Sony 200 Hz

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Sony 200 Hz
Service | Technik-Essay
Essay
Sony 200 Hz –
mehr Bewegungsschärfe denn je
Im Video-HomeVision Technik-Essay äußern
sich Persönlichkeiten aus Industrie, Wissenschaft und Forschung zu spannenden TechnikThemen und geben Ausblicke in die nahe
Zukunft.
Die Inhalte geben die Auffassung der Autoren
wieder und müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen.
Oliver Erdler
Leiter der Video Signal Processing
Group im Stuttgart Technology Center von Sony Deutschland.
Oliver Erdler ist seit über zehn Jahren im
Bereich der Videosignalverarbeitung mit dem
Focus auf bewegungskompensierter Interpolation tätig. Er war maßgeblich an der Umsetzung des Picture Power Systems im letzten
High-End-Röhrengerät beteiligt, das Sony auf
den europäischen Markt brachte (z.B. im
KV-32 - HQ 100) und implementierte dort die
100-Hz-Konversion auf einer Softwareprogrammierbaren Plattform. Heute leitet er
verschiedene Projekte im Bereich CELLProgrammierung und 3D-Fernsehen. Er ist
verantwortlich für die Algorithmenentwicklung
des Motionflow-Systems.
Herr Erdler hat Elektrotechnik an der Universität Ulm und Dortmund studiert.
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Seit letztem Jahr sorgen LCD-Fernseher mit 100-Hertz-Technik
für deutlich schärfere und flüssigere Bewegungsabläufe – Sony
läutet mit seiner 200-Hz-Technologie nun die nächste Revolu­
tionsphase ein.
M
it der Ablösung der Röhrengeräte durch die Flachbildschirme ergaben sich für die
Kunden unmittelbar attraktive Vorteile
wie eine dünne Bautiefe, große Bildschirmdiagonalen und eine verbesserte
Auflösung. Die eigentliche Bildqualität
blieb aber hinter der ausgereiften Röhrentechnik zurück. Speziell bei den ersten
Generationen der LCD-TVs ließen Kontrast, Farbe und Bewegungsdarstellung
in Sachen Qualität zu wünschen übrig.
Sony begegnet speziell dem Problem der
Bewegungsdarstellung neben der Einführung von neuester Paneltechnik mit der
aufwendigen Bildsignalverarbeitung
Motionflow, um Unschärfe bei der Bewegungsdarstellung zu beseitigen.
sich damit eine verschmierte bzw. unscharfe Wahrnehmung von Bewegungen. Motionflow reduziert oder beseitigt diesen Effekt.
Warum Motionflow?
Die Technologie der 100-Hz-Konversion
wurde schon im Zeitalter der Röhren-TVs
zum Einsatz gebracht. Allerdings war der
technische Beweggrund ein anderer.
Wie in Abbildung 1 dargestellt, wird
bei Röhrengeräten jeder Bildpunkt impulsartig beleuchtet, was durch die relativ niedrige Bildwiederholfrequenz
von 50 Hz in den Ländern mit PAL-Übertragungsstandard zum sogenannten
Großflächenflimmern führte und mit
der 100-Hz-Technik beseitigt wurde.
Beim LCD-TV hingegen wird jeder
Bildpunkt näherungsweise kontinuierlich über die ganze Bilddauer beleuchtet, was sich vorteilhaft für die Helligkeit auswirkt (Verfahren mit blinkenden
oder gedimmten LCD-Beleuchtungen
sollen hier nicht betrachtet werden).
Durch die Eigenschaft des menschlichen
Gesichtsinns, bewegten Objekten zu folgen und den Helligkeitsverlauf im Gehirn über die Zeit zu speichern, ergibt
Motionflow besteht aus drei wichtigen
Bestandteilen: 1. Erhöhung der Bildwiederholrate zur Reduktion der Bewegungsunschärfe, die durch das LCD-Display hervorgerufen wird, 2. Reduktion
des Bildruckelns bei der Wiedergabe von
Filmen sowie 3. der Reduktion von Bild­
unschärfe, die durch das Aufnahmeverfahren in der Kamera entsteht.
Abbildung 1:
Vergleich der visuellen Wahrnehmung von
Bewegung beim Impuls- und Halte-Typ-Display und der Verbesserung durch Motionflow
(200 Hz wurde aus Gründen der Einfachheit
weggelassen).
Erhöhung der
Bildwiederholrate
Zur Erhöhung der Bildwiederholrate
werden neue Bilder berechnet und wie
in Abbildung 2 in die Sequenz der Originalbilder eingefügt. Für eine Darstellung mit 100 Hz wird nach jedem Originalbild ein berechnetes Zwischenbild
eingefügt, was einer Verdopplung der
ursprünglichen Bildfrequenz entspricht.
Im 200-Hz-Fall werden nach jedem Originalbild drei berechnete Bilder eingefügt, was einer Vervierfachung der Frequenz entspricht.
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Abbildung 2:
Einfügen von Zwischenbildern
im 100-Hz- und 200-Hz-Fall.
Essenziell für eine detailgetreue Darstellung bei der Berechnung der neuen
Zwischenbilder (Interpolation) ist eine
vorausgehende Analyse der Bewegung
im Bild (Bewegungsschätzung). Hier ist
es einerseits notwendig bei langsamen,
gleichmäßigen Bewegungen, wie sie
z.B. bei Kamerafahrten auftreten, eine
sehr präzise Bewegungsschätzung und
Interpolation durchzuführen. Andererseits ist bei sehr chaotischen Bewegungen eine hohe Robustheit der zugrundeliegenden Signalverarbeitung
erforderlich, um störende Fehler (Artefakte) zu vermeiden.
Reduktion des Filmruckelns
Kinofilme werden üblicherweise mit 24
Bildern pro Sekunde aufgenommen. Um
diese in 50 Hz bzw. 60 Hz umzuwandeln,
wird ein sogenannter TelecineProzess angewandt. Dabei werden einzelne (Teil-)Bilder entweder in einem
2-2 Muster (2-2 pull-down für 50 Hz)
oder in einem 3-2 Muster (3-2 pull-down
für 60 Hz) wiederholt, was sich in einem
Bildruckeln (Film-Judder) äußert. Motionflow ist in der Lage solche Muster zu
erkennen und den Film-Judder heraus78
zurechnen. Allerdings müssen hierfür
nicht nur wie oben beschrieben Zwischenbilder eingefügt werden, sondern
die Wiederholbilder in der Eingangs­
sequenz ebenfalls bewegungsrichtig ersetzt werden (siehe Abbildung 3). Daher
werden in diesem Fall noch höhere Anforderungen an die Qualität der Signalverarbeitung gestellt. Dieses Verfahren
kommt auch beim unlängst eingeführten 24p-Format zur Anwendung da hierbei intern, vor der Verarbeitung mit
Motionflow ein 2-2-pull-down-Signal
erzeugt wird.
je nach Bewegungsgeschwindigkeit
und -richtung versteilert und so die Verschmierung der Kanten reduziert. Damit erreicht man ein klareres Bild und
schärfere Objektkanten. Die Kombination der Verfahren zur aufnahmeseitigen und wiedergabeseitigen Reduktion
von Unschärfe ergänzen sich hervorragend, um einen optimalen Bildeindruck
zu gewährleisten.
Abbildung 4:
Prinzipieller Aufbau der Image
Blur Reduction.
Abbildung 3:
Einfügen von Zwischenbildern und Ersetzen von
Originalbildern im 100-Hz-Fall (200 Hz wurde aus
Gründen der Einfachheit weggelassen).
Reduktion deR Bildunschärfe
Jeder kennt das Problem mit „verwackelten“ Bildern. Damit gemeint ist die
Unschärfe im Bild, wenn sich Personen
oder Objekte bewegen während das Bild
aufgenommen wird, bzw. die Verschlussklappe (Shutter) geöffnet ist.
Motionflow ist in der Lage solche Unschärfen zu verringern, bzw. zu korrigieren (Image Blur Reduction). Grundlage hierfür ist wiederum die
vorausgehende Bewegungsschätzung.
Basierend darauf werden Objektkanten
Motionflow 200
Untersuchungen in den Forschungsabteilungen bei Sony haben gezeigt, dass
der menschliche Wahrnehmungssinn
bei idealen Bildaufnahme- und Wiedergabeverhältnissen mit einer Bildfrequenz von ca. 250 Hz nahezu optimal
bedient wird. Höhere Wiederholraten
tragen nur mehr kaum zur Verbesserung des Bildeindrucks bei. Mit Motionflow 200 Hz bzw. 240 Hz im Falle von
60 Hz geht Sony an dieses Limit heran.
Dazu werden neben den beschriebenen
Signalverarbeitungstechniken neueste
LCD-Panel-Generationen und Ansteuerungselektroniken verwendet, um dies
technisch umzusetzen.
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