„Schön, fromm, reich…“

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„Schön, fromm, reich…“
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„Schön, fromm, reich…“
IMpuls XXIX – 08.05.11 – Pastor Frank Mader
Guten Morgen zusammen! – Ist es Euch aufgefallen? Ich habe mich schön für euch
gemacht. Ich stand heute Morgen extra unter der Dusche. Ich habe mich ordentlich rasiert.
Dazu kommt: In meinem Urlaub in der letzten Woche habe ich versucht meine Liege immer
schön günstig in die Sonne zu stellen. Ich möchte eben, dass ihr alle mich schön findet.
Hoffe, dass all das nicht vergeblich gewesen ist.
Ja, das mit der Schönheit ist so eine Sache. Nehmen wir die Kleidung: Früher war das noch
anders, gerade am Sonntag. Da gab es noch die sogenannte Sonntagshose. Den Jüngeren
unter Euch muss ich das erklären: Die Sonntagshose wurde nur sonntags angezogen. Also
nicht am Montag. Nur sonntags. Ich bin mit der Sonntagshose groß geworden. Das hatte
damals auch seinen guten Grund. Die Sonntagshose musste geschont werden. Hosen waren
in jener Zeit noch kostbarer. Heute sind diese guten Sitten von damals völlig verroht (grins).
Spaß beiseite.
Ich möchte mit euch in den nächsten 25 Minuten über die „Schönheit“ nachdenken. Und mit
„Schönheit“ meine ich unsere menschliche Schönheit: Meine Schönheit und Eure Schönheit.
Es könnte sein, dass manche von euch bei diesem Thema jetzt gleich abwinken. Der Grund
liegt darin, weil sie sich selbst nicht für schön halten. Oder sie sagen: Früher war ich mal
schön. Heute ist davon nichts mehr zu sehen. Ich hoffe, ich kann euch trotzdem alle für
dieses Thema gewinnen.
Nun, in der Kirche über das Thema „Schönheit“ zu sprechen ist ungewöhnlich. Viele von uns
würden das bei Heidi Klums „Germanys next Topmodel“ besser aufgehoben wissen als in
der Kirche. Ganz ehrlich: Ich möchte dieses Thema nicht Heidi Klum und den drei Millionen
Zuschauern überlassen, die jede dieser Folgen ansehen. Kirche, Glaube an Gott in heutiger
Zeit, darf und braucht an diesem Thema nicht verschämt vorbeizugehen. Hättet ihr eben mal
gedacht solche Sätze in der Bibel zu finden, wie: „Anmut und Schönheit sieht das Auge
gern…“ (Sirach 40,22), oder: „Eine schöne Frau erfreut den Mann…“ (Sir.36, 24). Wundern
wir uns ruhig, wie zugewandt die Bibel und der Glaube solchen Themen gegenüber sind. Mir
liegt daran euch das zu sagen: Der Glaube an Gott ist zum Thema „Schönheit“ nicht
sprachlos. Ich finde er hat Wichtiges dazu zu sagen.
Beginnen wir: Aus drei Perspektiven will ich mit euch auf die Schönheit schauen.1
1. „Den Schönen gibt´s der Herr im Schlaf“ - Schönheit ist real.
2. „Erlöse uns von der Schönheit“ - Schönheit ist ein Wahn.
3. „Bei mir bist du schön“ - Schönheit in Beziehung.
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Gliederung übernommen aus einer Predigt von C. Stach; www.muenstergemeinde.de
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1. Den Schönen gibt´s der Herr im Schlaf - Schönheit ist real.
Das Wort schön kommt von dem Wort „schauen“. Das heißt: Das, was geschaut wird, was
gerne angesehen wird, das ist schön. Wenn das so ist, dann muss man zugeben: Die
Schönheit ist nicht ganz gerecht verteilt. So als habe Gott den einen eindeutig mehr davon
mitgegeben und anderen eindeutig weniger. Die einen sind dann die schönen Glückspilze,
und die andern müssen irgendwie damit klar kommen. Die Musik-Band der Toten Hosen
sang vor einigen Jahren:
„Manche Menschen sind so schön, da bleibt einem das Herz fast stehn.
Man staunt und denkt: "Verdammt noch Mal, so was von schön ist nicht normal."
Schönheit ist real. Man kann das nicht wegreden. Alle Versuche, Schönheit wegzureden oder
klein zu reden, müssen scheitern. Es änderst nichts dran: Schönheit springt sofort ins Auge.
Schönheit sieht das Auge gern. Es gibt Attraktivitätsforscher, die mehr über die Bedeutung
von Schönheit herausfinden wollen. Von diesem interessanten Versuch auf dem Detroiter
Flughafen haben wir vorhin gehört (vgl. Expertengespräch)
Ihr müsst euch das vorstellen: Da liegt eine Bewerbungsmappe für ein College herum.
Darauf ein Notizzettel: „Lieber Papa, ich wünsche dir einen guten Flug. Bitte denk dran,
bevor du fliegst, noch meine Bewerbung im Postamt aufzugeben. Deine Linda“. Zufällig liegt
auch ein adressierter Umschlag ans College dabei. Jemand findet es und muss entscheiden:
wegwerfen, einfach liegen lassen oder noch schnell zum Postamt bringen, dann also die
Sache von dieser Linda unterstützen. 502 solcher Bewerbungsmappen liegen in den
kommenden Tagen auf dem Flughafen, immer gleich, die College-Adresse ist erfunden und
führt zu den Forschern dieses Versuches. Aber: Das Foto auf der Bewerbung ist immer
verschieden, 502 Fotos, mit mehr oder weniger schönen Gesichtern.
Was die Forscher ahnten, bestätigte sich: Je schöner die junge Frau auf dem Foto, desto
höher die Bereitschaft der Finder, noch schnell zur Post zu gehen und den Brief abzugeben.
Je schöner, desto höher die Unterstützung, das Engagement der anderen.
Den Schönen scheint es der Herr im Schlaf zu geben. Ob die ihm schon einmal dafür
gedankt haben? – Es ist ungleich verteilt: Schöne haben heute nachweislich mehr
Erfolgsaussichten, haben die höheren Gehälter, haben mehr Auswahl bei Berufen und
übrigens auch bei Partnern. Man glaubt ihnen mehr, man vertraut ihnen mehr, zumindest auf
den ersten Blick. Politiker nutzen das für Ihre Zwecke, indem sie verstärkt auf ihr Äußeres
achten. Der erste Politiker, der eine Wahl nachweislich aufgrund seines Aussehens gewann,
war John F. Kennedy. Nach Schätzungen hat Kennedy allein durch seinen Auftritt im ersten
TV-Duell der Geschichte, als er am 26. September 1960 in Chicago gegen den Amtsinhaber
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Richard Nixon antrat, zwei Millionen Wähler gewonnen. Die Wahl ging am Ende mit einer
hauchdünnen Mehrheit an Kennedy. Bezeichnenderweise waren die Zuhörer, die das
Rededuell nur im Radio verfolgten, eher von Nixon angetan.
Schönheit hat etwas Manipulierendes. - Hat sich doch letzten Samstag bei der Sportschau
meine Frau über den Anzug von Reinhold Beckmann gewundert.
Wie gehen wir mit der Schönheit um? - Man darf sich an der Schönheit von Menschen
freuen. Auch die Bibel tut das, indem sie das Hohelied überliefert hat, bei dem sich manche
darüber wundern, dass dieses Buch in der Bibel steht. „Schön bist du meine Freundin, dein
Mund ist lieblich, deine Augen sind wie Taubenaugen...“ oder: „Wer ist sie, die hervorbricht
wie die Morgenröte, schön wie der Mond, klar wie die Sonne, gewaltig wie ein Heer?“ (6,10).
Es gilt: Schönheit ist real. Den Schönen gibt´s der Herr im Schlaf.
2. Schönheit ist ein Wahn - Erlöse uns von der Schönheit
Die Bibel preist die Schönheit nicht nur, sie stellt sie auch in Frage. Im biblischen
Buch der Sprüche heißt es: „Lieblich und schön sein ist nichts. Einen Menschen, der den
Herrn fürchtet, den soll man loben.“ (31,30). Oder, etwas derber: „Ein schönes Weib ohne
Zucht ist wie eine Sau…“ (Spr.11,22).
Gegen den öffentlichen Trend ist festzuhalten: Schönheit ist nicht alles. Die „Schönheit um
jeden Preis“, der moderne Schönheitswahn, der ist hausgemacht und schlimm. Der
Schönheitswahn treibt kaputte Blüten. Der Focus titelt „Der Körper als Baustelle“: Es gibt
immer mehr Menschen, die sich vom Aufwachen bis zum Einschlafen ständig selber
beobachten müssen. Sie werden davon beherrscht. Eigentlich müsste dieses Verhalten als
krankhaft gelten, in unserer Gesellschaft ist es normal. Einen Grund für die Unzufriedenheit
mit dem eigenen Körper sind die Medien, die fast ausschließlich unwirklich schöne
Menschen zeigten. 2000 bis 5000 Mal pro Woche werden wir mit Bildern digital manipulierter
Körper konfrontiert. Diese Bilder vermitteln die Idee eines Körpers, den es in Wirklichkeit gar
nicht gibt, schreibt eine Psychoanalytikerin im Focus.2
Heute können wir, mit einer Fernbedienung in der Hand, 500 Menschen an einem einzigen
Fernseh-Abend zu Gesicht bekommen. Die meisten davon schön, denn die Schönen allein
sind im Mittelpunkt in den Werbespots, Filmen, Serien und Musik-Clips. Gucken wir uns das
an, gucken wir uns die Schönen an, können wir eigentlich nur schlecht abschneiden und wir
kommen zu dem Ergebnis: Nein, so schön sind wir nicht.
Vom Schönheitswahn muss man sich befreien, oder befreien lassen, sonst baut man sein
Leben auf Sand. „Woran du dein Herz hängst, das ist letztlich dein Gott“, sagt Luther. Er stellt
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www.focus.de/gesundheit/ratgeber/psychologie/tid-18617/schoenheitswahn-der-koerper-als-baustelle_aid_518409.html - aufgesucht am
02.05.2011
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uns das hin wie ein Warnsignal. Ist Schönheit die Nr.1 im Leben? Ist Schönheit das, dem
man alles andere unterordnet? Und sein Herz dranhängt? Es gibt Gründe für SchönheitsOPs. Etwa wenn jemand nach einem Unfall im Gesicht entstellt ist oder wenn jemand wegen
großer Segelohren gehänselt wird. Aber insgesamt gilt: Es ist ein Wahn und es ist eine
Teufelsspirale.
Mehr Gelassenheit wünsche ich mir bei diesem Thema. Dass es nicht so hoch gehängt wird,
wie jemand aussieht. Sorget euch nicht, sagt uns Jesus. Zu Gelassenheit ruft er auf. Gott
sorgt für euch. Gott gibt euch, was ihr zum Leben braucht. Wie er es den Lilien auf dem
Felde gibt, die ja auch nicht gerade umkommen vor Sorge um ihre Schönheit.
2. Erlöse uns von dem Schönheitswahn.
3. Bei mir bist du schön - Schönheit in Beziehungen
Ein Mistkäfer-Weibchen findet seinen Mistkäfer-Kollegen bezaubernd schön. Und wenn
andere sagen: „Ein Mistkäfer ist doch objektiv hässlich“, so macht das dem MistkäferWeibchen nichts aus, sie bleibt bei ihrem Urteil: „Schöner kleiner Mistkäfer. Bei mir bist du
schön.“
Das Schöne an einem Menschen ist das Besondere, das Einzigartige, das Eigene: Das
Lächeln, die Aura, die Innerlichkeit, die nach außen strahlt, der Ausdruck, und so... Das, was
nur er hat und sonst keiner. Entdeckt einmal in jedem Menschen diese einmaligen Spuren
Gottes.
Ich hatte vorhin gesagt: Schönheit ist real, ist also sozusagen objektiv. Die 502 Fotos auf den
Bewerbungsmappen haben das ja auch gezeigt. Aber das andere stimmt auch, und dies ist
wichtiger: Schönheit ist subjektiv. Schönheit hat mit Beziehung zu tun. Schönheit liegt im
Auge des Betrachters. Jemanden in Liebe ansehen, macht ihn schön. Geliebt werden macht
schön.
Schönheit liegt im Blick des Gegenübers: „Wenn du mich anblickst, werd’ ich schön.“ Diese
Schönheit ist nicht selbstproduziert. Diese Schönheit erkennst du nicht, wenn du in den
Spiegel schaust. Man erkennt sie nur im Blick der Liebe. An dieser Stelle wird für mich
Gottes Liebe wichtig. Auch gegenüber Gott können wir sagen: „Wenn du mich anblickst,
werd’ ich schön.“ Denn du, geliebter Mensch, bist ein Gegenüber Gottes, bist ein Geschöpf
Gottes. Und egal, ob du mit einem Menschen zusammenlebst oder allein lebst, kannst du die
Erfahrung des Schön-Seins machen: Indem Gott dich anblickt, wirst du schön. Wir haben
das in jedem Gottesdienst drin, am Ende, im Zuspruch des Segens: „Der Herr erhebe sein
Angesicht über dich..“, so heißt das in der biblischen Sprache.
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Das heißt übersetzt: Gott sieht dich an. Du bist von höchster Stelle gesehen. Du wirst
schön, durch Gottes Anblick der Güte, durch Gottes Anblick der Liebe. Das verleiht deinem
Leben den Glanz und die Würde und die Beschwingtheit. Du hast Gott als ein Gegenüber,
der dich schön findet. Musst nicht auf dich selbst fixiert sein. Kannst deinen Frieden machen
mit deinem Aussehen. Dich an dem freuen, was du selbst an dir schön findest, und
gleichzeitig an Doppelkinn, Hüftspeck oder was auch immer nicht verzweifeln. Kannst
geborgen sein in Gott, der zu dir sagt: „In meinen Augen bist du schön.“
Ich lande mit einer Geschichte, die uns dieses Geheimnis beibringen will: 3 Da ist John. Er
wuchs Ende der sechziger Jahre als Fan des Baseball-Teams Chicago Cubs auf. Die ganze
Mannschaft war berühmt und einer davon, Randy Hundley, war sein persönlicher Favorit.
John verehrte ihn. Eines Tages klingelte das Telefon. Ein Mädchen aus der Nachbarschaft,
das in Johns Klasse war, bekam seine Mutter ans Telefon. »Miss, Sie werden nie erraten,
was hier los ist. Randy Hundley ist bei uns zu Hause! Ich habe ihm von John erzählt. Er
möchte bei Ihnen zu Hause vorbeikommen und John kennen lernen.«
Und dann lief alles ganz furchtbar falsch. Meine Mutter wusste nicht, wer Randy Hundley
war. Dummerweise hatte sie noch nie etwas von ihm gehört. Sie dachte, er wäre irgendein
Schulkamerad, der mit mir spielen wollte. Und so kam es, dass sie sagte: »Johnny ist bei der
Klavierstunde. Du wirst Randy sagen müssen, dass er irgendwann anders vorbeikommen
soll.«
Als ich nach Hause kam, sagte mir meine Mutter, dass jemand namens Randy Hundley oder
so ähnlich bei unseren Nachbarn war und vorbeikommen wollte, dass sie ihm aber gesagt
hatte, dass er ein andermal kommen sollte. In diesem Augenblick wünschte ich mir, die
Männer in den weißen Kitteln anzurufen und meine Mutter abholen zu lassen.
Diesen Nachmittag verbrachte ich großer Traurigkeit. Um etwa fünf Uhr klopfte es dann an
der Tür. Als ich aufmachte, stand Randy Hundley draußen. In Lebensgröße. Der beste Baseballspieler der Oberliga. Er hatte vor irgendeinem öffentlichen Auftritt bei unseren Nachbarn
vorbeigeschaut. Weil ich nicht da gewesen war, hatte er sich entschlossen, nach seinem
Auftritt noch einmal bei uns vorbeizufahren, obwohl er als Profispieler einen vollen
Terminkalender hatte. Er kam also den ganzen Weg zurück in unsere Wohngegend. Er fuhr
zu unserem Haus. Er klopfte an meine Tür. Und ich habe seine Herrlichkeit gesehen ...
Wisst ihr: Für einen zehnjährigen Jungen bestand die Herrlichkeit von Randy Hundley nicht
darin, dass er eine Haubitze statt eines Armes hatte. Auch nicht, dass er mit seinen
3
aus: „Die Liebe, nach der du dich sehnst“; John Ortberg; S.233
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spielerischen Leistungen andere sehr gute Spieler übertraf. Der Inbegriff von Herrlichkeit
war, dass jemand, der so berühmt war wie er, sich die Zeit nahm, einen kleinen Jungen zu
besuchen. Er war nur für mich gekommen, um mich anzusehen. Weil er mich schön
findet.
Johannes schreibt von Jessus: “Er, das Wort Gottes, wurde ein Mensch, ein wirklicher
Mensch von Fleisch und Blut. Er lebte unter uns, und wir sahen seine Macht und Hoheit”.
Menschen der Bibel und Menschen von heute haben seine Herrlichkeit gesehen, als der
Schöpfer des Himmels und der Erde eine Säge, einen Hammer und Nägel verwendete, um
Stühle und Bänke zu zimmern. Menschen der Bibel und Menschen unter uns haben seine
Herrlichkeit gesehen, als sich der Herr der Herren mit einem Handtuch gegürtet hat um
seinen Jüngern die Füße zu waschen. Wir haben seine Herrlichkeit gesehen, als der Erfinder
des Lebens an einem Kreuz gestorben ist. Wir haben seine Herrlichkeit gesehen, als der Tod
ihn nicht besiegen und das Grab ihn nicht gefangen halten konnten.
Wir sehen seine Herrlichkeit immer noch, wenn er zu ganz normalen, hübschen oder weniger
hübschen Menschen kommt. Jesu Herrlichkeit, seine Schönheit besteht darin, dass er in
diese Ecke des Universums, auf diesen unbedeutenden Planeten, zu armseligen Menschen
kommt. Weil er es nicht übers Herz bringt, sie aufzugeben. Weil er sie sehen muss.
Weil er sie schön findet. Weil er nichts anderes im Sinn hat als sie reich zu machen. Darum
will ich fromm sein, darum will ich tüchtig darin sein, auf ihn zu sehen.
Darum gibt es diese Gemeinde: Damit Menschen in ihr fromm sein können; tüchtig darin
Jesus anzusehen und ihn als Erlöser anzuerkennen. Gott ist schön. AMEN.

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