1 HAWIVA® -III Hannover-Wechsler-Intelligenztest

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1 HAWIVA® -III Hannover-Wechsler-Intelligenztest
HAWIVA® -III
Hannover-Wechsler-Intelligenztest für das Vorschulalter - III
1. Grundlegende Informationen
Der HAWIVA® -III ist die deutschsprachige Übersetzung und Adaption der Wechsler
Preschool and Primary Scale of Intelligence-III (WPPSI-III; Wechsler, 2002).
Die Bearbeitung erfolgte durch Gabi Ricken, Annemarie Fritz, Karl Dieter Schuck und
Ulrich Preuß von 2002 bis 2005. Die Normierungsuntersuchungen wurden in
Deutschland und der Schweiz durchgeführt. Der Test ist seit 2007 im Einsatz.
Der HAWIVA®-III ist ein Intelligenztest zur Erfassung allgemeiner und spezifischer
Fähigkeiten bei Kindern im Vorschulalter. Neben dem Gesamtmaß für die allgemeine
intellektuelle Fähigkeit eines Kindes werden Werte für die spezifischen Skalen
ermittelt: Verbalteil, Handlungsteil, Verarbeitungsgeschwindigkeit und allgemeine
Sprachskala.
Für die beiden Altersgruppen 2;6 – 3;11 und 4;0 – 6;11 stehen altersgerechte
Untertestzusammenstellungen zur Verfügung.
Durchführungsdauer:
Die Bearbeitungsdauer hängt wesentlich von der Anzahl der verwendeten Untertests
ab.
Altersgruppe 2;6 – 3;11 zwischen min. 20 und max. 60 Minuten.
Altersgruppe 4;0 – 6;11 zwischen min. 30 und max.120 Minuten.
Testgütekriterien:
Zuverlässigkeit:
Für die Gesamtskala konnte eine interne Konsistenz zwischen r = .89 und r = .95
gezeigt werden. Die Zuverlässigkeit der Untertests (innere Konsistenz) liegt zwischen
r = .74 und r = .90. Für alle Skalen und Untertests werden Vertrauensintervalle bzw.
Standardmessfehler sowie kritische Differenzen angegeben.
Gültigkeit:
Die Validität des HAWIVA®-III wurde anhand von Faktorenanalysen überprüft.
Korrelationen mit Außenkriterien (Untertests aus CFT 1 und KAB-C) liegen zwischen
r = .39 und r = .80.
Erzieherurteile korrelieren signifikant mit den HAWIVA®-III-Werten.
2. Zum Intelligenzkonzept
Dem HAWIVA®-III liegt das Wechsler Intelligenzmodell zugrunde.
Grundannahme: Intelligenz ist eine globale und zugleich eine aus unterschiedlichen
Komponenten zusammengesetzte Fähigkeit.
−
Intelligenz nach Wechsler: Kapazität des Individuums, planvoll zu handeln,
rational zu denken und erfolgreich in seiner Umwelt zu handeln.
−
Untertests sollen relevante kognitive Aspekte der Intelligenz erfassen: abstraktes
Denken, Wahrnehmungsorganisation, verbales Verständnis, Mengenverständnis,
Gedächtnis und Verarbeitungsgeschwindigkeit.
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−
Kognitive Funktionen sind schwer voneinander abgrenzbar: z.B. Aufgaben der
Verarbeitungsgeschwindigkeit prüfen auch Fähigkeiten der Diskrimination
visueller Stimuli sowie Informationsverarbeitung allgemein und erfordern bei der
Bearbeitung motorische Reaktionen.
−
Untertests bilden nur einzelne Aspekte von Intelligenz ab. Es werden nur
Ausschnitte erfasst.
3. Einsatzbereich
Kinder im Altersbereich 2;6 – 6;11 in Kindergärten, Frühfördereinrichtungen, schulvorbereitenden Einrichtungen, zur Einschulungsdiagnostik und bei Schulkindern im
angegebenen Altersbereich.
4. Testaufbau:
4.1 Skalen:
Handlungsteil, Verbalteil, Allgemeine Sprachskala, Verarbeitungsgeschwindigkeit für
den Altersbereich 4;0 bis 6;11
AW
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4.2 Beschreibung der Untertests:
Die Subtests des Verbalteils:
Name
Allgemeines
Wissen (AW)
Kernuntertest
erfasst …
Fähigkeit des Kindes, allgemeines
Faktenwissen zu erwerben, das
durch die Umwelt vermittelt wird, im
Langzeitgedächtnis zu speichern
und wiederzugeben (Konzept der
kristallinen Intelligenz)
beeinflusst durch ..
auditive
Wahrnehmung,
Sprachverstehen
und Fähigkeit des
verbalen Ausdrucks
Begriffe erklären
(BEL)
Kernuntertest
lexikalisches Wissen und sprachliche
Begriffsbildung, enger
Zusammenhang zum
Wissensumfang, zur Lernfähigkeit,
zum Langzeitgedächtnis und zum
Grad der Sprachentwicklung eines
Kindes
auditive Wahrnehmung,
Hörverstehen,
sprachliche
Begriffsbildung,
abstraktes Denken
und sprachlichen
Ausdruck
Begriffe erkennen
(BEN)
Kernuntertest
verbales Verständnis,
schlussfolgerndes Denken,
Fähigkeit, versch. Informationen zu
integrieren, verbales Abstraktionsvermögen, Verfügbarkeit des
Wissens und Fähigkeit, alternative
Konzepte zu überprüfen
Schlussfolgern aus verbalen
Informationen und Begriffsbildung,
Fähigkeit, frühere Erfahrungen
auszuwerten, verbales Verständnis
und verbale Ausdrucksfähigkeit,
Alltagswissen
sprachliche Begriffsbildung und
Fähigkeit, Schlussfolgerungen aus
sprachlichen Informationen zu
ziehen, Hörverstehen, Gedächtnis,
Differenzierungsfähigkeit zwischen
wichtigen und unwichtigen Details,
sprachlicher Ausdruck
Fähigkeit, verbale Anweisungen zu
verstehen, Diskrimination auditiver
und visueller Informationen,
auditives Gedächtnis, auditive
Verarbeitung, Integration von
visuellen und auditiven
Informationen
Allgemeines
Verständnis (AV)
zusätzlicher
Untertest
Gemeinsamkeiten
finden (GF)
zusätzlicher
Untertest
Passiver
Wortschatz (PW)
Kernuntertest
für 2;6 bis 3;11
wahlweise
durchzuführender
Untertest
für 4;0 bis 6;11
Aktiver Wortschatz
(AW)
zusätzlicher
Untertest für 2;6
bis 3;11
sprachlicher Ausdruck, Zugriff auf
das Langzeitgedächtnis,
Verknüpfung visueller Stimuli und
Sprache
Beschreibung
28 Items,
4 Bilderitems und 24
sprachliche Items, Kind
antwortet auf Fragen zum
allgemeinen Wissen –
Bilderitems v.a. für die
jüngeren Kinder, da auf
diese Weise keine verbalen
Antworten erforderlich sind
14 Items, Definition von
Begriffen
15 Items, Erkennung von
Begriffen, die durch immer
spezifische werdende
Merkmale
19 Items, Fragen des
allgemeinen Wissens
beantworten
Leistungsfähigkeit
des phonologischen
Gedächtnisses und
des Arbeitsgedächtnisses
19 Items, Vorlesen eines
unvollständigen Satzes, der
zwei Begriffe mit
gemeinsamen Merkmale
enthält; Vervollständigen
des Satzes durch
Oberbegriffsbildung
31 Items, Kind schaut auf
Vorlage mit 4 Bildern und
zeigt auf das zuvor vom VL
genannte Bild
26 Items, Bild benennen,
das gezeigt wird
wahlweise
durchzuführender
Untertest für den
Altersbereich 4;0
bis 6;11
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Die Subtests des Handlungsteils:
Name
Mosaik-Test (MT)
Kernuntertest
Matrizen-Test (MZ)
Kernuntertest
Klassen bilden
(KB)
Kernuntertest
Figuren legen (FL)
Kernuntertest
für 2;6 bis 3;11
zusätzlicher
Untertest für 4;0 bis
6;11
Bilder ergänzen
(BE)
wahlweise
durchzuführender
Test
erfasst …
Fähigkeit, abstrakte visuelle Muster,
die als Bilder oder durch Klötzchen
vorgegeben sind, zu analysieren und
nachzubauen (synthetisieren),
nonverbale Begriffsbildung, visuelle
Wahrnehmung und Organisation,
simultane Informationsverarbeitung,
visuell-motorische Koordination,
Lernen und Fähigkeit zur FigurGrund-Differenzierung visueller
Reize
Analogieaufgaben zur Erfassung des
schlussfolgernden Denkens,
sprachfrei, frei von kulturellen
Bedeutungen, keine manuelle
Aktivität
beeinflusst durch ..
Beschreibung
23 Items, Teil A und B,
Muster, die vorgebaut
werden oder als Vorlage
vorhanden sind, nachbauen
17 Items, Kind
vervollständigt Muster,
indem es das fehlende Teil
aus 4 oder 5
Antwortmöglichkeiten
heraussucht
17 Items, zwei Bilderreihen,
Kind wählt aus jeder Reihe
ein Bild aus, so dass sich
die ausgewählten zu einer
„Klasse“ (Oberbegriff)
zusammenfassen lassen
Fähigkeit des abstrakten und
kategorialen Denkens,
einfachere Items erfordern visuell
wahrnehmbare Merkmale (Farbe,
Form, Erscheinungsbild),
schwierigere erfordern abstrakte
Merkmale (z.B. Funktion des
Objekts)
visuelle Wahrnehmung, Integration
und Synthese der Beziehungen der
Teile zum Ganzen, nonverbales
Schlussfolgern sowie Lernen durch
Versuch und Irrtum, räumliches
Vorstellungsvermögen, visuellmotorische Koordination, kognitive
Flexibilität oder Rigidität
visuelle Wahrnehmung,
Wahrnehmungsorganisation,
Konzentration, Erkennen
wesentlicher visueller Details eines
Objekts
14 Items, Puzzleteile zu
einem Bild
zusammensetzen,
Bonuspunkte für richtige
und schnelle Lösungen
31 Items, Kind betrachtet
Bild und nennt oder zeigt
fehlendes Teil
Die Subtests der Skala Verarbeitungsgeschwindigkeit:
Name
erfasst …
Kodieren (KO)
Kernuntertest
Verarbeitungsgeschwindigkeit
prüft zudem Kurzzeitgedächtnis,
Lernfähigkeit, visuelle
Wahrnehmung, visuell-motorische
Koordination, Verfügbarkeit über
visuelle Suchstrategien, kognitive
Flexibilität, Aufmerksamkeit,
Motivation
visuelles Kurzzeitgedächtnis,
Wahrnehmungsorganisation,
kognitive Flexibilität, visuelle
Diskrimination und Konzentration
Symbol-Suche (SS)
zusätzlicher
Untertest
beeinflusst
durch …
Beschreibung
Das Kind malt
ausschließlich Striche oder
Kreise in Formen (Stern,
Dreieck, Kreis, Kreuz,
Viereck), so wie es in einer
gezeichneten Vorlage
vorgegeben ist.
auditives
Verständnis,
Wahrnehmungsorga
nisation, Planungsund Lernfähigkeit
Das Kind sucht in einer
Reihe von Figuren ein
vorgegebenes Symbol. Es
markiert das
entsprechende Symbol mit
Bleistift, falls nicht
vorhanden, Ankreuzen des
Kästchens mit
Fragezeichen (120 Sek.)
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5. Besonderheiten bei der Durchführung des HAWIVA®-III
5.1 Ersetzen von Untertests
− Der Kerntest einer Skala darf durch einen zusätzlichen Untertest ersetzt werden.
− Ersetzt wird z.B., wenn das Ergebnis eines UT unbrauchbar ist, weil das Kind die
Instruktion nicht verstanden hat.
− Pro Skala darf nur ein UT ersetzt werden.
− Für die Berechnung des Gesamt-IQs dürfen maximal zwei Ersetzungen von UT
stattgefunden haben.
− Die Reihenfolge der Tests soll dabei wie vorgegeben erhalten bleiben.
Skalen
Kerntest
Mögliche Ersetzung
VT
Allgemeines Wissen (AW)
Begriffe erkennen (BEN)
Begriffe erklären (BEL)
Allgemeines Verständnis (AV)
Gemeinsamkeiten finden (GF)
HT
Mosaik-Test (MT)
Matrizen-Test (MZ)
Klassen bilden (KB)
Figuren legen (FL)
VG
Kodieren (KO)
Symbol-Suche (SS)
5.2 Startpunkte, Umkehrregeln, Abbruchregeln
Startpunkte hängen vom Alter des Kindes ab. Beispielaufgaben werden mit allen
Kindern bearbeitet. Die Startpunkte sind im Protokollblatt angegeben.
Die Umkehrregel ist dann bedeutsam, wenn mit altersspezifischen Startpunkten
gearbeitet wird und das Kind eines der ersten beiden Items nicht mit voller Punktzahl
löst. Bei Anwendung der Umkehrregel werden die Aufgaben in umgekehrter
Reihenfolge vorgegeben bis zwei aufeinander folgende Aufgaben richtig gelöst
wurden; alle davor liegenden Aufgaben müssen dann mit voller Punktzahl bewertet
werden. Anschließend wird mit dem ersten noch nicht bearbeiteten Item nach dem
Start-Item fortgefahren.
Abbruchregel: genaue Erläuterung auf dem Protokollbogen
− bei Zeitaufgaben nach Zeitlimit
− nach bestimmter Anzahl nicht gelöster bzw. falsch gelöster Aufgaben
5.3 Antworten mit 0 Punkten, 1 oder 2 Punkten (GT, WT, AV)
− Bewertung der Antworten je nach Qualität mit 0, 1 oder 2 Punkten
− da die Bewertung während des Tests erfolgen muss, um die Abbruchkriterien
einzuhalten zu können, vorab unbedingt Bewertungskriterien durcharbeiten
− Antworten auf Testbogen mitprotokolliert
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6. Auswertung und Interpretation
6.1 Vorüberlegungen:
− Begründung der Verwendung des Verfahrens
− Integration von Daten aus verschiedenen Informationsquellen:
-
Befunde zur bisherigen Entwicklung
Bedingungen des familiären Hintergrundes
weitere Umfeldbedingungen und Anforderungssituationen
Ergebnisse früherer Untersuchungen
Befunde aus medizinischen Untersuchungen
Beobachtungen in der Schule oder im Kindergarten und während der
Testdurchführung.
6.2 Befunderstellung
− Umwandlung von Rohwerten in Wertpunkte (standardisierte Werte)
− Verwendung der Wertpunktskala und IQ-Skala
− Vergleich der Ergebnisse zwischen den einzelnen Skalen des HAWIVA®-III
− Vergleich von Kindern unterschiedlichen Alters
6.3 Wertpunkte, Skalenwerte
− Mittelwert von 10, Standardabweichung 3
− Skalenwerte (VT, HT, G-IQ, VG und AS) werden durch Untertestsummen ermittelt
− Standardskala (IQ-Skala) mit Mittelwert 100 und Standardabweichung von 15
6.4 Standardmessfehler, Konfidenzintervalle
− Verwendung von Konfidenzintervallen, da erhaltene Werte Beobachtungen einer
konkreten Situation und deshalb fehlerbehaftet sind.
− Tabellen A-18 bis A-26 im Manual zur Durchführung und Auswertung
6.5 Verbale Klassifizierung der IQ-Skalenwerte:
In Anlehnung an Wechsler gelten
−
Werte zwischen 90 und 109 als durchschnittlich
−
IQ-Werte von 110 bis 119 als im oberen Durchschnittsbereich
−
IQ-Werte zwischen 80 und 89 als im unteren Durchschnittsbereich
−
IQ-Werte zwischen 120 und 129 überdurchschnittlich
−
IQ-Werte zwischen 70 und 79 unterdurchschnittlich
−
IQ-Werte über 130 gelten als Werte, die für besonders überdurchschnittliche Leistungen (i. S. von
Hochbegabungen) sprechen
−
Werte unter 69 weisen auf erhebliche kognitive Defizite hin.
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6.6 Testalteräquivalente
Altersäquivalenzwert können den Entwicklungsstand eines Kindes nur in etwa
ausweisen. Die Leistung eines Kindes wird dazu in eine Altersangabe umgerechnet.
Der so gebildete Wert kennzeichnet das Alter in Jahren und Monaten, in dem der
bestimmte Rohwert der durchschnittlichen Leistung einer Altersstufe entspricht.
Die relative Position eines Kindes im Vergleich zur Gruppe gleichaltriger Kinder wird
dabei nicht beachtet.
6.7 Profilanalysen
Verschiedene Leistungen eines Kindes werden miteinander in Beziehung gesetzt;
Stärken und Schwächen werden identifiziert.
Bei Entwicklungsbeeinträchtigungen wird so versucht, Hypothesen über
Schwierigkeiten abzuleiten, aufgrund derer dann Förderkonzepte entwickelt und
umgesetzt werden können.
Ermittlung des Wertpunkte
− Tabelle A-1 bis A-17 im Manual
Ermittlung der IQ-Skalenwerte (Verbalteil VT, Handlungsteil HT, Gesamtskala
GS)
− Tabelle A-18 bis A-24 im Manual
Ermittlung des Wertes für die Skala Verarbeitungsgeschwindigkeit
− Tabelle A-25 im Manual. Die Verarbeitungsgeschwindigkeit gilt als sensibler
Indikator
für
z.B.
Aufmerksamkeitsund
Hyperaktivitätsstörungen,
Teilleistungsstörungen und Schädel-/Hirntraumen.
Bei niedrigem Wert, insbesondere im Vergleich zum Verbal- und Handlungsteil, ist
anzunehmen, dass die Verarbeitungsgeschwindigkeit die Leistung eines Kindes in
Fertigkeitstests oder schulischen Anforderungen beeinflusst.
Bei Kindern mit eher niedrigem intellektuellen Funktionsniveau und bei jüngeren
Kindern sollte zuerst überlegt werden, ob die Kinder über das erforderliche Können
im Umgang mit dem Bleistift verfügen und ob sie die Testanforderungen verstanden
haben, bevor ein niedriges Ergebnis in der VG als eine Schwäche in diesem Bereich
interpretiert wird.
Beeinträchtigungen der visuell-motorischen Koordination können das Ergebnis
beeinflussen.
Ermittlung des Wertes für die Allgemeine Sprachskala
− Tabelle A-21 und A-26 im Manual
Zur Bildung der Skala werden die Untertests Aktiver Wortschatz und Passiver
Wortschatz durchgeführt.
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Diese Untertests sind primär für den Altersbereich von 2;6 bis 3;11 Jahren konzipiert.
Bei älteren Kindern mit Verdacht auf eine Sprachentwicklungsverzögerung sind sie
ebenso einsetzbar.
Bei niedrigen Werten auf der Allgemeinen Sprachskala, vor allem bei weiteren
Hinweisen und Hintergrundinformationen, sollte eine umfassendere Diagnostik der
sprachlichen Fähigkeiten erfolgen. Die Einbeziehung eines Logopäden ist dann
abzuwägen.
Vergleiche zwischen den Skalen
Zur Analyse der Unterschiede sind die IQ-Skalenwerte der Skalen im Protokollbogen
(Seite 2) einzutragen.
− Tabellen B-1 bis B-7 im Manual, statistische Signifikanzen der Differenzen
Vergleich VG – HT
− Skalendifferenzen bedeutsam für Analyse von Störungen
− schlechtere Werte in der Verarbeitungsgeschwindigkeit: evtl. Hinweis auf
Aufmerksamkeits-/
Hyperaktivitätsstörungen,
Teilleistungsstörungen
oder
Schädel-/Hirntraumen
− Prüfen von mögliche Differenzen zwischen Skala VG und Ergebnissen im HT
− Differenzen zwischen der Verarbeitungsgeschwindigkeitsskala und HT: evtl.
Probleme beim Zeitbedarf, beim visuell-räumlichen Denken, beim Problemlösen
Wenn der absoluter Wert der Differenz zwischen zwei Werten größer oder gleich
dem kritischen Wert ist, dann wird diese Differenz als bedeutsam bewertet.
Bei signifikanten Unterschieden, ist im nächsten Schritt einzuschätzen, wie häufig
diese Differenzen in der Grundgesamtheit vorkommen.
− Tabellen B-2 bis B-7 im Manual
Für die Einschätzung, wie häufig oder selten IQ-Skalenwertdifferenzen auftreten,
müssen die Fähigkeitsniveaus (GS-IQ) unterschieden werden.
− Eine bedeutsame Differenz zwischen VT und HT von 17 Punkten, wobei VT > HT,
treten bei 15 % Irrtumswahrscheinlichkeit, bei 10.3 % der Kinder (Tabelle B-7) mit
einem GS-IQ ≥ 120 auf. Bei Kindern mit einem GS-IQ ≤ 79 (Tabelle B-3) tritt
diese Differenz bei 16.7 % der Stichprobe auf.
− Zudem unterscheidet sich die Häufigkeit in Abhängigkeit von der Richtung (VT <
HT und VT > HT). So haben 7.6 % der Kinder mit einem GS-IQ von 110-119 eine
Differenz von 17 Punkten zwischen VT und HT zugunsten des HT, aber 11 % die
gleiche Differenz zugunsten des VT.
− Wenn Differenzen in weniger als 10 bis 15 % der Stichprobe auftritt, sind diese
als auffällig zu beurteilen (unter Einbeziehung weiterer klinisch bedeutsamer
Faktoren wie z.B. sozialer Hintergrund, bestehende Erkrankungen oder
Entwicklungsbeeinträchtigungen).
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Vergleiche zwischen den Untertests
Bei heterogenen Leistungen kann die Auswertung von Stärken und Schwächen auf
der Untertestebene erfolgen.
−
Tabellen B-8 bis B-11 i ( Paarweise Differenzen zwischen allen Untertests in allen
Altersbereichen auf 1-%-, 5-%-, 10-%- und 15-%-Niveau)
Vergleiche zwischen ausgewählten Untertests
Der Vergleich spezifischer Untertests ist dann sinnvoll, wenn spezifische Hypothesen
entwickelt oder getestet werden sollen.
Möglich ist ein Vergleich der Untertests Gemeinsamkeiten finden und Klassen bilden,
die beide die Begriffsbildungsfähigkeiten erfassen. Der Unterschied besteht darin,
dass beim ersten Untertest (GF) verbale Antworten zu geben sind, aber nicht beim
Untertest (KB).
Vergleich zwischen den Untertests Kodieren und Symbol-Suche: Kinder mit
feinmotorischen Störungen erzielen schlechtere Werte beim Untertest Kodieren.
Vergleiche innerhalb eines Untertests
Suchen nach Lösungsmustern innerhalb der Untertests
− die gleiche Rohwertsumme kann sich aus unterschiedlich gelösten Items
zusammensetzen;
− unausgeglichene Lösungsmuster weisen evtl. auf Probleme in der Aufmerksamkeit oder der Sprache hin.
Qualitative Analyse der individuellen Lösung
Falsche, ungewöhnliche oder exzentrische Antworten im Vergleich zum allgemeinen
Antwortschema sollten analysiert und systematisiert werden, um Aussagen über
Denkprozesse zu gewinnen.
Analysen dieser Art sind besonders anspruchsvoll, da der Einfluss anderer kognitiver
Prozesse bei der Bearbeitung einer Aufgabe nicht auszuschließen ist: Ein Kind kann
z.B. im Untertest Mosaik-Test eine Aufgabe nicht lösen, weil es die Vorlage nicht
richtig wahrgenommen hat, weil es nicht in der Lage war, die Vorlage zu analysieren
oder weil es mehr Zeit brauch, als zugestanden wird.
Die Unterscheidung von Fähigkeiten und Fertigkeiten spielt bei der Beurteilung von
Kindern und Entscheidungen über Förderungen eine wesentliche Rolle:
− Wenn Kinder schwache Leistungen in den Fertigkeitsbereichen und deutlich
bessere Ergebnisse in Fähigkeitsbereichen zeigen (low achievers, Kavale, 1995),
ist zu prüfen, warum trotz guter Fähigkeiten diese Probleme in der Entwicklung
der Fertigkeiten eintreten.
− Bei Kindern mit guten Fertigkeiten und schlechteren kognitiven Fähigkeiten ist
eher von grundlegenderen Einschränkungen für das Lernen auszugehen, die
jedoch bei einer guten fertigkeitsspezifischen Förderung zur Entwicklung guter
schulrelevanter Fertigkeiten führen.
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7. Literatur
Ricken, G., Fritz, A., Schuck, K. D., Preuß, U. (Hrsg.). (2007). HAWIVA® -III,
Hannover-Wechsler-Intelligenztest für das Vorschulalter-III. Manual zur Durchführung
und Auswertung. Göttingen: Huber
Ricken, G., Fritz, A., Schuck, K. D., Preuß, U. (Hrsg.). (2007). HAWIVA® -III,
Hannover-Wechsler-Intelligenztest
für
das
Vorschulalter-III.
Manual
zur
Testentwicklung und Interpretation. Göttingen: Huber
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