Nachrichten

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Ausgabe 3
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47. Jahrgang
Nachrichten
Licht in Sicht?
September 2016
Wissen färbt ab.
10.-12.11.2016
Messe Wien
38. BILDUNGSFACHMESSE FÜR LEHRMITTEL,
AUSSTATTUNG, KULTUR UND SPORT – VON DER
KLEINKINDPÄDAGOGIK BIS HIN ZUM KREATIVEN,
LEBENSBEGLEITENDEN LERNEN.
S:
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L
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A
gica.at
rpaedago
www.inte
Mit den Bereichen:
Sport
Sportgeräte, Bewegung
und Ernährung
MiniWorld
Fachmesse für Kindergärten
I N H A LT
Ausgabe 3
September 2016
Nachrichten
Leitartikel: Keine „Fortsetzung der Bildungspolitik-Show” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Seite 4
Mag. Gerhard Riegler
7 Tipps, die Lehrende im Umgang mit muslimischen Kindern und Eltern unterstützen . . . .
Seite 6
Mag. Jaqueline Eddaoudi
Who Rules Britannia? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Seite 8
Mag. Gudrun Pennitz
Was Eltern wollen – Ein Blick in die „Allensbachstudie” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 12
Mag. Helmut Jantschitsch
„Gestriges Geschwätz?“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 14
QUINtessenzen
Öffentlich gesagt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 15
Konfrontative Pädagogik – „Heißer Stuhl” oder „Heiße Luft”? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 16
Mag. Verena Hofer
Blick über die Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Seite 18
Internationale Pressemeldungen
Bildung ohne Kunst? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 19
Ceterum Censeo
Verleger Förderverein f. e. differenzierte Allgemeinbildung,
Ruzickagasse 88-104/20, 1230 Wien
Redaktion Mag. Helmut Jantschitsch,
GRG Kundmanngasse,
Kundmanngasse 20-22, 1030 Wien
Für namentlich gezeichnete Artikel übernimmt
der Verfasser die Verantwortung.
Satz- und Druckfehler vorbehalten.
Gestaltung/Produktion mentor communications Werbeagentur GmbH
Anzeigenverwaltung Mag. Helmut Jantschitsch,
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Offenlegung gemäß Mediengesetz-Novelle (§ 25 Abs 2 MedienG neue Fassung)
Der „Förderverein für eine differenzierte Allgemeinbildung“ (ZVR-Zahl 711186932) ist in seiner Tätigkeit
nicht auf Gewinn ausgerichtet. Ziel jeglicher Vereinstätigkeiten ist die Erhaltung und Weiterentwicklung
eines qualitativ hochwertigen, differenzierten Schulsystems in der Republik Österreich. Vereinsobmann
ist Mag. Gerhard Riegler, sein Stellvertreter ist Mag. Dr. Eckehard Quin.
Die ÖPU (Österreichische Professoren Union) ist eine Interessensgemeinschaft von drei Organisationen
(FCG, ÖAAB, VCL), deren Prinzipien und grundsätzliche Anliegen im schulpolitischen Geschehen eine
gemeinsame Basis bilden: Die drei Organisationen arbeiten unabhängig voneinander – jedoch im Sinne
der sie in der ÖPU verbindenden Zielsetzungen. Die ÖPU bildet mit ihrer Arbeit ein Netzwerk, das der
Kollegenschaft optimale Betreuung in ihrem Berufsleben zukommen lässt. Die Unterstützung der ÖPU
bedeutet keine parteipolitische Positionierung, sondern ist Ausdruck der Förderung einer Interessensvertretung, die zum differenzierten Schulwesen steht und in ihm die AHS durch kontinuierliche Weiterentwicklung auf Erfolgskurs halten will.
Website: www.oepu.at
Redaktionsschluss der nächsten Nummer: 7. Oktober 2016
Ihre Beiträge erbitten wir rechtzeitig per email an: [email protected]
3
Nachrichten
Ausgabe 3
September 2016
L E I TA R T I K E L
Keine „Fortsetzung der
Bildungspolitik-Show”
Mag. Gerhard Riegler
ÖPU-Vorsitzender
D
ie ersten hundert Tage Mag. Dr.
Sonja Hammerschmids als neu­
er Unterrichtsministerin Öster­
reichs sind Geschichte. Ich freue
mich über die im Vergleich mit ihren
beiden Vorgängerinnen erfolgte Kurs­
korrektur.
vielen Jahren nachgewiesen werden,
war für Österreichs Schulpolitik bisher
kein Thema. In Wirklichkeit ist dies aber
ein Riesenthema. Denn die Förderung
besonderer Talente darf sich nicht auf
die durch internationale Studien gemes­
senen Bereiche beschränken.
Wahrnehmbar ist die Kurskorrektur zu­
nächst – es mag kurios klingen – aus
einer bescheidenen Medienpräsenz. Es
spricht für unsere neue Unterrichtsminis­
terin, sich angesichts der Verantwortung,
die sie übernommen hat, nicht ohne die
notwendige Auseinandersetzung mit den
Fakten in die Schlagzeilen zu drängen.
Warnen möchte ich BM Hammerschmid
vor überzogenen Erwartungen an ganztä­
gige Schulformen, die ich mehreren ihrer
Aussagen entnehme. Die Ganztagsschu­
le in verschränkter und damit für alle ver­
pflichtender Form wolle sie besonders
fördern.3 Und es ging extrem schnell:
„Die Bundesregierung hat am Dienstag
vor ihrer Sommerpause beschlossen,
eine Dreiviertel [SIC] Milliarde Euro in
den Ausbau ganztägiger Schulformen
zu investieren. Bis 2025, so das politi­
sche Ziel, sollen 40 Prozent der Schüler
in ganztägigen Schulformen unterrichtet
werden, doppelt so viele wie derzeit.“ 4
Ihren Respekt vor der Komplexität der
ihr anvertrauten Aufgabe und den tat­
sächlichen Fachleuten des Schulwesens
brachte sie bereits bald nach Amtsan­
tritt mit der Aussage zum Ausdruck, „es
sei wichtig, den Lehrern mehr Möglich­
keiten zu geben, denn diese wüssten
am besten, was die Kinder brauchen“ 1.
Sehr erfreulich ist es, dass Mag. Dr. Son­
ja Hammerschmid auf Distanz zur Ge­
samtschulpolitik ihrer Vorgängerinnen
zu gehen scheint. Entweder sagt es
ihr der Hausverstand, oder aber hat sie
die bildungswissenschaftlichen Fakten
zu dieser Thematik bereits ausreichend
studiert, um zu erkennen, dass mit Ein­
heitsschulen kein Weg zum Erfolg führt.
Aufhorchen ließ mich BM Hammer­
schmids Aussage „Was wir aus Studien
wissen, ist, dass wir viele Kinder haben,
für die das System noch viel zu wenig
schafft, um sie wirklich an ihr kreatives
Limit zu bringen – da gibt es Verbes­
serungsbedarf.“ 2 Das lässt in mir die
Hoffnung keimen, dass das Stiefkind
des österreichischen Schulwesens, die
Begabungs- und Begabtenförderung,
endlich Zuwendung erfährt. Dass wir
diesbezüglich eklatante Defizite aufwei­
sen, deren Konsequenzen selbstver­
ständlich auch durch internationale Stu­
dien wie PIRLS, TIMSS und PISA seit
4
Unter dem Titel „Fortsetzung der Bil­dungs­­
politik-Show“ kommentiere Mag. Dr. Wolf­
gang Feller, der bei „Agenda Austria“ für
Bildung zuständige Projektleiter: „750
Millionen Euro klingt nach sehr viel
Geld. Aber bereits die Koppelung mit
der genannten Zeitspanne – 40 Prozent
Ganztagsschulen bis 2025 – zeigt den
Showcharakter dieser Ankündigung: 75
Millionen pro Jahr bei einem Schulbud­
get von knapp acht Milliarden Euro sind
kein Heuler.“ 5 75 Millionen Euro pro
Jahr können natürlich nicht annähernd
reichen, den Mehraufwand für ein qua­
litativ hochwertiges ganztägiges Ange­
bot zu finanzieren – samt dem notwen­
digen Umbau von Schulen, die in großer
Mehrheit nicht einmal über eine Küche
und entsprechende Speisesäle verfü­
gen, von adäquaten Arbeitsplätzen für
LehrerInnen und FreizeitpädagogInnen
ganz zu schweigen!
„Damit das Angebot von den Eltern an­
genommen werde, müsse man diese
überzeugen, dass das der beste Weg
sei, um das Kind zu fördern.“ 6 Wenn
bloß ein knappes Prozent mehr für das
Unterrichtsbudget zur Verfügung steht,
würde ich mich als Politiker hüten,
überzogene Erwartungen zu erzeugen.
BM Hammerschmids Aussage „In ganz­
tägigen Schulformen müssen Schülerin­
nen und Schüler seltener eine Klasse
wiederholen, es werden weniger Kosten
für Nachhilfe aufgewendet und bessere
Lernerfolge werden erzielt.“ 7 erinnert
an die (zum Glück gescheiterte) Propa­
gandapolitik ihrer Vorgängerinnen. Im
Widerspruch zu dieser Aussage liefert
die Bildungswissenschaft nämlich eine
Fülle von Forschungsergebnissen. Dabei
bestätigen aktuelle Untersuchungen aus
Österreich internationale Befunde.
ZU DEN FAKTEN:
1) Ganztägige Schulen schaffen es
nicht, das Leistungsniveau ihrer
SchülerInnen zu verbessern
„Ist die Schule als gebundene Ganz­
tagsschule organisiert, entwickeln sich
die Schüler/innen in Mathematik – wie
auch in Deutsch – schlechter als in offe­
nen ganztägigen Schulen.“ 8
„Ein/e Schüler/in, der/die in eine Schule
mit Nachmittagsbetreuung geht, erreicht
eine um rund 16 Punkte schlechtere
Leistung in Mathematik, [SIC] als ein/e
Schüler/in mit der gleichen Merkmals­
kombination, der/die jedoch eine Schule
ohne Nachmittagsbetreuung besucht.“ 9
Selbst die Bertelsmann-Stiftung hat be­
reits vor Jahren eingestehen müssen,
dass ihre diesbezüglichen Hoffnungen
enttäuscht wurden: „Keine unserer Ana­
lysen der genannten Stichproben kommt
zu dem Ergebnis, dass Schülerinnen
und Schüler, die eine Ganztagsschu­
le besuchen, signifikant besser in den
Kompetenztests abschneiden. Vielmehr
schneiden Halbtagsschüler im Lesen, in
Mathematik und in Naturwissenschaften
etwas – jedoch nicht signifikant – besser
ab. Das gilt sowohl für Grundschulen als
auch für die Sekundarstufe.“ 10
L E I TA R T I K E L
Ausgabe 3
September 2016
Nachrichten
2) Ganztägige Schulen schaffen es
nicht, sozioökonomisch bedingte
Defizite auszugleichen
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„Für Jugendliche aus niedrigeren so­
zialen Schichten oder mit Migrations­
hintergrund lässt sich über vier Jahre
hinweg kein Effekt der reinen Ganztags­
schulteilnahme auf ihre Schulleistungen
nachweisen – es liegt in dieser Hinsicht
also kein kompensatorischer Effekt für
bildungsbenachteiligte Schülergruppen
vor.“ 11
„In der Längsschnittbetrachtung zeigt
sich, dass die ganztägige Schulbetreu­
ung es nicht schafft, die unterschiedli­
chen Ausgangslagen der Schüler/innen
auszugleichen.“ 12
„Kinder aus bildungsfernen Familien
oder aus Familien mit Migrationshinter­
grund können in ihren Leistungen nicht
gegenüber Kindern mit besser gebilde­
ten Eltern oder aus sozioökonomisch
besser gestellten Familien aufholen.
Zum Teil nehmen die Unterschiede in
den Lernergebnissen in den ganztägi­
gen Schulen sogar zu.“ 13
Auch in Österreichs Nationalem Bil­
dungsbericht wurde bezüglich der Ganz­
tagsschule eingeräumt: „In Bezug auf
die Schulleistungen gilt auch für Jugend­
liche aus niedrigeren sozialen Schichten
oder mit Migrationshintergrund: Ein
kompensatorischer Effekt für bildungs­
benachteiligte Schülergruppen konnte
bislang nicht nachgewiesen werden.“ 14
3) Ganztägige Schulen schaffen es
nicht, Nachhilfekosten zu
reduzieren
Die von der Arbeiterkammer in Auftrag
gegebene Studie „Nachhilfe in Öster­
reich“ attestiert: „Bei der Ganztags­
schule sind bis Dato (Anm.: SIC) noch
keine positiven Effekte in Richtung einer
Eindämmung des externen Nachhilfe­
bedarfs erkennbar.“ 15 Wer das schulpo­
litische Programm der Arbeiterkammer
kennt, kann abschätzen, wie schmerz­
lich diese Erkenntnis war.
Univ.-Prof. Dr. Stefan Hopmann formu­
liert es schärfer: „Im Gegenteil: In Län­
dern mit Ganztagsschulen sind die au­
ßerschulischen Aufwendungen um ein
Vielfaches höher.“ 16
4) Die meisten Kinder wollen den
Nachmittag zu Hause verbringen
Last but not least sollte auch das Emp­
finden der jungen Menschen Berück­
sichtigung finden, für die der beste Weg
gefunden werden soll:
„Auffallend niedrige Zufriedenheitswerte
vergaben die Befragten für die Betreu­
ung im Hort, die Nachmittagsbetreuung
in der Schule und die Ganztagsschule,
sowohl im Volksschulalter als auch in
der Altersgruppe zwischen 10 und unter
14 Jahren.“ 17
„72,0 % der Jugendlichen lehnen ganz­
tägige Schulformen ‚grundsätzlich ab‘.“ 18
liche Qualität des Angebots vor Ort soll
überzeugen, nicht Propaganda. Zwang
ist selbstverständlich abzulehnen. Für
die „ewigen Mantras“ Ganztagsschule
und Gesamtschule möge man am Mino­
ritenplatz aber endgültig „den Schredder
anstellen“, wie es Univ.-Prof. Dr. Stefan
Hopmann schon vor vier Jahren – da­
mals vergeblich – gefordert hat.21
Uns allen wünsche ich ein erfolgreiches
Schuljahr 2016/17.
1 Pressemeldung vom 31. Mai 2016
2 Madonna online am 2. Juli 2016
3 Presseaussendung der SPÖ vom 8. Juni 2016
4 Kurier online am 18. Juli 2016
5 Der Standard online am 20. Juli 2016
6 ORF online am 4. Juni 2016
Im Rahmen einer im Vorjahr präsentier­
ten Studie des Österreichischen Instituts
für Familienforschung hat eine Befragung
von VolksschülerInnen, die den Nachmit­
tag nicht zu Hause verbringen können,
ein klares Bild ergeben: „Gut drei Viertel
(76 %) würden den Nachmittag am liebs­
ten bei sich zu Hause mit ihren Eltern
(Mutter und/oder Vater) verbringen.“ 19
CONCLUSIO
„Mit der Ganztagsschule werden Be­
treuungs-, aber keine Förderprobleme
gelöst.“ 20 Österreichs Politik sollte Be­
treuungsprobleme, die es gibt und die
durch den gesellschaftlichen Wandel
größer werden, als Betreuungsprobleme
verstehen und entsprechende Angebote
schaffen. Schulen können dazu einen
Beitrag leisten, sofern die adäquate Inf­
rastruktur gegeben ist. Denn die tatsäch­
7 Presseaussendung des BMB vom 12. Juli 2016
8 ÖIF (Hrsg.), Betreuung, Bildung und Erziehung im
Kindesalter (2015), S. 49
9 Mag. Dr. Christoph Helm u. a., Effekte der NMSKonzeptmerkmale auf die fachlichen Schüler­
leistungen. In: Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Eder u. a.,
Evaluation der Neuen Mittelschule (NMS). Befunde
aus den Anfangskohorten. (2015), S. 294
10 Bertelsmann (Hrsg.), Chancenspiegel (2012), S. 77
11 StEG (Hrsg.), Ganztagsschule: Entwicklung und
Wirkungen (2010), S. 17
12 ÖIF (Hrsg.), Betreuung, Bildung und Erziehung im
Kindesalter (2015), S. 4
13 ibidem, S. 53
14 BIFIE (Hrsg.), Nationaler Bildungsbericht –
Österreich 2012 (2013), Band 2, S. 293
15 IFES (Hrsg.), AK-Studie: Nachhilfe in Österreich
(2014), S. 25
16 Vorarlberger Nachrichten online vom
13. September 2014
17 Dr. Andreas Baierl u. a., Kinderbetreuung aus der
Sicht von Jugendlichen (2013), S. 72f
18 Dr. Christian Scharinger u. a., 4. Steirische Jugendstudie 2014 (2014), S. 13
19 ÖIF (Hrsg.), Wie erleben Kinder ihre außerhäusliche
Betreuung? (2015), S. 84
20 Kurier vom 10. Jänner 2012
21 Der Standard vom 13. September 2012
5
Nachrichten
Ausgabe 3
September 2016
M I G R AT I O N U N D S C H U L E
7 Tipps, die Lehrende im Umgang
mit muslimischen Kindern
und Eltern unterstützen
Mag. Jaqueline Eddaoudi
D
ie muslimische Welt erstreckt Das ist zum einen der Kollektivismus. 2. Klarheit
sich über ein riesiges Gebiet Dies bedeutet, dass das Wohl der je­ Wenn wir uns mitteilen, schreit die
vom Senegal bis zu Philippinen, weiligen Gemeinschaft wichtiger ist als Körpersprache immer lauter als unsere
von China bis nach Tansania und das der Einzelperson, und bewirkt, dass Worte. Wenn wir ein bestimmtes Ver­
umfasst riesige Wüsten, wie auch Schi­ die Zugehörigkeit zu einer Gruppe eine halten erwarten, ist es besonders wich­
gebiete, glitzernde Metropolen und ein­ große Bedeutung hat, dass bei Ent­ tig, klare und eindeutige Zeichen auszu­
same Bergdörfer. So vielfältig wie die scheidungen die Gruppe mitberücksich­ senden und die Botschaft des Körpers
verschiedenen Regionen sind auch die tigt wird, dass die Gruppenmitglieder mit der der Worte in Einklang zu bringen.
circa 1,5 Milliarden Muslime, die in rund es tunlichst vermeiden, aus der Gruppe Dazu ist es notwendig, dass man sich
50 Ländern die Bevölkerungsmehrheit ausgeschlossen zu werden, usw.
in einer ruhigen Minute zunächst selbst
darstellen. Noch größer als die Vielfalt
klar wird, was die 3 – 4 Dinge sind, die
jedoch ist in der muslimischen Welt die Zum anderen ist es die sehr, sehr steile einem so wichtig sind, dass man davon
Widersprüchlichkeit, das heißt, man Hierarchie. Das bedeutet, dass sich in unter keinen Umständen abrückt, und
findet Religiosität und Pragmatismus, jeder noch so kleinen Gruppe eine füh­ was die vielen anderen Dinge sind, über
Analphabetismus und Bildung, kon­ rende Persönlichkeit herauskristallisiert, die man mit sich reden lässt. Wenn Sie
servative Einstellungen und Offenheit die für die Gruppe verantwortlich ist, für sich klargestellt haben, was für Sie
Seite an Seite. Das ist es auch, warum und der die Gruppenmitglieder folgen. ganz persönlich wichtig ist, teilen Sie
es manchmal schwerfällt, die muslimi­ Man kann in einer Begegnung oder Be­ das den Kindern beziehungsweise ih­
schen Kulturen zu verstehen und war­ ziehung nur entweder über oder unter ren Eltern eindeutig und klar mit. Ins­
um man manchmal entmutigt und ver­ dem anderen stehen. Wer über einem besondere Menschen, die neu an einer
steht, zeigt dies durch deutliche „Groß­ Schule sind oder mit den erwarteten
wirrt auf Vorurteile zurückgreift.
spurigkeit“, wer unter einem steht, den Gepflogenheiten nicht so vertraut sind,
„Bei jeder interkulturellen Begegnung erkennt man an verschiedenen Unter­ brauchen besonders viel Klarheit.
besteht immer die Versuchung, davon werfungsgesten. Verhalten auf „glei­
auszugehen, die anderen hätten einen cher Augenhöhe“ ist eher unüblich.
3. Beziehung
schlechten Charakter oder böse Absich­
Die muslimischen Kulturen sind ausge­
ten, anstatt zu erkennen, dass sie nach Hier nun einige Anregungen, die Ihnen prägte Beziehungskulturen. In der musli­
die Zusammenarbeit mit muslimischen mischen Welt erreicht man auf der Sach­
anderen Regeln handeln“.
Kindern und Eltern erleichtern können
(Gert Hofsteede)
ebene kaum etwas, wenn man nicht
schon zuvor eine Beziehung aufgebaut
Wenn nun Muslime aus verschiede­ 1. Wohlwollende Autorität
hat. Das bedeutet, sich für den Anderen
nen Gründen nach Österreich kommen, Kinder und Erwachsene aus sehr hierar­ aufrichtig zu interessieren, mit Eltern Tee
dann erziehen sie ihre Kinder eben so, chischen Kulturen brauchen Zeit, sich an zu trinken, nach dem außerschulischen
wie man Kinder in ihrer jeweiligen Kul­ einen partnerschaftlichen Umgang zu ge­ Leben zu fragen, usw. Das zu tun, mag
tur erzieht, und erziehen sie nicht für wöhnen. Manche missverstehen diesen zwar wie ein Ding der Unmöglichkeit er­
die österreichischen Gegebenheiten, als Unterwürfigkeit und reagieren darauf scheinen, öffnet Ihnen jedoch viele Türen.
die mitunter etwas Anderes erfordern mit so mancher Unverschämtheit. Andere
würden, da Erziehen zumeist ein unbe­ wiederum fühlen sich dadurch verunsi­ 4. Vertrauen
wusster Prozess ist, bei dem wir das chert, wissen die ausgesendeten Zeichen Wenn Sie durch den Aufbau und die
weitergeben, was wir selbst erfahren nicht zu deuten und tun sich schwer, he­ Pflege der Beziehung das Vertrauen
haben.
rauszufinden, was von ihnen erwartet der Kinder und Eltern erworben haben,
wird oder wie sie darauf reagieren sollen. werden Herausforderungen, die wäh­
Zwei der Aspekte dieser Erziehung be­ Deshalb ist es hilfreich, wenn sich Lehren­ rend des Schullebens möglicherweise
ziehungsweise Sozialisierung finden de freundlich und wohlwollend, doch be­ auftreten, wie Teilnahme an Ausflügen
sich trotz großer Vielfalt und extremer stimmt und autoritär verhalten, auch wenn und am Schwimmunterricht, kontrapro­
Widersprüchlichkeit in den meisten einem diese Kombination möglicherweise duktive Umgangsformen, Fehlzeiten,
muslimischen Kulturen.
usw. wesentlich leichter bewältigbar.
als gewöhnungsbedürftig erscheint.
6
M I G R AT I O N U N D S C H U L E
Ausgabe 3
sind so viel mehr als beispielsweise
5. Bedürfnisse
Um eine solche Art von LehrerInnen- unsere Nationalität, unser Beruf oder
SchülerInnen-Eltern-Beziehung zu leben, unser Alter.
ist es wesentlich, seine eigenen Bedürf­
nisse zu kennen, sie zu spüren und sich 7. Das Geschenk des Zuhörens
für sie einzusetzen. Nur wenn man sich Viele Länder, aus denen muslimische
selbst gut um sich kümmert und seine Kinder, deren Eltern oder Großeltern
eigenen Bedürfnisse nicht verleugnet stammen, sind momentan Schauplatz
oder missachtet, kann man für andere von gewalttätigen Auseinandersetzun­
da sein. Was sind Ihre dringlichsten Be­ gen. Menschen, die Traumatisches er­
dürfnisse im Umgang mit muslimischen lebt haben, – ohne viel zu sagen – zuzu­
Kindern und Eltern? Verständigung, In­ hören, auch wenn man an der Situation
formation, Unterstützung, Zusammen­ selbst nichts ändern kann, ist eines der
halt, …?
größten Geschenke, die man ihnen
machen kann. Genau dies kann den
6. Den Menschen hinter der
Ausschlag dafür geben, dass sie sich
Nationalität sehen
später in entscheidenden Momenten
Wie allen Menschen, ist es insbeson­ für konstruktives statt destruktives Ver­
dere Muslimen – die momentan als halten entscheiden. Wichtig dabei ist,
Kollektiv intensiv unter Beschuss und darauf zu achten, sie keinesfalls selbst
unter Generalverdacht stehen – sehr auf Schlimmes anzusprechen, sondern
wichtig, als Mensch in ihrer Einzigartig­ ihnen Raum zu geben, dass sie freiwil­
keit erkannt und gesehen zu werden lig von ihrem Erlebten erzählen können,
und nicht als Vertreter eines Landes, wenn für sie der richtige Moment ge­
eines Volkes oder einer Religion. Wir kommen ist.
September 2016
Nachrichten
Zur Autorin:
Maga Jaqueline Eddaoudi hat die
Sprachen Italienisch, Arabisch, Fran­
zösisch, Englisch, Spanisch und
Türkisch studiert und arbeitet als
selbständige Dolmetscherin und Kul­
turberaterin in ihrem Sprachdienstund
Kulturberatungsunternehmen
Eddaoudi Smart Translations. Sie
stammt aus einer multikulturellen
Familie (Mutter Österreicherin, Vater
Italiener) und lebt zusammen mit
ihrem marokkanischen Mann und
ihren 5 Töchtern. Aus ihren Erfahrun­
gen als Lernberaterin für arabische
und afghanische Kinder und Jugend­
liche und ihrer Vorstandstätigkeit im
Interkulturellen Bildungsgarten Graz
heraus, hat sie das Pilotprojekt In­
terkulturelle Schule Graz gegründet.
Seit 10 Jahren beschäftigt sie sich
mit dem Austausch von Ressourcen
zwischen den Kulturen und damit,
was wir voneinander lernen können.
Die muslimische Welt in deutschsprachigen Schulen
Viele fühlen sich mit den Herausfor­
derungen allein gelassen und müssen
neben ihren umfangreichen Aufgaben
einen Weg für sich und die Klasse fin­
den, damit umzugehen.
Von außen aus gesehen sieht es meist
so aus, als ob ohnehin alles funktionie­
ren würde, dies meist jedoch nur des­
halb, weil viele Lehrende ihr ganzes
Engagement und Herzensblut in die
Arbeit mit den Kindern legen.
Um den Lehrenden das Unterrichten
zu erleichtern, habe ich das Buch „Die
muslimische Welt in deutschsprachigen
Schulen – Ideen für ein gelingendes ge­
meinsames Lernen“ geschrieben.
Lehrende sind eine der Gruppen in der
Bevölkerung, die als erste die Verände­
rungen in einer Gesellschaft erleben,
die sich dann in ihren Klassen wider­
spiegeln, wie z. B. nun das Ankommen
von zahlreichen Kindern hauptsächlich
aus muslimischen Kulturen.
Es bietet Hintergrundwissen zu Le­
bens-, Sicht- und Denkweisen in den
muslimischen Kulturen, betrachtet aus
den verschiedensten Perspektiven und
behandelt folgende Themen und Frage­
stellungen:
• Wie sehen Erziehung und Bildung in
der muslimischen Welt aus?
• Was bedeutet dies für das Schul­
leben hier?
• Was prägt das Alltagsleben?
• Lernen Kinder aus muslimischen
Kulturen anders?
• Welche Materialien zur Unterstüt­
zung gibt es?
• Was bedeutet interkulturelles
Handeln?
• Wie kann Elternarbeit aussehen?
• Wie ist das mit den Frauen und
dem Islam?
• Klischees, Unterschiede, Gemein­
samkeiten?
In Zukunft wird es weniger wichtig
sein, ob wir eine Integralrechnung
mehr oder weniger gerechnet haben;
aber es wird von großer Bedeutung
sein, erlebt zu haben, dass wir mit Mit­
schülerinnen und Mitschülern aus ver­
schiedenen Kulturen in unserer Klasse
friedlich zusammenleben und wie wir
Konflikte lösen können; denn davon
hängt der Frieden in unserer Gesell­
schaft und unserer Welt ab.
7
Nachrichten
Ausgabe 3
September 2016
GESAMTSCHULE IN GB
Who Rules Britannia?
Über das Scheitern des britischen
Gesamtschulsystems
Mag. Gudrun Pennitz
Mitglied des ZA-AHS
E
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x-Premier Cameron war 7 Jahre Gefühle ausblenden und ein eigenarti­ zu dem Schluss, dass die Begabteren
alt, als er auf ein teures Internat ges Selbstverständnis entwickeln, das ihr Potenzial an Gesamtschulen nicht
geschickt wurde. Sein Weg über sie im späteren Leben in ihrer Entschei­ ausschöpfen können. Seit Jahrzehnten
folgt Großbritanniens öffentliches Schul­
Eton auf die Elite-Uni Oxford und dungsfähigkeit drastisch einschränke.
wesen jedoch einer rigorosen Gesamt­
in Folge in die Regierung war damit er­
öffnet. Im Zuge des Brexit-Desasters Warum aber kommen Großbritanniens schulpolitik, was zur Folge hat, dass
erschien online ein zwei Jahre alter har­ öffentliche Schulen für die Wohlhaben­ die allermeisten SchülerInnen, nämlich
scher Guardian-Artikel über die Auswir­ den und Mächtigen nicht in Frage? Weil 88 %, eine öffentliche Gesamtschule/
kungen von Englands Privatschulwesen das Gesamtschulwesen in Wahrheit comprehensive school besuchen müs­
auf die Psyche seiner Absolventen, der derart massive Defizite aufweist, dass sen. Gleichzeitig wird die Abhängigkeit
wohl Camerons unglückliches politi­ Duffels Wunsch nach einer Umwand­ des Bildungserfolgs vom sozialen Back­
sches Agieren aus der Sicht eines Psy­ lung der traditionellen Elite-Schmieden ground immer größer.3
chotherapeuten erklären sollte.
in öffentliche Bildungseinrichtungen
zwar verständlich ist, sich aber nicht so Die allgemeine Schulpflicht endet mit
„To change our politics, we’ll have to bald erfüllen wird, da diese zudem auch 16. Um das Abitur (A-level exams) und
somit die Hochschulreife zu erlangen,
change our education system“, resumiert noch ein Milliardengeschäft darstellen.
muss man die 2-jährige „sixth form“
Nick Duffel in seinem Artikel „Why boar­
ding schools produce bad leaders“ in „The most able students: are they doing absolvieren. Die ist an die meisten
der Online-Ausgabe des Guardian im as well as they should in our non-se­ comprehensive schools angeschlossen,
Juni 20141, in dem er die negativen Aus­ lective secondary schools? The report doch gibt es auch sehr viele sixth form
wirkungen der Privatschulerziehung auf made it clear that many of our most colleges, von denen wiederum etliche
die Psyche und den Charakter der poli­ able students who attend non-selec­ privat geführt werden und dement­
tischen Elite des Landes schonungslos tive secondary schools fail to achieve sprechend kostspielig sind. Wer einen
analysiert. Die Absolventen solch elitärer their potential compared with students Studienplatz an einer karriereverspre­
teurer Privatschulen seien nicht in der who attend selective and independent chenden Elite-Uni ergattern möchte,
Lage emotionale Intelligenz zu entwi­ schools.“ 2 Deutlicher als Ofsted (Office muss sich einen anspruchsvollen Schul­
ckeln, seien auf Überlebenskampf trai­ for Standards in Education), die briti­ abschluss sichern. Es ist eine Tatsache,
niert und hätten Probleme dabei, Fehler sche Variante unseres BIFIE, kann man dass sich Bildungshungrige, die aus fi­
einzugestehen. So manche blieben ihr es nicht aussprechen: Die britischen nanziellen Gründen auf das öffentliche
Leben lang unreife Kindsköpfe. Viele Gesamtschulen haben nicht nur ein ge­ Schulsystem angewiesen sind, aber an
Zöglinge könnten diese Institute psy­ waltiges Image-Problem, sondern auch einer der berühmten Universitäten wie
chisch nur überstehen, indem sie ihre ein Qualitätsproblem. Studien kommen Oxford und Cambridge aufgenommen
werden wollen, um die begehrten Plät­
ze an guten sixth form colleges raufen.
Ein „normaler“ Schulabschluss an ei­
ner beliebigen comprehensive school
oder ein Studium an einer beliebigen
öffentlichen Uni erweisen sich leider oft
als Sackgasse und führen nicht selten
in die Arbeitslosigkeit. Immerhin weist
Großbritannien mit einer doppelt so ho­
hen Akademikerquote wie Deutschland
eine doppelt so hohe Jugendarbeitslo­
sigkeit auf.4
Gerade einmal 4 % eines Jahrgangs
ergattern einen Platz an einer der we­
nigen verbliebenen öffentlichen gram­
mar schools, die unserem Gymnasium
entsprechen und deren sixth forms
qualitativ hochwertig sind. Obwohl nur
8
GESAMTSCHULE IN GB
Ausgabe 3
September 2016
Nachrichten
Die berufliche Laufbahn hängt also sehr
stark davon ab, ob man für sein Kind
einen der raren grammar school-Plätze
ergattert oder für einen Platz in einer
Privatschule mehr zu zahlen in der Lage
ist, als andere im Monat verdienen. Die
Auswirkungen eines solchen Systems
der sozialen Ungleichheit auf die Ge­
sellschaft wurden 2014 in einer Studie
der „Social Mobility and Child Poverty
Commission“ aufgedeckt. „Elitist Bri­
tain?“5 nennt Zahlen, die eine dramati­
sche Überrepräsentanz von EliteschulAbsolventen in Politik, Wirtschaft, den
Medien und in der Justiz belegen.
71 % aller OberrichterInnen, 62 % der
hohen Offiziere, 55 % der Staatssekre­
tärInnen, 53 % der DiplomatInnen, 50 %
der Mitglieder des Oberhauses, 43 %
aller ZeitungskolumnistInnen, 43 % al­
ler Parlamentsabgeordneten – die Liste
ließe sich fortsetzen – sie alle besuch­
ten Privatschulen. 75 % aller Oberrich­
terInnen, 59 % aller Kabinettsmitglieder,
57 % der StaatssekretärInnen, 44 % der
InhaberInnen von Führungspositionen
in der öffentlichen Verwaltung, 33 % der
leitenden Angestellten der BBC – auch
diese Liste lässt sich fortsetzen und
kann noch durch Theresa May (die neue
Premierministerin) ergänzt werden –
sind AbsolventInnen von Oxford oder
Cambridge. 61 % aller ÄrztInnen matu­
rierten an einer Privatschule, nur 16 %
waren auf einer comprehensive school!
Alle diese Zahlen sprechen Bände.
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7 % aller britischen SchülerInnen eine
teure Privatschule, eine sogenannte
„independent school“, besuchen, für die
Eltern bereit sind, Unsummen hinzu­
blättern, produzieren diese die Führungs­
schicht des Landes.
schul-Ideologie verschrieben hat und in to keep up academically with their more
dem traditionelle Lehrinhalte und Un­ affluent peers.“ 8 Diese Erkenntnis des
terrichtsmethoden als Bevormundung englischen Bildungsforschers John Jer­
der Mittelklasse durch die Oberschicht rim sollte uns dankbar sein lassen für
abgelehnt werden6, hat man es ver­ unsere eigene vielfältige und zugleich
absäumt, eine breitere Ressource an durchlässige Schullandschaft. Gerech­
Talenten heranzuziehen. Der Anteil der tigkeit besteht eben nicht darin, dass
Bevölkerung, der die Verantwortung für alle Kinder nach demselben Lehrplan
die Geschicke des Staates trägt, ist für denselben Schulabschluss erreichen
eine moderne Demokratie beunruhi­ müssen. Unsere Gymnasien bieten al­
len Bildungsinteressierten eine fundier­
gend gering gestreut.
te Grundlage für eine erfolgreiche spä­
„In a democratic society, institutions tere Laufbahn, und zwar ohne Ansehen
– from the law to the media – derive von Geburt und Kontostand der Eltern.
their authority in part from how inclu­ Hier von sozialer Ungerechtigkeit zu
sive and grounded they are. Locking out schwadronieren zeugt von allzu großer
a diversity of talents and experiences Kurzsichtigkeit beim Blick über den Tel­
makes Britain’s leading institutions less lerrand!
informed, less representative and, ulti­
mately, less credible than they should P.S. Die neue Regierung auf der Insel
be. Where institutions rely on too nar­ denkt inzwischen bereits laut darüber
row a range of people from too narrow nach, wieder mehr grammar schools
a range of backgrounds with too narrow zuzulassen.
a range of experiences they risk beha­
ving in ways and focussing on issues 1 www.theguardian.com/education/2014/jun/09/
boarding-school-bad-leaders-politicians-bulliesthat are of salience only to a minority
bumblers?
2 Ofsted (Hrsg.), „The most able students“ (März 2015),
but not the majority in society.“7
Hier wird offensichtlich, wie weit dieses
Land von einer Gesellschaft entfernt
ist, in der jeder die gleichen Chancen
hat. John Major drückte es so aus: „In Sind es aber nicht gerade jene, die der
every single sphere of British influence, Bevölkerung Einheitsschulen als Beitrag
the upper echelons of power in 2013 are zur sozialen Gerechtigkeit verkaufen,
held overwhelmingly by the privately die selber auf Privatschulen „kaderge­
educated or the affluent middle class.“ schmiedet“ wurden, die politische Elite?
Macht, Einfluss und Geld bilden in Groß­
britannien eine dominierende Allianz.
„Disadvantaged children who are doing
well in school at age 10 in Germany
Indem jedoch die breite Masse auf ein have access to high-quality Gymnasien,
staatliches Schulsystem angewiesen ist, which can potentially provide the edu­
das sich seit Jahrzehnten der Gesamt­ cational resources these children need
S. 4
3 Vgl. Univ.-Prof. Dr. Timothy Besley u. a., „Investing
for Prosperity: Skills, Infrastructure and Innovation“
in „National Institute Economic Review“, No. 224,
Mai 2013, R6
4 Vgl. Julian Nida-Rümelin u. a., in: „Auf dem Weg in
eine neue deutsche Bildungskatastrophe“ (2015), S. 38
5 Elitist Britain? Report of the Social Mobility and
Child Poverty Commission on social mobility in
Great Britain. First published 28.8.2014.
6 Vgl. Daisy Christodoulou, in: „Seven Myths about
Education“, Routledge 2014.
7 Vgl. Elitist Britain? a.a.O.
8 Dr. John Jerrim, in: „The Socio-Economic Gradient
in Teenagers’ Reading Skills: How Does England
Compare with Other Countries?“ in „Fiscal Studies“,
2012, vol. 33, no. 2, S. 176f.
9
Österreichischer Schulleiterkongress
29. November 2016
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Karch
Dr. Paul
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Prof. MMag. Dr.
Dogan Güngör Manfred Oberlechner
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Regenthal
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Aschenbach
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Meraner
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Kongressprogramm ÖSLK 2016
09:00 – 09:30 Uhr Begrüßung und Eröffnung des ÖSLK 2016
HV 7
ÖSLK
09:30 – 10:15 Uhr Hauptvortrag
Brennen statt ausbrennen – Wie Sie mit gesunder Führung nachhaltig Höchstleistungen im Schulalltag erreichen
Dr. Jörg-Peter Schröder, Arzt, Führungscoach und Burnout-Experte
Dieser Hauptvortrag zeigt Ihnen Wege auf, zu einem sinnvollen Umgang mit Belastungen, chronischem Stress, Erschöpfungssymptomen und sich selbst zu
kommen. Ihnen werden Wege aufgezeigt, kostbare Energiereserven zu bewahren und unnötigem Verschleiß vorzubeugen.
10:15 – 10:45 Uhr Kaee & Snacks, Networking und Besuch der begleitenden Fachausstellung
Gute Gespräche fördern Beziehungen – Grundlagen und
Haltungen des Systemischen Coachings
Mag. Bed. Renate Leeb-Brandstetter
Fort- und Ausbildung, Pädagogische Hochschule Oberösterreich
Wandel von Bildung und Schule in einer transnationalen
Gesellschaft – Chancen erfolgreich nutzen
Dipl. Soz. Kenan Dogan Güngör
Experte für Integrations- und Diversitätsfragen
PK 2
PK 7
Migration bildet! – Anforderungen an diversitätspädagogische Kernkompetenzen im Schulleitungsalltag
Prof. MMag. Dr. Manfred Oberlechner
Hochschulprofessor, Pädagogische Hochschule Salzburg
PK 16
PK 3
PK 15
ÖSLK
PK 1
10:45 – 12:15 Uhr Praxiskurse Teil I
Chancen und Grenzen der Autonomie der Schule –
Erfahrungen aus Südtirol
Dr. Rudolf Meraner
Leiter des Bereichs Innovation und Beratung im dt. Bildungsresort
Ärger war gestern – Mit neuer Ärger-Intelligenz zu
dauerhafter Gelassenheit im Schulleitungsalltag
Philipp Karch
Coach, Trainer, Moderator
Mission Führung: Die Kunst, Menschen zu lesen –
Personality Profiling in der Schulleitung
Leo Martin
Ex-Geheimagent, Kriminalist, Bestsellerautor
12:15 – 13:45 Uhr Mittagsbuffet, Networking und Besuch der begleitenden Fachausstellung
Gute Leitung, bessere Leistung! Die wichtigsten Strategien
für erfolgreiche Schul- und Unterrichtsentwicklung
Prof. Dr. Michael Schratz
Dekan der School of Education an der Universität Innsbruck
PK 6
PK 11
Personalführung zwischen Effizienz und Menschlichkeit –
So gelingt Ihnen wertschätzende Führung
Gerhard Regenthal
Leiter und Inhaber der Corporate Identity Akademie Braunschweig
Classroom-Management als Schulentwicklung –
Bringen Sie Ihre Schule nach vorn!
Christoph Eichhorn
Diplom-Psychologe, Gründer von classroom-management.ch
„All inclusive?“ – Servant Leadership und Change Management als Werkzeuge auf dem Weg zur inklusiven Schule
Dr. Jörg Mußmann
Hochschulprofessor, Päd. Hochschule Oberösterreich, Linz
PK 14
PK 10
Transition: Ansprüche an die Gestaltung des Übergangs
vom Kindergarten in die Schule
Mag.a Petra Koder
Dozentin an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich
PK 13
ÖSLK
PK 5
13:45 – 15:15 Uhr Praxiskurse Teil II
Der Problem-Lehrer – Wie Sie schwierige Lehrer
erfolgreich und langfristig in die Spur bringen
Dr. Wolfgang Bott
MR. i.R., ehem. Hessisches Kultusministerium
15:15 – 15:45 Uhr Kaffee & Kuchen, Networking und Besuch der begleitenden Fachausstellung
Souveränität siegt! – So handeln Sie auch in heikelsten
Situationen jederzeit selbstsicher und kompetent
Peter Holzer
Geschäftsführer Peter Holzer Unternehmensberatung
Mucksmäuschenstill! – Lärmprävention in Bildungseinrichtungen erfolgreich umsetzen
Mag.a Katharina Takacs
Gesundheitspsychologin
PK 8
Autonomie, Accountability und Anomie – Antwortstrategien
von Schulen und Schulaufsicht für die autonome Schule
Dr. Paul Reinbacher
Leiter der Koordinations- und Servicestelle Qualitätsmanagement
PK 12
Zukunftssicherung durch Nachwuchsförderung – Beugen
Sie dem Führungskräftemangel an Ihrer Schule effektiv vor
Dr. Caroline Lanz
Studienleiterin / Fachleiterin; Institution: Päd. Hochschule Luzern
Beschwerde als Chance – Erfolgreiches Beschwerdemanagement im Schulalltag etablieren
Regierungsrätin Mag.a Monika Prock
Pflichtschulinspektorin, Stadtschulrat Wien
PK 18
PK 9
PK 17
ÖSLK
PK 4
15:45 – 17:15 Uhr Praxiskurse Teil III
Emotionale Kompetenz – Schulleitungsalltag durch
effektives Emotionsmanagement entlasten
Katrin Aschenbach
Trainerin & system. Coach
17:15 – 17:30 Uhr Kaffeepause, Networking und Besuch der begleitenden Fachausstellung
HV 2
ÖSLK
17:30 – 18:15 Uhr Hauptvortrag II
Lern-Lust statt Lern-Frust – So stellen Sie die Weichen für nachhaltiges Lernen
Reinhard Kahl, Erziehungswissenschaftler, Journalist und Filmemacher
Erleben Sie in diesem Vortrag einen interessanten und kritischen Blick auf das Lernen in Schulen und lassen Sie sich gleichzeitig inspirieren, den Trott von
Lernüber- und Unterforderung zu verlassen und sich auf den eigenen Weg zu machen.
oder per E-Mail anmelden: [email protected]
Nachrichten
Ausgabe 3
September 2016
E LT E R N S T U D I E
Was Eltern wollen – Ein Blick
in die „Allensbachstudie”
Mag. Helmut Jantschitsch
Generalsekretär der ÖPU
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„Was Eltern wollen – Informations- und Kluft auftut, ist uns bestens bekannt.
Unterstützungswünsche zu Bildung und Die Allensbach-Studie liefert einige Er­
Erziehung“, unter diesem Titel wurden klärungsansätze dazu:
2015 die Ergebnisse einer Befragung
„Ein grundlegendes Problem vieler Eltern
des Instituts für Demoskopie Allens­
liegt, ganz unabhängig von ihrem so­
bach im Auftrag der Vodafone Stiftung
zialen Status, darin, dass sie sich nicht
1
Deutschland publiziert.
genügend Zeit für ihre Kinder nehmen
Ebenso erstaunlich wie erfreulich liest können. Dies hängt vor allem mit den
sich die Prioritätenliste (siehe Tabelle), beruflichen Belastungen zusammen.
die sich Eltern für ihre Erziehungsauf­ Mangelnde Zeit beklagen weit über­
gabe selbst setzen:
wiegend die in aller Regel berufstätigen
Väter, in gleichem Maße aber auch die
„Eltern haben klare Vorstellungen darü­
Mütter, die Vollzeit berufstätig sind“ 3
ber, welche Werte und Fähigkeiten sie
ihren Kindern vermitteln wollen. An der „Die Kindererziehung ist aus Sicht der
Spitze stehen vor allem soziale Kompe­ Mehrheit der Eltern generell schwie­
tenzen wie Höflichkeit, Verantwortungs­ riger geworden. Auch diese Überzeu­
bewusstsein, Ehrlichkeit und Aufrichtig­ gung wird zwar überdurchschnittlich
keit. Für die überwiegende Mehrheit von Eltern aus den schwächeren sozia­
der Eltern ist es auch selbstverständlich, len Schichten geäußert, ist jedoch auch
dass ihre Kinder im Elternhaus Durch­ bei anderen Eltern weit verbreitet.“ 4
haltevermögen, Hilfsbereitschaft und
In harten wirtschaftlichen Zeiten wächst
ein selbstbewusstes Auftreten lernen
die Einsicht in die Bedeutung von Bildung:
sollten. Jeweils rund zwei Drittel sind
überzeugt, dass auch Eigenschaften „Dabei sind Eltern aus sozial schwäche­
wie Sorgfalt, Leistungsbereitschaft und ren Schichten im Hinblick auf die Zukunft
Ehrgeiz für den weiteren Werdegang ihrer Kinder ausgesprochen aufstiegsori­
ihrer Kinder unerlässlich sind.“ 2
entiert. Rund zwei Drittel ist es wichtig,
dass es ihren Kindern später einmal bes­
Dass sich zwischen den guten Vorsät­
ser geht als ihnen selbst. (> 28) Dass da­
zen und der tatsächlichen Umsetzung in
für eine gute Bildung eine wesentliche
der alltäglichen Erziehungspraxis eine
Voraussetzung ist, ist unter ihnen genau­
so Konsens wie bei Eltern aus höheren
Das sollten Kinder im Elternhaus lernen:
und mittleren sozialen Schichten.“ 5
Höflichkeit, gutes Benehmen
Verantwortungsbewusstsein
Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit
Durchhaltevermögen
Hilfsbereitschaft
Selbstbewusstsein, sicheres Auftreten
Gute, vielseitige Bildung
Selbständigkeit
Pünktlichkeit
Toleranz
89 %
85 %
84 %
79 %
79 %
79 %
77 %
77 %
69 %
68 %
Quelle: Was Eltern wollen – Informations- und Unterstützungswünsche zu Bildung und Erziehung, Studie
im Auftrag der Vodafone Stiftung Deutschland, Düsseldorf 2015, Seite 20
12
den Befunden dieser Studie abzeichnet.
70 % der befragten Eltern nutzen per­
sönliche Beratungsangebote der Lehr­
kräfte und 64 % der Eltern sagen, dort
bekommt man gute Ratschläge – ein
Punkt, bei dem sich Eltern aller sozialer
Schichten einig sind (> 34).“ 7
Unsere Forderung nach Entlastung, um
mehr Zeit für Elternberatung u.ä. zu
haben, wird durch die Studie ebenfalls
unterstrichen:
„Insgesamt zeigen diese Daten sehr
deutlich, dass der Schule eine zentrale
Funktion als Ansprechpartner für El­
tern mit Schulkindern zukommt. Dies
unterstreicht das positive Potenzial, das
Schule in dieser Hinsicht birgt. Aller­
dings ist die Elternarbeit an Schulen
vielfach noch unterentwickelt, die hier­
für verfügbare Zeit der Lehrkräfte ist
knapp bemessen und die Vorbereitung
auf diese Aufgabe im Verlauf des Stu­
diums und Referendariats ist in aller
Regel schwach (Walper & Wild, 2015).“ 8
Abschließend seien noch zwei Zitate
angefügt, die manch „progressiven“
ExpertInnen nicht schmecken werden,
die aber nicht dick genug unterstrichen
werden können:
„Dass nicht jegliche Art gewährter Frei­
heiten zu einer positiven Entwicklung
der Kinder beiträgt, sondern dass im
Gegenteil elterliche Lenkung und Konse­
Erfreulich ist auch das hohe Maß an Ver­
quenz in der Erziehung ein wesentlicher
trauen, das uns Lehrerinnen und Lehrern
Baustein entwicklungsförderlicher Erzie­
entgegengebracht wird:
hung darstellt, hat vor allem die Erzie­
„Rund 70 % aller Eltern wenden sich hungsstilforschung deutlich gemacht.“ 9
bevorzugt an (Beratungs-)Lehrer oder
„Zahlreiche Befunde unterstreichen, dass
sie befragen andere Eltern (69 %). Leh­
ein liebevoll-zuwendungsvoller aber zu­
rer genießen unter den verschiedenen
gleich auch angemessen lenkender, kon­
Ansprechpartnern auch mit Abstand
sequenter „autoritativer“ Erziehungsstil
das größte Vertrauen, quer durch alle
besonders förderlich ist.“ 10
Schichten“ 6
„Betrachtet man, an wen sich die Eltern
wenden, wenn sie Fragen zur Erziehung
oder Bildungsbelangen ihrer Kinder ha­
ben (> 33), so überrascht zunächst die
hohe Bedeutung der Lehrkräfte und
der Beratungslehrer/innen, die sich in
1 Was Eltern wollen – Informations- und Unterstützungs­
wünsche zu Bildung und Erziehung, Studie im Auftrag
der Vodafone Stiftung Deutschland, Düsseldorf 2015
2 Ebenda S. 8
3 Ebenda S. 8
4 Ebenda S. 9
5 Ebenda S. 12
6 Ebenda S. 7
7 Ebenda S. 24
8 Ebenda S. 24
9 Ebenda S. 21
10 Ebenda S. 21
A U S S T E L L U N G / D I Y- W E R K S TAT T
Ausgabe 3
September 2016
Zukunft war damals
Die 70er auf der Schallaburg
selbst in die Hand. Unter dem Motto
der kollektiven Mitgestaltung steht das
Vermittlungsangebot und das WorkshopProgramm für Schülerinnen und Schüler
auf der SchaIIaburg. Ob in Workshops,
alleine oder in der Gruppe für jede Al­
tersstufe: Sogenannte Debattenräume
als Teil der Ausstellung geben Platz für
Fragen und Diskussionen. Sie bieten Ge­
legenheit, Themen der Ausstellung und
Fragen der Gegenwart zu diskutieren.
Workshops für Gruppen –
Die „Do-it-yourself-Werkstatt“
Wer sich noch intensiver mit Vor­
stellungen der 70er beschäftigen
will, dem seien unsere WorkshopProgramme für Gruppen ans Herz
gelegt. Sie laden dazu ein, Ideen für
eine andere Welt zu entwerfen.
Foto: © Katharina Vonow | COOP HIMMELB(L)AU „Unruhige Kugel“, 1971
Niederösterreich
3382 Schallaburg 1
02754 6317
www.schallaburg.at
Welt besetzen, Welt erfinden
(für Sechs- bis Zehnjährige)
Wir beschäftigen uns mit Regeln und
ihren Herausforderungen: Warum
sollen wir Regeln befolgen? Halten
sich alle immer daran? Können wir
auch Regeln machen?
Zurück in die Zukunft
(für Zehn- bis 14-Jährige)
Wir reisen in die Vergangenheit der
70er und in die Zukunft des Jahres
2070. Welche Wünsche und Utopien
von Zukunft gibt es? Wie finden sie
Ausdruck?
© Martina Siebenhandl
D
ie 70er waren bewegte Zeiten.
Die Zivilgesellschaft begann
sich zu regen. Teilhabe und Mit­
bestimmung, heute selbstver­
ständlich, haben ihre Wurzeln in diesem
Jahrzehnt: in den Anfängen von Öko­
logie-, Friedens- und Anti-AKW-Bewe­
gungen. Die Handlungsmöglichkeiten
von damals sind aktueller denn je: ob in
Gemeinschaftsbüros, Urban Gardening,
Reparatur-Cafés oder Flüchtlingshilfe I.G.
Selbstbestimmung statt Fremdbestim­
mung. Ein neues Bewusstsein bahnt
sich den Weg – man nimmt die Zukunft
Nachrichten
Der Teil, den wir nehmen
(für Jugendliche und junge Erwach­
sene) Soziale Bewegungen, solida­
rische Ökonomien, offene Grenzen:
Welche Forderungen und Lebensent­
würfe der 70er sind weiterhin aktuell?
schaIIaburg.at
13
tessenzen
QUINtessenzen.at
Mag. Dr. Eckehard Quin, Vorsitzender der AHS Gewerkschaft
www.
Gestriges Geschwätz?
A
m 9. Juni 2016 wurde eine neue OECD-Studie1 prä­
sentiert. Kurz nach der Pressekonferenz erschienen
die Pressemeldungen dazu. Ein paar zusammenfas­
sende Aussagen:2
1.Im österreichischen Schulwesen gebe es „keine Ressourcen­
knappheit“.
Faktum: Im OECD-Mittel sind die Investitionen ins Schulwe­
sen zwischen 1995 und 2012 leicht gestiegen (von 3,6 auf
3,7 % des BIP). In Österreich hingegen wurden sie um ein
Viertel reduziert (von 4,2 auf 3,1 % des BIP). Österreich feh­
len damit laut OECD für eine lediglich mittelmäßige Finanzie­
rung des Schulwesens 0,6 % des BIP.3 Das klingt so wenig.
In Wirklichkeit sind das jedoch mehr als zwei Milliarden Euro
jährlich, die dem Schulwesen derzeit vorenthalten werden.4
2.„Die schulische Infrastruktur sei generell gut bis sehr gut,
die Arbeitsbedingungen der Lehrer unter anderem auf­
grund der geringen Klassengrößen ebenso.“
Faktum: Zumindest im AHS-Bereich erfüllen die meisten Ge­
bäude nicht einmal die beleidigenden Vorgaben der BundesArbeitsstättenverordnung, die – Belüftungsmöglichkeiten
vorausgesetzt – in Schulen 5 m³ Luftraum pro Person vorse­
hen, also 2 m² Bodenfläche bei einer Raumhöhe von 2,5 m.
Gemäß 1. Tierhaltungsverordnung steht selbst einer Sau in
Gruppen ab 40 Tieren eine Fläche von 2,05 m² zur Verfügung.
Ich würde mich bereits über türkische Rahmenbedingungen
an unseren Schulen freuen. Denn die Türkei lag hinsichtlich
des pädagogischen und administrativen Supportpersonals
beim ersten Durchgang der TALIS-Studie laut OECD unter den
23 teilnehmenden Staaten an vorletzter Stelle. Dahinter, weit
abgeschlagen auf dem letzten Platz, fand man Österreich …5
3.„Kritik an kleinen Klassen“
Faktum: Die durchschnittliche Klassengröße in der Sekundarstu­
fe I liegt in den von unseren „BildungsexpertInnen“ hoch ge­
lobten Vorbildern Finnland und Südtirol bei 19,0 SchülerInnen,
in der AHS-Unterstufe sind es 24,0 und im OECD-Mittel 23,6.6
4.„Mehr Chancengleichheit brächte nach Ansicht der OECD
die Einführung einer gemeinsamen Schule der Zehn- bis
14-Jährigen.“
Faktum: Abgesehen davon, dass die Leistungen der österrei­
chischen 15-Jährigen im internationalen Vergleich weit besser
liegen als die unserer 10-Jährigen, dass also in der differenzier­
ten Unterstufe der Rückstand nach der Gesamtschule Volks­
schule deutlich abgebaut wird7, gibt es in allen Staaten einen
starken Zusammenhang zwischen den Leistungen der Schü­
lerInnen und dem sozioökonomischen und kulturellen Niveau
ihrer Eltern.8 Österreich liegt dabei laut OECD im Mittelfeld.9
Wenn ich die Fakten mit den jetzt erhobenen Behauptungen
kontrastiere, stellt sich mir die Frage, ob die OECD ihre eige­
nen Publikationen vergessen hat oder gar der Konrad Ade­
nauer zugeschriebenen Auffassung folgt: „Was interessiert
mich mein Geschwätz von gestern?“
Eine positive Forderung konnte ich in der Berichterstattung aller­
dings auch finden: „Für Lehrer schlägt der Bericht „Review zu
Schulressourcen“ eine 40-Stunden-Woche vor.“ 10 Das wür­
de eine massive Arbeitszeitverkürzung bedeuten. Die durch­
schnittliche wöchentliche Arbeitszeit österreichischer Lehrkräfte
beträgt nämlich 44,88 Stunden. Mehr als ein Viertel aller Lehre­
rInnen kommen sogar auf eine durchschnittliche wöchentliche
Arbeitszeit von über 50 Stunden, wie das Ludwig Boltzmann
Institut festgestellt hat.11 Also: Her mit der 40-Stunden-Woche!
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1 OECD (Hrsg.), Reviews of School Resources: Austria (2016).
2 Siehe OECD kritisiert ineffizientes Bildungssystem. In: ORF online vom 9. Juni
2016.
3 Siehe OECD (Hrsg.), Education at a Glance 2014. OECD Indicators (2014), Table
B2.2 und OECD (Hrsg.), Education at a Glance 2015. OECD Indicators (2015), Table
B2.2.
4 Lt. Statistik Austria lag das österreichische Bruttoinlandsprodukt 2015 bei rund
337,2 Milliarden Euro.
5 Siehe BIFIE (Hrsg.), Talis 2008: Schule als Lernumfeld und Arbeitsplatz. Vertiefende Analysen aus österreichischer Perspektive (Graz 2010), S. 131.
6 Siehe OECD (Hrsg.), Education at a Glance 2015, Table B3.1, Südtirols Landes­
institut für Statistik (Hrsg.), Bildung in Zahlen 2013-2014“ (2014), S. 39 und
Statistik Austria (Hrsg.), Bildung in Zahlen 2014/15. Tabellenband (2016), S. 82.
7 Siehe Gerhard Riegler, Facts statt fakes. In: gymnasium vom Jänner/Februar
2014, S. 17.
8 „PISA 2012 shows a strong relationship between ESCS index and student performance observed in all countries. Family background is crucial for student achievement.“ OECD (Hrsg.), Teacher Remuneration in Latvia. An OECD Perspective
(2014), S. 31.
9 Siehe dazu OECD (Hrsg.), Excellence through Equity: Giving Every Student the
Chance to Succeed (2013), Figure II.2.6.
10 OECD kritisiert ineffizientes Bildungssystem.
11 Ludwig Boltzmann Institut (Hrsg.), Gesundheit und Gesundheitsverhalten von
Österreichs Lehrer/innen (2012), S. 17.
14
ÖFFENTLICH GESAGT
Ausgabe 3
September 2016
„Schon lang gehört LehrerBashing zum guten Ton. Dabei
wird völlig vergessen, dass
das stetig sinkende gesell­
schaftliche Ansehen der Leh­
rer für Österreich zunehmend
zum Problem wird.“
Mag. Julia Neuhauser,
Die Presse online am 30. Juni 2016
„Das Beispiel Frankreich zeigt,
wie gefährlich gerade die Ju­
gendarbeitslosigkeit ist: Sie ist
eine tickende Zeitbombe!“
Dr. Gudula Walterskirchen,
Die Presse vom 4. Juli 2016
„Im Ministerium und im Bifie
werden viele Reformen am
grünen Tisch erdacht, ohne
mitzubedenken, was diese
für den Schulalltag bedeuten.
Lehrer und Schulleiter erhal­
ten Vorgaben von oben, die
sich häufig in der Praxis als
untauglich erweisen.“
Mag. Ute Brühl,
Kurier online am 1. Juli 2016
„So viele Kinder wie noch nie
zuvor verfügen mit dem Ein­
tritt in die sogenannte Schul­
reife noch nicht einmal über
ausreichendes Selbstmanage­
ment, um überhaupt einem
Unterricht folgen zu können,
sind also schwer beschulbar.“
Prof. Dr. Martina Leibovici-Mühlberger,
Ärztin und Psychotherapeutin,
www.news4teachers.de am 5. Juli 2016
„Österreich kann nicht nur gut
mithalten, hinsichtlich der
Aufwärtsmobilität unter Stu­
dierenden liegt unser Land
sogar im Spitzenfeld der euro­
päischen Staaten. Der inter­
nationale Vergleich weist für
Österreich einen Anteil von 67
Prozent an Studierenden aus,
bei denen kein Elternteil ei­
nen akademischen Abschluss
hat. Damit liegt Österreich an
vierter Stelle im europäischen
Vergleich.“
Mag. Dr. Wolfgang Feller,
„Österreich, Land der
Bildungsaufsteiger“ (2016), S. 10
Nachrichten
„Ich bin immer für mehr Trans­
parenz, aber es ist zu befürch­
ten, dass eine Veröffentlichung
der Schulergebnisse massive
negative Konsequenzen hätte“
Gernot Schreyer, Akad. FDL, Präsident des
Bundesverbandes der Elternvereine an
mittleren und höheren Schulen,
Die Presse online am 5. Juli 2016
„Die Emsigkeit beim Schliff der
Kompetenzen, die in ehrgeizi­
gen und ihre Kinder drillenden
Staaten wie Südkorea vor­
herrscht, werden wir nie er­
reichen – und sollten wir auch
gar nicht erreichen wollen.“
Univ.-Prof. Dr. Rudolf Taschner,
Wissenschaftler des Jahres 2004,
Die Presse online am 23. Juni 2016
„Gerade als Lehrerinnen und
Lehrer erhalten Sie viel zu sel­
ten jene Wertschätzung, die
Ihre Arbeit mit den uns anver­
trauten Kindern verdient.“
Mag. Johann Heuras,
Landesschulratspräsident NÖ,
Schreiben an die LehrerInnen
Niederösterreichs vom 27. Juni 2016
Chancen bieten und ergreifen
Eigenverantwortung und Systemgestaltung in der Begabungsförderung
In welchem Zusammenhang stehen Chancengerechtigkeit und Begabungsförderung?
Welche Lernarrangements ermöglichen individuelle Potenzialentfaltung?
Der 9. Internationale Kongress des ÖZBF – Österreichisches Zentrum für Begabtenförderung
und Begabungsforschung – behandelt diese und viele weitere Fragen.
In unseren Bildungslandschaften und
-prozessen findet ein Umbruch statt:
Lernanlässe werden immer vielfältiger und individueller. Lernorte sind
längst nicht mehr auf klassische Bildungsinstitutionen beschränk t. Im
Fokus des Kongresses steht die aktive Gestaltung von begabungsförderlichen Strukturen durch und für jeden
Einzelnen.
Inhaltliche Schwerpunkte
•
•
•
•
•
Begabungslandschaften gestalten
Bildungszusammenarbeit konkret
Begabungsfördernde Lernsettings
Eigen-Verantwortung stärken
Chancengerechtigkeit durch Begabungs förderung?
Die Hauptvorträge halten: Roland Grabner (Universität Graz), Margaret Sutherland
(University of Glasgow), Michael Bruneforth (Bundesinstitut bifie) und Christine Pauli
(Universität Freiburg).
Information und Anmeldung
www.oezbf.at/kongress2016
ÖZBF-Kongress 2 16
20.-22. Oktober in Salzburg
15
Nachrichten
Ausgabe 3
September 2016
K O N F R O N TAT I V E PÄ D A G O G I K
Konfrontative Pädagogik –
„Heißer Stuhl” oder
„Heiße Luft”?
Mag. Verena Hofer
Mitglied im Zentralausschuss AHS
Definition
Unter „Konfrontativer Pädagogik“ ver­
steht man unterschiedliche Methoden
und Handlungsstrategien wie AntiAggres­sivitätstrainings, Coolnesstrai­
nings oder Konfrontatives Soziales
Training. Darunter subsumiert werden
weitere Module wie der Heiße Stuhl, die
aktivierende Ressourcenkonfrontation,
opferorientierte Sozialarbeit, Täter-OpferAusgleich, Positive Peer Culture oder
das Psychodrama. Das Handlungsfeld
der Konfrontativen Pädagogik spannt
sich von der Kriminaldiagnostik bis zum
Fußballverein. Ihnen gemeinsam ist laut
Rainer Kilb „ein methodisches Verfahren
im Kontext eines auf Demokratie und
auf Förderung von Selbstverantwortung
des Klienten/der Adressaten zielenden
erzieherischen Prinzips.“1 Dabei wird die
Konfrontation des Klienten2 mit seiner
Tat als „ultima ratio bzw. als Vorstufe
z. B. einer institutionellen Exklusion“3
verstanden. Heißt: Vorstufe vor der Haft­
16
strafe. Dabei steht im Vordergrund, den
Klienten zu einer verantwortungsbe­
wussten Selbststeuerungsfähigkeit hin
zu coachen. Kilb stellt fest, dass in der
heutigen Zeit vielen Jugendlichen diese
Kompetenz fehlt – zu der es auch zählt,
sich den ständig in Veränderung befindli­
chen Normen der Gesellschaft anzupas­
sen und diese auch mitzugestalten.4
mit seinem fehlgeleiteten Handeln kon­
frontiert wird. Das ständige Nachhaken
des Coachs bzw. der Peer Group provo­
ziert die Person auf dem Heißen Stuhl
zu detaillierten Schilderungen des Tat­
hergangs, der Tatmotive, der eigenen
Emotionen, Emotionen des Opfers etc.
Der Klient darf sich dabei weder recht­
fertigen noch handgreiflich werden („no
touch“), sondern muss zuhören und
Rede und Antwort stehen. Jedoch wird
ihm ein jederzeit mögliches Stop-Recht
eingeräumt. Ziel ist neben der weiteren
Prävention die Einsicht in das aggressi­
ve, abweichende Verhalten sowie das
Entwickeln von Bewältigungsstrategi
en und einem Bewusstsein für gesell­
schaftliche Normen.
Der Heiße Stuhl
Kernstück der Konfrontativen Pädagogik
ist der Heiße Stuhl, bei dem der Klient
von der Peer Group bzw. vom Coach
Konfrontative Pädagogik in der Schule?
Die Lektüre zeigt, dass sich das Hand­
buch hauptsächlich an Fachkräfte in der
Sozialarbeit, im Jugendstrafvollzug oder
in der Psychologie richtet, aber für die
einzelne Lehrperson in der Schule nur
bedingt geeignet ist. Lediglich ein von
rund 40 Aufsätzen behandelt explizit
das Handlungsfeld Schule. Vorgestellt
wird das in Hamburg etablierte „Coolin-School-Training“ (mehrstündige Trai­
nings zur Verhaltensänderung und För­
derung prosozialer Verhaltensweisen).
Bild lizenziert von BigStockPhoto.com
I
st es eine Berufskrankheit, wenn
man als Lehrperson beim Begriff
„Pädagogik“ fast reflexartig an das
Arbeitsfeld Schule denkt? Der Titel
„Handbuch Konfrontative Pädagogik.
Grundlagen und Handlungsstrategien
zum Umgang mit aggressivem und
abweichendem Verhalten“ von Jens
Weidner und Rainer Kilb (Hrsg.) ließe
jedenfalls einen deutlichen Zusammen­
hang erwarten. Beleuchtet werden in
rund 40 Aufsätzen verschiedene As­
pekte, Grundlagen und Methoden zum
Umgang mit aggressiven Jugendlichen.
Jedoch fokussiert der Großteil auf den
Jugendstrafvollzug und lässt konkrete
Handlungsstrategien für die einzelne
Lehrperson vermissen.
Ebenfalls wenig Bezug zur Schule
nimmt der Sprachgebrauch der Autoren:
Erstens wird – politisch korrekt – von
„Klienten“ bzw. „Adressaten“ gespro­
chen, was eher die Assoziation mit
Jugend-Straftätern als Schülern aufkom­
men lässt. Zweitens sind sicherlich jeder
Lehrperson Schüler mit „abweichendem
Verhalten“5 bekannt – doch muss ein ab­
weichendes Verhalten deshalb noch lan­
K O N F R O N TAT I V E PÄ D A G O G I K
Ausgabe 3
ge keine Straftat darstellen. Insofern ist len in einem hohen Maße statt – nicht
Konfrontative Pädagogik ein wenig vom zuletzt deshalb, weil uns das Support­
Nimbus der schwarzen Pädagogik um­ personal, das uns von genau diesen
geben, die gar nicht zu dem Bild passen Aufgaben entlasten sollte, fehlt. Vielfach
in den Schulen ver­
will, das wir tagtäg­
ankert ist die Me­
lich an Österreichs
thode des Heißen
Schulen vorfinden.
Aufarbeitung von Konflikt­ Stuhls (beispiels­
Den Vorwurf der
weise im Fach So­
schwarzen Pädago­
situationen wäre Aufgabe
ziales Lernen) – im
gik weist Weidner
von Support-Fachkräften!
Vergleich zur Arbeit
jedoch klar zurück.
im Jugendstrafvoll­
Er bezeichnet sein
zug aber definitiv
Konzept zwar als
„interventionistisch“, aber als „gerade in einer Light-Version. So erweckt der
Linie mit Herz“6. Diese Definition kön­ Heiße Stuhl, wie er von Klaus Röskens
nen vermutlich viele Lehrkräfte unter­ als Baustein des Anti-Aggressivitätsschreiben. Was aber diese „gerade Linie Trainings zur Behandlung von Gewalttä­
mit Herz“ konkret ausmacht, sucht man tern7 skizziert wird, fast den Eindruck ei­
im „Handbuch Konfrontative Pädago­ nes Tribunals. Realität ist, dass wohl die
gik“ leider vergeblich.
wenigsten Lehrpersonen entsprechend
psychologisch ausgebildet sind, um den
Dennoch lassen sich in der gelebten Heißen Stuhl in seiner ganzen Dimen­
schulischen Praxis Einflüsse festma­ sion professionell begleiten zu können.
chen: Es darf wohl schlichtweg als ge­ Die Be- und Aufarbeitung von Konfliktsi­
lebter Bestandteil der Lehrerprofession tuationen wäre wohl Aufgabe von qua­
erwartet werden, Schüler mit deren lifizierten Support-Fachkräften (Psycho­
Fehlverhalten zu konfrontieren. In der logen, Sozialarbeiter etc.), die man an
Praxis findet das an Österreichs Schu­ Österreichs Schulen vielfach vergeblich
September 2016
Nachrichten
sucht. Gerade der Heiße Stuhl birgt aber
die Gefahr, dass eine (Konflikt-)Situation
entgleitet, wenn man dieses Modul
ohne entsprechende Ausbildung in der
von Röskens beschriebenen Form im
Unterricht einsetzt.
Mit derselben Notwendigkeit an psy­
chologischem Fingerspitzengefühl in
der Schule umsetzbar ist die Methode
des Psychodramas, wo Konflikte durch
Rollenspiele aufgearbeitet werden. Teil­
weise erinnert das an die Familienauf­
stellung – und gehört damit ebenfalls in
die Hände von entsprechend qualifizier­
tem Supportpersonal.
1 Kilb, Begriffsverständnis und Platzierung
„Konfrontativer Pädagogik“ im gesellschaftspolitischen Diskurs, in: Handbuch Konfrontative
Pädagogik, S. 30
2 Personenbezeichnungen betreffen gleichermaßen
Personen weiblichen und männlichen Geschlechts.
3 Ebd. S. 31
4 Vgl. ebd. S. 36
5 Siehe Untertitel
6 Krüger, Soziale Gruppenarbeit und Konfrontative
Pädagogik, in: Handbuch Konfrontative Pädagogik,
S. 369
7 Vgl. Röskens, Das Modul des „Heißen Stuhls“ in
der Praxis, in: Handbuch Konfrontative Pädagogik,
S. 147ff.
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Nachrichten
Ausgabe 3
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am 2. Juli 2016
BLICK ÜBER DIE GRENZEN
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gerade, dass hier Lehrer, Schu­
len und Kommunen weitgehend
selbst entscheiden, was gelehrt
wird und wie.“
Univ.-Prof. Dr. Pasi Sahlberg,
finland.fi am 17. Juli 2016
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national Sur vey (TALIS) 2013–14
average
of 19.3 hours per week.“
Weltbank (Hrsg.),
„How Shanghai Does It“ (2016), S. 22
„Die Bedeutung der PISA-Studien spielt im Denken der
Finnen keine große Rolle. Sie gelten als eine Art von Blut­
druckmesser, auf den zwischendurch zwar geblickt wird,
um zu sehen, was los ist, aber man schenkt ihm nicht
ständige Aufmerksamkeit.“
Univ.-Prof. Dr. Pasi Sahlberg, finland.fi am 17. Juli 2016
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20.07.16 12:43
CETERUM CENSEO
Ausgabe 3
September 2016
Nachrichten
Bildung ohne Kunst?
V
ielfach wurde im Zusammen­
hang mit der Zentralmatura be­
mängelt, dass im Fach Deutsch
der Stellenwert der Literatur als
Kunstform verringert worden ist. Die
Präzisierung „Kunstform“ ist angesichts
eines seit etlichen Jahrzehnten gelten­
den erweiterten Literaturbegriffs, der
nahezu alles Geschriebene umfasst, nö­
tig. Aber gerät mit dem Zurückdrängen
der Kunstform nicht ein wesentlicher
Teil von Bildung an sich in Verlust? Kon­
rad Paul Liessmann formulierte in sei­
ner Eröffnungsrede zu den diesjährigen
Salzburger Festspielen klar: „Bildung
ohne ästhetische Erziehung ist über­
haupt keine Bildung. Denn die Kunst
[…] kann zeigen, was es heißt, mit den
Widersprüchen und Abgründen des
Menschen in einer menschlichen Wei­
se umzugehen.“ Zur Kunst zählt er na­
türlich nicht nur Literatur, sondern auch
Musik, Malerei usw.
Dabei wäre es heute wichtiger denn
je, Heranwachsende mit den origina­
len Texten der Dichtung vertraut zu
machen. Natürlich ist Regie ein nach­
schöpferischer Prozess; bei manchen
Inszenierungen hat man allerdings den
Eindruck, dem Regisseur gehe es dar­
um, sich selbst anstelle des Werkes in
Szene zu setzen, was bei jemandem,
der das Original nicht kennt, mitunter zu
Fehlschlüssen führen kann. Traut man
den Kunstkonsumenten nicht mehr zu,
zu abstrahieren, die inhaltliche Substanz
von den äußeren Gegebenheiten zu
trennen und selbst Parallelen zu ziehen,
wo sich diese anbieten? Hält man sie
für nicht ausreichend gebildet?
klang möglichst nahe zu kommen,
wobei niemand sagen kann, ob diese
Instrumente vor 200 und mehr Jahren
exakt so geklungen haben.
Obwohl es zweifellos nicht jedermanns
Sache ist, selbst künstlerisch tätig zu
sein, und manche, die sich darin ver­
suchen, auch an Grenzen stoßen, gehört
die Beschäftigung mit und das Genie­
ßen von Kunst doch gemeinsam mit
Wissen auch wesentlich zu dem, was
schulische Bildung ausmacht. Diese ist
jungen Menschen in unverkürztem Maß
zu bieten.
CC
In der Musik zeigt sich interessanter­
weise ein gegensätzlicher Trend. Da
werden Urtextausgaben herausgege­
ben, manchmal werden historische In­
strumente eingesetzt, um dem Original­
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Verantwortung hat
einen Namen
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