder) Alle 2 Jahre Wahl des Staatsrates (30 Mitglieder) Vorsitzender des Staatsrates = Staatsoberhaupt Fidel Castro seit 1976 Reform innerhalb des Wahlsystems seit 1992: Freie und direkte Wahlen Wählbar sind ausschließlich Mitglieder der PCC Kandidaten werden von Sonderkommissionen bestimmt Wahlberechtigt alle ab dem 16. Lebensjahr Seite 46 VIII. Quellen- und Literaturverzeichnis 2.3. System der Überwachung - An der Spitze: Kommunistische Partei Kubas ca. 600.000 Mitglieder und Anwärter mit Fidel Castro als Lider maximo Massenorganisationen: Komitees zur Verteidigung der Revolution (Comite de Defensa de la Revolucion, CDR) ca. 7,7 Mio Mitglieder Frauenvereinigung (Federacion de Mujeres Cubanas, FMC) ca. 3,6 Mio. Mitglieder Gewerkschaften haben 3 Mio Mitglieder Kommunistischer Jugendverband (Union Jorenes Communistas, UJC) ca. 600.000 Mitglieder - Bevölkerung straff durchorganisiert, so z.B. das CDR, welches in jedem Straßenblock in La Habana ein Büro besitzt Daraus folgt absolute Kontrolle 2.4. Wirtschaftliche Situation in Kuba nach dem Zusammenbruch der UdSSR 1989/90 - Bis 1989 Unterstützung durch die RGW-Staaten (besonders SU) in Form von Forschung, Materialien und Geld Ergebnisse: Mechanisierung der Landwirtschaft und Entwicklung der Industrie In den 80er Jahren 80 % des Exportes von Kuba in die RGW-Staaten Daraus folgte die Krisensituation nach Abbruch der Beziehungen , es entstanden Versorgungsengpässe und der Abfall des Lebensstandardes Lösungsansätze: Notprogramm beinhaltet Rationalisierung nahezu aller Produkte Dazu Fidel Castro 1991: „Was wir in diesem Moment haben, ist praktisch eine Kriegswirtschaft“. Öffnung der Wirtschaft für US-Dollar 1993 und Weltmarkt Forcierter Ausbau des Tourismus auf internationaler Ebene Ursprünglich: Abschaffung des Tourismus ist ein erklärtes Ziel der Revolution Durch Tourismus gelangen US-Dollar, sprich Devisen, nach Kuba Devisen führen zur Erholung der Wirtschaft Also: hohe Menge von staatlichen Devisengeschäften und Dollarshops In Dollarshops ist alles frei erhältlich für jeden Kubaner/in Kubas Entwicklung ist ambivalent 1. starke Rationalisierung der Produkte 2. Öffnung für US-Dollar, die Bevölkerung hat Möglichkeit, alles zu kaufen, was sie benötigen Aber: nur diejenigen kommen in den Besitz von US-Dollar, die auch Beziehungen im Ausland und/oder im Tourismus tätig sind Trotz aller wirtschaftlichen Probleme wird an der sozialistischen Planwirtschaft festgehalten - 2.5. Gegenüberstellung der demokratischen und dikatorischen Züge im System Kubas demokratische Merkmale - Einparteienstaat; nur PCC Zentralistische Führung Castro seit 1976 gewähltes Staatsoberhaupt Personalunion von Legislative und Exekutive Verwehrung von Bürgerrechten und Grundfreiheiten; Opposition ist illegalisiert Menschenrechtssituation noch nicht ausreichend geklärt, z.B. Todesstrafe, zu wenig transparent bei Hinrichtungen für Weltöffentlichkeit Bevölkerung eingebunden in unterschiedliche Massenorganisationen Medien – Fernsehen und Radio unter Staatsmonopol, d.h. Kontrolle durch den Staat Demokratische Merkmale ab 1990 - Allgemeines, freies und geheimes Wahlrecht Genauer betrachtet: wählbare Personen sind genauestens selektiert worden (vgl. 3.2) Bevölkerung kann nur begrenzt Einfluss auf die Politik ausüben Übernahme, in begrenztem Maße, von liberalen Wirtschafttheorien, um Existenz zu sichern Annäherung an kapitalistisch orientierte Länder (Handelsbeziehungen) wie Kanada, Spanien, Japan und Italien 2.6. Nachweis der Sinustheorie - einleuchtendste Methode um Situation in Kuba zu beschreiben eindeutiger Aufstieg seit 1959 zu verzeichnen Blütezeit bzw. Pseudoblütezeit in den Jahrzehnten bis 1989 Niedergang ab 1989 mit Verschwinden der Bündnis- und Wirtschaftspartner Prozess des Niedergangs stellt keine klare Zäsur dar Fest steht das Kuba nicht in der Staatsform, von 1959 – 1989, im modernen Kapitalismus überlebensfähig ist Notwendigkeit von Reformen enorm hoch: - Beseitigung des seit 1960 bestehenden Handelsembargos von Seiten der USA, weil enorme Hemmung der eigenen Wirtschaft Unterbindungen von Menschenrechtsverletzungen → höhere Möglichkeiten Absatzmärkte in bisher zurückhaltenden Ländern zu gewinnen Seite 47 VIII. Quellen- und Literaturverzeichnis 3. Beispiel für Demokratie in der BRD 3.1. Grundsätze der BRD - 3.3. Achtung und Schutz der Menschenwürde durch Grundrechte als Schutz und Abwehrrechte gegenüber dem Staat (Artikel 1/79) Republikprinzip: Organisation des Staates als Republik und nicht als Monarchie (Präambel, Artikel 20, 28 GG) Demokratieprinzip: Parlamentarische Demokratie (Artikel 20, 28 und 79 GG) Föderalismusprinzip: Organisation als Bundesstaat mit Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer (Art. 20, 28 ,79 GG) Rechtsstaatsprinzip: Grundsätze – Gerechtigkeit, Rechtsbindung, Rechtssicherheit, Verhältnismäßigkeit, Rechtsgleichheit (Art. 1, 19, 20, 28, 79 GG) Sozialstaatsprinzip: Fürsorge für Hilfsbedürftige, soziale Sicherungssysteme, Chancengleichheit, gerechte Sozialordnung (Art. 1, 19, 20, 28, 79 GG) Frieden: Verbot eines Angriffskrieges (Präambel, Art. 1, 9, 24, 26 GG ) Europa/Supranationalität: Staatsziel – vereintes Europa (Präambel, Art. 23, 24, 28, 45, 50, 53, 76, 88, 115 GG) Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht: Stabilität und Wachstum in der Wirtschaft (Art. 104, 109, 115 GG) Umweltschutz: Prinzip der Politik (Art. 20 a) Gleichberechtigung: Diskriminierungsverbot (Art. 3 GG) Behindertenschutz: Diskriminierungsverbot (Art. 3 GG) Der Pluralismus – Kritik von Links und Rechts 3.2.1. Konservative Kritik am Einfluss der Verbände - Bedeutender Kritiker Carl Schmitt (1888 – 1985) „Homogenität des Volkes“ geht aus politischer Existenz, nationaler Einheit und Geschlossenheit hervor homogene und mit sich selbst einige Bevölkerung – Entwicklung eines exakten Volkswillens (siehe auch Identitätslehre von J.J. Rousseau) allein der Staat bzw. dessen Führer in der Lage, Gemeinwohl zu erkennen und umzusetzen daraus folgt, Pluralismus geprägt durch egoistische Individualinteressen, dadurch Gefährdung des Gemeinwohles Ziel: Verbändegesetz, damit Reduzierung und Kanalisierung des Einflusses der Verbände auf den Staat 3.2.2. Linke Kritik am Pluralismus - Seit 60er Jahren Frage, ob überhaupt die Struktur von Staat und Gesellschaft pluralistisch sein soll Welche Interessen im gegenwärtigen Pluralismus von Belang sind wurde untersucht - nicht alle Interessen werden gleichmäßig repräsentiert, nicht umsetzbar, weil z.B. Kinder und Alte nicht organisierbar sind Konfliktfähigkeit bestimmter Interessengruppen unterentwickelt (Verbraucherverbände) Chancengleichheit und Macht der konfliktfähigen Interessen unverhältnismäßig verteilt Seite 48 VIII. Quellen- und Literaturverzeichnis 3.3. Der Staatsaufbau der BRD - Organe der Verfassung repräsentieren die rechtsstaatliche, demokratische und bundesstaatliche Ordnung des Grundgesetzes 3.3.1. - Legislative Oberstes gesetzgebendes Organ ist der deutsche Bundestag Die Wahl: alle 4 Jahre in allgemeiner, geheimer, freier und gleicher Wahl unmittelbar durch das Volk Föderatives Element: Bundesrat, Mitwirkung der Länder zur Gesetzgebung Seine Zustimmung ist notwendig bzw. Einspruch möglich 3.3.2. Exekutive Bundespräsident: Vertretung des Bundes in völkerrechtlichen Angelegenheiten Wahl: durch Bundesversammlung mit absoluter Mehrheit auf 5 Jahre Bundesversammlung: zu gleichen Teilen aus Bundestagsabgeordneten und Mitgliedern der Länderparlamente Bundeskanzler: 1. Vorschlag durch den Bundespräsidenten 2. Wahl durch Mehrheit des Bundestages Bundesregierung: 1. Auswahl durch den Bundeskanzler 2. Vorschlag zum Bundespräsidenten – Entscheidung über Ernennung und Entlassung - Bundeskanzler bestimmt Richtlinien der Politik Abwahl nur durch konstruktives Misstrauensvotum möglich Aber: Bundestag muss mit Mehrheit neuen Bundeskanzler bestimmen 3.3.3. - Judikative Bundesverfassungsgericht: rechtsprechende Gewalt, sowie Bundesgerichte, Ländergerichte, Amtsgerichte Besteht aus 2 Senaten zu je 8 Richtern Wahl: Hälfte vom Bundestag und Bundesrat 3.4. Ist Deutschland ohne Plebiszit eine Demokratie? 3.4.1. a) b) c) Ausdruck der Enttäuschung über das Verhalten der Massen zum Ende der Weimarer Republik und im Dritten Reich Beschränkung der Möglichkeiten, des Volkes in Politik einzugreifen, auf ein Minimum: Wahl des Bundestages alle 4 Jahre Jeder Volkswille weist 3 Problemaspekte auf: Fiktivität, Verführbarkeit und Fehlbarkeit Fiktivität: - zur Menge aller Probleme existiert kein homogener Volkswille Bürger besitzen weder die temporären Möglichkeiten, noch das Interesse um am politischen Geschehen teilzunehmen Fehlbarkeit: - Unterscheidung zwischen Bedauern ( ohne besseres Wissen ) und Bereuen ( trotz besseren Wissens) von politischen Entscheidungen mit Volkswillen muss getroffen werden Verführbarkeit: - Konstruktion des Volkswillens durch Medien, Parteien, Verbände und Bildungsträger durch Appelle an Ängste, Vorurteile, Interessen, Leidenschaften und Hoffnungen kann logisches Urteil unterstützen, aber ebenso irreführen 3.4.2. - Warum keine plebiszitären Elemente in Deutschland? Argumente für Plebiszite Möglichkeit für Bevölkerung unmittelbar Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen zu können Aufhebung des Zustandes der politischen Entfremdung ⇒ niedrige Wahlbeteiligung der Bevölkerung hervorgerufen durch ungenügende Repräsentationen durch Parteien, etc. Vorschlag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen: - Volksintiative: - Einbringen von Gesetzesentwurf mit Begründung Befassung des Bundestages mit bestimmten Gegenständen der Politik Bei Überschreiten der Fristen für Bewilligung des Entwurfes durch Bundestag ⇒ Volksbegehren: Bei Zustimmung durch Wahlbevölkerung ⇒ Volksentscheid über Gesetzesentwurf: bei Mehrheit ist Gesetzesentwurf angenommen Ergebnis der Reform: Effektivitätssteigerung der Politik durch Bearbeitung unpopulärer Themenbereiche Zum Schutz vor Minderheiten: Festlegung einer bestimmten unteren Grenze bei Wahlbeteiligung Möglichkeit des Bundestages für alternative Vorschläge 3.4.3. - Argumente gegen Plebiszite Antwort der CDU/CSU, FDP auf Antrag von SPD, Bündnis 90 /Die Grünen Gegen die Aufnahme von Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid Verfassungssystematische- und politsche Gründe: - Scheitern der Weimarer Republik Nicht zeitgemäß → nur Ja/Nein- Antworten möglich → Entrationalisierung von Entscheidungen Mittel für aktive Minderheiten ihre Interessen durchzusetzen Abstimmungsmüdigkeit der Bevölkerung Seite 49 VIII. Quellen- und Literaturverzeichnis 3.4.4. - Plebiszite sind verfassungssystematisch nicht problematisch → Artikel 20: die Staatsgewalt übt das Volk durch „ Wahlen und Abstimmungen“ aus Deutschland ist ein zu großes Land für plebiszitäre Elemente → größerer Medieneinsatz erforderlich, bei Wahlen auch möglich Reduzierung der Themen auf Ja/Nein – Antworten → jede Abstimmung läuft auf Zustimmung bzw. Veto hinaus Gefahr der Diktatur durch Mehrheiten → im GG Schutz für Minderheiten, keine Möglichkeit GG, Rechtsstaat abzuschaffen bzw. Todesstrafe einzuführen 3.4.5. - Bürgergesellschaft oder Parteiendemokratie? Versuch die Sinustheorie an der BRD zu belegen Klarer Anstieg des Demokratiestrebens innerhalb Deutschlands nach dem II Weltkrieg Blütezeit → Stabilisationsphase in den 60ern/70er Jahren Trotz unterschiedlicher Krisen (Notverordnungen, friedliche Revolution in der DDR) → starker Demokratiewillen Verlangen der Bevölkerung nach politischer Weiterentwicklung (Wahlmüdigkeit, Politikverdrossenheit) Anprangerung prinzipieller Unmündigkeit der Bürger Absprache der Fähigkeit politisch wichtige Entscheidungen treffen zu können Nach 40jährigem Demokratisierungsprozess in Deutschland Reformen notwendig in Bezug auf unmittelbare demokratische Elemente Schwierige Einordnung in eine Geschichtstheorie, weil das Ende des Entwicklungsprozesses der BRD noch nicht abzusehen ist Seite 50 VIII. Quellen- und Literaturverzeichnis 4. Thesen - Der Grund für das Handelsembargo der USA gegen Kuba ist die nahezu vollständige Enteignung von us-amerikanischem Großgrundbesitz auf Kuba. Die sofortige Einflussnahme der UdSSR auf die kubanische Entwicklung stellt eine offene Provokation für die USA dar. Durch plebiszitäre Elemente wären die BRD-Bürger von ihrer relativen politischen Unmündigkeit enthoben. Die BRD ist eine parlamentarisch - repräsentative Demokratie aufgrund von Minderheitenschutz, Gewaltenteilung etc. Der Entwicklungsprozess der kubanischen Diktatur verläuft gemäß der Sinustheorie. 5.Literaturverzeichnis Encarta Enzyclopädie 2001 Geschichte Kubas Cubanet.de Das politische System der BRD, Franz Floren 6.Quellenverzeichnis - Cubanet.de Claus Offe, wider scheinradikale Gesten. Die Verfassunspolitik auf der Suche nach dem „Volkswillen“. In Gunter Hofmann/Werner A: Perger [Hrsg.], Die Kontroverse. Weizsäckers Parteienkritik in der Diskussion, Frankfurt a. M.1992,s.127-132 Wolfgang Fischer, Formen unmittelbarer Demokratie im Grundgesetz. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, Bundeszentrale für Politische Bildung, S.16-18 Ute Watermann/ Uwe Jean Heuser/Gero von Randow: Jetzt werden wir direkt, in die Zeit 16/1998,8.4.1998 Carl Böhret, u. a., Innenpolitik und politische Theorie. Ein Studienbuch, Westdeutscher Verlag, Opladen 1979,S. 202 Grundgesetz der BRD Seite 51 IX. Thesenblätter IX. Thesenblätter 1. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses in der Antike (Maria Meisel) 1. Voraussetzung für die Entwicklung von Demokratie (Demokratievorstellungen, D.-ideen etc.) ist das Entstehen der griechischen Polis. 2. Das Aufbegehren des Volkes während der sozialen Krise im 7. Jh. v. Chr. bewirkte die Verfassungsänderungen unter Solon. 3. Die Reformen Solons stellen einen Kompromiss zwischen der bis dato herrschenden Klasse und der aufbegehrenden dar. 4. Die Tyrannis der Peisistraten schafft die notwendigen Voraussetzungen für die sich entwickelnde attische Demokratie. 5. Durch die Entscheidungskompetenz der Ekklesia kam es häufg zu Fehlentscheidungen. (Kompetenz=Zuständigkeit, Befähigung) 6. Der Untergang der Poleis in Griechenland sicherte die Verbreitung der griechischen Staatsphilosophie und dadurch auch die kritische Auseinandersetzung mit selbiger. 7. Die griechische Demokratie war im Vergleich zur Bevölkerungsanzahl (einschließlich Frauen, Metöken, Sklaven) keine Herrschaft der Mehrheit, sondern eine Herrschaft weniger, privilegierter Bürger- sie ist daher als Oligarchie zu bezeichnen. 8. Den „unpolitischen„ Bürger nach unserem heutigem Verständnis gab es in Athen, aufgrund der vielen Ämter die auf die wenigen Personen mit Bürgerrecht aufgeteilt wurden, nicht. 9. Die griechische Demokratieentwicklung in der Antike folgt der Sinustheorie. Seite 52 IX. Thesenblätter 2. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Mittelalter (Doreen Pieper) 1. Gleichheits- und Mitbestimmungsforderungen überwiegend in den Städten, während die Bauern und Unfreien auf dem Land weiterhin abhängig sind. 2. Als relativ demokratisches Element ist der Schöffenrat zu sehen. Undemokratisch war daran jedoch, dass für die Wahlen zum Schöffen oft ein bestimmter Grundbesitz o.ä. vorhanden sein musste. 3. Undemokratisch ist die Gliederung des Volkes in Stände oder Heerschildordnung. Dies lässt die Volksherrschaft als solche nicht zu. 4. Zersplitterung des Landes in verschiedene Fürstenterritorien etc. lassen keine einheitliche Staatsverwaltung, z.B. mit Verfassung oder Rechtsstaat, zu. 5. Diktatur des Monarchen oder Landesfürsten kam nicht vor, da kein nationales einheitliches Volk hinter den Ideen desjenigen stand. 6. Bildung des Gerichtswesens ist ein Schritt in Richtung der Ausbildung der Gewaltenteilung. Im Mittelalter jedoch kaum als wertbares demokratisches Element zu sehen, da die Rechte von Fürstenterritorium zu Fürstenterritorium verschieden waren. 7. Zumindest im Frühmittelalter gab es kaum Potential für die Herausbildung einer Demokratie oder Diktatur. Dies ist auf fehlende Bildung, Anerkennen der Zustände (z.B. Gottesgnadentum des Königs, Auslieferung der unteren Stände in Abhängigkeit etc.) und den Glauben an das durch Gott gegebene Schicksal zurückzuführen. 8. Fehlendes Nationalbewusstsein aufgrund der Ständehierarchie und das in Territorien aufgegliederte Land. 9. Demokratiebewusstsein ist von Land zu Land verschieden. England und Frankreich sind z.B. sehr fortschrittlich, u.a. durch königliche Exekutivbeamte (sheriffs oder baillis) oder zentrale Verwaltungs- und Finanzbehörde. Seite 53 IX. Thesenblätter 3. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1500 bis 1800 (Steve Knitter) 1. Die Unterdrückung der Einzelwillen eines jeden mit Gewalt, in Rousseaus Theorie ,führt Zwangsweise irgendwann zu einer Auflehnung der Unterdrückten. 2. Durch die Gewaltenverschränkung in der Demokratie dauert es länger bis ein Gesetz in Kraft tritt. 3. Sind die sozialen Probleme größer, ist die Bereitschaft des Volkes eine Revolution durchzuführen ebenfalls größer. 4. Hätte man in England die Glaubensfreiheit früher erlassen, wäre es vorerst bei einer absoluten Monarchie geblieben. 5. Durch geschickte Beeinflussung des Volkes können sich in Rousseau seiner Theorie Leute an die Spitze des Staates setzten und die Demokratie in eine Diktatur verwandeln. 6. Das Aufzwingen des Allgemeinwillens verstößt gegen das Recht der persönlichen freien Entfaltung. 7. Rousseau seine Theorie funktioniert nur in einem kleinen Kreis ,in welchem die Mitglieder gleichberechtigt sind. 8. In der repräsentativen Demokratie in einem förderalem Staat ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine extremistische Partei an die Macht kommt geringer als in der Direkten Demokratie. Seite 54 IX. Thesenblätter 4. Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses im Zeitraum von 1800 bis 1945 (Thomas Pflug) 1. Der Vormarsch der Gleichheit wird auch zum unausweichlichen „Schicksal“ der europäischen Nationen werden. 2. Der Vormarsch der Gleichheit gefährdet die Freiheit, und die Demokratie birgt die Gefahr des Umkippens zum Despotismus in sich. 3. Mit der Überwindung der alten Mächte fielen zugleich die alten Schranken gegen despotische Herrschaft weg. 4. Vom allgemeinen, freien und gleichen Wahlrecht ist in keiner der klassischen Demokratietheorien die Rede. Überdies hängen die meisten klassischen Lehren der Auffassung an, die Demokratie gedeihe nur in Kleinstaaten. 5. Vor dem 20. Jahrhundert genießt die Demokratie insgesamt keinen guten Ruf. 6. Ende des 19. Jahrhunderts stand das Wahlrecht nur relativ wenigen zu. 7. Regierungswechsel sind in Demokratie nicht mit der Last von Regimewechseln verknüpft. 8. Die Demokratie erhöht die Transparenz des politischen Geschehens. 9. Demokratie ist Problembewältiger sowie Problemerzeuger zugleich. 10. Die Diktaturen geben im Durchschnitt einen größeren Anteil ihres Wirtschaftsproduktes für Militärausgaben aus als die Demokratien. 11. Die Wirtschaft der Nichtdemokratien kann sogar schneller wachsen als in den wirtschaftlich fortgeschrittenen Ländern, vor allem im Falle eines technologischen Aufholprozesses, den die wirtschaftlich entwickelten Staaten schon hinter sich haben. 12. Gefährlich für die Demokratie wäre eine Machtverteilung, welche den Antisystemkräften entweder die Vorherrschaft im Parteiensystem oder im Parlament verschafft und somit zur Gesetzesänderung befähigt wären. 13. Jede Diktatur ist zum Scheitern verurteilt. 14. Das faschistische Italien war weniger totalitär als der Nationalsozialismus und der Bolschewismus. 15. Keines der oft gegensätzlichen Regime in Frankreich hat den Staatszentralismus seitdem in Frage gestellt. 16. Die totalitären Staaten Europas stellten einen Rückfall in das 16. und vor allem 17. Jahrhundert mit seiner geistigen Unduldsamkeit und seiner politischen Despotie dar 17. Voraussetzung für die Errichtung der Diktatur war die Massendemokratie. 18. Demokratien werden langfristig die Diktaturen ablösen. 19. Demokratien sind zukunfts- und entwicklungsfähiger. Seite 55 IX. Thesenblätter 5. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses in der Zeit der Bipolarität (Mathias Vogel) Nach dem Zweiten Weltkrieg gaben die Weltmächte USA und UdSSR den Ton an und nahmen weit reichend Einfluss auf die Staatsformen einzelner Länder Die Pluralismustheorie bildet den Gegensatz zu Systemen die totalitär durch eine Partei/Elite geführt ist Die Konkordanzdemokratie lässt sich nur in kleineren Staaten wie der Schweiz verwirklichen, da dort die Wahrscheinlichkeit, Entscheidungen einstimmig zu treffen, hoher ist, als in einem Bevölkerungsreichen Land In einer präsidentiellen Demokratie ist die Wahrscheinlichkeit höher, in ein totalitäres System zu verfallen Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Demokratie in Italien sehr instabil, vergleichbar mit der Weimarer Republik Der Maoismus ist eine Abwandlung der marxistisch- leninistischen Theorie Nicht alle Chinesen ging mit dem Plan, eine Diktatur des Proletariats zu errichten konform Seite 56 IX. Thesenblätter 6. Die Veränderung des Demokratie- und Diktaturverständnisses in der Gegenwart (Stefanie Hansche, wird später nachgereicht; siehe Anhang.doc) Seite 57 X. Anhang X. Anhang Seite 58 XI. Eidesstattliche Erklärung Seite 59