Untitled - Architekturtheorie

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Untitled - Architekturtheorie
SpringerWienNewYork
Oliver Schürer
Automatismen und Architektur;
MEDIEN OBSESSIONEN TECHNOLOGIEN
SpringerWienNewYork
Herzlichen Dank an Kari für Mentoring und Motivation.
Was es ist, Barbara
Dank an Axl und Helmuth
Gewidmet meinen Lieben
Inhaltsverzeichnis
Vorwort Kari Jormakka
Inkubationen
1837–1871, Androiden aus Weißer Magie
Jean-Eugène Robert-Houdins Kloster
Revolutionen
Spektakel
Individuen
Experimente
Le Prieuré
Vorläufer
Abriss
Aufbau
8
13
14
17
18
19
22
25
29
33
36
Obsessionen
41
1880 –1926, Diagramm der algorithmischen Morphologie
Antoni Gaudís Krypta
1920er und -30er Jahre, Trinität der Leere
Le Corbusiers Standards
1929 – 32, Poesie der Redundanz
Pierre Chareaus Maison de Verre
1929 – 69, Synergie versus Energie
Richard Buckminster-Fullers World Peace Game
1958 – 70, Netzwerk als Transformationssystem
Constants New Babylon
1950 – 1980er-Jahre, Angewandte Futurologie
Nicolas Schöffers kybernetisches Œuvre
1960 – 1970er-Jahre, Elektronisch augmentierte Ebene
Superstudios Agitationen
1961– 82, Improvisationen der Adaptionsmaschine
Cedric Prices Generator
1997– 2002, Big Sister will spielen
ein invertierter Cyborg namens Ada
1998 – 2002, Zähmung der Echtzeit
Kas Oosterhuis’ Wild Bodies
2002, Digitale Intimität von Nachhaltigkeit
Werner Sobeks R128
2006, Robotische Dezentrierung und Destabilisierung
R & Sie auf dem Holzweg
2007, Anonyme, temporäre Kollektive
Jury Hahns Play Megaphon
42
56
62
66
70
78
86
97
103
109
116
122
125
Achsen & Risse
131
Organisation & Artefakt
Materialität & Ephemerisierung
Effizienz & Wechselwirkung
Infrastruktur & Re-Konstruktion
Häuslichkeit & Komfort
Abkapseln & Adaption
Organismus & Netzwerk
Beschleunigung & Verstärkung
Körper & Prothesen
Simulation & Extension
Prozess & System
Psyche & Apparat
Bedeutung & Übertragung
136
138
146
150
154
160
164
170
178
181
190
203
224
Matrizen
237
Hypothese
245
Anhang
249
Sachregister
Personenregister
Abbildungsverzeichnis
Literarturliste
Anmerkungen und Endnoten
249
256
258
261
272
Vorwort
»Ich bin nicht jenes Gefüge von Gliedern, das man den menschlichen Körper nennt«, erklärte Réne Descartes: »streng genommen
bin ich lediglich ›une chose qui pense‹‹ oder ein Ding, das denkt«. Mit
seiner Betonung des Denkens steht Descartes in der weitreichenden aristotelischen Tradition, die die Vernunft als die differentia
specificaa des Menschen identifiziert. Aus dieser apollinischen Perspektive kann der Schlaf der Vernunft nur Monster hervorbringen.
Leider ist das denkende Lebewesen nicht immer bei sich, wie
schon Blaise Pascal erkannte, weil die Vernunft nur langsam tätig
wird und stündlich in Schlaf verfällt. Folglich schließt er contra
Cartesium: »Man muß sich hierüber keine Täuschung machen – wir
sind ebenso gut Automaten als geistige Wesen«. Als Indiz dafür
dient für Pascal die Tatsache, dass es fast nie logische Beweise sind,
die aus uns Christen oder Heiden, Handwerker oder Soldaten machen; vielmehr werden wir, wer wir sind, durch Gewohnheiten,
durch unbewusste Automatismen.
Im Kontrast zur apollinischen Tradition begrüßen die Adepten
des Dionysos die irrationalen und a-rationalen Impulse und trachten danach, das rationale Denken an andere Agenten zu verschieben. Die Ex-stasis des pythischen Orakels in Delphi, hervorgerufen
durch halluzinogene Gase und Dämpfe aus einer Erdspalte, war für
die antiken Griechen ausreichender Beweis für ihren Enthusiasmus, also ihre göttliche Besessenheit, und folglich für die Wahrhaff
tigkeit ihrer Botschaft. Diese Befreiung des Menschen von seiner
Vernunft inspirierte später nicht nur Arthur Rimbauds »lange, unermessliche und durchdachte Entgrenzung sämtlicher Sinne« durch
alle Formen der Liebe, des Leidens und des Wahnsinns (und prosaischer mittels Opium und Absinth), sondern auch die verschiedenen Techniken des automatischen Schreibens von der Theosophen
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und der Surrealisten. Jedoch waren die antiken Griechen auch mit
einer weiteren Form der Entsubjektivierung vertraut – der Verlagerung des Denkens an Maschinen.
Der mythische erste Architekt der griechischen Welt, Dädalus,
wurde ursprünglich berühmt für die Erfindung selbstbewegender
Statuen: eines hölzernen Abbildes des Hermes, einer mit Quecksilber gefüllten hölzernen Aphrodite und einer Bronzestatue, wovon
nichts Weiteres bekannt ist. Doch hatte Dädalus diese Kunstfertigkeit in aller Wahrscheinlichkeit in Ägypten von Hermes Trismegistos gelernt: auch Hermes (der mit der Gottheit Theuth und dem
Architekten Imhotep identifiziert wurde) sollte gleich mehrere mit
Leben und Bewusstsein gefüllten Statuen geschaffen haben. In
Wirklichkeit waren Automaten in antiken Griechenland als Spielzeuge und Spektakel so allgegenwärtig, dass Aristoteles und andere Philosophen sie als selbstverständlichen Beispiele mehrmals
benutzen. Der berühmteste Schöpfer solcher automata thaumata
war der hellenistische Ingenieur Heron von Alexandria, der im ersten Jahrhundert nach Christus seine Maschinen beschrieb: unter
anderen hydraulische singende Vögel, tanzende Bacchanten, Türen
die sich öffnen wenn das Feuer am Altar entfacht wurde, und eine
mit Münzen funktionierende Maschine, die Weihwasser verteilte.
Herons Technik folgte nicht primär Überlegungen der Nützlichkeit, sondern vielmehr dem Gegenteil: der Logik des Mirakulösen.
Die Abwesenheit der menschlichen Aktion offenbart die Anwesenheit des Göttlichen und entschleiert das Heilige.
In Verallgemeinerung dieses Prinzips besteht Martin Heidegger darauf, dass das Wesen der Technik nichts Technisches ist.
Für ihn sind Kunst und Technik zwei verschiedene Arten des hervorbringen des Wahren in das Schöne: technee ist auch eine poiesis.
Es scheint angebracht zu ergänzen, dass das Wort ›Ingenieur‹ aus
dem altfranzösischen engin kommt, was nicht nur ›Fertigkeit‹ oder
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›Klugheit‹ sondern auch ›Trick‹ und ›Täuschung‹ bedeutet. Das
französische Wort geht letztlich zurück auf das Proto-Indoeuropäische *gen
* - für ›hervorbringen‹, die Wurzel von lateinischen genius
und englischen geniee im Sinne von ›Geist‹ oder ›Dschinn‹.
Das Konzept von technee als poiesiss beseelt die Seiten des ungewöhnlichen Essays, das auf diese Notiz folgt. Oliver Schürer betrachtet die Überschneidungen von Architektur und Technik, ohne
eine Form von technologischem Determinismus zu vermuten oder
die Art von Zweckrationalität, die dem Subjekt seit der Aufklärung zugeschrieben wird, anzunehmen. In seiner Versuch, die List
der Vernunft in der Evolution zu entdecken, richtet der Autor
sein Hauptfokus auf ›Automatismen‹, einem nicht intentionalen,
unbewussten und dennoch regelhaften Substrat in der Architektur, das sehr unterschiedliche Formen annehmen kann – physikalische, physiologische, biologische, soziale, ökonomische und kulturelle Strukturen und Muster. Schürers Automatismen sind abstrakte Maschinen oder konkrete Assemblages, die fähig sind, im
menschlichen Bereich selbständig zu agieren. Seine abduktive Argumentation erfolgt in zwei Domäne: er durchleuchtet die subjektiven Obsessionen von einzelnen Schöpfern und spürt diskursiven
Rissen auf, die erst dem Neuen die Gelegenheit bieten, als Solches
anerkannt zu werden.
Wenn man die Intelligenz als einen Prozess versteht, bei dem ein
gewünschtes Ziel in einer bestimmten Situation auf effiziente und
effektive Art verfolgt wird, dann können die Schürer’schen Automatismen sehr wohl einige Komponente menschliches Denkens
ersetzen. Weiters: wenn das Denken nicht notwendigerweise von
dem Gefüge von Gliedern begrenzt ist, das man den menschlichen
Körper nennt, soll auch die tradierte aristotelische Definition des
menschlichen Wesen als rationales Tier zurückgewiesen werden. In
der Tat wurde die ursprüngliche Definition des griechischen Phi10
losophen, zoon logon ekhon – übersetzt von Hannah Arendt als »ein
Lebewesen im Besitz des Logos« – vom eloquenten afrikanischen
grauen Papagei namens Alex (Akronym für Avian Learning Experiment)
t schon vor einem Jahrzehnt empirisch widerlegt. Trotz seines walnussgroßen Gehirns war Alex in der Lage, mit der Intelligenz eines fünff-jährigen Kindes zu konkurrieren, weil seine kognitiven Fähigkeiten durch die Kulturtechnik der Sprache radikal
erweitert waren. In vergleichbarer Weise sollte die menschliche Intelligenz nicht im Schädel lokalisiert werden, da intelligente Aktion
meist über materiellen Dingen und Prozessen verstreut ist. Indem
die Automatismen, die ohne übliche menschliche Steuerung ablaufen, als das Andere verstanden werden, entfalten sie sich als thauma,
insofern sie als das Eigene anerkannt werden, zeigen sie sich als
Emergenz, vielleicht sogar poiesis.
Kari Jormakka
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Inkubationen
Selbst steuernde Elemente durchdringen zunehmend Objekte im
alltäglichen Gebrauch, Räume des intimen wie öffentlichen Lebens und soziokulturelle Strukturen. Architektur steht vor der Herausforderung Konzepte für eine gebaute Lebenswelt zu entwickeln,
deren Elemente sich unwillkürlich selbst steuern, als wären sie lebendig. Dafür gibt es keine Referenzen, denn die westliche Kultur
ist von klassischen Kategorien geprägt, die lebendes und unbelebtes,
gemachtes und gewordenes, subjektives und objektives, Dinge und
Menschen als duale Gegensätze verstehen.
Der Wunsch nach »geschehen lassen« von Funktionen und »entstehen lassen« von Effekten, kann als Motivation für selbstständige
Technologie vermutet werden. Das Essay setzt an, kulturelle Themen zu identifizieren, die im Zuge der automatisierten Einflussnahme auf Lebenswelten wichtig werden. Automat, Automation
und automatisch sind im technologischen wie im alltäglichen Vokabular sehr speziell definiert. Um ihre Gemeinsamkeiten ansprechen zu können wurde der Begriff Automatismus gewählt. Da er in
verschiedensten Feldern gleichartig angesetzt wird, wie etwa in Soziologie, Ökonomie, Philosophie, Kognition und Technik.
Der Poesie und Pragmatik des Lebens mit Apparaten widmet
sich der erste Abschnitt «Inkubationen«. Weiters werden prägende
soziokulturelle Transformationen aus dem »Zeitalter der Revolutionen« aufgegriffen: Neue Formen von Individualität, Spektakel
und Experimente in allen Lebensbereichen treffen hier, in der gebauten Lebenswelt, auf neue Technologien. Obwohl später, in der
Architektur der klassischen Moderne, nur der technologische Aspekt von Gebäuden aufgenommen und kanonisiert wird – in diesem kulturellen Milieu entsteht der technologische Aspekt gleichzeitig mit dem medialen.
13
1837–1871 Androiden aus Weißer Magie;
Jean-Eugène Robert-Houdins Kloster
Regungslos liegt der junge Mann mit dem Gesicht im Schlamm des
Feldweges. Tags zuvor war ihm vom Arzt ein rascher Tod diagnostiziert worden; die Diagnose: Vergiftung. Der junge Mann hatte sich nach
der Lehre zum Uhrmacher auf Wanderschaft durch das spätrevolutionäre Frankreich begeben, um seine Kenntnisse der Uhrmacherei weiter zu verfeinern und seiner Passion für Zauberei nachzugehen. Ein in
einer mit Grünspan überzogenen Pfanne bereitetes Ragout wird ihm
zum Verhängnis. Sterbend beschließt er zu seiner Familie zurückzukehren. Doch die holprige Kutschenfahrt bereitet ihm unerträgliche Schmerzen und er springt aus der fahrenden Kutsche, von Halluzinationen gepeinigt. Unsäglich horribel halluziniert er vom Arzt wieder und wieder:
Sein Kopf ist aufgeklappt wie eine Schnupftabaksdose. Mit hochgekrempelten Ärmeln zieht der Arzt unter Zuhilfenahme einer riesigen Zange
geröstete Kastanien aus seinem Gehirn, die unmittelbar darauf in Myriaden von Geistesblitzen zerplatzen.1
Die kurze und unspektakuläre Lebensgeschichte des jungen Uhrmachers hätte damit ein jähes, aber spektakuläres Ende genommen. Im
schlammigen Feldweg liegend, wird er glücklicherweise gefunden –
von einem gewissen Doktor Torrini, der neben seinem Pferdewagen
schlendernd einen Morgenspaziergang macht. Torrini, deutlich älter,
nimmt den jungen Mann in sein fahrendes Heim auf und pflegt
ihn. Langsam wieder zu Kräften kommend, erfährt der junge Mann,
dass Torrini ein Zauberkünstler ist, auf dem Weg in die nächste größere Stadt, um dort auf dem Markt aufzutreten. Dies lässt die hingebungsvolle Dankbarkeit des Jungen in drängendes Interesse am
Alten und an seiner Zauberei umschlagen. In der Stadt angekommen, wird der noch schwache junge Mann im oberen Stockwerk
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eines Gasthauses untergebracht. Dort oben wird ihm der Marktplatz zur Bühne. Durch den Rahmen des offenen Fensters beobachtet er vom Logenplatz eines bequemen Lehnstuhls aus die Errichtung der Zauberbühne. Diese gestaltet sich mehr als ungewöhnlich,
was einem flüchtigen Beobachter auf dem Marktplatz selbst kaum
aufgefallen wäre. Von seinem bevorzugten Platz aus jedoch beobachtet der junge Mann, dass wider Erwarten keine separate Bude
für die Zauberbühne errichtet wird. Augenscheinlich erfüllt Torrinis Pferdewagen Funktionen, die seine alltägliche Erscheinung nicht
vermuten ließe: Gleich einem Teleskop lässt sich seine Länge verdoppelt. Durch Ausklappen und Versenken von Wagenteilen wird
die eine Hälfte zum Wohnraum, die andere Hälfte in ein Theater
verwandelt, dem ein elegantes Vorzelt als Foyer dient. Beidem wird
ein Gerüst vorangestellt, das eine Stuckfassade imitiert.2 So wird das
Transportmittel in ein respektables Theatergebäude transformiert.
Bald ist der junge Mann wieder gesund. Doch sein Leben als
Uhrmacher kann er nach seinem Kontakt mit dem Tod nicht fortsetzen, und so schließt er sich dem alternden Zauberer an, um von
ihm zu lernen. Viele Jahre später hält er in seinen vorgeblichen Memoiren die Erinnerungen an das Pferdewagen-Theatergebäude
fest:
»Der Anblick dieser Maschine stachelte meine Imagination an und
ich erbaute Luftschlösser, die ich nie bewohnen würde. Ich werde
ein ähnliches Vehikel haben, allerdings kleiner, denn meine Darbietungen werden anders sein.«3
Und das waren sie in der Tat: Die Zeitungen statteten Jean-Eugène Robert-Houdin mit keinen geringeren Titeln als »der König
der Zauberkünstler, der Kaiser der Taschenspieler, das Oberhaupt
aller Hexenmeister«4 aus, als er diese Imaginationen 1855 realisiert.
Seine Bühnenauftritte nennt er »Phantastische Abendgesellschaff
ten«, an denen er in seinem Theater das Pariser Publikum und während seiner Tourneen ganz Europa begeistert.
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In den langen Jahren der Vorbereitung auf seine kurze und glänzende Karriere als Bühnenillusionist entwickelte sich der passionierte Uhrmacher zum Erfinder und schließlich zum leidenschaftlichen Automatenbauer weiter. All die Zeit über beschäftigte er
sich nebenbei mit Taschenspielerei. In den auf der Bühne inszenierten Illusionen kann er seine beiden Obsessionen verbinden.
Bei der Beschreibung seiner Imagination nennt er den obskuren
Pferdewagen nicht Gerät, Bau oder etwa Vorrichtung – sondern
Maschine. Das Theaterstück der Verwandlung, das er von seinem
bevorzugten Logenplatz aus beobachtet hatte, war von seiner eigenen Imagination geschrieben worden. Die Hauptrolle aber gab die
Maschine, der Torrini wie ein Souffleur zu assistieren schien.
Es gilt als historisch gesichert, dass diese ganze Episode, auch
der Lehrmeister Torrini, eine Erfindung ihres Autors RobertHoudin ist. Damit beschreibt er nicht nur seine Initiation als junger Mann in ein selbstbestimmtes Leben, sondern implizit auch
einen Zeitenumbruch: Den mit der Französischen Revolution einhergehenden gesellschaftlichen Umbrüchen wird hier als Gleichnis die Verwandlung alter Formen der Bühnenzauberei in moderne Bühnenillusion gegenübergestellt. Bis dahin war Zauberei
zwischen derbem Hokuspokus und geschickter Täuschung angelegt gewesen. Dieser Umbruch in der Bühnenzauberei spiegelt
Veränderungen wider, die mit der aufkommenden Industrialisierung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts einhergehen und die
Moderne ankündigen.
Als ehemaliger Uhrmacher erkennt er in den Funktionen der
Maschine ein neues Potenzial. Sie kann zwischen Zuständen transformieren, etwa einen Raum vergrößern und wieder verkleinern,
oder auch Funktionen für bewegliche und unbewegliche Zwecke
in sich vereinen: Die Illusion entsteht vermittels mechanischer
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Transformation. Der junge Adept entscheidet sich für den Weg der
geschickten Täuschung, der ihn später zum eleganten Experiment
führen und damit zu einer weltweit bekannten Persönlichkeit machen sollte.
Revolutionen
Jean-Eugène Robert-Houdins Lebenszeit5 deckt sich fast genau
mit der Zeit des spätrevolutionären Frankreich. Geboren 1805 in
der Anfangszeit der Napoleonischen Kriege, elf Jahre nach Robespierres Terrorregime und sechs Jahre nach Napoleon Bonapartes
Staatsstreich, wurde er in eine durch den vergangenen Bürgerkrieg
traumatisierte, vom gegenwärtigen Krieg geschwächte und zu tieff
greifenden Restrukturierungen gezwungene Gesellschaft hineingeboren. Diese spätrevolutionäre Zeit war ihrerseits von einer
ganzen Reihe von Revolutionen geprägt, die letztlich 1871, in Robert-Houdins Todesjahr, mit der Etablierung der mehr oder weniger permanenten Demokratie in Frankreich zu Ende ging. Die
Französische Revolution ist einer der Höhepunkte im »Zeitalter
der Revolutionen«, einer historischen Phase, die etwa vom letzten Viertel des 18. Jahrhunderts bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts
dauerte. Dieses Zeitalter umfasst nicht nur die gesellschaftspolitischen Revolutionen Europas und Amerikas, sondern auch Revolutionen in der Industrie und in den Künsten. Die Umwälzungen
führten zur Demokratisierung in der Politik, zur Verbürgerlichung
in der Organisation der Gesellschaft und zur Industrialisierung
in immer weiteren Bereichen der Produktion. Gleichzeitig kam
es in der westlichen Kultur zu einer Neuverteilung von sozialem
und physischem Raum, zu einer Neupositionierung des Ichs in der
Gesellschaft und zur Neubewertung von praktischem Wissen und
praktischen Fähigkeiten.6
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Spektakel
Die französischen Revolutionäre verwandelten die Staatsgewalt
von der Privatangelegenheit einer monarchischen Dynastie in eine
öffentliche Sphäre. Diese grundlegende Umwälzung bewirkte die
Bildung neuer Örtlichkeiten genauso wie veränderte und neue Aktivitäten der Menschen im Zuge der Re-Formierung der Gesellschaft: Physische und soziale Räume wurden entweder von neuen
Gruppen besetzt oder überhaupt neu geschaffen. Zum Medium
der Revolution wurden Zeitungen. Sie beförderten die neue politische Kultur, indem sie ihre Auflagen vervielfachten und sich damit
sprunghaft zum neuen Kommunikations- und Informationsraum,
der öffentlichen Meinung, entwickelten. Die neue politische Form
nutzte den neuen öffentlichen Raum für die Etablierung eines
neuen ökonomischen Systems ohne die alten monarchischen Protektionen. Bedeutend wurde der neu kontextualisierte öffentliche
Raum darüber hinaus für die Durchführung öffentlicher Spektakel
ohne die alte monarchische Repräsentation: Im öffentlichen Raum
stellte sich nicht mehr nur die Herrschaftsschicht durch ihre Protagonisten und Rituale dar, sondern Individuen aus allen Schichten der Gesellschaft fanden im öffentlichen Spektakel einen neuen
Rahmen zur Selbstdarstellung. Ihre Selbstdarstellung speist sich
aus der Vorstellung, dass nicht mehr nur der Monarch als Einzelner, sondern alle Bürger gemeinsam die Staatsmacht stellen
sollten; dass die eigenen Handlungen und die eigene wirtschaftliche Position die Stellung in der Gesellschaft bestimmen sollten
und nicht die Zufälligkeit der Herkunft; und dass in diesem Zusammenhang praktische Fähigkeiten wichtiger sind als abstraktes Wissen – sodass das konzeptuelle Zentrum der individuellen
Welt nicht mehr von Gott oder König gestellt wird, sondern vom
Individuum selbst. In der aristokratisch dominierten Gesellschaft
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war die Stellung eines Individuums beinahe ausschließlich von
den Umständen der Geburt geprägt gewesen, wie Klasse, Platz in
der Geschwisterreihe und Geschlecht. Aber die neu entstehende
bürgerliche Gesellschaft eröffnete Möglichkeiten zur selbstständigen Einflussnahme auf die eigene individuelle Lebenssituation,
um sich in diesen Räumen zu bewegen. Bereits im ersten Jahr der
Revolution wurden von der französischen Nationalversammlung
die Menschen- und Bürgerrechte proklamiert. Was allerdings ausschließlich Männer betraf – an der grundsätzlich in allen Ständen untergeordneten Stellung der Frauen änderte sich nichts. Die
Durchsetzung der politischen Interessen des Bürgertums gegen
Bestrebungen der Monarchisten genauso wie gegen die Vorstellungen des so genannten dritten Standes der Bauern und Handwerker markiert die Jahre zwischen Terrorherrschaft und Napoleon Bonapartes Regierung.
Individuen
Damit wurden spezifisch bürgerliche Formen von Eigentum und
Wirtschaft etabliert und in der Folge weiter ausdifferenziert. Als
individueller Wertmaßstab zählte vor allem das Vermögen, das man
besaß. Dieses konnte man sich erarbeiten und damit auf vielerlei
Art zu einer angesehenen gesellschaftlichen Position kommen.
Die ehemals untergeordnete Bewertung von praktischen Fähigkeiten im Vergleich zu künstlerischen und geistigen Fähigkeiten
wurde angeglichen. Spektakel wurden unterschieden in geistige
wie Theaterspiel und körperliche wie Gewichtheben. Das Geistige sah man auf einer Ebene mit den schönen Künsten und der
Hochkultur. Das Körperliche sah man auf einer Ebene mit dem
Handwerk und der Volkskultur. Die vormals klar getrennten, hierarchisch geordneten Kulturen begannen sich zu vermischen. Die
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Abb. 1
Robert-Houdins Patent Nr. 18171 für eine elektrische Uhr vom 20. 1. 1857.
Erhöhung des Wertes von praktischem Wissen trieb die Kultivierung technischer Fähigkeiten an.
Robert-Houdins Darbietungen wurden als eine Vervollkommnung der handwerklichen Künste eines Mechanikers zu den geistigen Künsten des Schauspiels, der Fantasie und Illusion verstanden. In dieser Epoche änderte sich das soziale Statussystem dahingehend, dass der Wert, wie gut eine soziale Rolle erfüllt wird, den
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Wert der Rolle selbst übersteigen konnte. Hervorragende praktische Fähigkeiten, welche in der alten Gesellschaftsordnung als untergeordnet angesehen wurden, bekamen im Zuge dessen einen
neuen, höheren Werterang. Damit repräsentierte er in seiner Zeit
einen neuen Typus von Künstler: den Virtuosen. Dieser Typus entstand im spätrevolutionären Paris und entwickelte sich mit dem
Selbstbewusstsein der sich formierenden bürgerlichen Gesellschaft.
Er vereinte und verkörperte neue Qualitäten, die im Kontrast zu
der alten aristokratischen Gesellschaft standen: Spektakel, Kunstfertigkeit und Selbstdarstellung. Kunstfertigkeit in praktischen
Dingen wurde durch die bürgerliche Revolution als neue, als bürgerliche Tugend etabliert. Unter den praktischen Fähigkeiten war
die Mechanik besonders angesehen. Warum also will der am Beginn seines Weges zum Erfolg stehende junge Illusionist eine kleinere Maschine als sein Meister bauen und nicht eine größere, um
ihn schließlich zu übertrumpfen?
Eine kleinere Maschine, direkt nach dem Vorbild Torrinis, ergäbe schlicht ein kleineres Theater. Das schien er nicht angestrebt zu haben. Aber er sieht in Gestalt und Funktion des Vorbildes, wenn auch roh und grob, ein Prinzip verkörpert: die Erzeugung von Illusion durch die Transformation eines Apparats. In
seinem Wunsch spiegelt sich wohl auch nicht die Tendenz der zunehmenden Miniaturisierung in der Geschichte der Technik wider.
Aber als ehemaliger Uhrmacher weiß er, dass kleinere Maschinen
viel schwieriger zu bauen sind als große. Und als junger Zauberer
fällt ihm auf, dass große Spektakel niemals so elegant sein können
wie kleine. Sein Ziel ist nicht die eine große universale Theatermaschine zu bauen, sonst hätte er sich an diesem Punkt vielleicht
der Architektur zugewandt. Vielmehr will er seine Bestrebungen
den kleinen Maschinen widmen, die er jeweils gezielt für ganz bestimmte Täuschungszwecke entwickelt. Als handhabbare Einzel21
stücke bringen sie im wirtschaftlichen Kontext der Zeit Vorteile
mit sich, da sie durch für kleinbürgerliche Verhältnisse erreichbare
Kapitalsummen finanzierbar und mit den damaligen Mitteln auf
Tourneen leicht transportierbar sind. Der wichtigste Zweck eines
solchen Apparates war aber, im Zentrum der Bühne zu stehen und
unsichtbar zu sein, als Kristallisationspunkt einer Illusion.
Experimente
Seine Darbietungen sind die so genannten Soirées fantastiques,
phantastische Abendgesellschaften, und die einzelnen Stücke
darin bezeichnete er als Experimente.7 Bei der Durchführung seiner illusionistischen Versuchsanordnungen machte er sein Publikum zu verblüfft-rätselnden Assistenten eines elegant-brillierenden Laborleiters. Das Experiment ist das Instrument der Naturwissenschaften schlechthin und Robert-Houdin tritt auf einer
einfachen eleganten Bühne auf, die viel mehr dem Kabinett eines
Physikers jener Zeit gleicht als den überfüllten Buden der damals
üblichen Zauberaufführungen. Der Beginn der Moderne ist unter
anderem auch durch ein Experimentieren in allen soziokulturellen Bereichen gekennzeichnet. Statt der farbenprächtigen mittelalterlichen Kleidung seiner Zauberkollegen trägt Robert-Houdin
einen schwarzen Frack, damals Inbegriff des eleganten Herrn und
später der Illusionisten. In seinen Experimenten verwendet er moderne Mittel. Die Phänomene seiner Illusionen werden durch zu
seiner Zeit ultimativ neue, noch kaum erforschte Phänomene aus
den Naturwissenschaften erzeugt. Robert-Houdin ist insofern der
Moderne zuzuordnen, als er zur Entwicklung seiner Apparate und
Tricks mit Mechanik, Elektrizität, Magnetismus und Optik experimentierte. Seine illusionistischen Tricks basierten auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, lange bevor diese dem Massenpubli22
kum bekannt wurden und oft bevor sie sich in der wissenschaftlichen Welt verbreiteten. So verwendete er Elektrizität nicht nur,
um Kraft- und Lichtmaschinen zu betreiben, sondern auch bereits
für Signalsysteme zu Zwecken der Steuerung und Kommunikation. Er hält die Anwendung dieses neuen Wissens im Verborgenen. Die Fragen, die ihn dabei beschäftigt haben könnten, kreisten
wohl um die Steigerung dieser Effekte von Elektrizität, etwa: Was
könnte die wirklich hohe Kunst der Maschine sein und wie dabei
auch noch alle modernen Errungenschaften nutzen? Es ist die sich
selbst transformierende Maschine, der Automat. Denn RobertHoudin ist der Letzte in der Tradition der aus dem Barock herrührenden Automatenbauer.
Die Tradition beginnt zumindest mit dem Medizinstudenten
Jacques de Vaucanson8, der aufgrund von Kapitalmangel seine Forschung an Modellen von menschlichen Körperteilen, den »anatomies mouvantes«, bewegten Anatomien, aufgeben musste. Doch
1738 trat er schließlich erfolgreich, mit drei Modellen an die Öffentlichkeit, die aber jeweils einen kompletten Körper vorstellten: zwei
menschähnliche Maschinen, die Androiden Flötist und Trommler,
sowie eine Ente. Dieser Erfolg führte letztlich zu seiner Berufung
zum Generalinspektor der königlichen Seidenspinnereien. Jahre
nach seinem Tod wurde der von ihm entwickelte Webstuhl von
Joseph Marie Jacquard9 weiterentwickelt.10 Zwar beschäftigte sich
die Reihe der Automatenentwickler immer wieder mit Forschung
an Körperteilen und Organen, was aber nie zu finanziellem Erfolg
führte. So finden sich in ihren Entwicklungen neben Androiden
und Tieren komplizierte astronomische Uhren, raffinierte Spieldosen und Orchester mit bis zu vierzig Instrumenten. Aus der musikalischen Entwicklungsrichtung gingen unter anderem das Metronom und spezielle Hörgeräte für Ludwig van Beethoven hervor.
23
Als die hohe Schule der Automatenbaukunst galten die Androiden.
Wie bei allen Automaten wurde peinlich genau zwischen echten,
Halb- und Pseudoautomaten unterschieden. Dabei war die Art der
mechanischen Autonomie im Hinblick auf die spezielle Funktion
des Automaten ausschlaggebend, und das in einer Rigidität, die
beinahe alle zeitgenössischen Roboter als Pseudoautomaten brandmarken würde. Zwar bekamen trotz reger Schaustellerei relativ wenige Menschen Androiden zu sehen, aber viele lasen über Androiden und Automaten in der sich rasant entwickelnden Presse, der
neuen Form von bürgerlicher Öffentlichkeit. Im kollektiven Unbewussten war der Automat also von Beginn an mit der Simulation
menschlicher Fähigkeiten assoziiert. Was an Ängsten und Überreaktionen gegenüber dem neuen Maschinenpark gegen Ende der
1950er-Jahre,
dem Beginn der zweiten industriellen Revolution,
Anteil hatte, wie unten ausgeführt wird. Die Menschenähnlichkeit erzeugte eine Sprachkonvention, welche lange die Unterscheidung von Automat und Maschine definierte und heute noch für
Begriffsverwischungen sorgt.
Als mechanische Kunstform zwischen 1730 und 1860 erlitt der
Automatenbau im Zuge der Französischen Revolution einen jähen
Niedergang. Nun, da es die sehr reiche adelige Gesellschaftsschicht
nicht mehr gab, die es zu beeindrucken galt, musste man einen
neuen Patron für seine Kunst gewinnen. Das große Kapital entwickelte sich in der großbürgerlichen Schicht. Dort Aufnahme zu
finden bedurfte anderer Methoden, einer anderen Präsentation des
Selbst und der Selbsterfindung. In ihrer letzten Hochblüte inmitten der aufkeimenden bürgerlichen Gesellschaft erzeugt die Automatenbaukunst spezielle bürgerliche Protagonisten, Individualisten,
die sich nicht nur vermittels herausragender Fähigkeiten, sondern
auch deren Inszenierung in dem sich neu bildenden öffentlich-medialen Raum hervortun.
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Robert-Houdin verwendete bei seinen Automaten als große
Neuerung Elektrizität – elektrischer Strom als eine Alltäglichkeit
war zu dieser Zeit noch unbekannt und Elektrizität ein Thema für
einige wenige fortgeschrittene Forschungslabors. Zu einer Zeit, als
selbst grundlegende Fragen zu Stromerzeugung und -transport
noch nicht geklärt waren, beschränkte er den Einsatz von Elektrizität nicht nur auf die Imitationen von Organismen wie Androiden
und mechanische Tiere sondern erfand bereits erste elektrotechnische Anwendungen nicht nur für die Illusionen seiner Auftritte –
sondern auch für Gebäude.
1853, dem Jahr, als ein Zeitgenosse Robert-Houdins, der Architekturtheoretiker Adolphe Lance, Maschinen als Konzept für
Häuser vorschlug, wie gegen Ende des Essays ausgeführt wird, begann er seinen Ruhesitz Le Prieuré, »das Kloster«, in eine Wohnmaschine zu verwandeln. Sehr lange bevor Technologie aus dem
Bereich der Produktion in die intimen Lebensbereiche übersetzt
wurde, realisiert er zum ersten Mal technologische Ausformungen
der häuslichen Funktionen Transport, Zeitsteuerung, Einbruchschutz, Schwellenkontrolle und Kommunikation.
Le Prieuré
Schwarz verschleiert betritt eine unbekannte, elegante Dame RobertHoudins Arbeitszimmer. Sie schweigt, und erst nach Aufforderung erklärt sie sich: »O mein Gott, Monsieur … ich weiß nicht, wie Sie …
meine Bitte auffassen werden. Ich liebe … ich werde auch geliebt, doch …
man betrügt mich!«
Dieses ungewöhnliche Geständnis verblüfft Robert-Houdin: »Aber,
Madame, ich verstehe nicht, wie ich Ihnen unter diesen Umständen hell
fen kann?«
»Nun, Monsieur, es handelt sich darum, mich zu rächen.«
25
»Und zwar wie?«
»Wie? Das wissen Sie doch besser als ich, Monsieur. Muss ich Sie denn
daran erinnern, dass Sie über Mittel verfügen, mit denen … sind Sie
denn kein Zauberer? Sie können es doch nicht leugnen?«
»Dass ich ein Zauberer bin, Madame, oh nein, dagegen wehre ich
mich entschieden.«
»…Das hier wird Sie wohl …« Sie zieht jäh einen Dolch, mit der anderen Hand hebt sie gleichzeitig ihren Schleier. Das schöne, ebenmäßige,
junge Gesicht zeigt alle Merkmale des Wahnsinns.
Was tun, wehren oder täuschen? Fragt sich der Bedrohte: »Wenn es
so steht, Madame, füge ich mich Ihren Wünschen. Nun also, was woll
len Sie?«
»Ja, Monsieur … ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, wie ich es erklären soll. Aber ich glaube, es gibt gewisse Hilfsmittel …, bestimmte
Zauberkünste, um es einem Mann unmöglich zu machen …, untreu zu
sein.«
Robert-Houdin, nun um Jahre älter, am Höhepunkt seiner Karriere
nun wieder knapp dem Tod entronnen, erledigt den erzwungenen
Auftrag zufriedenstellend mit einigen Gesten von vorgetäuschtem
Hokuspokus. Um Ähnliches wie den bedrohlichen Besuch der geheimnisvollen Dame künftig zu verhindern, erfindet er im Zuge
seiner permanenten Neuentwicklungen von Illusionen auf Basis
neuester wissenschaftlicher Experimente nicht nur die elektrische
Türklingel, sondern auch die Gegensprechanlage. Doch hatte beides für ihn weder illusionistische noch wirtschaftliche Bedeutung,
obwohl er sehr geschäftstüchtig war. Bereits in jungen Jahren hatte
er nicht nur den ersten selbst leuchtenden Wecker11 erfunden, sondern ihn auch so erfolgreich vermarktet, dass er auf der Basis des so
geschaffenen Vermögens seine eigentliche Karriere auf der Bühne
entwickeln konnte.
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Bezeichnend ist, dass er in seinen Memoiren12 dem Besuch der
geheimnisvollen Dame großen Raum gibt, die beiden probaten
Mittel, solche Unannehmlichkeiten künftig zu vermeiden, ihm
aber nur wenige Sätze13 wert sind. Viel wichtiger war es ihm, in
seinen Memoiren die bürgerlichen Wünsche nach Komfort und
Sicherheit etwa durch die spannende Schilderung seiner Begegnung mit der wahnsinnigen Schönen mit einem wohldosierten
Adrenalinschub zu beleben und damit als berechtigt zu bestätigen. Todesdrohung und Täuschung sind Ingredienzien für Spektakel, die er elegant zu arrangieren wusste. Spektakel als zeitlich begrenzte, immer wiederkehren Entrückung aus dem Alltag soll das
Publikum zwar in Spannung versetzen, keinesfalls aber bedrohlich
wirken. Als Illusionist sah er seine Aufgabe darin, Spannung präzise kontrolliert zu erzeugen. So konstruierte er Steuerungsanlagen
für Illusionen, die sein Publikum in die bevorzugte Beobachterposition setzte, um den unfassbaren Horror der Todesangst in wohligen Schauer und ungläubiges Staunen zu bannen.
Seine Vorläufer der elektrischen Klingel und der Gegensprechanlage bildeten eine Kontrollanlage für die Schwellen zur Privatheit. Die Schwelle zum großbürgerlichen Haushalt bestand
im Wesentlichen aus Zugklingel zur Signalgebung, dem Diener
als Öffner und Filter und der Tür. Der Diener war ein wichtiges
Element sowohl der Repräsentation als auch der Kommunikation:
Der Besucher läutet, der Diener öffnet und erklärt, ob der Hausherr anwesend ist oder nicht. War er anwesend, wurde der Besucher eingelassen und der Hausherr gefragt, ob er für ihn zu sprechen sei, was zur Folge hatte, dass der Besucher so gleichzeitig
über seinen Status beim Hausherrn aufgeklärt wurde. Auch an der
Tür zu Robert-Houdins Pariser Domizil musste ein Besucher an
der Türglocke ziehen, damit sie läutete. Aber der Zugmechanismus war um eine von Robert-Houdin entwickelte elektrische An27
lage erweitert, die eine Klingel in seinem Arbeitszimmer anschlagen ließ.
So wurde beim Läuten wie üblich der Diener aktiviert, aber, vom
Besucher unbemerkt, auch Robert-Houdin: Während der eine die
Türe öffnete und mit dem Besucher sprach, lauschte der andere
über eine Hörleitung ihrem Gespräch. Wollte der Illusionist für
den Besucher zu Hause sein, wurde das dem Diener über ein bestimmtes elektrisches Lichtsignal mitgeteilt. Nach den damals üblichen Anstandsregeln hatte der Hausherr ja auch noch die Möglichkeit, für den angetretenen Besucher keine Zeit zu haben, und
konnte ihn vom Diener wieder wegschicken oder auf eine anderen
Zeitpunkt vertrösten lassen. Für Robert-Houdin war die Anlage
ein Kontrollinstrument, für seine Besucher ein Täuschungsinstrument. Der Hausherr konnte, mit Hilfe des in Echtzeit instruierten
Dieners, präzise kontrollieren, welcher Besucher was über ihn erfuhr. Robert-Houdins Bühnenkarriere dauerte nur etwa acht Jahre.
Danach zog er sich, 48 Jahre alt und weltberühmt, in den Ruhestand zurück.
Zur Ausstattung seiner Villa Le Prieuré14 entwickelte er ein ganzes Ensemble technologischer Ausformungen von Gebäudefunktionen. Da die Pforte zum Grundstück vom Haus aus nicht einzusehen und sein Areal weitläufig war, hätte man sich immer entscheiden müssen, wann sie zu verriegeln ist und wann nicht. Doch
Robert-Houdin entwickelte seine Pariser Kontrollanlage weiter.
Wenn man den Türklopfer der Pforte betätigte, wurde im Haus eine
elektrische Klingel aktiviert, die so lange läutete, bis sie im Haus
durch das Drücken eines Hebels deaktiviert wurde, was gleichzeitig
die Pforte entriegelte. Dem nicht genug, drehte sich das emaillierte
Namensschild im selben Moment um und zeigte dem auf einen öffff
nenden Diener wartenden Besucher: »Treten Sie ein bitte!« Beim
Eintreten wurde ein automatischer Personenzähler aktiviert, der im
28
Haus ablesbar machte, wie viele Personen eintraten.15 Der Briefkasten an der Grundstücksmauer war mit einem Kontakt versehen, der
im Haus anzeigte, ob Post eingeworfen worden war.
In seinem Arbeitszimmer hatte sich der ehemalige Uhrmacher
eine sehr spezielle Uhr installiert. Über elektrische Leitungen stand
sie mit allen anderen Uhren im Haus und einem kleinen Uhrturm
in Verbindung und synchronisierte deren Zeit. Damit konnte er
nicht nur die Fütterung seines Lieblingspferdes am angrenzenden
Stall auslösen, sondern auch die Zeit für das Servieren der Mahlzeiten je nach seinem momentanen Gusto justieren. Konnte er
doch den elektrischen Antrieb der Uhr schneller oder langsamer
laufen lassen. Das tägliche Aufziehen der Uhr im Turm des Hauses wurde von der Schwingtür der Küche aus erledigt, da die Dienerschaft die Tür sehr oft benützen musste. Die kinetische Energie
dieser Bewegungen wurde übertragen. Synchronisation, Steuerung,
Energieversorgung und deren Verteilung auf Basis einer zentralen
Uhr durchziehen dieses Haus als Prinzipien. Wenn alle Bewohner
aus dem Haus gingen, etwa in die Kirche, wurde an den Fenstern
und Türen eine elektrische Alarmanlage aktiviert. Außerhalb des
Hauses hatte er, um eine größere Distanz zu einem bevorzugten
Plätzchen zu überwinden, eine selbst fahrende Parkbank installiert.
Kein Wunder, dass die Landbevölkerung aus der Umgebung dachte,
er habe übersinnliche Kräfte. Aber der Spiritismus, gegen den er
sich in seinem Berufsleben heftig abgegrenzt hatte, amüsierte ihn
im Alter nur noch.
Vorläufer
Für Robert-Houdin war es tatsächlich wichtig, als Künstler, Illusionist und nicht als Zauberer zu gelten, um sich deutlich von seiner Vorgängern und Zeitgenossen abzugrenzen, die sich am Bild
29
des mittelalterlichen Magiers orientierten. Heute gilt er als Begründer der modernen Bühnenillusion und ist Vorbild für jede Art
von Zauberperformance. Sein berühmtester Nachfolger war Erich
Weiß (1874–1926), der als Illusionist und spektakulärer Entfesselungskünstler den Bühnennamen Harry Houdini annahm, dem
Namen seines Vorbildes also ein »i« hinzufügte.
Hier richtet sich der Fokus des Interesses an der schillernden
Persönlichkeit Jean-Eugène Robert-Houdins weniger auf die historischen Aspekte des Erfinders des Illusionismus oder des Letzten in der Linie der großen barocken Automatenbauer. Im Kontext
von Architektur, Technik und Technologie sollen vielmehr Aspekte
vom experimentellen Empiriker, wissenschaftlichen Heimwerker
und Medienarchitekten in den Vordergrund rücken. Man könnte
ihn auch als frühen »Hacker« bezeichnen. Allerdings »hackte« er
nicht digitale technische Anlagen, sondern verschiedenste analoge
Gerätschaften bis hin zu seinem eigenen Haus, seinem Ruhesitz,
den er »das Kloster« nannte. Nach eigenen Beschreibungen hat
er sein Haus von seiner illusionistischen Kunst abgegrenzt. Seine
Bühnenillusionen hielt er für bei weitem besser als die Tricks, die
er in seinem Haus anwandte. Diese waren für ihn Spielereien, für
die Dienstboten eine Erleichterung ihrer täglichen Arbeit und für
seine vielen Gäste vor allem Unterhaltung. Sie bedeuteten großbürgerliche Häuslichkeit und boten eine elegante Form von Komfort, garniert mit exakt dem Quantum Spleen, der einem berühmten, reichen Mann angemessen war.
Noch weitere Themen, die im vorliegenden Essay besprochen
werden, finden sich bereits geballt in seinem Werk:
Sein für die damalige technische Situation ungewöhnliches Verständnis für Infrastruktur erkennt man an der Verdrahtung aller
Uhren im Haus zu einem Stern-Netzwerk, mit seiner persönlichen
Uhr als Zentrum. Dahinter steckt der Wille, Einfluss zu nehmen
30
und Steuerung auszuüben. Was er vermittels elektrischer Signalgebung verwirklichte.
Er wandte sich auch vorhandenen Apparaten zu, um sie zu verstehen und zu verbessern, wie Spieluhren, Musikautomaten und
Androiden. Diese gestaltet er zu Simulationen von Versatzstücken
einer perfekten bürgerlichen Welt. Auf der Bühne wendet er sich
wie die späteren Surrealisten dem zu, was hinter den Schleiern des
Sichtbaren und Rationalen liegt und spricht in seinem Publikum
das Unbewusste an. All seine Apparate, bis zum Haus, adressieren die menschliche Psyche. Herkömmliche Bedeutungen finden
sich nur noch als Masken, die etwas verbergen. Technische Eigenschaften werden auf gewohnte Objekte übertragen und verleihen
ihnen etwas geheimnisvoll Animistisches. Im Alltag seiner Zeit
findet er die Anwendung der neuen naturwissenschaftlichen Wissensgebiete nicht bereits im Verborgenen vor, etwa hinter den gesellschaftlichen Auswirkungen einer verdichteten Verwendung von
einer Vielzahl unterschiedlicher Technologien mit ihren Geräten und Dienstleistungen, wie ein, zwei Generationen später, etwa
zur Zeit Sigmund Freuds, der Technologie kritisch gegenüberstand, oder der klassischen Modernisten der Architektur mit ihrer
Technologiebegeisterung. Später wird man nach den Offenbarungen dieser Technologien fragen oder nach Offenlegung ihrer psychologischen, gesellschaftlichen und kulturellen Effekte trachten.
Robert-Houdin hingegen zielt in die entgegengesetzte Richtung,
indem er bewusst die Hyperrealität eines Wahrnehmungsschleiers,
hinter dem seine raffinierten Apparate verschwinden, erzeugt.
Der Illusionist entwickelt Mechanik, Elektrizität, Magnetismus,
Optik und ähnliche Gebieten in eine Richtung weiter, um eine ganz
bestimmte ihrer vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten und Wirkungsarten auszuprägen. Er ließ als Erster einen Menschen auf der
Bühne schweben, präsentierte eine Flasche, die niemals leer wird,
31
oder einen Baum, der auf sein Geheiß erblühte – all dies grenzte
an Wunder. Das Mirakulöse und Unerklärliche rührt vor allem
daher, dass die Erwartungen von Betrachtern nicht erfüllt werden.
Menschliche oder sonstige Interventionen, direkt oder indirekt, sind
nicht auszumachen. Aber wer oder was ist der Agent der Handlung
und stützt, füllt nach, tauscht aus? Robert-Houdin hat die nötigen
Interventionen und Manipulationen rätselhaft, unterhaltsam und
elegant zum Verschwinden gebracht. Ganz als ob der Effekt aus
dem jeweiligen Ding heraus entstünde, als ob es ein eigenes Leben,
eigene Kraft und Intention hätte, aber wie ein Agent gehorsam Robert-Houdins Auftrag ausführte. Dadurch, dass ein Antrieb, eine
Steuerung oder eine Seele seiner illusionistischen Artefakte nicht
nachvollziehbar ist, erhalten sie eigene Bedeutungen durch Simulation, durch Wechselwirkung, durch Verstärkung, wie auch durch
Ephemerisierung – sie sind animiert zu einer Selbststätigkeit ohne
direkt einwirkendes Subjekt oder erkennbare Apparatur.
Im Laufe der Entwicklung seines Werkes steigert er die Verräumlichung bei der Produktion seiner Illusionen, indem er sie erst
in objekthafte Geräte fasst, sie dann in Bühnen integriert und letztlich in seinem Haus immersiv werden lässt. Dort, wohl ohne Absicht und von ihm unbemerkt, unterläuft ihm eine architektonische
Revolution: Die Gestaltung des Repräsentationsaspekts von Raum
wird vom protomodernen Zur-Schau-Stellen zur modernen Funktionalität und dann zur postmodernen Performanz erweitert. Doch
erst vor dem Hintergrund des technischen und medialen Diskurses
der Architektur, etwa in den letzten vierzig Jahren, kann die Arbeit von Robert-Houdin als Teil der Architektur gesehen werden.
Sie wird in vielen zeitgenössischen Themen relevant, wie in Ambient Intelligence, Sentient, Proactive und Responsive Technologies, Ubiquitous Computing und Locative Media oder etwa der
Robotik.
32
»Wer Maschinen benutzt, dessen Herz wird selbst
eine Maschine. Wer aber ein Maschinenherz hat, dessen
Einfalt ist verloren, und er erreicht nicht den Ursprung (Tao).
Nicht, dass ich von solchem Zeug nicht wüsste; ich würde
mich schämen, es anzuwenden.«
Wahrscheinlich Dschuang Dsi, 400 v.Chr.
Abriss
Verblüfft beobachtet der Mann, der wenige Jahre später zum einflussreichsten Illusionisten der Moderne werden wird, wie sich
auf wundersame und unerklärliche Weise ein Gerät in ein anderes transformiert: Ein Wagen wird zu einem Gebäude. Ganz so, als
würde sich eine zentrale Forderung Le Corbusiers für die Moderne
in einem Wachtraum erfüllen: »… ein Haus wie ein Auto, entworfen und durchkonstruiert wie ein Omnibus …«16 Der Illusionist
Robert-Houdin erkennt im Wagen ein Gebäude, der Architekt Le
Corbusier im Gebäude einen Wagen. Erstaunlich daran ist, dass
Robert-Houdins Beobachtung zwei Generationen177 vor den Forderungen Le Corbusiers liegt. Zwar fasziniert den einen die Flexibilität der Veränderbarkeit, wo den anderen die Baubarkeit der Form
begeistert. Doch beide teilen die Überzeugung, dass Veränderbarkeit und Form auf maschinellen Eigenschaften beruhen. Weshalb
beide Ansätze für die Eigenschaften von Maschinen wichtig sind,
wird einer von vielen Themenbereichen sein, die in diesem Essay
angesprochen werden. Le Corbusier versucht die Maschinenhaftigkeit mit seinem Dom-Ino-Konstruktionssystem zu verwirklichen,
das sehr schnell in den Kanon der Architektur aufgenommen wurde.
In seinem invertierten Architekturmodell für die ColòniaGüell-Kirche, macht Antoni Gaudí den Flexibilitätsgrad der Veränderbarkeit, zum Garant für die Baubarkeit der Form. Gaudí
kombiniert in seinem Modell physikalische und mathematische
Eigenschaften. Ziel ist die Standfestigkeit von bislang unbekannten
33
Bauformen. Ihm gelingt es, einen Prozesszusammenhang zu entwickeln, einen Automatismus, der seine Formen stets standfest hält,
was weiter unten näher beschrieben wird. Hier eines schon vorab:
Der in ein Modell gefasste Prozess entfaltet eine eigene Logik und
lässt damit Formen entstehen, die sich Gaudí, zumindest im Detail, zuvor nicht ausgedacht hatte, sich auch nicht hätte ausdenken
können. Bestimmte Konstellationen stellen sich ohne menschliche
Intervention ein, gehen gegen die konditionierten Erwartungen.
Genau das ist auch der Grund, warum er den enormen Aufwand
des komplizierten Modellbaus auf sich nimmt. So steht er am Anfang einer Entwicklung, die die traditionellen Entwurfsmethoden
der Architektur verändert. Das Ergebnis ist ein Bauwerk, das die
traditionellen Erwartungen an architektonische Formen konterkariert – ein Grund, weshalb ihm zu seiner Zeit die Aufnahme in den
Kanon der Architektur verweigert, und er als Außenseiter verstanden wurde.
Le Corbusier andererseits will, um seinem maschinellen Ideal
für ein Gebäude nahezukommen, ein technologisches System
komplementär zu seinem kanonischen Dom-Ino- System entwickeln. Es soll gleichzeitig die Raumtemperatur konstant und die
Luft rein halten, wie weiter unten näher beschrieben wird. Zwar
scheitert er an der Ökonomisierbarkeit der Technologie, aber der
technologische Automatismus des Systems würde funktionieren.
Robert-Houdin löst bei seinen Bühnenauftritten den Zusammenhang von Ursache und Wirkung in Illusionen auf. Damit untergräbt er die psychischen Automatismen der erwarteten soziokulturellen Bedeutung bei seinem Publikum.
Der Blick der Architektur erkennt Form, wo der Blick des Illusionismus Performanz betrachtet. Gaudí nutzt mit seinem Modell
beides. Antoni Gaudí, gefolgt von Le Corbusier, steht deshalb am
Anfang des ersten Abschnitts des Essays.
34
Die genannten Automatismen scheinen natürlich, selbstverständlich oder gegeben zu sein und deshalb auch einer weiteren
Untersuchung entzogen. Dennoch wird in diesem Essay angesetzt
den Schleier des Gegebenen etwas zu lüften. Stellen also diese Automatismen lediglich eine Art sekundären Mechanismus dar oder
sind sie die primäre Funktion zwischen System und Effekt?
In der Medien- und Techniktheorie gibt es zumindest drei große
Gruppen von Ansätzen Technik zu verstehen: die Projektion von
organischen Funktionen, wie etwa Prothesen oder die Vorstellung von Technologie als Superstruktur der Gesellschaft und die
Idee von Emergenz. Doch der Versuch, die Transformation von
Wagen in Gebäude und umgekehrt mit gängigen Konzepten der
Theorie zu fassen, gelingt nicht direkt: Inwiefern wäre dieses Wagen-und-Gebäude eine Prothese, wie es Ernst Kapp und Marshall
McLuhan benennen würden? Oder wo wäre in dem System von
Gerät, Mensch und Nutzung der technologische Überbau der Gesellschaft festzumachen und was sollte der über die Transformation
aussagen, wie es Karl Marx oder Lewis Mumford analysieren würden? Oder aber wie könnte die Eigendynamik der technischen Entwicklung dieses veränderbare Artefakt hervorgebracht haben, wie
das in alltagstheoretischen Überlegungen bevorzugt gedacht wird?
Automatismen sind prägender Teil von Techniken, sie werden
in Körpertechniken und Kulturtechniken realisiert oder realisieren
sich durch Traditionen. Bei Körpertechniken wie etwa Yoga, beim
Nasenbohren oder beim Ankleiden wird erkennbar, wie unbewusste
Reflexe und Gewohnheiten mit bewussten und rationalen Prozessen zusammenwirken, um als individuelle Fertigkeiten bestimmte,
als kulturell sinnvoll oder tabuisiert verstandene Abläufe zu generieren. Bei Kulturtechniken wie Forstwirtschaft, Landwirtschaft
oder Bewässerung wird erkennbar, wie die unsichtbare Hand des
35
Marktes und Muster der Flächenbesetzung mit bewussten und rationalen Prozessen zusammenwirken, um als Verfahren bestimmte,
kulturell sinnvolle Abläufe zu generieren.
Interessanterweise stehen Automatismen also in Widerspruch
zu den Kardinaltugenden18 der Architektur – zu bewusster Gestaltung von Raum, rationaler Planung von geregelten Prozessen und
engagierter Einflussnahme auf soziokulturelle Geschehnisse.
»… Phantasie gibt es nur in der Technik.«19
Gilles Deleuze und Félix Guattari, Tausend Plateaus, 1980
Aufbau
Der vorliegende Essay nimmt die historische Gemengelage des
Werks von Jean-Eugène Robert-Houdin als Ausgangspunkt für
die Untersuchung der zeitgenössischen Verflechtungen von Architektur und Technologien.
Techniken werden als Fertigkeiten und Verfahren in Abläufen
fruchtbar, die nicht unbedingt ein Subjekt brauchen, um verändernd zu wirken. Als integraler Bestandteil von Kulturen kumulieren Techniken zu Technologien und Medien, mit dem Zweck der
Erhaltung, Verifizierung und Differenzierung der Kulturen. Dieses Ansammeln, Speichern und Verschränken von Techniken beinhaltet die Voraussetzungen zu ihren Anwendungen und bewirkt
die unterschiedlichsten Effekte der Systematisierung des Wissens
um Techniken und der Weitergabe dieses Wissens. Technologie
kann so als Kumulation und Vernetzung bei gleichzeitiger kultureller Zurichtung von Techniken verstanden werden. Dabei können
bestimmte Technologien in einem solchen Maß dominant werden,
dass mit ihnen der kulturhistorische Kontext einer Zeitperiode bezeichnet wird, wie etwa »Bronzezeit« oder »Informationszeitalter«.
36
Im vorliegenden Essay werden Technisierung und Technologisierung als permanente kulturelle Transformationen betrachtet, die
aus vielen Prozessen bestehen. Architektur konzipiert und materialisiert sowohl dauerhafte wie auch kurzlebige kulturelle Formen.
Sie gibt hier eine Projektionsfolie für Kultur ab, wobei einige dieser Transformationsprozesse beschrieben werden sollen. Dabei wird
untersucht, wie Techniken, Technologien und Medien in der Architektur wirken. Wie in zwei gegenläufigen Spiralen von Wirkungen
und Rückwirkungen verändern sie Architektur und wirken auf die
weitere Technik-, Technologie- und Medienentwicklung zurück.
Dabei werden die Rückwirkungen breit aufgefächert, da sie in den
Konzepten und Objekten der Architektur mit immer schon vorhandenen Techniken, Technologien und Medien interagieren. Die
dichten Verknüpfungen in diesem multirelationalen Netz in beständiger Veränderung lassen vermuten, dass diese Transformationen in nicht unbeträchtlichem Maße selbstreferenziell sind. Diese
eliminieren oder konditionieren bestehende Automatismen und erzeugen neue, wie etwa Robert-Houdins konditionierte Erwartungen, Gaudis empirische Formentwicklung und Le Corbusiers technischer Prozess. In diesem unregelmäßigen Oszillieren ist Architektur selbst keine isolierte Kultur, sondern in Kultur verwoben und
als solche nur vage definiert. Vor diesem Hintergrund tritt dieser
Essay an, um zumindest einige Stränge dieses Netzes zu fassen, auff
zuknüpfen und zu entflechten. Die somit entstehenden Linearisierungen in einzelne Narrationen werden das Ganze dieser Transformationen, sofern es überhaupt als Ganzes fassbar ist, zwangsläufig
skizzenhaft abbilden – und das in den berührten Gebieten gleichermaßen diachron durch die Zeit wie synchron in der jeweiligen Zeit.
Das wirft die Frage nach der kulturellen Positionierung von Architektur auf: Ist sie eine Domäne, also ein Spezialgebiet, das allerlei
37
kulturelle Anliegen bedient, indem sie willkürlich allerlei Kulturtechniken anwendet, oder ist sie eine kulturelle Sphäre, die als Subkultur ausgebildet ist und dabei spezifische Kulturtechniken entwickelt hat?
Es stellt sich die Frage nach der architektonischen Positionierung von Automatismen, Techniken und Technologie auf: In welcher Beziehung stehen Kultur und Technik, oder wie ist die vielzitierte20 »Schnittstelle von Kultur und Technik« im Bereich der Architektur beschaffen?
Vor welchen konzeptuellen Hintergründen bringt Architektur
Technologie in den Alltag ein, welche Rolle hat der Architekturdiskurs bei der Erzeugung des Kanons? Und welchen Anteil hat Architektur am Prozess, bei dem die Technologisierung der gebauten
Umwelt zu Kultur im gesellschaftlichen Gebrauch wird?
Schließlich ist nach der technisch-technologischen Positionierung von Kultur zu fragen:
Welche kulturellen Veränderungen haben technologische Entwicklungen in Architektur bewirkt und wie haben sie architektonische Konzepte verändert? Was kann man als zeitgenössische technokulturelle Themen der Architektur festmachen?
Diesen Anliegen spürt der Essay in zwei unterschiedlichen Zugängen nach; vermittels »Obsessionen« von Individuen sowie »Achsen
und Rissen« im Architekturdiskurs um in den »Matrizen« ein Resümee über die prägenden Zusammenhänge zu ziehen.
Im ersten Teil werden Obsessionen aufgespürt, die zu bestimmten Zeitpunkten Menschen dazu getrieben haben, die Grenzen des
Üblichen in der Architektur zu überschreiten. Dahinter wird kein
übergeordnetes Ziel oder die kausale Bestimmtheit eines historisch
verbindlichen Korsetts vermutet. Hier wird ein Ansatz verfolgt, der
38
bei diesen Transgressionen des Common Sense der Architektur
die Protagonisten betont, die jeweils neue Ideen ausgeprägt haben.
Hingegen wird eine gewisse thematische Kontinuität in der Evidenz der wirkenden Automatismen gezeigt.
Ausgangspunkte für den Teil »Achsen und Risse« sind die im Teil
»Obsessionen« vorgestellten architektonischen Ideen und soziokulturellen, empirischen und technischen Automatismen. Sie weisen
in allerlei Richtungen und haben teilweise gemeinsame Themen.
Der Diskursraum, das Denkgebäude dieser Obsessionen wird hier
nun wie bei der Vermessung des Inneren eines Gebäudes durch
Grund- und Aufrisse entlang Gebäudeachsen abgebildet. Ziel ist
es, Schwierigkeiten bei der Verwendung von gängigen Konzepten
der Techniktheorie im zeitgenössischen technomedialen Architekturdiskurs zu vermeiden. Die dafür signifikanten Achsen und
Risse gilt es zu skizzieren; solche, die einerseits bestimmte Diskussionsstränge axial ausrichten, und andere, die wie ein Netz von
Rissen bestimmte Verbindungen verunmöglichen, aber auch Felder einfassen und gliedern. Augpunkt21 der Kartierung dieses Diskursraums sind die Automatismen. Die Vermessenheit dieser Auff
gabenstellung, das lebendige Wuchern kultureller Prozesse abzubilden, in die das Diskursgebäude eingewoben ist, stellt sich wie
die Relation von belebtem Gebäude zu den Repräsentationen in
Architekturplänen mit ihren Achsen und Rissen dar. Architektur
wirkt auf die Lebenswelt vermittels der von ihr produzierten mentalen und materiellen Artefakte. Für den Diskurs in diesem Umraum gilt es je eine Position entlang der Achsen und Risse einzunehmen. Will man Architektur in Zusammenhang mit Medien,
Techniken und Technologien konzipieren, bieten diese Achsen und
Risse einen multidimensionalen Raum von Eigenschaften potenzieller Architekturen.
39
Untersucht wird also, wie Architektur vermittels ihres technomedialen Diskurses Technologien in der Lebenswelt realisiert, mit
dem Ziel, die Relationen von Automatismen zu Architektur und
Technologie fruchtbar zu machen.
Im Resümee »Matrizen« werden die Fragenblöcke aus dem »Auff
bau« beantwortet. Konklusion in den »Matrizen« wird eine Hypothese in der Tradition des abduktiven Schlusses sein. Dafür werden
überraschende Beobachtungen, Faszinosa und Verwunderungen
über den Essay hin in eine systematische Assemblage gefasst. In
aller Kürze: Die kulturelle Sphäre Architektur kontextualisiert Automatismen aller Art in die private wie öffentliche Lebenswelt; das
sind etwa physikalische, physiologische, ökonomische, empirische,
technische, technologische und soziale sowie kulturelle. Architektur trägt zur Sinnstiftung für Individuen wie für Gesellschaft bei
vermittels der wechselseitigen Verschränkung von gebauter Umwelt, Technologien, Techniken und soziokultureller Bedeutung.
40
Obsessionen
Jorge Luis Borges hat in den »Inquisitionen«, seiner Begeisterung
für Kafka folgend, eine Untersuchung22 seiner Vorläufer unternommen. Erst stellt er fest, dass es ohne Kafka das komplexe Prädikat
kafkaesk nicht hätte geben können; gut. Aber er überrascht sich bei
dem Vergleich selbst, denn vielmehr wäre auch unabhängig davon
diese einzigartige Obsession für bestimmte Eigenschaften und Atmosphären nicht geprägt worden. Borges gibt in »Kafka und seine
Vorläufer« eine chronologische Reihe von »verschiedenen Literaturen und Zeitaltern« an. Er nennt die Kriterien seines Vergleichs
Kafkas »Gepflogenheiten«, die er schlicht »Form« und »Ton« nennt,
und hebt besonders hervor, dass darüber hinaus keine Vergleichbarkeit existiert. »Dieser letzte Umstand ist der wichtigere. In jedem
einzelnen dieser Texte finden sich mehr oder minder deutlich Kaff
kas Eigentümlichkeiten, aber wenn Kafka nicht geschrieben hätte,
würden wir sie nicht wahrnehmen; das heißt, sie würden nicht
existieren.« Nebenbei sei bemerkt, dass Borges hier implizit auch
einen kulturellen Automatismus beschreibt, der im Diskurs wirkt,
welcher später im Essay im Teil »Achsen und Risse« zum Tragen
kommt. Doch zuvor soll ausgeführt werden, wie durch den Einsatz
von Technologien die Rollen von menschlichen Agenten im Konzept, im Entwurf oder in der Verwendung von Architektur ausgerichtet oder eliminiert werden, durch das Operativsetzen von Automatismen – wiewohl es menschliche Protagonisten sind, die mit
ihren Vorstellungen kulturelle Entwicklungen antreiben.
Hier werden keine verbindlichen historischen Zusammenhänge
nahegelegt oder Einordnungen konstruiert. Automatismen sind
das Gemeinsame an den Obsessionen, ansonsten sind sie sehr unterschiedlich und ihre Differenzen sollen keinesfalls eingeebnet
werden. Wie auf einer »promenade architecturale« werden bestim41
mende Ideen der Umsetzung von Automatismen in Techniken und
Technologien vermittels Architektur vorgestellt, Projekte, ob realisiert oder unrealisiert, die sich nicht scheuten, die avanciertesten
Techniken und Technologien ihrer Zeit entweder extensiv einzusetzen oder konstitutiv für ihre architektonische Idee zu verwenden, etwa indem versucht wurde, eine wünschenswerte zukünftige
Gesellschaft zu antizipieren. Weiters sind Projekte interessant, die
antraten, Technologien radikal weiter- und umzudenken oder die
Vorstellung, wie sie in Architektur einzusetzen sind, zu verändern,
etwa indem versucht wird, neue Aspekte des menschlichen Lebens
zu erschließen.
1880 –1926, Diagramm der algorithmischen
Morphologie; Antoni Gaudís Krypta
Trotz der Vielfalt in der zeitgenössischen Architektur wird das
Thema Morphogenese fast ausschließlich durch den Einsatz von
Computertechnologie zugänglich. Gewissermaßen als Vorläufer
derartiger Werkzeuge und der ihnen eingeschriebenen Methoden beschäftigte sich Antoni Gaudí schon ab den 1880er-Jahren
bauend mit dieser Problematik. Dabei interpretierte der katalanische Architekt den tradierten Typ der gotischen Kathedrale in der
Form von liturgischen, distributiven und konstruktiven Diagrammen, um deren morphogenetischen Spielraum auszuloten. Ausgehend von der Formfindung für eine spezifische Kirche verallgemeinerte er seinen Ansatz zu einer Methode der Morphogenese. Sieben Jahre nach seinem Tod schrieb Salvador Dalí in der Frühphase
des Surrealismus zu Gaudís Werk: »… können wir staunend feststellen, dass jedes Element, und sei es das angeborenste, am meisten von der Vergangenheit ererbte, in seinem innersten funktionalistischen Wesen zutiefst erschüttert wird.«23 Diese Meinung unter42
stützt Dalí mit der Beschreibung: »Grandiose schräge Säulen von
mittlerer Größe, die wie die ermatteten Hälse schwerer Wasserköpfe außerstande sind, sich aufrecht zu halten, tauchen mit der bis
dahin unbekannten fotografischen Bemühung um Augenblicklichkeit erstmals in der Welt der harten Wogen gemeißelten Wassers
auf.«24 Gaudís Einfluss reicht in der Architektur bis heute weiter,
etwa durch Le Corbusiers Wallfahrtskirche Ronchamp oder Pier
Luigi Nervis Palazetto dello Sport.
Der Gönner Gaudís, der Textilfabrikant Eusebio Güell i Bacigalupi,
beauftragte eine Kirche für die Arbeitersiedlung bei seiner Fabrik
in Santa Coloma de Cervelló (»Heilige Taube«, als Sinnbild des
Heiligen Geistes), heute ein Vorort Barcelonas. Aus dem anscheinend bescheidenen Auftrag für den Entwurf und Bau einer kleinen Kirche entstand in einem langen Prozess zwischen 1898 und
1908 das kohärenteste Zusammenwirken aller Ebenen, das Gaudí
je in einem Werk realisierte. Zu dieser Zeit arbeitete Gaudí bereits
am Entwurf seines Hauptwerks, der Kathedrale Sagrada Familia
in Barcelona. Mögliche Lösungen für Probleme im Entwurf für
die Kathedrale konnten an der kleinen Kirche getestet werden. Er
entwickelte seinen Entwurf der kleinen Colonia-Güell-Kirche anhand eines Modells aus hängenden Schnüren, die zu einem räumlichen Netz verknotet und mit Gewichten belastet wurden. Dieses
konstruktive Diagramm wurde als Hängemodell der zu entwerfenden Kirche bezeichnet. Inspiriert durch die in Europa damals allgemein unbekannte Formensprache nordafrikanischer Lehmziegelbauten, deren gekurvte Konturen aus rektangulären Grundelementen gemauert waren, entwickelte er eine Tragkonstruktion zur
Weiterentwicklung dieser Formen.
Mit dem Ausdruck einer ungewöhnlichen Formensprache sollte
die kleine Kirche aus einem traditionellen Grundrisstyp als dis43
tributives Diagramm mit bekannten Elementen wie Längsschiff,
Querschiff und Vierung gebildet werden. Jos Tomlow, der Gaudís
Hängemodell Mitte der 1980er rekonstruierte, schreibt: »Es gelang
dem Architekten, mit der fast symmetrischen Grundrissanordnung, den senkrechten Stützen und den sich aneinander reihenden
Bögen, trotz der räumlichen Komplexität, Rhythmus und Kontinuität in den Raum zu bringen. Durch Wiederaufnahme und Variation der traditionellen Bauformen (Kuppel, Stütze, Bogen) wird
der Betrachter mit der neuen Formenwelt, die sich in diesem Entwurf entfaltet, vertraut gemacht.«25 Diese Raumkonzeption hatte
Gaudí schon bald nach 1884 für den Entwurf der Sagrada-Familia-Kathedrale gefunden, lange bevor er sie auf die Colonia-GüellKirche anwandte. Der Bau von Santa Coloma wurde 1914 wegen
Geldmangels und des Todes des Gönners unvollendet abgebrochen. Lediglich die Krypta war fertiggestellt und dient noch heute
als Kirche. Nach 1914 widmete sich Gaudí nur noch dem Entwurf
und Weiterbau der Sagrada-Familia-Kathedrale. Gaudí stellte sich
bei seinem modellbasierten Entwurf für die Colonia-Güell-Kirche
teils ideelle, teils materielle Vorgaben. Zwei ihm eigentümliche architekturtheoretische Betrachtungen, die der Gotik und jene der
Tragwerksanalyse, können als prägende Einflüsse für die Eigenart
des Entwurfsprozesses festgemacht werden.
Eugène Viollet-le-Duc definiert das konstruktive Skelett eines Gebäudes als dessen Struktur. Von dieser Prämisse leitet er ab, dass
die Essenz eines architektonischen Stils, im Besonderen der Gotik,
dessen Struktur sei. Er schlägt vor, diese Struktur weiterzuentwickeln und sozusagen zu idealisieren.26 Viollet-le-Duc vermutete in
seinen theoretischen Schriften, dass in der Gotik die Wandpfeiler überdimensioniert waren.277 Seine bevorzugte gotische Kathedrale war Notre Dame in Amiens. Eine der vielen Besonderhei44
Abb. 2
Übermalte Fotografie des Hängemodels, Antoni Gaudí ca. 1908 –1915
ten28 dieses Bauwerks war seine ungewöhnlich kurze Bauzeit 1219–
64. Schon aus diesem Grund ist die Kathedrale von Amiens im
Vergleich zu vielen anderen relativ einheitlich und kann als Beispiel eines kohärenten gotischen Systems betrachtet werden. Dieses System ist Ergebnis eines Abstraktionsprozesses, der vielfältige
Einflüsse auf das Bauwerk einbezieht – soziale, politische, religiöse,
wirtschaftliche, konstruktive –, und das innerhalb einer relativ kur45
zen Geschichtsperiode, welche die historische Herausbildung der
gotischen Formensprache prägten. Innerhalb eines solchen Systems stellt nicht nur die Kathedrale selbst einen Bautyp vor, auch
der Grundriss, die Konstruktion oder die Ornamentik bilden ihrerseits Typen ab. Wie alle Bautypen bleiben sie als Referenzkonzepte
eher vage und sind holistisch offen definiert.
Gaudí nahm Viollet-le-Ducs Gedanken auf und setzte sich
zum Ziel, die Gotik fortzuführen und konstruktiv zu vollenden. Im
Weiterdenken des Ansatzes versucht er die Tragstruktur einer typischen gotischen Kirche zu verallgemeinern. Zur entscheidenden
konstruktiven Frage für die Standfestigkeit wird dabei die Bewältigung der horizontalen Kräfte, die es durch raffinierte Konstruktion zu minimieren gilt. Bei gotischen Kathedralen stammen sie
vor allem aus dem Schub von Gewölben und Kuppeln, der hauptsächlich durch die Strebebögen auf die Strebepfeiler verlagert wird.
Etwa 160 Jahre vor Gaudís Arbeit am Entwurf der Colonia-GüellKirche wurde ein zweidimensionales Modell vom Schnitt der Petersdomkuppel erstellt, und zwar zum Zweck ihrer Restaurierung,
also aus analytischen Gründen. Der Kraftverlauf der Kuppel wurde
als Kettenmodell dargestellt.29 Gaudí baute mit seinem Ansatz auf
diesem bereits vorhandenen Konzept des Kettenmodells auf, indem
er es zu einem dreidimensionalen Modell für den Entwurf weiterentwickelte. Bei vielen zugbeanspruchten Konstruktionen stellen
sich bei Verwendung von weichem, verformbarem Material Optimalformen ein. Diese Selbstbildungsprozesse von Form erfolgen
unter dem Einfluss von inneren und äußeren Kräften. Auf druckbeanspruchte Konstruktionen wie in Gaudís Fall sind solche Methoden nur bedingt übertragbar, da sie aus harten Materialien zu
bauen sind. Ihre Formgesetzmäßigkeiten führen nicht unmittelbar
zu Minimalkonstruktionen, sondern liefern nur Kriterien zur ana46
lytischen Beurteilung gedachter oder vorhandener Formen. Gaudí
entwickelte daher eine Analysemethode zu einer generativen Methode weiter. In einem dreidimensionalen Modell, dem Hängemodell, suchte er die statische Gleichgewichtsfigur für die gesamte
Konstruktion eines Gebäudes.30 Mit dessen Hilfe erarbeitete er
die Verallgemeinerung des konstruktiven Diagramms einer gotischen Kathedrale. Gaudí gelang es, Strebepfeiler zu vermeiden, die
er als »Krücken«31 abqualifizierte. Mit der ultimativen Umsetzung
dieser Ideen löste Gaudí nicht nur ein jahrhundertealtes konstruktives Problem, sondern eröffnete einen völlig neuen Spielraum für
die Morphogenese räumlicher Konstrukte. Das Hängemodell wird
dabei als ein konstruktives Diagramm eingesetzt, weil es plastische
Eigenschaften aufweist, die es im vielschichtigen Entwurfsakt der
Morphogenese zu steuern gilt.
Gaudís konstruktiv-architektonische Absichten wurden als Modell aus Schnüren und Gewichten gebaut. In einer Bauhütte stellte
Gaudís Modell der Colonia-Güell-Kirche, von der Decke hängend,
die Stützlinien als ein textiles Netz in 180° Drehung um eine Horizontale dar. Im Längenmaßstab 1:10 war es vier Meter hoch und
sechs Meter langg32. Der konstruktive Aufwand entsprach einer hierarchischen Gliederung von lastend und belastet: Die Fäden der
Stützen und Hauptbögen sind belastet durch die Fäden der Wände
und Gewölbe, sie sind belastet durch die Rippenflächen. Die äußeren, dominanten Belastungen sind in Gestalt von Säckchen berücksichtigt, die mit Bleischrot gefüllt wurden. »Gaudí übergab die
so erschöpfende Arbeit (Bearbeitung des Modells) dem Architekten Jose Canaleta und dem Elsässer Ingenieur Eduardo Goetz
(Maschinenbauingenieur). Der letztere war ein meisterlicher Rechner, dessen Dienste sich Gaudí auch bediente, um seine originellen
Methoden für die schnelle Statikberechnung zu entwickeln.«33 An
47
optimale Lösungen musste man sich empirisch auf den verschiedenen Ebenen des Entwurfsprozesses herantasten. Nicht nur algorithmische Regeln für die Definitionen der einzelnen Modellteile
mussten entwickelt werden, sondern genauso Algorithmen für die
Bearbeitung ihrer Relationen.
Für die Bauführung fertigte man Kalkulationsskizzen und Pläne
zur Ermittlung der Formen, der Querschnitte und Längen von
Bauteilen an. Ob Gaudí die Startwerte mit grafisch-statischen Methoden oder aus Erfahrung freihändig skizzierte, ist nicht überliefert. Skizzen für einzelne Bauteile, etwa einen Bogen, wurden als
Ausführungszeichnung mit Maßangaben angefertigt. Die an den
Modellfäden gemessenen Belastungsdaten wurden zur Erstellung
des Steinsortenplanes verwendet, und für die Punkte der Lastabtragung erstellte man mittels Projektion einen Koordinatenplan,
der das distributive Diagramm des Grundrisses justierte.
Belastungen wurden aus den Bauteildimensionen und dem spezifischen Materialgewicht errechnet. Deshalb mussten Dimensionen und Materialien in einem sehr frühen Entwurfsstadium feststehen. Diese Festsetzungen und die fortlaufende Überprüfung
ihrer Richtigkeit im Modell sind vordergründig ein Iterationsprozess zur Optimierung des Tragverhaltens.34 Die aus den Bauwerksbelastungen resultierenden Querschnitte von Bauteilen wurden rechnerisch ermittelt, während sie im Modell nur angedeutet
waren. »Die Gewichtsberechnungen müssen so genau sein, dass
die dargestellte Stützlinie im Hängemodell so weit mit der Stützlinie im Gebäude übereinstimmt, dass keine Zugspannungen im
Material auftreten. Zusätzliche Lastbedingungen wie Windkräfte
und veränderliche Lasten (Einrichtung, Besucher) müssen in diese
Überlegungen einbezogen werden.«35 Dieser Iterationsprozess war
wahrscheinlich die zeitraubendste und schwierigste Aufgabe innerhalb der Entwurfsmethode. Doch die Fäden repräsentieren ledig48
lich die Bereiche, wo Kräfte aus architektonischen Gründen verlaufen sollen, die statisch disponibel waren. Wie darüber hinaus die
Fäden zu Bauteilen gestaltet werden und wie sie Räume ausformen,
ist nur eine weitere von vielen Entwurfsebenen, deren Kohärenz
der Architekt zu garantieren hatte.
Das wichtigste Medium zur Kontrolle der sich algorithmisch
fortentwickelnden Morphogenese der Diagramm-Manipulation
des Entwurfs waren Fotografien. Der Bildhauer und Fotograf Vicens Villarrubias arbeitete mit Negativen von 9 × 12 cm bei konstanten Standpunkten an der »bis dahin unbekannten fotografischen
Bemühung um Augenblicklichkeit«. Das Modell wurde für die
Aufnahmen speziell präpariert. Die Ballastsäcke wurden getarnt,
und um Kontraste zu erzeugen, wurde das Fadenmodell mit Stoffff
bahnen ausgekleidet. Mithilfe der Fotografien war Gaudí in der
Lage, Entwurfsvarianten zu vergleichen. So entstanden perspektivische Darstellungen mit der gleichen Absicht, wie heute Renderings eingesetzt werden. Durch Übermalung der Fotografien arbeitete Gaudí die initialen Raumkonfigurationen weiter aus. Die
Übermalungen waren dann die Vorgaben an die Weiterentwicklung des Fadenmodells um einen weiteren Schritt. Dann wurde das
Modell für einen nächsten Bearbeitungsdurchgang fotografiert.
Wie bei jedem Entwurfsprozess stellt sich auch hier die Frage:
Wenn zumindest potenziell unendlich viele Entwurfsschritte gemacht werden können, wenn der algorithmische Prozess unendlich lange das plastisch gemachte Diagramm des Typen zu immer
neuen Formen treiben kann – wann aufhören? Wann ist eine auf
einer ausreichenden Basis fundierte Entwurfslösung erzielt worden? Wann sind die Ebenen einer Morphogenese kohärent?
Neben dem konstruktiven Aspekt gehen allerlei architektonische
Vorstellungen in den algorithmischen Prozess ein, mit dem das
49
Modell fortentwickelt wird. Gaudí wollte die Gotik vollenden und
nicht einfach nur konstruktive Möglichkeiten zur Vermeidung der
Strebepfeiler entwickeln. All dies stellte er als seine architektonischen Vorstellungen in den Dienst der Realisierung einer ideologischen Interpretation religiöser Inhalte. Denn die unkonventionellen Formen der Arbeiten Gaudís waren unbelastet von traditionellen Assoziationen und Bedeutungen. So konnten neue
Bedeutungen auf sie projiziert werden, entweder als Naturanalogien oder als Ausdruck politischer und ideologischer Interessen.
Das machte diese Formen für die damalige katalanische Separatismusbewegung interessant. Diese war der katholischen Kirche
verpflichtet und wandte sich gegen die zentrale Staatsmacht Spaniens in Madrid. Gaudí selbst bekannte sich zum katalanischen
Nationalismus und war ausgeprägt religiös. Gaudís eigentümlicher Stil wird architekturhistorisch der »Modernidad« zugeordnet
und wurde von seinen Zeitgenossen als ein Ausdruck der Selbstständigkeit Kataloniens verstanden. Unter anderem entwickelte
er einen Ausdruck für religiöse Bedeutung in der Übereinstimmung von Tragkonstruktion und Symbol. Die tragende Konstruktion des Portikus besteht aus einem System von gemauerten polygonalen Bögen. Die dreieckigen Felder zwischen den Bögen sind
mit HP-Flächen (Abschnitte eines hyperbolischen Paraboloides)
aus Flachziegeln ausgefüllt. Die Putzflächen an der Unterseite sind
mit Kachelstücken verziert, die in der Mitte ein Kreuz aus den beiden geometrischen Erzeugenden der Fläche bilden. Gaudí transponiert geometrische Relationen in Form und Inhalt der gottesdienstlichen Feier und beschreibt sein liturgisches Diagramm als
Verweis auf die Weihe der Kirche von Santa Coloma, dem Sinnbild des Heiligen Geistes, als Einheit der Trinität: »… hyperbolisches Paraboloid, Hyperboloid und Helikoid. […] Die erste dieser Flächen könnte die Trinität symbolisieren, während die zweite
50
das Licht und die dritte die Bewegung darstellt. Das hyperbolische Paraboloid wird durch eine gerade Linie erzeugt, die an zwei
anderen Linien entlanggleitet. Wenn wir uns die drei geraden Linien endlos vorstellen, kann die erste den heiligen Geist symbolisieren, welcher die Einheit von Vater und Sohn ist, die durch die
beiden anderen geraden Linien dargestellt werden. Die endlosen
drei Linien formen eine Trinität, die eins ist, unteilbar und unbegrenzt – Eigenschaften, die mit dem Wesen der heiligen Trinität
zusammenfallen.«36
Gaudí vollendet die Gotik mit einer neu geordneten Kohärenz
zwischen Liturgie, Distribution und Konstruktion.
Mit der Fortentwicklung seiner Methode der Morphogenese mithilfe des Hängemodells gelingt es Gaudí, die Stabilitätsprobleme
der gotischen Konstruktionstypen über Viollet-le-Ducs Vorschläge hinaus zu bewältigen. So wurde die von diesem vorgeschlagene schräggestellte Stütze erstmals in der Colonia-Güell-Kirche
ausgeführt. Gaudí entwickelte aber noch eine weitere Alternative
mit der verzweigten Stütze, die er für die Sagrada-Familia-Kathedrale zur Baumstütze weiterentwickelte und welche zu einem
der wichtigsten stilbildenden Bauteile der High-Tech
-Architektur
wurde. Die Wände finden sich im Modell als eine Andeutung paralleler Fäden, die in der Projektion gewundene oder eckige Anordnungen haben. So entstand die wahrscheinlich erste Ausformung
von Faltwerken als Wänden. Sie geben den höheren Partien des
Gebäudes die erforderliche Steifigkeit. Kräfte konzentrieren sich
in diesen Wänden in den Ecken, diese sind weniger durch Ausknicken gefährdet. Die Eckkanten sind in Ziegeln, die Flächen in
Schlackensteinen gemauert. Auch wurden aufgrund der Morphogenese mittels Hängemodell erstmals HP-Schalen als Gewölbekonstruktionen in Gebäuden eingesetzt.
51
Doch die Schwierigkeiten der Umsetzung seines Hängemodell-Entwurfes dürfte Gaudí, nach den frühen Entwurfsphasen
zu urteilen, unterschätzt haben. Aufgrund der Konstruktion traten besonders viele Probleme erst während der Bauarbeiten auf.
Trotzdem gelang es Gaudí, alle ihm notwendig erscheinenden Abbruchbedingungen für den iterativen Entwurfsprozess in seine Arbeitsmethode zu integrieren und somit seine Intentionen zu verwirklichen. Im Projekt der Colonia-Güell-Kirche wurde der baubegleitende Entwurf zum Programm, zumal auch Lösungen für
die Kathedrale gesucht wurden. Gaudí meisterte auch die selbst
gestellte Herausforderung, mit rektangulären Grundelementen gekurvte Formen zu erzeugen – ein Grund unter mehreren, warum
Gaudí in der ersten Phase der Moderne als drittklassiger Architekt und mystischer Außenseiter kanonisiert wurde. Denn er setzte
für seine neuen Formen die traditionellen kleinteiligen Materialien
Ziegel und Stein ein, statt den modernen Beton; auch besteht seine
Entwurfsmethode in einer Verkomplizierung statt einer Vereinfachung der Bauaufgaben.
Detailproblemen, die am Modell rechnerisch oder zeichnerisch
nicht zufriedenstellend bewältigt werden konnten, stellte man sich
bauend. Das gelang nur, weil sich der Architekt auf eine besonders
hoch entwickelte Tradition von handwerklichen Fähigkeiten der
katalanischen Maurer stützen konnte. In beharrlichen Versuchen
wurden gemeinsam mit den Maurern diese Probleme auf der Baustelle gelöst – oft in Abweichung von den Detailentwürfen. Nach
den großen Problemen in der Entwicklung des Colonia-Projektes wurden die Bauteile der Sagrada-Familia-Kathedrale nicht mit
einem Hängemodell, sondern grafisch-statisch ermittelt. Es gelang
Gaudí nicht, sein Modellverfahren so weit zu entwickeln, dass das
Tragverhalten von Flächen über eine Vereinfachung hinaus darstellbar wurde. An der Lösung dieses Problems wird auch heute
52
noch gearbeitet. Er war allerdings erfolgreich, als es darum ging,
horizontale Druckabtragungen mit Hilfe des horizontalen Fadens
im Modell zu nutzen.
Trotz der Schwierigkeiten ist dieser Zugang durch die Methoden des Computer Aided Design (CAD) zur alltäglichen Praxis geworden. Computerprogramme zur Formfindung simulieren
heute konstruktive Systeme nach den gleichen Grundprinzipien.
Beispielhaft betrachtet, zeigt Gaudís Entwurfsvorgang, wie Architekturtheorie und Architekturpraxis ineinandergreifen können,
um völlig neue Vorgangsweisen zu entwickeln. Dies gilt, obwohl
die Methode erst durch den Computereinsatz effizient anwendbar
wurde. Die algorithmischen Eigenschaften des diagrammatischen
Zugangs zur Morphogenese machen die holistisch offene Definition eines Typen, als offenes kreatives System von Methoden, kontrolliert formbar. Gleichzeitig eröffnen sich nun damit aber auch
die Möglichkeiten, den Akt der Morphogenese zu rationalisieren
und im Computer maschinell zu automatisieren. Somit kann Gaudís Methode als direkter Vorläufer sowohl der parametrischen Architektur der zeitgenössischen Avantgarde als auch physikalischer
Simulationssoftware gesehen werden, mit der heute digitale Morphogenese377 betrieben wird.
Als räumlicher und materieller Graph von liturgischen sowie distributiven Vorstellungen und physischen Kräften ist das Hängemodell ein Diagramm spezifischer Konstruktions- und Grundrisstypen. Vermittels der plastischen Eigenschaften des Diagramms, die
als algorithmisches Regelwerk in unterschiedlichen Ebenen des
Entwurfsprozesses geordnet wurden, war die Möglichkeit geschaff
fen, Vorstellungen und Kräfte miteinander in ein permanent kontrolliertes und gleichzeitig steuerbares Fließgleichgewicht zu bringen. Dieser delikate Balanceakt vielfältiger Einflüsse arbeitet mit
53
dem sinnlich Unzugänglichen, wie einer Ideologie, der Bedeutung von Symbolik, der kulturellen Konnotation von Typologien,
der Abstraktion von Gewichten und der Vielfalt ihrer möglichen
Kohärenzen zueinander. Langsam, über viele vage Stadien, bringt
das variierte Balancieren des Fließgleichgewichts das sinnlich Erfahrbare zum Vorschein. Wie etwa in der Oberflächigkeit bewegter,
hochstrebender Räume, in bunten, sprechenden Ikonen als Atmosphäre für die körperlichen Zustände des Durchschreitens, Ruhens,
Schauens, für die ideologische Indoktrination und religiöse Konzentration.
Nicht nur den frühen Modernisten, sondern auch dem Publikum
war die Arbeitsweise wahrscheinlich widersinnig und umständlich
erschienen. Ein voluminöser Massivbau wurde über das Gespinst
einer Raum-Linien-Struktur entworfen. Darüber hinaus sollte dem
Volumen selbst, vermittels Manipulation des Verlaufs dieser unsichtbaren Kraftlinien, Form gegeben werden. Die Abstraktion vom
Gewicht einzelner Bauteile in Kräfteverläufe liegt nicht im Bereich
dessen, was an einem Gebäude sinnlich wahrnehmbar ist. Dass der
Verlauf dieser Kräfte, der Schwerkraft spottend, gekurvt und sogar
horizontal strömen kann, schien der sinnlichen Wahrnehmung von
einem Gebäude zusätzlich zu widersprechen.
Indem das holistische Konzept des Typen im Diagramm nicht
nur abgebildet, sondern auch algorithmisch manipulierbar gemacht wird, ist eine Plastizität erzeugt, die auf das Unanschauliche
verweist, welches die anschauliche Realität verändert. Die Plastizität legitimiert diese andere Realität, die unsichtbar, ungreifbar
und doch mannigfaltig verflochten mit der tradierten Realität der
allgemeinen Übereinkunft existiert. Indem Gaudís Morphogenese
weit über utilitaristische Zwecke hinausreicht und dieses Andere
sichtbar und greifbar macht, ist sie gleichermaßen für religiöse
54
wie surrealistische Inhalte interessant – was Salvador Dalí 1933 als
Veranschaulichung der Erschütterung des »innersten funktionalistischen Wesens«38 der Architektur erkennt. Im Architekturdiskurs
dieser Zeit erlebte der Funktionalismus eine erste Blüte, bei der
er vom ethischen Prinzip der Entwurfshaltung zum ästhetischen
Prinzip des Entwurfs selbst erweitert und aufgewertet wurde.
Seine Reflexionen über Gaudí wird Dalí vier Jahre später auf der
New York World Fair 1939, bauend, malend und inszenierend, als
Pavillon »Dream of Venus« veranschaulichen. Dieser wird zu einer
der ersten Kunstinstallation in vollem Maßstab und integrierte außerhalb eines Galerieraumes Ton und Performance zu einem Vorläufer der Multimediakunst. Um den Funktionalismus in Architektur und Gesellschaft zu erodieren, formuliert Dalí im Paradox »der
Welt der harten Wogen gemeißelten Wassers«39 positiv die stringente Kohärenz von Gaudís Morphogenese mittels Typ, Algorithmus und Diagramm im nur augenscheinlichen Widerspruch zum
onirischen – auf den Traum bezogenen – Charakter seiner Architektur.
Der Architekt Antoni Gaudí realisiert das erste generative Projekt der Architektur. Konstruktion ist nicht mehr als additive und
hierarchische Verteilung von Elementen gedacht, sondern als synergetisches zusammenwirken in einem Netzwerk. Dabei bleibt
die Idee vom Netzwerk lokal und auf einen einzigen Zustand der
vielen möglichen Zustände aus dem Fließgleichgewicht gedacht.
Seine Arbeit steht am Beginn von Entwicklungsrichtungen zu spezialisierter Hard- und Software, Computersimulation und dem parametrischen Design. Gaudí invertiert die traditionelle Idee, dass
die Kräfte in einem Bauwerk der intendierten Form folgen, dahingehend, dass die Form den intendierten Kräften folgt. Seine neuen
Formen bekommen Bedeutungen aus der christlichen Tradition
und konservativer Ideologie übertragen. Sein Modell sammelt und
55
instrumentalisiert Prozesse, die miteinander selbsttätig in Wechselwirkung treten und stabile wie gleichzeitig effiziente Konstruktionen ermöglichen. Damit wird der Prozess der Entwicklung von
Architektur neu organisiert und Teamarbeit von Spezialisten notwendig.
1920er und -30er Jahre, Trinität der Leere;
Le Corbusiers Standards
»We are at the dawn of the machine age«, verkündete in den
1920er-Jahren
ein revolutionärer Prophet, der sich Le Corbusier
nannte, in seinem Text »Urbanisme«. Er hatte erkannt, dass es der
neu entstehenden Folklore vom Maschinenzeitalter an einer Ikonografie fehlte. Die entwickelt er als ein Amalgam aus Erkenntnissen der Populärwissenschaften seiner Zeit und den zeitlos verstandenen Gesetzen der Kosmologie. Genau die Spannweite dieser
Begriffe ließ Charles Jencks auf eine Doppeldeutigkeit hinweisen:
Der Titel von Le Corbusiers Magazin »L’Esprit Nouveau« hätte
durchaus auch ganz esoterisch als »Die Neue Spiritualität« übersetzt werden können.40
Für viele Menschen stand und steht »die Maschine« als Ikone
für Unterdrückung, Ausbeutung und Einschränkung. Die Begeisterten und ihre Propheten erwarteten allerdings von Technologie
das genaue Gegenteil: die Befreiung des Geistes und der Kreativität durch die Abgabe von schwerer körperlicher oder geisttötender,
wiederholender Arbeitsschritte. Wie das zu erreichen sei, schien
eine Frage der richtigen Interpretation von Eigenschaften und
Wirkungen von Maschinen zu sein.
Oberstes Gesetz einer Avantgarde ist es, die grundlegenden Prinzipien des jeweils leitenden Regelsystems einer Periode zu brechen
56
und später, wenn möglich, zu ersetzen. So erschien Le Corbusier
die tragende Massivwand vor dem Morgenrot des heraufdämmernden Stahlbetonskelettbaus als gleichermaßen naiv wie primitiv. In
einem Vortrag an der Sorbonne erklärte er 1926: »But now a house
can be built of a few reinforced posts … leaving total voids in
between … What good is it, I ask, to fill this space up again, when
it has been given to me empty?«41 Doch auch der Revolutionär war
der traditionellen Meinung, dass die erste Aufgabe der Architektur
die Konstruktion von Schutz, die Schöpfung eines bewahrenden
Hortes sei. So wurde es dringend notwendig, die Qualitäten einer
Massivwand auf ein Betonskelett zu übertragen, und mehr noch
– um den Aufwand zu rechtfertigen – sollte die traditionelle
Bauweise übertroffen werden. Vorerst verbal-aggressiv, wird der
Regelbruch später auch in Realisierungen begangen. Was verbal
als ein heftig geführter Kulturkampf erscheint, wird für Avantgardisten in der Welt der Materialisierung und Ökonomie zwangsläufig zur Forschung und Suche nach neuen Möglichkeiten.
Experimentieren ist somit die zweite Pflicht der Vorkämpfer und
Pioniere.
Reyner Banham beschrieb diese kritische Phase in Le Corbusiers Entwicklung: »It is obvious that by 1930 he was becoming
conscious of what he had done, what environmental qualities had
been mislaid in his attempts to abolish the load bearing wall. He
was to discover now, any number of good reasons ›to fill this space
up again when it has been given to me empty‹«.42 Die Herausforderung bestand nun darin, die vielen verschiedenen Eigenschaften
von Schutz und Komfort auf die geforderte zeitgenössische Art zu
erreichen, indem die Gebäude maschinenhaft werden.
Für den International Style machte Le Corbusier eine Trinität von Tragen, Trennen und Lüften populär: Komplementär zum
lastabtragenden Konstruktionssystem »Dom-Ino« standen das
57
Abtrennen mit dem Prinzip des »mur neutralisant,« der neutralisierenden Mauer, und das Belüften nach dem Prinzip der »respiration exacte,« der exakten Ventilation. Das Dom-Ino-Konstruktionsprinzip, übernommen von US-amerikanischen Bauingenieuren, hatte die lastabtragende Wand zugunsten von
Stützen verschwinden lassen. Darin findet er eine Balance zwischen Repräsentationseigenschaften und performativen Qualitäten des architektonischen Raums und liefert damit eine Verallgemeinerung der Frage, ob Form oder Kräfte primär sind, durch
rationale Standardisierung. Dabei entstanden enorme Probleme,
etwa für die bauphysikalischen Qualitäten einer Wand, bei gleichzeitig gesteigerten gestalterischen Freiheiten. So erzwangen diese
Entwicklungen vor allem einen sehr hohen Forschungsbedarf, um
die verlorenen Qualitäten wiederzugewinnen und schließlich zu
übersteigen. Durch das Ausschalten jeglicher Redundanz der traditionellen Wandkonstruktion war auch das Potenzial an Synergie verloren gegangen, indem ein Bauteil aus weitgehend homogenem Material Lastabtragung, Anschluss der raumtrennenden
Bauteile und bauphysikalische Eigenschaften erfüllte. Die Probleme der Raumabgrenzung mussten hochdifferenziert bearbeitet
werden, um die verlorenen Qualitäten in separierten Elementen
erfüllen zu können.
Der »mur neutralisant«, die »neutralisierende Mauer«, sollte das
Außenklima mittels aufbereiteter Luftströme in einer zweischaligen Wand neutralisieren. Die Qualitäten des »space that has been
given to me empty« sollten erhalten bleiben. Diese Wand war in
den Materialien Glas oder Stein gedacht. Unabhängig vom jeweiligen natürlichen Klima einer Region schlägt Le Corbusier vor:
»… one single building for all nations and climates, the house with
respiration exacte.« Da für den »mur neutralisant« keine Elemente
zum Öffnen gedacht waren, musste ein weiteres Konzept unter58
Abb. 3
Cité de Refuge, Paris, Le Corbusier and Pierre Jeanneret 1933
stützend wirken. Für seine »respiration exacte« denkt Le Corbusier
an ein duales System, »… arterial system … venous system, …«43,
zur Versorgung mit frischer sowie gewärmter oder gekühlter Luft.
Diese extrem reduzierte Metapher vom Säugetier-Metabolismus ist das Gleichnis für die Versorgung in einem »… hermetically sealed system …«44 Diese Metapher kann man bereits als Ankündigung für das Auftauchen des Klima-Engineering in großem
59
Maßstab nehmen. So erscheint es verständlich, dass sich, in Erweiterung dieser Überlegungen zum Architekturobjekt »Gebäude«,
die zweite Generation der Moderne des Environments als eines
Ganzen annahm.
Er bezeichnet die Idee als seine Erfindung, obgleich offensichtlich ist, dass sie nichts anderes ist als die Übertragung des antiken
Wandheizungssystems in die technologischen Möglichkeiten der
Moderne. Allerdings steigert er diese uralte Idee zum Extrem von
totaler hermetischer Abgeschlossenheit. »… we control things so
that the surface of the interior membrane holds 18°C. And here you
are. […] The buildings in Russia, Paris, Suez or Buenos Aires, the
steamers crossing the Equator, will be hermetically closed. In winter
warmed, in summer cooled, which means that pure controlled air
at 18°C circulates within for ever.«45 Den Hintergrund dieser Überlegungen bildete der Wunsch nach internationalen Standards für
das Bauen. In Banhams Worten: »Rarely had his passion for ›le
standard, l’invariant‹ been pushed to such pointless and impractical
extremes, and never with such strong pretence of practicality.«46
Obwohl Le Corbusier dieses Konzept nicht verwirklichen konnte,
weil es wegen der fragwürdigen Verdopplung des Belüftungssystems schlichtweg unbezahlbar war, diente es als Ausgangspunkt für
wichtige Elemente seiner strukturellen Gebäudesyntax.
Le Corbusiers Realisierung »Cité de Refuge«, 1933, ist ein Beispiel
für das schrittweise Ersetzen von Bauteilen mittels der Konzepte
»neutralisierende Mauer« und »exakte Ventilation«. Ihre mehrgeschossige Glasfassade, nach Südwest weisend, war nach dem Konzept des »mur neutralisant« zweischalig, mit zirkulierender Luft im
Zwischenraum geplant. Aufgrund von Budgetknappheit wurde nur
einschalig gebaut und es konnte auch keinerlei Anlage nach dem
Konzept der »respiration exacte« eingebaut werden, welche Raum60
luft gewärmt oder gekühlt hätte. Zwar war die moderne Aircondition noch in Entwicklung, doch gab es bereits technische Lösungen, die eine Heizung-Kühlung ermöglicht hätten. Wurde der Eff
fekt der Fassade im strengen Winter der Gebäudeübergabe noch
freudig begrüßt, so war das Gebäude im Frühsommer 1934 schon so
überhitzt, dass es unbewohnbar war. Nach solchen Experimenten
und den Kalkulationen über die Kosten eines »mur neutralisant«
»… he himself was driven, shortly after, to invent the external sunshades or brise-soleil«.477 Obwohl eine Art Sonnenschutz nach dem
Konzept der neutralisierenden Mauer mit exakter Ventilation angestrebt wurde, musste der strukturellen Lösung des brise-soleil der
Vorzug gegeben werden » … – there can be no doubt that, however
desperate its motivations, the brise-soleil is one of his most masterly inventions, one of the few structural innovations in the field
of environmental management that we have seen.«48 Diesen brisesoleil integrierte Le Corbusier schließlich in seine Gebäudesyntax
und brachte ihn am Carpenter Center for the Visual Arts am Harvard Campus in Cambridge, Boston, das 1962 fertiggestellt wurde,
zu voller Entfaltung.
Le Corbusiers Scheitern an den Kosten seines technologischen
Systems liegt nicht einfach an der Technologie seiner Zeit. Dieses
System war grundsätzlich unökonomisch, weil redundant aufgrund
Führung von mehreren Luftströmen. Optimierung für dieses System hätte auch das damals im Allgemeingut noch nicht vorhandene Modell vom Regelkreis als Grundlage für eine rückgekoppelte Steuerung nicht gebracht, das hier für zirkulären Austausch
hätte sorgen können. Netzwerke kommen in diesem Denken nicht
vor. Für ihn galt es vielmehr, die Organisation der ewigen Gesetze
der Schönheit solider, klar gegliederter Objekte und Organismen
zu verwirklichen. Er fand sie in den klassischen antiken Proporti61
onsprinzipen der Architektur und in den modernen Apparaten seiner Zeit. Die Steigerung dieses ästhetischen Anliegens führte ihn
und die folgenden Generationen hin zu von der Umgebung hermetisch abgekapselten Solitären.
1929 – 32, Poesie der Redundanz;
Pierre Chareaus Maison de Verre
Schlimmer kann ein Bauplatz für einen Architekten nicht sein!
Zwar sollte das alte Gebäude in einem Pariser Innenhof geschleift
und ein neues errichtet werden, aber leider: nicht nur dass der Bauplatz an allen Seiten von Feuermauern eingegrenzt war, es wollte
auch noch eine unkündbare Mieterin ihre Wohnung im obersten Geschoss nicht verlassen. Die ungewöhnliche Lösung bestand
schließlich darin, das Haus von unten her abzureißen, um das
oberste Stockwerk zu erhalten. So musste Architekt Pierre Chareau sein neues Gebäude, die »Maison de Verre«, wie einen Schubladenschrank in eine Nische schieben und dabei auf vieles verzichten, was Architekten als Ausdruckmittel für Fassaden und Dach
zur Verfügung steht.
Die Frage, warum das Gebäude vonseiten der klassischen Moderne relativ wenig Beachtung fand, hat manche Spekulationen
provoziert. Kenneth Frampton sah eine Problematik, die es seinen
Zeitgenossen schwierig machte, dieses Bauwerk dem Funktionalismus zuzuordnen. Obwohl »… both functional and machinist …«49,
war die »Maison de Verre« kein reines Beispiel für beide Eigenschaften moderner Architektur.
Augenfällig wurde dieser Umstand für Zeitgenossen in Betrachtung der Betonung, oder Überbetonung, funktionaler Eigenschaff
ten der Gebäudeelemente. Vieles ist beweglich, wie Schiebe- oder
Schwenkfenster, abtrennbare Stiegen, rotierende Schränke, ver62
Abb. 4
Maison de Verre, Fassade außen
schiebbare Raumteiler, rotierende Schirmwände, bis hin zu den
drehgelagerten Bidets. Der Entwurf des Gebäudes kann als der
transformierbare Grundriss par excellence bezeichnet werden. Die
Gründe für solche Transformationen variieren zwischen Notwendigkeit und Bequemlichkeit bis zur Poesie ihrer Ausstattung,50 also
einer symbolischen Bedeutungsebene. Hier findet sich eine Maschinenästhetik verwirklicht – »But it’s Machine Aesthetic is not
Le Corbusier’s …«51, sondern eher »… a kind of continuous space
sculpture of its mechanical services …«52, bemerkte Reyner Banham dazu bewundernd. »However, the ›Machine Aesthetic‹ pretentions of this elaborate and introvertedly handsome interior are
matched – and how rare this was at the time – by its mechanical
performance.«53
63
Von Zeitgenossen wurde dem Entwurf allerdings auch Übersteigerung vorgeworfen, entwickelt er doch formale und mechanische
Redundanz. Außerdem war die Innenausstattung so neutral, dass
sie unterschiedlichste Möblierungen anderer Prägung aufnehmen
konnte. Doch genau hier zieht Frampton den anschaulichen Vergleich mit Marcel Duchamps Le Grand Verre aus den Jahren 1915
bis 1923, auch bekannt unter dem Titel »The Bride Stripped Bare
by Her Bachelors, Even«. Denn für beide Werke ist eine Klassifikation problematisch. Ist dieses Gebäude nicht ein überdimensioniertes Möbelstück, eigentlich eher Innenarchitektur? Bei Le
Grand Verre ist die Zuordnung zu Gemälde oder Relief nicht zu
klären, letztlich eröffnet es eine eigene Kategorie Kunstwerk. Beide
sind nach Frampton anders, unklassifizierbar, in Opposition zum
Mainstream der westlichen Kunst. Qualitäten beider Werke speisen sich aus übertriebener, nutzloser Mechanisierung und organischen, geradezu sexuellen Implikationen. Basis dieser Verflechtungen sind duale Oppositionen oder aber Übereinstimmungen. Im
Haus können sie etwa in den Anordnungen der Durchreiche zwischen Küche und Essraum und der Stiege der Bibliothek gefunden
werden, die Chareau als Körper und Geist bezeichnet.
Organische Metaphern finden sich auch in der Anordnung der
Infrastruktur. Im ganzen Haus laufen alle elektrischen Verkabelungen und ihre Verbindungen in schlanken vertikalen Rohren von
Ebene zu Ebene. An den Röhren sind auch Paneele mit den notwendigen Schaltern und Steckern, so bleiben die Wände verschont.
Leitungen für Energie und Kommunikation sind in Röhren vertikal geführt, die das Haus in einem Raster penetrieren. Die warme
Luft der Heizung hingegen zirkuliert in Kanälen, die horizontal in
die Räume eingeführt werden. Frampton beobachtet: »In the first
instance, invisible, modern energy is transported vertically and rendered visible; in the second, palpably antique energy (Roman) is
64
conveyed horizontally and rendered, almost inevitably it seems, invisible.«54 In der Ordnung der Infrastruktur liest der Kritiker die
Thematisierung von Zeit oder vom Alter einer Energie-Technologie. Aber letztlich diskutiert Frampton nicht die Art der Versorgung durch Infrastruktur, sondern vielmehr die Art, wie sie sichtbar und steuerbar gemacht wird. Denn die gewärmte Luft muss
erst aus dem Heizkeller hochsteigen, so wie die Elektroleitungen
wohl auch in Bereichen horizontal geführt sein müssen. Chareau
aber trennte mit seinem Kunstgriff nicht nur Arten von Infrastrukturen, sondern vor allem die Infrastrukturen der Energien von der
Infrastruktur der Konstruktion. Womit Erstere leichter zugänglich
werden, denn sie altern schneller als die Konstruktion.
Auch Chareau projiziert wie die Modernisten seiner Zeit organische Metaphern auf Eigenschaften von mechanischen Maschinen
seiner Zeit und weiter auf Architektur. Doch er setzte das Konzept um, indem er die verschiedenen Infrastrukturen parallel führt,
losgelöst von der Konstruktion, und erzeugt dabei die Redundanz
eines Metabolismus. Dabei bleiben die organischen Eigenschaften
nicht abstrakt oder lediglich formal, sondern sind als Bewegungen
Ausdruck eines Metabolismus in Funktion. Dies mischt er eklektisch mit allerlei anderen, aus den Perspektiven von Funktionalismus wie Rationalismus unreinen Elementen. Sein Haus ist ein Apparat für ein modernes Leben seines großbürgerlichen Klienten
und gleichzeitig eine poetische Prothese. So wurde dieses Gebäude,
eine Generation später, gleichermaßen zu einer Ikone der HighTech-Architektur und der Postmoderne.
65
1929 – 69, Synergie versus Energie;
Richard Buckminster-Fullers World Peace Game
Nur langsam wurden Fullers Konzepte in der Architektur aufgenommen, da sie in vielerlei Hinsicht mit der Tradition brachen und
wohl auch weil er keine akademische Ausbildung hatte. Als Fertighausentwickler präsentierte er 1929 ein augenscheinlich radikales Gebäudekonzept für die grüne Wiese, also für eine Architektur
ohne Kontext. Der zentrale Mast des Dymaxion-Hauses ist nicht
nur für die Lastabtragung verantwortlich, er verteilt auch die Inff
rastrukturen. Fuller pries die Effizienz seines Produktes mit einem
Argument für organische Redundanz an: »Dank des Arteriensystems im zentralen Mast liegen alle Verbindungen natürlich in standardisierten Punkten …«55 An der Basis des Mastes befinden sich
Brennstoffff und Fäkalientank, Wärme- und Energieerzeugung,
Luftpumpe und Filter sowie die Wasserversorgung mittels artesischen Brunnens und ein Personenlift. Siegfried Giedion kritisierte
an der durch radikale Zusammenfassung aller Infrastrukturen eliminierten Redundanz die Inflexibilität des Grundrisses: »… und
der Bewohner ist jetzt Gefangener in einem starren einförmigen
Gehäuse. Warum? Weil im Innersten des Mastes, im Mittelpunkt
des Hauses, ein Roboter sitzt, der mechanische Kern, der alles tyrannisiert.«56 Fuller verschachtelt die verschiedenen Strukturen,
koppelt sie eng aneinander, um Synergien zu erreichen.
In der Diskussion von technologischen Fragen differenzierte
der Begriff Synergie, eine Generation später, die Entwicklung des
High-Tech
in der zweiten Generation der Moderne mit aus. Aber
noch zu Lebzeiten Fullers werden seine Bauten und Konzepte zu
Ikonen der High-Tech
-Architektur, neben vielen anderen Gründen auch wegen der sichtbar gemachten Redundanz der Energieinfrastruktur.
66
Im Alter wurde Fuller sehr populär und prägte die Leitgedanken
des von Banham so genannten zweiten Maschinenzeitalters, der
Popzeit, entscheidend mit. Buckminster Fuller, »aka Bucky«, wird
von der Architekturströmung des High-Tech
zum Vorvater erklärt,
an dem sich in der Folge auch Norman Forster reiben wird. Fullers
Einfluss kommt in dem berühmt gewordenen Satz an den damals
studierenden Forster auf den Punkt: »How much does your building weight, Mr. Foster?« Gewicht dient hier als Indikator für die
zur Erstellung eines Objekts aufgewandte Energie. Was der heute
geadelte Stararchitekt Sir Norman Foster als den Katalysator für
sein Umdenken hin zu seiner spezifischen Architektur angibt.
Energie war spätestens mit dem Stromliniendesign zu einem
ästhetischen Designbegriff geworden. Fuller aber war der Protagonist schlechthin, der Energie, neben dem ästhetischen Designbegriff, auch zu einem ethischen Designbegriff machte. Die Integration von ästhetischen in ethische Designbegriffe fasste Fuller im
Begriff Synergie zusammen. Seine Idee für ein World Peace Game
stellt den größten Maßstab dar, den er für die Implementierung des
Begriffes dachte.
So wird der 4. März 1969 zu einem besonderen Tag für Richard
Buckminster Fuller. Zwar befinden sich die USA seit 1961 im Vietnamkrieg. Acht Jahre schon dauerte dieser Krieg, der sozusagen
eingebettet ist in den eigentlichen Konflikt dieser Zeit, die globale
Konfrontation des Kalten Krieges. Insgesamt zwölf Jahre werden
die USA, noch bis 1973, in diesem Krieg stehen, wobei er für die Vietnamesen schon 1955 begonnen hatte und bis 1975 andauerte. Doch
jetzt, 1969, war der Vietnamkrieg im Begriff, erneut zu eskalieren.
Der Tag war nicht deshalb ein besonderer, weil zwei Tage zuvor die
Concorde ihren ersten Testflug erfolgreich absolviert hatte, und
auch nicht, weil einen Tag davor Apollo 9 gestartet war. Obwohl das
Meilensteine der Technologieentwicklung waren, die er sehr genau
67
mitverfolgte. Referierten doch beide auf Fuller’sche Konzepte: die
Concorde mit ihrem Überschalltempo auf die Überbrückung von
Distanzen »in shortest possible time« und die Apollo als Kapsel auf
»the whole planet« und das »spaceship earth« mit seiner Besatzung.
Für Richard Buckminster Fuller war der Tag bedeutend, weil
er sein World Peace Game vor einem Kongressausschuss präsentierte, der sich mit Technologie und menschlichem Lebensraum
befasste. Damit war sein World Peace Game höchst offiziell anerkannt, das er dem War Game der Kriegsstrategen entgegenstellte.
Später wurde sogar noch ein eigener Unterausschuss zum World
Game gegründet. Interessanterweise war dann das Wörtchen Peace
aus dem ursprünglichen World Peace Game verschwunden. Wahrscheinlich weil sich die USA gerade im Krieg befanden. Von Fullers Präsentation ist ein umfangreiches Dokumentt577 archiviert. Es
beschreibt über viele Seiten, wie er an jenem Morgen des 4.3.1969
auf seine wortreiche Art das World-Game-Szenario vor dem Kongressausschuss auslegt. Erst beim Begriff »synergy« bremst er sich
abrupt ein und stellt eine Frage an den Senator:
»I have to ask you, Sir, are you familiar with the word ›Synergy‹?«
Der Senator bejaht, stellt aber auch klar, dass er gerne mehr darüber wissen möchte.
Fuller definiert den Begriff in einer Kurzversion als »behavior of
wholes unpredicted by behavior of their parts«.
Bedauernd stellt er weiter fest: »… we have proven experimentally that it (Anm.: the word synergy) is not used by the public …«
Das war 1969, heute verhält sich das anders. Die Kurzversion ist
als ein populärer Slogan in aller Munde: »Das Ganze ist mehr als
die Summe seiner Teile.« Fuller würde sich wohl freuen, wenn er
heute seine Umfrage wiederholen würde. Diese Vorstellung vom
Ganzen und den Teilen findet sich auch schon bei Aristoteles.58
Der Gedankengang ist unserer Kultur also nicht grundsätzlich
68
neu. Aristoteles verdeutlicht die Vorstellung anhand von Lauten
der Sprache, die durch dieses Prinzip als Bedeutungsträger fungieren können. Fuller hingegen stellt 1969 diesem damals allgemein
kaum bekannten Begriff Syn-ergie, den Begriff En-ergie gegenüber: »Synergy is not a popular word. The word synergy is a companion to the word ›energy‹. Energy and synergy. The prefix ›syn‹ of
synthesis meaning with, to integrate and the ›en‹ of energy means
›separating out‹.« Das könne man sich etwa so vorstellen, wie das
Integrieren dem Differenzieren gegenübersteht, meint er weiter.59
Fuller gelingt es mit seiner Arbeit, die Ästhetisierung und Ethisierung von Energie ineinander zu integrieren. Schon vor den Energiekrisen der 1970er-Jahre
erzeugt Fuller eine Veränderung der
Sinnhaftigkeit, einen Wechsel der Kriterien für die Beurteilung von
Design und damit für dessen soziale Rolle. Es wird also ein Verständnis von Energie eröffnet, das die Wahrnehmung ihrer Erscheinungsformen sowie den Umgang mit ihr in unbedingte Verbindung
mit Fragen nach der moralischen Vertretbarkeit stellt. Gerade in
diesem Zusammenwirken kann er Synergie als einen ethischen Designbegriff etablieren. Um den Sachverhalt zu illuminieren, kann
man als zeitgenössisches Thema von Synergie unerwünschte Lichtemission nennen. Diese so genannte Lichtverschmutzung ist auch
eine der vielen Ausprägungen des ethischen Aspekts von Energie,
geprägt vom Handeln und Verhalten von Individuen und Institutionen sowie Regelwerken und Infrastrukturen. Dieser ethische
Aspekt von Energie verweist aber gleichzeitig auch auf den Maßstab, in dem Synergie als ein ästhetischer Designbegriff noch zu
etablieren ist. Eine Aufgabe, der sich alle Design-Disziplinen heute
zu stellen haben: Wie wird Synergie als ästhetischer Designbegriff
fruchtbar? Das wäre zumindest eine allgemeine Ästhetik, die über
Fullers eigene Formensprache und die des High-Tech
und dessen
Nachfolger hinausgehen kann. Also gilt es die Wahrnehmung der
69
Erscheinungsformen von Synergie zu designen, die einen Zugang
zum globalen Maßstab der Vertretbarkeit von Handeln und Verhalten in Regelwerken und Infrastrukturen ermöglicht.
Das Dymaxion House ist ein abkapseltes Artefakt und folgt der organischen Metapher wie Le Corbusier und Chareau. Doch die Vorstellung vom Organischen projiziert einen genuin technischen Organismus, nicht ein Nachbild eines natürlichen, wie auch immer interpretiert. In Fullers World Game wird die Idee vom Netzwerk global
tragend, im Gegensatz zu Gaudí der sie lokal anwandte. Im Game
würde die kulturelle Welt zu einem Automaten für ein Organisationsspiel auf Basis all der Daten, die gesammelt und synergetisch
organisiert werden könnten. Das ist ein Vorläuferkonzept für die
zeitgenössischen Diskussionen darüber, inwiefern mediale Datensphären als öffentliche Räume60 fungieren können. In das Konzept
seines Game fließen auch die Netzeigenschaften von Infrastrukturen mit ein ohne noch mediale Eigenschaften aufzuweisen. Redundanz steht für Überfluss, das bedeutet auch Verschwendung, Falschverwendung, Fehlplatzierung. Deshalb ist die Gegenüberstellung zu
Synergie im Design Redundanz. Denn Redundanz stellt auch eine
Art von Mannigfaltigkeit dar, Variabilität und Adaptierbarkeit, positive Eigenschaften von Netzwerken. Darin hat Designethik einen
zeitgenössischen Wahrnehmungsgegenstand, ein Narrativ, das im
Kontext des Begriffs vom Netzwerk zunehmend zu ästhetisieren ist.
1958 – 70, Netzwerk als Transformationssystem;
Constants New Babylon
Die technosozialen Vorstellungen des zweiten Maschinenzeitalters, auch Pop-Age genannt, waren von den im Entstehen begriffenen Netzwerken dominiert. Es verbreitete sich die Vorstel70
lung, als Konsument an ein größeres Ganzes angeschlossen zu sein;
etwa vermittels der Rohre oder Kabel von Infrastrukturen. Beinahe
alle Netzwerke dienten der zentralen Versorgung von Endverbrauchern. Sternartige Netzformen, ausgehend von Subzentren, verteilen Wasser und verschiedene Energie- und Nachrichtenmedien bis
zum Ort ihrer Benutzung, ihres Konsums. Eine etwas andere Art
Netzstruktur bot lediglich das Telefonnetz, bei dem die Teilnehmer quasi direkt verbunden waren durch die Bereitstellung unmittelbarer Kommunikation via automatisierter Vermittlung in den
Netzzentren.61 Entscheidend an diesem Konzept ist weniger der
Aspekt der Gleichberechtigung als die Verbindung von Verbrauchern untereinander, im Gegensatz zur Verbindung von Verbrauchern mit Verteilungszentren. Die erste Vernetzung von Großrechnern, aus der viel später das Internet hervorgehen wird, nutzte das
existierende Telefonnetz. Doch bereits davor wurden Organismen
wie Computer als von Information gesteuerte Systeme verstanden,
wobei sich im Begriff Netz eine Verallgemeinerung des Begriffs
System etablierte.
Dazu stellte Norbert Wiener in seiner »Kybernetik, Regelung
und Nachrichtenübertragung in Lebewesen und Maschine«62 die
neue Eigenart eines in Netz-Systemen zirkulierenden Mediums
klar heraus: »Information ist Information, weder Materie noch
Energie.«63
Computer sind Ende der 1950er-Jahre
Maschinen, deren Technologie zentralistisch organisiert ist, ein Prozessor erledigte alle
Aufgaben nach hierarchischer Klassifikation. In einem heutigen
Homecomputer dienen etwa sieben Prozessoren für spezialisierte
Aufgaben. Bei den frühen Computern handelt es sich noch nicht
um jene Rechner, wie sie heute unsere Schreibtische bevölkern,
sondern um die zentralen Steuereinheiten von komplexen Maschinen, Maschinenstraßen und hoch spezialisierten Rechnern. Sie
71
dienen in erster Line der Steuerung repetitiver oder präziser Prozesse – Leistungen, die Ende der 1950er-Jahre
von beinahe niemandem als kreativ verstanden werden konnten.
Der Künstler Constant Nieuwenhuys folgte Wieners Ausführungen genau. Zur wichtigsten Erkenntnis wurde ihm dabei Wieners Annahme, dass der Computer jegliche Arbeit automatisieren
wird. Dieses Faktum wurde von Constant in Kontrast zu jenen Bedingungen gestellt, unter denen Kreativität entsteht: The only field
of activity inaccessible for the computer is the unforseeable act of
creativity that makes man change the world and reshape it after his
capricious needs.«64 Davon leitete Constant ab, dass die Menschheit von produktiver Arbeit befreit werden und sich kreativ und
spielerisch nur mehr der Gestaltung ihres Environments hingeben
würde. So würde sich der Homo sapiens, der Vernunftbegabte, zum
Homo ludens, dem spielenden Menschen, weiterentwickeln. In der
Gesellschaft des Homo ludens wären Akte der Kreativität öffentlich, spekulierte Constant. Die Gesellschaft würde sich nicht objektorientiert fortentwickeln, sondern einem handlungsorientieren,
performativen Ansatz folgen. Jegliche individuelle Aktion würde
kollektive Reaktionen, ein Handeln am Milieu, auslösen.
Schon 1958 experimentierte Constant auf den »dérives«, den Stadterkundungen der situationistischen Internationale, mit Walkie-Tal
- kie-Funkgeräten. Solche Erfahrungen zeigten ihm, dass sich der
Raum einer Stadt kurzschließen ließ. Mehr noch, damit wurde die
Produktion einer anderen Stadt unterstützt, indem sie in einen anderen sozialen Raum transformiert wurde. Im unitären Urbanismus der Situationisten waren planerische Ansätze mit navigatorischen Vorgehensweisen »chimériquement«65 vereint. Die Stadt ist
für Constant auch der Ausgangspunkt seiner Überlegungen. Aus
dem Weiterdenken der Geschichte der Stadt und dem Drift von
72
Abb. 5 »Symbolic Representation« der Struktur von New Babylon, Collage
122 x 133 cm von Constant Nieuwenhuys.
der surrealistischen »flânerie« zur situationistischen »dérive«66 entwickelte er die Idee von New Babylon: eine nomadische Gesellschaft, die dennoch eine Siedlungsform ausprägt, welche völlig auf
computerisierten Automationstechnologien basiert. Constant kritisierte mit seiner Idee Ansätze der Situationisten, die sich lediglich
in den Gebrauch der Stadt involvierten.
Der Computer tritt in diesem fiktiven urbanen Szenario vom
Ende der 1950er-Jahre
ausschließlich als Automation der industriellen Produktion in Erscheinung; allerdings mit zweifachem Eff
fekt: Einerseits gestattet erst Automation die Befreiung von produktiver Arbeit und ermöglicht somit eine nomadische Existenz;
andererseits ermöglicht erst Automation eine Existenz der Noma73
den als Homines ludentes, als spielende Menschen. »The electronics in New Babylon would not subvert an established order, as no
order is ever established. Rather, they act as just another tool for
generating space, operating – like floors, ladders, ramps, and furniture – as tools for generating new experiences.«67
Constant wollte mit den wahrlich babylonischen Ausmaßen seines Projektes eine Art Widerstand gegen soziale und räumliche
Bedingungen bieten. Jeglicher Maßstab wird durch das ungehindert spielerisch wachsende Netzwerk gesprengt. So erklärte er 1966
gegenüber einem Journalisten, dass der unvorstellbar große Maßstab und die unermesslichen Ausgaben eine Guerillataktik darstellen, gegenüber einer funktionalistischen Gesellschaft, die von Effizienz besessen ist.68
Konsequent löst Constant die Stadt als Nukleus auf, und so wird
auch die tradierte Dualität Stadt – Land obsolet. Wichtig daran ist
ihm, diese neue Stadt entlang der Pfade des Spiels mit den Parametern eines total künstlichen Environments in einem Netzwerk
zu entrollen. »In our case, the urban must respond to social mobility, which implies, in relation to a stable town, a more rigorous organisation on the macro level, and at the same time a greater flexibility at the micro level, which is that of an infinite complexity. …
It presupposes, then, a vast network of collective services, more necessary to the population in movement than to the stable population of functional towns. On the other hand, automation leads to
massive concentration of production in gigantic centres, situated
outside the space of daily life.«69 Die Bevölkerung von New Babylon bleibt sich selbst überlassen, gleichermaßen von ungebändigter
Natur wie von den technologischen Zentren abgekapselt.
Tatsächlich entwickelt Constant ein gesellschaftliches System, das
scheinbar ausschließlich nach innen funktioniert und kein Außen
74
mehr benötigt. Die enorme, sich permanent ausdehnende Maschine
New Babylon ist als verteiltes Netzwerk strukturiert. Es wächst und
verdichtet sich durch Ausstülpung von immer neuen Sektoren. Im
Netzwerkspiel New Babylon sind Sektoren die kleinsten Elemente,
die wie Links oder Verbindungsglieder in einer Kette funktionieren. Die Makrostruktur muss die größtmögliche Freiheit für die
permanente Konstruktion der Mikrostruktur erlauben. Die einfachste Form eines Sektors hat mehrere Ebenen mit Verbindung
zum Boden und zumindest einen fixen Nukleus für Services. Weiters muss die Makrostruktur möglichst neutral und total unabhängig von der Mikrostruktur bleiben. Deshalb betont Constant die
Notwendigkeit, die verwendeten Baumodule zu vereinheitlichen
und die Produktion zu standardisieren. Eine Bedingung, die er übrigens nicht als Beschränkung für die Kombinationen und Entwicklung von Formen ansieht.
Manche der Sektoren sind mit Schulen und Verteilungseinrichtungen ausgestattet, andere mit Bibliotheken und Forschungszentren. Constant verweist auf die nötige Unabhängigkeit der Sektoren untereinander. Er imaginiert sie in Konstruktion wie in technischen Annehmlichkeiten autark, um die Überlebensfähigkeit des
Gesamtsystems zu gewährleisten.
Das Spiel, Lebenszweck der New Babylonians, umfasst nicht nur
die permanente Umgestaltung der physischen Mikrostrukturen.
»The climatic conditions (the intensity of lightning, temperature,
the hygrometric state, ventilation) are all under technical control.
Inside a variable range of climates they can be created and modified at will.«70 Aufgrund ihrer Ausdehnung sind Sektoren zum
Großteil künstlich beleuchtet. In den hermetisch abgeschlossenen
Netzwerk-Einheiten ergeben sich vielfache Steuerungsmöglichkeiten, da ein Klima immer künstlich aufrechterhalten werden muss.
75
»In New Babylon each person can at any moment, in any place, alter
the ambience by adjusting the sound volume, the brightness of the
light, the olfactive ambience or the temperature.«71
Aufgrund der permanenten Umstrukturierung wird es selbst in
New Babylon Personengruppen geben, die keinen Spaß am beständigen Umbau und am Wechsel von audiovisuellen sowie klimatischen Reizen haben. Doch auch dafür finden sich Örtlichkeiten –
an den Rändern des Netzes. »The marginal sectors, which perch on
the side of a mountain or along the coastline and which are, given
their situation, less frequented, will be the preferred choice of retired or sick people.«72 Interessanterweise entwickelt also selbst diese
Utopie der Befreiung ihre Heterotopien. Wobei ein räumlicher
Status für Alter gleich Krankheit gilt. Foucault definiert Heterotopien als Räume des Außen, sie verbinden verschiedene Räume,
welche an sich unvereinbar sind, zu gleichsam mehreren Orten in
einem Raum. Da dies nicht physikalisch erklärbar ist, sind sie aus
kulturellen Interpretationen entstanden.73 Diese Räume sind wirklich, im Gegensatz zu den Räumen der Utopien, die keinen Topos,
keinen Ort haben. Selbst in der Gesellschaft des institutionalisierten, permanenten Spaßes verlangt Leistungsabfall spezielle Räume.
In Constants Utopie sind es die Orte, an denen sich New Babylon nicht weiter auszudehnen vermag. Sie definieren einerseits die
Grenzen des Wachstums einer hermetisch abgeschlossenen, künstlichen Natur des totalen Spiels, gegenüber einem Leben in Subsistenz, der ungebändigten Natur ausgeliefert. Als die einzigen Räume
New Babylons, die nicht zum Spielen vorgesehen sind, zollen sie andererseits ihren Tribut an die Unsteuerbarkeit menschlichen Werdens sowie an die Grenzen zwischen menschlichen Daseinsformen.
Trotz ihrer offensichtlichen Wirkung, die Gesellschaft aufzuspalten, sieht Constant in Technologie das unerlässliche Werkzeug
zur Realisierung des experimentellen Kollektivs. Denn menschliche
76
Dominanz über Natur ohne Technologien hält er für reine Fiktion.74 Auch Constant versteht die Fortentwicklung der Menschheit als Kampf gegen die Natur, um zu siegen. Ultimativ gilt es eine
künstliche Natur zu schaffen, räumlich abgeschieden und technologisch aufgerüstet »Far from remaining passive toward a world in
which man is content to adapt himself, for better or worse, to external circumstances, man would aspire to creating another one in
which his liberty is realized.«75 Raum steht bei Constant für die
spielerische Erfahrungen des Wachstums von Abgrenzungen sowie
atmosphärisch-klimatischen Ereignissen. Die angestrebte Befreiung von Arbeit erlaubt es, das menschliche Bewusstsein voll zu entfalten und weitere Vollkommenheit zu erreichen oder zumindest
im nächsten Entwicklungsschritt das Heil im Spiel zu finden.
Constant inszeniert ein Spiel von environmentaler, struktureller
und medial-klimatischer Kontrolle. In seiner Welt steht Kontrolle
gleich für computerisierte Steuerung und Steuerung gleich für individuelles Entertainment. Die differenzierten und ambivalenten
Eigenschaften zeitgenössischer intelligenter Technologien sind in
dieser Fiktion noch eine utopische Einheit im Spiegel marxistischer Fantasie. Neben der Bemerkung, New Babylon sei kollektives
Eigentum, wird persönliches Eigentum nie angesprochen. Somit ist
die Kommerzialisierung von Technologie und von Freizeitverhalten im Konsum nicht mitgedacht. Seine Gesellschaft der Homines ludentess ist die frühe Vision einer Konsumgesellschaft, bei der
das Verwerten, die Umsetzbarkeit von allem in Geldwert und die
damit einhergehende spezifische gesellschaftliche Differenzierungen nicht vollzogen werden musste.
In der Überwindung der elementaren marxistischen Bedeutung
von Arbeit durch Spiel setzt Constant die ausufernd-performative
Energie einer spekulativen Gesellschaft frei. Sie findet ihre Wirk77
samkeit in der ökonomisch ziellosen Anti-Effizienz von einem
Spiel nicht nur mit wenigen Grenzen, sondern vor allem ohne
Wettbewerb, ohne Scores. Durch sein Festhalten an der permanenten Re-Konstruktion von Mikro-Infrastruktur und Konstitution
von Identität durch spielerische Praktiken wird Ort in Netzwerk
und Konstruktion in Wachstum extrapoliert. Ganz anders als bei
Fuller ist Spiel hier keine ausschließlich technokratische Organisations- und Steuerungsangelegenheit zum Wohle aller. Die spezifische Art der technischen Infrastruktur generiert die Netzwerke
der sozialen Beziehungen mit ihren spezifischen Verhaltensweisen,
zum Spaß aller. Das Leben in einem hermetischen Apparat zum
Spielen transformiert die Psyche der New Babylonians in eine nomadische. Bemerkenswert ist, dass die Merkmale der Guerillataktik vom Ende der 1960er-Jahre,
Übergröße und Spiel, zeitgenössische Kenngrößen von Vermarktung sind, die sich in den Zwängen
einer Fun- und Freizeitgesellschaft realisiert. Constants Visionen
sind also teilweise realisiert, allerdings mit ideologisch völlig unbeabsichtigten Konsequenzen.
1950 –1980er-Jahre, Angewandte Futurologie;
Nicolas Schöffers kybernetisches Œuvre
Roboterkunst und Video-Art, Medien-Architektur und Multimedia, Responsive Environments, Mindmachines und Projektionen
auf Wolken finden sich als futurologisches Amalgam vorweggenommen in einem einzigen Werk. Entstanden zwischen den 1950erund den 1970er-Jahren,
wird es zum Vorläufer von künstlerischen
und architektonischen Konzepten heutiger, so genannter virtueller
Informations- und Kommunikationsräume.
Der Hintergrund von Nicolas Schöffers Werk gibt sich radikal und nüchtern. Es ist gleichermaßen dem Marxismus von Her78
bert Marcuse und der Nachrichtenübertragung von Norbert Wiener verpflichtet. Es repräsentiert einerseits das »Ende der Utopie«76
mit ihrer Aufhebung von Entfremdung in der individuellen Freiheit einer repressionslosen libidinösen Kultur, andererseits »Kybernetik«777 von Maschinen, sozialen Systemen und Lebewesen unter
dem Gesichtspunkt der Steuerung. Schöffer entwickelte ein Modell für seine Idee der kybernetischen Organisation des menschlichen Lebensraumes78 mit dem Ziel der Entstehung einer neuen
Kunst. Dieses Modell soll die kollektive Steuerung der gesellschaftlichen Abläufe ermöglichen. Aber: »Die Gesellschaft … misstraut
den Künstlern, weil sie die dunkle Bedrohung, die von ihnen ausgeht, ahnt«79, resümiert Schöffer die dräuenden kulturellen Transformationen.
Als der, bis dahin expressiv-moderne Maler gegen Ende der 1940er
auf Norbert Wieners Kybernetik trifft, beschließt er spontan, der
Malerei den Rücken zu kehren. Erst wendet er sich kinetischen
Umsetzungen des neuen Gedankenguts zu, um sich in der Folge
ganz der Entwicklung einer völlig neuen, einer kybernetischen
Kunst zu widmen. Sein Lebenswerk ist vom kulturellen Umbruch
zwischen zwei Sphären geprägt. Das klassische moderne Gedankengut wird hier mit der entstehenden Populärkultur konfrontiert,
was er in vielfältige Konzepte und Projekte für Skulpturen und Architekturen umsetzt. Gemeinsam mit Yona Friedmann und anderen gründete Schöffer 1965 die G.I.A.P. (Groupe International
d’Architecture Prospective). Eines ihrer Ziele war, der Stadt jene
Transformationen zu ermöglichen, die durch die neue Freizeit und
Lebensqualität sowie den technischen Fortschritt greifbar zu sein
schienen. In ihrem Manifest forderten sie Teams von Spezialisten
aus Soziologen, Technikern jeder Couleur, Künstlern, Architekten
und Urbanisten, um diese Aufgabe zu lösen.
79
Als klassischer Modernist zeigt sich Schöffer, wenn er sich in
seiner urbanistischen Theorie für eine örtliche Trennung der Funktionen Arbeit, Wohnen und Freizeit ausspricht. Gleichzeitig aber
kritisiert er an der modernistischen Architektur seiner Zeit, dass
sie »… wie unsere fernen Vorfahren … Körper und Flächen, höchstens noch leere Räume« benutzt. Dagegen hält er fünf Topologien,
die er aus seinen früheren malerischen Arbeiten, schon vor der Beschäftigung mit Architektur, weiterführt und die seinen Bezug zur
expressiven Seite der Moderne zeigen: Rhythmus, Licht, Akustik, Klimaströme und Raum, jeweils unterschieden nach künstlichen und natürlichen Ursprüngen. Daher fasst er für seine kybernetische Kunst die »rhythmische Aktualisierung von Zeit« im
Terminus »Chronodynamismus«, die »konjugierende Aktualisierung von Raum und Licht« im Terminus »Luminodynamismus«
und schließlich die »integrierende rhythmische Aktualisierung« im
Terminus »Spatiodynamismus« zusammen.80 Raumproduktion ist
hier eine Folge von »… verschiedenen Zonen der Ereignisdichte …
für eine harmonische und progressive Lösung der … baulichen
Strukturen, sowie der hochempfindlichen Netze, die an die kybernetischen Zentren angeschlossen sind.«81 Architektonische und urbanistische Räume werden nicht mehr nur vermittels der Bearbeitung von Zeit, Licht, Akustik und Klima generiert, sondern auch
aus der Infrastruktur für Kommunikation.
Gänzlich außerhalb des klassischen modernen Gedankenguts steht Schöffer dort, wo er der Sphäre der konsumorientierten Freizeit große Bedeutung beimisst. Der Urbanismus der Moderne hatte für die schon im 19. Jahrhundert entstandenen urbanen
Milieus von Passagen, Kaufhäusern, Kinos, Bahnhöfen und ihren
dichten Funktionsmischungen keinen Ansatz zu bieten. Freizeitgestaltung war entweder Körperertüchtigung und Kulturgenuss oder
Entspannung und Schlaf. Für seine »Kybernetische Stadt« fordert
80
Abb. 6 Kongresspalast im Parc de la Boverie, Liège, Fassade »International Style« bei
Tag und Medienfassade bei Nacht mit kybernetischen Turm von Nicolas Schöffer, 1961.
Schöffer Zentren für Kommerz und gleichzeitig Unterhaltung. Die
Vorstellung folgt der Überzeugung, dass Freizeitgestaltung funktionalen und ästhetischen Prämissen folgt. Für die sich ausformende
Konsumgesellschaft brachte Schöffer das neue kulturelle Verständnis der Konsumierbarkeit von Freizeit in Einklang mit der Forderung nach Liberalliserung von Sexualität dieser Zeit. Dafür schlug
er Zentren für sexuelle Freizeitgestaltung vor. Bemerkenswerterweise referiert die Form dieses Hochhauses nicht die Phallische
sondern die der weiblichen Brust.
Pragmatisch, im Sinne von Immobilienverwertung, schlug
er Ende der 1960er für die Neugestaltung des EuropaViertels in
Frankfurt vor: »Außer den kleinen Verteilerzentren muss man noch
81
einen Typus von mittleren und großen Verkehrszentren planen; die
Amis nennen sie ›shopping centers‹, wo man praktisch alle Konsumgüter vorfindet. Ihre Größe und ihre Lage müssen mit Rücksicht darauf geplant werden, dass das ›shopping‹ eine Form der
Freizeitgestaltung geworden ist. Infolgedessen muss ein Einkaufszentrum auch gleichzeitig eine Freizeitstätte sein.«82 Seine Radikalisierung des »shopping centers« ist das Spatiodynamische Theater.
Eine in beständiger Bewegung befindliche hyperbolische Spindel
ist vom »akustischen Profil« eines »totalen Schauspiels« multimedial umgeben.
Passiver Konsum ist ausgeschlossen, »vor jedem Zuschauer befindet sich nämlich ein Schaltpult, mit dem er dem Kontrollturm
seine Eindrücke oder seine Befehle übermittelt, die ständig quantifiziert werden und den Ablauf des Programms beeinflussen«.83
Die direkte Partizipation des Publikums am Programm war eine
der wichtigsten Neuerungen, die Schöffer forderte und etwa in seiner Oper »Kyldex 1« verwirklichte, die 1973 in Hamburg aufgeführt
wurde. Während der Vorstellung wurden permanent – heute würde
man »in Echtzeit« sagen – die Publikumsreaktionen auf jede Szene
registriert und die Aufführung reagierte entsprechend. Zusätzlich
wurde die klassische Trennung von Schauspiel und Besucher auff
gehoben. Erstmals wurden Bilder vom Publikum in das von mehreren Kameras bespielte Bühnenbild gemixt. Für dieses multimediale Bühnenbild griff Schöffer auf seine ersten Manipulationen der
Kathodenröhre und auf seine 1961 entstandenen ersten Videoclips
zurück.
Als die erste kybernetische Skulptur in der Geschichte gilt Schöff
fers »YSP 1«. Ihr Verhalten ist nicht von Zufallsparametern gesteuert wie etwa das ihrer Vorläufer, der kinetischen Skulpturen.
Die Reaktionen stehen in Abhängigkeit zu Informationen, wel82
che Sensoren liefern, die in der Skulptur integriert sind. Symbiotisch sollten sich Skulptur und Umgebung vereinen. Spätestens
1954, mit dem 50 Meter hohen kybernetischen Ton-Turm
für den
Salon Bâtimat in Paris, über autonome Roboterskulpturen von
1956, bis zu kybernetischen Strukturen, die Gegebenheiten einer
Stadt in die Stadt selbst reflektieren, galt Schöffers Intention den
Effekten von sensitiven und reaktiven Strukturen. Im Jahr 1955 erhielt Schöffer, wie kurze Zeit später Le Corbusier für sein »Poème
électronique«, vom Konzern Philips die Mittel, um seine kühnsten Träume zu verwirklichen. Er arbeitete an kinetischer Kunst
und das Ergebnis waren robotische Skulpturen, die sich nicht nur
autonom bewegen konnten, sondern auch, über Sensorik und ein
mechanisches Programm gesteuert, auf ihre Umgebung reagierten. Eine Gruppe von Tänzern interagierte mit Schöffers Skulptur »cyspma« im Rahmen des Avantgarde Art Festival von 1956
auf dem Dach von Le Corbusiers Unité d’ Habitation in Marseille.
Skulpturen dieser Art entwickelte er über die Jahre zu Lichttürmen weiter, deren Verhalten verschiedene Informationen in eine
Stadt kommunizieren soll: »Ihre gesteigerte Aktivität wird zum
Beispiel schlechtes Wetter ankündigen können. In diesem Fall
werden sie an bestimmten Stunden des Tages die Rolle von richtigen Barometern spielen. Zu anderen Zeiten werden sie alle möglichen Informationen liefern, aus der Wirtschaft, dem Sport, der
Politik usw. … Der Lichtturm ist für ein Publikum gedacht, das in
zehn, zwanzig Jahren erst kommen wird.«84
Sein ehrgeizigstes Projekt, ein kybernetischer Turm für Paris,
unterstützt vom damaligen französischen Präsidenten Georges
Pompidou, sollte um 157 Meter höher als der Eiffelturm (320 Meter
hoch) werden. Geplant für das Pariser La Défense, konnte der
Turm allerdings nach dem Tod des Präsidenten nicht mehr verwirklicht werden.
83
In Lüttich/Liège verwirklichte Schöffer bereits 1961 einen 52 Meter
hohen kybernetischen Turm und die Medienfassade des Kongresspalasts im Parc de la Boverie, am Ufer der Meuse. Diese »sensitive
Struktur« wurde von einem »electronic information and activating
system in constant operation«85 gesteuert. Der Turm, eine Skelettkonstruktion mit verschiedenen Armen, trug 64 Spiegel verschiedenster Art auf 33 beweglichen Achsen als Aktuatoren. »Microphones, photo electric cells for light, thermometers, hygrometers,
and anemometers« als Sensoren sandten ihre Informationen an
ein »electric brain connected to an indifference cell«.86 Außerdem
wurde zwischen fünf Magnetbändern gemixte Musik, von Perkussion bis Stadtgeräusch, abgespielt. Nachts beleuchteten 120 verschiedenfärbige Strahler die rotierenden Spiegel. An Feiertagen
wurde zusätzlich die Medienfassade bespielt. Ein Screen mit der
Fläche von 1500 Quadratmetern erstreckte sich hinter der Glasfassade des Kongresspalastes. Auf ihm erzeugten 70 Projektoren
die variierenden und bewegten Effekte von mobilen, vielfärbigen
Strukturen. »They are distributed into three groups in which red,
blue and nocolor respectively are dominant… An electronically
controlled perforated-card programming combines the play of the
projectors with a music by Henry Pousseur in the Iuminodynamic
spectacle….«877 Das Elektronengehirn konnte von den Besuchern
hinter Glas bewundert werden.
Versuche mit Lichteffekten hatten Schöffer zur Entwicklung
von Boxen geführt, die Lichteffekte simulierten und der Massage
der Neuronen im Gehirn dienen sollten. Die Idee, die Medienfassade zu vereinfachen und als Multimediawand zu modulieren,
führte Schöffer zum »Chronomodule«. Aktive Elemente, die ähnlich wie Ziegel zu Wänden zu stapeln wären. »Thus a real conditioning of the atmosphere can be created by integrating these mobile and soundproducing frescoes into the architecture or the dec84
oration, whether indoors or outdoors, on any scale, with variable
and adapted programming.«88 Damit greift er auch der zeitgenössischen Diskussion um Raum-Atmosphären vor. In großen Zügen
handhabt Schöffer den Begriff Virtualität ähnlich wie im heutigen Alltagsgebrauch. Dennoch führt er auch Differenzierungen ein,
wenn er konstatiert: »In der Reihenfolge, in der die Ereignisse ablaufen, kann man beobachten, dass nur die Vergangenheit wirklich
wahrnehmbar ist, während die Gegenwart virtuell und die unmittelbare Zukunft rein potentiell ist.«89
In seinem Manifest von 1968 »Die Zukunft der Kunst«90 fordert er
die Öffnung der Informationsnetzwerke für ästhetische Produktion. Fragen der gesellschaftlichen, im Besonderen der urbanen Organisation werden mit Apparaten beantwortet. Die Macht der Simulation in und mit Apparaten bleibt einerseits modernistischen
Anliegen verhaftet, wie der Hygiene und dem Streben nach Entwicklung zu Höherem. Ein ästhetisches Klima soll den Konsumenten umschließen, um in Akten der ästhetischen Hygiene »… continuously advance and perfect himself, to sensitize, concentrate and
express himself …«91 Die Hintergründe von Fullers Netzwerkspiel
zum Wohle aller und Constants Guerillamethoden sind hier nach
der spätmodernen Zentrierung auf das Subjekt ausgerichtet. Gebäude bleiben autarke Apparate, wenngleich die organische Referenz unwichtig wird, um kollektiv gesteuerte Multifunktionalität
zu erlauben. Andererseits ordnet er den sich entwickelnden kulturellen Formen neue Bedeutungen zu, damit auch die tradierten
Formen umgedeutet werden, indem etwa die Grenzen der Beziehungen zwischen produzierenden Künstlern und konsumierendem
Publikum teilweise aufgelöst werden. Die neuen Organisationsformen drücken eine Ästhetik der immersiven Abkapslung in der gesellschaftlichen Selbstreferenz im Konsum aus.
85
1960 –1970er-Jahre, Elektronisch augmentierte Ebene;
Superstudios Agitationen
Die Stimme aus dem Off des Filmbilds brummt: »Through the collation and the extrapolation of data and tendencies of different disciplines (from body control to philosophy, from disciplines of logic
to medicine, to bionics, to geography…) a guiding image was visualized: a life no longer based on work (and the power and violence connected with it), but on unalienated human relationship.«
Fern und undeutlich ein Gleißen oder Schillern. Was könnte inmitten der unberührten Natur glitzern, Wasser vielleicht? Das
Paar nähert sich, neugierig, aufmerksam, dem Ungewissen. Frau
und Mann entdecken zwischen Gras, unter Bäumen, ein technisches Etwas: einen »Universal Plug«. Dieser »universelle Stecker«
sitzt am Schnittpunkt eines Rasters, auf dem sich verschiedenste
Infrastrukturleitungen zur Versorgung bündeln. Der Raster soll
alles ermöglichen, kommentiert Superstudio-Mitgründer Toraldo
di Francia: »Du kannst sein, wo du willst … Es ist kein Obdach
erforderlich, weil die klimatischen Bedingungen und der Wärmehaushalt des Körpers so verändert worden sind, dass vollständiges Wohlbehagen garantiert ist. Höchstens können wir Obdachmachen spielen oder lieber noch Zuhausesein spielen, Architektur
spielen. Du musst nur stehen bleiben …: das erwünschte Mikroklima ist sofort hergestellt …, du schaltest dich ins Informationsnetz ein.«92 Die Betrachter des Films »Supersurface« verstehen,
dass, was hier Natur zu sein scheint, lediglich die Oberfläche einer
technischen Megastruktur, der so genannten Supersurface, bildet.
Im »Universal Plug« wurden 1972 viele Aspekte der Technikbegeisterung der Nachkriegszeit konzentriert. Diese erwartete erst
von der Automation der Produktion, dann der Lebensumgebun86
gen eine nie da gewesene Befreiung der Gesellschaft. In Superstudios totaler Automation der Existenzbedingungen wurde das
Versprechen von Befreiung allzu offen dargelegt: von der materiellen Plackerei des Lebens in Lohnarbeit und den zwanghaften gesellschaftlichen Strukturen, verwirklicht durch die Architektur der
Moderne. An all den Schnittpunkten des sich schier endlos ausdehnenden, weltumspannenden Rasters der Supersurface schien
in der spekulativen Technologie des »Universal Plug« je ein Tor
zu Selbstverwirklichung geöffnet. Diese Utopie der Supersurface
mit ihren unzähligen »Universal Plugs« erschien launig, leichtfüßig und poppig. Doch dieser Utopie lag eine scharfe Kritik an der
Entwicklung der Moderne in der Architektur und ihr VerwiesenSein auf Technologie zugrunde. Superstudio ging über bloße Kritik
hinaus und suchte ihre Herausforderung im Entwickeln von Alternativen, die erst aus dem Zeitgeschehen und der Entwicklung der
Gruppe zugänglich werden.
Bereits die Gründung der Gruppe, 1966, ist von Auseinandersetzungen mit Architekturmaschinen als Megastrukturen gekennzeichnet. Zu dieser Zeit ist Superstudio, einem Grundsatz der Moderne folgend, noch überzeugt, dass Architektur ein Mittel ist, die
Welt zum Positiven zu verändern. Di Francia etwa schließt in diesem Jahr sein Studium in Florenz mit »Una macchina per vacanze«
ab, die als eine der ersten Arbeiten der Gruppe Superstudio gilt.
Die Ferienanlage, die gleichzeitig auch Staudamm für einen Fluss
ist, der an der kalabrischen Küste ins Meer mündet, ermöglicht
temporäres Wohnen und Stromerzeugung gleichermaßen. Die
rigide Unterscheidung zwischen Architektur und Stadtplanung,
wie vom um strikte funktionale Zonierung der Städte bemühten
CIAM93 um 1930 für die klassische moderne Architektur gefordert,
hatte Superstudio bereits aufgegeben.
87
Eine Konsequenz daraus war für die Gruppe die Hauptaufgabe
traditioneller Architektur, die Komposition von Objekten, Formen
und Stilen zu beenden. Das Beispiel dieser Ferienarchitektur übersteigt bereits den Maßstab des damals Üblichen. Aber die Dimensionen der spekulativen Entwürfe der Gruppe werden weiter gesteigert, sodass sie bald ganze Regionen überziehen. Eine Serie von
Entwürfen, die als Fotocollagen dargestellt werden, beginnt 1969
und thematisiert das so genannte »Continuous Monument«. Das
Monument ist ein gerastertes Volumen. Sein Proportionsmaßstab
zum menschlichen ist bis zum Extrem überzeichnet und gleichförmig. Es überzieht die Welt, und viele Schauplätze werden dargestellt, urbane wie Manhattan oder ursprünglich natürliche wie
Felsenküsten. Als Kritik an der Moderne ist das »Continuous Monument« purer Raster, die absurde Konsequenz des funktionalen Städtebaus. Der Raster ist bis zur Unkenntlichkeit funktional,
rational und perfekt. Alles bedeckend, jeglicher bedeutungstragenden Semantik entzogen, reduziert zum Maximum einer neutral ordnenden Syntax. Die Serie von »Continuous Monument«
kennzeichnet aber nicht nur die Abkehr von der Vorstellung von
Architektur als Methode der Weltverbesserung. Der Raster, als
klassische Planungsgrundlage der Architektur, wird nicht nur
übersteigert, sondern Superstudio gibt damit überhaupt ein grundlegendes architektonisches Werkzeug auf: den Maßstab; dienlich
nicht nur zur Erzeugung von Proportionen und Angemessenheit,
sondern auch zur Planbarkeit überhaupt. Dennoch sieht sich Superstudio, wie die Architektur der klassischen Moderne am Beispiel Le Corbusiers, dabei auf der Suche nach Invarianten, dem
Neutralen, in der Architektur. Gesucht war eine Architektur der
reinen Syntax. Indem vorgefasste semantische Referenzen verweigert werden, sollten als politische Aussage die traditionellen Regeln von Hierarchie und Ordnung in der Architektur vermieden
88
Abb. 7 »Du kannst sein, wo du willst … Es ist kein Obdach erforderlich, weil die
klimatischen Bedingungen und der Wärmehaushalt des Körpers so verändert worden
sind, …: das erwünschte Mikroklima ist sofort hergestellt …, du schaltest dich ins
Informationsnetz ein.« Toraldo di Francia, 1971.
werden. Radikal konsequent werden in der Folge auch die Vorstellungen aufgegeben, dass irgendetwas Spezifisches in der Architektur existiert. Damit wollte Superstudio jede Möglichkeit,
Bedeutungen auszudrücken, eliminieren. Denn sie verhindert die
Entwicklung zu einer Gesellschaft, in der alle Mitglieder gleichberechtigt sind.
Stattdessen entwickelte die Gruppe einen anderen Ansatz, einen,
der die bislang zentral erscheinende Frage für oder wider funktionale Zonierung in Städten ignorierte und eine neue Problemstellung ermöglichte: das Verständnis von Gesellschaft primär als
Summe von in beständigem Wandel befindlichen Beziehungen eröffnete das wirkliche Problem der Architektur: »The control over
the critical space of communication«.94
89
Mit der »Supersurface« wurde das »Continuous Monument« zum
Extrem der absoluten Reduktion gesteigert. Die dritte Dimension
des Rasters wurde aufgegeben. Eine Architektur als Instrument
zur Erzeugung von totaler Urbanisierung wurde vorgestellt. Nicht
nur das Konzept der Stadt, sondern von jeglicher gebauter Umwelt
wurde aufgelöst. Als Alternative wurde die Bebauung des Planeten
mit einem homogenen Infrastrukturnetzwerk für Kommunikation
und zur Bereitstellung von Energie vorgeschlagen. Damit sollte das
befreite und gleichberechtigte gesellschaftliche Leben im globalen
Nomadismus ermöglicht werden, ohne die Belastung durch materielle, dreidimensionale Strukturen. Architektur und Städtebau
wurden somit letztlich auf einen universellen, zweidimensionalen
Raster reduziert. Dargestellt als eine perfekt verkabelte Oberfläche und Träger einer beinahe unsichtbaren Infrastruktur. Davon
wäre ausschließlich der »Universal Plug« sichtbar, wie di Francia
schreibt: »We may imagine an invisible grid with only a few points
just visible … which constitute the universal plugs … to which various sophisticated and miniaturized devices can be attached … there
will be no further use of cities or castles. There will be no further reason for roads or squares. Every point will be the same as the other.
So having chosen a random point on the map, we’ll be able to say
my house will be here for three days, two months or ten years …
Life will be the only environmental art.«95 Die Oberfläche des Rasters findet sich in Fotocollagen und im Film unterschiedlich dargestellt, als glattes Band in Natur oder gar von Natur selbst bedeckt.
Superstudios Methode der Kritik, ausgedrückt durch die Dystopie der Moderne, also eine Utopie, die sich zum Schlechten entwickelt, war nicht nur eine Reaktion auf interne Diskurse der Architektur und auf das Zeitgeschehen dieser Jahre. Die Mitglieder hatten an der Universität Florenz studiert. Dort fanden sie in Umberto
90
Eco nicht nur einen bedeutenden Vertreter des italienischen Semiotikdiskurses, der in den 1960er-Jahren
entstanden war, sondern
auch einen prägenden Lehrer. Zur gleichen Zeit entwickelte sich
in den bildenden Künsten eine Gegenbewegung zu den extrovertierten Bildern der Popart durch politisch engagierte Kunst. Eine
Welle politischer Frustration entlud sich in den Studentenprotesten
von 1968 in Paris, London, Tokio und Prag. In den USA formierte
sich die Frauenbewegung in der Women’s Liberation Front und
die Schwulenbewegung politisierte sich zu einem Gay Rights Movement, um sich gegen ihre Unterdrückung zu stellen. Aus dieser
Atmosphäre speist sich die Art der Kritik von Superstudio an der
modernen Architektur und ihrer Affirmation des Kapitalismus mit
einem starren Gesellschaftssystem. Dieser Zusammenhang wird
durch den Raster in vielen Fotomontagen, Collagen und Storyboards dargestellt und damit der Raster zum Zeichen stilisiert, das
die Bedeutung der klassisch modernen, kapitalistischen Architektur
kommuniziert. Die Erzeugung eines emotional hoch aufgeladenen
Bildmotivs im Raster wurde von Superstudio als Bilddiskurs96 bezeichnet. Der Raster ist die minimalistische Materialisierung des
hyperrationalen modernen Ordnungssystems, das, schön, stur und
selbstverständlich bis zur Gnadenlosigkeit, die Welt zu unterjochen
droht. Doch die architekturkulturellen und gesellschaftspolitischen
Probleme waren auch von wirtschaftlichen Umbrüchen begleitet.
Eine Wirtschaftskrise entstand, als die ölproduzierenden Länder des Mittleren Ostens 1973 das erste Ölembargo verhängten.
Atomkraft war umstritten und teuer und eine effektive Nutzung
von Sonnenenergie noch längst nicht in Sicht. Dabei waren in der
ersten Hälfte der 1970er-Jahre
die wirtschaftlichen und technischen Entwicklungsperspektiven ohnehin schon von einem zentralen Problem dominiert. Der permanent steigende Energiebedarf
schien in Kürze die Möglichkeiten zur Versorgung zu überstei91
gen. Aufgrund dessen polarisierten sich in der öffentlichen Diskussion zwei mögliche Entwicklungsperspektiven: Entweder gelang der westlichen Kultur das Experiment, sich mit neuen Technologien in eine Superzivilisation zu katapultieren, oder sie musste
zurück an den Start, in die Urhütte. Die spielerische Populärkultur
der 1960er-Jahre
mit ihren utopischen Imaginationen, prototypisch
sichtbar in den Arbeiten der Gruppe Archigram, hatte durch diese
Entwicklungen ihre Basis verloren. Sie gründete auf der Illusion
von unbeschränktem Wirtschaftswachstum und dem Vertrauen in
den technologischen Fortschritt.
Die Zukunftsperspektiven waren ernüchternd, eng und unsicher
geworden. Spielraum wurde in der freien Entwicklung von individueller Kreativität gesehen. Neu war die Idee selbst allerdings nicht,
das zeigen etwa die Reformbewegungen der Zwischenkriegszeit.
Neu hingegen war, sie nicht nur als spielerisch-künstlerische Vision zu propagieren, sondern vom avantgardistischen Gedankenspiel zur gesellschaftlichen Agitation zu kommen. Das wurde für
Superstudio die Herausforderung für die erste Hälfte der 1970erJahre. Unter dem programmatischen Titel »Global Tools« fanden
sich 1973 in Florenz Architekten und Designer zusammen. »Global
Tools« sollte ein System von Laboratorien bezeichnen. Unter den
versammelten Architekten und Designern fanden sich Ettore Sottsass und Gruppen wie Superstudio, UFO, Archizoom und Ziggurat. Zwar wurde dieses System von Laboratorien nie umgesetzt,
aber die tragenden Ideen wurden von Superstudio zur Alternative
der Kritik entwickelt, die 1966 die Gründung der Gruppe beflügelt
hatte. Ausgehend von der Überzeugung, dass die Stimulation von
individueller Kreativität durch die Studie von natürlichen Materialien und ihren »relativen Verhaltenscharakteristiken« zu erreichen
sei, wurde ein neuer Ansatz entwickelt: Nicht mehr nur die Kritik mittels Bilddiskurs, sondern direkte Agitation wurde Programm.
92
Zu diesem Zweck wurden Kurse und Information zu natürlichen
Baumaterialien, zu Erzeugung von Kreativität in Gruppen und
Individuen, zur Nutzung von Kommunikationsmedien sowie zu
Überlebenstechniken aufbereitet.
Im Zuge dessen wurde die Idee einer global nomadisierenden
Menschheit, wie sie Constant in den 1960er-Jahren
formuliert
hatte, zum neuen ikonischen Bild von der Gesellschaft als Netzwerk transformiert und ephemer abstrahiert, wobei der Einsatz von
natürlichen Materialien als die architektonische Entsprechung zu
einer Natur ohne menschliche Dominanz galt. Manifestierender
Teil des neuen gesellschaftspolitischen Bildes war die schon Ende
der 1960er-Jahre
voll entwickelte Kritik an Technologie und Ingenieurwesen, den Wissenschaften im Allgemeinen und der Kybernetik im Besonderen. Der architekturkulturelle Teil ging einher
mit der Wiederentdeckung von Architekturqualitäten des Expressionismus der 1920er-Jahre.
Als frühe Strömung der architektonischen Avantgarde konnte sich der Expressionismus nicht gegen die
industriell-kapitalistisch orientierte klassische Moderne durchsetzen. Im Rückblick auf die kulturellen Konflikte der frühen Moderne erkannten Superstudio, dass die expressionistischen Werte
der Architektur, wie der Vorrang des Ethos gegenüber der Form
oder die Bedeutung der kulturellen Vision vor den architektonischen Kompromissen mit der Wirklichkeit, in den Jahren zwischen
Funktionalismus, Rationalismus und International Style aufgegeben worden waren. Deshalb forderte die Gruppe radikal, »… nicht
die Dingwelt, sondern den Geist selbst zu gestalten.«
Anders als die fortschrittsgläubigen und harmonisierenden Utopien aus den 1960er-Jahren
sind Superstudios Visionen dystopisch, hintergründig und provokativ. Sie verlassen die Zukunftsperspektive des technischen Optimismus und wühlen die dog93
matische Basis der modernen Architektur auf. Ihr Beitrag zum
architektonischen Diskurs besteht auch weniger in der Erzeugung
von Projektszenarien als vielmehr im Sichtbarmachen von Folgen
bestimmter Handlungs- und Verhaltensweisen. Im Verlauf des
Bestehens der Gruppe werden die Potenziale von Technologien zunehmend im erweiterten Kontext von Kulturtechniken gefunden.
Aufgrund der Unmöglichkeit, die Werte einer positiven Utopie zu
entwickeln, erzählen Superstudios Bilder ikonenhafte Gleichnisse,
um die Werte von Individualismus und Selbstverwirklichung in ein
neues Gleichgewicht mit der politischen Struktur der Gesellschaft
und den Kulturtechniken zu bringen. Als kritische Alternative zu
anonymen Strukturen, die im homogenen Raster zum Zeichen stilisiert sind, stellen sie anonyme Individuen in den Mittelpunkt. Der
mythisch verstandene Zyklus des Lebens wird aus der Sicht des
Ich geschrieben. Ihre geradezu prophetischen Bild-Erzählungen
beschreiben individuelle Handlungsspielräume und emotionale
Perspektiven. Den Kontrast dazu stellt die kritisierte klassisch planende und ordnende Geste des Rasters dar, mit der die Moderne
wie ein desinteressierter Demiurg die Menschheit verwaltet, distanziert und emotionslos. Die Guerillataktiken, wie sie Constant
in den 1960er-Jahren
vorschlug, sind hier zu Kulturtechniken der
Agitation für die Zwecke einer humaneren Lebenswelt abgerüstet.
Am Ende vom Glauben an eine Befreiung durch architektonische
Planbarkeit und Technologie findet sich der Beginn vom Thematisieren der Umweltproblematiken durch Design.
Doch das Verhältnis zum Demiurgen ist seltsam ambivalent,
und eine Hassliebe wird erkennbar: Der Raster öffnet gleichzeitig auch den Zugang zu einem neuen Designverständnis. Aus der
Auflösung von Architektur in Raster bildet die Gruppe ein originäres Verständnis vom so genannten Antidesign.977 Das war eine Reaktion auf den zunehmend verarmenden Ausdruck der Moderne,
94
in dem lediglich die Ansprüche industrieller Produktion mit überkommenen moralischen Prinzipien und abstrakter Formgebung
versöhnt wurden. Die Vorstellung von Antidesign kritisierte das
zunehmende Verschwinden von sozialen Bedeutungen im modernistischen Design und versuchte anstelle von Stil soziales und kulturelles Potenzial zu entwickeln. In seiner konstanten Kritik am
Raster durch die Projektion von individuellen Erfahrungen dringt
Superstudio zur Gestaltung der Interaktionen selbst durch. Dabei
ist das Gegenüber des Individuums nicht mehr die gebaute Umwelt, sondern die neutral verstandene technische Infrastruktur. Superstudios Weg führte durch die Überwindung der Grundlagen der
klassischen Moderne und das Weiterentwickeln der Technikeuphorie der Popzeit zu einer neuen Entwurfsabsicht: Nicht ein Objekt, sondern die Erfahrung seiner Benutzung wird entworfen. Ein
Ansatz, wie er im zeitgenössischen Produktdesign weiterentwickelt
wird. Die Gruppe löste sich 1978 auf, aufgrund der Erfahrung, dass
die kapitalistische Architektur durch Kritik nicht zu stürzen war.
Damit hatte ihre Weiterarbeit keine Grundlage mehr.
Superstudios Agitation folgte zwei Hypothesen: In ihrer Frühzeit propagierte man die Verschiebung der Idee der technischen
Kontrolle der Umwelt durch materielle, drei-dimensionale, physische Mittel hin zur Kontrolle mittels ephemerer Energie, wie etwa
mittels thermischer Barrieren, künstlicher Ströme und Strahlung.
Angestrebt wurde das Ziel, die trennende und zonierende Membrane zwischen einem Innen und einem Außen zum Verschwinden
zu bringen. Mit den frühen 1970er-Jahren
wurde die Vorstellung
von der Einheit von Geist und Körper bedeutend, die als ein einzelnes Utensil wirkt. Demzufolge wollte man sich der Erforschung
mentaler Mechanismen und der Schulung in Körperkontrolltechniken widmen. Die »Supersurface« entlarvt, den Hochmut vom
Glauben an Moderne Architektur als eine positive Kraft des gesell95
schaftlichen Fortschrittes, sowie das Versprechen der universellen
Planbarkeit durch Ansätze der Kybernetik, der Leitwissenschaft
dieser Zeit – indem ironisch auf die negativen Folgen für Gesellschaft und Umwelt verwiesen werden. Der »Universal Plug« entlarvt die Anmaßung der Beherrschung der Natur durch die spielerische Aufgabe von Eigenverantwortung an eine allzu umsorgende
Automationstechnologie – indem die totale Automation der Kommunikations- oder Energieversorgung hervorgehoben werden. Anders als bei Constant oder Fuller ist Spiel hier nicht das Spielen
mit etwas, sondern Spielen als Darstellen. Dabei wurde die Vorstellung von Bauteilen als formal begrenzte Objekte mit einigen wenigen Funktionen aufgegeben und damit die organische Metapher
für Maschinen wie für die Architektur. Multifunktionale, formlose
Interfaces zu einer beinahe unsichtbaren Infrastruktur lösten weiters die Vorstellung von Architektur als Komposition von Artefakten ab. Das Verkleinern und Ephemerisieren von Geräten steht
in diesem Konzept nicht für technologischen Fortschritt, sondern
für die Verlagerung der Relationen von menschlicher Psyche und
technischem Apparat. Erkennbar wird die Tragweite dieser Verlagerung an der Verschiebung der Idee vom Abkapseln in künstliche
Energieströme hin zum gleichzeitigen Adaptieren an und Konditionieren von natürlichen Energieströmen. In der Entwicklung der
Gruppe zeichnet sich eine Tendenz ab: Die naive und letztlich dystopische Utopie von der Befreiung des Lebens von Lebenserhaltung durch totale Automation verschiebt sich zu den Fertigkeiten
des Einzelnen zur Handhabung der Umwelt und der eigenen Körpertechniken; Flüchtigkeit verlangt nach beständiger Erneuerung
mittels Techniken.
96
1961– 82, Improvisationen der Adaptionsmaschine;
Cedric Prices Generator
Das Centre Pompidou ist ein Gebäude, das relativ teuer in der Erhaltung ist. Es zeigt seine Installationen und strukturellen Verbindungen und ist damit ein Beispiel für Brutalismus. Gleichzeitig ist
es ein Beispiel für High-Tech
und ein futuristisches Gebäude, denn
es setzt Technologie nicht nur massiv ein, sondern verkörpert auch
technologischen Optimismus. »Fun Palace«, eine technologischgesellschaftliche Spekulation, war eine wichtige Inspirationsquelle
für Richard Rogers und Renzo Piano beim Entwurf des Centre
Pompidou für Paris.
Cedric Price entwickelte sein Projekt »Fun Palace« ab 1961. Initial waren Gespräche mit Joan Littlewood, Regisseurin, Leitfigur
der britischen Agit-Prop-Theaterszene
des Workers Theatre Movement, das Theater als Mittel des Klassenkampfes verstand. Gemeinsam entwickelten sie die Idee für eine Anlage zur kreativen
und dem Lernen dienlichen Freizeitgestaltung. Die Aneignung
von Wissen sollte demokratisiert werden, ein gesellschaftspolitisches Anliegen Großbritanniens der Nachkriegszeit, das sich in
eine Sozialdemokratie verwandelte. Alternativen zu traditioneller Freizeitgestaltung und Bildung erschienen nötig. Diese galt
es durch einen egalitären Ansatz vermittels kultureller und architektonischer Reaktionen auf die entstehende Konsum- und Freizeitkultur Anfang der 1960er zu entwickeln. Als wichtigste Eigenschaft dieser kommenden Kultur wurden die zunehmend verschwimmenden Grenzen zwischen Arbeit, Bildung und Freizeit
angesehen. Also sollte sich jedermann in diesem Freizeitzentrum
unterhalten oder bilden können, je nach Anspruch. Joan Littlewood beschrieb 1964: «Choose what you want to do – or watch someone else doing it. Learn how to handle tools, paint, babies, ma97
chinery, or just listen to your favourite tune. Dance, talk or be lifted
up to where you can see how other people make things work. Sit
out over space with a drink and tune in to what’s happening elsewhere in the city. Try starting a riot or beginning a painting – or
just lie back and stare at the sky.«98
Price involvierte Gordon Pask in das Projekt, den Vorsitzenden
der British Cybernetics Foundation, Technologen, Installationskünstler und charismatischen Vordenker der Anliegen von kybernetisch inspiriertem Design. Die Idee, Architektur für Zwecke der
Konditionierung von sozialem Verhalten einzusetzen, begeisterte
den Kybernetiker Pask: »The Fun Palace would need to be able to
learn behavioral patterns and plan for future activities by modeling
these according to cybernetics principles and game theory strategies. It would thus be able to anticipate unpredictable phenomena,
because instead of determined program, it would rely on probability to adjust its program to accommodate changing trends and
events.«99 Price erwartete sich von der radikalen Anwendung von
kybernetischen Prinzipien die Entkoppelung von Architekt und
Programm, sowie die Entbindung von der Autorenschaft für architektonische Form. Erste architektonische Herausforderung war ein
Gebäude zu entwerfen, dessen programmatische Anforderungen
per Programm nicht festgelegt werden können. Im Fortschreiten
des Projektes bildeten sich etliche Arbeitsgruppen, die Autorenschaft für das Projekt verteilte sich unter verschiedenste Menschen
und Domänen. Price’ Idee basierte auf der Vorstellung einer ephemeren Struktur, die soziale Partizipation, technologischen Austausch, Improvisation und Innovation kombinieren sollte. »It is a
kit of parts, not a building.«100 Reyner Banham nannte das FunPalace-Projekt einen gigantischen Baukasten.
Als eine von ihren Benutzern adaptierbare Struktur sollte es
freien Zugang zu unterschiedlichen kreativen Tätigkeiten bieten
98
und ihre wechselnden Arbeitsumgebungen verbinden. Ein Raster
von Türmen mit Kränen sollte die Bewegung von austauschbaren
Teilen ermöglichen, wie vorgefertigte Module, aufblasbare Kunststoffelemente und Monitore. Eine Reihe kollektiv steuerbarer Simulatoren sollte verschiedene Umweltbedingungen ermöglichen.
All dies sollte die spielerische Gestaltung von individuellen Environments ermöglichen und dem Lernen dienen. Basisaktivitäten
der sozialen Interaktion wäre das Versetzen von Gebäudeteilen oder
die Bestimmung des Gebäudeprogramms durch Gruppenentscheidungen. Aber man plante auch die Ausstattung des Fun Palace mit
jeweils neuester Kommunikationstechnologie wie Lernmaschinen,
TV und Computer.101 Die Bestimmung von gebauter Form als Abschließung von Raum oder als einer erkennbaren Umhüllung funktionaler Erfordernisse wurde durch Price verdrängt durch die Idee
einer kollektiven Umgebungskontrolle. Statt eines Dachs – Lamellen, statt Wänden – Raumteiler aus beweglichen Screens, warmer
Luft oder stehendem Dampf. Nur spezifische Funktionen wie die
Nasszellen sollten in standardisierten Einheiten temporär platziert
werden. Als Tragstruktur war ein räumliches Rahmenwerk geplant,
das auf einem riesigen Sockel ruhen sollte, in dem sich die Abwasseranlage und ähnliche Infrastruktursysteme befinden.
Der Fun Palace sollte, in einer abgewrackten Londoner Schiffswerft angesiedelt, etwa zehn bis zwanzig Jahre lang bestehen. Währenddessen würde er permanent adaptiert und den wechselnden
Umständen angepasst werden. Price’ Vorstellung war, dass das dadurch initiierte lose soziale Muster »would give the user freedom as
to what to do next.«102 Den idealistischen Vorstellung des Architekten stehen die Ansätze des Kybernetikers gegenüber. Pask schreibt
in einem Brief an Joan Littlewood, dass seine Beweggründe, am
Projekt mitzuarbeiten, bei der Entwicklung von mathematischen
Modellen liegen, die notwendig wären, um Verhalten kontrollierbar
99
zu machen: »In particular the issues of philosophy and theory and
principle involved in determining what is likely to induce happiness
and what role the organisation should play in relation to the leisure
of an automated society.« Tendenziell entwickelte sich die Projektidee hin zur kybernetisch gesteuerten Kontrolle von sozialem Verhalten. Beginnend mit den frühen 1960er-Jahren
übernahmen an
Technologie interessierte Architekten wie Price analytische Methoden und Ideen aus der Kybernetikk103, um das architektonische
Problemlösen zu rationalisieren. Die sich zur seinerzeitigen Leitwissenschaft aufschwingende Kybernetik war entwickelt worden,
um viel-dimensionale Probleme und unvorhersehbare Umstände,
Komplexitäten wie Verhalten modellieren, vorhersagen und allgemein handhaben zu können. Sie bot interdisziplinäre wissenschaftliche Methoden. In den späten 1960er-Jahren
waren die aus der Kybernetik kommenden Ansätze aber bereits mit dem Vorwurf belastet, sie würden grundsätzlich Menschen auf eine Variable in einem
willkürlichen System reduzieren. Price blieb seinem Verständnis
von Technizismus treu, obwohl sich dieser in Großbritannien in
entwickelte. TheRichtung Techno-Ästhetizismus im High-Tech
orien und Methoden der Kybernetik sollten generative Ergebnisse
produzieren und Price verstand sie als die Möglichkeit zu einem
offenen, generativen Entwurfsprozess, der zwischen der unorganisierten Komplexität einer Freizeitgesellschaft und den strukturellen Rahmenbedingungen von Architektur vermitteln sollte.
Hier wurde die klassische Idee vom Gebäude als Schutz und
Abschluss oder Symbol kultureller Werte verworfen, dies zugunsten der Vorstellung von einer automatisierten Maschine, welche
unter menschlicher Steuerung auf flüchtige Ereignisse reagiert.
Price verweigerte seiner Architektur eine visuelle Rolle. Denn sie
hat keine Bedeutung zu repräsentieren, sondern Probleme zu lösen
und Möglichkeiten für Auswahl und Vergnügen anzubieten sowie
100
die Aktivitäten ihrer Benutzer zu stimulieren. Zwar wurde der
Fun Palace nie errichtet, aber 1977 konnte Price etliche der frühen
nicht-kybernetischen Ansätze im »Interaction Center« verwirklichen. Das temporär geplante Gemeinschaftszentrum war erfolgreich und wurde erst 2003 auf seine Initiative hin abgerissen.
»Generator« hingegen war das Projekt, in dem Price die kybernetischen Ansätze weiterentwickeln konnte. 1976 entwarf Price weniger eine Anordnung von Baukörpern im Raum, sondern vielmehr
einen Algorithmus, der die Wechselbeziehung zwischen Nutzer, Standort und vorhandenen Ressourcen regelt. Gebäude-Programm ist hier nicht mehr ein generativer Ablauf wie beim Fun
Palace, sondern der Zugriff auf das Potenzial, das in dynamischen
Strukturen steckt, die auf Nutzerwünsche reagieren. Hinter »Generator« stand ein Auftrag für ein Besucherzentrum für die Gilman
Paper Company in Florida. Doch hinter Prices Interesse an Planung, Vorhersagbarkeit und Kontrollierbarkeit stand die Entwicklung der Kybernetik und das drängende Interesse von namhaften
Künstlern oder Philosophen dieser Jahre, wie John Cage und Gilles
Deleuze, an nicht determinierten Systemen.
150 modular zusammensetzbare Holzkuben, Scheiben und Stege
sollten beliebig kombinierbar sein. Price erwartete Konfigurationen dieser Elemente, die jenseits seiner Vorstellung lagen. Zur Verwirklichung der computerisierten Steuerung dieser Elemente kooperierte Price mit John und Julia Frazer, Informatikpionieren im
Bereich Computer Aided Design. Am Eingang des Besucherzentrums sollten Besucher Fragen zu ihren momentanen Interessen beantworten, woraus in der Folge durch das Steuersystem die nächstfolgende Konfiguration der Elemente kalkuliert wurde. Letzte
Abstimmungen zwischen den verschiedenen entstehenden Konfigurationen sollten aber nicht von Software entschieden werden,
101
ebenso wenig der Umbau der jeweiligen Rekonfigurationen durch
eine automatische Maschine, sondern von Menschen durchgeführt
werden. Im Algorithmus des kybernetischen Systems wurden diese
Systemteile als »Polariser« und »Factor« bezeichnet und durch die
Kuratorin und den Haustechniker besetzt.
Zusätzlich sollte die Computersteuerung der Struktur, wenn sie
von einer langen Passivität der Nutzer »gelangweilt«104 wäre, selbsttätig Veränderungen an der Konfiguration der Elemente vornehmen. Statt Entscheidungsfreiheit und Fantasie der Menschen einzuschränken, sollten diese damit geradezu provoziert werden. Dieses Zugeständnis an menschliche Trägheit reproduziert, vielleicht
unbeabsichtigt, das Konzept von Entertainment als passiver Unterhaltung oder reagiert auf die Frustration der 1970er-Jahre
hinsichtlich der Hoffnungen, die in den 1960er-Jahren
in individuelle
oder kollektive Spontaneität gesetzt wurden. Menschliche Steuerung wird zurückgenommen und die computerunterstützte Steuerung bekommt die Rolle eines agent provocateur. Das projektierte
Ergebnis wird 1980 vom Royal Institute of British Architects als
das erste intelligente Gebäude bezeichnet, indem seine aktive Steuerung von passiver CAD- und Verwaltungssoftware abgegrenzt
wird: »The plummeting cost of microprocessors has enabled Cedric
Price to design ›the world’s first intelligent building‹. 2,600 small
logic circuits will be incorporated into Price’s Generator. … to the
extent that the building itself grows bored if people do not use it
frequently enough. … The computer program is not merely a passive computer-aided design program nor is it just being used to assist with the organization of the site, but is being used actively to
encourage continual change and adaptation to changing requirements.«105
Doch in den Jahren der Entwicklung scheint sich das Interesse
vom Physischen auf die Steuerung verschoben zu haben. 1979 zog
102
sich der Auftraggeber vom Projekt zurück. Die Frazers und Prices
entwickelten ihre Steuerungsideen als »intelligent modelling system« noch bis 1982 weiter.
Zweck dieser Automation von kreativer Freizeitgestaltung und
Lernen ist die Adaption von gebauten Strukturen an menschliche
Ansprüche. Der Zweck der organischen Metapher, autarke Einheiten zu argumentieren, hat sich nun vollends gewandelt hin zu Adapierbarkeit eines Systems an eine soziale und klimatische Umgebung. Das heute offensichtliche, inhärente Potenzial für Überwachung und die Ausbeutbarkeit für Marketingzwecke wurden von
ihren Protagonisten wohl weder bedacht noch erwartet. Vielmehr
galt ihre kollektive Aufmerksamkeit den vielfältigen Erscheinungen von Wechselwirkungen im Netzsystem, die heute in der Architektur technisch in Begriffen wie etwa Interaktion, Responsiveness oder Sentientness diskutiert oder sozial in Begriffen wie
etwa Partizipation, Serious Gaming oder Nutzerbeteiligung diskutiert werden. Diese Vorstellung von Interessenausgleich zwischen
Individuen, Gruppen und den Möglichkeiten und Zwängen von
Strukturen und Infrastrukturen trägt ein aufklärerisches Element:
die Möglichkeit, die eigene Lebenswelt zu gestalten und die Erfahrung von Einflussnahme und Verantwortung zu verinnerlichen.
1997 – 2002, Big Sister will spielen;
ein invertierter Cyborg namens Ada
Ada sieht, hört, empfindet und lernt – das behaupten zumindest
ihre Erbauer. Aber Ada ist nicht Ada Lovelace, die Tochter von
Lord Byron, dem berühmten Poeten der Romantik. Nach ihr
wurde der Cyborg-Raum lediglich benannt, denn die historische
Ada gilt als der erste Mensch, der die Idee für die Programmierung
von Computern hatte. Doch viele Beweggründe, die zum Raum
103
namens Ada führten, haben romantische Züge. So weisen die Erbauer darauf hin, dass dieser Raum Reaktionen zeitigt, die dem
menschlichen Spiel oder Schlaf gleichen. Als Entität handelt es
sich um einen »cybernetic organism«, ein Cyborg, allerdings nicht
in Menschengestalt. Dieser ›kybernetische Organismus‹ wird auch
als intelligenter Raum bezeichnet. Ada könnte deshalb als ein invertierter Cyborg bezeichnet werden; soll bedeuten, es besitzt Elemente, die als Gehirn, Glieder und Sinnesorgane interpretiert werden können. Im Unterschied zu Computersystemen, die sich an
unveränderlichen Regeln orientieren, wie etwa ein Schachcomputer, ist Ada ein offenes, weitgehend als künstliches neuronales
Netzwerk aufgebautes System. Ada kann die Informationen seiner verschiedenen, als »Sinnesorgane« bezeichneten Sensoren registrieren, speichern, miteinander verknüpfen und daraus Schlüsse
ziehen. Das heißt, es kann Begebenheiten werten, aus Erfahrung
lernen und damit die Sensorreize in Aktionen umsetzen. Re-Aktionen einer solchen Entität aus architektonischem Raum und neuronalem Netzwerk sind, wiewohl selbstverständlich errechnet, im
menschlichen Sinn »unberechenbar«, aber offensichtlich harmlos.
Folglich werden diese Verhaltensweisen von Menschen als emotional oder spielerisch charakterisiert.
»Eigentlich wissen wir nicht genau, was Intelligenz ist. Aber es hat
etwas damit zu tun, wie wir Probleme lösen und wie wir Erkenntnisse über die Welt gewinnen«, nennt Projektleiter Paul Verschure
als einen der Gründe für die Forschung. Am Institut für Neuroinformatik an der Universität Zürich hat ein Team internationaler
Wissenschaftler den Prototyp eines Systems entwickelt, das später
als intelligenter Raum in einem Ausstellungspavillon der schweizerischen Expo 02 publik gemacht wurde. Grundlage dafür sind
die biologischen Prozesse im menschlichen Gehirn, die technolo104
Abb. 8 Ada ist ein Cyborg, ein »cybernetic organism«, allerdings nicht in Menschengestalt. Die Erbauer des invertierten Cyborg behaupten ihr Raum weist Reaktionen
auf die menschlichen gleichen wie Wachzustand, Langeweile, Schlaf.
gisch nachgebildet werden, um eben diese Prozesse besser zu verstehen. Musiker, Biologen, Psychologen und Computerspezialisten forschten und experimentierten rund vier Jahre. Es ist ihnen
gelungen, zentrale Funktionen des menschlichen Gehirns elektronisch zu übersetzen. Die Herausforderung ist, ein künstliches System zu entwickeln, das aus Situationen lernen und Schlüsse ziehen kann. »Das Projekt ist ein Schritt hin zu intelligenten Maschinen, die sich selber Aufgaben und Probleme stellen und diese
auch lösen«, erläutert Rodney Douglas, Vorstand des Institutes für
Neuroinformatik.
Ada ist irgendwie dem komplexen menschlichen Gehirn ähnlich, aber durchaus auch eine Groteske davon. Zwar sprechen die
105
Forscher eher über Intelligenz, doch Adas Qualitäten werden kaum
in typischen Fähigkeiten, die auf Intelligenz beruhen, angegeben,
sondern in solchen, die Emotion als Grundlage haben. Das System
ist initiativ, entscheidet und kommuniziert. »Es« »will« spielen, aber
wenn »es« genug hat, macht »es« auch Schluss mit lustig. Eigentlich ist die Funktion dieser so genannten Emotionen ein typisches
Szenario für einen Ausstellungspavillon, denn die nächste Besuchergruppe soll eingelassen werden.
Um dies zu erreichen, ist Ada mit drei Schlüsselfunktionen
ausgestattet. Es identifiziert Besucher mit Sensoren aus beweglichen Kameras und Mikrofonen. Es lokalisiert weiters Bewegungen von Menschen im Raum über druckempfindliche Bodenplatten. Es führt menschliche Besucher mit Hilfe von Leuchtzeichen,
so genannten »Lichtfingern«, durch den Raum. Solche Reaktionen werden gerne vermenschlicht, emotional beschrieben: »Wenn
Ada schläft, dann sind die Klänge und das Licht ruhig und sanft.
Plötzlich auftauchende abrupte und akzentuierte Lichteffekte und
Klänge sind ein Zeichen dafür, dass Ada träumt. Ada träumt in Bildern von Besuchern, die aus irgendeinem Grund für sie interessant
gewesen sind.«106
In E.T.A. Hoffmanns Geschichte »Die Automate« gibt die
Hauptrolle ein Android in weiblicher Gestalt. Diese Vorläuferin
heutiger Cyborgs ist in ihrer Zeit, der Romantik, von einer wirklichen Frau kaum zu unterscheiden. In der Geschichte wird für
den verwirrten, in den künstlichen Menschen verliebten, männlichen Protagonisten der Traum vom Automaten zum Garanten
für die wirkliche Bedeutung – im Traum erkennt er, dass es nicht
eine Frau ist, was er begehrt. Interessant ist hier nun der Vergleich
mit dem Traum des invertierten Cyborg-Raums Ada von manchen ihrer Besucher: Bei diesem ebenfalls weiblich gedachten Cyborg, wird der Traum als Garant für die Bedeutung von Menschen
106
angegeben, was eine subjektive Wirklichkeit von Ada nahelegen
soll. Die Simulation von Traum vermenschlicht das technologische Konstrukt.
Verschure beschreibt: »Ada hat Wünsche. Zum Beispiel möchte
es gerne ein Spiel spielen. Leute machen mit oder sie machen nicht
mit. Je nachdem ist Ada froh, wenn sie mitmachen, oder aber nicht
froh, wenn sie nicht mitmachen. Und das wird dann in einer Sprache von Licht und Klängen ausgedrückt.« Dies ist nun nicht der
einzige Zweck für die Darstellung der ›innere Befindlichkeit‹, die
durch Farben und komponierte elektronische Klänge ausdrückt
werden. Denn Ada kann doch auch die Spur jedes einzelnen Besuchers aufnehmen und genau ortet. Das System kann auch die individuelle Neugier eines Besuchers einschätzen, indem individualisierte Sensorwerte als bestimmte Verhaltensmuster interpretiert
werden. Das Ziel ist also auch, menschliches Verhalten nach Mustern zu klassifizieren und reaktiv Aktionen zu setzen.
Stöbert man ein wenig in der technischen Spezifikation dieser
beeindruckenden Innovation namens Ada, lesen sich die Schlüsselfunktionen allerdings wie die Bestandteile eines HochsicherheitsÜberwachungssystems. Ada ist ein Raum, der selbstständig über
seine Funktionen entscheidet, der sich ausdrückt und lernt. Mit
dieser Art von eigenständiger Technologie müssen sich Menschen
in der Zukunft auseinandersetzen. Die Wissenschaftler sehen
durchaus skurrile Situationen auf uns zukommen. Wer kann sich
heute schon vorstellen, mit seinem Auto über die bessere Route
streiten zu müssen? Oder dass es den Zigarretenanzünder verweigert – weil es meint, man habe auf dieser Fahrt bereits genug geraucht.
Technologien nach Adas Beispiel sollen in der Zukunft Intelligenz und Einfühlung für Architektur bereitstellen. Anwendungen ergeben sich nach Paul Verschure im Bereich von »smart public
107
space«: »Wenn so ein Raum fähig ist, dich als Individuum zu behandeln, und dir ein Zeichen gibt, das ist dein Zeichen, mit dem
kommst du zum Check-in-Counter und zum Flugzeug, dann kann
das schon ganz behilflich sein. Oder wenn man eine Notsituation
hat, wenn man zum Beispiel ein Gebäude ganz rasch evakuieren
muss.« Flughäfen und Bahnhöfe, aber auch große Bürogebäude sind
das erklärte Ziel der Ada-Konstrukteure. In Zukunft soll der Fahrgast ohne übliche Orientierungsprobleme vom Gebäudeeingang bis
zum Ziel geführt werden. Die Qualität der Entscheidungsfähigkeit
eines intelligenten Raumes zeigt sich wohl im Notfall, wenn es auf
schnelle Reaktion und richtige Koordination ankommt. Diese Entscheidungen ohne Missverständnisse zu kommunizieren, wird eine
besonders große Herausforderung für das System Ada sein.
Momentan versteht ein Publikum Ada aufgrund seiner Ausdrucksmittel, wie farbiger Leuchten, verfremdeter Projektionen und computergenerierter Töne, verständlicherweise als Entertainment, viel
weniger als Ausdruck einer hoch elaborierten Technik mit enormem Potenzial. Die Unterstellung, dass diese Art Technologie intelligent und zu Gefühlen fähig sein soll, ist Teil des Unterhaltungswerts. Ada simuliert abstrahierte Muster von menschlichem
Verhalten in diese Richtungen, und demzufolge werden vom Publikum menschliche Bedeutungen auf den Artefakt übertragen
und eine Art von Psyche vermutet, was die Betreiber unterstützen.
Dennoch ist Ada auch eine Multimedia-Installation, ein animierter
Apparat, dessen Vorläufer von Leuten wie dem Illusionisten Robert-Houdin gebaut wurden. Die Schnittstellen und Raumbegrenzungen, die den Raum Ada ausmachen, verschleiern die Technologien, die das System Ada kennzeichnen, zu einer zeitgenössischen
Illusion. Anders als bei Robert-Houdin sind die Grenzen zwischen
Bühne und Publikum verschwunden. Nicht nur teilt der Raum
108
nicht mehr zwischen Beobachtern und Akteuren, auch die Rollen
sind vermischt. Die über Transistoren gesteuerten Multimedia-Installationen der ersten Stunde, in den 1940er- und 50er-Jahren,
verstanden sich noch ganz im Sinne der Aufklärung, didaktisch und
auf höhere Ziele verweisend. Technologien wie Ada treten an, um
in Kürze menschliches Verhalten zu reflektieren und es damit auch
zu stimulieren. Ob und wie diese stimulierende Reflexion Verhaltensweisen normiert, wird interessant zu beobachten sein.
Adas vom Objekt zum Raum invertierte Form und die nicht off
fensichtlich und nicht notwendige Art der Zusammensetzung adressiert die technologische und architektonische Weiterentwicklung mit wichtigen Fragen. Etwa, welche Aufgaben in Zukunft an
autonome Anlagen übertragen werden sollen, welche Definitionen
und Zuordnungen für die Begriffe Intelligenz und Emotion sozial
wünschenswert und kulturell sinnvoll sind oder in welchem Rahmen technologische Entitäten wie Cyborgs eine Identität zugestanden werden kann.
1998 – 2002, Zähmung der Echtzeit;
Kas Oosterhuis’ Wild Bodies
An den Umstand, dass Architektur starre und statische Objekte in
der gebauten Umwelt verteilt, hat man sich gewöhnt. Und nicht
nur das, stellt doch die Assemblage dieser Objekte, gemeinsam mit
den sie verbindenden Infrastrukturen, ein dauerhaftes und folglich verlässliches Koordinatensystem des Alltags. Der Architekt
Kas Oosterhuis stellte diesen bis zur Banalität selbstverständlichen
Umstand ein Zitat des Novellisten Kevin Kelly gegenüber: »If you
are not in real time, you’re dead.«107
Für Oosterhuis wurde so die traditionell statische Architektur
zu einem relativ unwahrscheinlichen Zustand unter den ihr poten109
ziell möglichen Zuständen: »Wenn das wahr ist, müssen alle traditionellen Gebäude als tot erklärt werden. Sie sind nicht hier mit
uns in der Echtzeit, sie sind lediglich tote Körper im Hintergrund
der menschlichen Aktivitäten.«108 Er proklamiert in seinen »manifest writings«, dass jegliche Architektur in Zukunft nach Echtzeitverhalten programmiert werden wird. Folglich wird ein Architekturobjekt als ein Körper mit Echtzeitverhalten verstanden werden, der immer in Bewegung ist. Aber für romantische Ideen, wie
die von der Freiheit der Bewegung, gibt es in diesem Konzept keinen Platz. Dagegen hält Oosterhuis das überwältigende Verlangen
von Lebensformen, Daten auszutauschen – zwischen solchen, die
auf Kohlenstoff basieren, mit solchen die industriell-digitalen Ursprungs sind.
Denn etwas Mysteriöses passiert, wenn man eine größere Anzahl von Dingen miteinander verbindet, die für sich limitierte Fähigkeiten haben. Bestimmte Eigendynamiken von Technologien
scheinen zu emergieren. Viele simpel gebaute Chips aus computerisierten Kassen, miteinander verbunden, zeigen die Muster von
Kaufverhalten in Echtzeit an. Simple Teile, in einen Schwarm koordiniert, zeitigen komplexe Ergebnisse. Etliche kluge Dinge erzeugen große Macht, wenn sie zu einem Netzwerk verbunden sind.
Solch eine Schwarm-Macht brauche ein wenig Kontrolle, argumentiert Kevin Kelly. Die reiche Ernte der kommenden ökonomischen Spielregeln werden die einfahren, welche die Macht aus
Dezentralisierung und autonomen Netzwerken erforschen und
nutzen. Die oberste seiner zehn Regeln nennt Kelly »Embrace the
Swarm – the power of decentralization«. Dies heißt, Informationsflüsse einander gegenüberzustellen und sie zu managen. Es gilt,
ganz bestimmte Kommunikationsstrategien zu erzeugen. Denn
Schwärme benötigen Kommunikation in Echtzeit. Weil sich natürliche Systeme den Luxus von Wartezeiten nicht leisten können.
110
Abb. 9 »Our e-buildings not only respond to differing circumstances but actively
propose new configurations. This architecture would propagate both commercial and
non-profit content, this e-motive architecture would at the same time embody beauty,
local pride and global awareness.« Kas Osterhuis
Versucht man solche Gedanken im Bereich Architektur zu integrieren, bedeutet dies eine neue Art von Optimierung durch das
Bündeln von Medien. Zudem fänden Medien Einsatz in Richtung
einer radikalen Integration der verschiedenen Bau-Industrien, dem
Design und der Konstruktion in die Architekturproduktion von
gleichberechtigten, eng kommunizierenden Spezialistenteams zur
Schwarmintelligenz.
Oosterhuis Designprozess beginnt mit »First we need that body«.109
Also bei der Idee von einem formal autarken, geschlossenen Objekt,
dass als ein kontinuierliches Ding in 3D zu formen ist. »Mies verwendete viel zu viele Details«, war ein Bonmot von Kas Ooster111
huis bei einem seiner Vorträge. Er fordert für seine Architektur von
»Uni-Bodies« genau ein Detail sowie genau einen Querschnitt, die
einer architektonischen Idee folgen. Die Verbindungen des skelettösen Körpers sind beweglich, deren Bewegungsspielräume digital steuerbar, und sie bestimmen unter dem Einfluss innerer und
äußerer Kräfte die Form des Objekts. »That body needs a skin«,
wobei dessen Öffnungen Einfaltungen der äußeren Haut in die innere Haut sind. Nach einem Austausch von Parametern mit seinem
künftigen Ort beginnt der »Uni-Body« einen Datenaustausch mit
seinen Benutzern, ferner bekommt er ständig Sensordaten über den
aktuellen Zustand seines Environments. Über die komplette Lebenszeit des Körpers hin nimmt dieser Austausch kein Ende. »The
body becomes an instrumental playstation and gradually transforms into a push-and-pull medium.« So wird Architektur »unpredictable as the weather«. Nun produzieren Schwärme von Echtzeitdaten die Parameter in den Steuerskripts des Körpers. Diese
Formeln bilden den »emotional factor of that body in real time«.
Die Daten vom Verhalten eines jeden Akteurs im Schwarm, ob
menschlich, environmental oder aus Sensoren stammend, werden
in eine Datenbank geschrieben. Sie ist die Schnittstelle zu den Aktuatoren der Gebäudekonfiguration, um sich in medial dargestellten Inhalten und Formen zu rekonfigurieren. So befindet sich das
Gebäude im Zustand beständiger Operation eines Schwarms von
Elementen. Jedes Gebäudeelement steht auch in Datenverbindung
mit seinen direkten Nachbarn. Bestehend aus vielen programmierbaren und kooperierenden Elementen, verhält sich der Gebäude»Body« wie ein Schwarm: »That building body finally goes wild.«
Oosterhuis folgt mit seinem Konzept einem radikal parametrischen Ansatz. Schon Ende der 90er-Jahre
hatte Oosterhuis mit
seinen Büro ONL das parametrisch formbare »Variomatic House«
entwickelt. Dabei handelt es sich um ein Fertighaus, das als Objekt
112
in großen Zügen wandelbar ist. Über ein Internetspiel als Interface
können Interessenten im Rahmen von parametrischen Variablen
die Form des Fertighauses an ihre Vorstellungen anpassen. Bestellt
jemand ein solches »customized house«, dann werden die spezifischen Daten an die Baufirmen für die verschiedenen Gewerke in
Form von Koordinaten gesandt. Diese Daten werden direkt in die
numerisch gesteuerten Fertigungsmaschinen eingegeben. »While
the formula of the Variomatic lives at the ONL domain, all possible
configurations are built in the computers of the client. The variomatic is a multitude of homes.«110 Dieser so genannte »file2factory«Ansatz basiert auf der Relation von Geometrien, ihren Formeln
und schließlich den sie repräsentierenden Zahlen. Oosterhuis empfiehlt, dass Architektinnen und Architekten das Modell kontrollieren sollten, um damit Baufirmen zur Ausführung ihrer architektonischen Ideen zu verpflichten.
Mit dem Projekt »Transports« wurde schon 1998 begonnen, die
Struktur von Gebäuden zu aktivieren. Seine Aufgabe ist es, alle
Fragen aufzuwerfen, welche sich mit der Programmierbarkeit einer
aktiven Struktur stellen. Das Objekt »Transports« soll Form und
Inhalt in Echtzeit verändern können. Es gibt viele Möglichkeiten,
das zu erreichen. Für »Transports« wurde eine Netzstruktur, genauer eine geodätische Struktur, gewählt. Hydraulische Zylinder
bewegen eine Tragstruktur, die sich ausdehnen und zusammenziehen kann. Diese Zylinder reagieren auf Impulse. Aber sie werden
nicht einzeln angesteuert, sondern es reagieren auch alle jene Zylinder, die jenem Zylinder am nächsten sind, dessen Koordinaten
verändert werden sollen. So verhält sich die Struktur wie ein Muskel, meint Oosterhuis. Alle seine Fasern kooperieren, um die neue
Konfiguration zu ermöglichen. Im Designprozess entwirft der Architekt Formparameter und die Spielregeln der Formänderung. Die
Struktur zu programmieren bedeutet nun aber, spezifische Impulse
113
zu senden. Die innere und äußere Haut besteht aus vielen RGBLEDs auf flexiblen Stoff, der sich um das 1,5-Fache dehnen können
muss. Die Variationen entstehen vor allem aus der medialen Inszenierung im Inneren und dem Benutzerverhalten. User sollen damit
immersiv in jedes vorstellbare Environment versetzt werden können. Der Variationsspielraum der Struktur ist durch die Variabilität
der Tragkonstruktion innerhalb ihrer mathematisch-topologischen
Familie gegeben und dem Bewegungsspielraum der Verbindungen
der Konstruktion. Es werden also innerhalb bestimmter dynamischer Rahmenbedingungen unterschiedlichste Gleichgewichtszustände durchlaufen. Das Gebäude befindet sich in einem Fließgleichgewicht, bei dem die einzelnen Gleichgewichtszustände gesteuert erzielt werden können.
Für den Wettbewerb zur Neubebauung der bei 9/11 zerstörten
Gebäude schlug Oosterhuis eine reaktive Architektur vor, die das
sie umgebende Milieu des Financial District von Lower Manhattan in Echtzeit reflektiert. »My proposal for Ground Zero is to
erect a structure that lives in a permanent state of crisis. A structure that resides in a process of permanent destruction and immediate healing of its wounds.«111 Der Wettbewerbsbeitrag zu »Ground
Zero« stellt ein Gebäude als Schwarm unabhängiger Teile vor.
Solch ein Schwarm passt sich seinen äußeren Gegebenheiten formal an und reflektiert das Verhalten der Massen auf der Straße.
»Our e-buildings not only respond to different circumstances but
actively propose new configurations. … This e-motive architecture
would at the same time embody beauty, local pride and global awareness.« Damit wäre ein solches Gebäude fähig, sich unterschiedlichen kulturellen Strukturen und sozialen Ereignissen anzupassen.
Menschen sind nicht nur Teile eines Schwarmes, sondern deren
vieler: Familie, Soap Opera, Arbeitsumgebungen, Börsenspekula114
tion und Verkehr, um nur einige zu nennen. Diese Schwärme sind
nun via Kommunikationsnetzwerke in gewissem Maße kurzgeschlossen. In Oosterhuis Konzept zerfällt ein Architekturobjekt in
einen Schwarm, verbunden in einem Gebäudenetzwerk, der an die
anderen Netzwerke angeschlossen ist und das Medien- und Formpotenzial seiner Struktur und Oberflächen permanent variiert. In
gesellschaftlichen Gebrauch gekommen, würden solche Gebäude
eine dramatische Rekonstruktion des Verhältnisses zwischen Infrastrukturen und raumbildenden Elementen einfordern. Hier ist die
Arbeit mit Fließgleichgewicht, wie sie von Gaudí in die Architektur eingeführt wurde, sozusagen verflüssigt. Das Gegenüber dieser
Gebäude wäre eine Gesellschaft, die bestimmte andere Wechselwirkungen mit ihrer Umgebung zeitigt, als die an der Wende vom
19. zum 20. Jahrhundert. Oosterhuis intendiert eine permanente
Wechselwirkung mit dem Klima und den Emotionen von vielen
als eine Art Steigerung des Umfanges Schöffer’scher Responsivität.
Architektur wird auch hier zum Spiel der räumlichen Interaktion wie bei Constant. Doch während dort Architektur gleichgesetzt ist mit Abkapslung, ist sie hier gleichgesetzt mit Adaption.
So gegensätzlich die Ansätze zu sein scheinen, so sehr ähneln sie
sich. Die Abkapslung von ungezähmter Natur in künstliches Klima
ist gleich der Adaption an die arbiträren Emotionen und somatischen Befindlichkeiten einer anonymen Masse. Aus der Vision
der Befreiung im Spiel mit Objekten zur Gestaltung einer künstlichen Umgebung durch direkte Einwirkung wurde die chimerische Reflexion menschlicher Selbstbezüglichkeit durch Objekte.
Die Funktion, die bei Cedric Price der gelangweilte Computer einnimmt, verfolgt hier eine proaktive Animation zum Zweck der Stimulation der Massen. Daraus folgend wären die Grenzen zwischen
Subjekt, Intersubjektivität und Objekt verwischt und neu, oder
eben nicht mehr, zu ziehen.
115
2002 Digitale, Intimität von Nachhaltigkeit;
Werner Sobeks R128
Der Hauseingang befindet sich im obersten Stockwerk. Beginnt
man den langen Steg hin zum Eingang zu überqueren, schweift
der Blick als Erstes über das steil abfallende Grundstück hin auf
die in der Tiefe ausgebreitete Stadt. Im Weiterschlendern erschließen sich nach und nach die Konzepte des Einfamilienhauses R128:
fast würfelig die Form, ganz in Glas die Außenfläche mit ihrer fein
ziselierten stählernen Tragstruktur und das Flachdach aus silbern
schimmernden Photovoltaik-Elementen. Je intimer die Nutzung
der einzelnen Stockwerke, desto mehr umfängt der Hang mit seinem Grün das Haus, von oben nach unten zunehmend. So fühle
man sich vor fremden Blicken geschützt und geborgen, erläutert
die Hausherrin: »Man wohnt somit weniger in einem Haus als in
einem durch eine transparente Hochleistungshülle eingefassten
Raum.«112 Der Verzicht auf Innenwände im Zusammenhang mit
der Komplettverglasung sorgt für horizontale Kontinuität zwischen
Innen- und Außenraum. Alles fließt zwischen innen und außen in
vollendeter Transparenz, selbst die Sanitärräume liegen nach außen
offen. Der Sanitärkern im zweiten Geschoss ist so konsequent nach
außen gestülpt, dass nur noch ein umlaufendes Wegband um das
WC als »Badezimmer« verbleibt: Was in einem üblichen Bad an
den Wänden aufgereiht ist, findet sich hier in der »Raummitte« zusammengeballt. Allein das Ausscheiden wird hinter Türen verborgen, aber Badewanne und Waschtisch sind frei in das Raumkontinuum des Glaswürfels einbezogen, die Badewanne und das Bücherregal sind verschiebbar.
Architekt und Bauingenieur Werner Sobek entwickelte R128 nicht
nur für seine Frau und sich, sondern auch, um Möglichkeiten für
116
eine Architektur der Jetztzeit auszuloten und damit Anstöße für
das Bauen zu bieten. Denn er stellt im zeitgenössischen Bauen
nur geringe Unterschiede zur Architektur des 19. Jahrhunderts
fest. Nach dem Vorbild der Automobilindustrie gilt es verschiedene technische Entwicklungen aus Computertechnik, Materialentwicklung und Sensortechnik zu Synergieeffekten zusammenzuführen und ins Bauen zu integrieren. Dies wurde bei R128 konsequent gemacht. Überdies soll mit diesem Einfamilienhaus auch
eine Architektur formuliert werden, in der gestalterische Ansprüche der Gegenwart mit zukünftigen Architektur-Haltungen verbunden sind. Doch es war nicht Sobeks Absicht, ein Musterhaus,
sondern vielmehr funktionale Schönheit zu entwickeln. Die Gestalt des Gebäudes sei nicht aus einem Rückgriff auf tradierte Formen entstanden, wird betont.113 Sie sei vielmehr das Ergebnis einer
Entwicklung aus integralen Planungs- und Organisationsprozessen, in Hinblick auf aktuelle und zukünftige Formen menschlichen
Lebens. Die Größe des Gebäudes entwickelte sich aus den Bauvorschriften im örtlichen Landschaftsschutzgebiet. Die Form des
Kubus ergibt sich aus dem Wunsch nach Einfachheit und formaler Ruhe, der optimalen Nutzung eines vorhandenen Grundstückes
und dem prinzipiellen Einsatz von Vorfertigung und Standardisierung. Funktion, Struktur und Gestaltung wurden als gleichwertig
und zusammengehörig betrachtet. Das Material Stahl wurde gewählt, um Vorfertigung und Präzision wie im Maschinenbau ansetzen zu können, nur die Decken bestehen aus Holz. Ein offengelegtes Tragwerk erreicht größtmögliche Transparenz und folgt
konsequent dem Leichtbaugedanken der Materialminimierung.
Dabei sollte außerdem das Tragwerk als gestalterisches Element
behandelt werden, was eine feine Ausarbeitung der Details erforderte. Prämisse neben der Vorfertigung war außerdem, dass möglichst alle Bauteile recyclingfähig sind, sowie die Flexibilität bei den
117
Installationen, um das Erneuern der Leitungsinfrastrukturen problemlos zu ermöglichen. Das bedingt die Vermeidung von vielen
Konstruktionsweisen, die im Bauen Tradition haben, wie der dauerhafte Verbund von Bauteilen oder fix verbaute Infrastruktur, und
führt zur Konsequenz einer modularen Bauweise.
Das größte Problem im modernen Bauen macht Sobek am Innovationsmangel fest, vor allem beim Klimakonzept von Gebäuden.114 Üblicherweise werden lediglich Normen erfüllt, oder man
baut einfach das Maximum an Komfort-Technologie
ein – aber an
Bedarfsvermeidung wird nicht gedacht. Diese muss vermittels eines
entsprechenden Energie- und Klimakonzepts ermöglicht werden.
Als Konsequenz daraus folgte eine weitere wichtige Prämisse: die
Emissionsfreiheit des Gebäudes. Im Sommer nimmt Wasser zum
Zweck von Heizung und Kühlung, das durch die Deckenelemente
fließt, Wärme auf. Das warme Wasser wird in einem Langzeitspeicher, der sich im Hang des steilen Grundstücks befindet, aufbewahrt und später im Winter zum Heizen verwendet. Sonst sind
keine Speichermassen vorhanden, außer dem Plattenfundament,
welches aber gar nicht erst bauphysikalisch in Rechnung gestellt
wird. Das Klimakonzept setzt die Rundumverglasung dazu ein,
eine konstante Temperatur zu gewährleisten. Denn der Glaskubus
wird aus dreifacher Isolierverglasung mit Gasfüllung und metallbedampfter Folie gebildet, welche Infrarotstrahlung abhält. Im obersten und im untersten Geschoss befindet sich je eine Tür, die zur
Lüftung verwendet wird; dazwischen weist jedes Geschoss mindestens zwei Klappfenster auf, die mit Sensorsteuerung versehen sind.
Die mechanische Be- und Entlüftung arbeitet mit Wärmerückgewinnung. Das Erdreich wird als Wärmequelle und -senke zur Vorwärmung oder -kühlung der Frischluft verwendet. Diese Zuluft
wird über einen Erdwärmetauscher unterhalb der Fundamentplatte
118
geführt. In diesem KreuzstromWärmetauscher wird im Winter
die Wärme der Fortluft zur Vorwärmung der Zuluft verwendet.
Dadurch werden Lüftungswärmeverluste auf ein Drittel reduziert. In der warmen Jahreszeit
bietet dieses Prinzip eine energiefreie Kühlung der Zuluft. Die
Registerfläche der Heizkühlelemente an den Decken entspricht
beinahe der Hälfte der Wohnfläche, deshalb sind sehr geringe
Vorlauftemperaturen möglich.
Dadurch wird der heiße Kopf
vermieden, der üblicherweise
eine Deckenheizung unattraktiv macht. An der Untersicht
der hölzernen Decken wirken
die Register der Heizkühlelemente auch als Dämmung für
den Trittschall, was noch durch
Absorber unterstützt wird. Geschossweise wird die Temperatur vollautomatisch geregelt.
Die Photovoltaikanlage auf dem
Dach liefert den Strom für den
Antrieb der mechanischen Lüff
tung und der Wärmepumpe.
Das öffentliche Netz wird als
Speicher bei Überkapazität ge-
Abb. 10 Haus »R128«: Lageplan mit Steg
zum Hauseingang.
119
nutzt. Alle Leitungen liegen in vertikalen und horizontalen Kanälen, um die nötigen Anschlüsse dort machen zu können, wo sie gebraucht werden. Sie sichern damit aber auch die rasche Erneuerbarkeit der Leitungsinfrastrukturen, was besonders für die sich schnell
entwickelnde Informationstechnologie wichtig ist.
Futuristisch komfortabel wird R128 für seine Benutzer durch
den Einsatz eines Gebäudeautomationssystems, das unter anderem
die automatisierte Steuerung der Komponenten des Energie- und
Klimakonzeptes ermöglicht. Es übernimmt weiters die Steuerung
von Sensoren und ermöglicht Aktuatoren die selbsttätige Erledigung von allerlei häuslichen Funktionen. Wollen aber die Bewohner in die technische Orchestrierung eingreifen, ermöglicht etwa
Gestiksteuerung die Badearmaturen und den Kühlschrank zu bedienen, über Touchscreens wird die Raumtemperatur und die Innenbeleuchtung geregelt. Die Lichtanlage und die Eingangstüren
werden per Fernbedienung oder Sprachsteuerung geregelt.
Insgesamt ist Werner Sobeks R128 ein ambitioniertes Stück Architektur, das überzeugend vielen wichtigen Ansprüchen von Nachhaltigkeit gerecht wird: Der ökologische Aspekt von Nachhaltigkeit
ist durch das raffinierte System der energetischen Autarkie im Plusenergiehaus erreicht, der ökonomische durch den radikalen Einsatz
zukunftsweisender Technologien für die Automatisierung von Ressourcenschonung und Bedarfsvermeidung im Zusammenspiel mit
dem Komfort ihrer Nutzung. Was den sozialen und damit gewissermaßen auch den kulturellen Aspekt von Nachhaltigkeit betrifft
erhebt Sobek den Anspruch, bei seinem Entwurf nicht auf Hergebrachtes zurückzugreifen. Aber abgesehen davon, dass dieser Anspruch selbst in der Tradition der Avantgarde des 20. Jahrhunderts
steht, zeigt sich das Gebäude den Formvorstellungen eben dieser
klassischen Moderne verpflichtet. Die kubische Form des Gebäudes
120
mit seiner von Mies van der Rohe inspirierten Konstruktion und
mit dem Steg, den man zum Hauseingang im obersten Stockwerk
überquert, verleiht dem Haus einen abgekapselten Eindruck, von
dem man annehmen möchte, dass er die energetische Unabhängigkeit widerspiegelt. Aber beides verweist auch auf die Tradition der
klassischen Moderne, wie der Anspruch, die Produkte verschiedener
Industrien als Vorbild zu verstehen und zu integrieren.
Die gläsernen Außenflächen hingegen zeigen den Wunsch nach
Offenheit, sie entmaterialisieren und verwirklichen Le Corbusiers
Ziel der gesteigerten Effizienz der modernistischen Konstruktionen. Doch die Offenheit hat allerdings nur eine Richtung – von
innen nach außen. Menschgemachte Natur, bestehend aus umfangendem Hang und Pflanzen, wird zum Luxus-Konsumartikel,
als ein diffus begrenzter architektonischer Raum zum Zweck des
Blickschutzes. Vielleicht ist das der ultimative Luxus der architektonischen Zukunft: sich nicht vor Blicken schützen zu müssen, in
einer sozial abgekapselten und technisch adaptiven, transparenten
Hochleistungshülle zu leben und sich so Natur zu eigen zu machen, deren Unschuld man den Augenschein der eigenen Intimitäten anvertrauen kann. So referiert R128 als eine Art environmental
box, auch auf die Popmoderne mit Reyner Banhams und François
Dallegrets ›environmental bubble‹ von 1965, die weiter unten detaillierter besprochen wird. Womit R128 die beiden Generationen der
Moderne in der Architektur verbindet. Mit dieser verschränkten
Inszenierung von Natur und Automation kann das Haus kaum als
massentaugliches Beispiel dienen. Dennoch, und wohl auch gerade
deshalb, ist das Ergebnis Architektur, eine Architektur der radikalen Intimität. Diese ausschließlich für die Bewohner demonstrierte
Offenheit wird durch die elektronische Abgrenzung des »Nukleus
Haus« nach außen noch verstärkt. Die Richtung von außen nach
innen ist nicht nur »natürlich«, sondern auch elektronisch gefiltert.
121
Durch Kameras, Zugangsbeschränkungen, Leitungs- und Austauschsysteme, Zwischenspeicher, ganz wie es üblicherweise für
die Privatheit eines Einfamilienhauses als angemessen empfunden
wird. Der Eingangsbereich ins Haus selbst ist, nach all den selbsttätig wirkenden natürlichen und technischen Schwellen, lapidar. Es
gibt keinen Vorraum, keinen Windfang oder sonstige Schwellensituation. Die Eingangstür führt direkt in die Küche. Ungewöhnlich, dieses Merkmal einer Substandardwohnung in einer LuxusVorzeigearchitektur. Betritt man nun erneut die Küche, fällt der
Blick weder auf die umgebende Natur noch auf die hingebreitete
Stadt, sondern auf den Bildschirm des ans Internet angeschlossenen Kühlschranks mit der Auflistung des Inhalts. Vielleicht ein
kleiner architektonischer Trick für die Automatisierung eines häuslichen Begehrens, vielleicht aber auch ein Verweis auf die Bedeutung als abgekapselter, vernetzter Nukleus. Insgesamt jedenfalls ist
damit die klassisch-heroische, moderne bürgerliche Villa mit ihrer
zurückhaltenden Repräsentation in die Epoche digitaler Infrastrukturen, mit dem Ansatz von Nachhaltigkeit, übertragen worden.
2006, Robotische Dezentrierung und Destabilisierung;
R & Sie auf dem Holzweg
Frac Centre, Orléans, 21:33. Im Labyrinth kalt-grüner Wände sucht
sich die bereits etwas entnervte Architektin ihren Weg in die aktuelle Ausstellung der Architektursammlung. Wand, das ist hier etwas
Gläsernes, aber auch Raues. Dünne grüne Stäbe ragen in den Bewegungsraum und polarisieren ätherisches Licht. Seit dem letzten
Besuch zeigen sich der Eingang genauso wie die anschließenden
Gänge völlig verändert. Nicht zu sehen ist hingegen der Industrieroboter, der die Glasstäbe permanent zu neuen Raumkonfigurationen umsortiert. Aber das andauernde, leise, rhythmische Knirschen
122
Abb. 11 FRAC Centre, Orléans, Frankreich, Projekt Holzweg von R & Sie.
Industriemontageroboter beim assemblieren der Glasstäbe.
dürfte von der gigantischen Maschine herrühren. Wollte man sich
im Labyrinth des permanenten Umbaus seinen Weg selbst suchen,
wäre dies eine zeitraubende und frustrierende Angelegenheit. Denn
ohne Satellitenortung wäre ein einigermaßen brauchbarer Weg
durchs Labyrinth nicht zu finden. Zwar werden am Eingang hauseigene Navigationssysteme verliehen, oder man hat seine App dabei,
doch selbst damit ausgestattet tappt man einige Zeit ohne ein Gefühl der Orientierung durch das labyrinthische, grüne Raumnetz
aus Glas. Während die Protagonistin über die Travestie von NeoMinimalismus grübelt, zeigt der Bildschirm schließlich die letzte,
unübersichtliche Ecke. Und da ist endlich die durch den gläsernen
Anbau namens Holzweg verstellte alte Tür ins Gebäude.
123
Dauer und Festigkeit werden von den Avantgarden der Architektur
seit Generationen hinterfragt – entweder als menschliche Bewegung in technologisch entstandenen Räumen oder als technologische Veränderung von Räumen. Hier im R & Sie-Projekt Holzweg
wurden Individuum und Technologie einander ausgeliefert, um die
vielen unterschiedlichen Wahrnehmungen von Raumsequenzen
spürbar zu machen. Der traditionelle Hintergrund115 solcher Überlegungen findet sich in der Technik- und Medientheorie der 1960er.
Dort wurden die antiken und frühmodernen Quellen referiert, um
die Beziehungen zwischen Mensch und Technik als Erweiterung
und organische Projektionen zu untersuchen. Diese Ideen von Extension und Simulation unterschieden Techniken und Technologien kaum. Dabei blieben Körper zentriert und Raum stehts stabil gedachte Kategorien. Doch Navigationsgerät und permanenter robotischer Umbau verwischen diese alte Vorstellung von einer
dualen Gegenüberstellung isolierter Kategorien. Die Kinetik von
Holzweg ist nun eine andere als die, welche Nicolas Schöffer in
die Regelkreise kybernetischer Architektur weiterführte. Denn sie
lässt nicht die Statik von Malerei und Skulptur hinter sich mit dem
Effekt der wechselseitigen Destabilisierung von Raum wie der Dezentrierung von Körper.
Holzweg, als Begriff, steht für Irrtum oder einen nicht zielführenden Weg. Weil der Begriff einen Weg bezeichnet, der ins soziale Nichts der Einsamkeit eines Waldes führt. Aber in der Gegenrichtung betrachtet, dient solch ein Weg zur Ausbeutung natürlicher Ressourcen und damit der Rekonstruktion einer Kultur. Das
Projekt Holzweg will nicht Körper durch Raum und gegengleich
erklären. Sondern eröffnet ein zielloses und dennoch generierendes
Oszillieren dazwischen.
An Buckminster Fullers Dymaxion Haus hatte Sigfried Giedion
den Roboter scharf kritisiert, der wie ein Tyrann den Kern des Hau124
ses besetzt und zur Saat eines modernistischen Gefängnisses macht.
Hier ist die autonome Maschine Roboter nach wie vor abstrakt
in Relation zur Gebäudenutzung. Aber ihr Zweck ist nicht mehr
Synergie im Komfort verpflichtet, der handelnden Ästhetik einer
Lebensführung. Vielmehr wird eine Ästhetik der direkten, unteilbaren, somatischen Erfahrung angestrebt. In Constants wucherndem Raumnetz hatte Umbau die Stellung von kreativ-kollektivem
Spiel. Wie in New Babylon ist auch am Holzweg die Automation
verborgen. Kollektives Spiel ist zugunsten individueller Navigation
aufgegeben. Permanenz und Stabilität wird unter radikaler Reduktion der visuellen Wahrnehmung von individuellen, episodischen
Empfindungen ersetzt.
2007, Anonyme, temporäre Kollektive;
Jury Hahns Play Megaphon
Times Square, New York, 15:48. Eine Gruppe Menschen steht schreiend auf dem Gehsteig. Jeder brüllt in sein Mobiltelefon, doch niemand hört hinein. Erstaunlicherweise schauen alle in dieselbe Richtung. Ist das eine Manifestation, welche Anliegen werden hier vertreten? Niemand verteilt Flugzettel oder trägt Transparente. Doch
an der Medienfassade der gegenüberliegenden Straßenseite sind
lustige Figürchen dabei zu beobachten, wie sie nach oben wandern.
Niemand in der zufällig versammelten Gruppe findet Zeit, über gesellschaftlichen Zusammenhalt durch Wettbewerb nachzudenken.
Denn wer lauter in sein Handy brüllt, hat das schnellere Figürchen
und mit etwas Glück und guter Stimme ist es als Erstes oben. Individuelle Aufmerksamkeiten und architektonische Repräsentation
sind mit diesem kollektiven Spiel in dichte Beziehung gesetzt.
Die Fassade ist das prominenteste äußere Repräsentationsmittel
der Architektur. Mit dem Einzug von LED Technologie in Fassa125
den wird eines der prominentesten Bauelemente einer grundlegenden Revision unterzogen, doch die Entwicklung beeinflusst noch
weitere Bereiche. Diese Veränderung steht nicht für den Beginn
der Bespielung des urbanen Raumes mit visuellen, elektronischen
Medien, denn das war in den 1920ern. Es geht hier auch nicht um
Trivialisierung der öffentlichen Sphäre, denn das hatte die Populärkultur der 1960er-Jahre
erledigt. Vielmehr wird heute die Repräsentation und gleichzeitig die Möglichkeiten zur Verhandlung
von gesellschaftlichem Zusammenhalt neu organisiert. Was medial im Privaten geschieht, passiert im urbanen Maßstab vermittels Medienarchitektur. Fassade als Bildschirm verweist also auf
die grundlegende Neuorganisation der Repräsentationsebene von
Architektur.
Mit Urban Screens und Medienfassaden sind zwei dominante
Formen neuer Medienschnittstellen für den öffentlichen Raum
entwickelt worden, die dort durch ihr Aufmerksamkeit heischendes Flackern besonders auffallen. Doch zwischen Screen und Fassade hat sich längst eine Gradation von Größen entwickelt, die auf
der einen Seite der Skala von Riesenbildschirmen und auf der anderen von kleineren Fassaden(teilen) gestellt wird. Einen wichtigen
architektonischen Unterschied macht es, ob das bildgebende Element vorgefertigt ist oder maßgeschneidert für das jeweilige Gebäude entwickelt wurde. Maßgeschneiderte Bildgeber können auf
verschiedenste Eigenschaften verzichten, die für Screens charakteristisch sind, wie Ebenheit, Rahmung, Homogenität der Auflösung,
Flachheit des Bildgebers, Undurchsichtigkeit und Kohärenz der
Fläche. Doch darüber hinaus finden sich jeweils außerhalb der Pole
dieser neuen architektonischen Medien weitere Medienschnittstellen in allen menschlichen Maßstabsbezügen. Beim gesteigerten
Maßstab finden sich technisch ausgereifte Möglichkeiten wie etwa
die international längst geächtete Möglichkeit der Projektion auf
126
Abb. 12 Neue Mediensysteme fusionieren mit unterschiedlichen architektonischen
Maßstäben. Mobiltelefone als Interaktionsschnittstelle zu öffentlichen Screens
und individuellen wie kollektiven Aufmerksamkeitsmomenten.
Wolken, doch auch allerlei Flugobjekte könnten mit Bildgebern
ausgestattet werden oder Schrift an den Himmel drucken. Ein dahingehend interessantes Laborexperiment sind Mikro-Helikopter,
die für sich jeweils ein Pixel darstellen und massenhaft, in Formation geflogen via Schwarmsteuerung räumliche Bilder erzeugen
könnten.116 Auf der Bildgeberskala in Richtung Verkleinerung findet man selbstredend die Masse der verschiedenen »Wearables«,117
allen voran Mobiltelefone. Hochspezialisierte Screens, wie etwa für
diagnostische Spezialmedien, setzen Mikro-Bildgeber bis zu einer
Bildschirmdiagonale bei LCD von etwa einem halben Zentimeter
ein. Sie beziehen sich nicht auf einen verkapselten Privatraum im
Öffentlichen wie Wearables, sondern auf den menschlichen Körper. So finden sich im Alltag öffentlicher Räume digitale Medien
127
durchgängig über all jene Maßstabsbezüge skaliert, die für Architektur und Urbanistik von Bedeutung sind.
Die treibende digitale Medieninfrastruktur tritt im Unterschied
zu den klassischen alten Medien nicht mehr vermittels einer spezifisch zuordnungsfähigen Schnittstelle auf, die sie als Einzelmedium
identifizierbar werden ließe. So wie Radio, TV und Telefon spezifische Interfaces auf Basis spezifischer Infrastrukturen für spezifische
Kommunikationsformen hervorbrachten. Stattdessen werden vielerlei Interfaces auf der Grundlage digitaler Infrastruktur entwickelt,
welche die alten und die vielen neuen Infrastrukturen durch digitale
Technologie vereinigt und erweitert. Als urbanes Chamäleon betont dieser Medienbegriff weniger die Einheitlichkeit der Schnittstellen als die seiner Infrastruktur. Mensch-Maschine-Schnittstellen entscheiden über die Akzeptanz eines Mediums,118 Infrastruktur hingegen über den Grad der Verfügbarkeit und Zugänglichkeit.
Zwar sind digitale Medien bereits ubiquitär, doch zeigt die individuelle Alltagserfahrung, dass sie in unterschiedlich dichter Packung auftreten und diese Dichte raschen Wandlungen unterzogen
ist. Das rührt nicht nur vom wechselnden Medienangebot an unterschiedlichen Orten her. Vielmehr entfaltet sich dieser Effekt aus
dem Zusammenspiel individueller Mobilität, unterschiedlicher Tageszeiten, veränderter kommerzieller Interessen und vor allem unsteter individueller Aufmerksamkeit und wankelmütiger Verwendung. Mediendichte, hier als die Dichte der individuellen Nutzung
verstanden, ist deshalb nicht deckungsgleich mit urbaner Dichte.
Vielmehr erstrecken sich Zonen einer bestimmten Mediennutzungsdichte nahtlos über Grenzen urbaner Dichtezonen. Durch
die Art der Benutzung sowie die Mobilität und Flexibilität der Interfaces werden groß-, vor- und kleinstädtische, rurbane genauso
wie rurale Gebiete trotz unterschiedlicher Infrastrukturdichten auf
die gleiche Weise digital-medial augmentiert.119
128
Individuelle Aufmerksamkeiten und Maßstäbe gliedern die neuen
digitalen Mediensysteme bei ihrer fortschreitenden Fusion mit architektonischen Räumen. Ihre Maßstäbe ordnen sie jeweils gewissen individuellen Körper- und Aufmerksamkeitsmomenten zu.
Aufmerksamkeit steht am Beginn von Interaktionen, von reziprokem Handeln oder Einfluss. Ada, die autonome Technologie zur
Automation eines öffentlichen Raumes, individuiert ihre Nutzer
auf imperative Weise. Leute spielen mit Ada, nicht miteinander.
Ada gibt Regeln und Ziele vor. Play Megaphon stellt eine Plattform, um gegeneinander zu spielen. Bei Constant wie bei Price war
das Spiel Mensch-Automat ohne Scores gedacht, ohne Wettbewerb. Im Verlauf der Jahrzehnte ist in Architekturprojekten wohl
unbemerkt eine inhaltliche, wenn nicht ideologische Verschiebung
der Werthintergründe von Spiel oder Game vollzogen worden.
Spiel steht eher für endlos interpretierbare, ziellose, nicht direkt
zweckgebundene Abläufe. Game steht eher für bestimmte Interpretationen, Zweckorientierung, mit den Zielen von Wettbewerb
und Wertung. Game hat einen vorhersagbaren Ausgang, Spiel
nicht. Eine neue Ausdrucksform von Fassaden, für die architektonische Ästhetik der Repräsentation, wird durch die gameartige
Steuerung des dynamisch gesetzten Ornaments erreicht. Kulturelle
Trivialisierung im Kontext von urbaner wie ruraler Medialisierung
generiert temporäre, anonyme Kollektive. Fassade repräsentiert
eine visuelle Metapher für sozialen Wettbewerb. Das ist die neue
Form des Anteils am Gemeinwesen bei der gilt, Bürger ist gleich
Benutzer von Infrastrukturen durch Interfaces.
129
Achsen & Risse
In den »Obsessionen« war zu sehen wie sich vielfältige Ideen aneinanderreihen, die von unterschiedlichen Protagonisten zu unterschiedlichen Zeiten erforscht und zu Themen der Architektur gemacht wurden. Im Folgenden geht es darum, den diskursiven Umraum dieser Ideen auszuloten und wie ein Gebäude aus Konzepten
auszumessen und zu skizzieren. Bei der Vermessung gilt es die Achsen entlang bis zu ihren Polen zu gehen und im Netz der Risse Felder zu betreten, die bislang nicht aufgesucht wurden. Hier werden
nicht mittels Metaphern, Analogien und Negationen Differenzen
entwickelt, um etwa den Unterschied zwischen den Konzepten automatisierter Architektur und postmoderner Architektur zu konstruieren. Vielmehr wird ein Modus für die Abbildung von Themen des Diskurses vorgestellt, die relevant werden, wenn man die
zeitgenössischen Technologisierungen und Medialisierungen analysieren oder konzipieren will. Dazu ist das Verständnis von Kriterien wichtig, die einen kulturellen Diskurs ausrichten und strukturieren. Ein Diskurs zu einer bestimmten Zeit beschäftigt sich mit
Themen, die von den Diskurs dominierenden Organen, wie einflussreichen Kritikern, Schulen und Medien, als bedeutend angegeben werden. Das heißt aber nicht, dass darin die Bedeutung der
Themen einer Epoche oder die Wahrheit der Diskurse offenbart
ist. Immer existieren auch Strömungen, denen wenig Bedeutung
beigemessen wird und die gleichzeitig ihrer Zeit Probleme mit der
Kategorisierung bereiteten. Da aber die wahrscheinlichen Themen
eines geführten Diskurses nur ein Teil der möglichen Themen sind,
deutet dieser Umstand ein Potenzial zur Verlagerung oder Inversion der kulturellen Prozesse selbst an.
Wie im Abschnitt Obsessionen wird keine systematische Analyse im üblichen Sinn geliefert, sondern es gilt die Komplexität der
131
Materie zu erhalten, anstatt sie zu vereinfachen. Dies bildet schließlich ein umfassend skizziertes wie heterogenes Konzept für die ansonsten getrennt geführten Diskussionen über Medialisierung und
Technologisierung in der Architektur. Einerseits werden durch etablierte Diskurse Themen außerhalb in den Hintergrund gedrängt,
sodass niemand danach zu fragen wagen würde. Dennoch könnten
daraus interessante Fragen entwickelt werden. Michel Foucault beschreibt Diskurs als »ein komplexes Bündel von Beziehungen …,
die als Regel funktionieren: Es schreibt das vor, was in einer diskursiven Praxis in Beziehung gesetzt werden musste, damit diese
sich auf dieses oder jenes Objekt bezieht, damit sie diese oder jene
Äußerung zum Zuge bringt, damit sie diesen oder jenen Begriff benutzt, damit sie diese oder jene Strategie benutzt.«120
In Anlehnung daran wird hier angesetzt, den existierenden Diskurs entlang seiner konstituierenden Achsen und Risse zu dekonstruieren, um das bislang, zumindest in der Architektur, nicht erörterte Phänomen der Automatismen einzuführen. Dabei treten allerlei soziokulturelle Themen auf, deren potenzielle Implikationen
signifikant für den technomedialen Diskurs der Architektur sind.
Im Essay werden Risse vermessen. Sie sind Evidenzen für signifikante Maßpunkte, die als Pole wirken. Die Achsen zwischen den
Polen der Diskurse sind weiters durch ihre Raumlagen und Gradienten bestimmt. Der Begriff Achse soll auch nahelegen, dass entlang der diskursiv ausgerichteten Diskussionsstränge jeweils eine
diakritische Position einzunehmen ist. Der Begriff Riss drückt aus,
dass viele dieser Achsen voneinander unabhängig und dennoch
Teil desselben Diskurses sind. Als vielfach ausgerichtetes Netz verunmöglichen sie bestimmte Verbindungen, fassen aber andere in
Felder ein und gliedern sie zueinander.
Der Diskurs der Ideen, die aus transgressiven Obsessionen hervorgegangen sind, stellt ihre Protagonisten letztlich in den Hinter132
grund der entstandenen Themen. Denn wenn sie soziokulturell nur
annähernd so wirken, wie Borges es am Beispiel von Kafkas Werk
ausführt, wirken sie gleichermaßen retroaktiv und proaktiv. Durch
die Rezeption Kafkas hat sich eine Art Konditionierung der kulturellen Wahrnehmung von Literatur eingestellt. Borges schreibt, ein
solches Werk »… modifiziert unsere Auffassung von der Vergangenheit genauso, wie sie die Zukunft modifiziert. Für diesen Wechselbezug ist die Identität oder Pluralität der Menschen ohne Bedeutung.« Bestimmte Themen werden soziokulturell dominant und
gleichermaßen sinnvoll für die Betrachtung der Vergangenheit wie
für die Vorstellungen über potenziell Zukünftiges. In Wechselwirkung strukturieren sie den zeitgenössischen Diskurs. Deshalb bieten auch für diesen Abschnitt des Essays historische Ansätze keine
adäquate Beschreibungsform.
Borges Beschreibung bildet implizit auch einen soziokulturellen
Automatismus ab, wie Themen für den Diskurs entstehen und wie
sie wirken. Für Foucault stellt sich das in der kulturellen Mannigfaltigkeit als »Kampf um die Wahrheit«121 dar. Ist dieser schließlich
ausgefochten, sind damit seine Themen als eine Art Wahrheit im
Architekturdiskurs etabliert. Hier wird das Konzept der Automatismen angeboten, um technomediale Themen im Architekturdiskurs in einer Weise aufzugreifen und Fragen stellen zu können, die
im üblichen Diskurs nicht möglich wären. Damit entstehen etwas
andere Blickpunkte, ohne den Anspruch, die etablierten Zugänge
eliminieren zu wollen. Eines von vielen Themen im Teil »Achsen
oder Risse« stellt die metaphorische Verwendung des vielfältigen
Begriffs »der Maschine« vor: Sie wird eben nicht durch Le Corbusiers bedeutend gewordene Verwendung in ihrer historischen Bedeutung für die Architektur abgehandelt. Von den 1920er-Jahren
ausgehend, wird vielmehr eine von Architektur unabhängige Untersuchung in beide Zeitrichtungen gestartet. Sie zeigt, wie kon133
zeptuelle Eigenschaften und Verwendungen von Maschinen zu
unterschiedlichen Konzepten führten, die im Architekturdiskurs
zwar wirken, jedoch ohne expliziten Niederschlag zu finden – wie
Automatismen.
Der Automatisierbarkeit von Vorgängen scheinen kaum mehr
technische Grenzen gesetzt. Aber soziokulturelle Grenzen, Wertvorstellungen und Ziele gilt es erst zu formulieren, zumindest für
die Architektur. Was in der gebauten Umgebung einer Kultur sollte
man automatisieren? Welche Begehren würden die Mitglieder ihrer
Gesellschaften in Automation verwirklicht sehen wollen? Welche
Vorgänge brauchen menschenunabhängige Steuerung?
Wenn es um das Entfernen, Ersetzen, Verschieben, Zuordnen
oder Transponieren der menschlichen Agentenschaft und Arten
der Zweckorientierung geht, stellen sich Fragen, was danach
kommt. Welche Themen werden im Zuge der automatisierten Einflussnahme auf die menschliche Umgebung wichtig? Noch konzipieren, entwickeln und designen Menschen Automaten. Aber
nicht nur menschliche Einflussnahme soll ersetzt werden. Es geht
bei der Automation auch darum, Fähigkeiten und Effekte zu realisieren, die ihre Inspiration nicht aus menschlichen Fähigkeiten
schöpfen. Hingegen bieten Automatismen in physikalischen, physiologischen, soziologischen, psychologischen und ähnlichen Zusammenhängen eine unüberschaubare Vielfalt an Wirkungen, die
potenziell Kandidaten sind, technologisch automatisiert zu werden,
die wiederum zu größeren automatisierten Wirkeinheiten gefasst
werden können.
Automatismen und Automation stehen in einer merkwürdig komplexen und teilweise selbstreferenziellen Beziehung. In sehr großen Bereichen der Produktion, der Verwaltung, Logistik, Wartung
134
und teilweise der Bildung, der privaten Lebenswelt sowie der direkten zwischenmenschlichen Kommunikation wird Automation
eingesetzt, verwirklicht durch Industrieautomation, Büroautomation und ähnliche Anwendungsgebiete für Automaten.
Interessant ist zu beobachten, dass im Verlauf der Entwicklung des Internet, im Bereich der digitalen Medien allgemein, aber
auch bei der digitalen Steuerung der Infrastrukturen der Terminus Automation nach den Anfangsjahren verschwunden ist. Nur
um ein Beispiel zu geben, nannte Buckminster Fuller eine seiner
zahlreichen Publikationen 1962 »Education Automation«, in der er
seine Vision von Lernen unter dem Eindruck der entstehenden
Informationsrevolution darlegte. In den Beziehungen von Lernen,
Kommunikation und Information ist der Terminus Automation
verschwunden. Wohl um das Neue an den Entwicklungen hervortreten zu lassen und statt auf die Funktion auf ihren Effekt zu
fokussieren – den Aspekt vom Medium. Dieser ist ein Effekt vor
dem technologischen Hintergrund, der aus Automaten gebildet ist
und Automation durchführt. So vielfältig »das Internet« und »digitale Medien« auch sind, sie basieren auf Automationstechnologien.
»Internet« ist unter anderem auch eine Worthülse für Automation
bestimmter Arten von Kommunikation in Ökonomie, Politik, Privatheit, der Lebenswelt allgemein. Medialisierung ist der bedeutendste Effekt der fortschreitenden Automatisierung dieser Felder. Digitale Steuerung ist eine Bezeichnung für die Automation
der Optimierung und Logistik der Infrastrukturen der zeitgenössischen Gesellschaften, je nach Diskurs der Wissens-, Informationsoder Netzwerkgesellschaft. Überall dort finden Medien Verwendung, während diese gleichzeitig durch Medien auf mannigfaltige
Weise vereinnahmt und damit transformiert werden. Aber es ist der
Hintergrund von Automation, der mit medialen Effekten diese soziokulturelle Automatisierung nach sich zieht. Automation ist ein
135
Thema, das insgesamt Medien, aber gleichzeitig auch zunehmend
mehr Technologien betrifft, ob diese medialen Effekt haben oder
nicht. Automaten sind dabei die Geräte, die diese automatisierten
Zusammenhänge aufrechterhalten, mag ihr Substrat rein mechanisch, diagrammatisch oder digitale Hard- oder Software sein. Ihre
Inspirationen, Kompetenzen und Wirkhintergründe sind Automatismen die hier als einander ergänzende wie ausschließende Achsen
und Risse diskutiert werden.
»Wir sind es gewohnt, die Arbeit Tausender von Forschern und Erfindern
auf Probleme zu konzentrieren, deren Lösung für die Menschheit von
Wichtigkeit ist. Damals aber beschäftigte man wohl Menschenmengen
von diesem und noch viel größerem Ausmaß in Fabriken zu Massenherr
stellung, nicht aber zu Forschungszwecken und zu Erfindungen. Diese
blieben Einzelnen überlassen, und es ist leicht einzusehen, wie rasch
die Fortschritte erfolgt wären, wenn man Erfindungen nach ähnlichen
Grundsätzen produziert hätte wie Waren.«
Ri Tokko, Das Automatenzeitalter, 1930
Organisation & Artefakt
Ein Fachgebiet oder eine Domäne ist charakterisiert durch die
Dienstleistungen und Gewerke, die es für eine Kultur erstellt, die
Werkzeuge, um diese zu erstellen, und ihre eigene Organisation,
durch welche sie Arbeitstechniken, Kenntnisse und Wertvorstellungen zu ihrem speziellen inneren Gefüge strukturiert.
Gemäß dem Modell des »Informationszeitalters« wurden etwa
zwischen Mitte der 1970er-und Mitte der 1990er-Jahre
die Werkzeuge der Architektur umgewälzt. In diesem Zusammenhang werden die Denkformen sowie die Ideologien der Architektur bis
heute diskursiv justiert. Ersteres zeigt sich unter anderem darin,
dass die meisten analogen Arbeits- und Organisationswerkzeuge
der Architektur vermittels Computertechnologie durch digitale er136
setzt wurden. Der über Jahrhunderte von Hand geführte Stift, sei
es ein Stück Holzkohle oder ein Tuschefüller, wurde zum überwiegenden Teil gegen programmierbare Soft- und Hardware ausgetauscht. Große Bedeutung wird heute den Werkzeugen des Entwerfens zugeordnet, sind sie doch die Mittel zum augenscheinlichen Zweck der Architektur. Für die Moderne zogen die zu
Ende des neunzehnten Jahrhunderts neuen Materialien die Forderung nach neuen Konstruktionen und Produktionsweisen nach
sich. Doch zeitgenössisch beforscht Architektur den Bereich ihrer
neuen Werkzeuge sehr umfangreich und widmet ihm einen großen Teil ihres Experimentierfeldes. Die neuen Werkzeuge erzwingen die Ausformung von neuen Arten von Spezialisten innerhalb
der Domäne. Beforscht werden aber auch unzählige Einzeltechnologien im Bauen, sei es eine bestimmte Wandschichtung oder
ein komplexer Bauroboter, was eine weitere Ausdifferenzierung in
Subdomänen der Architektur vorantreibt.
Die zeitgenössische »Netzwerkgesellschaft« scheint die Auff
lösung von organisatorischen Hierarchien in einem dynamischen,
selbstorganisierten Fluss von Kompetenzen zu suggerieren. Dennoch hatten weder die neuen Werkzeuge noch die komplexer werdenden Einzeltechnologien zwingenden Einfluss auf die innere
Ordnung von Architektur: Zwar wurden mit dem neuen technologischen Selbstverständnis vom Informationszeitalter neue Organisationsstrukturen zur Entstehung von Architektur entwickelt, wie
etwa der gleichberechtigte Zusammenschluss von Spezialisten in
Teams,122 aber das ist historisch nicht ohne Beispiel und hat seinen
zeitgenössischen Hintergrund nicht nur in Kapitalintensität123 und
Komplexität der neuen Architekturwerkzeuge, sondern auch in den
prekären Arbeitsformen124 des neuen Kreativproletariats.
Nach wie vor sind das Gros der Architekturbüros sowie jegliche Architekturausbildung in traditionell hierarchischer Struktur
137
organisiert. Sie folgt dem Muster des Renaissanceateliers. Das Informationszeitalter hat daran genauso wenig verändert wie die vergangenen Phasen der Industrialisierung, der Mechanisierung, der
Elektrifizierung, der Kybernetisierung oder der Digitalisierung der
Gesellschaft.
Um die Architektur für die gleichberechtigte Netzwerkgesellschaft zu erlernen oder zu entwickeln, stellen sich ihre Protagonisten in eine uralte, streng hierarchische Struktur. Dazu steht die Verwendung der neuesten digitalen Werkzeuge in heftigem Kontrast.
Außerdem konnte sich trotz tradierten Strebens nach Immaterialität, unterstützt durch die »Informationsrevolution«, das Architekturschaffen selbst nicht als Transfer von immateriellem Wissen
etablieren. Nach wie vor wird architektonische Expertise materiell
weitergegeben. Materielle Objekte sind unumgänglich, um Architekturleistung verständlich zu machen, zu kommunizieren, zu bewerten, zu verrechnen und zu realisieren. Ohne Plan auf der Baustelle, ohne Bild auf dem Screen oder im Magazin, ohne Modell
in der Galerie werden die Werke der Architektur weder realisiert
noch rezipiert.
Trotz des massiven Impacts des Informationszeitalters bleibt die
Organisationsstruktur der Architektur hierarchisch und ihre Gewerke materielle Artefakte.
»Where is the wisdom we have lost in knowledge?
Where is the knowledge we have lost in information?«
T. S. Eliot, Choruses from The Rock, 1934
Materialität & Ephemerisierung
Zeitgenössisch besticht Architektur durch heterogene Vielfalt.
Mögen die Ansätze medial, performativ, adaptiv, reaktiv, smart, pa138
rametrisch oder atmosphärisch sein, sie sind in Auseinandersetzungen über ihre eigene Zukunftsträchtigkeit verstrickt. Man kann
heute demzufolge vom Ende der Postmoderne in der Architektur
sprechen. Diese Phase der Pluralität könnte die revolutionäre Befreiung vom Zwang zum Stil oder einfach die Suche nach Neuorientierung bedeuten. Trotz aller Vielfalt finden sich im populären
zeitgenössischen Diskurs dennoch Gemeinsamkeiten. Zaha Hadid
beschreibt sie so: »All elements of architecture become fluid, ready
to engage with each other and with diverse contexts leading to an
overall intensification of relations. This … is architecture’s response
to the 21st century network society.«125
Ziele, Konzepte, Werte, Funktionen, Ästhetik und Rezeption
von architektonischen Arbeiten stehen immer im soziokulturellen
Kontext der Zeit ihrer Verwendung. Netzwerkgesellschaft126 drückt
zeitgenössische Formen gesellschaftlichen Zusammenhalts aus.
Der Soziologe Manuel Castells bezeichnet den Raum, den diese
Gesellschaftsform ausprägt, als mannigfaltige »Spaces of Flow«.127
Es sind die Räume einer Infrastruktur elektronischer Impulse, die
in ihren Knoten und Verteilern strategische Eigenschaften ausbilden, vermittels der Organisation durch eine Machtelite. Als potenzielle Auftraggeber sind gesellschaftliche Eliten für Architekturschaffende sehr wichtig. Der zum Gemeinplatz gewordene Begriff
der »Netzwerkgesellschaft« ist flankiert vom 25 Jahre länger in Gebrauch stehenden Begriff der »Wissensgesellschaft«; beide beziehen sich aufeinander.128 Dabei wird davon ausgegangen, dass die
wichtigsten Ressourcen nicht mehr Arbeit, Rohstoffe und Kapital sind. Die waren wichtig für die industrielle Basis der Gesellschaft. Wichtigste Ressource für die nach-industrielle Gesellschaft
ist nunmehr Wissen. In diesem Zusammenhang stellt der Begriff
vom Netzwerk die Metapher für die Art, wie die Ressource Wissen
erzeugt und verwertet werden kann.
139
Für Architekturschaffende kann man zusammenfassen, dass
Netzwerkgesellschaft und Wissensgesellschaft zueinander komplementär sind, wie sie auch einander diametral entgegengesetzt
stehen: sie ergänzen sich als Thematisierung der Struktur einer
Gesellschaft im Zusammenhang mit einer individuellen Position
in dieser Gesellschaft. Sie widerstreben einander als Ästhetik der
Macht gegenüber einer Ethik der Verantwortung. So treten beide
gleichermaßen als konkurrierende wie auch einander ergänzende
Beschreibungen der sozialen Struktur des zeitgenössischen »Informationszeitalters« auf.
Das Informationszeitalter folgt dem Industriezeitalter, ist die allgemeine Übereinkunft. Zeitalter sind ein historisches Konzept der
Periodisierung, wie etwa auch die Bronzezeit der Steinzeit folgte.
Die Einteilung orientiert sich an dem dominanten Material und
daran, wie es durch die Art seiner Verarbeitung in ausgewählten
Kulturen sinnstiftend prozessiert wird. Das jeweils dominante Material wird außerhalb der Kultur von natürlichen Ressourcen abgeschöpft und in die Kultur eingebracht und verarbeitet. Was zyklisch
von immer neuen Materialien abgelöst wird; heute ist das Material
Information, die Art seiner Verarbeitung ist Wissensproduktion und
-verteilung. Doch wenn die Betrachtung in Perioden auch manches
erkennbar macht, so verstellt sie zwangsläufig auch den Blick auf
andere, unterliegende oder weiterreichende Entwicklungen. Perioden können aufgrund der Grenzziehungen in der Zeit dazu führen, dass Bestimmendes übersehen wird oder weniger Maßgebliches überbewertet wird. Kulturen und ihre Gesellschaften haben
aber die Tendenz, sich heterogen und azyklisch über kürzere und
längere Entwicklungsstränge zu differenzieren und zu integrieren.
Information stellt den zentralen Begriff des Zeitenwandels dar,
wiewohl der Begriff auf viele, auch widersprechende Arten definiert129 ist. Im zwischenmenschlichen oder sozialen Aspekt ist In140
formation etwas, das dialogisch oder diskursiv verteilt, ausgetauscht
oder synthetisiert wird. In diesem Akt der Kommunikation stehen
Bedeutungen vorher nicht unbedingt fest, sondern werden wechselseitig hergestellt. Im technischen Bereich hingegen handelt es
sich um das Maß an Veränderung in einem System bzw. die Wahrscheinlichkeit für einen bestimmten Systemzustand unabhängig
von seinem Sinn oder seiner Bedeutung.130 Diese grundlegende
Änderung der materiellen Basis der Zivilisation wird von manchen
Autoren nicht nur als Informationsrevolution, sondern gar als wesentliche Weichenstellung für die menschliche Evolution131 verstanden, die lt. Lexikon etwa »… im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts einsetzte …« und eine »… Epoche des Übergangs von der Industrie- zur postindustriellen Gesellschaft …« begründet, »… die
v.a. durch den fortschreitenden Einsatz von modernen Informations- und Kommunikationstechniken gekennzeichnet ist«.132
Wo die Definitionen von Information immer wieder neu den
vielfältigen Kontexten der Verwendung des Begriffes angepasst
werden, bildet ein soziokultureller Umstand gleichsam die Achse
der Umwälzungen durch die Informationsrevolution: Das Informationszeitalter entwickelt seine Lebensgrundlage nicht mehr auf
der Basis von materiellen Dingen, sondern von nicht-materieller
Information. Aus dieser Perspektive betrachtet, ist das qualitativ
Neue am Informationszeitalter und seiner Netzwerkgesellschaft
nicht nur das Ende der zyklisch wechselnden Materialität, sondern
von Materialität überhaupt.
Doch betrachtet man Energie, den primären Rohstoff des Industriezeitalters, unter diesem Gesichtspunkt, stellt man fest, dass
sie ähnlich immateriell ist wie Information. Weshalb zeitliche Periodisierung nicht unbedingt die beste Weise darstellt, um den für
Architektur primären Entwicklungszusammenhang »Immaterialität« zu beschreiben und Hintergründe zu durchleuchten. Doch
141
Energie wird aus Wasser- oder Solarkraft von Quellen außerhalb
der Kultur abgeschöpft. Verschiebt man den Fokus des Verständnisses von den zeitlichen Material-Perioden auf die Fragestellung, wie sich das Prozessieren der dominanten Ressourcen kontinuierlich verändert und was deren Techniken und Technologien
sind, bietet sich eine etwas erweiterte Perspektive. Dann ist mit der
Dominanz von immaterieller Information der Zyklus vom Wechsel der prozessierten Ressourcen nicht zu Ende gekommen, aber
es wurde eine andere charakteristische Eigenschaften aufgegeben:
Neben der Materialität der wichtigsten Ressource verschwand auch
der Umstand, dass die dominante Ressource außerhalb der Kultur
abgeschöpft wurde. Information stammt aus den Kulturen selbst:
Will man Kultur als Regelkreis verstehen, so wurde er von einem
offenen zu einem geschlossenen. Die materielle Basis für Energie
können Muskel, Kohle, Wasser oder etwa Photonen sein. Ist in diesem Sinn Information ohne materielle Basis? Wohl kaum, denn
zur Übertragung, Speicherung und Verarbeitung von Information
ist irgendeine materielle Basis vonnöten, die codiert werden kann,
seien es Nervenzellen, Stein oder Elektronen.
Augenscheinlichstes Artefakt und gleichzeitig Substantivierung
der Zeitenwende ist »der Computer«. Derivat von Informationstechnologie, sind diese Art Apparate während ihrer Kumulation
von der Rechenmaschine zum Medienautomaten zu selbstverständlichen Werkzeugen des Architekturalltags geworden. Auf den
Druck des ab den 1950ern die Alltagskultur und die Gesellschaft
prägenden technischen Modells hatte Architektur, im Vergleich zu
anderen kulturellen Bereichen, schon relativ früh reagiert, was intern kontroverse Diskurse provozierte. Der Computer als in unterschiedlichste Gerätschaften und durch Infrastrukturen ihrer Vernetzung geronnene digitale Informationstechnologie, bildete das
142
neue technische Referenzmodell für die Bedingungen der Reproduktion der Gesellschaft und generiert somit eine neue Matrize für
die Produktion von Kultur. Einer der Gründe für die Umwälzungen in der Architektur selbst ist das Ende der Auseinandersetzung
um die Akzeptanz des Computers. Der Diskurs ob, wie und wo
»der Computer« in der kulturellen Sphäre Architektur schadet oder
nützt, wurde etwa von Mitte der 1960er-Jahre
bis Mitte der 1990erJahre geführt. Dabei wurde das Feld der Entstehung von Architektur neu abgesteckt.
Architektur hat das Konzept vom Informationszeitalter und seiner
Netzwerkgesellschaft für gegeben erachtet und aus anderen Diskursen übernommen. Architekturschaffende prüfen solche Konzepte nicht direkt. Vielmehr hat eine Kreativdisziplin wie Architektur ihr Selbstverständnis darin herauszufinden, was solch ein allgemein akzeptiertes Konzept für ihre eigenen Kompetenzen und
Wirkungsbereiche bedeutet.
Denn gerade wenn ein Konzept allgemeine Akzeptanz als Gemeinplatz findet, wird es für den Hintergrund der architektonischen Fragestellungen wichtig, weil es Werte bestimmt, der diese
Gesellschaft folgt. Um Ziele für Erzeugung und Rezeption von
Architektur zu entwickeln, dient ein solches Konzept dazu Fragen
zu stellen, etwa wie die prägenden Eigenschaften des Informationszeitalters in Architektur ausgedrückt sowie erfahrbar gemacht
werden könnten oder welche Funktionalitäten die Architektur des
Informationszeitalters erfüllen könnte, welche Ästhetik oder welchen Stil sie ausformt.
Architekturschaffende arbeiten daran, wie mit den zu ästhetisierenden und zu funktionalisierenden Charakteristika des Common
Sense der Epoche gebaut werden könnte.
143
Grundsätzlich findet sich Architektur mit der Tendenz der Moderne zur Ephemerisierung und Entmaterialisierung durch das
Konzept des Raumes im harmonischen Einklang mit den großen
Richtungen der Entwicklung der Zivilisation. Diese neue informationstechnische Basis der Kultur ist Geschenk und Offenbarung für
viele Avantgarden, die seit Beginn der Moderne der Architektur
am Paradox arbeiteten, die Materialität von Architektur zu überwinden und statt dessen eine immaterielle Architektur zu entwickeln. Die Ausrufung des Informationszeitalters stellt sich als Erfüllung modern-avantgardistischer Visionen von immaterieller Architektur aus ephemeren Strukturen dar. So wird, vom Erbe der
Moderne inspiriert, das Potenzial in Experimenten und Forschungen zu allerlei Aspekten ausgelotet. Raum, welchem architektonischem Konzept auch immer folgend, sei es Eingrenzung, Kontinuität von Ausdehnungen oder Erweiterung des Menschen, braucht
nicht mehr nur aus Stahl und Glas gepresst zu sein, sondern kann
aus Information codiert werden.
Doch erfüllte Aspiration entzog dem produktiven Aspekt des
modernen Paradoxons die wichtigste Grundlage und half mit, die
Ideologie der Moderne der Architektur weiter zu erodieren. Aber
als Befreiung vom Ballast des Materials und damit gleichzeitig der
Schwerkraft transformiert die tatsächliche Machbarkeit einer radikalen Immaterialität abstrakte Fragestellungen, die Architekturschaffende beschäftigen: Fragen nach Essenz oder Phänomen in
Fragen nach Virtualität oder Realität, Körperhaftigkeit in Performanz, adäquatem Ausdruck in adaptive Atmosphäre, Dauerhaff
tigkeit in Reaktivität, Proportion in Parametrizität, Bedeutung in
Medialität. Diese beispielhaft genannten Transformationen in der
Architektur treiben eine Wirkungsmacht von Architektur als kulturelle Sphäre an: Der vielfältige Einsatz von Technologie tritt in
Entwurf und Planung oder in den realisierten Eigenschaften der
144
Gebäude als funktionale, ästhetische und performative Qualitäten
auf. Unter den kulturellen Leistungen, die Architektur zu Zwecken
der Ausformung von Lebensräumen und Information von Bedeutungsträgern erbringt, ist im Verlauf der Geschichte ihr Umgang mit Techniken und Technologien bedeutsam geworden. Sie
schlagen sich im zeitgenössischen Architekturdiskurs als Themen
der methodischen Erzeugung133 nieder, als Gebäudeelemente134,
genauso als Konzepte135 – diese finden ein Gegenüber in Themen
des Diskurses wie Raum, Form, Ornament, Performanz, Medialität oder Atmosphäre, um nur einige zu nennen. Indem die internen Fragestellungen durch den Diskurs in der Architektur verändert werden, transformiert Architektur technologische Themen in
kulturelle Themen und vice versa. Dabei werden allerlei brauchbar
erscheinende Konzepte aus beliebigen Wissenschaften, bevorzugt
Biologie und Philosophie, herangezogen.
Am Beginn des zweiten Jahrzehnts des dritten Millenniums ist
ein technologischer Umbruch vollzogen, der »digitale Revolution«
genannt wurde und für manche136 gar die dritte industrielle Revolution bedeutet. Nachdem die Digitalisierung der dominantesten
technologischen, gesellschaftlichen und kulturellen Bereiche abgeschlossen ist, scheint die Entwicklung unumkehrbar und ohne direkte Alternative. Das Ende des technologischen Umbruchs provoziert eine Frühphase von Entwicklungen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die neuen digitalen Techniken zum Großteil
noch die alten analogen und mechanischen Techniken simulieren –
wobei gleichzeitig erste Ansätze für Eigengesetzlichkeiten entwickelt werden. So befinden sich die westliche Gesellschaft und ihre
Architektur am Beginn der postdigitalen Phase.
145
»Es handelt sich um das Problem, Menschen heranzubilden,
die ihr eigenes Wesen genügend verstehen, um die Kräfte
und Mechanismen, die sie erzeugt haben, kontrollieren und
nötigenfalls unterdrücken zu können. Kein automatisches
Warnsystem kann dieses Problem für uns lösen.«137
Lewis Mumford, Mythos der Maschine, 1967
Effizienz & Wechselwirkung
Technologien werden von nachfolgenden, noch leistungsfähigeren Technologien abgelöst – so der Tenor der herkömmlichen Beschreibung von Technikgeschichte. Anders als diese quasi-evolutionäre, technologische Entwicklung wirkt die biologische Evolution
über Variation, Selektion und Retention nur indirekt und langsam.
»Im Unterschied zur biologischen Evolution kann in Bezug auf die
Technikgeschichte zwar nicht bestritten werden, dass es wirklichen
Fortschritt gibt«, doch »außer einer deutlichen Effizienzsteigerung
ist es allerdings schwierig, eine eindeutige Linie in diesen technischen Fortschritt zu bringen«.138 Technikphilosophin Susanne Fohler
weist darauf hin, dass die Spezies Homo sapiens zwar 30.000 Jahre
bis zur Entwicklung des Ackerbaues brauchte. Dann aber genügten 2500 Jahre, um die Grundlagen der heutigen Gesellschaft zu
erschaffen. Im Zuge dessen wurden Techniken und Technologien
kontinuierlich verändert, optimiert und effizienter gemacht, aber
auch enorm vermehrt. Die entstandenen Artefakte, wie etwa Architekturobjekte, stellen sich nun nicht als passive, anteilslose Dinge
dar, sondern legen Handlungs- und Verhaltensweisen nahe, ermöglichen und schränken ein. »Was ein menschlicher Akteur will, kann,
sieht und versteht, wird auch durch nicht nichtmenschliche Objekte
bestimmt.«139 Insofern spricht der Soziologe Bruno Latour davon,
dass Dinge Ansprüche stellen, indem sie Handlungsweisen nahelegen, und fordert, dass dem Verständnis vom Menschlichen der Anteil der Dinge140 zurückgegeben werden muss. Die große humanis146
tische Trennung zwischen Menschen und Dingen war schon immer
Illusion141, argumentiert Fohler, vielleicht aber auch eine politische
Forderung der Hochzeit des Humanismus. Der Zusammenhalt von
Gesellschaft durch das Wechselwirken von Menschen wird durch
Wechselwirkungen zwischen Menschen und Dingen sowie von
Dingen mit Dingen komplettiert. Die Entwicklung orientiert sich
in Richtung Effizienzsteigerung des Wechselwirkens zur intendierten Auswirkung von Technologie als ihrem Sinn.
Um die Effizienz einer Wirkung zu steigern, gilt es Faktoren
zu isolieren, die Einfluss auf sie ausüben, und ihre Beziehungen in
ein System zu fassen, das eben diese Wirkung zeitigt. Arten von
Wechselwirkungen können durch die Eigenschaften ihrer Kopplungen beschrieben werden. Die Kopplungen von Systemen können als lose oder eng klassifiziert werden. Der Kulturwissenschaftler Edward Tenner beschreibt die Qualitäten von Kopplungen
durch einen Vergleich von Menschenmassen am Strand und im
Stadion.142 Was die Eigenschaften der Grenzen des Systems betrifft, kann der Strand vom Land her über verschiedene Zugänge
erreicht werden, und der Übergang zum Meer ist fließend. Völlig anders stellt sich die Situation in einem Stadion dar, wo die
Menge dicht gepackt in isolierte Sektoren aufgeteilt ist. Am Strand
trägt jeder Schwimmer sein eigenes, individuelles Risiko. Im Stadion aber wird das Problem von Einzelnen »… tragically amplified.
The fall of a single person can panic a crowd, part of which is then
crushed against some obstacle.« Die Systeme von digitalen Technologien tendieren allerdings dazu, nicht nur eng, sondern komplex
gekoppelt zu sein. »Complexity makes it impossible for anyone to
understand how the system might act; tight coupling spreads problems once they begin.«143 Angesichts der vielfältigen und redundanten Relationen im System, die sich gegenseitig in vielfältiger Weise
beeinflussen können, betont Tenner die Unvorhersagbarkeit. Kom147
plexität zeigt sich für Tenner in einer Art Emergenz144 von Systemverhalten. Aufgrund dessen wird in solchen technologischen Anwendungen, in denen komplexe Systeme unerlässlich sind und deshalb sehr verlässlich sein müssen, enge Kopplung vermieden, wie
etwa in einem Flugzeug. »Die Interaktionseffekte, die auftreten,
können … niemals alle vorhergesehen werden. Es bleiben immer
Lücken offen … «145, die irgendwann wie eine Mausefalle plötzlich
zuschnappen könnten.
Tenner spricht natürlich von unerwünschtem Systemverhalten,
wobei er Nebenwirkungen und Rache-Effekte unterscheidet. »A
revenge effect is not the same thing as a side effect«, meint Edward
Tenner. »If a cancer chemotherapy treatment causes baldness, that
is not a revenge effect; but if it induces another, equally lethal cancer, that is a revenge effect.«146 Als Beispiel nennt er Alarmanlagen
für Privatheime. »In Philadelphia, only 3,000 of 157,000 calls from
automatic security systems over three years were real; by diverting
the full-time equivalent of fifty-eight police officers for useless calls,
the systems may have promoted crime elsewhere.« So kann es dazu
kommen, dass Technologien, dazu gedacht, Probleme zu vermeiden, diese erst richtig entfalten. Um »revenge effects« zu überlisten, werden Verbindungen eingebaut, die es Systemen ermöglichen,
eine Aufgabe auf mehr als nur eine Art und Weise auszuführen,
also redundant entwickelt. »Technological optimism«, meint Tenner, »means in practice the ability to recognize bad surprises early
enough to do something about them. And that demands constant
monitoring of the globe, for everything from changes in mean temperatures and particulates to traffic in bacteria and viruses.«147
Üblicherweise hat sensible Technologie eine ganze Reihe von
Kontrollsystemen integriert. Aber der Einsatz von Sicherheitsund Kontrollsystemen bedeutet nicht nur eine weiter gesteigerte
148
Technologisierung und Kopplung, sondern auch, dass Verantwortung in Form von automatisierter Steuerung abgegeben wird. An
Steuerungssysteme, die sich zunehmend komplexer überlagern.
Um Strom zu sparen, wird die kommende Generation von
Kleingeräten ihren Energiebedarf optimal auf die gegebenen Umstände in einem digital gesteuerten Stromnetz abstimmen. Einzeln
betrachtet, werden die Geräte weniger Strom verbrauchen als ihre
weniger effizienten ungesteuerten Vorgängermodelle. Doch es ist
absehbar, dass die dazu notwendige, unterbrechungsfrei zu betreibende Netzwerk-Infrastruktur, zumindest in manchen Situationen
mehr Energie verbrauchen als einsparen wird.
In Tenners Studien findet sich auch eine Sammlung von Beispielen, bei denen Menschen versuchen Systeme auszutricksen, die
eigentlich ihre Sicherheit garantieren sollten. Hier wird die soziale und subjektive Komponente im Gebrauch von Technologie unübersehbar. Unsere Entscheidungen, von denen die Balance von
Lebens- und Arbeitszeit bestimmt wird, sind durch vielfältige Geräte, wie Laptops, Handhelds und Tablet-PCs, flexibilisiert. Genau
diese befreienden Qualitäten können aber Freizeit schnell und unbemerkt in Arbeitszeit verwandeln. Der Befreiungsmythos hinter
der Entwicklung von Geräten wird doppelbödig, wenn man sich
der 24-Stunden-Erreichbarkeit genauso wenig entziehen kann, wie
einem auch der Büroarbeitsplatz 365 Tage im Jahr zur Seite steht.
Ironisch wird sie in Fällen von ästhetisch orientierten Entscheidungen bestimmter sozialer Gruppen. »What are we to make of
stepping from office elevators into our cars and driving to health
clubs to use treadmills (a feature of nineteenth-century prisons)
and stair-climbing machines?«148
Die soziale Ästhetik von individuellen Entscheidungen in einem
System aus Dingen und Menschen verweist beispielhaft auf die
149
mehrdimensionalen Eigenschaften, die jeder der Einflüsse in die
Wechselwirkung einbringt. Weder Ding noch System sind stabile
Entitäten. Wie unterschiedliche Betrachtungsweisen werden die
Einflüsse mit Fokus auf Effizienz und durch das je eigentümliche
Wechselwirken von Eigenschaften erzeugt; manchmal katastrophal, dann wieder kreativ spontan. Eigenschaften, die vom System
je nach Systemzustand unterschiedlich aktiviert werden. Das effiziente System der Interaktion dieser Eigenschaften tritt, für den Fall
der unerwarteten Wirkung, erst rekursiv in Erscheinung. So wie
sich die Ironie durch den Rückbezug von Aufzug und Auto auf die
Tretmühle einstellt. Erst ihre Wirkung macht den Wechsel der in
Interaktion stehenden Einflüsse zu einem System, das als solches
erkennbar wird.
Immerwährende Wachsamkeit nennt Tenner als Lösungsansatz, der allerdings eine leichte Tendenz zur Paranoia hat. Selbst
die Wiederkehr von »revenge effects« lässt wohl darauf hoffen, dass
die nächste Generation einer Technologie oder das nächste Update
die momentanen Probleme lösen wird, aber keinesfalls darauf, dass
die Lösung eines Problems nicht kommende Problematiken bereits
impliziert. Zumindest für die Architektur kann man postulieren:
Nur indem man Schwierigkeiten macht, kann man Probleme lösen.
»First we shape things, than after a while they shape us.«
Winston Churchill, Speech to the House of Commons
and the House of Lords, 1943
Infrastruktur & Re-Konstruktion
Neue Technologien waren immer von besonderer Bedeutung für
die Fortentwicklung von Architektur. Im Gegenzug haben Architekturschaffende vermittels der Projektierung ihrer Ideen gro150
ßen Einfluss auf die Art und Fortentwicklung von Technologien
für Gebäude und in weiterer Folge für die gebaute Umwelt. Neue
Technologien werden von der Architektur akzeptiert, wenn sie für
bestimmte ästhetische oder funktionale Konzepte sowie für die Variierbarkeit von Gebäudetypen einen Wettbewerbsvorteil versprechen.
Der Typus der »Shopping Mall« wurde erfolgreich im Zusammenhang mit funktionaler Zonierung und Verkehrskonzepten
der individuellen Mobilität. Aber genauso finden sich seine technischen Grundlagen in der Kombination von Rolltreppe und der
Möglichkeit der Belichtung und Klimatisierung von großen, zusammenhängenden Raumvolumen.
Unter Historikern herrscht die Übereinkunft, dass die Kombination von Stahlskelettkonstruktion und Aufzug den Gebäudetypus Wolkenkratzer ermöglichte. Dieser war wichtig für die ersten
schmalen Bürotürme. Die Entwicklung dieses Typus stand aber
auch in Zusammenhang mit der Steuerung von Umgebungsbedingungen wie Beleuchtung, Temperatur und Luftfeuchtigkeit.
Auf ihre Markteinführung wartete die Leuchtstoffröhre von Edisons Experimenten von 1896 bis 1938. Aufgrund von Verzögerungen durch den Zweiten Weltkrieg gilt sie in der Architektur als
eine Nachkriegserrungenschaft, mit den Vorteilen von geringerem
Stromverbrauch und ohne konzentrierten Blendpunkt. Durch die
Klimaanlage schließlich wurde die moderne Glas-Stahl-Architektur ermöglicht. Wichtig für das Zusammenwirken eines Beleuchtungssystems mit Neonröhren als Glühkörper und einer Klimaanlage war die geringe Hitzeentwicklung, welche eine Klimaanlage
potenziell entlastete. So konnten Grundrisse entwickelt werden, die
im Kern ohne natürliches Licht, mit ausschließlich künstlicher Beleuchtung funktionierten. Die Hitze, die von Glühbirnen erzeugt
worden wäre, um die nötige Beleuchtungsstärke für Büroarbeit zu
151
erreichen, hätte ein konventionelles Ventilationssystem nicht bewältigen können. Durch die Verwendung von Neonröhren wurde
die Belichtung von größeren Gebäudetiefen möglich und durch
mechanische Ventilation konnte dafür ein erträgliches Klima geschaffen werden. Alle diese aufeinander bezogenen Entwicklungen
ermöglichten letztlich den modernen Typus des Wolkenkratzers,
indem sie ihn ökonomischer und repräsentativer machten als seine
früheren Ausprägungen. Solche Entwicklungen gehen langsam vor
sich, in diesem kurz skizzierten Beispiel über etwa sechs Dekaden.
Reyner Banham erklärt dieses Verhalten der Architektur mit Vorsicht: »In their role as creators of actual physical environments, architects have to be both cautious and practical. They have to see something in use, sometimes for as much as a generation, before they
feel the confidence to extrapolate new and radical uses for it, knowing that their clients will never forgive nor forget if anything goes
wrong… So technological potential continuously runs ahead of architectural performance… Almost four decades separate the first industrial uses of air-conditioning from its confident employment in
the kind of architecture that is designed by famous architects…«149
Beide Beispiele, Hochhaus und Shopping-Mall, sind stark kritisierte Gebäudetypen. Unter den vielen Kritikpunkten seien an dieser Stelle nur ihre größten Wirkungen hervorgehoben: Sie sind Attraktoren von Individualverkehr und unterstützen die Segregation
von sozialen Schichten. Es zeigt sich, dass spezifische technische
Erfindungen in kulturellen und sozialen Bezüge weit über ihre eigentliche Verwendung hinausgehende Wirkungen haben und deshalb ganz spezifische Implementierungen in den gesellschaftlichen
Gebrauch erfordern.
Am Beispiel der Entwicklung des Fahrrades hat Wiebe Bijker150 gezeigt, dass unterschiedliche Vorstellungen, Probleme und Lösungs152
möglichkeiten mit dem Artefakt verbunden waren und sind. Die
»Laufmaschine«, ein Rad ohne mechanische Übersetzung, wurde
mit Füßen angeschoben. Schon im Jahr 1818 wurden in Wien zwischen Laufmaschinen und Kutschen Wettrennen abgehalten, welche meist die Maschinen gewannen. Aber für eine dauerhafte Fortbewegung waren sie zu mühsam und zu gefährlich. Sie verschwanden ebenso rasch von den Straßen, wie sie aufgetaucht waren. Die
entscheidende Entwicklung wurde in der Auseinandersetzung über
die Vor- und Nachteile des vom Vorderrad getriebenen Hochrads
und seines Gegenspielers, des vom Hinterrad getriebenen Fahrrads,
vorangetrieben. Das Hochrad war in mancherlei Hinsicht überlegen. Mit seinem großen Vorderrad konnte es etwa eine höhere Geschwindigkeit erreichen. Doch nicht die Nutzung als Freizeitgerät
entschied den Wettbewerb der Technologien. Denn die überwiegende Anzahl von Menschen war am Fahrrad als Transportmittel
interessiert, Tempo war weniger wichtig als die höhere Sicherheit
beim Fahren.
Welchen Anteil Menschen an einer technischen Entwicklung
nehmen, wird also von ihren allgemeinen Zielen bestimmt sowie
von den kulturell bereits etablierten Strategien zur Problemlösung,
weiters von den Arten der Nutzung und von bereits etablierten
technischen Leitbildern, die eine Lösung sinnvoll oder sinnlos erscheinen lassen. In solchen gesellschaftlichen Prozessen stabilisiert
sich schließlich eine Technologie und die Machtstrukturen, die
ihre Entwicklung förderten, bilden sich in ihr ab. Das konnte Bijker auch anhand der Etablierung von Leuchtstoffröhren am nordamerikanischen Markt der 1940er-Jahre
zeigen.151
Die Fortentwicklung eines technischen Artefakts, wie etwa des
Fahrrads, wird schließlich abgeschlossen. Auf die Trägerinfrastruktur des Rads, die Straßen, konnte die Fahrradprotagonisten nicht
von Beginn an Einfluss nehmen, wohl aber auf die Wirkung, den
153
Transport. Erst als die mediale Wirkung der Transportverbesserung erkennbar gemacht wurde, war es möglich, eine Optimierung152 von Straßen durchzusetzen. Aufgrund seiner Adaption mit
den Infrastrukturen, Übereinkunft in den technischen Disziplinen
und den gesellschaftlichen Gruppen bedarf es keiner Veränderung
mehr. Dieser Abschluss einer Entwicklung ist, zumindest innerhalb einer gegebenen Epoche, beinahe irreversibel. Die Technologisierungen menschlicher Habitate haben Auswirkungen auf das
Verhalten ihrer Nutzer. Alle Änderungen im Verhalten von Nutzern, die sich im Bereich Habitate etablieren, haben einen direkten
Zusammenhang mit ihren Lebensumgebungen.
Diese Hartnäckigkeit von Technik schränkt schließlich, auff
grund ihrer normativen Wirkung, soziale Prozesse ein. Gleichzeitig aber ermöglicht sie, dass die technischen Leitbilder in konkurrierenden Diskursen sehr differenziert behandelt werden. Was
im Gegenzug die Existenz der technischen und Designdomänen
sichern hilft.
«Sonst leben wir in unseren durchsichtigen, wie aus leuchtender
Luft gewebten Häusern, ewig vom Licht umflutet. Wir haben nichts
voreinander zu verbergen, und außerdem erleichtert diese Lebensweise
die mühselige wichtige Arbeit der Beschützer. Wäre es anders, was
könnte dann alles geschehen! Gerade die sonderbar undurchsichtigen
Behausungen unserer Vorfahren können es bewirkt haben, dass man
auf diese erbärmliche Käferpsychologie verfiel:
Mein Haus ist meine Burg!«153
Jewgenij Samjatin, Wir, 1920
Häuslichkeit & Komfort
Mitte des 19.. Jahrhunderts meinte die erste Architektur-Avantgarde, dass das Aussehen des privaten Heimes Zeichen für die
Moral einer Nation sei. Eine Neubetrachtung häuslicher Werte
154
sei der Weg zu einer Reform: Tugend liege nicht in Rationalismus
und kommerziellem Wettbewerb, propagierte John Ruskin, sondern in häuslicher Weisheit und sanfter Lebensführung; »… wenn
wir unsere Pflicht tun und zuhause in Frieden leben, wird dies langsam, aber sicher auf unser öffentliches Leben und die Politik abfärben«.154 Diese Ideen wurden allerdings von den Folgen der Industriellen Revolution eingeholt.
Die zweite, klassische Avantgarde vom Beginn des 20. Jahrhunderts bezeichnete diese Vorstellungen als sentimentale Hysterie. Häuser nach diesem Vorbild waren für Le Corbusier voll unnötigen Schnickschnacks und »… ruinieren unsere Gesundheit
und unsere Moral«. Diese Avantgarde forderte stattdessen einen
neuen Geist des Lebens in massenproduzierten Häusern. Denn
die konventionellen Formen wurden mit Degeneration, Schmutz
und Krankheit assoziiert, die man hinter sich lassen muss. Obwohl
solche Ideen heute melodramatisch erscheinen, waren sie von großem Einfluss. Witold Rybczynski, Architekt und Kulturhistoriker,
konstatiert heute: »Wir sollten den unzulänglichen Definitionen,
die Ingenieure und Architekten liefern, widerstehen.«155 Die Gebote der Avantgarde, gleichzeitig fortschrittlich und elitär zu sein,
standen im Kontrast zum häuslichen Bereich, der als altmodisch
und volksnah gesehen wurde. Noch in den 1960er-Jahren
schrieb
der Kunstkritiker Clement Greenberg: »Die offene Straße des Risikos, die die Avantgarde beschreitet, führt zur entfernteren Seite
der Objekte und in den Weltraum des Bewussten.« Eine derartige Rhetorik existiert spätestens seit Odysseus: die häusliche Figur
als Gegensatz zur heroischen. Im Verständnis von Christopher
Reed wurde dies »zum Standard der modernen Kunst: eine heroische Odyssee auf der hohen See des Bewussten, ohne Zeit zu
verschwenden für die weltlichen Details des Haushalts und Hauslebens«.156
155
Alltagstheoretische Vorstellungen zu Geschlechtsunterschieden sind stark an der Vorstellung von tradierter gesellschaftlicher
Arbeitsteilung orientiert. Andererseits trägt eine Orientierung an
den Geschlechtsstereotypen zur Stabilisierung gesellschaftlicher
Arbeitsteilung und Machtstrukturen bei.1577 Geschlechtlich orientierte Arbeitsteilung begann im 18./19. Jahrhundert, ist also historisch relativ jung. Im 20. Jahrhundert war sie auch eine Folge der
Verteilung vorhandener Arbeitsmöglichkeiten. Das häusliche Verhalten, getragen von der Empfindung von Komfort, war die bedeutendste Arena der erzwungenen Teilung in maskuline und feminine Rollen – gleichzeitig aber auch der Boden für die Rebellion
gegen diese Normen. Hinter vehementen antihäuslichen Erklärungen seitens der Frauen können Ängste vor erschreckender Maskulinität gefunden werden. Genauso lässt sich in inhärent widersprüchlichen Positionen von Männern, die eifrig Themen femininer Kultur ausbeuten, Angst um die Bewahrung ihres maskulinen
Status erkennen.158 Häuslichkeit wird jedenfalls nicht verschwinden,
sondern der Haushalt wird nicht mehr »der Platz der Frau«159 sein.
Die technologische Entwicklung verläuft vom Ersetzen der manuellen Bedienung über selbststeuernde Maschinen bis zu anfangs
teil- und schließlich vollautomatisierten Maschinen. Dies ist die
Charakteristik aller Technologien – im Heim wie am Arbeitsplatz. Auch die Evolution des Häuslichen geht weiter, momentan
dominiert durch Technologie – allerdings in einem verlangsamten
Maße gegenüber der Zeit der maximalen Technologisierung des
Alltags zwischen 1890 und 1920. Darauf basierte auch das Technikverständnis der klassischen Avantgarde, das aus genau diesem
Grund nicht unserer Zeit entspricht. Dennoch bleibt bei Diskussionen um Schnittstellen, Art und Wirkung der Kontaktnahme mit
Technik im Heim Benutzerkomfort das Hauptargument. Komfort
156
ist eine von vielen anderen kulturellen Vorstellungen, mit der Besonderheit, in enger Verbindung mit dem Verhalten von Häuslichkeit zu stehen.
Die kulturelle Vorstellung von Mobilität war eine Konsequenz
der amerikanischen Utopie von Gleichheit und Konkurrenz. Die
kulturelle Idee von Hygienestandards war eine Reaktion auf wissenschaftliche Forschung, wie die Entdeckung der Keime und die
Theorie ihrer Wirkung, und ihre Folge war die Vermarktung von
massenproduzierten Hygienegebrauchsartikeln. »Kulturelle Ideen
wie Komfort haben ein Leben, das Jahrhunderte dauert.160 Seit dem
17. Jahrhundert, als Privatheit in die Heime eingeführt wurde, hatten Frauen die tragende Rolle, Komfort zu definieren. […] Die Feminisierung des Heims in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts
war einer der bedeutendsten Momente in der Evolution des Häuslichen.«161
Die Idee von Häuslichkeit als einer spezifischen Art von Verhalten ist eine Erfindung der Moderne. Walter Benjamin zufolge
wurde am Anfang des 19. Jahrhunderts erstmals der Wohnraum
vom Arbeitsraum getrennt. Wenn man jene Inhalte betrachtet, die
der Begriff der Domestizität umfasst, wie Trennung vom Wohnund Arbeitsbereich, Privatheit, Komfort, Fokus auf die Familie,
wird klar, dass jedes einzelne dieser Themen von Historikern als
eine definierende Bestimmung der Moderne identifiziert wurde.
Dies ist im Zusammenwirken mit kapitalistischer Wirtschaft, technologischen Neuentwicklungen und der aufklärerischen Auffassung von Individualität162 zu sehen. »Das Auftauchen von Intimität
und Privatheit in den Heimen von Paris und London und sehr bald
auch in so abgelegenen Orten wie Oslo war unabsichtlich nahezu
unbewusste Reaktion auf die Änderungen der Bedingungen des
urbanen Lebens und es scheint eher eine Frage von allgemeinem
Verhalten als anderes gewesen zu sein.« Rybczynski fand in den
157
Niederlanden des 17. Jahrhunderts signifikante Anzeichen des modernen Heims, rund hundert Jahre früher als sonstwo. Er schränkt
allerdings ein, dass es »… keinen einzelnen Ort gäbe, in dem die
Idee des modernen Familienheims erstmals in das menschliche Bewusstsein eingetreten wäre«.163
Typische Vorstellungen von Komfort haben mit Eigenart und
Eigenschaften der menschlichen Physiologie und mit Wohlbefinden zu tun. Wenn nun Komfort eine rein subjektive Erfahrung von
Befriedigung wäre, dann gäbe es wohl eine größere Variation von
Komfortverhalten – doch stattdessen herrscht in jeder historischen
Periode immer die gleiche demonstrierbare Übereinkunft über das
Komfortable. Obwohl sich also der menschliche Körper zumindest
in den letzten paar Jahrtausenden nicht verändert hat, veränderten sich die Vorstellungen von dem, was komfortabel ist. Trotzdem es sich um eine subjektive Erfahrung handelt, wird Komfort in
Übereinstimmung mit breiteren Normen beurteilt. Wenn Komfort
demnach objektiv ist, dann müsste es möglich sein, ihn zu messen.
In der Praxis stellt sich allerdings heraus, dass Missbehagen einfacher zu messen ist. Das Gros der wissenschaftlichen Forschung
über Komfort erfolgte zum Thema Arbeitsplatz. Die moderne Büroeinrichtung bezeugt die wissenschaftliche Definition von Komfort. Im Besonderen sind das Beleuchtungsniveaus, Oberflächen
von Wänden und Böden, Schreibtische und Sessel – es soll Ermüdung vermieden werden. Weiters ist eine Balance zwischen Isolation und Öffentlichkeit wichtig. Viele Leute sagen: »Ich weiß nicht,
warum ich etwas mag, aber ich weiß, was ich mag.« Dieses Erkennen bezieht einige unbewusste Empfindungen mit ein, die nicht
nur physikalische, sondern auch emotionale und intellektuelle Aspekte berühren; das macht Komfort schwierig zu erklären und unmöglich zu messen, wenngleich er nicht weniger real ist.164 Die
Wein-, Kaffee- und ähnliche Industrien verlassen sich deshalb auf
158
nicht-technische Methoden, die nicht im messbaren, sondern im
diskursiven Sinn objektiv sind, indem Menschen mit besonderen
Begabungen zu Spezialisten ausgebildet werden und ihre Fähigkeiten in der sozialen Gruppe dieser Spezialisten und durch permanente Anwendung beständig weiterentwickeln.
Komfort lässt sich aber auch als eine verbale Erfindung, eine
kulturelle List ansehen. Wie alle kulturellen Ideen – Kindheit, Familie, soziales Geschlecht – hat Komfort eine Vergangenheit, die
ohne den spezifischen Bezug zur Geschichte nicht verstanden werden kann, wobei neue Ideen von Komfort die vorangegangenen
Vorstellungen nicht verdrängen. Zu jeder Zeit besteht Komfort aus
allen historischen Schichten, diese sind gewissermaßen transparent:165 eine Art von Glas-Zwiebel-Struktur der transparenten, historischen, einander überlagernden Bedeutungsschichten von Komfort.166
Orientalische Interpretation von Komfort bedeutet, dass man permanent Kontrolle über seine Muskeln behält, stellt Sigfried Giedion1677 fest. Deshalb wurden in diesen Kulturkreisen verschiedene
Techniken entwickelt, die es dem Körper erlauben, sich zu entspannen. Westlicher Komfort basiert hingegen auf der Idee des Sitzens
mit hängenden Füßen. Diese Haltung verlangt nach einer Unterstützung von außen – sozusagen nach Prothesen.
159
»Der Mensch hat erst dann aufgehört, ein unzivilisiertes Geschöpf
zu sein, als er die erste Mauer errichtete. Zum Kulturmenschen
wurde er erst, als wir die Grüne Mauer erbauten und unsere
vollkommene Maschinenwelt von dieser unvernünftigen,
hässlichen Welt der Bäume, Vögel und Tiere isolierten.«168
Jewgenij Samjatin, 1920
Abkapseln & Adaption
Bis zum Ende der 1950er-Jahre
war nicht abzusehen, dass sich der
heroische Kulturkampf im Zeichen der Maschine, das »erste Maschinenzeitalter«, binnen zweier Generationen in ein »Pop-Zeitalter« transformieren würde. Unbekümmert wurden zwischen Ende
der 1920er- bis zum Ende der 1950er-Jahre
verschiedene Archetypen von zeitgenössischen kulturellen Ideen, wie etwa Mobilität,
Gleichheit im Wettbewerb und Hygiene, konstruiert.
Diskursiv wurden die Vorstellungen über die Beziehung von Architektur und Technologie neu geordnet: Die Zielsetzungen, was zu
geschehen hat, wurde aus den Prinzipien von Infrastruktur, Konstruktion und Materialität entwickelt. Die Vorgangsweise, wie es zu
entwickeln ist, wurde aus den Prinzipien von Organisation und Ästhetik abgeleitet. Infrastruktur war ein wichtiges Thema des ersten
Maschinenzeitalters, da es in allen Bereichen grundlegende Veränderungen erlebte. Die Verteiler von Gas, Wasser und Licht erreichten nun viele Gebäude. Motorisierter Verkehr beeinflusste die
Stadtentwicklung und ihre Planung. Gebäude wurden als Maschinen verstanden, die zwar viel später von Foucault als disziplinierend
erkannt wurden, von Le Corbusier aber für die Verbesserung der
gesellschaftlichen Verhältnisse im Sinne der Führungsschicht der
Gesellschaft konzipiert waren. Modelle für seine Wohnmaschine
waren neben allerlei Apparaten auch Fabriken und Industriegebäude, welche die Produktionskonzepte von Henry Ford und Frederick Winslow Taylor realisierten. Gebäude und Produktionsanla160
gen sollten die Lebens- bzw. Arbeitsbedingungen ihrer Bewohner
und Bediener verbessern und deren Verhalten beeinflussen, manchmal auch gegen deren Willen. Vor diesem Hintergrund der Moderne begann sich Architektur in zunehmendem Umfang konsequent von der Umgebung abzukapseln, den eigenen, urbanen wie
architektonischen Raum zu kontrollieren und darin Variationen
von je originären kulturellen Ideen auszubilden. Entwicklungen in
Bereichen der Materialien und bei Berechnungen von Konstruktionen ermöglichten wesentlich größere Spannweiten. Entwicklungen im Bereich der Errichtung von Gebäuden ermöglichten die
Industrialisierung des Bauprozesses und die zunehmende Automatisierung von Gebäuden. Diese Verhältnisse von Produktion und
Konstruktion zur adäquaten Behausung der neuen Infrastruktur
bestimmten in einem großen Ausmaß das »erste Maschinenzeitalter« und waren für den Erfolg der »Modernen Architektur« als ästhetischer Disziplin mitverantwortlich.
Da Architekturschaffende technologische Belange kaum mitentwickeln noch im Detail verstehen, verlagerte sich ihre Zuständigkeit mit der zunehmenden Technologisierung der Kultur immer
weiter in die Bereiche der ästhetischen Organisation. Außenseiter
Buckminster Fuller polemisierte über die technologische Naivität
der Zunft: »As a consequence of humanity’s inability to see the
energy transformation motions involved, the structural design of its
land buildings and its livingry mechanics, such as plumbing equipment, laid 3000 years behind the evolution in air-space technology
standards. Humanity’s housing structures and livingry in general
are, to a high degree, only superstitiously evolved, economic prowess symbols, inefficiently repetitious of all of yesterday’s make-do
mistakes.«169 Die Tendenz zum Abkapseln hat er dennoch als radikal progressiv verstanden und keinesfalls als ineffiziente Wiederholung von Behelfen. Was Fuller 1929 als Konzept in seiner Kap161
sel Dymaxion House im Wohnmaßstab entwickelt hatte, zeigte er
1960 in urbanem Maßstab mit seinem »Dome over Manhattan«,
der ganz Midtown bergen sollte. Im selben Jahr erklärte Reyner
Banham seinen Zeitgenossen: »We have already entered the Second Machine Age, and can look back on the First as a period of
the past.«170 Doch die Idee vom Abkapseln, die aus der ersten Moderne und dem ersten Maschinenzeitalter stammte, wurde nicht
nur übernommen, sondern auch weitergetrieben. Für die neu angebrochene Zeitperiode entwickelte Banham gemeinsam mit dem
Künstler François Dallegret 1965 die Non-plus-ultra-Pneumatikstruktur des Pop, die »environmental bubble«. Die Kapselidee hatte
allerdings einige Änderungen erfahren. Aus dem synergetischen
technologischen Ensemble war die von Giedion als Tyrann Roboter kritisierte geballte Infrastruktur, die die Mitte besetzt und
die Kapsel unflexibel macht, in die Uneinsehbarkeit verdrängt worden. Ihren Platz nimmt ein neuer Netzwerkknoten ein. Das Medien-Set verweist auf die neue kulturelle Idee der Kopplung von
Freizeit und Konsum. Das neue Zeitalter zeichnete sich durch eine
neue Art von Infrastruktur aus, die dem Abkapseln neuen Sinn gab.
In diesem Prozess, bei dem die von Menschen beeinflusste Umwelt ästhetisch neu strukturiert wird, passiert implizit und in Ansätzen eine Neuformulierung der klassischen modernen Dogmen
mit Hilfe des modernen Erfolgsrezepts der zeitadäquaten Ästhetik.
Die heroische Moderne im ersten Maschinenzeitalter folgte noch
der Tradition des Ideals vom kulturell konditionierten guten Geschmack, der als ästhetische Kategorie zu etablieren sei. Die kommerzielle Popkultur stand jedoch im Gegensatz zu diesem Dogma.
Anfangs verstand sich Design im Allgemeinen als die Gestaltung
der Bühne des Konsums. Nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten der Produktion sollte hier das Stück »Modernes Leben« auff
162
geführt werden. Rolle der Bühne war es, das Verhalten ihrer Darstellerinnen und Darsteller sinnvoll und für alle Beteiligten vorherbestimmbar zu machen. Banhams Begriff von Konsum arbeitet
hingegen mit der Vorstellung vom »freien Konsumenten«, was auf
die Möglichkeit von demokratischem Design abzielte. Dabei ist
eine »Ästhetik des Verbrauchs« die Konsequenz einer »Logik des
Konsums« von Freizeit. Denn die Vorstellungen von Profitsteigerungen im Bereich der Warenproduktion hatten sich radikal geändert – von »Das Beste für die Besten« zu einem »Mehr für alle«.
So wandte sich die Neuorganisation der Massenproduktion der
Industrialisierung erst dem Massenkonsum zu, gefolgt von einer
Differenzierung der Produkte. Zu diesem Zweck wurde der NormKonsument zunehmend in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt und über die Jahrzehnte und ökonomischen Veränderungen
hinweg immer feiner zu differenzierten Individual-Konsumenten
fragmentiert, wobei die Notwendigkeit, Grundbedürfnisse zu befriedigen, zunehmend von Genussbedürfnissen und ambivalenten
Wünschen abgelöst wurde. Banham beobachtete diese Änderungen und Konsequenzen für die Architektur sehr früh: Eine Verschiebung von Objekt zum Subjekt in einem nicht-hierarchischen
ästhetischen Feld muss mit einem Wechsel in der professionellen
Rolle des Architekten einhergehen – was eine Verschiebung der
Organisation von Architektur impliziert.
Abkapseln als Architekturkonzept demonstriert dabei bleibende
ästhetische Unantastbarkeit, wenn sich etwa die Idee von Le Corbusiers »mur neutralisant« in Banham und Dallegrets »environmental bubble« transformiert. Tatsächlich weicht, im Zuge dieser
Transformation, die heroische Elite einer Pop-Elite. Die Bubble
zeigt, dass diejenigen, welche der reinen Lehre folgen, im Reich
des Idealen nichts zu verbergen haben. Isoliert in einer unverstellten, unschuldigen Landschaft, sind auch die Protagonisten nackt in
163
ihrem transparenten, idealen Mutterleib. In der Pop-Zeit sind Architektur und Infrastruktur nun nicht mehr voneinander zu unterscheiden. Total abgekapselt von Natur, versorgt von Komfortmaschinen und dabei gleichzeitig total eingebettet, kann dem schweifend-konsumierenden Blick nichts entgehen – das Environment
des idealen Pop als Plug-In der gezähmten Unschuld Natur. Dieses Einschließen thematisiert die neuen gesellschaftlichen Vorstellungen von Konsum, wie auch die Technologie ihrer Entstehung.
Dies bedeutet eine nächste Steigerung für den Prozess der
Transformation von Natur in Kultur: Architektur wird zu einem
idealisierten per Druckknopf gesteuerten Schlaraffenland-Automaten transformiert, welcher die reibungslose Erfüllung von Begierden im Austausch von kommerzialisierten Werten ermöglichen
soll. Deshalb ist die Pop-Elite des ausklingenden Pop-Age und beginnenden Info-Age mit der Frage beschäftigt, was die beste Technologie sei, mit der sich dieser Automat in Zukunft selbst versorgt
und den Konsumvorstellungen anpasst; die gesuchte Zauberformel
schien sich im Aufkommen des Begriffs der Medien zu entwickeln.
»Angenommen, es wäre möglich, mit Hilfe von Maschinen – menschenähnlichen Automaten – Häuser zu bauen, Getreide zu pflanzen.
Schlachten zu schlagen, Gerichtsverhandlungen durchzuführen und
sogar Kirchen zu errichten und Gebete zu sprechen, so wäre es ein
beträchtlicher Verlust, diese Automaten an die Stelle der Männer und
Frauen zu setzen, die heute die zivilisierten Teile der Welt bewohnen
und die ganz gewiß nur kümmerliche Beispiele dessen sind, was die
Natur erzeugen kann und wird.«171
John Stuart Mill, Die Freiheit, 1859
Organismus & Netzwerk
Als Le Corbusier und mit ihm die Generation von Architekten
des »International Style« Mitte der 1930er-Jahre
erkannten, dass
164
sie ihre Ästhetik so weit getrieben hatten, dass Air-Conditioning
nötig war, um ihre Gebäude zu bewohnen, konnte diese Technik bereits weitgehend entwickelt angeboten werden.172 Damit erreichte die Klimatechnologie die Art von Bedeutung für Habitate
wie etwa Thomas Alva Edisons elektrisches Licht. Der Unterschied
zur Geschichte des elektrischen Lichts ist, dass es keine dramatische momentane Erfindung gab und dass sich die Technologie in
Willis Haviland Carrier nicht an einer inszenierten Persönlichkeit
festmachen ließ, wie etwa bei Edison.
Leitartefakte wie Le Corbusiers Dom-Ino-Prinzip und dessen
kulturell etablierte Bedeutungen konstituieren soziale Gruppen:
moderne Architekten, welche mit der neuen Ästhetik auch die
entstehenden technologischen Probleme ausformulieren und in
allerlei Variationen ausprägen. Auch Peter Eisenman hatte sich am
Dom-Ino-Prinzip abzuarbeiten, um 1980 in seiner Dissertation
festzustellen, dass dieses Prinzip »… eine moderne oder selbstreferentielle Zeichenhaftigkeit reflektiert und somit ein wirklicher und
zukunftsweisender Bruch mit der vierhundert Jahre alten Tradition westlicher, humanistischer Architektur« ist. Denn auch in der
Architektur gilt: »Die neuzeitliche Wissenschaft überprüft nicht
mehr alle vorhandenen Formeln und Forschungsergebnisse zurück
bis zu ihrem Anfang, sondern macht sie zur Grundlage neuer Forschung.«173 Die Architektur des »International Style« wurde, als
einer unter vielen Architekturtrends seiner Entstehungszeit, zum
prägenden Stil der Moderne. Technologien und diese spezifische
Ästhetik aus Stahl und Glas änderten die Lebensbedingungen,
Komfortvorstellungen und ästhetischen Anschauungen der westlichen Kultur, schließt Reyner Banham: »Le Corbusier’s vision of
the Cartesian prism of the slab skyscraper, and Carrier’s practical technology for solving any environmental problem that offered an honest dollar had met, literally, in the UN building, and the
165
face of the urban world has been altered.«174 Und dennoch, Architektur verlor dadurch an kulturellem Terrain. Denn durch brauchbare Alternativen zu strukturellen, materiellen Gebäudeelementen,
wie etwa die technische Lösung der »Air-Condition«, wurde Architektur davon entbunden ein Gebäudeklima zu meistern. Das
Umgebungsklima wurde nun durch andere Diszipline kontrollierbar gemacht. Damit war nun aber auch eine Alternative zur Architektur etabliert. Im international Style stabilisierte sich diese
soziotechnische Transformation in ästhetischen Konzepten für
diese autarken, hermetischen Gebäude, welche ohne solche Technologien einer präzisen Kontrolle und ihre exakten Schnittstellen
nicht nutzbar waren. Eine Kehrseite derartiger Konzepte zeigt sich
im Energieverbrauch. So wurde etwa der Stromausfall für fünff
zig Millionen US-Amerikaner im »Blackout von 2003« vor allem
durch die enorme Anzahl von Kleinverbrauchern, allen voran von
ihren Klimaanlagen, verursacht.
Aus der Not der Avantgarde, die Richtung für eine Neuorientierung bieten zu können, machte Le Corbusier die Tugend seines
Maschinenzeitalters. Der Leitidee präziser Organisation folgend
wurden ein homogener Bauteil und seine wenigen Baustoffe in
seine einzelnen Funktionen aufgeteilt. In der Folge sollte jede notwendige Funktion durch ein spezielles Element mit seinem speziellen Baustoff erfüllt werden. Banham: »In short, to replace additively, element by clip-on element, the performance factors that a
massive wall had contained homogenously and organically.«175 Es
widersprach Le Corbusiers Vorstellung einer Gebäudemaschine,
die getrennt gedachten Funktionen einfach in isolierte Raumhüllen zu stecken. Vielmehr wurden die Funktionen von Bauelementen zur Maschine, die spezifisch moderne Lebensqualitäten verspricht, indem sie nicht einfach nur aneinandergereiht, sondern zu
immer komplexeren Einheiten ineinander verschachtelt werden.
166
So mischte sich in diese Metaphern-Argumentation von der Maschine bald auch das Konzept des »Organismus«, welcher als eine
ganz spezielle Art von Maschine verstanden wurde.
An den Eigenschaften von Maschinen verehrte Le Corbusier
Kraft, Harmonie, Geometrie und vor allem Organisation. Sein
prophetischer Slogan »Das Haus ist eine Maschine zum Wohnen«
war selbst ihm bald zu einfach, denn er bewunderte nicht simple
Maschinenhaftigkeit, sondern das Fortschreiten einer kosmischen
Evolution zum Höheren: »Organized like living beings, like a powerful or delicate species of animal, that is never wrong since its
workings are absolute.«1777 Nicht die visuelle Ähnlichkeit oder Metapher, sondern höhere Prinzipien sollten im berühmt-berüchtigt
gewordenen Slogan beschworen werden. Le Corbusier verehrte die
vergeistigten Zustände höherer Organisation, die sich in der fortschreitenden Entwicklung von Mensch und Maschine offenbarte.
So blieb das heroische Genie von den Massen unverstanden, auff
grund der eigenen populistischen Formulierungen. Sein Maschinenkult entwickelte keine Begeisterung an niedrigen sensuellen
Empfindungen, wie sie durch Phänomene wie Geschwindigkeit
und Lärm ausgelöst werden, wie etwa im Futurismus. Davon setzte
sich Le Corbusier ab, indem er betonte, keine Architektur der Zukunft, sondern eine der Gegenwart zu schaffen. »Art has no business resembling a machine (the error of Constructivism) … a new
desire: an aesthetic of purity, of precision, of expressive relationships setting in motion the mathematical mechanisms of our spirit:
a spectacle and a cosmogony.«178
Doch zu verführerisch war die Möglichkeit, gewünschte Eigenschaften zu übertragen. »Die Maschine« des »Maschinenzeitalters«
ist eine Einheit, ein Objekt. Diese Einheit von Einzelteilen, die
verbunden wurden, um eine Funktion zu erfüllen, wurde organisch
gedacht. Das Konzept der organischen Einheit definiert ein aus
167
notwendig miteinander verbundenen Teilen zusammengesetztes
Ganzes, von denen keines überflüssig ist und jedes am richtigen
Platz sitzt. Diese Einheiten sind »… nichts Elementares, sondern
ein Organismus …, wenn man teilen wollte, stürben die Teile ab«,179
definierte etwa Paul Klee.
Das Systemkonzept der organischen Einheit wurde für das
Kunstwerk gedacht, aber auch für den Körper, die Stadt, das Haus
und das Volk. In der Maschine fand es seinen nicht weiter kritisierbaren Kumulationspunkt. Denn hier ließ sich das notwendige Zusammenwirken von Einzelteilen zu Einheiten, anders als bei Stadt
und Volk, nicht mehr in Frage stellen.
Egal wie komplex die Aufgaben oder wie diffizil die Bauweise
einer Maschine ist, im Maschinenzeitalter kann sie als Ding präzise aus ihrer Umgebung isoliert werden, mit der sie über exakt lokalisierbare Schnittstellen in Verbindung steht. Auf den Entwurf
eines solchen eigenständigen Objekts, mit inhärenten notwendigen Zusammenhängen, können die klassisch-antiken Gesetze der
Schönheit angewandt werden. Für so verstandene Maschinen kann
nun der Anspruch auf eine gestalterische Ästhetik erhoben werden,
die von Geometrie, Material und Licht geleitet ist. Für Maschinen dieser Art können antike Metaphern bemüht werden: für die
Logik einer reinen, kalten Geometrie, die präzise organisiert wie
die Zahnräder eines Uhrwerkes in unschuldiger Funktion ineinandergreift – als Äquivalent des Kosmos.
Le Corbusiers Konzepte reflektieren ein Weltverständnis, das
auf den Populärwissenschaften der 1920er- und 1930er-Jahre
beruht.
Diese Welt ist noch linearisierbar in die Quäntchen der Infinitesimalrechnung, und sie wird zugänglich über die beliebig annehmbaren Größen von endlichen, kleinsten Teilen. Es ist zwar die Zeit, in
der sich bereits Quantenmechanik und Kybernetik zu entwickeln
beginnen, doch Le Corbusier bezieht sich noch auf antike Ideale.
168
Zeitgenosse Norbert Wiener hingegen formulierte seine Vorstellung von einer organischen Einheit, basierend auf den Prinzipien
von Kommunikation, als Grundlegung für seine Kybernetik, welche wie fraktale Entstehungsprinzipien wirken: »Was für die Einheit einer Gruppe von Menschen gilt, das gilt ebenso für die Ganzheit des individuellen Menschen. Die verschiedenen Elemente, aus
denen die Persönlichkeit sich jeweils zusammensetzt, stehen untereinander in ständiger Kommunikation und beeinflussen sich gegenseitig durch ihre Steuerungsmechanismen, die ihrerseits wieder eine Art von Kommunikation darstellen.«180 Was Le Corbusier
und der International Style nicht mitvollzogen, war die kulturelle
Verschiebung des Verständnisses vom Menschen vom Industriepalast der Moderne hin zur Information verarbeitenden Einheit der
Spätmoderne, allerdings unter Beibehaltung der Vorstellung einer
organischen Einheit. Doch die Verschiebung bewirkte, dass Letztere langsam von einer neuen Vorstellung von Ganzheit abgelöst
wurde. Unter der zeitgenössischen Leitmetapher der Kommunikation wurde Netz als neues Verständnismodell von Architektur –
und allerlei anderem – etabliert. Dies ist die Betrachtungsweise der
Vernetztheit, in der Häuser als Knoten in Netzen fungieren, die
wiederum für sich, holistisch, mannigfaltige Netzwerke darstellen,
Knoten, durch die viele Ströme zirkulieren, wie etwa Wasser, Energie, Licht, Luft, Informationen, Objekte, aber auch die Körper von
Menschen und anderen Organismen. So beginnt das Modell der
notwendigen Einheitlichkeit und folglich Ganzheit eines Organismus schon zu Lebzeiten Le Corbusiers in der adaptiven Heterogenität der Netzmetapher zu zerfallen.
169
»Wir stehen auf dem äußersten Vorgebirge der Jahrhunderte!…
Warum sollten wir zurückblicken, wenn wir die geheimnisvollen Tore
des Unmöglichen aufbrechen wollen? Zeit und Raum sind gestern
gestorben. Wir leben bereits im Absoluten, denn wir haben schon die
ewige, allgegenwärtige Geschwindigkeit erschaffen.«181
Filippo Tommaso Marinetti, Manifest des Futurismus, 1909
Beschleunigung & Verstärkung
Für den arbeitenden menschlichen Körper hat sich im Zuge des
19. Jahrhunderts ein Betrachtungsmodell etabliert, das sich als die
Metapher vom »menschlichen Motor« tief in die Erschließung
von Wissen eingeschrieben hat, sei es in Physik, Biologie, Medizin,
Psychologie oder in den Künsten. Diese Relation von Arbeit und
Energie, als die Effizienz ihrer wechselseitigen Umsetzung, wurde
zum Schlüssel für das Körperverständnis des 20. Jahrhunderts.
Wenn irgendwann die Anthropologen einer fernen Zukunft die
Mensch-Maschine- Schnittstellen unserer zeitgenössischen Apparate studieren werden, erwartet sie ein völlig verzerrtes Abbild unserer Körper. Wir verwenden Gerätschaften, um nachhaltig wirksam und zugleich wirtschaftlich vorzugehen. Jegliche Technologie hat, einer zeitgenössischen Übereinkunft folgend, effizient zu
sein. Teil der Effizienz ist die Handhabbarkeit von Apparaten. Effizienz ist Entwicklungsproblem, Zieleigenschaft und Evaluationskriterium für alle Technologien. Effizienz kann jedoch sowohl
das Verhältnis von Leistung zu Energie bezeichnen wie auch Ergonomie. Technologie wird jedenfalls eingesetzt, um eine zunehmend große Bandbreite verschiedener menschlicher Fähigkeiten
und Handlungen aufzurüsten. Ergonomie als Komplementär zu
Effizienz forscht nach am Menschen orientierten Kriterien für die
Entwicklung von Design. Bill Buxton war im legendären Entwicklungsteam der Computermaus in den Xerox-Laboratories federführend beteiligt. Er entwickelte »mind-set«, um Designs von tech170
nischen Artefakten zu überdenken.182 Dieses Denkmodell nennt er
»Three Mirrors« und setzt damit bei einem unvermittelten Kontakt
mit Technologie an.
Mit seinem Ansatz kann festgestellt werden, in welchem Ausmaß Technologie menschliche Fähigkeiten auf verschiedenen Ebenen reflektiert. Drei Spiegel werden nach bestimmten Fähigkeiten
befragt. Der »physische Spiegel« vergleicht Schnittstellen damit,
wie wir gebaut sind und welche motorischen/sensorischen Fähigkeiten wir besitzen. Der »kognitive Spiegel« vergleicht Abläufe und
Anordnungen damit, wie wir denken, lernen und Probleme lösen.
Im »sozialen Spiegel« reflektiert sich, wie wir auf soziale Milieus
bezogen sind, etwa auf Gruppenstrukturen und auf die Dynamiken
von Macht und Politik.183
Wichtig dabei ist anzuerkennen, dass Menschen »multipel« sind.
Ein Beispiel aus dem Alltag wäre Autofahren. Wie etwa gleichzeitig die Hand schaltet, die Füße Pedale bedienen und der Blick
zudem den Verkehr in Spiegeln kontrolliert.
Design muss anerkennen, dass wir »multi-tasking«-fähig sind,
wir können mehrere Aufgaben zugleich ausführen. Denn Signale
können über etliche Kanäle gleichzeitig verarbeitet werden, wir
sind »multisensorisch«. Design soll diese unsere Beschaffenheit unterstützen, um »Überforderung durch Unterforderung« aufgrund
einseitiger Belastung zu vermeiden. Im Gegenzug sollen die Fähigkeiten unserer Sinne gefordert und unterstützt werden. Deshalb
kann nicht nur, sondern soll Technik über viele Kanäle mit uns in
Verbindung zu einer »Multi-Channel«-Interaktion treten.
In der Vergangenheit wurde Technologie auf der denkbar simpelsten Basis eingesetzt. Nachdem eine neue Technologie verfügbar
war, wurde sie, wo immer sich eine Möglichkeit fand, angewandt
und die Organisation danach so weit als möglich ausgerichtet.184
Welche Situation entsteht aber, wenn Organisation und Techno171
logie nicht als gegensätzlich wirkende Kräfte, sondern als einander
ergänzend betrachtet werden?
Buxtons Beispiel ist Telepräsenz, sei es nun als simpler Chat, als
Videokonferenz oder als Social Robot. Diese Technologien sind
darauf angelegt, Spielarten sozialer Nähe zu erzeugen. Am Arbeitsplatz ermöglichen sie etwa kollegiale Nähe und Austausch.
Aufgrund der Speicherbarkeit und Übertragbarkeit von Kommunikationsinhalten wird Vergangenes nachvollziehbar. Damit versteht Buxton, wie vor ihm Technikphilosoph Ernst Kapp und der
Begründer der Medientheorie Marshall McLuhan, Telepräsenz als
soziale Prothese, als Erweiterung der Sinne, um Lücken zwischen
den Körpern und Schwächen in der Organisation des Alltags zu
überbrücken und zu kompensieren.
Der Soziologe und bildende Künstler John McHale vermutete
im England der frühen 60er-Jahre:
»Der technologische Fortschritt ist vielleicht genauso ein natürlicher und organischer Teil
der menschlichen Evolution wie die Ausdifferenzierung von Finger und Daumen – und war in diesem Sinne bislang genauso wenig
der bewussten Kontrolle des Menschen unterworfen. Man könnte
die Hypothese aufstellen, dass Technologien dem Menschlichen
nicht fremd sind, sondern dass im Gegenteil Hilfstechnologien
und Organisationsformen wichtige Merkmale des Menschseins
sind.«185
Für ihn beginnt diese Entwicklung bei der Erhöhung der Hebelkraft des Arms bis schließlich zusätzliche Hände, Augen, Gehirne
und Hautschichten eingesetzt werden. »McHale sieht Prothesen
als Modell kultureller Produktion und betont ihre die Kultur verändernde Macht.«186 Den großen Wendepunkt in der Entwicklung
von Erweiterungen macht er 1962 fest, als es sowjetischen Wissenschaftlern gelang, bioelektrische Ströme von einem Gliedmaßen172
Stumpf zu verstärken und damit eine Prothese zu steuern. Damit
bestand die Möglichkeit, Steuersignale zwischen einem natürlichen und einem künstlichen Glied zu übertragen, ohne dass eine
speziell bedienbare Schnittstellentechnologie nötig wäre – also die
übergangslose Organisation von natürlichen und künstlichen sensorischen Fähigkeiten in einem System.
Aber mit seiner Idee des prothetischen Körpers ging McHale
viel weiter. Als künstliche Gliedmaßen verstand er auch Städte
und Staaten, ja sogar Zusammenschlüsse von Nationen,1877 also soziale Organisationssysteme. Als Arten von prothetischen Erweiterungen versteht er auch die Wirkung halluzinogener Drogen
und von Kunst auf die Psyche und die Wirkung projizierter Bilder. Sogar das Einfrieren nach dem Tod versteht er als Erweiterung
des Körpers in der Zeit.188 Weiters beschreibt er Sprachen, Zahlen,
Symbole und Zeichensysteme als Prothesen. In diesem Verständnis gelten auch kognitive Modelle als prothetische Erweiterungen
menschlicher Körper. Daraus abgeleitet, liefert er eine detaillierte
Analyse der Kommunikationsnetzwerke, die ab den 1960er-Jahren
zunehmend den Lebensraum der Gesellschaft bestimmen.189
McHale schließt daraus, dass der Mensch nur durch seine Erweiterungen ein soziales Tier sei. Er sieht sich durch eine Theorie
seiner Zeit bestätigt, nach der »… Evolution durch Prothesen in
einzigartiger Weise menschlich und frei von der Langsamkeit der
Reproduktion und von evolutionären Sackgassen ist«.190 Deshalb
macht es für ihn genau so viel Sinn, Maschinen als menschlich anzusehen wie menschliche Körper als Maschinen.
Diese Definitionen führen zur Feststellung, dass Technologie
zur neuen Natur der Menschheit wird. McHale folgt einer Idee,191
die eine ähnliche Symbiose wie bei Mensch-Pflanze-Tier
auch
zwischen Mensch und Computer erkennt. Sein Modell vom technischen Fortschritt ist die Explosion der menschlichen Leistungs173
fähigkeit. Demnach muss Technologie als organisches System betrachtet werden, dessen »Physiologie« und »Pathologie« genau beobachtet werden müssten. Diese künstliche Natur muss nun mit
ökologischen Kategorien analysiert werden. Denn: »Maschinen ergänzen nicht länger biologische Systeme. Sie sind selbst in eine
biologische Phase eingetreten und wuchern wie Unkraut.«
Ein solch ständig beschleunigtes Wachstum des erweiterten
Körpers führt zu Netzwerken von einander überlappenden technologischen Systemen, die den Planeten überdecken. Für McHale
unterliegt dieses verschränkte kybernetisch-biologische Nervensystem einer Ökologie der Ideen.192 Logische Konsequenz ist die
Erweiterung des menschlichen Nervensystems in ein verallgemeinertes kybernetisches System193 und die Forderung: »Es bedeutet
auch, diesen Apparat direkt in das innere Nervensystem einzuschleusen und eine neue Art zu Körper schaffen.«194 Die Grenze
zwischen dem Innen und dem Außen, dem Organischen und dem
Technologischen schwindet.
1955 besucht McHale die USA, um Soziologie zu studieren. Dort
lernt er Richard Buckminster Fuller kennen und die amerikanische Popkultur. Er bringt einen riesigen Koffer voll Kultur-Material, wie Schallplatten und Magazine, nach England zurück. Tatsächlich wurde aus den Werbeinseraten dieser Magazine 1956 von
Richard Hamilton die Collage »Just what is it that makes today’s
homes so different, so appealing?«195 angefertigt, die als das erste
signifikante Werk der Pop-Art kanonisiert wurde.
Der Ingenieur-Architekt Fuller und der Künstler-Soziologe
McHale arbeiteten in engem Austausch, und es ist bei vielen Ideen
unmöglich auszumachen, von wem sie geliefert wurden. Der Begriff der Erweiterung war für beide wichtig. Fuller verstand Zeit als
eine Erweiterung von Raum und verwendete den Begriff 4D (vierdimensional) schon seit den 1920er-Jahren,
weil er Zeit als Erwei174
terung des Physischen ansah: »In einer mit Prothesen erweiterten
Welt arbeiten Architekten in und mit der Zeit.«196
In diesem globalen Netz, das in das Körperinnere genauso erweitert wurde, wie der Körper in das Netz selbst erweitert ist, verortet Fuller das ureigenste Anliegen der Architektur: »Das Haus ist
ebenso eine mechanische Erweiterung des Körpers, wie der Körper den Geist erweitert.« Und: »In der Taxonomie der Erweiterungen ist das Gebäude als essentielle Stufe zwischen Kleidung und
Werkzeug zu betrachten.«1977 Schon 1957 beschäftigt sich McHale
mit Technologie im Haus.198 Dabei stellt er fest, dass sich trotz der
beschleunigten Entwicklung Architekten nicht um Technologie
kümmern. Die inneren und äußeren Erweiterungen des Hauses
haben ohne Architekten stattgefunden. Am Beispiel einer Küche
zeigt er, dass Architekten nur die Verpackung liefern, die Technologie, die hinter der »designten« Oberfläche versteckt wird, liefern
dagegen andere. Er erkennt in Buckminster Fuller einen Architekten, der die traditionellen Grenzen der eigenen Zunft erweitert
hat.199 McHale entwickelt in seiner Dissertation anhand von Fullers Konzepten eine Ökologie. Er kommt zu dem Schluss: »Die
Physiologie und Pathologie neuer Technologien zu untersuchen
bedeutet, sie einer architektonischen Analyse zu unterziehen.«200
Doch als Messlatte für Architekturprojekte dient McHale dabei
die »Motorama Kitchen of Tomorrow«, 1956 von General Motors und der Tochterfirma Frigidaire entwickelt. Mahlzeiten werden über Lochkarten gesteuert vom Computer zubereitet. Große
Bedeutung haben dabei die Kommunikationstechnologien, die
den Raum neu organisieren. McHale: »Die Trennung von Kochen
und Essen wurde durch das Planungs- und Kommunikationszentrum vorgegeben, das auf der einen Seite Raum zum Essen bot
und auf der anderen Seite Raum für einen schwenkbaren Fernseher
175
mit Fernbedienung, um das Spielzimmer oder die Eingangstür im
Auge behalten zu können; ein Telefon mit Freisprechfunktion, das
überall in der Küche abgehoben werden kann und das Nachrichten aufnimmt, sowie ein Gerät, mit dem man schriftliche Mitteilungen empfangen und senden kann.« Der Begriff Fax war längst
nicht geprägt. Auf Basis dieser Möglichkeiten wird von Fuller und
McHale »alles … mobilisiert. An einer Stelle wird das Haus als
portable, prothetische Haut beschrieben, an anderer Stelle wird das
Auto als ›mobile Erweiterung des Hauses‹ bezeichnet.«201 Fullers
»mechanical wing«, 1949, wird als die mobile Erweiterung des typischen Vorstadthauses vorgestellt.202 »Schließlich hatten sie genug
Zeit, um am Feierabend vor dem Haus zu sitzen … und sie bauten
Veranden an ihre Häuser. […] Dann kam das Automobil und es bewirkte, dass die verglaste Veranda an der Häuserfront Räder bekam;
anstatt darauf zu warten, bis man Leute kommen sah, fuhr man die
Straße hinunter, um Leute zu sehen. In einem ziemlich direkten
Sinn war das Auto Teil des Hauses, […], fing es an, ein Eigenleben
zu führen. […] Wir sind so konditioniert, ein Haus als etwas Statisches zu begreifen, dass es uns entgeht, dass ein Auto genauso zum
Haus gehört wie ein Schuppen mit Brennholz.«203 Aber ebenso wie
das Haus mobil gemacht wird und sich in die Welt hinausbewegt,
kommt die Welt über all die neuen Kommunikationskanäle in das
Haus zurück. »… Architektur zirkuliert ununterbrochen, sie befindet sich im Fluss.«204
In dieser Vorstellung transformiert jede Erweiterung des organischen Körpers den Raum, den dieser einnimmt. Die Grenzen
zwischen Raum und Körper werden aufgelöst. Organische Körper können somit als eine Art Ausstülpung von überlagerten Netzwerkknoten dieses erweiterten Ökosystems betrachtet werden.
Raum wäre dann eine Art nächste Ebene von Ausstülpung des
Körpers. McHale entwickelt seine Ideen weiter, bis in der Mitte der
176
1960er-Jahre
schließlich der Raumanzug zum Modell für das Heim
wird. Konsequent werden Heim, Haushaltsinstallationen und Kleidung miteinander verbunden.
Manche Menschen sehen in Technik eine fremdartige Bedrohung. Der Grund wird von McHales Ökologie in der Art der Kontrolle und der Verteilung von Technik innerhalb der Gesellschaft
gesehen. Das führt zur Forderung nach dem Ethos eines ökologischen Managements von globalem Ausmaß. Die Konsequenz ist
für McHale wie später für Edward Tenner klar: Moderne Technologie soll zu einem selbstorganisierten Frühwarnsystem werden.
Das kann man nun als Forderung nach einer wahrnehmungsbewussten Automationstechnologie auf globaler Ebene verstehen.205
Der Zuständigkeitsbereich von Architektur ist von McHale über
die Gestaltung von Oberflächen und Räumen hinaus erweitert gedacht. Architektur soll Verantwortung für die Ökologie des gesamten Planeten übernehmen.
»Effizienz geht hier weit über Ergonomie und das Verhältnis von Leistung und Energie hinaus und wird zu Menschlichkeit, wenn McHale in seinen Büchern zur generellen Umverteilung der globalen Energieressourcen aufruft, unabhängig von den
traditionellen politischen Strukturen.«206 Nun zeigt sich die Idee
vom menschlichen Motor grundlegend gewandelt, denn, so Wigley,
»der Diskurs über technologische Effizienz kann nicht von einer
Theorie der Kommunikation in der Popkultur getrennt werden«.207
Tatsächlich ist Popkultur eine Manifestation von Technologie- und
Körper-Politik gleichermaßen.
Drei Vorstellungen über den Status von Technologie stehen sich
gegenüber: Reflektiert Technologie einfach menschliche Fähigkeiten und Eigenschaften oder handelt es sich um eine eigenständige
Entwicklung? Wenn es eine Entwicklung ist, dann die von Technologie oder die der menschlichen Fähigkeiten? Wenn sich mensch177
liche Fähigkeiten entwickeln sollten, ist Technologie ein notwendiger Teil der menschlichen Entwicklung?
All diesen Ansätzen ist gemeinsam, nach der Art der Abgrenzung von natürlich und künstlich zu suchen oder von einer solchen
Unterscheidung auszugehen.
»Du könntest taktvoller sein, weißt du? … Was bedeutet es schon, dass du
inwendig nicht so klebrig, heiß und glitschig bist wie ich? Schließlich, geht
es denn um die Eingeweide? … Nein, ich stelle mir die eigenen Eingeweide
vor – schleimige aneinander sich reibende Windungen von Röhrchen, Blasen,
Bläschen, kleistrige Flüssigkeiten, klebrige, gelbliche Häutchen, all dieses
rohe Zeug.« … »In gewissem Sinne, dass heißt, wenn ich mich ordentlich
hindenke in all diese ganze Gallert, dann wird alles so, dass es danach –
irgendwie – leichter geht. Hast du davon jetzt irgendwas mitgekriegt?«
»Hab ich.« »Das bezweifle ich.« »Bei mir kommt das auch vor.« »Was?!« …
»Dasselbe wie du, mit Berücksichtigung der bestehenden Unterschiede.«
»Drähtchen und Kristalle?« »So ungefähr.« »Weißt du, solche Aufrichtigkeit
ist Grässlich. …« »In mancher Hinsicht bin ich dir ähnlicher als ich möchte.«208
Lem, Stanislaw, Der Hammer, 1969
Körper & Prothesen
Die Zuschreibung »künstlich« greift zu kurz, um bestimmte Wechselwirkungen zwischen Körper und Umwelt zu beschreiben. Ein
produktiver Ansatz entsteht, wenn »künstlich« durch »synthetisch«
ersetzt wird, um damit das Spektrum der möglichen Zuschreibungen zu vergrößern. Dabei wird »unecht« von »zusammengesetzt« und gleichsam das Kategorisieren vom Assemblieren, vom
Zusammenstellen abgelöst. Es stellt sich die Frage nach den Beziehungen zwischen Organismen und Maschinen. Diese Relationen sind mannigfaltig und dicht, da die Quelle von Kultur, geballt
in der Maschinenmetapher, die Aneignung und Transformation
von Natur, geballt in der Metaphorik der organischen Einheit, ist.
Donna Haraways Meinung nach sind »… wir Chimären, theore178
tisierte und fabrizierte Hybride aus Maschinen und Organismen;
kurz wir sind Cyborgs.«209
Ihr Image vom »e-motive Cyborg«, dem gefühlsbetonten
Mischwesen, nimmt alle diese Ideen auf und multipliziert sie. Bereits Anfang der 1990er-Jahre
beschreibt Haraway die transformative Kraft dieser Idee. »Ein Cyborg ist ein kybernetischer Organismus, ein Hybrid aus Maschine und Organismus, eine Kreatur der
sozialen Realität und der Fiktion. Soziale Realität ist gelebte soziale Beziehungen als unsere bedeutendste politische Konstruktion;
das ist eine die Welt verändernde Fiktion.«210
Das Cyborg-Image, so Haraway, kann einen Weg aus jenem Labyrinth bieten, in das uns Erklärungen des Dualismus gebracht
haben. Das ist kein Traum von einer vereinheitlichten Sprache oder
einem Code der Codes, sondern von einem »starken, ungläubigen,
heterogenen Glossar«. Das bedeutet gleichermaßen das Erzeugen wie Zerstören von Maschinen, Identitäten, Beziehungen und
Raummetaphern.
Für Haraway wird diese Analyse möglich, da die Unterscheidungen von Mensch und Tier sowie jene von Mensch und
Maschine unklar geworden sind. Denn einerseits separieren uns
vom Tier weder Sprache, Werkzeuggebrauch noch mentale Ereignisse. Andererseits waren »vor-kybernetische Maschinen … nicht
selbst-bewegt, nicht selbst-entwerfend oder autonom. Sie konnten den menschlichen Traum nicht erreichen, nur nachahmen. Sie
waren nicht Mensch oder ihr eigener Autor, sondern nur eine Karikatur von maskulinen Reproduktionsträumen.« Doch heute ist
diese Unterscheidung nicht mehr so sicher. Der Unterschied zwischen natürlich und künstlich ist in verschiedenen Kategorien
total mehrdeutig geworden. Als Differenzierung kann etwa »sich
selbst entwickelnd« im Unterschied zu »extern entworfen«211 gesetzt werden.
179
Hier wird ein beständig verschwimmendes, die Unschärfe wechselndes Bild aus »Wunsch-Körper-Umwelt« entwickelt. Allerdings
nicht im Sinne einer Erweiterung, sondern im Sinne von Verwandtschaft in einem weitreichenden Verständnis der biologischen
Phyle, als ein zoologisch-technischer Stammbaum. Haraway spitzt
die Frage zu, hin zur Entscheidung zwischen »totaler Kontrolle«
oder »fraglicher menschlicher Identität«. »Die intensive Freude an
Fähigkeiten, an Maschinenfähigkeiten, sind ein Aspekt der Verkörperung und keine Sünde. Die Maschine ist kein Es zum Animieren, Anbeten und Dominieren. Die Maschine sind Wir, unsere
Prozesse, ein Aspekt unserer Verkörperung.«212 In ihrer Sicht sind
»biologische Organismen … biotische Systeme geworden. Sie wurden zu Kommunikationsgeräten, wie andere auch.«213
Um möglichen metaphysischen Interpretationen dieser biotechnologischen Perspektive zu entgehen, hält sie fest: »Obwohl
sich beide in einem Spiraltanz befinden – ich würde lieber das
Cyborg sein, als die Göttin.«214 Haraways Anliegen ist die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft. Schreibt sie doch einen
sozialistisch feministischen Körpermythos wider die herrschende
maskuline Macht. Sie liefert damit implizit den Ansatz zu einer
Beschreibung der Verschiebung des Verständnisses einer fragmentierten Identität der Moderne zu einer verteilten, aber auch geteilten Identität.215
Das Technik-Image hat sich im 20. Jahrhundert von einer Ekstase in Lärm und Geschwindigkeit, wie sie etwa von den Futuristen besungen wurde, zur Trance von ans Netz angeschlossenen Cyberspace-Usern verschoben.216 Die Technik-Wahrnehmung
hat sich dabei gewandelt: von einem Wahrnehmen von Technik
als einem Äußeren zu Wahrnehmungen aus dem eigenen Körper
heraus. Körper wird samt den technologischen Schnittstellen und
Apparaten Erweiterungen erfahren: Muskeln, Sinnesorgane, Ein180
geweide gemeinsam mit Auto, Handy und Breitbandverbindung,
dabei fusionieren sie in ein Funktionssystem.
Bei der Idee des »Human Motor« galt es, die menschliche Leistungsfähigkeit gleich der von Maschinen zu erforschen und zu
verwerten. Das Ziel war Effizienz von Antriebskraft. Das Konstrukt vom »e-motive Cyborg«, dem gefühlsbetonten biotischen
Mischwesens, gilt nicht nur effizienter menschlicher Leistungsfähigkeit, sondern auch der Adaptierbarkeit an wechselnde Verhältnisse. Es stellt ein alternatives Konzept zur Erweiterung durch
maschinelle Prothesen dar. Erhöhte Bedeutung bekommt ein verändertes Körperbewusstsein von offen vernetzten Körpervorstellungen des Handelns, Verhaltens und Befindens.
«die automation ersetzt dort den menschen, wo er bisher als automat
benützt wurde. dort, wo sich der mensch auf seine existenz als mensch
besinnt, ist er fähig, seine umwelt nicht nur zu technisieren, das heisst
nach seinen allernötigsten materiellen bedürfnissen einzurichten,
sondern er ist in der lage, seine umwelt wirklich zu gestalten. dafür
braucht es ästhetische argumente, braucht es die künste, die
integration der künste in das tägliche leben.« 217
Max Bill, Der Modellfall Ulm, 1959
Simulation & Extension
Das Verhältnis von Architektur und Technik basiert auf der weit
verbreiteten Vorstellung, »die Technik« als Erweiterung des Menschen zu verstehen und findet sich in beinahe allen Bereichen der
westlichen Kultur. Dieses Verhältnis lässt sich in seinen Einzelheiten recht anschaulich an der Technik des Schreibens darstellen, aber auch hinterfragen. Anhand des Beispiels der Gegenüberstellung von Wort und Text soll hier dem Komplex der Beziehung
von Technik und Architektur nachgegangen werden. Architektur
als kulturelles Phänomen kann dazu eine Metapher von Kultur ins181
gesamt abgeben. Die Diskussionen der Vorstellung von Technik als
Erweiterung des Menschen erstreckt sich über viele Generationen,
um in mannigfaltiger Weise der Frage nachzugehen, ob und in welchem Maße durch Technologie ausgelöste Entwicklungen für die
kulturelle Entwicklung wünschenswert, fragwürdig oder gar gefährlich sind. Wie tief die Vorstellung in der westlichen Kultur verwurzelt ist, zeigt sich daran, dass sie sich bis zu den Ursprüngen
europäischen Denkens zurückverfolgen lässt. Dramatisch wird das
Verhältnis gleich zu Beginn, am mythischen Übergang zwischen
den antiken Kulturen Ägyptens und Griechenlands; in einer Erzählung, die prototypisch für den Beginn des Bedenkens der Wirkungen von Technik in der westlichen Kultur gelten kann. Ähnlich wie Aristoteles’ Beispiel der »eilenden Weberschiffchen« als
Grundlegung des Automationsdiskurses gilt, wie weiter im Kapitel
diskutiert, steht Platons Erzählung der »Gottheit Theuth« initial
für den Mediendiskurs:
Platon218 lässt im Dialog »Phaidros« Sokrates von einem Mythos
über den Ursprung des Schreibens erzählen. Nach einer antiken
Überlieferung, so erzählt Sokrates, war es die alte Gottheit Theuth,
welche »… zuerst Zahl und Rechnung erfunden (habe), und Mathematik und Sternkunde, ferner Brettspiel und Würfelspiel, ja
sogar auch die Buchstaben«. Um den Ägyptern ihre Nutzung zu
ermöglichen, stellt Theuth seine Erfindungen dem Thamos, König
von Ägypten, vor; manche wurden vom König befürwortet, andere nicht. Bei der Vorstellung des Schreibens sagt Theuth: »Diese
Kenntnis, o König, wird die Ägypter weiser und erinnerungsfähiger machen; denn als ein Hilfsmittel für das Erinnern sowohl als
für die Weisheit ist sie erfunden.« Thamus erwidert: »O du sehr
kunstreicher Theuth! Ein anderer ist der, der das, was zur Kunst gehört, hervorzubringen, ein anderer aber der, der zu beurteilen vermag, welchen Teil Schaden sowohl als Nutzen sie denen bringe, die
182
sie gebrauchen werden. So hast auch du jetzt, als Vater der Buchstaben, aus Vaterliebe das Gegenteil von dem gesagt, was ihre Wirkung ist. Denn Vergessenheit wird dieses in den Seelen derer, die es
kennenlernen, herbeiführen durch Vernachlässigung des Erinnerns,
sofern sie nun im Vertrauen auf die Schrift von außen her mittelst
fremder Zeichen, nicht von innen her aus sich selbst, das Erinnern
schöpfen. Nicht also für das Erinnern, sondern für das Gedächtnis hast du ein Hilfsmittel erfunden. Von der Weisheit aber bietest
du den Schülern nur Schein, nicht Wahrheit dar. Denn Vielhörer
sind sie dir nun ohne Belehrung, und so werden sie Vielwisser zu
sein meinen, da sie doch insgemein Nichtswisser sind und Leute,
mit denen schwer umzugehen ist, indem sie Scheinweise geworden
sind, nicht Weise.«219
Für Platon ist die Sachlage klar, er versteht Schreiben als von der
Sprache abgeleitet. Aber dabei werden Text und Schreiben nicht
nur als der Sprache untergeordnet, sondern auch als gefährliche
künstliche Erweiterung menschlicher Fähigkeiten eingestuft. Zu
diesem Zweck verurteilt Platon Text und Schreiben, vermittels
der Ausdrucksform der direkten Rede des Sokrates: »Wer denkt,
er könne seine Kunst in Geschriebenem hinterlassen, …, der ist
von reichlicher Einfalt belastet … «220 In dieser Weise reflektiert
die Konstruktion der Erzählung selbst ihr Thema: Platon lässt Sokrates eine Geschichte erzählen. Dieser erzählt sie seinem Schüler
Phaidros in direkter Rede. Die Geschichte gibt einen Dialog aus
dem fernen Altertum der antiken griechischen Kultur wieder, in
der König und Gott einander in der Rede als aktualisierte Sprache
begegnen, um einen kulturell wichtigen Disput auszutragen. Der
gleichsam tote Speicher dieses Texts kann nur ein matter Abglanz
vom lebendigen Wort und vom aktiven Dialog der Beteiligten sein.
Die Erzählung im »Phaidros« ist eine Anklage gegen das Schreiben – eine Technik, die lebendige Erinnerung durch den Einsatz
183
mnemotechnischer221 Geräte ersetzt. 1968 analysierte Jacques Derrida die Erzählung in seinem Essay »Plato’s Pharmacy«.222 Der entscheidende Satz, in dem Theuth das Schreiben anpreist, kann genauer übersetzt werden als: »Diese Kenntnis (mathema), o König,
wird die Ägypter weiser und erinnerungsfähiger machen (sophoterous kai mnemonikoterous); denn als ein Hilfsmittel (pharmakon) für das Erinnern sowohl als für die Weisheit ist sie erfunden.«223 Man kann behaupten, dass jegliche Argumentation in Derridas Essay an einem einzigen Wort hängt: pharmakon bedeutet
im Griechischen gleichermaßen Heilmittel wie auch Gift. Derridas Absicht ist, Kritik an einem Grundsatz der westlichen Kultur
zu üben, der nicht nur bereits von der platonischen, sondern in der
Folge vom überwiegenden Teil der klassischen Philosophie vertreten wurde: Wahrheit ist im gegenwärtigen Moment verankert. Nur
im Hier und Jetzt ist die Intention, die Absicht oder der Zweck
einer Äußerung wirklich zugänglich. In Bezug auf das Schreiben
stellt sich die Frage: Ist das gesprochene oder das geschriebene
Wort wahrhaftiger? Hinter dieser auf den ersten Blick ausschließlich philosophisch relevanten Frage steht die Bedeutung von Technologie, abgesetzt von Technik, in der westlichen Kultur.
Aus der klassischen Sicht ist Sprache wahrhaftiger als geschriebener Text, weil jene unmittelbar mit der Gegenwart des Sprechens
verbunden ist, um die Intention des Sprechenden zu vermitteln.224
Diese Unmittelbarkeit des Augenblicks garantiert die Macht der
improvisierten Rede. Dagegen hält Derrida, dass durch die Wiederholbarkeit der Zeichen die Autorität der Intention untergraben
wird. Denn ein Zeichen bleibt lesbar, auch wenn man die Intention
des Autors in dem Moment, in dem er es schrieb, nicht kennt. Im
Gegensatz zur Intention eines Autors ist aber die Bedeutung eines
Zeichens durch seine Beziehung zu unzählbaren anderen Zeichen
in anderen Bedeutungsketten konstituiert.
184
Derrida bricht die strenge Polarität der klassischen Argumentation auf: Schreiben wird im Zuge seiner Diskussion weder zur
Nachfolge noch zur Degeneration von Sprache. Eher scheint Derrida den paradoxen Schluss zu ziehen, dass Sprache eine Simulation von Schreiben ist. In dem Sinn, dass geschriebener Text die essenziellen Qualitäten des Ausdrucks wesentlich klarer als gesprochene Worte darstellt: eben aus dem Umstand, dass jedes Zeichen
wiederholbar und jede geschriebene Bedeutung unabhängig von
der Intention des Schreibens ist.
Wort und Text, so lässt sich nun schließen, bilden keine gegensätzlichen oder einander ersetzenden Kulturtechniken aus. Mit
Derrida kann also behauptet werden, dass Text und die ihn möglich
und sinnvoll machenden Techniken keine Imitation von lebendiger
Sprache sind, sondern eher eine komplementäre, ergänzende, kulturelle Praxis zu Sprache darstellt. Beide entwickeln im Gebrauch
qualitativ jeweils sehr unterschiedliche Diskurskulturen. Verallgemeinernd kann man schließen, sobald die Botschaft in einem speicherfähigen, einigermaßen dauerhaften Medium aufgenommen
wird – sei es ein Magnetband, Papier oder, wie zur Zeit des Theuth,
ein Werk der Architketur –, werden die Worte unpersönlich, unveränderlich, aber sie tendieren auch zur Unverständlichkeit. Denn
essenziell für Zeichen ist ihre Wiederholbarkeit; doch jede Wiederholung bringt auch Differenz mit sich, zumindest in Zeit und
Kontext.225 Die Versuche der Rückführung der Differenz aus Zeit
und Kontext und Wiederbelebung der Intention bedingen Lesen,
im Besonderen die Leseweise der Exegese, der Textauslegung, als
Komplimentärtechnik des Schreibens.
Marshall McLuhans Arbeiten Ende der 1950er- bis Mitte der
1960er-Jahre
waren eine direkte Fortführung der klassischen Konzepte Platons in die Ära des frühen TV.226 In dieser Zeit verschränkt
185
sich die Arbeit an zweien seiner Hauptwerke, »The Gutenberg Galaxy; The Making of Typographic Man«2277 und »Understanding
Media; The Extensions of Man«, wobei dieses unter dem populistischen Titel »Die magischen Kanäle, Understanding Media«228 ins
Deutsche übersetzt wurde. Zwar gingen in der deutschen Übersetzung zugunsten einer Techno-Spiritualität »Die Erweiterungen des Menschen« verloren, aber er wird zum populärsten Vertreter dieser Diskussion im 20. Jahrhundert. »Gutenberg Galaxy«
beschreibt die kulturelle Evolution hin zur Moderne als Entwicklung zu Schrift und Buchdruck. Der Folgeband »Understanding
Media« zeigt die von Elektrizität und Elektronik bewirkte kulturelle Wandlung auf und versucht eine Vorschau auf die Nachmoderne. Werk und Schreibstil illustrieren gleichermaßen das multivalente Thema von Platons »Phaidros«229. McLuhans Stil gilt als
Schreiben der authentischen Rede: »Er hat von sich selber gesagt,
alles, war er aussagt, seien ›Probes‹ – die Verfertigung des Gedankens beim Reden …«230 Als sein Verdienst gilt heute, das Diskursfeld der Medienwissenschaften eröffnet zu haben. Sein Werk ist
breit interpretierbar, da er die Entwicklung einer geschlossenen
Theorie vermied, und es fordert so dessen Exegese geradezu heraus.
Platon, bereits in einer alphabetischen Schriftkultur stehend, erzählt im »Phaidros« vom Anbeginn der Schrift am Beispiel des
ideografischen Schreibens der Ägypter, in dem ein Schriftzeichen
eigentlich einen ganzen Begriff darstellt. In »Gutenberg Galaxy«
untersuchte McLuhan die mentalen Wirkungen vom Schreiben in
unterschiedlichen Notationssystemen, von ideografisch bis alphabetisch. McLuhan erkennt darin die Ablösung der ersten, magischauditiven Menschheitsepoche durch eine neue: »In the Phaedrus
(Anm.: zu deutsch Phaidros), Plato argued that the new arrival of
writing would revolutionize culture for the worst. He suggested
that it would substitute reminiscence for thought and mechani186
cal learning for the true dialect of the living quest for truth by discourse and conversation.«231 Diese Epoche führt die Entwicklung
der westlichen Kultur weg von der authentischen Wahrheit der
spontanen Rede, der Geschichtslosigkeit und weg von der mündlichen Überlieferung, »… aus der magischen Welt des Ohres hinaus
in die neutrale visuelle Welt«232 des Schreibens und Lesens. Die Folgen sind vielfältig, mit weitreichenden Konsequenzen: Unter anderem entsteht Interpretierbarkeit, Geschichtlichkeit sowie schriftliche Überlieferung und deren Kopierbarkeit. Die Druckerpresse
mit beweglichen Lettern verstärkt und verschiebt diese Wirkung
am Beginn der Neuzeit noch einmal; McLuhan interpretiert sie
als Medium. Von Interesse sind für ihn aber weniger die Erzeugnisse des Mediums als vielmehr dessen kulturelle Aussage, die er
an der Etablierung einer Mechanik des immer Gleichen festmacht:
»Die Botschaft des Drucks und der Typografie ist in erster Linie
die der Wiederholbarkeit. Mit der Typografie brachte das Prinzip
der beweglichen Typen die Möglichkeit, jede beliebige Handarbeit durch den Prozess der Zerlegung in Abschnitte und Aufteilung einer ganzen Handlung zu mechanisieren.«233 Die Prinzipien
der Funktionsweise einer Technologie bezeichnet er als medial, ihr
Zusammenwirken mit kulturellen Techniken fasst McLuhan zusammen als: »The medium is the message.«234 Die Bezeichnung der
Medialität einer Technologie als kulturelle Botschaft ist sozusagen
die McLuhan’sche Begriffsbildung für die kulturelle Wirkung einer
Technologie.
Als Quelle dieser Botschaft oder kulturellen Wirkung sieht er
den Menschen selbst: »Alle Medien sind Erweiterungen bestimmter menschlicher Anlagen – seien sie psychisch oder physisch.«235
So gesehen wird jede menschliche Äußerung zum Medium und
als solches Medium in wieder anderen Medien, was ihn zur Definition führt, »dass alle Techniken Ausweitungen unserer Körperor187
gane und unseres Nervensystems sind, die dazu dienen, Macht und
Geschwindigkeit zu vergrößern«.236
McLuhans Begriff von Medien wird dabei sehr allgemein und
kann so kaum noch abgegrenzt werden, außer vielleicht noch durch
den Umfang menschlichen Kulturschaffens überhaupt. Sein Begriff
der Erweiterungen des Menschen, sein Medienbegriff, trennt das
Konglomerat aus Technologien und kulturellen Techniken nicht
auf, wenn er schreibt: »Das Rad ist eine Erweiterung des Fußes, das
Buch ist eine Erweiterung des Auges, die Kleidung eine Erweiterung der Haut.«2377 Weiters verbleibt die Entwicklung seines Medienbegriffs auf eine Vorstellung vom menschlichen Körper bezogen,
die weniger dessen Einheit, sondern vielmehr dessen Fragmentiertheit als besondere Eigenschaft versteht; eine typische Vorstellung der Moderne. Der Körper, ein notwendig verbundenes Stückwerk, bestehend aus schwächlichen, zu ersetzenden Organen. »Jede
Erfindung oder neue Technik ist eine Ausweitung oder Selbstamputation unseres natürlichen Körpers und eine solche Ausweitung
verlangt auch ein neues Verhältnis oder neues Gleichgewicht der
anderen Organe und Ausweitungen des Körpers untereinander.«238
McLuhan überarbeitet eine antike Idee für das in seiner Zeit
populärste neue Medium, das TV. Er adaptiert dabei eine Art
Slang der lebendigen Rede, der seinem Untersuchungsgegenstand,
dem TV, angemessen ist. Dabei wird die Feststellung etabliert, dass
Techniken Erweiterungen des Menschen sind und diese folglich
Medien. Erweiterung und Medium werden so zu sehr breit interpretierbaren und zu nicht exakt handhabbaren Begriffen. Aber interessant dabei ist, wie McLuhan Technologie und Technik verschmilzt und diese Gemengelage als seinen Medienbegriff erzeugt.
Versucht man diese Gemengelage, nach Maßgabe des oben
von McLuhan so bezeichneten »… Prozess der Zerlegung in Abschnitte und Aufteilung einer ganzen Handlung…« zu untersuchen,
188
zeigt sich: Die Kulturtechnik des Schreibens bedingt das Gerät wie
die Fertigkeit; die Schreibwerkzeuge und die Schreiber, die Handwerkskünste der Werkzeugfertigung und des Schreibens, mit ihren
jeweiligen Wissensbereichen. Das Gerät bedingt die Technologie für seine Erzeugung und die Fertigkeit, die Technik bedingt
ihre Handhabung – beides erlaubt die Handlung des Schreibens.
Entgegen McLuhan kann man schließen, dass in der Unterscheidung von Technik und Technologie je grundlegend unterschiedliche kulturelle Tendenzen voneinander abgetrennt werden. Sprache
verbleibt immer in der mentalen, akustischen Gegenwart verankert. Text hingegen bildet ein externes, materielles Gedächtnis aus.
Dessen Erhaltung und Pflege fördern ein fortschreitendes Ausdiff
ferenzieren von Kulturtechniken. Die konstante Arbeit gegen das
Verschwinden der materiellen Gedächtnisse tendiert zur Notwendigkeit der Produktion der Geräte, diese zur Technologie ihrer Erzeugung, diese erzeugen eine Tendenz zu den Wissensgebieten der
Ingenieur- und Naturwissenschaften. Die Leseweise der Exegese,
der Textauslegung, als Komplimentärtechnik des Schreibens von
Text fordert eine kulturelle Entwicklungstendenz zu den Geisteswissenschaften ein.
Sollten aber nun ein Text und das Schreiben als eine Erweiterung des menschlichen Geistes verstanden werden können, wie das
Marshall McLuhan behaupt, dann sind ein Gebäude im Besonderen oder auch Architektur im Allgemeinen als Medium zu verstehen. McLuhans Medienbegriff zufolge wäre dies auch ohne semiotische Analyse oder Überlegungen zur Sprachlichkeit von Architektur möglich. Als Medium kann ein Haus ein einigermaßen
dauerhafter Speicher von kulturellem Text sein und bedarf als Erweiterung des Menschen der pfleglichen Erhaltung.
189
Schonet der mahlenden Hand, o Müllerinnen, und schlafet
Sanft! es verkünde der Hahn euch den Morgen umsonst!
Däo hat die Arbeit der Mädchen den Nymphen befohlen,
Und itzt hüpfen sie leicht über die Räder dahin,
Daß die erschütterten Achsen mit ihren Speichen sich wälzen,
Und im Kreise die Last drehen des wälzenden Steins.
Laßt uns leben das Leben der Väter, und laßt uns der Gaben
Arbeitslos uns freuen, welche die Göttin uns schenkt.«
Antipatros, 1. Jahrhundert v. Chr.
Prozess & System
Das Prinzip der Mechanisierung las Marshall McLuhan in der
kulturellen Botschaft der Druckerpresse mit beweglichen Lettern: Wiederholbarkeit durch Zerlegen in Abschnitte und NeuZusammensetzung. Lewis Mumford interpretierte ihre Wirkung
auf Basis seiner Analyse von Arbeit in mittelalterlichen Klöstern,
darüber hinaus noch als den Anfang einer neuen Vorstellung von
materieller Produktion: Ein Prozess aus separierten, aber zusammenwirkenden Bearbeitungsschritten geht der Existenz eines erzeugten Dings voraus. In dieser damals neuen »Liturgie der Arbeit« materialisierte sich gottesfürchtige Disziplin über den Prozess des untrennbaren Zusammenwirkens von Maschinen- wie
auch Menschenarbeit. Für Mumford ist die Druckerpresse mit beweglichen Lettern »… das erste Beispiel einer Massenproduktion
auf der Basis standardisierter, austauschbarer und ersetzbarer Teile
in einem dynamischen Prozess. Die Druckerpresse charakterisiert
durch ihre eigene Geschichte den Übergang von der Mechanisierung des Arbeiters zur Mechanisierung des Arbeitsprozesses.«239
Das Verständnis von Prozesshaftigkeit basiert auf dem erweiterten
Wirkungsbereich von mechanischen Organisationsprinzipien und
mechanischem Gerät. Dieser änderte den Begriff von menschlicher
Arbeit grundlegend und koppelte deren kulturelle Evolution an die
Vorstellung von der messbaren Effizienz eines mechanischen Pro190
zesses. Diese Verschiebung deutete bereits eine bevorstehende neue
Grenzziehung an, die in der Kybernetik ihren vorläufigen Höhepunkt finden wird: Diese neue Form von Arbeit, der Arbeitsprozess, liest an Mensch wie Maschine gleiche und messbare Eigenschaften ab. So aber hat sich das Prinzip von seinem handwerklichholistischen Vorgängerprinzip emanzipiert. Doch heilsuchende
Mönche und die Mittel, die es ihnen leichter machen, ein heiliges
Leben zu führen, können vor dem Heil selbst nicht gleich sein; hier
ist das Menschliche strikt vom Nichtmenschlichen unterschieden.
Diese gleichgesetzten Eigenschaften sind zuvörderst solche, die der
Effizienz des Prozesses dienen, die messbar wird als Rendite, als
die Vermehrung des eingesetzten Kapitals. Karl Marx240 hat in seiner Kritik des Kapitalismus unter anderem »… die Maschine das
probateste Mittel zur Verlängerung des Arbeitstags …« genannt.
Die elenden Verhältnisse der Arbeiterschichten seiner Zeit sah er
entstehen, »wenn also die kapitalistische Anwendung der Maschinerie einerseits neue mächtige Motive zur maßlosen Verlängerung
des Arbeitstags schafft und die Arbeitsweise selbst wie den Charakter des gesellschaftlichen Arbeitskörpers in einer Art umwälzt,
die den Widerstand gegen diese Tendenz bricht, produziert sie …
eine überflüssige Arbeiterpopulation, die sich das Gesetz vom Kapital diktieren lassen muß. […] Daher das ökonomische Paradoxon,
daß das gewaltigste Mittel zur Verkürzung der Arbeitszeit in das
unfehlbarste Mittel umschlägt, alle Lebenszeit des Arbeiters und
seiner Familie in disponible Arbeitszeit für die Verwertung des Kapitals zu verwandeln.«241
Energiequelle für die Maschinerie war für lange Zeit in der westlichen Kultur das von Wasser getriebene Rad. Seine Funktionsweise
als Wassermühle blieb seit der Antike weitgehend unverändert.
Oliver Evans, ein Radmacher, erweiterte den Einsatz der Wasser191
kraft in der Mühle um den Transport des Materials. Nicht nur das
Mahlwerk, sondern auch das zu mahlende Getreide und das gemahlene Mehl wurden bewegt. Zu Evans Zeit waren Wasserräder
in alltäglicher Verwendung. Eine Mühle war ein vierstöckiges Gebäude, in der ganz oben Getreide gereinigt, im zweiten Geschoss
gemahlen, im ersten aufgefangen, und dann ins dritte Geschoss zur
Trocknung und Kühlung transportiert wurde. Die Müller hatten
dabei das Getreide und in späterer Folge das Mehl manuell nach
oben zu bringen. 1783 konstruierte Evans eine Mühle, in der das
Getreide automatisch, von Wasserkraft getrieben, mit verschiedenen Hebeanlagen und dem ersten Fließband für den horizontalen Transport befördert wurde. Auf diese Weise konnte das Getreide durch ein Fenster im Erdgeschoss eingebracht werden, es
wurde durch Wasserkraft gehoben, Schwerkraft betrieb den Transport nach unten und wiederum Wasserkraft betrieb die horizontalen Transportwege zwischen Mahlen, Ausbreiten zur Trocknung
und dem Einsortieren. Damit waren nicht nur die essenzielle Maschine der industriellen Produktion, das Fließband, und das Prinzip der kontinuierlichen Produktion eingeführt, sondern wurde
auch das Prinzip der vollautomatischen Fabrik vorweggenommen.
1790 wurde in den Vereinigten Staaten von Amerika das erste Gesetz für landesweite Patente erlassen. Evans Mühle war das dritte
Patent, das unter diesem Gesetz festgehalten wurde. George Washington, nachdem er das Patent unterschrieben hatte, und Thomas
Jefferson, der als damaliger Staatssekretär gegenzeichnete, waren
unter den ersten Patentnehmern.
Giedion hat die Auswirkungen des Fließbandes242 auf die industrielle Produktion bei der Tierschlachtung und bei der Autoproduktion von Ford und die Frage, wie dieses Prinzip durch die
Neuorganisation von Arbeitsabläufen in Folge das gesellschaftliche
Umfeld verändert hat, untersucht.
192
Doch Evans Konzept geht weit über das Fließband hinaus.
Wasser in einem Flussbett, unzählige Teilchen in Bahnen bewegt
– dieses lineare Fließen als Grundlage des Prozessierens von Einzelelementen findet sich nicht nur beim Fließband, sondern auch
beim Telegraphen und in dessen Folge in der universalen TuringMaschine, dem Konzept des Computers. Das permanente Strömen
des Wassers bietet eine kontinuierliche Energiequelle, die kontinuierliche Produktion und gleichzeitig auch den Transport des immer
wieder gleichen Kleinteiligen erlaubt. Am Vorabend der Moderne
sind alle technischen und technologischen Grundlagen für die spätere Industriekultur gelegt: Prozesshaftigkeit, System, Mechanisierung und Teiligkeit.
Automaten sind aus der antiken griechischen Kultur seit dem dritten Jahrhundert vor Christus, der Lebenszeit des Aristoteles, überliefert. Die gängige Sklavenwirtschaft und die geringe Technologisierung der Gesellschaft werden von vielen Autoren wie Bechstein
und Hesse in ihrer Geschichte der Automation in Zusammenhang gebracht: »Die Automaten der Antike jedoch, von wenigen
Ausnahmen abgesehen, dienten nicht der Erleichterung menschlicher Arbeit, sondern kultischen Zwecken oder waren Spielerei,
weil in der auf Ausbeutung der Sklaven beruhenden Sklavenhalterordnung keine ökonomische Notwendigkeit bestand, menschliche Kraft durch Automaten zu ersetzen.«243 Auch Sigfried Giedion wundert sich über die antike Situation und definierte für die
Kulturwissenschaften die antike Wirtschaftsform über ökonomische Faktoren hinaus: »Die Alten [verfügten] in Form ihrer Sklaven über billige Arbeitskräfte. Damit ist aber nicht erklärt, warum
sie ihr Wissen nicht praktisch benutzten, um ihre Wagen auf ihren
Straßen schneller zu machen, warum sie ihren Automaten Weihwasser entfließen ließen, aber sie nicht zum Verkauf von Geträn193
ken kommerziell nutzten und warum sie keinen Gebrauch von der
Ausnutzung des Vakuums, des Luftdrucks und von mechanischen
Vorrichtungen machten. Sie hatten einfach eine andere innere Einstellung, eine andere Lebenshaltung als wir.«244 Giedion erweitert
den ökonomischen Erklärungsansatz um noch einen Schritt und
macht »eine andere innere Einstellung« verantwortlich. Diese erklärt er aus ihrer Verwurzelung in einem allgemeinen »Trieb zur
Erfindung«. Aber dieser geht nicht selbstverständlich einher mit
»der Mechanisierung der Produktion.«245 Aus seinen Beobachtungen zieht er den Schluss: »Die Antike … stellte ihre Erfindungsgabe in den Dienst des Wunderbaren.«246 An der weiteren technologischen Entwicklung bis zur Mechanisierung der Industriezeit
erkennt er eine Veränderung von bestimmten kulturellen Vorstellungen, die eine Verschiebung von der antiken zur modernen Lebenshaltung mit sich bringt in einer »Einstellung, die sich vom
Wunderbaren zum Nützlichen umorientiert«.
Hier stehen einander zwei Argumentationslinien gegenüber: die
ökonomische von der fehlenden Notwendigkeit und die wunderbare vom fehlenden Nützlichen.
Auf ökonomischer Ebene kann man argumentieren, dass Automaten wahrscheinlich einfach zu aufwändig waren, um sie für
nicht-kultische Zwecke einzusetzen. Denn die Lateraltechnologien und -techniken haben nicht existiert: all das, was zuliefert, zuarbeitet. Aber genauso existierten keine sozio-kulturellen Systeme
für alltägliche Anwendungsbereiche. Außerdem waren Menschen
damals, wie oft noch heute, billiger als Automaten, sowohl in der
Anschaffung als auch in der Wartung, vor allem aber in der Reproduktion. Letztlich aber kann keine Sklavenmenge das leisten, was
ein Maschinenpark leistet. Ansonsten wäre vielleicht die westliche
Kultur nach wie vor von einer Sklaven- und nicht von einer Automatenökonomie2477 geprägt. Es scheint, als wäre das ökonomische
194
Argument nicht von der Hand zu weisen. War doch die hauptsächlich verwendete und am flexibelsten einsetzbare Energiequelle der
Antike Muskelkraft, egal ob tierische oder menschliche.
Platon versteht Schreiben als gefährlichen Anhang des Menschlichen. Sein Schüler Aristoteles nimmt den Ansatz auf, kommt aber
zu einem ganz anderen Schluss. Ihm zufolge existieren wir Menschen aktiv, durch unser Tun, als Handelnde, wenn er sagt: »Doch
das Leben ist ein Handeln, nicht aber eine Hervorbringung.«248
Im Besonderen ist es die menschliche Arbeit, in der Antike zur
Zeit des Aristoteles natürlich die Handarbeit, die Aktivität erzeugt.
Handeln und Arbeit wirken vom Einzelnen in das soziale Leben
einer Gemeinschaft und tragen zu deren gesellschaftlicher Produktion bei. So definiert Aristoteles den Menschen nicht nur als
ein »zoon politikon«, ein politisches Lebewesen, sondern auch als
ein Lebewesen mit einem Haushalt: »Wie aber bei den Arbeiten
von Fachleuten mit fest umrissenem Tätigkeitsbereich die passenden Werkzeuge zur Verfügung stehen müssen, wenn ihre Aufgabe
erfüllt werden soll, so auch bei dem Leiter eines Haushalts. Werkzeuge sind nun entweder leblos oder belebt; für den Steuermann
ist z.B. das Steuerruder ein lebloses, dagegen der Untersteuermann
auf dem Vorderschiff ein lebendes [Werkzeug], …«249 Das Haus
ist also eines der Werkzeuge des Haushalts. Werkzeug aber aktiviert den handelnden Menschen. Es ist also ein zentraler Teil des
Menschseins. Tatsächlich leitet Stephen Clarkk250 aus seiner Analyse
des aristotelischen Menschenbildes ab, dass Artefakte nichts Externes oder ein Anhang der menschlichen Natur sind, sondern essenzielle Elemente.
Vor dem Hintergrund des Aktivierens durch Handeln ist das
aristotelische Konzept vom Werkzeug aber auch untrennbar mit
der Fertigkeit, die es benutzt, verbunden. Werkzeug und Fertigkeit
195
wiederum existieren der Aktivität wegen.251 Für Aristoteles ist die
Beziehung zwischen dem Handwerker und seinem Werkzeug die
gleiche wie die zwischen Seele und Körper oder zwischen Herr und
Sklave.252 Denn Aristoteles versteht auch den Körper als Werkzeug
der Seele, sozusagen als ihren intimen Sklaven, so wie ein Sklave
ein Teil oder Werkzeug seines Herrn ist.253 Anders als der Sklave,
ist der Geselle ein Werkzeug des Meisters, welches »… jedes andere Werkzeug übertrifft«.254 Ist der Geselle doch in der Lage, ganz
ähnlich wie der Meister zu handeln. Aristoteles stellt die Legitimität von Sklaverei in seiner Gesellschaft nicht in Frage. Aber
er entwickelt, vielleicht visionär, vielleicht aber auch ironisch, die
Vorstellung einer Welt, in der die Unterscheidung zwischen leblosem und belebtem Werkzeug aufgehoben ist. Denn in dieser Welt
könnte sich nicht nur Sklaverei durch Automation emanzipieren,
sondern jeder könnte sein eigener Herr und Meister sein: »Wenn
nämlich jedes Werkzeug auf Geheiß oder mit eigener Voraussicht
seine Aufgabe erledigen könnte, wie man es von den Standbildern
des Daidalos und den Dreifüßen des Hephaistos berichtet, die,
wie der Dichter sagt, ›sich von selbst zur Versammlung der Götter einfinden‹ – wenn so die Weberschiffchen von allein die Webfäden durcheilten und die Schlagplättchen Kithara spielten, dann
brauchten die (planenden und beaufsichtigenden) Meister keine
Gehilfen und die Herren keine Sklaven.«255 In dieser ersten überlieferten Darstellung von Automation in der westlichen Kultur zählt
letzten Endes die Aktivität als Effekt und Phänomen und nicht
ihr belebter oder unbelebter Agent. Ein Haus ist ein unbelebtes
Werkzeug, das mit belebten Werkzeugen in engem Zusammenhang steht. Alle dienen dazu, das Potenzial des Hausherrn zu aktualisieren. Als solches kann das Haus nicht als Erweiterung des
Menschen, im platonischen Sinn von etwas dem Menschsein Hinzugefügten, bezeichnet werden. Ein Haus muss vielmehr als eine
196
natürliche Aussonderung und nicht prothetische Erweiterung des
Menschen gesehen werden. Vergleichbar mit der Schale einer gehäusetragenden Schnecke, die Aussonderung und ein ihr wesentlicher Teil und keine Prothese ist. Mit Aristoteles kann man weiter schließen, dass diese Aussonderung essenziell menschlich sei
als Aktualisierung des Potenzials zum Menschsein. Die kulturelle
Wirkung dieser Aussonderung steht nun im direkten Gegensatz
zu Platons Ansatz. Handelt es sich dabei nicht um etwas Fremdes,
Aufgepfropftes, eine Prothese, sondern um etwas Eigenes in einer
Art von Ausknospung oder Isolation. Beiden Ansätzen ist gemeinsam, dass sie zur Separierung tendieren, was Trennung, Fragmentierung, Entfremdung und ähnliche Tendenzen nach sich zieht, die
in der Moderne tragend werden.
Es ist die Handlung selbst, die sich in den Werkzeugen verwirklicht. Sind sie in irgendeiner Form selbsttätig, werden sie heute als
Automaten256 bezeichnet: Der Geist kann sein Potenzial durch den
Körper als Werkzeug verwirklichen; der Körper kann sich durch
leblose und belebte Werkzeuge aktualisieren, wie etwa durch Sklaven, Gesellen, Häuser und in späterer kultureller Entwicklung
durch Maschinen, Computer und Roboter. Sie sind gekennzeichnet durch eine je graduell unterschiedliche Verselbstständigung von
Handeln.
Automation, als Verselbstständigung von Handeln, bildet den
Horizont der kulturellen Wirkung von Technologie; ein aristotelischer Horizont. In dieser Sicht erscheinen Automaten als bestimmte Maschinen, die diese kulturellen Tendenzen materialisieren.
Aristoteles’ Beispiel wurde aber auch so interpretiert, dass er »… die
Notwendigkeit der Sklaverei mit dem Argument begründete, es
sei nicht vorstellbar, dass automatische Maschinen für Weben oder
197
Bauen erfunden würden …«. Lewis Mumford schließt, im Gegensatz zu Giedion, aus der dem Argument impliziten Zurückweisung
einer solchen technokulturellen Entwicklung, »… dass die Griechen an die Möglichkeit produzierender Automaten dachten …«257,
sie aber nicht verwirklichten. So gesehen wäre diese von Giedion
diagnostizierte »andere innere Haltung« nicht eine Orientierung
auf das Wunderbare hin, unter Unterlassung des Nützlichen.
Trotzdem scheint es sinnvoll, die Polarität zwischen dem Wunderbaren und dem Nützlichen weiter zu untersuchen. Macht die
Unterscheidung doch nach Giedion die Differenz aus zwischen
den antiken und den modernen Automatenkulturen. Die Gegenüberstellung impliziert, zumindest tendenziell, dass beiden Polen
etwas abgesprochen wird: dem Wunderbaren der produktive Nutzen und dem Nützlichen das Erkennbarmachen des Außeralltäglichen. Hier soll zwar keine Geschichtsschreibung betrieben werden,
aber Giedion geht in seiner Ausführung nicht näher auf die technologischen Entwicklungen der Antike ein: In der Regierungszeit
des Ptolemaios II. Philadelphus258, etwa eine Generation nach Aristoteles259, soll eine Statue der Nysa existiert haben, die in der Lage
war, sich aus dem Sitzen zu erheben, um ein Trankopfer, die Opfermilch, auf einen Altar zu gießen.260 Vitruv verweist auf den hundert
Jahre nach Aristoteles, im dritten Jahrhundert vor Christus lebenden Ktesibios.261 Dessen Uhren seien in der Lage gewesen, Automaten zu bestimmten Zeiten in Betrieb zu nehmen.262 Allerdings
wurden die berühmt gewordenen Automaten des Heron von Alexandria263 und sein Automatentheater erst mindestens dreihundert
Jahre nach Aristoteles erdacht. Obwohl exakte historische Zuordnungen von technologischen Entwicklungen nach wie vor ihrer Erforschung harren, scheint sich so gesehen die generelle Tendenz zu
zeigen, dass Automaten spirituell-theatralischen Zwecken dienten.
Offensichtlich stellte sich der Kontext der kulturellen Angemes198
senheit von Technologien und Techniken in der griechischen Antike, zumindest teilweise, anders als heute dar.
Aber daraus eine grundsätzliche Annahme abzuleiten, dass im
antiken Griechenland Automaten nicht als Werkzeuge verstanden
wurden, scheint zumindest ab dem ersten Jahrhundert vor Christus nicht mehr zuzutreffen. Karl Marx zitiert in »Das Kapital« den
um die Zeit Ciceros264 lebenden griechischen Dichter Antipatros;
dieser »… begrüßt die Erfindung der Wassermühle zum Mahlen
des Getreides, diese Elementarform aller produktiven Maschinerie,
als Befreierin der Sklavinnen und Herstellerin des goldnen Zeitalters!«265 Was Antipatros als wert befand, in einem Gedicht266 festzuhalten, hatte das Potenzial, die antike Gesellschaftsordnung weiterzuentwickeln; die erste explizite Erwähnung einer Wassermühle.
Nun ist aber das erste antike griechische Wasserrad aus dem griechischen Königreich von Pontos2677 überliefert. Es wurde schon etwa
eine Generation vor Aristoteles’ Geburt gegründet. In arabischen
Quellen sind griechische Wassermühlen aus dem dritten Jahrhundert vor Christus überliefert.268 Jedenfalls beschreibt der griechische Historiker Strabon269 eine Wassermühle beim Palast des Königs Mithridates IV. 270 Also waren produzierende Automaten doch
bereits länger, und höchstwahrscheinlich auch schon zur Zeit des
Aristoteles in Verwendung. Wasser- und Windkraft waren antike
Möglichkeiten, kinetische Energie zu nutzen. Voraussetzungen
für die Abschaffung der Sklaverei, die für Aristoteles utopisch war,
lagen wohl bereits schon kurz vor seiner Geburt vor, aber sie schienen sich erst eineinhalb Jahrhunderte nach seinem Tod abzuzeichnen. Antipatros verweist jedenfalls auf das Wunderbare im Nützlichen und macht auf dessen verborgene und unerwartete soziokulturelle Wirkung aufmerksam. Dem Nützlichen wird hier eine
wunderbare, nämlich vorerst unerkennbare soziokulturelle Wirkung zum Besseren zugesprochen.
199
Also ist entgegen Giedion festzuhalten, dass in der Antike sehr
wohl Automaten für das Wunderbare wie auch für das Nützliche
existierten. Was haben diese Arten von Automaten gemeinsam und
was unterscheidet sie? Um nachzusehen, in welche Systeme sie eingebunden sind und was sie prozessieren, und um nachzuvollziehen,
welches Handeln sich im leblosen Automaten aktualisiert, oder anders ausgedrückt, um mit Aristoteles zu sprechen, welches Potenzial im Automaten als Werkzeug verwirklicht wird.
Es mag an der trügerischen antiken Berichterstattung über unstete materielle Artefakte liegen, aber die Automaten, die vom
Wasserrad angetriebene Getreidemühle und Android Nysa haben
in der griechischen Antike einen annähernd gleichen zeitlichen
Ursprung, zu Beginn des dritten Jahrhunderts, in etwa zu Aristoteles Lebenszeit. Mehrere unterschiedliche Eigenschaften der Automaten lassen sich differenzieren: Das Wasserrad ist technologisch
deutlich schlichter als der Android. Der Automat Nysa stellt sich
anschaulicher und deutlich weniger abstrakt als der Automat Wassermühle mit dem Ziel seiner Handlung dar. Der anschaulich gemachten, spirituellen Handlung stehen die materialisierte abstrakte
Bewegung von Wasserrad und Mahlwerk gegenüber. In der kommunikativen Wirkung der Handlung wird eine kulturelle Symbolik
dargestellt, in der produktiven Wirkung der Bewegung hingegen
wird ein kinetisches System abgebildet.
Beide prozessieren fließfähiges Material wie Wasser, Getreidekörner und Opfermilch und damit kulturelles: Der passive Automat, indem er repetitiv fließendes Wasser als Energiequelle nutzt
und dessen Bewegungsform umwandelt, prozessiert implizit die
antike Sklavenökonomie. Der aktive Automat, braucht eine nicht
überlieferte Energiequelle, um seine komplexe Vielgliedrigkeit zu
erheben. Indem er die repetitive kultische Handlung simuliert, prozessiert er implizit den antiken Kult. Das Wunderbare hat seinen
200
unbestreitbaren Nutzen exakt durch den medialen Effekt der Automatentechnik.
Giedions Polarisierung in wunderbar und nützlich, so poetisch
sie formuliert ist, bietet keine präzisen Unterscheidungskriterien
für antike und moderne Automatenkulturen. Die Wiederholbarkeit ihrer unterschiedlichen Wirkungen ist bei beiden Automaten
gleich und beide aktualisieren die Gesellschaft: So werden die Mitglieder der Gesellschaft, von der die Automaten hervorgebracht
wurden, an Symbol und System ihrer Kultur rückgebunden. Der
Simulationsautomat bewahrt den Kult, indem er dessen Elemente
speichert. Der Systemautomat verändert die Gesellschaft, indem
sich für Teile der Bevölkerung der ökonomische Status ändern
kann. Die antike Gesellschaft, schreibt Marx, »… entschuldigte
etwa die Sklaverei des einen als Mittel zur vollen menschlichen
Entwicklung des andren«.271
Mumford beschreibt, wie Christentum und Islam272, in der
Nachfolge der Antike, zuerst Sklaven in die religiösen Gemeinschaften aufnahmen und letztlich die Sklaverei abschafften. Um
den Mitgliedern der Gesellschaften die Möglichkeit für ein gottgerechtes Leben zu eröffnen, musste Zeit für mentale religiöse
Aufgaben freigemacht werden, das bot »… einen besonderen Anreiz, die Mechanisierung weiterzutreiben. Mönchsgemeinschaff
ten suchten, …, unnötige Arbeit zu vermeiden, um mehr Zeit und
Kraft für Meditationen und Gebete zu haben; und wahrscheinlich legte die Gewohnheit des Rituals ihnen mechanische (repetitive und standardisierte) Lösungen nahe.«273 Christliche Mönchsorden hatten schon im frühen Mittelalter eine höchst geordnete
Lebensweise etabliert. Mumford nennt Klöster Wirtschaftsunternehmen, »jedes körperlich gesunde Mitglied des Klosters hatte die
gleiche Pflicht zu arbeiten; jedes erhielt den gleichen Anteil am Ertrag der Arbeit, wenn auch der Überschuss hauptsächlich für Bau201
ten und Ausrüstung bestimmt war«.274 Klöster bestimmter Orden
waren höchst mechanisiert und ihre Abteien können als Automaten im architektonischen Maßstab bezeichnet werden: Von einem
Fluss als zentraler Energiequelle aus verteilen Wasserräder Energie, durch den Antrieb von allerlei mechanischen Geräten der Produktion. Die sie behausenden Gebäude folgen Anordnungen, welche die Mächtigkeit seiner Strömung regulierten, die Effizienz der
Energieumsetzung und die zunehmende Verschmutzung des Wassers berücksichtigten. Die Regeln, die am Beginn der mönchischen
Gemeinschaften Andachten und Arbeit organisierten, wurde auf
die Lagerhaltung und Kalkulation der erwirtschafteten Güter angewandt. Durch Mechanisierung und eine Organisation von mechanischem Charakter wurde ein Überschuss an Arbeitskraft für
geistige Tätigkeiten erreicht. Die Übertragung dieser mönchischen
Prinzipien der Rationalisierung wurden im zwölften Jahrhundert »… reif zur Übertragung auf weltliche Berufszweige. Denn
die Benediktiner hatten bewiesen, …: dass christliche Sparsamkeit,
Nüchternheit und Stetigkeit unvermeidlich zu weltlichem Erfolg
führen«.275 Dieser wurde für die weltlichen Teile der Gesellschaft
an einem Überfluss an arbeitsfreier Zeit ersichtlich. Machten doch
die Feiertage samt Sonntagen etwa die Hälfte der Tage dieser mittelalterlichen Jahre aus. Ein anschaulicher Beleg für die Leistungsfähigkeit einer Automatenkultur, die transformative Wirkung auf
ihre Gesellschaft und auf deren Disposition von Zeit; in diesem
Fall allerdings eher die Handhabe von, weniger das Verfügungsrecht über Zeit. Der historische Beginn dieser Leistungsfähigkeit
ist gekoppelt an die »… Entwicklung automatischer Kraftquellen einer der entscheidenden Beiträge der klösterlichen Lebensweise, … der zweite die Herausbildung des kapitalistischen Unternehmens in seiner systematischen modernen Form …«.276 Wenn
christliche Mönchsorden und kapitalistische Unternehmungen
202
gleichermaßen nach dem Heil suchen, so könnten die wesentlichen Eigenschaften der jeweiligen Heilssuche kaum unterschiedlicher sein. Mumford pointiert: »Dass die ursprüngliche These des
Klosters, Entsagung und Selbstverleugnung, ihre kapitalistische
Antithese, Habsucht und Gewinnsucht, hervorbrachte, dürfte Karl
Marx nicht überrascht haben …«277
Der Unterschied der Automatenkulturen scheint eher in der
Disposition von Zeit zu liegen, in der Art der Speicherbarkeit und
Veränderbarkeit kultureller Grundlagen; im Verfügungsrecht und
der Handhabe über menschliche Lebenszeit, entweder als Sklave
oder als Bürger.
»Der Mensch ist sozusagen eine Art Prothesengott geworden, recht
grossartig, wenn er alle seine Hilfsorgane anlegt, aber sie sind nicht mit
ihm verwachsen und machen ihm gelegentlich noch viel zu schaffen.«278
Sigmund Freud, 1930
Psyche & Apparat
Manche Bemerkungen von Platon und Aristoteles legen nahe, dass
Technik und in weiterer Folge Technologie eine Erweiterung des
Körpers ist, sie bleiben im Werk der beiden vereinzelt. Platon betont
bei der Technik eher das Nichtmenschliche, Prothetische, Aristoteles hingegen hebt die handelnde Verwirklichung des Menschlichen
hervor. Erst spät, in der jüngeren westlichen Geschichte, werden
diese Bemerkungen sehr einflussreich und begründen unter anderem den Medien- und Automationsdiskurs. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Frage nach dem Wesen der Technologien des
Menschen unter anderem von Samuel Butler und Ernst Kapp aus
verschiedenen kulturellen Sphären heraus einflussreich zur Diskussion gebracht.
203
Eine präzise Ausarbeitung der Idee von Technik als Erweiterung
des Menschen wurde um 1870 in Form einer satirischen Gesellschaftskritik des viktorianischen England gegeben. Über Butler schrieb Mumford: »Nicht dem Wissenschaftler oder Techniker von heute gebührt die Ehre, die volle Bedeutung der Automation begriffen zu haben, sondern dem viktorianischen Satiriker
Samuel Butler.«279 So unterschiedliche Geisteswelten wie jene
George Bernhard Shaws oder Allan Turings bezogen sich auf Samuel Butlers Satire »Erewhon«. Butler wurde zum Vorläufer vieler
zeitgenössischer Theorien der Biologie und der Informatik. Den
zentralen Aussagen seiner fiktiven »Bücher der Maschinen« geht
die verstörende Analyse einer fiktiven Gesellschaft voraus, die eine
Weiterentwicklung ihrer Technologie tabuisiert hat. Für seine Zeitgenossen war die Satire als Kritik an Darwin bzw. dem Neodarwinismus280 von Bedeutung. Durch ein Gleichhalten von Organen und Maschinen zeigt sich letztlich sein lamarckistisch-vitalistischer281 Ansatz, der die Vererbung besserer Eigenschaften als
eine zielgerichtete, planvolle Höherentwicklung, nicht als einfache
blinde Weiterentwicklung versteht. Er vertrat die Auffassung, dass
sich kulturelle Konstrukte analog zu biologischen Genen ausbreiten. Damit wurde er zum Vorläufer Richard Dawkins und der Theorie vom »egoistischen Gen« und der »Meme«. Kapps »Bücher der
Maschinen« können weiters als Arbeit über die Abgrenzung von
Organischem und Anorganischem gedeutet werden. Im Übrigen
war es dieses von Butler formulierte Problem, weshalb ihn Allan
Turing in der Entwicklung des »Turing-Test«
zitierte.
Dennoch stammt Butlers Beitrag aus dem Bereich der Literatur.
Er liefert eine Reihe von Perspektiven auf die Frage nach den Erweiterungen des Menschen.
Eine philosophische Theorie zum Thema wurde wenige Jahre
nach Erscheinen von »Erewhon« vom deutschen Geografen Ernst
204
Kapp vorgelegt. Kapp unternahm den Versuch, die beiden widerstrebenden Thesen, die der platonischen Prothese und jene der aristotelischen Aussonderung, in einer Synthese zu vereinen. Was ihn
dazu führte, die erste ausgewiesene Philosophie der Technik in der
westlichen Kultur zu verfassen. Diese trat an, um mittels der Synthese die technologischen Phänomene und die neu entstehenden
Kulturtechniken der ersten Industriellen Revolution zu deuten und
verständlich zu machen. 1875 konstatierte Kapp in seinen »Grundlinien einer Philosophie der Technik« eine Verdopplung, eine Art
Spiegelung, die er an verschiedenen technologischen und biologischen Systemen erkennt, wie etwa die »… durchgängige Parallelisierung von Telegraphensystem und Nervensystem …«282 Ein
Denkansatz, der sich heute in der Technikentwicklung als Künstliche-Intelligenz-Forschung oder als Bionik fortschreibt; wobei die
Analogien noch weiter gezogen werden.
Jedenfalls fällt diese Grundlegung der Technikphilosophie in die
Zeit der Einführung des Telegrafen und somit an den Beginn des
Informationszeitalters, als ein Versuch, die Geschichte der Technik
in einem konstruktiven Nachvollziehen anthropologischer Bauprinzipien zu verstehen; Technologie ahmt Organismus nach, war
die Kernthese. Diese Erkenntnis stammt aus einer Erkenntnisperspektive mitten in der Hochblüte, aber auch am sich ankündigenden
Ende von der Vormachtstellung mechanischer Technologien. Die
»Grundlegung« erschien in der Zeit zweier bedeutender erster Anwendungen von elektrischem Strom, für Kommunikation und Beleuchtung: des Telegrafen und der Glühlampe.
Kapp interpretiert eine Vorstellung von der Nachahmung der
Natur als Organprojektion. Urbild ist der menschliche Körper,
seine Bauweisen und Funktionen werden in einer ersten Phase unbewusst nach außen gestülpt, um in einer zweiten Phase als bewusst verstandenes Abbild menschliche Entwicklung voranzutrei205
ben: »Die Organprojection feiert hier einen großen Triumph. Die
hauptsächlichen Erfordernisse derselben: die unbewußt nach organischem Muster vor sich gehende Anfertigung, demnächst die Begegnung, das Sichfinden von Original und Abbild nach dem logischen Zwang der Analogie, und dann die im Bewußtsein wie ein
Licht aufgehende Übereinstimmung zwischen Organ und künstlichem Werkzeug, nach dem Grade denkbarster Gleichheit …«283
Für Kapp ist Technikentwicklung grundsätzlich positiv zu bewerten. Mit seiner Vorstellung beschreibt er eine Art Spiegelung,
wonach sich der Mensch in die Außenwelt projiziert, um sich in
diesen Veräußerlichungen oder Aussonderungen selbst zu erkennen. Die technischen Artefakte sind Hilfsmittel menschlicher Entwicklung zum Besseren. Denn in diesen schöpferisch geprägten
Objekten erkennt der Mensch immer wieder sich selbst. Hammer,
Säge, Bohrer sind Verlängerungen der Hand, das Netz der Blutgefäße ist das organische Vorbild des Eisenbahnsystems und genauso
sind Brillenglas und Lupe im »unbewußten Vorsichgehen«284 der
Nachbildungen die Entsprechungen der Linse im menschlichen
Auge.285 Der Mensch projiziert die Bauweisen und Funktionen seiner Organe in die Außenwelt.
In diesen Veräußerlichungen kann er sich nun aber selbst erkennen, und »so geht ihm, indem er sich der Führung jener Verwandtschaft zwischen Vorbild und Nachbild überläßt und die von
ihm geschaffenen Außenwelt messend an sich selbst legt, ein stets
höheres Selbstbewußtsein auf.«286 Das menschliche Bewusstsein
ist bei Kapp die Erkenntnis der Verdopplung, im Akt des Erkennens der Entsprechung des Veräußerten als die ureigene Bauweise
oder Funktion; ein raffinierter Spiegel. Als Hegelianer versteht
Kapp den Menschen als Zentrum und Ziel einer sich unabwendbar höher entwickelnden Weltgeschichte. In dieser Vorstellung ist
Mensch nicht einfach eine Sprosse auf der »animalen Stufenlei206
ter«287, sondern der allen »Stufen immanente, erreichende Zweck,
gleichsam das Idealthier!«288 Kapp spricht hier in einem Sinn von
»Selbstbewusstsein« noch vor der modernen Psychologie und vor
und
Freud, also eher von einem Seiner-selbst-gewahr-Werden,
er verwendet es nicht für ein Individuum, sondern spricht immer
»vom Menschen« als Spezies.
In dieser Ordnung der Verhältnisse unterscheidet sich Mensch
von Tier lediglich durch »Selbstbewusstsein«, alles andere ist, ähnlich wie später bei Haraway in tierischen, Anlagen bereits gegeben:
» … gemeines Bewusstsein, Sprache, Rechtsgefühl, Bildung allgemeiner Begriffe, Anlagen für Musik und Baukunst, ja Sittlichkeit
und sociale Vervollkommnung«.289 Die Abwesenheit von Selbstbewusstsein zeigt sich darin, dass Tieren ihr Äußeres immer lediglich das »schlechthin Andere«290 verbleibt, wohingegen Menschen
Natur als Rohstoff umformen und neben der Naturwelt eine Kulturwelt schaffen, um sich »productiv und receptiv bis ins Unendliche zu erweitern«.291
Nach Kapp, in späterer Folge auch nach McLuhan, ist jegliche Kulturleistung für eine Organprojektion zu halten.292 Körper als Quelle
und Wahrnehmung einer raffinierten Spiegelung löst einen kognitiven Prozess aus, welcher menschliches »Selbstbewusstsein« entstehen lässt, und erzeugt bei Kapp den Unterschied von Mensch
und Tier. Diese Bezogenheit auf den menschlichen Körper als Urbild verweist diesen auf eine Gründungsfunktion, wie die Ideen in
Platons Modell, welche nachgeformt werden. Die Idee selbst wird
nur erkannt, bleibt aber unhinterfragt als Krone der Natur. Diese
Vorstellung von Natur, welche für Kapp durch den Menschen zum
Höchsten strebt, gibt die Grenzen vor. Das bedeutet aber auch, dass
mit den technischen Artefakten nichts originär Neues in die Welt
kommt. Denn die Kulturprodukte stellen Projektionen, Aussonde207
rungen des Inneren dar. Hier klingt die Vorstellung des Aristoteles
von schöpferischer Tätigkeit als Handeln im Rahmen der Möglichkeiten der Natur an. Dabei erlaubt seine Philosophie, jegliches
menschliche Werk und alle Kulturtechnik in Analogie zum Menschen, zu seinen kulturell definierten Teilen und Organen, in Bauweise und Funktion zu denken.
Kapp wird auch heute noch zur Last gelegt, dass das Neue, das
Nichtnatürliche, ein eigenständiges schöpferisch-menschliches
Handeln, in seinem Denken keinen Platz habe.293
Dennoch ist auch eine Leseweise, sicherlich entgegen Kapps eigenem Verständnis, mit Nikolaus von Cues möglich, wenn von Kapp
etwa die »… Bestimmung aller organischen Gebilde, … als wissenschaftlicher Forschungsapparat retrospektiv zur Selbsterkenntnis und zur Erkenntnis überhaupt verwendet …« wird. Bleibt man
an dieser Stelle wortgetreu, versucht also nicht, Selbsterkenntnis
durch sein übliches Selbstbewusstsein zu substituieren, und richtet
man den Fokus auf die angesprochene wissenschaftliche Erkenntnis, so öffnen sich Möglichkeiten, das originär Neue zu denken.
Erst lange nach den Denkern der griechischen Antike regten
sich Konzepte, welche neben dem Verwiesensein in die Grenzen
der Natur oder auf abstrakte Ideen dem menschlich-schöpferischen Handeln eigenständigen Raum einräumen wollten. Nikolaus
von Cues entwickelt seine Vorstellungen davon um 1450 in einem
Dialog zwischen einem Philosophen und einem Laien der Philosophie, welcher seine Arbeit, das Löffelschnitzen, erklärt: »Der Löffel
hat außer der von unserem Geist geschaffenen Idee kein anderes
Urbild. Denn wenn auch ein Bildhauer oder ein Maler die Urbilder von den Dingen hernimmt, die nachzugestalten er sich müht,
so tue ich das doch nicht, der ich aus Hölzern Löffel und Schalen
und Töpfe aus Ton hervorbringe. Dabei ahme ich nämlich nicht
208
die Gestalt irgendeines Naturdinges nach. Solche Formen von Löff
feln, Schalen und Töpfen kommen nämlich nur durch menschliche
Kunst zustande. Daher besteht meine Kunst mehr im Zustandebringen als im Nachahmen geschöpflicher Gestalten und ist darin
der unendlichen Kunst ähnlicher.«294 Genau in der Reflexion über
die selbstständige schöpferische Tätigkeit, in der Produktion eines
Geräts, nicht etwa eines Kunstwerks, wird das Kulturschaffen des
Menschen als ein Prozess unabhängig von Naturprozessen zugänglich. Cues argumentiert gegen die Nachahmungstheorie und
für den Akt der Kreation des technischen Gegenstandes, welcher
nahe an der wirklichen Schöpfung steht. Weil bestimmte Werke
eben keine Nachahmungen sein können, egal ob von Möglichkeiten der Natur oder von Ideen, müssen sie folglich der schöpferischen menschlichen Fähigkeit entstammen. In diesem Sinn tritt
dem erkennenden Blick in den Produkten menschlicher Tätigkeit
etwas ganz anderes entgegen als ein projiziertes Spiegelbild seiner
Teile und Funktionen, mit dem Kapp seine Sicht erklärt.
Mit Cues’ Ansicht erweitert sich das Spektrum der Technikanalyse, die seit Platon und Aristoteles danach fragt, um welche
Art von Nachahmung es sich dabei handle, um die Frage: Nachahmung von Vorhandenem oder Schöpfung von Neuem? Menschlichem Schaffen sind keine Grenzen mehr gesetzt, die Bezugssysteme wurden geöffnet und stellen neben das Ewige und das Natürliche, gleichberechtigt, das Menschliche. Somit kann nun, neben
der Frage nach schön und richtig, gefragt werden: Was ist originär neu? Dennoch werden bei Kapp die platonische Nachformung
und die aristotelische Grenzziehung durch die hegelianische Reflexion in die Synthese eines dynamischen, wenn auch klar vorherbestimmt zielgerichteten Prozesses gewandelt.295 Fokus ist die
Entwicklung des »Selbstbewusstseins«, Bewusstseinssteigerung, als
Motor der Entwicklung zum Höheren.
209
Zwar spricht Kapp nicht dem simplen Nachbau das Wort, dennoch sind seine Beispiele einfach zu griffig. Von seinen Nachfolgern im 20. Jahrhundert wurde der Begründer der Technikphilosophie aufgrund seiner Organerweiterungsthese bald kritisiert – etwa
in den 1920er-Jahren
von Friedrich Dessauer, denn »die Nähmaschine näht anders als der Mensch, die Mühle mahlt anders als die
Zähne, die Ortsbewegung geschieht durch Räder, nicht durch die
Hebel der Beine. Also nicht in Anlehnung an die Natur, nach einer
der Natur ganz fremden Ordnung sind viele Werke der Technik
gebaut.«296 Damit ist der anthropologisch-bionische Ansatz zwar
fürs Erste verworfen, bis McLuhan ihn wieder aufnimmt; ohne die
permanente wechselnde Spiegelung zwischen dem Menschen und
seinen Mitteln.
Kapp bespricht »den Menschen« und stellt die menschlichen
Organe als »das ideal machinale System«2977 dar. Darin impliziert
ist eine Festlegung menschlicher Bedürfnisse und Möglichkeiten,
welche aber weder allgemeingültig noch ohne historischen Hintergrund gestillt oder gewählt werden könnten.
Weiters banalisiert Kapp die Verelendung des Industrieproletariats mit der Meinung, diese Entwicklungen seien nicht im Prinzip der Maschine enthalten, was nicht nur eine illusionäre Neutralität von Technik beschwört, sondern auch einen Widerspruch
seiner Theorie offenbart. Solche Maschinen würden nur von einer
Menschheit erbaut, welche die höchste Stufe ihrer Entwicklung,
im hegelianischen Sinn, bereits erreicht hätte – dann wäre aber eine
Fortentwicklung von Technik, welche er beschrieb und also erlebte,
nicht mehr möglich, weil sich die Schöpfung in der vollen Entwicklung des Menschen erfüllt hätte.
Solche Formen von biologischem Determinismus, als Konzept
der Technikentwicklung und als Analogie zur Wissensproduktion
in den Lebenswissenschaften, wurden nicht nur bei Kapp kritisiert.
210
Dennoch wurden unzählige Darstellungen von Körper- und Technologie-Analogien gezeichnet und niedergeschrieben. Medientechniken wie etwa das Kino wurden schon in den 1920er-Jahren
für die Illustration des Sehens als ein neurophysiologischer Vorgang benutzt. Was dazu führte, dass diese Darstellungen in weiterer
Folge die körperlichen Vorgänge auch charakterisierten und tief im
westlichen Verständnis vom Körper, egal ob menschlich oder tierisch, aufgenommen wurden.
Doch auf den Punkt gebracht, tönt Kapps These erstaunlich zeitgemäß, indem die Menschheit technische Artefakte nach dem Vorbild des eigenen Organismus entwickelt und diese dann »… als
reale Fortsetzung des Organismus und als Hinausverlegung der inneren Vorstellungswelt …«298 begreift. Kapp könnte für das zeitgenössische Forschen nach künstlicher Intelligenz oder, genauer, nach
künstlichem Bewusstsein als konzeptueller Vorläufer gelten. Ganz
in seinem Sinne wird heute versucht, das Gehirn zu verstehen,
indem es außerhalb des menschlichen Körpers nachgebildet wird.
Im Streben nach menschlicher Selbsterkenntnis deckt sich das erklärte Ziel von künstlicher Intelligenzforschung und der Cognitive
Science mit Kapps Organprojektion.
Heute sind Kapps Vorstellungen der neutralen Technik nicht haltbar und Ängste vor kommenden Technologien können nicht im
Hinblick auf das höhere Ziel ignoriert werden. Die Populärkultur
des 19. wie des 20. Jahrhunderts ist von Ängsten vor ebenso wie
von Begehren nach der entfesselten wie eigendynamischen Technik bestimmt.
In Kapps Spiegel erscheint die vielgliedrige organische Einheit
des Menschen »… gegenbildlich in der äußerlichen Zerstreuung
einer unendlichen Menge discreter Stückwerke«.299 Die Maschine
211
ist Teil des erweiterten menschlichen Organismus Kulturr300, ein
ausgelagertes Zeichen der Entwicklung des Menschen zu Höherem. Kapps Dualismus bleibt auf einem Auge blind, wenn er geschlossener Vielgliedrigkeit einfach lose Zerstreuung gegenüberstellt. Er kann sich keine andere als eine wohlgeordnete organische
Einheit für das Mensch-Maschinen-Ganze vorstellen, worin Maschinen nicht für sich, sondern nur mit dem Menschen und als Erweiterung des Menschen, mit dem Ziel seiner Vervollkommnung,
Einheiten bilden.
Maschinen werden aber mithilfe von Maschinen erzeugt, und
zwar in der ganzen Kette: vom fertigen Objekt bis zur Förderung
der Rohmaterialien und weiter zurück in die technische und wissenschaftliche Forschung. So entstehen, mit Kapp gesprochen, zusammengesetzte »Projektionen«, welche »Organe« und Einheiten
bilden, die der Mensch allerdings nicht mehr durchschauen kann.
Auch dies sind Phänomene des Vorgangs, welchen Kapp mit dem
Begriff des Unbewussten bezeichnet. Bei Kapp, wie später auch bei
Freud, steht das Unbewusste für das grundsätzlich noch unbegriff
fene Eigene.
Etwa eine Generation nach dem Erscheinen von Kapps »Grundlinien« schreibt Sigmund Freud 1894/95 seinen »Entwurf einer Psychologie«, in dem er zu seinem ersten Versuch ansetzt, die Seele als
psychischen Apparat zu beschreiben. Freud wird diesen »Entwurf«
nie veröffentlichen, mehr noch: »Als er im Alter neuerlich mit ihm
konfrontiert wurde, unternahm er alles, um ihn zu vernichten.«301
Doch eine seiner Schülerinnen, Marie Bonaparte Prinzessin Georg
von Griechenland302, hatte den »Entwurf« erworben und Freuds Zugriff entzogen. Die psychoanalytische Geschichtsschreibung ordnet
dem frühen Werk bedeutende Grundlegungen zu. Die Herausgeberin der gesammelten Werke Freuds, Angela Richards, stellt fest, dass
212
er hier seine wichtigsten Konzepte bereits angelegt hatte: »Obzwar
vorgeblich ein neurologisches Dokument, enthält der >Entwurf<
den Kern eines beträchtlichen Teils von Freuds späteren psychologischen Theorien. … Tatsächlich warf er erstmals Licht auf Freuds
eher dunkle Grundannahmen. … Eigentlich spukt der >Entwurf<
in sämtlichen, auch den späteren theoretischen Schriften Freuds
herum.«303 Richards verfolgt die Spur des »Entwurfs« durch Freuds
Werkk304, beginnend bei Briefen aus dem Jahr 1896 bis zum »Abriss
der Psychoanalyse«, der 1940 posthum erschien305. Im Frühwerk gab
es bei Freud noch kaum Hinweise auf die Psychoanalyse, aber ein
großes Interesse am Gehirn als Apparat und an Träumen als Zugang zu mentalen Prozessen. Freud dürfte in diesen Jahren langsam seine Leidenschaft für die Psychologie entwickelt haben306. Er
bezeichnet den »Entwurf« in einem Brief auch als »Psychologie für
Neurologen«307. In seiner Biografie von Freud behauptet auch Frank
Sulloway gleichlautend, dass der »Entwurf«, ähnlich einer Arbeitshypothese, Auswirkungen auf Freuds Arbeiten für viele Jahre hatte.
Freud hatte nie die Annahme verworfen, dass Psychoanalyse eines
Tages auch einen Zusammenhang mit der neurophysiologischen
Seite der mentalen Aktivitäten herstellen würde308.
Im Unterschied zu seinem Hauptwerk befasst sich Freud hier
mit dem »… Einfluss der Umwelt auf den Organismus und der
entsprechenden Reaktion des Organismus. … Es ist bemerkenswert, dass das, was später zum fast allmächtigen »Lustprinzip«
wurde, hier lediglich als ein Hemmungsmechanismus …«309 gilt.
Was Freud bis zu seiner »Traumdeutung«, 1900, beibehält.
Aber dieses Werk ist auch noch aus einem völlig anderen Grund,
welcher mit Psychoanalyse nichts zu schaffen hat, von Interesse.
»Neuerdings ist die Auffassung vertreten worden, das menschliche Nervensystem funktioniere ähnlich oder sogar genauso wie ein
Komputer [sic]«310, stellt Richards fest. Freuds früher Versuch, psy213
chische Phänomene mit physiologischen Begriffen zu beschreiben,
bringt den »Entwurf« in die Nähe von zeitgenössischen Ansätzen
der künstlichen Intelligenz- und Bewusstseinsforschung. Manche
ihrer Ansätze versuchen einerseits, menschliche Intelligenz und/
oder Bewusstsein in Computersystemen nachzubilden, andererseits
dualistische Auffassungen von Körper-Geist zurückzuweisen, in der
Ansicht, Bewusstsein würde aus einer Maschine emergieren. Für den
»Entwurf« kann man die Analogie ziehen, dass in Freuds Beschreibung »… gewisser »Neuronen«-Ereignisse und den sie beherrschenden Gesetzmäßigkeiten durchaus Andeutungen von Hypothesen
der Informationstheorie und der Kybernetik in ihren Anwendungen auf das Nervensystem …«311 gesehen werden können. Natürlich
besteht die Gefahr der Überinterpretation der Freud’schen Termini,
indem sie mit zeitgenössischen Bedeutungen geladen werden, welche nicht intendiert waren. Festzuhalten ist dabei jedenfalls, dass
Freud die »Neuronenmaschine« verwarf, da sie keinerlei Handhabe
bot, zwischen »bewusst oder nicht«312 zu unterscheiden.
Hier ist Vorsicht geboten. Die Gleichhaltung von unterschiedlichen Systemen, als mit Eingabe, Speicherung, Verarbeitung und
Ausgabe versehen, macht sie noch nicht zu Maschinen, welche Information verarbeiten. Die Definition eines Systems als Maschine
und die Definition des Mediums des Prozesses als Information
aber erlaubt diese Interpretation. Für beide Arten von Systemen ist
die kybernetische Betrachtung anwendbar, setzt sie aber keinesfalls
der Eigenschaft »informationsverarbeitend« gleich.
Der psychische Apparat im verworfenen »Entwurf einer Psychologie« stellt jedenfalls die Idee eines neurologischen Systems als
ein Schaltwerk dar. Ein Schaltwerk erlaubt Regelung von sowohl
mechanischen, logischen als auch elektrischen Vorgängen, wie etwa
eine Fahrradschaltung oder ein Lastverteilerwerk der Stromproduktion.
214
Die Analogie der psychologischen Forschung bei Freud und anderen Zeitgenossen313 bezog sich auf die avancierteste Technologie ihrer Zeit. Das Gehirn und mentale Prozesse wurden Ensembles elektrotechnischer Anordnungen gleichgestellt. Im Stellen der
elektrischen Schaltwerke sollte das Gehirn verständlich gemacht
werden, ganz nach Kapps »Grundlinien«. Sie lieferten damit ihrer
Zeit der einsetzenden Moderne nicht den Stoff für neue Metaphern. Denn Analogiebildung war weder neu, noch galt es, Wesensfremdes ineinander zu übertragen. Die technischen Apparate
waren dabei »… nicht nur das angemessene Instrumentarium zur
Beschreibung neuroanatomischer Strukturen und psychophysiologischer Funktionsabläufe, sondern Gehirn und Technik entsprachen … einander als avancierte Zivilisationsphänomene«.314 Gehirn
wurde über technische Apparate entschlüsselbar, wobei diese Analogie auch auf die zukünftige, in Kapps Sinn höhere, Entwicklung
der Menschheit und des Planeten anwendbar wurde.
In »Vom Schaltwerk der Gedanken« illustriert Carl Ludwig
Schleich dieses Verständnis seiner Zeit in einem prophetisch-populärwissenschaftlichen Exzess – die Zivilisation der frühen Moderne als künstliches Gehirn. Das Buch erschien in fünfzig Auflagen bis in die 1920er-Jahre.
Geschrieben 1916, als der Erste Weltkrieg in die Phase des Gaskriegs überging, transponierte er den
zeitaktuellen Horror in eine Science-Fiction-Passage, in die Zukunft.
»Denken wir uns durch irgendein katastrophales Mißgeschick,
sagen wir durch die Cyangase eines geplatzten Kometen, erlösche
mit einem Schlage alles Lebendige dieses Planeten, die Menschen
sänken tot um oder erstickten in ihren Wohnungen, die Betriebe
ständen still, die elektrischen Zentralen ließen noch eine Weile
ihre Ströme zucken durch die künstlichen Nerven, mit denen der
215
Menschengeist und die Technik die Erde zu einem gehirnartigen
Wesen umgebildet hat, – dann stände alles still. Die Lampen verlöschten, die Kabelleitungen hörten auf, die Blechplatten und die
Antennen der Telefunkapparate plapperten nicht mehr, alle Telephonleitungen schliefen. Und nun landete nach langer Frist ein Expeditionskorps vom Mars auf unserem Planeten unter einem Führer und Entdecker. Er fände, wie der Anatom vor dem toten Gehirn und Rückenmark, alles – die Schienenstränge, die Säulen des
Bogenlichtes, die Drähte, die Zentralen, die Apparate zum Einund Ausschalten, die Telephone, die Marconiplatten, die Kabel, die
Scheinwerfer usw. Da er es soweit gebracht hat, ein Schiff zu konstruieren, welches ihn bis zu uns führt – so dürfen wir ihn uns im
Besitze mancher wissenschaftlicher Methoden denken und wohl
befähigt, viele Zusammenhänge zu rekonstruieren. So, meine ich,
steht der rechte Forscher vor der Frage nach dem Verhältnis von
Gehirn und Seele, Nerv und Geist.«315
Schleich dient das Stilmittel dazu, die Zivilisation seiner Zeit im
Akt einer extraterrestrischen Archäologie-Anatomie als planetares
Gehirn sichtbar zu machen. Damit möchte er das seiner Meinung
nach organische Leitmotiv hin zu einem technischen Gehirn, der
Entwicklung moderner Technologie, sichtbar machen. Die Ähnlichkeit zu zeitgenössischen Spekulationen über das Internet, das
den Planeten in ein »global brain« verwandelt, ist augenfällig.
Freuds »Entwurf« zeigt, wie das Wissen über das Gehirn und seine
mentalen Vorgänge gleichzeitig mit der Technologie seiner Analogieerzeugung produziert wird. Doch Freud lässt die Analogie
der Schaltwerke hinter sich: »Den Geisteszustand, in dem ich die
Psychologie (Anm.: für Neurologen) verfasste, verstehe ich nicht
mehr«316, erklärt er in einem Brief an einen Freund. Dennoch findet er bei der Weiterentwicklung seines Modells der Psyche wieder
216
zu Apparaten – wenn auch nicht in der Form einer Apparatur, die
durch Prozessformen wie Fluss und Verzweigung sowie außerdem
durch Schaltung und Hemmungen gekennzeichnet ist. Denn für
Freud dürfte sich, im Fortentwickeln seiner Vorstellungen, der Begriff des Gedächtnisses, des Speichers, als besonders wichtig herausgestellt haben.
Nach seiner Vorstellung braucht der psychische Apparat, die
»Neuronenmaschine«, ein »Gedächtnis« und »Kontaktschranken«,
um »zwischen alternativen Möglichkeiten der Antwort auf einen
äußeren Reiz eine geeignete, auf die Erinnerung an vorhergegangene Ereignisse gestützte »Wahl« zu treffen; schließlich … Berücksichtigung des Mechanismus der Wahrnehmung, … Vorstellung
von Rückkopplung als eines Mittels zur Korrektur von Fehlern
beim Umgang der Maschine mit der Umwelt.«317
Ihn interessieren die Transformationen von Wahrnehmungen
zu Gedanken und Empfindungen, weiter zu Erinnerungen und
Gefühlen und vice versa. Wobei Freud sich besonders für die Beschreibung eines Apparats, der transformiert, interessiert, um dem,
was transformiert wird, den mentalen Zuständen, auf die Spur zu
kommen.
Er veränderte seine Konstruktion des psychischen Apparats
nach der Analogie des Schaltwerks in den ersten Jahrzehnten des
20. Jahrhunderts kontinuierlich – bis er 1925 im »… Wunderblock
ein kleines Gerät …, das mehr zu leisten verspricht als das Blatt
Papier oder die Schreibtafel«318, findet. Alle drei bieten Unterstützung für das Gedächtnis. Doch entgegen Platons Warnung möchte
Freud »… dessen Funktion ergänzen und versichern, indem ich mir
eine schriftliche Aufzeichnung mache«.319 Papier und Tafel findet
er mit dem menschlichen Gedächtnis nicht vergleichbar. Denn wo
an dem einen die Feder eine »Dauerspur« hinterlässt, ist beim anderen die »Aufnahmefähigkeit« begrenzt. Daraus schließt er, die
217
»unbegrenzte Aufnahmefähigkeit und Erhaltung von Dauerspuren
scheinen sich also für die Vorrichtungen, mit denen wir Gedächtnis substituieren, auszuschließen, es muß entweder die aufnehmende Fläche erneut oder die Aufzeichnung vernichtet werden.«320
Im Wunderblock findet er »… eine bemerkenswerte Übereinstimmung mit dem … Bau unseres Wahrnehmungsapparats … eine
immer bereite Aufnahmsfläche und Dauerspuren der aufgenommenen Aufzeichnungen«.321
Diese konzeptuelle Verschiebung wurde vom Medizinhistoriker Cornelius Borck dahingehend interpretiert, dass gerade die
»schriftspeichernde« Leistung des Wunderblocks »die Grenzen
des technischen Modells sprengte«.322 Hier ist hinzuzufügen, dass
die Grenzen des mechanischen Modells der frühen elektrischen
Schaltwerke erweitert wurden.
Wie dem auch sei, Freud hatte nun mithilfe des Wunderblocks
ein Analogiemodell für »… Vorstellungen …, die ich mir längst
über die Funktionsweise des seelischen Wahrnehmungsapparats
gemacht, aber bisher für mich behalten habe«.323 Der »Entwurf
einer Psychologie« und der Essay »Notiz über den Wunderblock«
unterstützt die Ansicht von Donald Hebb, Karl Lashley, Norbert
Wiener und andern, die vermuteten, dass Freud spätere Theorien
über Neurologie, Kybernetik und Cognitive Science antizipierte.324
Die Periode zwischen den beiden Weltkriegen war in Europa wie
auch in den USA politisch und ökonomisch instabil, geprägt vom
Drang nach Neuorientierung. Tradierte Werte hatten sich als unhaltbar erwiesen; nun blühten Ideen von Revolution und utopischem Idealismus. Die politische wie die künstlerische Landschaft
war von einem Konflikt einander widerstrebender Überzeugungssysteme, den »Ismen«, gekennzeichnet. Politische Systeme wie Sozialismus, Kommunismus, Kapitalismus und Faschismus hatten ihr
218
Komplement in künstlerischen Ansätzen wie Dadaismus, Futurismus, russischem Konstruktivismus oder Surrealismus, um nur einige zu nennen.
Modernismus wird üblicherweise mit Maschinenkult assoziiert. Marinettis futuristische Lobeshymnen sind ein repräsentatives Beispiel für die überhöhte Begeisterung an der Maschine:
»Wir werden die großen Menschenmengen besingen, die die Arbeit, das Vergnügen oder der Aufruhr erregt; besingen werden wir
die vielfarbige, vielstimmige Flut der Revolutionen in den modernen Hauptstädten; besingen werden wir die nächtliche, vibrierende
Glut der Arsenale und Werften, die von grellen elektrischen Monden erleuchtet werden; die gefräßigen Bahnhöfe, die rauchende
Schlangen verzehren; die Fabriken, die mit ihren sich hochwindenden Rauchfäden an den Wolken hängen; die Brücken, die wie gigantische Athleten Flüsse überspannen, die in der Sonne wie Messer aufblitzen; die abenteuersuchenden Dampfer, die den Horizont
wittern; die breitbrüstigen Lokomotiven, die auf den Schienen wie
riesige, mit Rohren gezäumte Stahlrosse einherstampfen und den
gleitenden Flug der Flugzeuge, deren Propeller wie eine Fahne im
Winde knattert und Beifall zu klatschen scheint wie eine begeisterte Menge.«325
Die Kunst der Moderne ist somit in Kontext zu moderner Industrie und damit zu bestimmten Produktionsformen und Technologien gestellt. Viele Strömungen der modernen Kunst bedienten
sich der Methoden der Massenproduktion für ihre eigenen Zwecke,
gerade weil die klassischen Strömungen von diesen Prinzipien und
ihren Implikationen existenziell bedroht waren. So lassen sich Unterströmungen in der modernen Kunst ausmachen, welche Produktionseigenschaften wie Wiederholung, Standardisierung und Automation als künstlerische Strategien einsetzten. »Die Maschine«,
als dies alles ermöglichendes Werkzeug, wurde zu einem Kumula219
tionspunkt, um zentrale Kriterien der Künste wie Originalität, Autonomie, Spiritualität und Einzigartigkeit neu zu definieren.
Schon früh im 19. Jahrhundert wurde die Vorstellung einer
künstlerischen Avantgarde als Vorkämpfer, als Transformatoren an
den Fronten von Fantasie, Imagination und vor allem Utopie proklamiert. Eine Bezeichnung der Kriegsführung für die Vorhut einer
Armee wurde zum Zwecke der Re-Formation der Gesellschaft
umdefiniert. »Wir Künstler werden als Avantgarde dienen. Die
Macht der Künste ist in der Tat die unmittelbarste und schnellste.
Wir besitzen alle Waffenarten […], wir üben einen elektrisierenden
und siegreichen Einfluss aus. Wir richten uns an die Phantasie und
Gefühle der Menschen.«326 Künstler sollten die Sensoren der Gesellschaft an vorderster Front sein, welche theoretische Ideen oder
unsichtbar wirkende Kräfte aufspüren und damit als Aktuatoren
zur politischen und emanzipatorischen Verbesserung der Menschheit beitragen. »Da habt ihr die Helden der Vernichtung und da
habt ihr die Fanatiker des Aufbaues«, schreiben László MoholyNagy und Ludwig Kassák 1922 in ihrem »Buch neuer Künstler«.
Die erste Abbildung stellt Hochspannungsfernleitungen dar, gefolgt von einem Kinoapparat, die letzte Abbildung zeigt ein Doppeldecker-Flugzeug von Farman, dazwischen findet sich moderne
Kunst. »Wir erklären, daß sich die Herrlichkeit der Welt um eine
neue Schönheit bereichert hat: die Schönheit der Geschwindigkeit.
Ein Rennwagen, dessen Karosserie große Rohre schmücken, die
Schlangen mit explosivem Atem gleichen… ein aufheulendes Auto,
das auf Kartätschen zu laufen scheint, ist schöner als die Nike von
Samothrake.«327
Die Faszination an mechanischen Erfindungen war nicht auf
Avantgardekünstler und Architekten beschränkt. Seit der Mitte
des 19. Jahrhunderts, mit dem Aufkommen von Erfindungen wie
Eisenbahn, Telegrafie, Telefon, Automobil und Ähnlichem, war sie
220
ein Massenphänomen. Die Popularität von Science-Fiction, wie
etwa von Jules Verne, war nur ein Anzeichen dafür. Verne spekulierte etwa über eine Art gesprochenes Internet: »Das System, das
durch das unerhörte Übermittlungsnetz des Telefons möglich geworden ist, dürfte bekannt sein: jeden Morgen wird der ›Earth Herald‹ anstatt gedruckt, … wie in der Antike … gesprochen. In einem
raschen Gespräch mit einem Reporter, einem Politiker oder einem
Wissenschaftler erfährt der Abonnent, was er wissen wollte.«328
Aber es gab auch viele kritische Stimmen; so schrieb Jules Verne:
»Ist denn überhaupt ein Krieg noch möglich bei diesen modernen
erstickungsbringenden Geschossen, … diesen zwanzig Meilen langen elektrischen Entladungen, … diesen Projektilen, die, mit Mikroben angefüllt, Pest, Cholera und Gelbes Fieber verbreiten und
die innerhalb weniger Stunden eine ganze Nation zu zerstören vermöchten?«329 Fritz Langs »Metropolis« ist ein Beispiel für Kritik an
der technologisierten Gesellschaft, die davor schon von Konservativen formuliert wurde. Besonders für die Bereiche des Alltagslebens wurden technologische Innovationen skeptisch aufgenommen.
Zur gleichen Zeit als Le Corbusier seine utopische Wohnmaschine,
machine à habiter, verkündete, zeigte Buster Keaton, 1922, das dystopische Double im Film »The Electric House«.
Noch 1925 legitimiert Freud sein Analogiemodell zur seelischen
Wahrnehmung im Wunderblock in Anlehnung an die Theorie der
Organprojektion. »Die Hilfsapparate, welche wir zur Verbesserung oder Verstärkung unserer Sinnesfunktionen erfunden haben,
sind alle so gebaut wie das Sinnesorgan selbst oder Teile desselben (Brille, photographische Kamera, Hörrohr usw.).«330 Doch 1930
schwelgt er in Kulturpessimismus und hinterfragt den Sinn technologischer Entwicklungen, ihre Wechselwirkungen mit dem Alltag und die resultierenden Veränderungen gesellschaftlicher Pro221
zesse, etwa durch die Relation von Mobilität und Kommunikation:
»Gäbe es keine Eisenbahn, die die Entfernungen überwindet, so
hätte das Kind die Vaterstadt nie verlassen und man bräuchte kein
Telefon, um seine Stimme zu hören.«331
Doch seine Reflexion gilt nicht der Technologie allein, sondern
der Entwicklung der Menschheit insgesamt. In der Rückschau auf
den Megatod im Ersten Weltkriegs befindet er, sie habe die »… Beherrschung der Naturkräfte so weit gebracht, dass sie es mit deren
Hilfe leicht haben, einander bis auf den letzten Mann auszurotten«.332 Die verblasste Euphorie für Technik lässt den Blick hinter die Technik auf die Leistungen der Naturwissenschaften fallen.
Die Suche nach weiterreichenden Wechselwirkungen bleibt nicht
mehr in der Oszillation der Spiegelungen zwischen dem Urbild
und seiner Projektion und der Rückprojektion als Erweiterung des
Urbildes gefangen. Liegt die Geschichte der Menschheit auf seiner Couch, kann er das Walten größerer Kräfte für die fatalen Verhältnisse verantwortlich machen: Eros und Destruktion. Er spricht
dem Eros das Wort und erkennt, dass alles menschliche Streben
vom Wunsch nach Glück durchdrungen ist. Freud bestimmt Wissenschaft und Technik deshalb als Mittel menschlicher Wunscherfüllungen. So formuliert er das seit der Antike diskutierte Prinzip,
welches für die Populärkultur des 20. Jahrhunderts kennzeichnend
werden wird: die Produktion von Wunschmaschinen.
Das Streben nach Glück und die Bereitwilligkeit, dafür zu zerstören, werden zu einem Teil seines erweiterten Modells über das
menschliche Bewusstsein. Neben dem Ausgeliefertsein an eine
kulturdefinierende Macht ist für Freud damit nicht viel erreicht.
Mit den technischen Errungenschaften ist der Mensch lediglich zu
einer Art Prothesengott aufgestiegen, der mit seinen Hilfsorganen
allerdings noch einige Schwierigkeiten hat.333 Ganz entgegen den
euphorischen Technikbefürwortern seiner Zeit, wie etwa Marinetti,
222
erkennt er in diesen Formen der Wunscherfüllung keine Erfüllung,
sondern billiges Vergnügen: »Man verschafft sich dieses Vergnügen,
indem man in kalter Winternacht ein Bein nackt aus der Decke
herausstreckt und es dann wieder hineinzieht.«334
Die eigentlichen menschlichen Schwierigkeiten werden nur verschoben, sie resultieren für Freud aus »… drei Quellen … aus denen
unser Leiden kommt: die Übermacht der Natur, die Hinfälligkeit
unseres eigenen Körpers und die Unzulänglichkeit der Einrichtungen, welche die Beziehungen des Menschen zueinander in Familie,
Staat und Gesellschaft regeln«.335 Sein Resümee bleibt ambivalent:
Macht über die Natur ist nicht die einzige Bedingung menschlichen Glücks. Vielmehr gilt es auf Lebensqualität zu achten, woraus
aber folgt, dass technologischer Fortschritt nicht nutzlos ist. »Ferne
Zeiten werden … die Gottähnlichkeit noch weiter steigern. Im Interesse unserer Untersuchung wollen wir aber auch nicht daran
vergessen, dass der heutige Mensch sich in seiner Gottähnlichkeit
nicht glücklich fühlt.«336
Für das ausgehende 19. Jahrhundert war technische Entwicklung, im Sinne Kapps, als ein Streben zu naturgemäß Höherem
einer alles durchwirkenden Macht unterworfen. Jeden Bezug zu
Übermenschlichem verwerfend, erzeugt das beginnende 20. Jahrhundert seine Technologievorstellungen im Verständnis vom Subjekt als Wunschmaschine in schrecklich-schönem Pathos und als
schillerndes Trugbild.
223
»Wie der Einfühlungsdrang als Voraussetzung des
ästhetischen Erlebens seine Befriedigung in der Schönheit des
Organischen findet, so findet der Abstraktionsdrang seine Schönheit
im lebensverneinenden Anorganischen, im Kristallinischen, allgemein
gesprochen, in aller abstrakter Gesetzmäßigkeit und Notwendigkeit.«337
Worringer Wilhelm, Abstraktion und Einfühlung, 1907.
Bedeutung & Übertragung
Gerade weil »die Maschine« eine Akkumulation von architektonischen Themen versammeln konnte, wurde sie zu einem wichtigen
Reibebaum der Haltungen im Architekturdiskurs, der allen Architekturschaffenden jeweils eine eigene Position abverlangt. Für die
zu Anfang des 20. Jahrhunderts nach einer Ikonografie338 ohne Tradition Suchenden bot die Maschine ein breit ausgelegtes Bild, um
darauf moderne Phantasmen und Wunschvorstellungen zu projizieren und davon allerlei Eigenschaften von Modernität zu abstrahieren. Maschinelle Eigenschaften wurden zu Beginn als Bilder und
formale Assoziationen übertragen. Bis heute erzeugte die Metapher
von der Maschine viele Möglichkeiten, Architektur zu entwickeln
und zu verstehen. Zu einer mächtigen Übertragung von Bedeutungen, zu einer besonders tragfähigen und verdichteten Ausprägung
der Transformation von Technologie in kulturelle Sphären wurde
in der Architektur der Moderne die Analogsetzung von Haus und
Maschine. Sie öffnete den Zugang zu neuen Bedeutungsebenen für
Gebäude, selbst für die grundlegenden traditionellen architektonischen Inhalte von Zweckmäßigkeit, Standfestigkeit und Schönheit.
Somit wurden Häuser als Maschinen oder in Negation als AntiMaschinen konzipiert. Le Corbusier ballte die Idee in den frühen
1920ern zu einer populistischen Parole: »Das Haus ist eine Maschine zum Wohnen.«339 Bald wurde die Maschinenmetapher von
der Beschränkung auf das Wohnen erweitert und zur Leitmetapher.
Indem diese zwei, wesenhaft verschiedenen Dinge in manchen Be224
reichen gleichgesetzt wurden, gelang es, ganz bestimmte Eigenschaften an modernen Häusern herauszubilden, die sie deutlich von
ihren Vorgängern unterschieden. Damit war mithilfe der metaphorischen Übertragung eine neue kulturelle Entität namens »moderne
Architektur« geschaffen. Selbstverständlich war die Maschinenmetapher nicht allein dafür verantwortlich, moderne Architektur zu
etablieren. Dennoch waren maschinelle Effekte in der Architektur
etabliert worden und produzierten wichtige Eigenschaften der modernen Architektur wie etwa Fragmentiertheit, Repetition, Massenproduzierbarkeit oder Funktionalität. Die Übertragung von Eigenschaften der Maschine auf die Architektur war ein Ausdruck der
gesellschaftspolitischen Haltungen der Verwender der Metapher.
Ihre Vorstellungen einer radikal modernen Lebenshaltung hielten
der verspielten, gutbürgerlichen Gemütlichkeit einen avantgardistischen Purismus entgegen. Die metaphorische Architekturmaschine
tritt als ein rational organisiertes Objekt, deren Einzelteile eine organische Einheit bilden, in Erscheinung, sie drückt eine Ästhetik
von mechanischer Präzision und Reinheit aus.
Architekturmaschinen erzeugen oder übertragen keine Kräfte
wie Arbeitsmaschinen, und sie formen auch keine Energie um wie
Kraftmaschinen. Sie zeitigen hingegen die individuellen, gesellschaftlichen und kulturellen Wirkungen der gebauten Umwelt. Architekturschaffende konzipierten verschiedenste Überlagerungen
der Ideen von Arbeitsmaschine mit der Kraftmaschine zur Erzeugung von neuen soziokulturell bedeutungsvollen Funktionen: Die
Vorstellung von der Arbeitsmaschine beförderte Phantasmen der
Produktion, die etwa in fließbandartigen Architekturkonzepten auf
allen Maßstäben Ausdruck fand; sei es Kompaktküche oder Bandstadt. Das Bild der Kraftmaschine bot sich als Zugang auf die entstehende Konsumkultur und unter anderem auf die Wunschvorstellungen von Komfort und neue Formen von Häuslichkeit an.
225
Parallel zur formalen Metaphorisierung durch die bildliche
Übertragung visueller Eigenschaften entwickelte sich, vorerst von
der Hochkultur der Architektur nicht anerkannt, eine weitere Art.
wurden Maschinenfunktionen, meSchon ab den 1930er-Jahren
taphorisch als Poesie340 von Bewegungen und Ausstattung, in zunehmend maschineller werdende Bauteile übertragen. Denn was
wie eine Maschine aussah, sollte für manche auch wie eine Maschine funktionieren. Dieser Ansatz wurde spätestens Mitte des
20. Jahrhunderts dominant. Im Zuge dieser Verschiebung der Maschinenmetapher im Diskurs der Architektur, von der Maschinenästhetik zur Maschinenleistung, »entdecken wir«, so Buckminster Fuller, »dass Gebäude, die einmal die Energiebedingungen von Hitze, Kälte, Trockenheit und Feuchtigkeit kontrolliert
haben, im Endeffekt Maschinen waren, weil Maschinen Energie
verarbeiten und kontrollieren. All jene Maschinen, die wir irrtümlich ›Gebäude‹ nennen, sind jetzt ersetzt worden durch Maschinen, die wir als solche erkennen.«341 Zu Beginn ihrer Entdeckung
im kulturellen Umfeld, wie Fuller ausführte, waren unterschiedliche Vorstellungen über die Wirkung der Kraftmaschine für energetische Fragestellungen wichtig. Schnell wurden die davon ableitbaren klimatischen und atmosphärischen Phänomene erkennbar, die bislang undenkbare Konzepte ermöglichten. Nächstes Ziel
der Transformation dieser modernen Radikalisierung von Technologie wurde es, soziokulturelle Funktionen von Häusern als maschinelle Funktionen zu errichten. So traten Teile der Architekturavantgarde an, die Wohnmaschine durch Überlagerung als soziokulturelle Energiemaschine zu rekonstruieren. Das nunmehr
effektiv als maschinell verstandene Wesen eines Gebäudes entsteht vermittels Ausdrucks der Leistungen des Architekturobjekts.
Von besonderer Bedeutung aber wurden die medialen Eigenschaff
ten der Kraftmaschine. Denn Architektur konnte sich damit auf
226
subtile und dynamische Weise in gesellschaftliche Kommunikation einschreiben.
Doch ein Aspekt von Maschinen blieb für die Architektur von
der Industrialisierung bis über die Mechanisierung hin vom Konzept der organischen Einheit in ihrer geometrischen Reinheit verdeckt: die Metaphorisierung des holistischen Aspektes von Maschinen. Denn als die Maschine wurde das Auto, der Dampfer oder
das Flugzeug angesehen oder ihre abstrakten mechanischen Prinzipien.342 Unbedeutend war der Umstand, dass diese als organische
Einheit erkenn- und benennbaren Maschinen wiederum aus Maschinen bestehen und Maschinen mit anderen Maschinen funktionale Einheiten bilden. Die Umsetzung der Metapher vom Fließband war für die Thematisierung des Zusammenhangs von Maschinen nicht nur zulänglich, sondern auch vorteilhaft für die Zwecke
einer Architektur für die Gesellschaft und den Einzelnen. Denn
an jedem Übergang zwischen Maschinen traten Menschen auf.
Doch wo Befürworter Maschinen im Dienste des Menschen diagnostizierten, die an jeder denkbaren Stelle der gesellschaftlichen
Prozesse schmutzige und repetitive Arbeiten übernehmen, sahen
Skeptiker Individuen, die entweder entfremdet den Maschinen zur
Hand gingen oder treu Steuerungsaufgaben leisteten, sowie einige
wenige oft fragwürdige, visionäre Richtungsgeber; allesamt die Bevölkerung eines Maschinenparks.
Alles an diesen mechanisch-elektrischen Verhältnissen änderte
sich mit der Entwicklung von Maschinen, deren ausschließlicher
Zweck es war, andere Maschinen zu steuern. Mit der neuen Ausrichtung für die Beziehung zwischen Mensch und Maschine entstand für die Architektur eine besondere konzeptuelle Herausforderung. Während erste selbsttätige Arbeitsmaschinen ihre Steuerungsfunktionen in der Anordnung und Bauweise ihrer Teile
227
inkorporiert hatten, wurde mit den Kraftmaschinen die Steuerung als Eigenschaft von der Arbeitsmaschine abgezogen und von
der Kraftmaschinen übernommen, die diffiziler entwickelt werden
konnte. Teil der vom Menschen unabhängig werdenden Steuerung
war einerseits die Kontrolle von Arbeitsmaschinen durch Kraftmaschinen, aber zusätzlich auch die Kontrolle der Auswirkung der
Steuerung selbst. Dabei wird die mechanische Arbeitsmaschine
mit der Energiemaschine kombiniert und diesen die Steuerungsmaschine hinzugefügt. Ketten solcherart gekuppelter Maschinen
wurden zu den industriellen Transferstraßen weiterentwickelt, die
alsbald Automaten benannt wurden. Diese Automation der industriellen Produktion markiert die »Schwelle der zweiten industriellen
Revolution«.343 Ein Automat ist ein Netzwerk von Maschinen und
separierter Steuerung mit ihren codierten Regelwerken. Selbstbezüglichkeit, Rückbezüglichkeit und der Regelkreis wurden Teil des
Konzepts von Maschinen. Nunmehr alltäglich gewordene Kommunikation von Maschine zu Maschine wurde zum Träger für utopische Spekulationen wie für gesellschaftliche Angst in einem Ausmaß, »dass in der Reihe der am meisten gefürchteten Gefahren Automation an der zweiten Stelle stand, unmittelbar hinter der Furcht
vor Sowjetrussland«, publizierte die Zeitschrift »The Economist«
1955.344 Beides, die technologischen Prinzipien wie die gesellschaftlichen Problemlagen345, wurde sehr rasch346 von der aufkommenden Leitwissenschaft der Kybernetikk3477 aufeinander bezogen. Diese
Entwicklung der Steuerungstechnologie in der Industrieproduktion führte zu kybernetischen Maschinen wie etwa Rechenautomaten, für die sich die Bezeichnung Computer bis heute weltweit
durchgesetzt hat. Maschine-zu-Maschine-Kommunikation funktioniert anders als menschliche Verständigung, weil sie unabhängig
von Sinn und Bedeutung ist. Im Gegensatz zum interpretierenden
Verständnis von Äußerungen in der hermeneutischen Vorstellung
228
von Kommunikation unter Menschen entwickelte sich eine nichthermeneutische Informationstheorie, die auf Transmission und Selektion in Prozessen unter Automaten beruht. Mit dieser Entwicklung einher ging auch die zunehmende Bedeutung der Vorstellung
von der Ähnlichkeit der Kommunikationsprozesse von Informationen in technologischen wie gesellschaftlichen Belangen. Indiz in
der Architektur war, dass sich erneut eine Verschiebung der transformativen Metaphorik für den Bau von Apparaten, die Häuser genannt werden, eingestellt hatte. Mit der kybernetischen Maschine
adressieren Architekturschaffende die gleichzeitige Zugehörigkeit
des Individuums zu unterschiedlichen gesellschaftlichen Sphären
und die Freiheit der Wahl, nahtlos zwischen ihnen zu wechseln.
Mobilität und Flexibilität wurden zu bis heute unumgänglichen
kulturellen Vorstellungen für den Wechsel zwischen allerlei miteinander in Verbindung stehenden Sphären wie Konsum, Kommunikation, Arbeit und Freizeit nach dem Muster kybernetischer
Systeme. Ergebnis der veränderten Verhältnisse: Verschiebung von
Objekthaftigkeit zur Prozesshaftigkeit der Architektur. Die Verschiebung des Maschinenartigen von der Maschine zum Wohnen
hin zum Apparat für Komfort und Kommunikation war vollzogen
und im Mittelpunkt des Architekturinteresses standen nun Performanz des Objekts und das Verhalten seiner Nutzer. Die neuen Eigenschaften stellten der kybernetischen Architekturmaschine die
Lizenz zum Steuerungsautomaten für gesellschaftliche Prozesse
aus.
Doch eines konnte »der Computer« interessanterweise weder als
Steuermaschine noch als Rechenmaschine noch als MultimediaApparat erreichen, das Haus als Computer zu versinnbildlichen:
Nach wie vor sehen Architekturschaffende das Haus als Maschine
und nicht als Computer. Denn nur zart verschleiert die neuere Metaphorisierung des Hauses als Medienmaschine die alte modernis229
tische Metapher der Gebäudemaschine. Das ist erstaunlich, nicht
nur weil die Maschinenmetapher der Architektur heute schon etliche Generationen alt ist, sondern vor allem weil sich die Metaphorik für komplexe Gebilde immer an der zu einer Zeit komplexesten Technologie orientiert. So wird heute das Universum, genauso
wie das menschliche Gehirn, mit der Struktur und Funktion des
Computers verglichen, in manchen Theorien sogar als biologischer
Computer oder Quantencomputer bezeichnet.
Universum und Gehirn haben eine eigene Metapherngeschichte.
Lange bevor die Uhr im 14. Jahrhundert als Erklärungsmodell für
die Funktion des Universums348 herangezogen wurde, prägte seit
dem ersten Jahrhundert vor Christus der Begriff der Weltmaschine349 die antiken und mittelalterlichen Vorstellungen. In diesen Zeiten wurde als höchste Kunstfertigkeit die perfekte Nachahmung der Natur gepriesen. Im 14. Jahrhundert waren astronomische Uhren die komplexesten baubaren Maschinen. Sie wurden
als stückwerkhafte Nachahmungen des universellen Werkes des
Schöpfers verstanden. Uhren erstaunten die mittelalterliche Welt,
denn sie ermöglichten eine zuvor unvorstellbare Präzision der Zeitmessung und erlaubten völlig neue Arten der Naturbeobachtung.
Durch die Inthronisierung der Uhr als Modell für das Universum
wird ein Vorgang der Bedeutungsübertragung erkennbar, bei dem
das Untersuchungsinstrument den Rang eines Erklärungsmodells
für das Untersuchte bekommt. Diese Art der Metaphorisierung hat
Vorzüge und Mängel.
Das Universum als Uhr verstanden verweist die menschliche
Natur auf die Grenzen der künstlichen Kreation eines Überwesens.
Eine Maschine, auch wenn sie ohne erhaltende und steuernde Eingriffe funktioniert, hat kein Eigenleben, sondern vollzieht strikt die
von ihrem Erzeuger implementierten Funktionen – ganz im Ge230
gensatz zu einem Organismus. Dieser Vorzug der Maschine macht
es möglich, einen Urheber, Baumeister oder Uhrmacher der kosmischen Uhr oder Weltmaschine zu postulieren – einen lebendigen Gott, wie auch die Existenz des lebendigen Gottes sein Universum als Maschine plausibel macht. Die Absichten des Erzeugers der
Weltmaschine mögen den Menschen zum größten Teil unverständlich sein, aber was sie sehend erkennen können, ist die Schönheit
ihrer Erscheinung und die Harmonie ihres Gangs. Über die Entstehung der europäischen Wissenschaften schreibt Paolo Rossi: »Die
sorgfältige und fleißige Erforschung der großen Weltmaschine hieß,
zum Ruhme Gottes im Buch der Natur und in der heiligen Schrift
zu lesen.«350 Eine Maschinenmetapher für die ganze Welt eröffnete
einen Weg, Gott zu verstehen und gleichzeitig die Welt zu gestalten. Sie rückt die Stellung des Menschen und die Möglichkeiten
menschlicher Erkenntnis in die Mitte zwischen dem betrachtenden Wunsch zu verstehen und dem existenziellen Druck zu handeln. Dieses aktive Prinzip, steckte den Rahmen des Menschenmöglichen ab und erhob die Maschinenmetapher im 17. Jahrhundert vermittels René Descartes’ mechanistischer Philosophie und
der Kepler-Newton’schen Astronomie zur wissenschaftlichen Modellvorstellung. Im Zuge dessen wurden schließlich auch die tierischen und menschlichen Organismen als Maschinen definiert.
Dabei wird nun aber auch ein Mangel der Maschine offenbar und
ein konzeptuelles Problem entsteht: Aus der rein materiell gedachten Beschaffenheit der Lebewesen dieses maschinellen Universums
lässt sich das Leben und seine Entstehung nicht erklären. Heute
noch steckt diese Problematik im Kern der Untersuchungen vieler
Wissenschaften. Die gesicherte Erkenntnis darüber, ob der menschliche Geist Teil dieser Maschine ist oder nicht und ob es sich bei
Körper-Geist um eine untrennbare Einheit oder um eine Dualität
aus verschiedenen Essenzen handelt, würde etliche wissenschaftli231
che Unklarheiten beenden. Aber diese Weltsicht bietet einen immensen Vorteil: Die grundlegende Annahme, dass die Teile der
kosmischen Maschine harmonisch und sinnvoll zusammenwirken,
bedeutet, dass sie von Menschen verstanden werden kann, indem
sie in ihre mechanische Zusammenhänge zerlegt wird. Damit kann
jedes ihrer Elemente, und dessen Beziehungen zu anderen Elementen, der wissenschaftlichen Erkenntnissuche unterzogen werden.
Sobald diese funktionalen Ensembles, die kleinen Maschinen und
Maschinenteile, verstanden wurden, können sie nachgeahmt und zu
neuen menschgemachten Maschinen zusammengesetzt werden.
Als eine Maschine definiert man im Alltagsgebrauch ein »Gerät
mit beweglichen Teilen, das Arbeitsgänge selbstständig verrichtet
und damit menschliche od. tierische Arbeitskraft einspart«.351 Ihre
Metaphorisierung eröffnete der westlichen Kultur ein Verständnis
der Welt, mit so weitreichenden Konsequenzen, dass diese gegengleich zum intuitiven Gebrauch des Begriffs Maschine im Alltag
steht: Was auch immer als Maschine bezeichnet wurde und wird,
es stellt eine bestimmte Sichtweise und eine Art des Verstehens der
Dinge und Verhältnisse dar – Maschine ist, was als Maschine verstanden wird.
In der Architektur zeitigte dieser kontra-intuitive Zusammenhang kreative und die Domäne über Generationen verändernde
Konsequenzen. Ein sehr früher und erstaunlich konkreter Vorschlag wurde bereits 1853352 von Adolphe Lance353 gemacht: In der
Rezension eines Architekturtraktats von Léonce Reynaud spiegelt
sich dieser kulturprägende Diskurs wider. Im Traktat erörtert er
die klassische vitruvianische Polarität zwischen schön und nützlich.
Die beiden diskutieren Fragen der Angemessenheit eines Architekturmittels, Reynaud argumentiert von der Schönheit, sein Re232
zensent Lance von der Nützlichkeit her. Reynaud spricht in Übereinkunft mit den Architekturthemen seiner Zeit Stilfragen an:
»Die Allgemeinheit spürt genau, dass die Baukunst sich den Fortschritten der Wissenschaften und der Industrie nicht verschließen
kann; und wenn sie sieht, wie weit wir unsere Vorgänger auf diesen
Gebieten überholt haben, wundert sie sich mit Recht, dass in unseren Gebäuden griechische und römische Formen und Proportionen vorherrschen«, und schließt daraus, dass »… die Verwendung
von Eisen beim Bauen erheblichen Einfluss auf die Baukunst unserer Zeit haben wird«.354 Lance reagiert auf die um Stil und Material geführte Angemessenheits-Diskussion Reynauds überraschend.
Dabei radikalisiert Lance nicht einfach das Argument von Reynaud, sondern schwenkt die Perspektive der Diskussion. Wohl unter
dem Einfluss der bürgerlichen Revolution, wechselt er das Kriterium der Beurteilung für Angemessenheit vom Stil zur Funktion.
Damit nimmt er die architektonische Entwicklung für einige kommende Generationen vorweg.
Lance kontert: »Wäre es nicht möglich, sogar noch weiter zu gehen
und unsere Gebäude und Häuser so zu planen, dass die Person, die es
frequentiert oder bewohnt, berücksichtigt wird? Nicht einfach um die
generelle Anordnung und die Erschließung zu bestimmen, sondern
auch um tausende spezifische Annehmlichkeiten, Dienstleistungen und
zeit- und energiesparende Geräte einzuführen, die die Anwendung von
neuen Verfahren aus der Wissenschaft und Industrie für das häusliche
Leben anbieten. Ein Haus ist ein Instrument, eine Maschine sozusagen,
die nicht nur als Schutz für den Menschen dient, sondern sich auch an
seine Aktivitäten anpasst und die Produktion seiner Arbeit multipliziert. Industrielle Konstruktionen, Werkstätten, Fabriken jeder Art sind,
von diesem Standpunkt aus, beinahe vollkommen Modelle, die es wert
sind imitiert zu werden. Unser Haus – man möge uns diese bizarre
Metapher verzeihen – ist die Fabrik, in der wir die unzähligen Akte
233
unseres persönlichen Lebens ausführen. Wir haben nicht den Eindruck,
dass dort schon all jene Verbesserungen Eingang gefunden haben, die
man in den anderen Produktionsstätten zuhauf antrifft, mit Ausnahme
einiger kindischer und eher komplizierter als nützlicher Erfindungen,
die man subalternen Handwerkern überlassen hat.««355
Damit ist das Programm der ersten und zweiten Generation der
Moderne in der Architektur in weitem Umfang fast drei Generationen vor den Höhepunkten ihrer Erfolgsgeschichte in der Architekturtheorie formuliert.
Manfredo Tafuri beschreibt die Entstehung einer bürgerlichen
Ideologie der Architektur: »Comfort is, from this perspective, to be
found in the mechanization of services, necessitating new spatial
apparatuses: what we have here is an ideology that assumes the primacy of human labour by economizing time and energies.«356 Gegenpol für die Hebung des Werts der menschlichen Arbeit zum
Preis der präzise effizient gemachten Ökonomisierung von Zeit
und Energien ist bürgerlicher Komfort.
Lance beendet seine Rezension mit dem Ausdruck der Hoffff
nung, dass »eine Auseinandersetzung mit dieser Materie unsere
Wohnstätten und unser Alltagsleben verbessern könnte«. Er spricht
von bürgerlichem Wohnraum, nicht von Palästen und nicht von sozialem Wohnbau. Anzuwenden sind die neuen Verfahren aus den
Wissenschaften zur Erreichung von Nutzerbeteiligung, technisch
und durch Dienstleistungen erzieltem Komfort, der nicht mehr aus
Repräsentation, sondern aus performativen Raumqualitäten gezogen ist. Mit dem Gebäude-Konzept, das mehr als die bloßen Funktionen von Schutz und zur Schau stellen leisten soll, indem es sich
an die Aktivitäten des Nutzers adaptiert, wobei es die individuelle Produktivität steigert, ist nicht nur das Haus als metaphorische
Maschine diskursiv vorkonfiguriert, sondern auch dessen automati234
schen Eigenschaften impliziert. Zur gleichen Zeit als diese technologische Vision vorgeschlagen wird experimentiert Robert-Houdin
mit den medialen Effekten von automatischen Anlagen im Haus,
zu Zwecken der Unterhaltung und der Steuerung von automatischen Funktionen. Lance und Robert-Houdin verweisen auf zwei
komplementäre Seiten der langfristigen technologischen Transformation von Architektur und gebauter Lebenswelt.
Ob die Zeitgenossen Adolphe Lance und Jean-Eugène RobertHoudin jemals aufeinander getroffen sind – ob der Eine je die
illusionistischen Auftritte des Anderen besuchte oder der Andere
je die Artikel und Gebäude des Einen studierte – harrt noch der
weiteren Forschung. Doch in ihrer Epoche der Revolutionen der
westlichen Kultur finden sich, etwa drei Generationen vor Beginn
der klassischen Moderne der Architektur, die verschüttete mediale
Referenz und die kanonisierte technische Referenz, zeitgleich. Die
kanonisierte Architekturgeschichte der Moderne ist Teil der im
Essay vorgestellten ahistorischen, theoretischen Narration. RobertHoudin‹s Spektakel verweisen auf den Mediendiskurs, Lance’ Produktion verweist auf den Technikdiskurs. Beide, der technische
und der mediale Aspekt, werden zunehmend assoziiert werden, für
Entwurf und Realisierung von neuer Architektur.
235
Matrizen
Dieses Essay war angetreten, um einige Stränge des multirelationalen Netzes von Architektur, Techniken, Technologien und Medien
aufzuknüpfen und zu entflechten um die im »Aufbau« formulierte
Fragen detaillierter zu informieren und zu verifizieren.
Was kann auf der Basis des Essays über die kulturelle Positionierung von Architektur gesagt werden: Ist sie eine Domäne, also ein
Spezialgebiet, das allerlei kulturelle Anliegen bedient, indem sie
willkürlich Kulturtechniken anwendet, oder eine kulturelle Sphäre,
die als Subkultur ausgebildet ist und dabei spezifische Kulturtechniken entwickelt hat?
Wenn auch grundlegende innere Organisationsformen der Architektur, ihrer Artefakte und Konzepte unverändert bleiben, so
dringen doch die von Architektur erzeugten Ordnungen tief in
soziokulturelle Sphären ein und verändern sie. Architektur ist normativ, insofern sie Wahrnehmbarkeit und Handhabbarkeit der gebauten Umwelt bis ins kollektive Unbewusste der Gesellschaft
einer Kultur und ins Sensomotorische von Individuen lenkt. Zu
den Teilelementen der gebauten Umwelt zählt man im typischen
Fall Dinge wie Häuser, Plätze, Bänke im öffentlichen Raum, Kanalgitter, Straßenlampen, Städte, aber auch Brücken, Straßen,
Dämme, Kanäle, Tiefgaragen, Mondstationen, Aussichtswarten
wie die bedeutungsschwangere Statue of Liberty, aber genauso abstrakte Lärmschutzwände oder technoide Raffinerien. All die Elemente, die in ihren unterschiedlich komplexen Arrangements zum
Aggregat der gebauten Umwelt gefügt werden, sind in introvertierter Weise auch technologische Produkte und Träger allerlei technischer Systeme und Schnittstellen zu infrastrukturellen Versorgungsnetzen. Sie sind Mittel zum Zweck der Reproduktion von
237
privatem wie gesellschaftlichem Leben. Mit diesen Elementen
werden Technologien kontinuierlich in die direkte menschliche
Umwelt eingebracht und erneuert.
Doch welche technologische Entwicklungen auch immer die
Zukunft bestimmen werden, ein prinzipieller Zusammenhang wird
ablesbar: Anwendungen von je neuen technischen und technologischen Bedingungen zogen als unablässiger Strom in den Kanon
der Architektur und werden zukünftige Architektur durchziehen.
Im Versuch zu integrieren, was zu einer Zeit technisch möglich ist,
werden im Akt des architektonischen Entwickelns, durch architektonische Techniken allerlei Technologien sinnstiftend zur Anwendung gebracht. Architektur steckt damit nicht nur ein originäres Feld der Transformation von Technologien in Kultur ab, es
wird dabei Sinn gestiftet durch das Verbinden von kultureller Bedeutung mit Materie, indem Dinge nicht nur als neutrale Artefakte, sondern diese darüber hinaus als Symbole und Zeichen, Atmosphären, Zwecke und Agenten erdacht und vermittels der Anwendung von Technologien erzeugt werden. Damit werden für
die Sicht der Welt, das Verhalten in ihr und das Handeln in der
Welt Matrizen vorgegeben. So verbindet Architektur Bedeutung
und Technologie zu den Artefakten der gebauten Umwelt. Diese
generieren architektonischen Raum, den Fluchtpunkt architektonischen Schaffens, in vielfältig ausgeprägten sozialen und ästhetischen Phänomenen von gebauten Lebensräumen. Dabei werden
gesellschaftliche oder kulturelle Probleme nicht unbedingt gelöst,
sondern oftmals erst aufgeworfen.
Architektur ist weniger eine Domäne als vielmehr eine kulturelle
Sphäre. Denn sie stellt sich nur zum Teil als Querschnittsmaterie aus Einflüssen verschiedener Technik- und Sozialwissenschaff
ten mit Kunst dar oder als ein Kompetenzbereich, der aber unterschiedlichen Verwaltungs-Ressorts zugeordnet ist. Entgegen dieser
238
landläufigen Vorstellungen legt dieser Essay die Behauptung nahe,
Architektur steht für Bauen mit kultureller Intention: Architektur
assembliert als Kulturtechnik allerlei soziokulturelle Intentionen
zum Zweck der Reproduktion der gebauten Lebenswelt.
Wie können Automatismen, Techniken und Technologien in der
Architektur positioniert werden: In welcher Beziehung stehen Kultur und Technik überhaupt bzw. wie ist die »Schnittstelle von Kultur und Technik« im Bereich Architektur beschaffen?
Vor welchen konzeptuellen Hintergründen bringt Architektur
Technologie in den Alltag ein? Und welchen Anteil hat Architektur an dem Prozess, bei dem die Technologisierung der gebauten
Umwelt zu Kultur im gesellschaftlichen Gebrauch wird?
Das vorliegende Essay zeigt, dass Automatismen als eine Gemeinsamkeit dieser Ansätze angenommen werden können. Oder,
anders ausgedrückt, man kann von der Annahme ausgehen, dass im
diskursiv entstandenen Kanon und den rational geplanten Werken
der Architektur ein nicht intentionales, nicht bewusstes und dennoch aktives und regelhaftes Substrat zu finden ist.
Verhältnisse, die der Kontrolle entzogen, nicht rationalisiert sind
oder sich verselbstständigen, sind beileibe keine Eigenheiten von
Architektur. Vielmehr beschreiben auch andere Domänen, mehr
oder weniger genau, solche Verhältnisse. So werden etwa in der
Physiologie Reflexe wie der Saugreflex von Säuglingen beschrieben; in der Soziologie Muster der Besetzung von Plätzen am Badestrand; in der Psychologie Gewohnheiten wie etwa individuelle
Übersprungsgesten oder die Grundlagen der Lesefähigkeit; in der
Ökonomie die unsichtbare Hand des Marktes als Bezeichnung für
unverstandene Marktgesetze; in der Mechatronik nichtdeterministische Automaten; in Philosophie wie Informatik Modelle wie das
vom abstrakten Automaten.
239
Die Bedeutungen von Automatismen schweifen zwischen dem
Prozessieren von Information ohne Zentraleinheit (Reiz-ReaktionSchemata), der Emergenz von Arten von Relationen (Gruppen von
Strukturen), dem Ausdruck des Individuellen und grundlegenden
Kapazitäten für die Aufnahme von Kulturtechniken (Handeln und
Verhalten), dem Unverstandenen als geschlossenem System (Black
Box), dem Werden und Entstehen, hervorgehoben vor dem Seienden und dem Bestehenden (Gilles Deleuze) und dem Modell für
das Verarbeiten von Daten durch seriellen Zugriff auf einen bewegten, linearen Speicher (Alan Turing) oder in manchen Kunstformen (automatisches schreiben und zeichnen), um nur einige wenige zu nennen.
Die Effekte von Automatismen changieren zwischen Geschehen lassen in technologischen Geräten, konditionierbarem und unbeeinflussbarem Geschehen. Aber ihre Effekte treten eben nicht
nur in lebendigen Organismen und physischen und technischen
Prozessen auf, sondern ebenso in soziokulturellen Zusammenhängen wie den Diskursen.
Mit den Effekten von Automatismen versuchen Menschen in
ihre Lebenswelten einzugreifen und sie unmittelbar wirksam und
strategisch gerichtet tätig werden zu lassen. Dieses Vorgehen ist
nicht primär analytisch auf das Verstehen gerichtet, sondern vielmehr operativ. Entscheidend sind die Performanz und das Ergebnis, für das Techniken und Technologien operativ gemacht werden.
Dabei wird die konträre Logik des Vorgehens verfolgt zum strategischen Vorausplanen über viele Schritte, wo jede Konsequenz
vorbedacht ist. Dennoch entsteht nicht Chaos oder Regellosigkeit.
Vielmehr wird der direkte Einfluss der menschlichen Intention abgezogen und ergänzt, indem sie indirekt an vertechnisierte Automatismen übergeben wird. Automatismen stehen für das Entfernen oder das Delegieren des menschlichen Agierens an abstrakte
240
Wirkungszusammenhänge, für die Umorientierung von Funktionszusammenhängen auf andere als die ursprünglichen Zwecke
oder aber für das Zweckdienlich machen des nicht Zweckdienlichen. Damit stehen Automatismen, gegen die Intuition, in Widerspruch zum Funktionieren der typischen technologischen3577 Automaten.
Die immer wieder zitierte »Schnittstelle von Kultur und Technik« entpuppt sich in diesem Kontext als sprachliche Konstruktion. Vielmehr sind Automatismen, Techniken und deren Kumulation in Technologien Aspekte von Kultur: zum einen im Sinn
von Handlungsweisen, die wie etwa Körper-, Kognitions-, aber
auch Kommunikationstechniken. Diese haben, zum anderen, Entsprechungen in materiellen Artefakten, den Dingen, die vermittels
Technologien erzeugt werden, und den mentalen Artefakten, den
Diskursen, die vermittels Technologien medialisiert werden. Die
Kulturtechnik Architektur kumuliert diese Handlungsweisen für
ihre Zwecke.
Transformiert werden technische und technologische Bedingungen etwa in politische, philosophische, künstlerische oder wirtschaftliche Fragestellungen einer Zeit und einer Gesellschaft und
vice versa. Auf diese Weise werden an Kultur und Gesellschaft Angebote über die Bedeutungen der Elemente und Teilsysteme der
gebauten Umwelt gemacht. Der Zusammenhang kann durchaus
auch selbstreferenziell sein, in dem Sinn, dass technologische Bedingungen transformiert werden, um technologischen Problemen
kulturelle Bedeutung zu verleihen. Bedeutungen werden jedenfalls
produziert, indem Handhabungen von Technologien ermöglicht
werden, die es wiederum erlauben, sinnvolle Handlungen als soziokulturelle Automatismen zu etablieren. Findet eine solche Bedeutung Akzeptanz, wird diese in die Weiterentwicklung von Technologie aufgenommen. Diese Prozesse von Austausch und Umfor241
mung bilden eine Art Regenerationsschleife von Kultur, die sowohl
speichert und Architektur als kulturelle Sphäre etabliert, als auch
produktiv ist und Handhabung sowie Bedeutung sinnvoll macht.
Immer aber sind diese Bedeutungen Angebote, die nicht oder nicht
so, wie sie angeboten wurden, Verwendung finden müssen. Das betrifft die Angebote von Kultur an Technologie, von dieser an Architektur und von ihr wieder an Kultur sowie in all den möglichen anderen Verbindungskombinationen. Den Ergebnissen dieser Prozesse ist eine gewisse Unbestimmbarkeit eigen, handelt es
sich doch um Entwürfe. Architektur erzeugt Bedeutungen außerhalb ihrer kulturellen Sphäre durch Konzepte für materielle Objekte oder Systeme von Objekten, also durch Materialisierung. Eigenschaften und Effekte der technologischen Sphäre werden in
Eigenschaften oder Effekte der sozialen Sphäre der Kultur übertragen. Diese Seite der Transformation hat metaphorischen Charakter.
Wie ein Schlüssel wird eine materialisierte metaphorische Bedeutung von Technologie in die verschlossene Herausforderung eines
soziokulturellen Gespinsts gesteckt, mit dem Angebot, es aufzuschließen. Architektur ist ein probates Mittel, um Technologien
soziokulturell akzeptabel, vertraut, hinreichend und notwendig zu
machen und um Technologien letztlich hintergründig im Gewebe
des Selbstverständlichen zum Verschwinden zu bringen.
Das wirft Fragen nach der technisch-technologischen Positionierung von Kultur auf:
Welche kulturellen Veränderungen haben technologische Entwicklungen in Architektur bewirkt und wie haben sie architektonische Konzepte verändert? Was kann man als zeitgenössische technokulturelle Themen der Architektur festmachen?
Das uralte kulturelle Konzept von Kontrolle über Natur hat sich
im Verlauf des 20. Jahrhunderts graduell zu Adaption an Natur ver242
schoben. Die Maschinenmetapher stellt den Hintergrund für sehr
viele Kontrollkonzepte. Zu den neuen Zielen von Architektur gehört es deshalb, an der Sinnstiftung dieses Prozesses mitzuarbeiten und den Übergang von ökologischen in technische Systeme
nahtlos, also ohne explizite Schnittstellen, zu inszenieren. Populistisch könnte man vom Übergang der Archi-Tektur
in die Archi-Natur sprechen. Doch dabei ginge zumindest ein wichtiger
Aspekt verloren: Das traditionelle Konzept von Architektur, dominiert von Objekthaftigkeit, wird heute zu temporären Cluster
von Environments verschoben. Auch diese sich neu entwickelnden Formen von Umgebungen werden von Wettbewerb und Kauff
kraft gestaltete Bühnen für soziales Leben abgeben. Sie entwickelt
sich auf der Basis eines neu konstruierten Verständnisses des kulturellen Konzepts Natur, in Bezug zu einer kleinteiliger ausdifferenzierten Gesellschaft, bei größer gefassten soziokulturellen und
politischen Einheiten und hin auf ein durch Technologien und gesellschaftliche Verschiebungen hoch flexibilisiertes Individuum. Es
wurde in soziokulturellen Transformationen, ähnlich dem Haus, als
ein komplexer, nicht-trivialer Automat rekonstruiert, als Knoten in
Strömen vieler Netzwerke. Zeitgenössische Automatisierung wird
in zunehmend komplexerem Maße selbststeuernd. Die Wunschmaschine, Ausdruck für das fragmentierte Subjekt in der Massenkultur der Moderne, wurde transformiert und gewissermaßen als
Genussautomat reinkarniert, wie aus den Begehrensaggregaten von
Technologie und Gesellschaft ausgestülpte, multiple Subjekte von
automatisiertem Konsum.
Im Verlauf der Jahrzehnte ist in Architekturprojekten wohl unbemerkt eine inhaltliche, wenn nicht ideologische Verschiebung der
Werthintergründe von Spiel oder Game vollzogen worden. Spiel
steht eher für endlos interpretierbare, ziellose, nicht direkt zweckgebundene Abläufe. Game steht eher für bestimmte Interpreta243
tionen, Zweckorientierung, mit den Zielen von Wettbewerb und
Wertung. Game hat einen vorhersagbaren Ausgang, Spiel nicht.
Die aktuelle postdigitale Phase ist nicht nur durch das aussetzen
von fundamentalen digitalen Umbrüchen gekennzeichnet sondern
vor allem durch das Ende der Simulation von analogen Technologien. Versucht man digitale Technologien im Alltag besonders
herauszuheben sind bereits Strategien zu seiner verfremdenden
Betrachtung nötig. Stattdessen hat sich längst ein, mit Informationstechniken, solide grundierter Alltag etabliert, an dem Technologie wie Design die eigengesetzlichen Wirklichkeiten von digitalen
Technologien erforscht.
Getragen davon haben in der Architektur einige Verschiebungen
von grundlegenden Bedeutungen im Diskurs stattgefunden: von
der Funktionalität zum Spektakel, von der Struktur zur Performanz, von fragmentierten Objekt mit dem Ideal der abgekapselten Organischen Einheit zur variablen Vernetzung mit dem neuen
Ideal vom Adaptiven Cluster. Zu den diskutierten »Achsen und
Rissen« ließen sich unschwer weitere anführen, wie etwa Hygiene und Abfall. Die »Achsen und Risse« verweisen jedenfalls auf
einen Trend in der Weiterentwicklung von Technologie, selbsttätige Steuerungsvorgänge noch diffizilerer Art und gleichzeitig in
wesentlich größerem Umfang zu ermöglichen. Denn es gilt, neue
Märkte zu erschließen, indem neue menschliche Bedürfnisse geweckt und befriedigt werden. Deutlich wichtiger scheint es jedoch,
neue Verhaltensformen für alle Arten von Ressourcen zu entwickeln.
Mit dieser Diskussion wird die grobe Skizze eines Medien- und
Techniktheorieansatzes sichtbar, der versucht, nicht vom Körperlichen oder Organischen auszugehen wie Organprojektion oder
244
Prothese (Plato, Kapp, McLuhan), nicht vom Sozialen oder Technik als Superstruktur (Marx, Mumford), auch nicht vom Emergenten der Eigendynamik der technischen Entwicklung (Alltagstheorie) – sondern von den mannigfaltigen Phänomen der Automatismen. Dieser Zugang ist nun weder einseitig anthropomorph noch
auch soziomorph oder technomorph. Automatismen wirken in all
diesen Feldern und können eine Gemeinsamkeit hinter all diesen
Ansätzen abbilden.
Hypothese
Vermittels einer systematischen Assemblage von Beobachtungen
und Diskussionen, Verwunderungen und Entdeckungen wurde
über den Essay, in der Tradition des abduktiven Schlusses, eine Hypothese entwickelt.
Das kulturelle Zusammenwirken von Menschen, Strukturen
und Technologien hat vielerlei unwillkürlich selbsttätige Aspekte.
Sie stehen komplementär zur bewussten Gestaltung von Raum, rationalen Planung und zur utilitaristischen Funktionalität von Architektur. Die Plastizität von Wahrnehmungen und Körperbewusstsein, Empfindungen und soziokulturellen Prämissen betrifft
sowohl sinnliche als auch kognitive, unbewusste und bewusste Erfahrungen. Diese sind als Automatismen der soziokulturellen Konditionierung verstrickt in die temporäre Gemengelage von Sinnhaftigkeit und intersubjektiven kulturellen Konstanten wie etwa
Tabus oder Werte.
Automatismen werden durch Techniken realisiert, die weder Zweck
noch Subjekt zu haben brauchen. Eine Art Gradation spannt von
individuell und kollektiv internalisiert-automatisiertem Handeln
und Verhalten bis hin zu technologischen Automatisations-Syste245
men und Automaten-Strukturen. So bekommen ganz unterschiedliche Mischungsverhältnisse aus internalisierten und technologisierten Automatismen Kontexte in der Lebenswelt. Bei diesen Prozessen generiert der Architekturdiskurs, heute im Besonderen seine
technomediale Seite, Werte und Ziele für Architektur. Durch diese
Akte der wechselseitigen Verschränkung von gebauter Umwelt,
Technologien, Techniken und soziokultureller Bedeutung trägt Architektur zur gesellschaftlichen und individuellen Sinnstiftung bei.
In einer unübersehbaren Vielfalt von wirkenden Automatismen
werden diese Aspekte selbstverständlich und selbsttätig wirksam.
Trotz der Prämisse der Utilitarität und Funktionalität sind die Artefakte der Architektur nicht nur dazu angelegt, Individuen eine
Auswahl von kulturell sinnvoll erachteten, bewussten, rationalen
Handlungen anzubieten. Es wurde vielmehr gezeigt, dass die Artefakte auch nicht intentional, selbsttätig wirken, um als Speicher
und Auslöser von allerlei Verhaltensweisen ihre Benutzer zu konditionieren. Im Rahmen der technologischen Transformationen der
Digitalisierung wurde einmal mehr das Versprechen von Befreiung
durch technologische Mittel in die postdigitale Gesellschaft transformiert. Hier als digital erweiterte Wahlfreiheit zur Selbstverantwortung und Selbstgestaltung der Bürger und Bewohner. Zwar
wurden sie der Alltagsdoktrin folgend zu Benutzern und Koproduzenten auserkoren, doch hier zeigt sich ein kulturpessimistischer
Aspekt. Denn in diesem Kontext sind genau die scheinbar befreiten
Benutzer die auf unvorherbestimmbare Weise von Automaten und
Automatismen benutzten.
Automatismen wirken in der Architektur nicht zwangsläufig vermittels Technologien, sondern konfigurieren sich aus dem
Wechselwirken von sowohl kulturtechnischen als auch körpertechnischen Einflüssen. Wiewohl nicht zwangsläufig technologisch,
246
wurde das Phänomen der Automatismen in der Vergangenheit
als Mechanisierung und Digitalisierung und wird heute vermittels
postdigitaler Technologien in gesellschaftliche und intime Lebenswelten implementiert. Doch hier zeigt sich auch ein kulturoptimistischer Aspekt. Denn wiewohl permanent selbsttätig Automatismen entstehen, folgt Technologieentwicklung nicht dem uneinsichtigen Modell der Black Box, ist keine Kraft mit unsteuerbaren,
unverständlichen oder emergierenden Effekten. Architektur ist
eine der wesentlichen kulturellen Kräfte, die Transformationen der
technologischen Implikationen inmitten der Lebenswelt zu gestalten – je nach Entscheidung des Architekturschaffenden affirmativ
oder kritisch. Die Transformation kann, zumindest in der Architektur, nach dem Modell der Glass Box geschehen, deren Wirkzusammenhänge grundsätzlich einsehbar sind, aber mehr Raffinesse
und Verantwortung nötig macht. Das betrifft die transformativen
Prozesse des Einsickerns von technologischen Prämissen in architektonische Konzepte, also beim architektonischen Konzipieren,
der Planung, dem Entwurf, der Evaluation und der Kritik. Dabei
wird nicht nur auf die weitere Entwicklung von Technologie Einfluss genommen, sondern vor allem Kultur formiert.
247
Anhang
Sachregister
abgekapselt 74, 164
Abkapseln 7, 96, 160, 161, 162, 163
adapti- 70, 96-99, 103, 115, 121, 138, 144,
154, 160, 169, 181, 188, 234, 242, 244
Age 56, 70, 162, 164
Agit-Prop 97
Air-Condition 166
Akt 53, 141, 206, 209, 216, 238
Aktion 9, 11, 72
algo- 42, 48-49, 53–55, 101–102
alternativ 51, 87, 90, 92, 94, 97, 145, 166,
181, 217
Android 106, 200
Angemessenheit 88, 198, 232, 233
Anim- 31-32, 108, 115, 167, 180, 206,
Apollo 67, 68
Apparat 7, 65, 78, 96, 108, 174, 203, 212,
213, 214, 217, 229
Arbeit 30, 32, 46, 47, 55, 69, 72, 73, 77,
80, 97, 115, 136, 139, 154, 170, 186, 189,
190, 191, 193, 195, 201–202, 204, 208,
219, 229, 233–234
Artefakt 7, 35, 70, 108, 136, 142, 153
ästheti- 55, 62–63, 67, 69–70, 81, 85,
100, 125, 129, 139–140, 143, 145,
149, 151, 160–163, 165–166, 168, 181,
224-226, 238
atmosphär- 41, 54, 77, 85, 91, 139,
144–145, 226, 238
Ausdehnung 75, 144
Außen 74, 76, 95, 174
Autark 75, 85, 103, 111, 120, 166
Automat 13, 23, 24, 129, 164, 200, 228
Automation 13, 73, 86–87, 96, 103, 121,
125, 129, 134–135, 193, 196–197, 204,
219, 228
automatisch 8, 13, 28, 102, 119, 146, 192,
197, 202, 234–235, 240
Automatismen 3, 8, 10–11, 34–42,
132–134, 136, 239–241, 245–247
Avantgarde 53, 56, 83, 93, 120, 154–156,
166, 220
Balance 58, 149, 158
Bedeutung 7, 26, 34, 40, 50, 54, 77, 80,
91, 93, 100, 106, 122, 128, 131, 133, 137,
141, 144, 150, 165, 175, 181, 184–185,
204, 224, 226, 228–229, 238, 241–242,
246
bewusst- 21, 24, 31, 35–36, 77, 155,
157–158, 172, 177, 181, 205–209,
211–212, 214, 222, 237, 239, 245–246
Biologie 145, 170, 204
Carpenter Center for the Visual
Arts 61
Code 179
Cognitive Science 211, 218
Computer 53, 71–73, 99, 101, 115,
142–143, 173, 175, 197, 228–230
Concorde 67–68
Cyborg 6, 103–106, 179, 180–181
Dérive 72-73
design- 53, 55, 67, 69–70, 92, 94–95,
98, 101–102, 111, 113, 134, 152, 154,
161–163, 170–171, 175, 244
249
digital- 30, 53, 110, 112, 116, 122, 127–129,
135–136, 138, 142, 145, 147, 149, 244,
246–247
Dimension 90
Diskurs 39, 41, 94, 131, 132–133, 135, 139,
143, 145, 177, 226, 232, 244
Dome over Manhattan 162
Dominanz 77, 93, 142
Dom-Ino 33–34, 57–58, 165
Dymaxion 66, 70, 124, 162
Dystopie 90
Echtzeit 6, 28, 82, 109, 110, 113, 114
Effizienz 7, 66, 74, 78, 121, 146–147, 150,
170, 177, 181, 190–191, 202
Einheit 50–51, 77, 95, 167–169, 178, 188,
211–212, 225, 227, 231, 244
Emission 69, 118
emotion- 91, 94, 104, 106, 109, 112, 115
Energie 6, 29, 64–67, 69, 71, 77, 90, 95,
118, 120, 141–142, 149, 169–170, 177,
199, 202, 225, 226
Entertainment 77, 102, 108
entwickl- 22–23, 26, 32, 34–35, 37–38,
41, 43, 49, 51–52, 55–58, 61, 66–67, 75,
77, 79, 84–85, 87, 89, 91–92, 96, 99,
101–102, 109, 117, 126, 135, 140–141,
144–147, 149–154, 156–157, 160–161,
167, 170, 172, 175, 177–178, 180, 182,
186–189, 194, 197–198, 201–202,
204–206, 209–210, 212, 215–216,
221–223, 227–229, 233, 238, 241–242,
244–245, 247
Entwurf 41, 43–44, 46, 52, 63–64, 97,
120, 144, 168, 212–213, 214, 216, 218,
235, 247
Environment- 57, 60–61, 72, 74, 77, 78,
90, 99, 112, 114, 121, 152, 162–165, 243
environmental bubble 121, 162–163
Ephemerisierung 7, 32, 138, 144
250
Ereignisse 85, 100, 179, 214, 217
Erweiterung 60, 124, 144, 172–176,
180–183, 188–189, 196–197, 203–204,
212, 222
ethi- 55, 67, 69–70, 140, 148, 152
Experiment 11, 17, 22, 92
express- 79-80, 85, 93, 167
Extension 7, 124, 181
Fahrrad 153
Fertighaus- 66, 112, 113
Flânerie 73
Fließgleichgewicht 53, 55, 114–115
Fortschritt 79, 92, 96, 146, 172–173, 223
Freizeit 79–81, 97, 149, 162–163, 229
funktion- 9, 13, 15–16, 21, 24–25, 28, 32,
34–35, 42, 55, 62, 65, 74–75, 80–81,
85, 87–89, 93, 96, 99, 105–107, 115,
117, 120, 132, 135, 139, 143, 145, 151,
166–168, 176, 181, 187, 191, 205–209,
213, 215, 217–218, 221, 225–228, 230,
232–235, 241, 244–246
Fun Palace 97–99, 101
Game 6, 66–70, 129, 243–244
Gebäude 25, 33–35, 39, 48, 54, 57, 60–65,
85, 97–98, 100–102, 108, 110, 112,
114–115, 120, 123, 126, 131, 145, 151,
160, 165–166, 175, 189, 192, 202, 224,
226, 233–235
Gedächtnis 183, 189, 217–218
Gehirn 14, 84, 104, 105, 211, 213,
215–216, 230
Generator 6, 97, 101–102
Gerät- 16, 23, 30–33, 35, 72, 96, 124,
136, 142, 149, 153, 170, 176, 180, 184,
189–190, 202, 209, 217, 232–233, 240
Gesellschaft 17–19, 21, 24, 35, 40, 42, 55,
72–74, 76–77, 79, 87, 89, 93–94, 96,
115, 138–143, 145–147, 160, 173, 177,
180, 193, 196, 201–202, 204, 220–221,
223, 227, 237, 241, 243, 246
Gestaltung 32, 36, 72, 95, 99, 115, 117,
162, 177, 245
International Style 57, 81, 93, 164–165,
169
Interpretation 50, 56, 159, 214
intim- 13, 25, 116, 121, 157, 196, 247
Handlung 32, 187–189, 197, 200
Haus 28–33, 62, 64–65, 116, 119, 121–122,
124, 154, 167–168, 175–176, 189,
195–196, 224, 229, 233–235, 243
Häuslichkeit 7, 30, 154, 156–157, 225
Heterotopie 76
Hierarchie- 88, 137
High-Tech
51, 65,–67, 69, 97, 100
Hochhaus 152
Homo ludens 72
Kapital 24, 139, 191, 199
kineti- 29, 79, 82–83, 124, 199–200
Klima 58–59, 75, 80, 85, 115, 152
Kollektiv 24, 72, 76–77, 79, 85, 99,
102–103, 125, 127, 129, 237, 245
Komfort 7, 27, 30, 57, 118, 120, 125, 154,
156–159, 225, 229, 234
kommerz- 77, 81, 128, 155, 162, 164, 194
Kommunikation 23, 25, 27, 64, 71, 80,
90, 110, 135, 141, 169, 177, 205, 222,
227–229
Konstruktion 7, 46–47, 50–52, 55, 57, 65,
75, 78, 111, 114, 121, 150, 160–161, 179,
183, 217, 241
konsum- 71, 77, 80–82, 85, 97, 121,
162–164, 225, 229, 243
Kontext 22, 30, 36, 66, 70, 94, 129, 139,
185, 198, 219, 241, 246
kontroll- 25, 27–28, 49, 53, 77, 82, 95,
99–101, 110, 113, 146, 148, 159, 161,
166, 171–172, 177, 180, 226, 228, 239,
242–243
Konzept 10, 25, 41, 46, 54, 58, 60–61,
65, 70–71, 90, 96, 102, 110, 112, 115,
132–133, 140, 143–144, 161, 167, 181,
193, 195, 210, 227, 234, 242–243
Körper 7–8, 10, 23, 64, 80, 95, 110, 124,
127, 129, 158–159, 168–170, 173–178,
180, 188, 196–197, 205, 207, 211, 214,
231, 241
Kreativität 56, 72, 92–93
Krieg 17, 67–68, 221
Krise 69, 91
Kritik 87–88, 90–93, 95, 184, 191, 204,
221, 247
Idee
35, 42, 55, 60, 67, 70, 73, 79, 84,
92–93, 95–100, 103, 111–112, 157–159,
162–163, 173, 177, 179, 181, 188, 204,
207–208, 214, 224
Ikone 56–65
illusion- 16, 20–22, 25–34, 92, 108, 147,
210, 235
immers- 32, 85, 114
individ- 13, 18–19, 24, 35, 38, 40, 69, 72,
77, 79, 92–95, 99, 102–103, 107–108,
124–125, 127–129, 140, 147, 149,
151–152, 157, 163, 169, 207, 225, 227,
229, 234, 237, 239–240, 243, 245–246
Info- 18, 36, 57, 71, 78, 82–86, 89, 93,
101, 104–105, 110, 115, 120, 135–138,
140–145, 164, 169, 204–205, 214, 229,
237, 239–240, 244
Infrastruktur 7, 30, 64–65, 78, 80,
90, 95–96, 118, 128, 139, 149–150,
160–162, 164
innovati- 61, 98, 107, 118, 221
Institution 69, 76
Interaktion 99, 103, 115, 150, 171
Interface- 96, 113, 128–129
251
kultu- 10–11, 13, 17–19, 22, 31, 34–41,
54, 57, 68, 70, 76, 79–81, 85, 91–95,
97, 100, 109, 114, 120, 124, 126, 129,
131–136, 139–145, 147, 152–153, 155–
157, 159–162, 164–166, 169, 172, 174,
177–178, 181–191, 193–194, 196–205,
207–209, 211–212, 221–222, 224–226,
229, 232, 235, 237–243, 245–247
kunst- 9, 21, 23–24, 30, 55, 64–65,
78–80, 83, 85, 91, 99, 155, 168, 173,
182–183, 207, 209, 219–220, 230, 233,
238, 240
künst- 14–15, 17, 19–21, 26, 29–30, 72,
74–80, 85, 91–92, 95–96, 98, 101,
104–106, 115, 151, 162, 170, 172–174,
178–179, 181, 183, 189, 205–206, 211,
214–215, 218–220, 230, 241
kybernet- 6, 71, 78–84, 93, 96, 98–102,
104, 124, 138, 168–169, 174, 179, 191,
214, 218, 228–229
Labor 22, 25, 63, 92, 108, 127, 170
Le Grand Verre 64
Licht 51, 80, 106–107, 122, 151, 154, 160,
165, 168–169, 206, 213
Link 75
Maison de Verre 6, 62–63
Makro 75
Marketing 103
marxis- 77–78
maschin- 9–10, 15–16, 21, 23–25, 33–34,
47, 53, 56–57, 63, 65, 67, 70–71, 75,
79, 87, 96–97, 99–100, 102, 105, 113,
117, 123, 125, 128, 133–134, 142, 146,
153, 156, 160–162, 164, 166–168, 170,
173–174, 178–181, 190–194, 197, 199,
204, 210–212, 214, 217, 219, 221–234
Maßstab 55, 60, 67, 69–70, 74, 88, 126,
162, 202,
252
materi- 11, 37, 39, 44, 46, 48, 52–53,
57–58, 71, 87, 90–93, 95, 117, 121, 132,
137–138, 140–142, 144, 160–161, 166,
168, 174, 181, 189–190, 192, 197, 200,
212, 231, 233–234, 238, 241–242
Mechan- 16, 20–22, 24–25, 27, 31, 35,
63–66, 83, 95, 118–119, 136, 138, 145–
146, 152–153, 161, 167–169, 175–176,
186–187, 190, 193–194, 201–202, 205,
213–214, 217–218, 220, 225, 227–228,
231–232, 234, 247
medi- 13, 18, 23–24, 30, 32, 35–37,
39–40, 49, 55, 70–71, 77–78, 81–82,
84, 86, 93, 108–109, 111–112, 114–115,
124–129, 131–133, 135–136, 138, 142,
144–145, 154, 162, 164, 170, 172, 182,
185–189, 201, 203, 211, 214, 218, 226,
229, 235, 237, 241, 244, 246
Media- 13, 24, 32, 39–40, 55, 70,
77–78, 82, 84, 108–109, 112, 114,
126, 128–129, 131–133, 135–136, 138,
144–145, 154, 186–187, 201, 226, 229,
235, 241, 246
Metabolismus 59, 65
Metapher 59, 70, 96, 103, 129, 139, 167,
170, 181, 224–225, 227, 230, 233
Mikro 78, 127
Milieu 13, 72, 114
modern- 13, 16, 22–23, 30–33, 50, 52,
54, 60–62, 64–66, 79–80, 85, 87–88,
90–91, 93–95, 118, 120–122, 124–125,
131, 137, 139, 141, 144, 151–152, 155,
157–158, 161–162, 165–166, 169, 177,
180, 186, 188, 193–194, 197–198, 201–
202, 207, 215–216, 219–221, 224–226,
229, 234–235, 243
Möglichkeit 28, 53, 89, 100, 103, 126,
151, 163, 167, 171, 173, 187, 198, 201
Motor 170, 177, 181, 209
mur neutralisant 58, 60, 61, 163
nachhalt- 116, 120, 122, 170
nachricht- 71, 79, 176
Narrativ 70
Natur 74, 76–77, 86, 90, 93, 96, 115,
121–122, 164, 173–174, 178, 195, 205,
207–210, 223, 230–231, 242–243
Netzwerk 6–7, 30, 55, 70, 74–75, 78, 93,
104, 110, 139, 149, 164, 228
neurolog- 213–214, 216, 218
neutral- 58, 60–61, 64, 75, 88, 95, 163,
187, 210–211, 238
New Babylon 6, 70, 73–77, 125
nomad- 73, 78, 90, 93
objekt- 13, 31–32, 37, 60–61, 67, 72, 88,
95–96, 109–113, 115, 127, 132, 138, 146,
155, 158–159, 163, 167–169, 206, 212,
225–226, 229, 242–244
öffentlich- 13, 18, 23–24, 40, 70, 72, 92,
119, 126–127, 129, 155, 158, 212, 237
ökolog- 120, 174-175, 177, 243
ökonom- 10, 13, 18, 34, 40, 57, 61, 78,
110, 120, 135, 152, 163, 191, 193–194,
200–201, 218, 234, 239
Ordnung 65, 88, 137, 207, 210
organ- 17, 23, 25, 35, 53, 56, 61,
64–66, 70–71, 74, 78–79, 85, 96, 100,
102–105, 117, 124, 126, 131, 136–139,
160–161, 163–164, 166–169, 171–180,
187–188, 190, 192, 202–208, 210–213,
216, 221–222, 224–225, 227, 230–231,
237, 240, 244
paramet- 53, 55, 74, 82, 112–113, 138, 144
Partizipation 82, 98, 103
performa- 30, 32, 34, 55, 58, 63, 72,
77, 138, 144–145, 152, 166, 229, 234,
240, 244
Pfad 74
philosoph- 9–10, 13, 86, 100–101,
145–146, 172, 184, 204–205, 208, 210,
231, 239, 241
Physik 170
plan- 36, 48, 60, 68, 72, 82–83, 87–88,
90, 94, 96, 98–99, 101, 117, 119, 138,
144, 160, 174–175, 177, 196, 204,
215–216, 233, 239–240, 245, 247
Plusenergiehaus 120
Poème électronique 83
polit- 17–19, 45, 50, 83, 88, 91, 93–94,
97, 135, 147, 155, 171, 177, 179, 195, 218,
220–221, 225, 241, 243
pop- 56–57, 67–70, 74, 79, 87, 91–92, 95,
121, 126, 139, 160, 162–164, 167–168,
174, 177, 186, 188, 191, 211, 215,
221–222, 224, 243
Prinzip 21, 55, 58, 69, 119, 165, 187,
190–192, 210, 222, 231
privat- 18, 27, 40, 122, 126–127, 135, 148,
154, 157
Programm 52, 82–83, 92, 98, 101, 234
Projektion 35, 48, 51, 95, 126, 222
Proportion 144
Prothese 35, 65, 172–173, 197, 205, 245
Psyche 7, 31, 78, 96, 108, 173, 203, 216
Psychologie 170, 207, 212–214, 216,
218, 239
quali- 21, 47, 57–58, 64, 79, 93, 106, 108,
141, 145, 147, 149, 166, 185, 223, 234
radikal- 11, 42, 66, 78, 82, 89, 93, 98,
111–112, 120, 125, 144, 161, 163,
225–226, 233
Raster 64, 86, 88, 90–91, 94–95, 99
rational- 10, 31, 35–36, 53, 58, 65, 88, 91,
93, 100, 155, 202, 225, 239, 245–246
253
Raum 16–18, 24, 27, 32, 36, 39, 44, 54,
72, 76–77, 80, 85, 99, 101, 103,–109,
116, 121, 124, 126, 139, 144–145, 161,
170, 174–176, 208, 237–238, 245
reakti- 24, 72, 82-83, 90, 94, 97,
104–108, 114, 138, 144, 157, 213
Rechner 47, 71
Redundanz 6, 58, 62, 64–66, 70
Referenz 85, 235
Reform 155
regel- 28, 36-37, 48, 53, 56-57, 61, 69-71,
88, 101, 104, 110, 113, 119-120, 124,
129, 132, 142, 202, 214, 223, 228,
239-240
Re-Konstruktion 7, 78, 150
Repetition 225
respiration exacte 58–60
Rezeption 133, 139, 143
Roboter 24, 66, 124–125, 162, 197
Schnittstelle- 38, 108, 112, 126–128, 156,
166, 168, 170–171, 173, 180, 237, 239,
241, 243
Screen- 84, 99, 120, 126–127, 138
Segregation 152
Selbstreferenz- 37, 85, 134, 241
Sensor 83-84, 104, 106-107, 112, 117–118,
120, 171, 173, 220
sensuell 167
Shopping-Mall 152
Simulation 7, 24, 32, 85, 107, 124,
181–185, 244
sinn- 8, 10, 26–27, 29, 35–36, 40, 43, 50,
54, 69, 81, 104, 109, 131, 133, 140–142,
147, 153, 159, 190, 162, 163, 171–173,
176, 178, 180–181, 185, 196, 198, 207,
209–211, 215, 221, 223, 228–229, 232,
238, 241–243, 245–246, 258, 282, 288
situationist– 72–73
smart 107, 138
254
somat- 115, 125
sozi- 10, 13, 17–18, 20, 22, 24, 34, 36,
39–40, 45, 50, 69–70, 72, 74, 78–79,
95, 97–100, 103, 109, 114, 120–121,
124, 129, 132–135, 139–141, 146, 149,
152, 154–155, 159, 165–166, 171–174,
179–180, 194–195, 199, 218–219,
224–226, 234–235, 237–243, 245–246
Spektakel 5, 9, 13, 18–19, 21, 27, 235, 244
Sphäre 18, 38, 40, 80, 126, 143–144,
237–238, 242
Spiel 75, 77,–78, 96, 104, 107, 115, 125,
129, 243–244
Stadt 14, 72, 73, 74, 79–80, 83, 90, 116,
122, 168
steuer- 1, 13, 23, 25, 27, 29, 31–32, 47, 53,
61, 65, 71–72, 75–79, 82–85, 99–103,
109, 112–114, 118, 120, 127, 129,
134–135, 149, 151, 156, 164, 169, 173,
175, 195, 227–230, 235, 243–244, 247
Struktur 44, 54, 73, 84, 94, 98, 102, 113–
115, 117, 137–138, 140, 159, 230, 244
surreal- 9, 31, 42, 55, 73, 219
Synergie 6, 58, 66–67, 69–70, 125
System 7, 34–35, 45, 50, 53, 59, 61, 71,
74, 92, 100, 104–108, 120, 141, 147,
149–150, 173–174, 190, 193, 200–201,
210, 221, 240
Technik 9, 10, 13, 21, 30, 35–38, 108,
124, 154, 156, 165, 171, 177, 180–184,
188–189, 203–205, 210–211, 215–216,
222, 238–239, 241, 245
technisch 38, 103, 121, 126, 234, 238, 242
Techno- 10, 13, 25, 28, 30–32, 34–42, 56,
60–61, 65–68, 70–71, 73–74, 76–78,
87, 92–94, 96–100, 104, 107–110,
118, 120, 124–125, 128–129, 131–137,
142, 144–154, 156–157, 160–162,
164–166, 170–175, 177–178, 180, 182,
184, 186–189, 193–194, 197–200,
203–205, 211, 215–216, 219, 221–224,
226, 228–230, 234–235, 237–247
Theater 15, 21, 82, 97
Theorie 35, 80, 157, 173, 177, 186, 204,
210, 221
tradition- 23, 34-35, 40, 43-44, 50, 52,
55, 57-58, 66, 88, 97, 109-110, 118,
120-121, 124, 137, 162, 165, 175, 177,
224, 243, 245
transform- 13, 15–17, 21, 23, 33, 35, 37, 63,
70, 72, 78–79, 93, 112, 135, 144–145,
160–161, 163–164, 166, 176, 178–179,
202, 217, 220, 224, 226, 229, 235, 238,
241–243, 246–247
transparent 159
Übertragung 7, 60, 142, 202, 224–226
Überwachung- 103, 107
unbewusst- 8, 10, 24, 31, 35, 157–158,
205, 212, 237, 245
Universal Plug 86–87, 90, 96
Universum 230–231
urban- 56, 72–74, 79–80, 85, 88, 90, 126,
128–129, 157, 161–162, 166
Utopie 76, 79, 87, 90, 94, 96, 157, 220,
Ventilation 58, 60–61, 152
Verhalten 69–70, 82–83, 98–99, 100,
107–109, 112, 114, 152, 154, 156–157,
161, 163, 229, 238, 240, 245
Verkehr 115, 160, 171
Verstärkung 7, 32, 170, 221
Video 78
Vision 77, 92–93, 115, 135, 235
Wachstum 78, 174
wahrnehm- 31, 41, 54, 69–70, 85,
124–125, 133, 177, 180, 207, 217–218,
221, 237, 245
Wechselwirkung 7, 32, 56, 115, 133,
146, 150
wert- 17, 19–21, 27, 42, 48, 55, 77, 81,
93–94, 100, 104, 107–109, 117, 129,
134, 136, 139, 140, 143, 154, 164, 181,
191, 199, 206, 218, 233, 234, 243, 244,
245, 246
Wirtschaft 19, 83, 157
Wissen 17–18, 20, 97, 138–139, 170,
193, 216
wissenschaft- 22–23, 26, 30–31, 56, 93,
96, 100, 104, 107, 145, 147, 157–158,
165, 168, 172, 186, 189, 193, 204,
208, 210, 212, 215–216, 221–222, 228,
231–234, 238
Wohnen 80, 87, 167, 224, 229
Wolkenkratzer 151
World Peace Game 6, 66–68
Wunschmaschine 223, 243
Zeit
16–17, 21–22, 25, 28–29, 31, 34, 37,
42–43, 55–56, 61–62, 65, 67, 80–83,
87, 91, 96, 106, 123, 125, 131, 139–140,
155–156, 159, 164, 168, 170, 173–176,
185, 188, 191–192, 195, 199, 201–203,
205, 215–216, 221–222, 230, 233–234,
238, 241
Zeitalter- 13, 17, 36, 41, 56, 67, 70, 136,
137, 138, 140, 141, 143, 144, 160, 161,
162, 164, 166, 167, 168, 199, 205
zentr- 18, 22, 29–30, 33, 50–51, 54, 66,
71, 74–75, 80–82, 85–86, 89, 91, 97,
101, 105, 110, 122, 124, 136, 140, 151,
175, 195, 202, 204, 206, 215–216,
220, 240
Ziel 10, 21, 33, 38–40, 46, 79, 95, 107–
108, 121, 181, 200, 206, 211–212, 226
255
Personenregister
Aristoteles 9, 68, 69, 182, 193, 195, 196,
197, 198, 199, 200, 203, 208, 209
Banham, Reyner 57, 63, 67, 98, 152, 162,
163, 165, 166
Bijker, Wiebe 153
Borck, Cornelius 218
Borges, Jorge Luis 41, 133,
Buckminster-Fuller, Richard 66
Buster, Keaton 221,
Butler, Samuel 204
Buxton, Bill 170, 172
Cage, John 101
Carrier, Willis Haviland 165
Castells, Manuel 139,
Chareau, Pierre 62, 64, 65, 70
Clark, Stephen 195
Constant, Nieuwenhuys 72, 73, 74, 75,
76, 77, 93, 94, 96, 115, 129,
Dalí, Salvador 42, 43, 55
Dallegret, François 162
Dawkins, Richard 204
Deleuze, Gilles 36, 101, 240
Descartes, René 8, 231
Douglas, Rodney 105
Edisons, Thomas Alva 151, 165
Eisenman, Peter 165,
Evans, Oliver 191, 192, 193
Fohler, Susanne 146, 147
Ford, Henry 160, 192,
Forster, Norman 67,5
Foucault, Michel 76, 132, 133, 160
Frampton, Kenneth 62, 64, 65
Frazer, John 101
256
Frazer, Julia 101
Freud, Sigmund 203, 207, 212, 213, 214,
215, 216, 217, 218, 221, 222, 223,
Friedmann, Yona 79
Gaudí, Antoni 33, 34, 42, 43, 44, 45, 46,
47, 48, 49, 50, 51, 52, 55, 70, 115,
Giedion, Siegfried 6, 124, 162, 192, 193,
194, 198, 200
Greenberg, Clement 155
Hadid, Zaha 139
Haraway, Donna 179, 180, 207
Hebb, Donald 218
Hoffmann, E.T.A. 218
Houdini, Harry 30
Jacquard, Joseph Marie
Jefferson, Thomas 92
23
Kapp, Ernst 35, 172, 203, 205, 206, 207,
208, 209, 210, 211, 212, 245
Klee, Paul 168
Lance, Adolphe 25, 233, 234, 235
Lashley, Karl 218
Latour, Bruno 146
Le Corbusier 33, 34, 56, 57, 58, 59, 60,
61, 63, 70, 83, 155, 160, 164, 165, 166,
167, 168, 169, 221, 224
Littlewood, Joan 97, 99
Lovelace, Ada 103
Manfredo, Tafuri 234
Marcuse, Herbert 79
Marinetti, Filippo Tommaso 170, 222
McHale, John 172, 173, 174, 175, 176, 177
McLuhan, Marshall 35, 172, 186, 187,
188, 189, 190, 207, 210, 245
Moholy-Nagy, László 20
Nieuwenhuys, Constant 70, 72–78,
84–85, 93–94, 96, 115, 125, 129
Pask, Gordon 98, 99
Piano, Renzo 97
Platon 183, 186, 195, 203, 209
Price, Cedric 97, 98, 99, 100, 101, 102,
115, 129
R & Sie 122, 123, 124
Reynaud, Léonce 232, 233
Richards, Angela 212, 213
Robert-Houdin, Jean-Eugène 15–16,
22–23, 25–29, 31–34, 36, 108, 235
Rogers, Richard 212, 213
Rossi, Paolo 231
Ruskin, John 155
Rybczynski, Witold 155, 157
Schleich, Carl Ludwig 215, 216,
Schöffer, Nicolas 79, 80, 81, 82, 83, 84,
85, 115, 124
Shaw, George Bernhard 204
Sobek, Werner 116, 118, 120
Sulloway, Frank 213
Superstudio 86, 87, 88, 89, 91, 92, 93,
95
Taylor, Frederick Winslow 160
Toraldo di Francia 86, 89
Turing, Allan 193, 204, 240
Verne, Jules 221
Verschure, Paul 104, 107
Viollet-le-Duc, Eugène Emmanuel
44
Washington, George 192
Wiener, Norbert 71, 79, 169, 218
Wigley, Mark 177
257
Abbildungsverzeichnis
Abbildungen Umschlag Vorderseite
Abb. 1: Kapitel Körper & Prothesen / Der Ritter Götz von Berlichingen verlor im
Landshuter Erbfolgekrieg 1504 die rechte Hand durch einen Schuss aus einer Feldschlange. Seine Hand wurde später durch eine mit einem künstlichen Mechanismus versehene Eisenhand ersetzt. Das war eine Art Handschuh, der am Unterarmstumpf festgeschnallt wurde. Bei diesem konnte die Stellung der Finger mit
Hilfe von Zahnrädern fixiert werden, um damit den Schwertgriff zu umfassen.
Berlichingen soll damit auch gekämpft haben. / Hauptstaatsarchiv Stuttgart.
Abb. 2: Kapitel Bedeutung & Übertragung / Play Megaphone Game Screen. Bei
Play Megaphon werden Mobiltelefone als Fernsteuerung für öffentliche Screens
eingesetzt. Die neuen Mediensysteme, fusioniert in unterschiedlichen architektonischen Maßstäbe, ordnen individuelle und kollektive Aufmerksamkeiten. Hier
bildet eine Medienfassade die Repräsentation einer visuellen Metapher für sozialen
Wettbewerb ab. / Dan Albritton (2007)
Abb. 3: Kapitel Psyche & Apparat / Filmstills aus Buster Keatons »The Electric
House«, 1922. / First National Pictures, Inc. (1922).
Abb. 4: Kapitel Abkapseln & Adaption / »My proposal for Ground Zero is to
erect a structure that lives in a permanent state of crisis. … This e-motive architecture would be ready to adjust to different cultural structures and events and able to
adapt to a rich variety of uses. Our e-buildings not only respond to differing circumstances but actively propose new configurations.« / ONL 2002, Kas Oosterhuis (2002)
Abb. 5: Kapitel Materialität & Ephemerisierung / Drehpause zu Fritz Langs Film
Metropolis, 1927. Die Cyborg als Schale und Leib. / Horst von Harbou/Stiftung
Deutsche Kinemathek (1925/26).
Abbildungen Umschlag Rückseite
Abb. 1: Kapitel Organismus & Netzwerk / Schaubild zur Erläuterung der Koordination von Sinneseindrücken, Nerven, Muskeln. Ein sehr frühes bildliches Beispiel von kybernetischer Rückkoppelung und geschlossenem Mensch-MaschineRegelkreis vor Ausformulierung der Ideen, bzw. bei Hermann Schmid »Regelung
als Grundproblem der Technik« und Norbert Wiener »Cybernetics«. / Thilo von
Debschitz (ca. 1922).
258
Abb. 2: Kapitel Körper & Prothesen / Indische Gottheit Kali Mata. / Postkarte,
o. A. (ca. 1995)
Abb. 3: Kapitel Häuslichkeit & Komfort / »Das Haus des Körpers«, Toviyah Kats,
Venedig, 1708. Holzschnitt aus der Hebräischen Enzyklopädie. Haus als Metapher
für den menschlichen Körper: organische Einheit zusammengesetzt aus einzelnen
Organen mit deren speziellen Funktionen, die als Gesamtheit zusammenwirken. /
Kats (1708).
Abb. 4: Kapitel Abkapseln & Adaption / Schaubild zur Erläuterung der Funktionen des menschlichen Organismus als industrialisierte, mechanische Prozesse, von
Fritz Kahn, »Der Mensch als Industriepalast«. / Thilo von Debschitz (ca. 1922).
Abb. 5: Kapitel Bedeutung & Übertragung / Anonym, »Die Zähmung der Dampfkraft« Holzstich 1884, Buchillustration aus Armand von Schweiger-Lerchenfeld,
»Das eiserne Jahrhundert«, Wien, Budapest, Leipzig, 1884. / Holzstich, o. A.
Abb. 6 + 7: Kapitel Infrastruktur & Re-Konstruktion / Für die sich ausformende
Konsumgesellschaft brachte Schöffer das neue kulturelle Verständnis der Konsumierbarkeit von Freizeit in Einklang mit der Forderung nach Liberalisierung
von Sexualität dieser Zeit. Dafür schlug er Zentren für sexuelle Freizeitgestaltung
vor. Bemerkenswerterweise ist die Form vom Hochhaus imaginierten Zentrums
nicht-phallisch sondern bezieht sich auf die Form der weiblichen Brust. / Nicolas
Schöffer (ca. 1969).
Abb. 8: Kapitel Effizienz & Wechselwirkung / Das Leben zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Villemard, 1910. Wissensvermittlung in der Schule der Zukunft. /Villemard (1910).
Abb. 9: Kapitel Organisation & Artefakt / Das Leben zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Villemard, 1910. Architekt baut Haus ohne die vielen Gewerke und Professionisten vermittels robotischer Fabrikationstechnologien. / Villemard (1910).
Abb. 10: Kapitel Prozess & System / Projekt Holzweg von R & Sie. FRAC Centre
Orléans Frankreich, Erweiterung des offenen Innenhofes mit Außenfassade. Mögliche Assemblage der Glasstäbe durch Industrieroboter. / Francois Roche (2006).
Abbildungen im Buch
Abb. 1: Robert-Houdins Patent Nr. 18171 für eine elektrische Uhr vom 20.1.1857 /
Jean CHAVIGNY Le Roman d’un artiste ROBERT-HOUDIN – Rénovateur de
la Magie Blanche Orléans, Imprimerie industrielle, 1969, S 163.
Abb. 2: Übermalte Fotografie des Hängemodels, Antoni Gaudí ca. 1908–1915 /
Antoni Gaudí / Public Domain.
Abb. 3: Cité de Refuge, Le Corbusier and Pierre Jeanneret, Paris, 1933 /
Isaiah J. King (2010).
259
Abb. 4: Maison de Verre, Fassade Aussen, Pierre Chareau / Kari Jormakka (2001).
Abb. 5: »Symbolic Representation« der Struktur von New Babylon, Collage
122 x 133 cm von Constant Nieuwenhuys / © VBK, Wien 2012
Abb. 6: Kongresspalast im Parc de la Boverie, Liège, 1961. Kybernetischer Turm
und »International Style« Fassade bei Tag, Medienfassade bei Nacht von Nicolas
Schöffer / Eleonore Schöffer.
Abb. 7: Supersurface »Du kannst sein, wo du willst ... Es ist kein Obdach erforderlich, weil die klimatischen Bedingungen und der Wärmehaushalt des Körpers so
verändert worden sind, ... das erwünschte Mikroklima ist sofort hergestellt ..., du
schaltest dich ins Informationsnetz ein.« / di Francia/Superstudio (1971).
Abb. 8: Ada ist ein Cyborg, ein »cybernetic organism«, allerdings nicht in Menschengestalt. Die Erbauer des invertierten Cyborg behaupten, ihr Raum weist Reaktionen auf, die menschlichen gleichen: Wachzustand, Langeweile, Schlaf. / Eng
(2002).
Abb. 9: Ground Zero Competition Proposal »Our e-buildings not only respond to
differing circumstances but actively propose new configurations. This architecture
would propagate both commercial and non-profit content, this e-motive architecture would at the same time embody beauty, local pride and global awareness.« /
Oosterhuis (2002).
Abb. 10: Haus »R128«: Lageplan mit Steg zum Hauseingang von Werner Sobek. /
Sobek (1998–1999).
Abb. 11: FRAC Centre Orléans Frankreich, Projekt Holzweg von R&Sie. Industriemontageroboter beim Assemblieren der Glasstäbe / R&sie (2006).
Abb. 12: Bei Play Megaphon werden Mobiltelefone als Fernsteuerung für öffentliche Screens eingesetzt. Die neuen Mediensysteme, fusioniert in unterschiedlichen
architektonischen Maßstäben, ordnen individuelle und kollektive Aufmerksamkeiten. Hier bildet eine Medienfassade die Repräsentation einer visuellen Metapher
für sozialen Wettbewerb ab / Hahn, Juri/MegaPhone Labs (2008).
260
Literaturliste
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FOSTER, Norman »im Interview über Richard Buckminster Fuller«
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Anmerkungen und Endnoten
1
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3
4
5
6
7
Robert-Houdin 1859, p. 44.
Ebd., p. 49.
Ebd., p. 54.
Adrion 1969
Geboren 1805 in Blois, gestorben 1871 in Saint-Gervais nahe Blois.
Metzner 1998 p. 261–262.
Festgehalten in: Robert-Houdin, Jean-Eugène 1851 – Album des soirées
fantastiques de Robert-Houdin au Palais-Royal, Guiraudet (Paris).
8 1709–1782
9 1752–1834
10 1805 wurde Jacquards Webstuhl erstmals vorgestellt.
11 1837, Réveil-Briquet (Alarm Clock-Lighter).
Zeitgenössische Charakterisierung von Robert-Houdin, siehe Manning,
William 1898 [1908]: «He was very anxious to be an early riser, but with
the best resolutions he wanted (like other well meaning people we might
mention) a good deal of awaking, and notwithstanding his loudest alarm, he
was prone to turn round on the other side and go to sleep again, especially in
dark weather. So this example of his own handiwork helped to cure him of
his weakness, by supplying him with a lighted match, and as the last tinklings of
the alarm were dying away, the match was staring him in the face, he lighted
his candle by it, got up, and went to his workshop or his study. You will
perceive that at the proper moment the match, which had been previously
placed in its receptacle horizontally, is rapidly drawn through two pieces of
rough glass-paper, is lighted by the friction, jumps up to the vertical position,
and insists upon being used for lighting the neighboring candle.«
12 Adrion 1969, p. 182 pp.
13 Adrion 1969, p. 186.
14 Siehe Robert-Houdin 1867
15 Siehe Manning, William 1898 [1908].
16 Le Corbusier (1995 [1922]) S. 179.
17 Robert-Houdin’s Memoiren erschienen 1859, Le Corbusiers »Vers une
architecture« 1921.
18 Selbstverständlich ist genau das Ignorieren, aber auch das Exaltieren und
Dramatisieren der Kardinaltugenden ein bedeutendes Mittel der Avantgarden
einer Zeit, nie aber der Masse der etablierten Architekturvorstellungen.
19 Deleuze/Guattari/Rösch 1992 [1980], S. 471.
20 Vgl. Banse 2010, S. 17: »Das Reden von den ›zwei Kulturen‹ ist in dieser
Hinsicht wohl symptomatisch (vgl. Snow 1967; vgl. dazu Kreuzer 1969;
Zimmerli 1990), … .«
21 Projektionszentrum
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44
45
46
47
48
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Borges 1981.
Borges 1981, S. 117.
Dalí 1973, S. 118.
Tomlow 1989, S. 205.
Kruft 1991, S. 323ff.
Frampton 1995, S. 225.
Konstruktive Neuerungen wie doppelte Strebebögen, bewusster Einsatz von
Auflast, steilere Gewölbe, um die Drucklinie möglichst senkrecht zu stellen.
Vgl. Kimpel/Suckale (1985), S. 30–32.
Straub 1992, S. 195.
Siehe Polonyi 1965.
Krücken sind auch von Beginn an für Dalís Werk charakteristisch. Zur
Etymologie von Krücke, Stütze und Kreuz im Kontext von Dalís Werk siehe
Epps 2007, S. 110.
Bergos 1954, S. 87.
Bergos 1954, S. 87.
Tomlow 1989, S. 136.
Tomlow 1989, S. 255.
Martinell 1975, S. 128.
Die Basis der meisten Berechnungssysteme zur Simulation von
Flächenstrukturen sind Gleichgewichtssysteme. Dabei wird die Struktur
diskretisiert, um ein Finite-Elemente-Netz zu bilden, in dem die Fixpunkte
genau, die Flächenpunkte in Annäherungen angegeben werden können.
Durch Ansetzen der inneren und äußeren Kräfte an den Knoten des Modells
werden die Verschiebungen der Knoten aus dem Gleichgewichtszustand
bestimmt. Aus einem solchen Modell können die Kräfte in den einzelnen
Teilen der Struktur unter Vorspannung wie unter äußerer Belastung errechnet
werden. Zur Finite-Elemente- im Vergleich zur Kraftdichtemethode vgl.
Moncrieff Gründig, Formfinding of Textile Structures (TU-Berlin, Institut
für Photogrammetrie, 1999) S. 2 f.
Dalí 1973, S. 117.
Ebd.
Jencks 2000, S. 159.
Banham 1984 [1969], S. 154.
Banham 1984 [1969], S. 155.
Banham 1984 [1969], S. 159.
Ebd.
Banham 1984 [1969], S. 160.
Ebd.
Banham 1984 [1969], S. 158.
Ebd.
Vellay, 1984, S. 242.
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Ebd.
Banham 1984 [1969], S. 168.
Ebd.
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»Das, was aus Bestandteilen so zusammengesetzt ist, dass es ein einheitliches
Ganzes bildet, ist nicht nach Art eines Haufens, sondern wie eine Silbe, das
ist offenbar mehr als bloß die Summe seiner Bestandteile. Eine Silbe ist nicht
die Summe ihrer Laute: ba ist nicht dasselbe wie b plus a, und Fleisch ist
nicht dasselbe wie Feuer plus Erde.« Verkürztes Zitat aus Metaphysik VII 10,
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Buchlohs Interview, 2001.
Wigley 1998, S. 4.
Constant, Nieuwenhuis: New Babylon: Outline of a Culture, unpublished
manuscript 1960-5 (The Hague: Haags Gemeentemuseum, 1974), in: Wigley
1998, S. 159.
Ebd., S. 160.
Ebd., S. 162.
Ebd., S. 165.
Ebd.
Jormakka 1998.
Constant, Nieuwenhuis, New Babylon: Outline of a Culture, unpublished
Manuskript 1960-5. (The Hague: Haags Gemeentemuseum, 1974) in: Wigley
1998, S. 165.
Ebd.
Einfluss auf die Studentenbewegung der 1960er-Jahre
u. a. durch: Marcuse,
Herbert (1968): Das Ende der Utopie, in: ders: Psychoanalyse und Politik.
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100
101
Frankfurt am Main: Europäische Verlagsanstalt (6. Aufl. 1980), umfasst
vier Vorträge: Trieblehre und Freiheit. Die Idee des Fortschritts im Licht der
Psychoanalysee (beide 1956), Das Problem der Gewalt in der Opposition. Das Ende
der Utopiee (beide 1967).
Wiener, Norbert (1949): Cybernetics: Control and Communication in the
Animal and the Machine. New York [u.a.]: Technology Pr. [u.a.].
Schöffer 1970, S. 7.
Schöffer 1970, S. 8.
Schöffer 1970, S. 70 ff.
Schöffer 1970, S. 81.
Schöffer 1970, S. 82.
Schöffer 1970, S. 92.
Schöffer 1970, S. 91f.
Schöffer 1963, S. 107.
Schöffer 1963, S. 107.
Schöffer 1963, S. 178.
Schöffer 1963, S. 131.
Schöffer 1970, S. 111.
Kapitel in: Schöffer 1970.
Schöffer 1970, S. 103.
Francia, Cristiano Toraldo di: »Leben (oder die öffentliche Meinung über die
wirklich moderne Architektur). Oberfläche (Ein Alternativmodell für das
Leben auf der Erde)«, Ausstellung: »The New Domestic Landscape« (New
York, 1972), in: Global Tools; Design im Zeitalter der Intensivstation, Katalog
zur Ausstellung im Künstlerhaus 2001, hrsg. von der Gesellschaft bildender
Künstler Österreich.
Congrès International d’Architecture Moderne, Reihe von Kongressen 1928–
59 und assoziierte Gruppe von Architekten als Promotor der Architektur der
klassischen Moderne. Besondere Bedeutung erlangten die städtebaulichen
Ansätze für eine nach Funktionen organisierte Stadt.
Toraldo di Francia 2001 [1972], S. 103.
Ebd.
»Discorsi per immagini«, in Domus 481, 1968, S. 44–45
»Counterdesign as Postulation«, in: Italy: The New Domestic Landscape, The
Museum of Modern Art New York, 1972, p. 223.
Mathews 2007, S. 136.
Mathews 2007, S. 73.
Price 2003, S. 25ff. Für eine detaillierte Diskussion siehe: Cedric Price:
opera, ed. by Samantha Hardingham. [Essays by Simon Allford ...], Wiley,
Chichester 2003.
Lobsinger 2000, S. 24.
275
102 Price 2003, S. 25ff. Für eine detaillierte Diskussion siehe: Cedric Price: opera,
2003.
103 Siehe dazu die architekturhistorische Aufarbeitung der Epoche der
Kybernetik: Vrachliotis, Georg (2011): Geregelte Verhältnisse. Architektur und
technisches Denken in der Epoche der Kybernetik, Springer-Verlag, Wien.
104 Furtado, Gonçalo M. (2008), pp. 55–72.
105 RIBA Journal, 6.1980, p. 63.
106 http://ada.ini.uzh.ch/general/data/download/1/Kapitel_2c.pdf [11.4.2012, 15:13]
1077 Kelly 2003.
108 Oosterhuis 2002, p. 64.
109 Oosterhuis 2002, p. 2.
110 Oosterhuis 2002, p. 38.
111 Oosterhuis 2002, S. 29.
112 Blaser/Heinlein 2002, S. 36.
113 Ebd.
114 Ebd.
115 Aristoteles, Ernst Kapp.
116 Projekt »Firefly« des MIT SENSEable City Lab: http://senseable.mit.edu/
flyfire (3.2.2011).
1177 «Wearable computers are computers that are worn on the body. This type of
wearable technology has been used in behavioral modeling, health monitoring
systems.« Siehe http://en.wikipedia.org/wiki/Wearablecomputer (3.2.2011).
118 Jens Geelhaar in einem Vortrag bei der »Media Architecture Conference
2010«, 8.10.2010.
119 »augmentiert« (dt. Ableitung vom englischen augmented: angereichert,
vermehrt. Wie in »Augmented Reality« Überlagerung der so genannten
virtuellen und physischen Realitäten.)
120 Foucault 1994 [1973], S. 108.
121 Foucault 1994 [1973], S. 29.
122 Siehe auch: Schürer, Oliver in: Secession Wien (Hg.) ‚Secession; Trespassing
(1+2), Konturen räumlichen Handelns’, Secession Wien 13.9.-3.11.02.
Schürer, Oliver; Brandner, Gordana (Hg.): Architektur : Consulting;
Kompetenzen, Symbiosen, Schnittstellen, Birkhäuser, 2004.
Schürer, Oliver: ›Spezifische Modi von Pop Personen‹; Prolog zum Katalog
der Ausstellung ›Frische Fische‹beim Steirischen Herbst 2002.
123 »Die Kapitalintensität gibt in der Volkswirtschaftslehre Auskunft darüber,
wie viel Anlagevermögen pro Arbeitseinheit in einem Unternehmen
erforderlich ist.« http://www.finanz-lexikon.de/kapitalintensitaet_3074.html
[28.10.2011].
124 Siehe Schürer, Oliver; Gollner Helmut (Hg) »Berufsfeld Architektur 1.0;
Bestandsaufnahme und Zeitdiagnose« LIT Verlag Wien, Münster, 2008.
Schürer, Oliver: Berufsfeld Architektur 2.0. Interviewserie als Videopodcast
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149
veröffentlicht, Portal zum Abonnement http://www.a-theory.tuwien.ac.at/
Projekte/Berufsfeld. Zwei Staffeln 2011 + 2012.
Institute of Architecture, Studio Zaha Hadid, Patrik Schumacher, Zaha M.
Hadid (Eds.) Total Fluidity; Studio Zaha Hadid, Springer-Verlag, Wien, 2011.
Castells (6.5.2012)
Castells 2009 [2000], gesamtes Kapitel 6.
Robert E. Lane, amerikanischer Soziologe, verwendet 1966 »knowledgeable
societies« http://de.wikipedia.org/wiki/Wissensgesellschaft.
Siehe Capurro, Rafael; Hjoerland Birger (2003): The concept of information,
in: Annual Review, Information Science and Technology 37, Capurro 1978.
Hartmann 2008, S. 45–49, 85.
global brain, Haraway’s Evolution der Wahrnehmungssysteme.
Brockhaus multimedial 2009
Wie etwa CAAD, Scripting, Digital Fabrication, Digital Optimization, Life
Cycle Analysis.
Wie Medienfassaden oder Gebäudeautomation und ähnliche
Wie ambient intelligence, context aware, proactive, situated, internet of
things, things that think und Tangible Media (MIT Hiroshi Ishii), smarte/
intelligente architecture objects facades buildings environments cities,
Reflexive Architecture; (AD architectural design Neil Spiller), kinetic and
reactive architecture, adaptive architecture, sentient architecture or city (Mark
Shepard) und Medienarchitektur.
Bundesministerium für Umwelt der BRD siehe z.B. http://www.boell.de/
downloads/oekologie/broschuere_dritte_industr_rev.pdf [17.5.2011]
Mumford (1977 [1967/70]), S. 548.
Fohler 2003, S. 276.
Rosa 2007 S. 227f.
Latour 2003, S. 182.
Fohler 2003, S. 261.
Tenner 1996, S. 15f.
Tenner 1996, S. 16.
E|mer|genz <lat.-mlat.(-engl.)> die; -, -en: 1. (ohne Plural) Begriff
der neueren engl. Philosophie, wonach höhere Seinsstufen durch neu
auftauchende Qualitäten aus niederen entstehen. 2. Auswuchs einer
Pflanze, an dessen Aufbau nicht nur die Epidermis, sondern auch tiefer
liegende Gewebe beteiligt sind (z.B. Stachel der Rose). (c) Dudenverlag,
Fremdwörterbuch neu
Heintz 1993, S. 246.
Tenner 1996, S. 7.
Tenner 1996, S. 277.
Tenner 1996, S. 10.
Banham 1984 [1969], S. 28.
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188
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278
Bijker 1995.
Bijker 1995.
Good-Roads-Bewegung USA zwischen 1870 und 1920.
Samjatin,1920 S. 22
Ruskin
Rybczynski 1986, p. 232.
Reed 1996, p. 15.
Handbuch der Psychologie, Digitale Bibliothek 37, 2001.
Reed 1996, p. 15.
Rybczynski 1986, p. 224.
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Rybczynski 1986, p. 223.
Reed 1996, p. 7.
Rybczynski 1986, p. 51.
Rybczynski 1986, p. 232.
Rybczynski 1986, p. 231.
Ebd.
Giedion 1969, p. 260.
Samjatin,1920 S. 89
Fuller 1973, S. 59.
Banham 1960, S. 11.
Mill, John Stuart: 1869 [1861/1859].
Banham 1984 [1969], S. 162.
Fohler 2003, S. 275.
Banham 1984 [1969], S. 183.
Banham 1984 [1969], S. 155.
Le Corbusier (1995 [1922]), interessanterweise im Kapitel Flugzeuge.
Jencks 2000, S. 158.
Jencks 2000, S. 159.
Klee 1996.
Wiener 1969, S. 127.
Marinetti (1909 [1966]), S. 23–29.
Buxton 1994, S. 1–12.
Ebd.
Ebd.
John McHale, zitiert nach Wigley 1999.
Wigley 1999, p. 161.
Wigley 1999, p. 169.
Wigley 1999, p. 163.
Wigley 1999, p. 165.
John McHale zitiert W. LaBarres »The Human Animal« (1954), zitiert nach
Wigley 1999.
191
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218
219
John McHale verweist auf J.C.R. Licklider, in: Wigley 1999.
Wigley 1999, p. 165.
Wigley 1999, p. 161.
Ebd.
Wigley 1999, p. 181.
Wigley 1999, p. 173.
Ebd.
McHale, John (1957) »technology in the home«, zitiert nach Wigley 1999.
Wigley 1999, p. 183.
Wigley 1999, p. 169.
Wigley 1999, p. 175.
Wigley 1999, p. 183.
Fuller 2000 [1969], p. 200.
Wigley 1999.
Wigley 1999, p. 165.
Wigley 1999, p. 159.
Wigley 1999, p. 189.
Lem 1971 [1969]. S. 271
Haraway 1991, p. 149.
Ebd.
Ebd.
Haraway 1991, p. 180.
Haraway 1991, p. 177.
Haraway 1991, p. 181.
Haraway 1991, p. 154.
Haraway 1991, p. 179.
Bill 1959.
427–347 v. Chr.
296
Platon, Phaidros, 274d–275b, in: Platon: Sämtliche Werke, Hrsg. Lambert
Schneider, Berlin 1940, in: DIGITALE BIBLIOTHEK, Band 2, S. 475.
Phaidros, entstanden etwa in der 2. Hälfte der 60er- oder in den 50erJahren des 4. Jahrhunderts v. Chr. Erstdruck (in lateinischer Übersetzung
durch Marsilio Ficino) in: Opere, Florenz o. J. (ca. 1482/84). Erstdruck des
griechischen Originals in: Hapanta ta tou Platônos, herausgegeben von M.
Musoros, Venedig1513. Erste deutsche Übersetzung durch Johann Friedrich
Kleuker in: Werke, 3. Band, Lemgo 1783. Der Text folgt der Übersetzung
durch L. Georgii von 1853.(aus: DIGITALE BIBLIOTHEK, Band 2).
220 Platon, Phaidros, 274d–275b, in: Platon: Sämtliche Werke, Hrsg. Lambert
Schneider, Berlin 1940, in: DIGITALE BIBLIOTHEK, Band 2, S. 475.
221 Mnemotechnik: [griechisch], früher Mnemonik, »Gedächtniskunst«, die
Unterstützung und Erleichterung des Gedächtnisses durch Bildung fester
279
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234
280
Assoziationen, z. B. beim Erlernen von Regeln, Vokabeln oder Daten durch
Bilder, Verse u. a., http://www.wissen.de.
Derrida 1981, p. 63–171.
Platon, Phaidros, 274e, in: Platon: Sämtliche Werke, hrsg. von Lambert
Schneider, Berlin 1940, in: DIGITALE BIBLIOTHEK, Band 2, S. 475.
Um nur ein Beispiel mit dem griechischen Sophisten Alkidamas von Elea zu
geben: «I actually consider that it is incorrect to describe written speeches as
speeches at all; they are, instead, like shadows and sketches and imitations of
speeches, and we might reasonably view them in the same light as busts of
bronze or statues of stone or paintings of living things. … even as real bodies,
while perhaps enjoying a much lower degree of beauty than fine statues, yet
prove many times more useful in the vicissitudes of life, so a speech which is
delivered straight from the heart in the heat of the moment is inspired with
soul and lives, and is able to adjust to circumstances, and is analogous to real
bodies, while the written one, since it has a nature which is like the mere
image of a speech, proves itself devoid of all effectiveness.«
Alcidamas of Elea, in: The Greek Sophists, translated and with an Introduction
by John Dillon and Tania Gergel, Penguin Harmondsworth 2003, S. 300 f.
Derrida 1973, p. 156.
McLuhans Bibliografie dieser Jahre: 1960 Report on Project in
Understanding New Media. New York: National Association of Educational
Broadcasters, Office of Education, U.S. Department of Health, Education
and Welfare. 1962 The Gutenberg Galaxy; The Making of Typographic Man.
University of Toronto Press. 1964 Understanding Media: The Extensions
of Man. McGraw-Hill, Critical edition published by Gingko Press in 2003.
1967 The Medium is the Message. By Marshall McLuhan and Quentin Fiore,
Co-ordinated by Jerome Agel. Bantam Books / Random House. Published
by Gingko Press in 2000. 1968 The Medium is the Message; with Marshall
McLuhan. Long-Playing Record. Produced by John Simon. Conceived and
co-ordinated by Jerome Agel. Written by Marshall McLuhan, Quentin Fiore,
and Jerome Agel. Columbia CS 9501, CL2701.
McLuhan 1962 (dt. Übersetzung Die Gutenberg-Galaxis; das Ende des
Buchzeitalters, Econ-Verl., Düsseldorf; Wien 1968).
McLuhan 1968.
Phaidros gehört zu den platonischen Dialogen, Dialog zwischen Sokrates
und Phaidros, entstanden ca. 370 v. Chr.
Sokol 2008. Interview auf beiliegender DVD.
McLuhan, Marshall, in: McLuhan/Zingrone 1997, S. 285.
Die Gutenberg Galaxis, a.a.O., S. 28.
McLuhan 1968, S. 174.
Einer von McLuhans berühmtesten Slogans »The medium is the message«
stammt aus Die magischen Kanäle, Understanding Media, er detailliert weiter:
235
236
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251
252
»Die ›Botschaft‹ jedes Mediums oder jeder Technik ist die Veränderung des
Maßstabs, Tempos oder Schemas, die es der Situation des Menschen bringt.«
McLuhan 1968, S. 14.
McLuhan 1984, S. 26.
McLuhan 1968, S. 99.
McLuhan 1984, S. 31.
McLuhan 1968, S. 54.
Mumford 1977, S. 323.
Das Kapital, erster Band, erschien 1867.
Marx 1894, S. 391–440.
Giedion 1982, S. 257–263.
Bechstein/Hesse 1974, S. 17.
Giedion (1982 [1948]) p. 54.
Giedion (1982 [1948]) p. 52.
Ebd.
Fey, Peter (2009).
Aristoteles, Nikomachische Ethik 1168a7, in: Aristoteles, Nikomachische Ethik,
ins Deutsche übertragen von Adolf Lasson, Jena: Eugen Diederichs, 1909, in:
Sämtliche Werke, hrsg. von Lambert Schneider, Berlin 1940, in: DIGITALE
BIBLIOTHEK , Band 2, Philosophie von Platon bis Nietzsche, ausgewählt
und eingeleitet von Frank-Peter Hansen, Directmedia, Berlin 1998. »Die
»Nikomachische Ethik« entstand vermutlich im letzten Lebensabschnitt
von Aristoteles, also in den Jahren vor 322 v. Chr. Erstdruck in lateinischer
Übersetzung: Straßburg (vor 10.4.1496). Erstdruck des griechischen
Originals: Venedig 1498. Erste vollständige deutsche Übersetzung durch
Daniel Jenisch, Danzig 1791.
Aristoteles, Politik, Buch 1. Über die Hausverwaltung und die Herrschaft
des Herrn über Sklaven, übersetzt und erläutert von Eckart Schütrumpf; in:
Aristoteles, Werke in deutscher Übersetzung, Begr. von Ernst Grumach. Hrsg.
von Hellmut Flashar, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1991,
Band 9, S. 15.
Vgl. Clark 1975, S. 62.
Aristoteles, Werke in deutscher Übersetzung, begr. von Ernst Grumach. Hrsg.
von Hellmut Flashar, Wiss. Buchges., Darmstadt, Lizenzausg. d. Akad.-Verl.,
Berlin, Bd. 7. Eudemische Ethik, übers. von Franz Dirlmeier, 1962, 7.1242a.
Aristoteles, Nikomachische Ethik 1161a-, in: Aristoteles, Nikomachische Ethik,
ins Deutsche übertragen von Adolf Lasson, Jena: Eugen Diederichs, 1909, in:
Sämtliche Werke, hrsg. von Lambert Schneider, Berlin 1940, in: DIGITALE
BIBLIOTHEK , Band 2, Philosophie von Platon bis Nietzsche, ausgewählt
und eingeleitet von Frank-Peter Hansen, Directmedia, Berlin 1998.
281
253 Aristoteles, Werke in deutscher Übersetzung, begr. von Ernst Grumach, hrsg.
von Hellmut Flashar, Wiss. Buchges., Darmstadt, Lizenzausg. d. Akad.-Verl.,
Berlin, Bd. 7. Eudemische Ethik, übers. von Franz Dirlmeier, 1962, 7.1242a.
254 Aristoteles, Politik 1253b, Buch 1. Über die Hausverwaltung und die
Herrschaft des Herrn über Sklaven, übersetzt und erläutert von Eckart
Schütrumpf; in: Aristoteles, Werke in deutscher Übersetzung, begr. von Ernst
Grumach, hrsg. von Hellmut Flashar, Wissenschaftliche Buchgesellschaft,
Darmstadt 1991, Band 9, S. 15.
255 Ebd.
256 Siehe »Automat«, in: Kluge, Friedrich: Etymologisches Wörterbuch der
deutschen Sprache, Berlin, New York: DeGruyter: Automat, Substantiv
Maskulinum, erweiterter Standardwortschatz fach. (16. Jh.) Entlehnung.
Entlehnt aus l. automatus, automatos Adj. »aus eigenem Antrieb handelnd,
freiwillig«, n. »Maschine, die sich selbst bewegt«, zu gr. autómatos »aus
eigenem Antrieb, von selbst geschehend«, zu gr. autós »selbst« (auto-) und
dem selbständig nicht auftretenden Partizip der Wurzel ig. *men- »denken,
wollen« (*mn-to-), vgl. gr. mémona »im Sinn haben, gedenken, streben«, gr.
ménos »Geist, Kraft, Drang«. Adjektiv: automatisch; Verb: automatisieren.
Ebenso nndl. automaat, ne. automat(ic machine), nfrz. automate, nschw.
automat, nnorw. automat. Zur lateinischen Verwandtschaft s. mental und
monieren; zur germanischen mahnen; Amnestie, Manie, Mentor. DF 2 (1996),
567–588; HWPh 1 (1971), 695–697; Diels (1920), 57–70 (zur Sachgeschichte).
2577 Mumford 1977, S. 535.
258 309–246 v. Chr.
259 384–322 v. Chr.
260 Russo 2005, S. 155, 160.
261 285–222 v. Chr.
262 Vitruv: De architectura libri IX, in: Russo 2005, S. 151.
263 Lebensdaten nur ungenau bekannt, etwa 1.–2. Jh. n. Chr.
264 3.1.106 – 7.12. 43 v. Chr.
265 Marx 1894, S. 391– 440.
266 Ebd. Marx zitiert die »... Stolbergsche Übersetzung des Gedichts, weil es
ganz so wie die früheren Zitate über Teilung der Arbeit den Gegensatz der
antiken Anschauung zur modernen charakterisiert. (»Gedichte aus dem
Griechischen übersetzt von Christian Graf zu Stolberg«, Hamburg 1782.)«
Gedicht siehe Kapitelbeginn
2677 Gegründet von König Mithridates I. Ktistes 302–266 v. Chr.
268 Lewis 1997.
269 64 v. Chr. – 24 n. Chr.
270 König Mithridates IV 120–63 v. Chr.
271 Marx 1894, S. 391–440.
272 Mumford 1977, S. 308.
282
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292
293
294
295
296
Ebd.
Mumford 1977, S. 303.
Mumford 1977, S. 309.
Mumford 1977, S. 311.
Mumford 1977, S. 313.
Freud 1953 [1930], S. 87.
Mumford 1977, S. 555.
Butler 1992 [1877].
»Lamarckismus: von J.-B. de Lamarck begründete und bewusst nur auf
Tiere und Pflanzen beschränkte Lehrmeinung über die Verwandtschaft
und Abstammung der Lebewesen. Der Lamarckismus behauptete, dass die
Abänderung von Gestalt und Funktion der Organe eines Lebewesens in
erster Linie durch die Umwelteinflüsse bedingt sei; diese durch die Umwelt
bewirkten Änderungen sollten erblich sein. Neue Anlagen und Organe
könnten entstehen, wenn das »Bedürfnis« des Lebewesens dieses erfordere
(z. B. Flügel eines Vogels als »Bedürfnis«, sich an das Luftleben anzupassen).
Abänderungen von Organen könnten durch Gebrauch oder Nichtgebrauch
erblich werden. Der zu Beginn des 20. Jahrhunderts (und auch heute noch)
blühende Neolamarckismus betonte besonders die Vererbung der durch
Umwelteinflüsse bewirkten Änderungen (Modifikationen) und wurde
vielfach auch von politischen Richtungen für ihre Propaganda benutzt. In
keinem Fall ist aber bis heute die echte Vererbung erworbener Eigenschaften
erwiesen, wenn auch Dauermodifikationen über mehrere Generationen
hinweg wirksam sind. Diese angenommene Vererbung erworbener
Eigenschaften benutzte Lamarck als Erklärung für die Umwandlung
der nicht konstanten Arten. Im Gegensatz zum Lamarckismus steht der
Darwinismus.«, www.wissen.de (6.5.2012)
Kapp 1877, S. 139.
Kapp 1877, S. 140.
Kapp 1877, S. 141.
Kapp 1877, S. 135.
Kapp 1877, S. 154.
Kapp 1877, S. 17.
Ebd.
Kapp 1877, S. 22.
Kapp 1877, S. 24ff.
Kapp 1877, S. 38.
Fohler 2003, S. 37.
Fohler 2003, S. 46.
Cues 1995 [1450].
Fohler 2003, S. 47.
Dessauer 1927, S. 10.
283
297
298
299
300
301
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322
323
324
325
326
284
Kapp 1877, S. 188.
Kapp 1877, S. 26.
Kapp 1877, S. 165.
Fohler 2003, S. 38.
Freud 1950 [1895], S. 383.
Freud 1950 [1895] S. 376.
Freud 1950 [1895] S. 383.
Die »Encyclopedia Britannica« nennt Freud einen »Austrian neurologist,
founder of psychoanalysis. ... His creation of psychoanalysis was at once a
theory of the human psyche, a therapy for the relief of its ills, and an optic
for the interpretation of culture and society. Despite repeated criticisms,
attempted refutations, and qualifications of Freud’s work, its spell remained
powerful well after his death ...« Encyclopedia Britannica, Ultimate Reference
Suit, 2004 (DVD).
Freud (1950 [1895] S. 383.
Freud 1950 [1895], S. 377.
Freud 1950 [1895], S. 375f.
Vgl. Sulloway, Frank J. (1979): Freud. Biologist of the Mind,
d New York: Basic
Books, S. 113–131. Freud’s early training was in biology, and one of his earliest
papers was on the ambiguous sexual organs of the eel.
Freud 1950 [1895], S. 384.
Freud 1950 [1895], S. 385.
Ebd.
Ebd.
Wie etwa Exner und Burgeri; siehe Borck 2002, S. 261–271.
Borck 2002, S. 261–271.
Schleich 1916, S. 17ff.
Freud 1950 [1895] S. 379.
Freud 1950 [1895] S. 385.
Freud 1948 [1925], S. 366.
Freud 1948 [1925], S. 365.
Freud 1948 [1925], S. 366.
Ebd.
Borck 2002, S. 261–71.
Freud 1948 [1925], S. 369.
Sulloway, Frank J. (1979): Freud. Biologist of the Mind,
d New York: Basic Books,
S. 113–131, hier S. 118.
Marinetti, Filippo Tommaso (1966 [1909]): Manifest des Futurismus
(erschienen in: Le Figaro, Paris, 20. Februar 1909), übersetzt von Christa
Baumgarth, in: Baumgarth, Christa: Geschichte des Futurismus, , Reinbek bei
Hamburg, Rowohlt, S. 23–29.
Olinde 1989, S. 15.
327
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329
330
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348
349
350
351
352
Marinetti, Filippo Tommaso (1966 [1909]).
Verne 1889, S. 139f.
Verne 1889, S. 147.
Freud 1948 [1925], S. 366.
Freud 1972, S. 84.
Freud 1972, S. 128.
Freud 1972 [1930], S. 87.
Freud 1972 [1930], S. 8.
Freud 1972 [1930], S. 82.
Freud 1972 [1930], S. 87.
Worringer (1907 [1976/1987]).
Jencks (2000).
Le Corbusier (1995 [1922]), interessanterweise im Kapitel Flugzeuge.
Vellay/Frampton 1984.
Fuller 2000 [1969], S. 200.
Zur Poesie der mechanischen Bewegungen siehe Ralph Steiners Film
»Mechanical Principles« von 1930.
Mumford 1991.
5.11.1955 auf Basis Umfrage einer in Detroit, s. Pollock 1955, S. 481.
Wiener 1949, p. 283.
Pollock (1955) Kybernetik und Automation hatten unterschiedliche
Entwicklungen. Erst die in Entstehung befindliche Entwicklung
von Rechenmaschinen führte die beiden Entwicklunsstränge bei
Problemlösungen zusammen.
Rieger 2002.
Als Nikolaus von Oresme im 14. Jahrhundert in seinem »Traktat über den
Himmel« die Bewegung der Himmelskörper diskutiert, dient ihm der
Vergleich mit einer Uhr als Argument für die Harmonie des Universums.
»Denn«, so sagt Oresme, »wenn jemand vorhätte, eine mechanische Uhr zu bauen,
würde er dann nicht alle Räder so harmonisch wie möglich bewegen?« [http://
www.phil.uni-sb.de/projekte/HBKS/TightRope/issue.3/text/kather4.html;
10/26/09]
Der Ausdruck »machina mundi«, »Weltmaschine«, taucht zum ersten Mal
etwa einhundert Jahre vor Christus bei Lukrez auf. [http://www.phil.uni-sb.
de/projekte/HBKS/TightRope/issue.3/text/kather4.html; 10/26/09]
Rossi 1997.
Duden Fremdwörterbuch (c) Dudenverlag
In einer Rezension (1853) vom ersten Teil von Raynaud, Léonce (1850): Traité
d’architecture, Art de bâtir : étude sur les matériaux. Paris: Dalmont et
Dunod.
285
353 1813–1874, französischer Architekt und Ko-Herausgeber des
Architekturmagazins Encyclopédie d‹architecture, das monatlich zwischen
1851 und 1892 erschien.
354 Raynaud 1850, p. 448.
355 Lance (1853 [1850)], pp. 62–69.
356 Tafuri 1987, p. 206.
3577 Deterministische Automaten, im Gegensatz zu nicht-deterministischen
Automaten. Bei deterministischen Automaten ist jeder Ergebniszustand
immer durch den momentanen Zustand und die verändernde Eingabe
determiniert. Nicht-deterministische Automaten haben Freiheitsgrade,
um willkürlich bestimmte Ergebniszustände zuzulassen. Etwa in der
Modellierung von noch teilweise unbekanntem Verhalten eines zu
modellierenden Systems.
286
Oliver Schürer
Senior Scientist, Dr.techn, Dipl.-Ing.
Fachbereich Architekturtheorie, Institut für Architekturwissenschaften,
Technische Universität Wien
Wien, Österreich
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