Schwule, lesbische und transgender Jugendliche Ihre Wünsche und

Transcrição

Schwule, lesbische und transgender Jugendliche Ihre Wünsche und
Schwule, l­esbische und
­transgender ­Jugendliche
Ihre Wünsche und Bedarfe
in Bezug auf Angebote
der SRGR
Forschungsstand und Praxiserfahrungen
ExpertInnen-Workshop
10. Dezember 2014
Frankfurt am Main
Impressum
pro familia Bundesverband
Stresemannallee 3
60596 Frankfurt am Main
E-Mail: [email protected]
www.profamilia.de/Publikationen
© 2014
2
Gefördert vom
Was wünschen sich – was benötigen schwule, ­lesbische
und transgender J­ ugendliche ­von Angeboten der sexuellen
und reproduktiven Gesundheit und Rechte (SRGR)?
ExpertInnen-Workshop – Forschungsstand und Praxiserfahrungen
10. Dezember 2014 Frankfurt am Main
Einführung
Vortrag 1
Zum Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  5
Dr. Nora Gaupp
LGBTI-Jugendliche – (k)ein Thema für die Jugendforschung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Vortrag 2
Lisa Müller
Vortrag 3
Dr. Ulrich Klocke
Fragen, Unklarheit und Verwirrung – Erfahrungen aus der In&Out-Emailberatung mit trans*,
­lesbischen, schwulen, bisexuellen, genderqueeren, heterosexuellen und anderen Jugendlichen
und jungen Erwachsenen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  14
Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Vortrag 4
Andreas Unterforsthuber
Vortrag 5
Ilka Borchardt
Resümee
Resümee aus den Worldcafé Panels und Vorträgen.
Das fördert LGBTI-jugendfreundliche Angebote. Das bringt die sexuellen Rechte voran. . . . . . . . . . . . . .  41
„Da bleibt ja viel zu tun …“ Situation von lesbischen, schwulen und transgender Kindern
und Jugendlichen und Eltern in München . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Angebote für LGBTI-Jugendliche und ihr soziales Umfeld – Angehörige und Fachleute.
Aus dem Projekt: Homosexualität und Familien – eine Herausforderung für
familienbezogendes Fachpersonal (2011 bis 2014). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
TeilnehmerInnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Anhang
“Anders ist normal.“ Broschüre der pro familia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
Stadt München: Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
„Wie können wir Homo- und Transphobie bei Kindern und Jugendlichen abbauen?“ . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
„Homosexualität in der Familie – Angehörige kompetent begleiten“ Materialien für Fachkräfte. . . . . . 49
In & Out Jugendberatung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
Aktuelle Forschung zu LGBTI-Themen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Glossar. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
3
4
Einführung
Zum Thema
Hochwertige Angebote zur sexuellen
und reproduktiven Gesundheit und
Rechte (SRGR) gehören zu einer
demokratischen Kultur, die sexuelle
Rechte als Menschenrechte anerkennt,
stärkt und verteidigt.
Jugendliche haben in den Jahren der Selbstfindung
besondere Anliegen und Rechte. Sie benötigen fachlich
fundierte Angebote, die sie mit Wissen und Kompetenzen rund um Sexualität und um die eigenen Rechte
ausstatten. Sexualaufklärung, schulische Bildungsangebote, Informationen und Materialien zur sexuellen
Gesundheit und zu sexuellen Rechten und Beratungs­
angebote sollen fachlich qualifiziert darauf eingehen.
In einem Workshop, der am 10. Dezember 2014 in
Frankfurt am Main stattfand, standen die Rechte von
LGBTI-Jugendlichen (lesbische, schwule, bisexuelle,
transgender, intersexuelle Jugendliche) im Fokus.
Welche Angebote im Kontext der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte wünschen sie sich?
Was wissen wir über ihre Erfahrungen und Bedarfe?
Existieren spezifische Barrieren für LGBTI beim Zugang
zu Angeboten? Sind die Angebote für sie erreichbar,
akzeptabel, verfügbar und partizipativ? Entsprechen
sie ihren Lebenswelten? Gibt es spezifische Bedarfe bei
Jugendlichen aus transnationalen Communities?
Das waren Leifragen der Veranstaltung, an der fast
40 VertreterInnen verschiedener Institutionen teilnahmen. Gemeinsames Ziel war es, den institutionellen und
fachlichen Austausch voranzubringen und die Rechte
von LGBTI-Jugendlichen zu stärken.
Gemäß des Arbeitsansatzes des pro familia Bundesverbands, wurden sowohl Praxiserfahrungen als auch
Forschungsergebnisse vorgestellt.
In den anschließenden Worldcafé-Gruppen wurde vertieft über die Schulen, Beratungsthemen, partizipative
Schule, kommunale Angebote und Qualifizierung für
Fachkräfte diskutiert.
zu diskutieren und zu bearbeiten. Die hohe Nachfrage
des Workshops dokumentiert, dass die aufgeworfenen
Fragen Jugendliche, ElternvertreterInnen, Schulämter, Gleichstellungsbeauftragte, Gewerkschaften, das
BMFSFJ, die BZgA, Hochschulen, LGBT-Organisationen
und pro familia Beratungsstellen bewegen. In den Diskussionen wurde jedoch auch deutlich, dass noch zu
wenig Wissen um die tatsächlichen Bedürfnisse von
LGBTI-Jugendlichen vorliegt und die bereits vorliegenden
Befunde zu Bedarfen stärker Eingang in die Ausrichtung
von Angeboten finden müssen. Hier zeigt sich weiterer Handlungsbedarf, um zukünftig Angebote auf die
Themen und Fragen von LGBTI-Jugendlichen adäquat
ausrichten zu können. Daher sind alle gesellschaftlichen
Akteure dazu aufgerufen, weiter an dem Thema zu
arbeiten und die Zugänge für alle Jugendliche und unter
Berücksichtigung der inklusiven Vielfalt von Lebenswelten zu verbessern.
pro familia setzt sich gemeinsam mit der IPPF für den
Ausbau jugendfreundlicher Angebote (youth friendly
services) ein und hat in den vergangenen Jahren immer
wieder schwerpunktmäßig zu diesem Thema gearbeitet.
Diese Tradition wurde mit dem Workshop, in dessen
Mittelpunkt die Angebote für LGBTI-Jugendliche standen, fortgesetzt. Prof. Dr. Davina Höblich,
Vorstand pro familia Bundesverband
Sigrid Weiser,
Referentin pro familia Bundesverband
1 International Planned Parenthood Federation, IPPF: Sexuelle
Rechte, eine IPPF-Erklärung. London 2008, deutsche Über­
setzung 2009
2 International Planned Parenthood Federation, IPPF: Provide:
Strengthening youth friendly services, London 2008.
3 p ro familia Bundesverband: Bunt, flexibel, rechtebasiert:
21 Wünsche und Bedarfe von Jugendlichen in Bezug auf außerschulische sexualpädagogische Angebote. Frankfurt am Main
2012.
Nicht nur die Zahl der Plätze reichte nicht aus und es gab
deshalb eine Warteliste für den Workshop, auch die Zeit
reichte bei Weitem nicht, um die Anliegen umfassend
5
Vortrag 1
LGBTI-Jugendliche – (k)ein Thema
für die Jugendforschung?
Von Dr. Nora Gaupp
Dr. Nora Gaupp erläuterte, dass Jugendforschung in
erster Linie beschreibt. Sie beschreibt Lebenslagen und
Alltagswelten, alltägliche Lebensführung und subjektive Einstellungen, Sichtweisen und Bewertungen bei
gesellschaftlichen Gruppen. Diese Form der Empirie
­kontextualisiert junge Menschen insbesondere mit
Bildung und Bildungsübergängen: Schule, Ausbildung
und Beruf und in Bezug auf problematisches Verhalten
(Delinquenz, Gewalt, Drogen).
Innerhalb dieser Sichtfelder wird ausdifferenziert: nach
Geschlecht sozioökonomischer Herkunft, Bildung,
Behinderung usw. Wenig Jugendforschung gibt es zu
Körperlichkeit, Liebe, Sexualität.
LSBTI-Jugendliche sind ein neues Thema in der Forschung. Eine Übersicht neuerer Forschungsprojekte zu
LGBTI-Jugendlichen ergibt immerhin 20 Studien, die in
den letzten 14 Jahren entstanden sind.
Folgende Forschungslücken werden weiterhin identifiziert: 1. Es gibt keine bundesweite Studie. 2. Lesbische
Jugendliche werden seltener in Studien betrachtet
als schwule Jugendliche. 3. Wenig Beachtung finden
trans- und intersexuelle Menschen und Lebenswelten.
Dr. Nora Gaupp stellte in Grundzügen die laufende Stu-
6
die „Coming-Out – und dann!? Coming-out-Verläufe und
Diskriminierungserfahrungen von lesbischen, schwulen, bisexuellen und trans*Jugendlichen und jungen
Erwachsenen in Deutschland“ vor, die das Deutsche
Jugendinstitut (DJI) noch bis Ende 2015 durchführt. Ihre
Ziele sind: Coming-Out Verläufe sollen beschrieben und
diskriminierende Erfahrungen sichtbar gemacht werden.
Handlungs- und Bewältigungsstrategien sollen erfasst
und beschrieben werden. Förderliche und hinderliche
Bedingungen für das Coming-Out sollen erkannt werden.
Die Studie will somit Grundlagen für die Politik und Fachpraxis bereitstellen und politische und pädagogische
Handlungsbedarfe formulieren. Das gesellschaftliche
Umfeld der Studie ist lebendig, auch impulsiv und auch
kontrovers und es existiert eine interessierte (politische)
Öffentlichkeit. Die Anforderungen an eine wissenschaftliche Studie in diesem Feld sind komplex.
Dr. Nora Gaupp ist Leiterin der Fachgruppe
­Lebenslagen und Lebensführung Jugendlicher
beim Deutschen Jugendinstitut (DJI), München.
Die folgende Präsentation hat sie vorgestellt.
LSBTI‐Jugendliche – (k)ein Thema für die Jugendforschung?
Claudia Krell/Nora Gaupp
Deutsches Jugendinstitut, München
Expert_innen‐Workshop von profamilia am 10.12.2014
D i Th
Drei Themen für heute
fü h

Fragestellungen der aktuellen Jugendforschung
Fragestellungen der aktuellen Jugendforschung

Überblick Forschungsstand zu LSBTI‐Jugendstudien

DJI‐Forschungsprojekt „Coming‐out – und dann…!? 2
Fragestellungen der aktuellen Jugend‐
f
forschung
h
und der Stellenwert von LSBTI‐
d d S ll
LSBTI
Jugendlichen
3
7
Th
Themen der Jugendforschung I
d J
df
h
I

g
grundlegende Unterscheidung zwischen g
g



Jugendforschung und institutionenbezogener Jugendhilfeforschung
Beschreibung von Lebenslagen und Alltagswelten
Praxen der Lebensführung
Praxen der Lebensführung  subjektiven Einstellungen, Sichtweisen und Bewertungen



wichtige Themen dabei sind
wichtige Themen dabei sind
Bedeutung von Freunden, Familie und Partnerschaft
Schulbesuch, Übergänge in Ausbildung und Beruf  Freizeitaktivitäten  Engagement und Partizipation  Wertorientierungen, Lebenskonzepte, Zukunftsperspektiven
Wertorientierungen, Lebenskonzepte, Zukunftsperspektiven


4
Th
Themen der Jugendforschung II
d J
df
h
II
Wenig Empirie zu den Themen Körperlichkeit, Liebe, Sexualität  häufig Blickverengungen, z.B. auf 



Bildung, Übergänge Schule ‐ Ausbildung ‐ Beruf sozial benachteiligte Jugendliche/Problemverhalten (z.B. Delinquenz, Gewalt, i lb
h ili
J
dli h / bl
h l
(
li
G
l
Risikoverhalten, Drogenkonsum) notwendige Differenzierungen
notwendige Differenzierungen
Blick auf die Vielfalt von Lebenslagen  Differenzierungen z.B. nach Migrationserfahrungen, Geschlecht, sozioökonomischer Herkunft, Bildung, Region, Leben mit/ohne Behinderung, LSBTI‐Lebensweisen
 Stichwort Diversitätssoziologie


LSBTI Jugendliche als relativ neues und an Bedeutung gewinnendes LSBTI
Jugendliche als relativ neues und an Bedeutung gewinnendes
Thema der Jugendforschung
5
Scheiß auf den Mittelpunkt.. Ich mach`s mir in der Ecke bequem!
8
6
Knapper Überblick über den (deutschsprachigen) Forschungsstand ‐ Studien mit LSBT Jugendlichen Studien mit LSBT Jugendlichen
LSBT-Jugendstudien
St di
Studie
I h lt
Inhalte
Sti h b
Stichprobe
Alt
Alter
Sie liebt sie. Er 1999 Senatsverwaltung
liebt ihn.
Berlin
J h Autor_innen
Jahr
A t
i
Lebenssituation
Lesben, Schwule,
Bisexuelle
15-27 quantitativ 217
& qualitativ
Prähomosexuelle
Kindheiten
Kindheit/Jugend von heute
erwachsenen Schwulen
Schwule
20-40 quantitativ
& qualitativ
Schwule
15 25 quantitativ 353
15-25
& qualitativ
Lesben, Schwule,
Bisexuelle und
Transgender
Lehrer _innen und
Schüler_innen zweier
Berliner Gymnasien
13-26 quantitativ
&q
qualitativ
Umgang mit Homosexualität in
der Schule
jugendliche
Allgemeinbevölkerung
13-26 quantitativ 414
& qualitativ
Erleben der sexuellen
O i ti
Orientierung
Lesben, Schwule, Bi- und
H t
Heterosexuelle
ll
12-16 quantitativ 809
& qualitativ
lit ti
Erwachsenwerden von
schwulen Jugendlichen vs.
Heterosexuelle Jugendliche,
g
,
Unterstützungs-möglichkeiten
schwule Jugendliche und
Männer
bis 25 quantitativ
2000 T. Grossmann
Schwule
Jugendliche
2001 Nieders.
Nieders Ministerium Lebenssituation
für Frauen, Arbeit
und Soziales
Diskriminierung 2001 Jugendnetzwerk Diskriminierung und
Lambda Gewalterfahrung
g
Homosexualität 2003 Damm/Häfner/
und Schule
Kämke/Kahlert/
Thom/Wuttke/
Zelasny
Keine Angst,
2003 S. Timmermanns
die beißen
nicht
Uferlos?
2004 M. Watzlawik
Identitätsentwicklung
schwuler
Jugendlicher
Einstellungen und Sichtweisen
zu Homosexualität
2004 U. Bechle
M th d
Methode
N
7
quantitativ
33
96
850
180
8
LSBT-Jugendstudien
Studie
Jahr
Landjugend und
Homosexualität
2005
Kath.
Landjugendbewegung
Deutschlands
Wir wollens
wissen
2005
Lambda NRW
Vielfalt fördern
2006
H Kleyböcker
H.
Gewalterfahrung 2006/7 Maneo
en von Schwulen vs.
und Bisexuellen 2007/8
Einstellungen
2008 B. Simon
zur
Homosexualität
Inhalte
Stichprobe
Spielt Homo- und
Bisexualität im Verband
eine Rolle, Bedarf es
einer Auseinandersetzung
Lebenssituation
Mitglieder der Katholische
Landjugend-bewegung
v.a.12-30 quantitativ
Alter
Methode
416
N
Lesben, Schwule,
Bisexuelle
v.a.18-27 quantitativ
3834
lsbt-Freundlichkeit
lsbt
Freundlichkeit
jugendrelevanter
Einrichtungen und
Schulen
Ausmaß, Formen und
Folgen antischwuler
Gewalt
Einstellungen zur
Homosexualität
Mitarbeiter_innen
Mitarbeiter
innen
jugendrelevanter
Einrichtungen
24 58
24-58
quantitativ &
qualitativ
Schwule und bisexuellen
Jugendliche und Männer
14-50
quantitativ
Jugendliche mit und ohne
Migrationshintergrund
14-20
quantitativ
23949
vs.
17477
922
24
LSBT Jugendliche –
online gut
b
beraten?
?
2008
F. Sobiecher/
M Watzlawik
Studie zu
Internetangeboten für
LSBT Jugendliche
Anbieter/innen aus dem
LSBT Beratunsbereich und
aus dem Bereich
S
Sexualberatungen
lb
quantitativ
207
Da bleibt noch
viel zu tun...!
2011
A. Unterforsthuber
Befragung zur Situation Fachkräfte der Kinder- und
von lesbischen, schwulen Jugendhilfe
und transgender Kindern,
Jugendlichen und Eltern
in München
quantitativ
793
9
9
LSBT-Jugendstudien
Studie
Jahr
Inhalte
Akzeptanz
sexueller Vielfalt
in Berliner
Schulen
2012 U. Klocke
Verhalten, Einstellungen Schüler_innen,
und Wissen zu LSBT und Elternvertreter_innen,
deren Einflussvariablen Klassenlehrer_innen,
Schulleiter innen
Schulleiter_innen
Stichprobe
Lebenssituation
und
Diskriminierungserfahrungen von
homosexuellen
Jugendlichen
Inter*-Trans*QueerJugendliche
online
2013 C. Krell
Pilotstudie zum aktuellen Schule, lesbische,
DJI Forschungsprojekt
bisexuelle und trans*
Jugendliche, Fachkräfte
2014 P. Focks
Partizipatives Projekt,
Grundlage für
“meingeschecht.de“
Alter
Methode
N
6./9.
quantitativ &
Klassen qualitativ
18-28
840
quantitativ &
qualitativ
74
LSBT‐Jugendstudien I

seit dem Jahr 2000 knapp 20 LSBT‐Jugendstudien in Deutschland
pp
g

Inhalte: 
Coming‐out: Alter, Unterstützung, Reaktionen, z.B.



„Schwule Jugendliche“ (Niedersächsisches Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales)
Lebenssituation, psychosoziale Belastungen, Unterstützungsbedarf, z.B. 

10
„Wir wollen’s wissen!“ (Schwules Netzwerk NRW), „ Sie liebt sie. Er liebt ihn.“ (Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport Berlin)
Ausmaß, Formen und Folgen von Diskriminierung und (gewalttätigen) Übergriffen gegen LSBT Jugendliche z B
gegen LSBT‐Jugendliche, z.B. 
„Diskriminierung“ (Jugendnetzwerk Lambda e.V.)
11
LSBT‐Jugendstudien II

I h lt Fortsetzung
Inhalte ‐
F t t

Verhalten, Einstellungen und Wissen zu LSBT

 „Akzeptanz sexueller Vielfalt in Berliner Schulen
„Akzeptanz sexueller Vielfalt in Berliner Schulen“ (Klocke, 2012)
(Klocke, 2012)
Evaluationen von Jugendhilfeangeboten , z.B. 



„Da bleibt noch viel zu tun...!“ (Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Landeshauptstadt München)
„ LSBT ‐ Jugendliche – online gut beraten?“ (Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung, Berlin)
g g
g
„Vielfalt fördern – wie lsbt‐freundlich sind Jugendhilfe und Schule?“ (Bezirksamt Lichtenberg von Berlin) Relevanz von Homo und Bisexualität im kath.‐Jugendverband
Relevanz von Homo‐
und Bisexualität im kath Jugendverband

Studie der katholischen Landjugend‐Bewegung Deutschlands
12
10
Fazit zu LSBT Jugendstudien
Fazit zu LSBT‐Jugendstudien

Beobachtungen:

i
insgesamt vergleichsweise wenig LSBT‐Jugendstudien, allerdings Zunahme in den l i h
i
i S
d di
ll di
h
i d
letzten Jahren

darunter sowohl Jugendstudien als auch Institutionen‐bezogene
darunter sowohl Jugendstudien als auch Institutionen
bezogene Forschungsprojekte


sehr unterschiedliche Stichprobengrößen (N = 24 bis 3834)
bisherigen Studien beschränken sich auf Bezirke/Stadtteile, Kommunen, Bundesländer

Studien vielfach rein quantitativ
Studien vielfach rein quantitativ

bisher meist spezifische LSBT‐Zugangswege wie Netzwerke, Vereine, Lokale/Cafés, Jugendeinrichtungen mit LSBT Bezug

Forschungslücken und „blinde Flecken“:

keine bundesweiten Erhebungen

Mehrheit der Studien zu schwulen, weniger zu lesbischen Jugendlichen

wenig Beachtung der Themen trans* und inter*
13
DJI‐Forschungsprojekt „Coming‐out –
DJI
Forschungsprojekt Coming out und und
dann…!?
Coming‐out‐Verläufe und Diskriminierungserfahrungen von lesbischen, schwulen, bisexuellen und trans* von lesbischen, schwulen, bisexuellen und trans
Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland Zi l
Zielsetzungen der Studie
d S di

14
empirische Erkenntnisse über empirische Erkenntnisse
über

Coming‐out‐Verläufe von LSBT*‐Jugendlichen in Deutschland 
Ef h
Erfahrungen (inkl. diskriminiernder)
(i kl di k i i i d ) in den sozialen Kontexten Familie, i d
i l K
F ili
Peers, Schule/Ausbildung/Universität/Arbeitsplatz

Handlungs‐
dl
und Bewältigungsstrategien
d
äl i
i von LSBT*‐Jugendlichen v.a. bei *
dl h
b
Konflikten im Kontext ihres Coming‐out

förderliche und hinderliche Bedingungen für das Coming‐out
→ Generierung wissenschaftlicher Grundlagen für Politik und Fachpraxis
→ Identifizierung politischer und pädagogischer Handlungsbedarfe
15
11
K
Konzeptionelle Anlage der Studie
i
ll A l
d S di


Bundesweite Studie gefördert vom BMFSFJ (15.12.2013 ‐ 30.11.2015)
Modifizierungen im Anschluss an die Pilotstudie (2013) „Lebenssituationen und Diskriminierungserfahrungen von homosexuellen Jugendlichen in Deutschland“ 
Erweiterung auf vier Teilgruppen: lesbische junge Frauen/schwule junge Männer sowie bisexuelle und trans* Jugendliche und junge Erwachsene
g
g
→ Blick auf sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität

drei Themen‐Schwerpunkte 


Coming‐out‐Verläufe
Erfahrungen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in verschiedenen sozialen Kontexten
verschiedenen sozialen Kontexten (Nicht‐)Nutzung institutioneller Strukturen
16
M h di h A l
Methodische Anlage der Studie
d S di

Methodische Zugänge

Quantitative Online‐Befragung von LSBT* Jugendlichen und jungen Erwachsenen

40 qualitative problemzentrierte Interviews mit LSBT* Jugendlichen und jungen Erwachsenen 
Stichprobe

LSBT*‐Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 – 27 Jahren

mit und ohne Anschluss an LSBT* Angebote

in ländlichen bis großstädtischen Strukturen

mit und ohne Migrationserfahrungen

mit und ohne Beeinträchtigung/Behinderung
d h
h
/ h d
unterschiedlicher/heterogener Bildungsniveaus
→ Ziel: heterogene Zusammensetzung
→
g
g

17
H
Herausforderungen I f d
I


Virulentes Forschungsfeld
Virulentes Forschungsfeld

Komplexer sozialwissenschaftlicher Diskurs

Breiter öffentlicher Diskurs mit „impulsiven“ Charakter

Anforderungen von aktivistischer Seite an Wissenschaft

Politische Brisanz des Themas LSBT*(IQ…) Umgang mit Heteronormativität

Normativitätskritische Perspektive: Vermeidung von Heteronormativität und binären Geschlechterkategorien
binären Geschlechterkategorien


Selbstgewählte Identifizierungen/Kategorien möglich
Erreichbarkeit von LSBT* Jugendlichen die

keinerlei Zugang zu LSBT* Angeboten und Inhalten haben 
in ländlichen Regionen leben
18
12
H
Herausforderungen II
f d
II
Forschungsethische Ansprüche hinsichtlich
Forschungsethische Ansprüche hinsichtlich…

… der Teilnehmer_innen, z.B.

Psychosoziale Nachversorgung der Teilnehmer
y
g g
_innen bei Online‐Umfrage und g
Interviews

Sensibler Umgang mit geschützten Räumen für LSBT* Jugendliche

… der Zugangswege im Internet, z.B.

… des Befragungsinstruments, z.B.
des Befragungsinstruments B


Seriosität und Angemessenheit von Web‐Angeboten

altersangemessene Sprache 
Umfang und inhaltliche Komplexität des Fragebogens
g
p
g
g
… den Schutz bzw. Versorgung der Wissenschaftler_innen, z.B.

Umgang mit belastenden Interviews bzw. Interviewsituationen
19
„Coming-out … und dann?!“
T il h
Teilnehmer_innen
i
d O li E h b
der Online‐Erhebung (aktuelle Selbstbezeichnung, N= 5.048)
3000
2781
2500
2000
1500
1000
1034
295
500
301
326
53
167
91
0
20
regionale Verteilung der Stichprobe i
l V t il
d Sti h b
(der Online‐Erhebung, N=5.048) 100,0%
100,0%
90,0%
81,1%
80,0%
90,0%
80,0%
70,0%
70,0%
60 0%
60,0%
60 0%
60,0%
50,0%
50,0%
40,0%
40,0%
47,5%
30,0%
30,0%
20,0%
52,5%
18,9%
20,0%
10,0%
10,0%
0,0%
0,0%
Ost
West
Nord
Süd
21
13
Vortrag 2
Fragen, Unklarheit und Verwirrung – Erfahrungen
aus der In & Out-Emailberatung mit trans*, lesbischen,
schwulen, bisexuellen, genderqueeren, heterosexuellen
und anderen Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Lisa Müller
Die In & Out-Emailberatung macht von Berlin aus
400-500 Beratungen jährlich. Die Beratungsanliegen
betreffen schwerpunktmäßig Fragen zur Geschlechtsbzw. sexuellen Identität und das Coming-out. Lisa Müller
stellte exemplarische Beratungsfragen vor, die Jugend­
liche haben: „Bin ich trans?“ „Ich bin kein Mädchen. Was
kann ich tun?“ „Ich ekel mich vor mir selbst?“ „Wie finde
ich eineN PartnerIn.“
Nicht selten gibt es starken Leidensdruck bei Jugendlichen, die sich mit solchen Fragen beschäftigen. Lisa
Müller erläuterte, dass die Beratung in solchen Kontexten spezifische Kompetenzen und Kenntnisse erfordert.
Für Menschen mit inter- und transsexuellen Identitäten
kann die Emailberatung nicht ausreichende Angebote
machen weil eben hier die spezifischen Kompetenzen
fehlen. Die In & Out Emailberatung muss sich stattdessen auf schwule, lesbische und bisexuelle Jugendliche
konzentrieren.
Eine große Bedeutung haben Peerangebote, also
­Beratungsangebote, die von Jugendlichen mit
14
LGBTI-Erfahrungen (mit-)gestaltetet werden. Anderen
AnbieterInnen von Beratung empfiehlt sie, MitarbeiterInnen mit LGBTI-Erfahrung in die Beratungsteams
aufzunehmen. Darüber hinaus empfiehlt sie, MitarbeiterInnen mit Wissen und Kompetenzen zu trans- und
genderqueeren Identitäten zu schulen. Wichtig ist es,
Wissen über lokale Netzwerke, die Jugendliche unterstützen können, vorzuhalten. Wichtig sind hierbei
Jugendgruppen, Wohneinrichtungen, Beratungsstellen,
TherapeutInnen und Schulaufklärungsprojekte, die die
Rechte von LGBTI-Jugendlichen bekanntmachen und
stärken . Lisa Müller ist Projektkoordinatorin bei In & Out
Jugendberatung, Berlin, im Jugendnetzwerk
Lambda, Berlin-Brandenburg.
Die folgende Präsentation hat sie vorgestellt.
„Fragen, Unklarheit und Verwirrung“
Erfahrungen aus der "In&Out"-Emailberatung
mit trans*, lesbischen, schwulen, bisexuellen, genderqueeren,
heterosexuellen und anderen Jugendlichen und jungen
Erwachsenen
Dipl. Psych. Lisa Müller
(Projektkoordination In&Out)
Gliederung
1.
2.
4.
5.
Vorstellung In&Out Jugendberatung
Beratungsthemen
Fallbeispiele
Fazit: Was brauchen lsbtq* Jugendliche?
Was ist In&Out?
•  Peer-to-peer-Beratung seit 1995
•  Träger = Bundesverband Lambda
(www.lambda-online.de)
•  400-500 Beratungen pro Jahr
•  ca. 95% per Email
•  Wunsch für die Zukunft: Chat-Beratung
15
Beratungsanliegen...
… lassen sich grob unterteilen nach
•  Thema: Geschlechtsidentität vs. sexueller Identität
•  Coming-out: begleitend vs. nach dem Coming-out
Beratungsthemen
Geschlechtsidentität
 
C-Obegleitend
 
 
 
Nach dem
C-O
 
 
Bin ich trans*?
Ich bin kein Mädchen. Was
kann ich tun?
Wer unterstützt mich?
Beziehungsprobleme
Wo finde ich andere
genderqueers?
Gutachter_in finden
Sexuelle Identität
 
 
 
 
 
 
Bin ich schwul oder bi?
Ich ekel mich vor mir selbst.
Wieso ich?
Was sagen die anderen?
Mehrfachzugehörigkeit
Wie finde ich eine_n
Partner_in?
Familienprobleme
Geschlechtsidentität, Coming-out-begleitend:
Hallo!
Ich bin 14 Jahre alt und ich habe schon
lange den Wunsch, ein Junge zu sein. Ich
fühle mich nicht wie ein Mädchen und ich
möchte keine Frau sein. Ich will keine
Brüste kriegen.
Ich kann es niemandem sagen.
16
Sexuelle Identität, Coming-out-begleitend:
Hallo Lambda-Team!
Ich hoffe Ihr könnt mir Tipps geben und Eure
Erfahrungen mitteilen, denn ich möchte mich
outen und rechne mit dem Schlimmsten.
Ich bin 18 und schwul (es fällt mir immer noch
schwer, mich selbst als schwul zu definieren,
merke ich). Es besteht gar kein Zweifel für
mich, dass ich so bin wie ich bin. Das Problem
ist, dass Schwule und Leute, die anders sind, in
meiner Familie gehasst werden. [...]
[...] Ständig schimpft mein Vater über
Homosexuelle auf die übelste Weise. Ich
selbst muss dauernd daran denken. Das Thema
lässt mir keine Ruhe und die psychische Last
ist enorm.
Meine Freunde wissen von nichts. Familie
auch nicht. Keiner weiß das. Ich selber weiß
es seit ich 12 oder 13 bin und habe immer
versucht diese Gedanken und Gefühle zu
verdrängen. [...]
[...] Wenn ich mich oute, werden meine Eltern
mich aus der Wohnung schmeißen. Sie werden
niemals akzeptieren, dass ich schwul bin.
Meine Familie ist mir jedoch das Wichtigste
im Leben. Ich will sie nicht verlieren.
Was soll ich machen? Habt Ihr einen Tipp für
mich?
Danke schonmal!
17
Beide Themen, nach dem Coming-out:
Hallo liebes In&Out-Team,
meine Frau und ich (transweiblich) sind
nun seit fast zwei Jahren verheiratet. Wir
sind 24 und 23 Jahre alt.
Seit einiger Zeit streiten wir wegen jeder
Kleinigkeit. Gestern haben wir geredet und
gemerkt, dass wir professionelle
Unterstützung brauchen [...]
[...] Könnt ihr uns vielleicht weiterhelfen?
Wir wollen uns nicht einfach trennen, aber wir
wissen gerade nicht mehr weiter :-(
Bietet ihr vielleicht auch Paarberatung an? Oder
habt ihr eine andere Idee, wo wir hingehen
können?
Lieben Dank!
V.
Sexuelle Identität, nach dem Coming-out:
Hi!
Vorweg schon einmal vielen dank.
Ich finde super, dass ihr so eine Seite gemacht
habt... Nur weiß ich nicht wie ich einem
Mädchen näher kommen soll. Sie ist in meiner
Klasse und ich hab mich wahnsinnig verliebt
aber ich weiß nicht ob sie auch so empfindet...
Meine beste Freundin meint, ich soll es ihr
einfach sagen, aber ich weiß nicht wie sie
reagieren wird...
LG. Sina
18
Was wünschen sich - was benötigen schwule, lesbische
und transgender Jugendliche von Angeboten der
sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte?
Geschlechtsidentität
 
Vor C-O
 
 
Während
C-O
 
 
 
 
Nach dem
C-O
 
 
Sichtbarkeit von trans* und
genderqueeren Identitäten
Kompetente Aufklärung
Anonymität
Niedrigschwelligkeit
Kompetenz / Wissen!
peer-Angebote
Kompetenz / Wissen
Regionale Vernetzung
Affirmative, nicht
pathologisierende Haltung
Sexuelle Identität
 
 
 
 
 
 
 
Sichtbarkeit
Normalisierung von
sexueller Vielfalt
Anonymität
Niedrigschwelligkeit
peer-Angebote
Homo- und bifreundliche
Unterstützungsstrukturen
Intersektionale Ansätze
Fazit: Worauf achten, damit lsbtq* Jugendliche von
unseren Angeboten profitieren?
1. Strukturell:
•  Niedrigschwelligkeit (z.B. offene Sprechstunde,
Jugendgruppen, online-Beratung)
•  Anonym und kostenfrei
19
2. Sichtbarkeit
•  Trans* und genderqueere Identitäten (mit)benennen
•  Lesbische, bisexuelle, schwule Lebensformenen
(mit)benennen
•  z.B. Plakate zu verschiedenen Identitäten (auch
Mehrfachzugehörigkeiten) platzieren
3. Inhaltlich
•  Mitarbeiter_innen mit lsbtq* Erfahrungen
•  Intersektionale Ausrichtung
•  Wissen / Kompetenz zu trans* und genderqueeren
Identitäten
•  Regionale Netzwerke (Jugendgruppen,
Wohneinrichtungen, Beratungsstellen,
Schulaufklärung, Therapeut_innen, Ärzt_innen)
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit
[email protected]
www.comingout.de
20
Vortrag 3
Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt
an Berliner Schulen
Ausgewählte Ergebnisse einer Studie
Dr. Ulrich Klocke
Dr. Ulrich Klocke stellte die Studie an Berliner Schulen vor
(2012), die im Auftrag des Senats durchgeführt wurde. Ihr
Ausgangspunkt war die Kritik an unhaltbaren Zuständen
an Schulen (nicht nur in Berlin): Demnach sind homophobe Beschimpfungen und homophobes Mobbing an
Schulen verbreitet. Gleichzeitig wird festgestellt, dass
Depressionen und die Suizidalität bei LSBTI-Jugendlichen
erhöht sind. Ein Zusammenhang zwischen Mobbing und
Depressivität scheint plausibel.
Es wurden 787 Berliner Schülerinnen der 6. und 9. Klassen aller Schularten befragt und KlassenlehrerInnen aus
27 Schulklassen. Erfragt wurden das Verhalten gegenüber LSBTI-SchülerInnen, die Einstellungen und das
Wissen zu LSBTI, außerdem die Einflussfaktoren auf das
Verhalten, Wissen und die Einstellungen.
Mit Bezug auf die Ergebnisse der Studie empfiehlt
Dr. Ulrich Klocke:
Die Sichtbarkeit und der Kontakt zu LSBTI sollte erhöht
werden. Anti-Mobbing-Leitbilder sollten entwickelt werden. Wenn homophobe Schimpfwörter benutzt werden,
sollte interveniert werden. Der rechtebasierte Wissensvorrat zu sexuellen Orientierungen sollte bei LehrerInnen
erhöht werden.
Dr. Ulrich Klocke empfiehlt für zukünftige Forschungen
drei Schwerpunkte: 1. Es sollte erforscht werden, welche
Strategien am wirksamsten Vorurteile und Diskriminierungen gegen LSBTI abbauen. 2. Es sollte erforscht
werden, wie man pädagogische Fachkräfte dazu bringt,
sexuelle und geschlechtliche Vielfalt zu berücksichtigen? 3. Öffentlich geförderte Forschung zu Gesundheit,
Partnerschaft, Sexualität und Lebenszufriedenheit sollte
dazu verpflichtet werden, die Geschlechtsidentitäten
und sexuelle Orientierungen zu berücksichtigen.
Dr. Ulrich Klocke ist wissenschaftlicher Mitarbeiter
am Institut für Psychologie der Humboldt Universität, Berlin. Er leitete die 2012 veröffentliche
Studie „Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner
Schulen“, die im Auftrag der Senatsverwaltung
für Bildung, Jugend und Wissenschaft erstellt
wurde.
Die folgende Präsentation hat er vorgestellt.
21
Dr. Ulrich Klocke
[email protected]
Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Psychologie
Sozial- und Organisationspsychologie
Vortrag am 09. Dezember 2014 in Frankfurt am Main
auf dem ExpertInnen-Workshop von pro familia Bundesverband
AKZEPTANZ SEXUELLER UND
GESCHLECHTLICHER VIELFALT
AN BERLINER SCHULEN
Ausgewählte Ergebnisse einer Studie (2011 und 2012)
im Auftrag der
Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft
EXISTIERENDE FORSCHUNG:
HOMOPHOBIE AN DER SCHULE
•  Homophobes Verhalten (Mobbing, “schwul” als
Schimpfwort) an Schulen weit verbreitet (Guasp, 2009, 2012)
•  Lehrkräfte schreiten oft nicht ein (Guasp, 2012; Phoenix, 2003)
•  Wahrnehmung homophober Schimpfwörter ➪ negativere
Einstellungen zu Lesben und Schwulen (Nicolas & Louise, 2012)
•  LSBT*-Jugendliche: deutlich höhere Depressivität und
Suizidalität (Espelage, Aragon, Birkett, & Koenig, 2008)
•  aufgrund häufigerer Mobbingerfahrungen (Burton, Marshal,
Chisolm, Sucato, & Friedman, 2013; Hong & Garbarino, 2012)
LSBT = lesbisch, schwul, bisexuell, transgeschlechtlich
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
2
DIE BERLINER BEFRAGUNGEN:
FORSCHUNGSFRAGEN
Wie wird an Berliner Schulen mit sexueller
Vielfalt (LSBT) umgegangen?
1.  Wie verhalten sich Schüler_innen und
Lehrkräfte gegenüber Lesben, Schwulen
und nicht geschlechts-konformen
Mitschüler_innen?
2.  Welche Einstellungen haben sie zu LSBT?
3.  Was wissen sie über LSBT?
4.  Wodurch werden Verhalten, Einstellungen
und Wissen von Schüler_innen und
Lehrkräften beeinflusst?
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
22
3
DIE BERLINER BEFRAGUNGEN:
WER WURDE BEFRAGT?
•  787 Berliner Schüler_innen
•  274 Sechstklässler_innen (Alter: M = 11,5 Jahre; 55%
weiblich) aus 24 Klassen und 10 Schulen
•  513 Neunt/Zehntklässler_innen (Alter: M = 15,2 Jahre;
45% weiblich) aus 26 Klassen und 10 Schulen
•  davon 25 Klassen neun Monate später erneut (T2)
•  Aus 27 Klassen: Klassenlehrer_innen (Alter: M = 50,5
Jahre; 63% weiblich)
•  Schülerstichprobe repräsentativ für Berliner Schularten
(Grundschulen, Gymnasien, Integrierte
Sekundarschulen, Gesamtschule)
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
4
WIE VERHALTEN SICH SCHÜLER_INNEN GGÜ. LS UND
NICHT GESCHLECHTSKONF. MITSCHÜLER_INNEN?
Diskriminierendes Verhalten (7 Fragen, Cronbach’s α = .83)
Solidarisches Verhalten (5 Fragen, Cronbach’s α = .66)
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
5
WIE VERHALTEN SICH SCHÜLER_INNEN
GEGENÜBER LESBEN UND SCHWULEN?
“Innerhalb der letzten 12 Monate habe ich mitbekommen, wie Mitschüler/in X … hat”
(von mindestens einem von zwei Mitschüler_innen mindestens “einmal” mitbekommen)
"schwul" oder "Schwuchtel" als
Schimpfwort verwendet
18%
Witze über Schwule oder Lesben
gemacht
54%
34%
28%
52%
30%
43%
23%
über eine Person gelästert, weil diese
für lesbisch/schwul gehalten wurde
29%
0%
6. Klasse
Mädchen
65%
38%
"Lesbe" als Schimpfwort verwendet
6. Klasse
Jungen
83%
50%
20%
44%
40%
40%
9./10. Klasse
Jungen
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
58%
60%
80%
100%
9./10. Klasse
Mädchen
6
23
WIE
VERHALTEN SICH
SCHÜLER_INNEN GGÜ. NICHT
MITSCHÜLER_INNEN?
GESCHLECHTSKONFORMEN
“Innerhalb der letzten 12 Monate habe ich mitbekommen, wie
Mitschüler/in X … hat”
(von mindestens einem von zwei Mitschüler_innen mindestens “selten” mitbekommen)
...sich über einen Jungen lustig
gemacht, der sich wie ein Mädchen
verhalten hat.
62%
60%
56%
52%
...sich über ein Mädchen lustig
gemacht, das sich wie ein Junge
verhalten hat
53%
48%
49%
50%
...gezeigt, dass er/sie es nicht gut
findet, wenn eine Person geärgert
wurde, weil sie für lesbisch oder
schwul gehalten wurde
48%
53%
0%
6. Klasse
Jungen
20%
6. Klasse
Mädchen
40%
9./10. Klasse
Jungen
68%
64%
60%
80%
9./10. Klasse
Mädchen
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
7
WIE VERHALTEN SICH LEHRKRÄFTE
HINSICHTLICH SEXUELLER VIELFALT?
Klassenlehrer_in (KL) thematisiert Homosexualität
(9 Fragen, α = .72)
Andere Lehrkräfte thematisieren Homosexualität
KL bewertet LSBT positiv oder negativ
(4 Fragen, α = .89)
KL interveniert gegen Diskriminierung
(4 Fragen, α = .80)
(3 Fragen, α = .87)
KL macht sich über LS und nicht-geschlechtskonf. Verh. lustig
(3 Fragen, = .81)
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
8
WIE THEMATISIEREN LEHRKRÄFTE SEXUELLE
VIELFALT?
“Innerhalb der letzten 12 Monate habe ich mitbekommen, wie mein/e
Klassenlehrer/in”
...uns gesagt hat, dass Lesbischsein oder
2 14
Schwulsein nichts Schlimmes ist.
...mit uns länger über über das Thema
LS-Sein im Unterricht gesprochen hat.
28
...mit Unterrichtsmaterialien z.B. ...
gearbeitet hat, in denen auch LS 2
vorkommen.
0%
häufig (2.5 bis 3.0)
56
mehrmals (1.5 bis <2.5)
78
40%
60%
einmal (0.5 bis <1.5)
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
24
72
20
20%
28
80%
100%
nie (0.0 bis <0.5)
9
WIE GEHEN LEHRKRÄFTE MIT
DISKRIMINIERUNG UM?
“Innerhalb der letzten 12 Monate habe ich mitbekommen, wie mein/e Klassenlehrer/in”
...gezeigt hat, dass er/sie es nicht duldet, wenn
ein Junge geärgert wird, weil er sich wie ein
Mädchen verhält.
18
... wenn ein Mädchen geärgert wird, weil es sich
wie ein Junge verhält.
18
... dass er/sie die Schimpfwörter "schwul",
"Schwuchtel" oder "Lesbe" nicht duldet.
4
...sich über einen Jungen lustig gemacht hat, der
sich wie ein Mädchen verhalten hat.
5 5
...sich über ein Mädchen lustig gemacht hat, das
sich wie ein Junge verhalten hat.
7
...gelacht hat, als Witze über Schwule oder
Lesben gemacht wurden.
7
0%
jedes Mal
(3.5 bis 4.0)
meistens
(2.5 bis <3.5)
18
21
10
28
30
26
18
26
18
30
22
26
13
65
27
66
18
75
20%
40%
in etwa der Hälfte der Fälle
(1.5 bis <2.5)
60%
80%
selten
(0.5 bis <1.5)
100%
nie
(0.0 bis <0.5)
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
10
WELCHE EINSTELLUNGEN HABEN DIE
SCHÜLER_INNEN GEGENÜBER LSBT?
Explizite Einstellung ggü. LSBT (21 Fragen, α = .92)
Implizite Einstellung ggü. LS (Affective Misattribution
Procedure, 46 Fragen, α = .92)
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
11
WELCHE EXPLIZITEN EINSTELLUNGEN
HABEN DIE SCHÜLER_INNEN GEGENÜBER LSBT?
Als unangenehm bewertet: “Du erfährst, dass …”
eine Freundin von dir lesbisch ist
ein Freund von dir bisexuell ist
52%
bei den 6. nicht erfasst
29%
28%
bei den 6. nicht erfasst
53%
23%
55%
29%
69%
44%
ein Freund von dir lieber ein Mädchen
sein will
38%
54%
70%
40%
0%
6. Klasse
Mädchen
41%
18%
eine Freundin von dir lieber ein Junge
sein will
6. Klasse
Jungen
38%
29%
ein Freund von dir schwul ist
eine Freundin von dir bisexuell ist
44%
47%
22%
20%
9./10. Klasse
Jungen
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
40%
60%
80%
9./10. Klasse
Mädchen
12
25
WELCHE EXPLIZITEN EINSTELLUNGEN
HABEN DIE SCHÜLER_INNEN GEGENÜBER LS?
“stimmt ziemlich” oder “stimmt sehr”:
71%
Lesbische Paare sollten heiraten dürfen
und dabei die gleichen Rechte bekommen
wie in Ehen zwischen Frau und Mann.
77%
60%
83%
73%
Schwule Paare sollten heiraten dürfen
und dabei ...
77%
54%
84%
0%
6. Klasse
Jungen
6. Klasse
Mädchen
20%
40%
9./10. Klasse
Jungen
60%
80%
100%
9./10. Klasse
Mädchen
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
13
WELCHES WISSEN HABEN SCHÜLER_INNEN
UND LEHRKRÄFTE ZU SEXUELLER VIELFALT?
Leistungstest mit 27 Multiple Choice-Fragen zu LSBT
(α = .63, Retest nach 9 Monaten: r = .59)
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
15
WELCHES WISSEN HABEN SCHÜLER_INNEN
UND LEHRKRÄFTE ZU SEXUELLER VIELFALT?
Aussagen korrekt beantwortet als “falsch” :
bei den 6. nicht erfasst
%
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
26
16
WELCHES UNWISSEN HABEN SCHÜLER_INNEN
UND LEHRKRÄFTE ZU SEXUELLER VIELFALT?
Wissen um LSB-Schüler_innen, -Lehrkräfte und Bekannte
Schüler_innen:
LSB-Lehrkräfte an Schule
66
Schüler_innen:
LSB-Bekannte
7
30
Klassenlehrer_innen:
LSB-Lehrkräfte an Schule
21
Selbstauskunft:
9./10. Klassen mit LSB-Schüler_innen
17
59
4
Klassenlehrer_innen 9./10. Klasse:
LSB-Schüler_innen in eigener Klasse
20
8
22
15
92
24
%
32
0 8 0
28
8
40
nein / weiß nicht
lesbische oder bisexuelle Frauen/Mädchen
schwule oder bisexuelle Männer/Jungen
beide
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
18
WIE WERDEN DIE SCHÜLER_INNEN DURCH IHRE
LEHRKRÄFTE UND DIE SCHULE BEEINFLUSST?
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
19
WIE WERDEN DIE SCHÜLER_INNEN DURCH IHRE
LEHRKRÄFTE UND DIE SCHULE BEEINFLUSST?
Mehrebenenanalysen: Koeffizienten
standardisierter Variablen zu T1
Wissen
Expl.
Einst.
Impl.
Einst.
(nur 9./10.)
Diskr.
Verh.
Solidar.
Verh.
.01
.14
.08
Schüler_innen wissen von AntiMobbing-Leitbild (nur 9./10. Klassen)
# .14
* .17
-.02
-.02
.08
Lehrkräfte thematisieren Homosexualität in vielen Fächern/Jahrgängen
Klassen wissen von LSB-Lehrkräften
# .12 ** .20
* .12
* .14
.07
* .13
.07
Klassenlehrer_in (KL) thematisiert
Homosexualität
-.05
-.09
.01
-.04
-.12
KL bewertet LSBT positiv
n. s.
-.05
n. s.
n. s.
n. s.
KL interveniert gegen
Diskriminierung
n. s.
# .12
n. s.
n. s.
n. s.
KL macht sich über LS und
geschlechts-nonkonf. Verh. lustig
n. s.
-.03
n. s.
* .13
n. s.
# p < .10; * p < .05, ** p < .01, n. s. = nicht signifikant. Kontrollvariablen: Jahrgang, Geschlecht,
türkisch/arabischer Migrationshintergrund und ihre signifikanten Interaktionen mit den Einflussvariablen.
Rot = Zusätzlich längsschn. Effekt T1-T2 (p < .10) bei Kontrolle des Kriteriums zu T1 (nur 9./10. Klassen)
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
20
27
WIE WERDEN DIE SCHÜLER_INNEN DURCH ANDERE
VARIABLEN BEEINFLUSST?
Mehrebenenanalysen:
Koeffizienten standardisierter
Variablen zu T1
Wissen
Expl.
Einst.
Impl.
Einst.
(9./10. Klasse)
Diskr.
Verh.
Solid.
Verh.
Jahrgang: 9./10. (vs. 6. Klasse)
** .18
.05
** -.16
.00
Geschlecht: weibl. (vs. männl.)
* .08
*** .27
.00
*** -.25
** .11
*** -.16
*** -.25
** -.17
# .08
-.04
** .11
** .14
* .17
-.05
** .12
-.02
Türkisch/arabischer Migrationsh.
Bildungsniveau
Ökonomische Situation
Befürw. tradition. Geschlechterrollen
-.01
.04
-.05
.03
* -.11
*** -.15
** -.24
** .14
.01
-.07
*** -.15
-.09
.05
* .15
*** -.20
*** -.19
.02
-.03
-.04
** .13
*** .18
.06
*** .40
** .22
Religiösität
Soziale Dominanzorientierung
Persönl. Kontakt zu LSB
Pro-LS-Erwartungen d. soz. Umfeldes
* .11 *** .21
-.08
.03
# p < .10, * p < .05, ** p < .01, *** p < .001. Kontrollvariablen: generell freundliches und feindseliges
Verhalten (wenn Verhalten abhängige Variable ist). Blau = nur 9./10. Klasse.
Rot = Zusätzl. längsschn. Effekt (p < .10) bei Kontrolle der abhängigen Variable zu T1 (nur 9./10. Klasse)
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
21
WIE KÖNNEN WIR DIE AKZEPTANZ FÜR SEX./GESCHL.
VIELFALT IN JUGENDEINRICHTUNGEN VERBESSERN?
•  Sichtbarkeit und Kontakt
•  möglichst oft sexuelle/geschlechtliche Vielfalt genauso
selbstverständlich thematisieren wie Cis/Heterosexualität
•  LSBT-Peer-Aufklärungsteams einladen (http://bksl.queernetrlp.de/schulaufklaerung)
•  LSBT-Fachkräfte: Souveräner Umgang mit eigener
sexueller/geschlechtlicher Identität
•  Infomaterial sichtbar platzieren (z. B. Plakate)
•  Früh anfangen: Grundschule oder früher
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
22
WIE KÖNNEN WIR MOBBING UND DISKRIMINIERUNG
ABBAUEN?
•  Anti-Mobbing-Leitbild entwickeln und gemeinsam
besprechen
•  Starre Geschlechterrollen hinterfragen (auch bei sich
selbst)
•  auch Beispiele geschlechts-untypischer Personen bringen
•  nicht selbst über geschlechts-nonkonforme Verhalten/
Kleidung/Namensgebung lustig machen, sondern genauso
wertschätzen wie geschlechts-konforme
•  Bei Diskriminierung (z. B. “Schwuchtel” als
Schimpfwort) intervenieren
•  negative Verwendung des Begriffs hinterfragen
•  Perspektivübernahme anregen
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
28
23
ZUKÜNFTIGE FORSCHUNG
•  Welchen Strategien bauen am wirksamsten Vorurteile
und Diskriminierung gegenüber LSBTI ab?
•  Evaluation der zahlreichen LSBTI-Peer-Aufklärungsworkshops (Wirksamkeit und relevante Wirkfaktoren)
•  Aufbau auf existierender Bestandsaufnahme (Salden, 2014;
Antwerpen, 2014)
•  Wie kann man pädagogische Fachkräfte dazu
bringen, ...? (für Lehrkräfte: Latz & Scharmacher, in Vorbereitung)
•  sexuelle und geschlechtliche Vielfalt zu berücksichtigen
•  gegen Diskriminierung von LSBTI vorzugehen
•  Verpflichtende Erfassung von Geschlechtsidentität und
sexueller Orientierung in öffentlich geförderten
Untersuchungen zu Gesundheit, Partnerschaft,
Sexualität und/oder Zufriedenheit
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
24
FALTBLATT ZUR STUDIE
FÜR PÄDAGOGISCHE FACHKRÄFTE
Elektronisch unter:
www.psychologie.hu-berlin.de/
prof/org/download/fb
Bestellung bei der
Senatsverwaltung für Bildung,
Jugend und Wissenschaft mit
Bestellfax:
www.psychologie.hu-berlin.de/
prof/org/download/bestellfax/
Voraussichtlich ab Frühjahr
2015 erweiterte Neuauflage für
NRW (NDS-Verlag und GEW)
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
25
WIE THEMATISIEREN LEHRKRÄFTE SEXUELLE
VIELFALT?
„Wenn er/sie über ... gesprochen hat, wie positiv oder negativ hat er/sie sich
über ... geäußert?“
Lesbische Frauen/Mädchen (N=40) 0
Schwule Männer/Jungen (N=41) 2
Bisexuelle Menschen (N=33)
Transsexuelle Menschen (N=33)
negativ (-2.0 bis <-0.5)
60
40
59
39
73
27
85
0%
20%
40%
neutral (-0.5 bis <0.5)
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
15
60%
80%
100%
positiv (0.5 bis 2.0)
27
29
BELIEBTESTE BESCHIMPFUNGEN BEI KINDERN UND
JUGENDLICHEN (JEDE_R BESCHREIBT ZWEI KLASSENKAMERAD_INNEN)
48% (250 von 526) beziehen sich auf soziale Gruppen
Voll schwul!
Penner!
Lutscher!
Fetti!
Schwulette!
Spast!
Opfer!
Mongo!
Kanacke!
Schwarze
Missgeburt!
Wie
behindert!
Jude!
Schwuchtel!
Hurensohn!
Schlampe!
28
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
VERHALTEN: WIE THEMATISIEREN
LEHRKRÄFTE SEXUELLE VIELFALT?
“Innerhalb der letzten 12 Monate habe ich mitbekommen, wie mein/e Klassenlehrer/in”
...über lesbische Mädchen/Frauen gesprochen hat.
6
...über schwule Jungen/Männer gesprochen hat. 2
30
32
66
...über bisexuelle Menschen gesprochen hat. 2 12
86
...über transsexuelle Menschen gesprochen hat. 2 12
86
0%
häufig (2.5 bis 3.0)
mehrmals (1.5 bis <2.5)
20%
40%
einmal (0.5 bis <1.5)
Ulrich Klocke (2014): Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen
30
64
60%
80%
100%
nie (0.0 bis <0.5)
30
Vortrag 4
„Da bleibt ja viel zu tun …“
Situation von lesbischen, schwulen und
transgender Kindern, Jugendlichen
und Eltern in München
Andreas Unterforsthuber
Die Landeshauptstadt München hat in den Jahren 2006
bis 2014 einen strategischen Prozess durchgeführt, um
die Situation von lesbischen, schwulen und transgender
Kindern, Jugendlichen und Eltern in München zu verbessern.
Hierzu hat die Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen gemeinsam mit dem Sozialreferat
– Stadtjugendamt eine mehrschichtige Vorgehensweise
entwickelt. Ein Element war eine bundesweit beachtete
Studie mit dem Titel „Da bleibt noch viel zu tun …!“.
Andreas Unterforsthuber stellte Elemente des strategischen Prozesses und Ergebnisse aus der Studie vor: Es
wurden 800 Fachkräften aus der Kinder- und Jugendhilfe, beim Stadtjugendamt, bei Sozialbürgerhäusern und
Freien Trägern der Jugendhilfe befragt. Die Auswertung
der Befragung kam zu dem Ergebnis:
1. Fachkräften der Jugendhilfe fehlt spezifisches Fachwissen zu LGBTI-Jugendlichen.
2. In den untersuchten Bereichen existieren ausgeprägte
homophobe Haltungen
4. Instrumente und Standards der Kinder- und Jugendhilfe berücksichtigen das LGBT-Thema nicht.
5. Die Situation von LGBT-Fachkräften ist schwierig.
Auf Grundlage dieser Erkenntnisse konnte der Stadtrat
mittlerweile ein umfassendes Maßnahmenpaket auf
den Weg bringen, das Andreas Unterforsthuber vorstellte.
Andreas Unterforsthuber ist seit 2002 Leiter der
Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche
­Lebensweisen beim Direktorium der Landeshauptstadt München. Die Koordinierungsstelle
hat den Auftrag, Gleichstellungs- und Anti­
diskiminierungsarbeit für Lesben, Schwule und
Transgender zu leisten. Sie leistet fachpolitische
Unterstützung für den Stadtrat und Stadtverwaltung, unterstützt die LGBT-Community und
macht Öffentlichkeits- und Medienarbeit.
Die folgende Präsentation hat er vorgestellt.
3. Fachkräfte beschäftigen sich wenig mit LGBTI-Jugendlichen.
31
LGBT-Jugendliche in der Kinder- und
Jugendhilfe München
Vorgeschichte
Vorgehensweise / Strategische Überlegungen
➔ Ist-Stand-Analyse / Studie „Da bleibt noch viel zu tun...!“
➔ Herstellung einer verbindlichen Auftragslage
➔ Umsetzungsplanungen
= Stadtjugendamt
= Sozialbürgerhäuser
= Freie Träger der Offenen Kinder- und Jugendarbeit
➔
➔
Vorgeschichte
Einladung der Jugendamtsleitung zum „Runden Tisch zur
Gleichstellung von LGBT*“ Anfang 2006
➔ Erstes Verständnis für das Thema, aber noch nicht mit Leben
gefüllt
➔ Aufnahme des LGBT-Themas in das Strategiepapier des Stadtjugendamts zum Umgang mit den Querschnittthemen (GIBS*)
➔ Im Folgeprozess zu berücksichtigen: Widerstände,
Konkurrenzen, Thema Macht- und Ressourcenverteilung
➔
* LGBT = Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, internat. übliche Abkürzung für die Community der Lesben, Schwulen, Bisexuellen und
Transgender
* GIBS = Gender, Interkult, Behinderung, Sexuelle Identität
32
Vorgehensweise / strategische Überlegungen
Einrichtung einer Querschnittstelle mit Zuständigkeit für sexuelle
Identität bei der Jugendamtsleitung (GIBS)
➔ Vorgehensplanung:
= Durchführung einer Studie zur Situation von LGBT-Kindern,
Jugendlichen und Eltern bei Fachkräften
= Befassung des Stadtrats mit Grundsatzbeschluss
= Erarbeitung von Umsetzungskonzepten
= Befassung des Stadtrats mit Umsetzungsbeschlüssen
= Umsetzung in der Verwaltung / Freie Träger
➔
Studie: „Da bleibt noch viel zu tun...!“
Rahmenbedingungen:
➔ Befragung von Fachkräften in der Kinder- und Jugendhilfe und
der Kinder- und Jugendarbeit
➔ Auf 2 Monate angelegt
➔ Stadtjugendamt – Sozialbürgerhäuser – Freie Träger
➔ Knapp 800 Teilnehmende, hauptsächlich Fachkräfte der psychosozialen Arbeit
Ergebnisse
Lebenslagen von LGBT-Jugendlichen sind sehr belastet
Im Jugendbereich ausgeprägte homophobe Haltungen
➔ Bei den Fachkräften wenig Beschäftigung mit dem Thema
➔ Spezifisches Fachwissen zu LGBT fehlt weitgehend
➔ Instrumente und Standards der Kinder- und Jugendhilfe berücksichtigen das LGBT-Thema nicht
➔ Situation von LGBT-Fachkräften schwierig
➔
➔
33
Herstellen einer verbindlichen Auftragslage
20.11.2011
Vorstellung der Studie im Stadtrat, Grundsatzbeschluss mit
Auftrag, entsprechende Umsetzungskonzepte zu entwickeln
➔ 2012 – 2014
Fortbildungen im Stadtjugendamt, Gremienarbeit,
Überzeugungsarbeit, Entwicklung von Maßnahmen und
Konzepten
➔ 20.11.2014
Vorstellung der Umsetzungskonzepte, Beschluss des Stadtrats
zu Grundsätzen, Maßnahmen und Ressourcen
➔
Umsetzungskonzepte
Stadtjugendamt:
➔ Strategische Öffnung der Verwaltung zu LGBT
= Querschnittthema
= Stärkung der Querschnittstelle mit ½ Planstelle für LGBT
= Haltung im Amt herstellen
= Top-down-Prozess
= Haltung muss sich in Methoden, Standards und Instrumenten
ausdrücken
= Aufbau einer Gremienstruktur im Amt zu LGBT
Stadtjugendamt
➔ Entwicklung verbindlicher Leitlinien zur Arbeit mit LGBT
➔ Fachliche Verankerung des LGBT-Themas
= Verpflichtende Fortbildung zur Sicherstellung des Fachwissens
= Weiterentwicklung von Fortbildungskonzepten
= Sicherstellung von Fortbildungsressourcen (2 halbe Stellen)
➔ Berücksichtigung von LGBT in der Öffentlichkeitsarbeit
= in Publikationen des Stadtjugendamts
= durch Fachveranstaltungen
= bei der Gestaltung von Räumen / Eingangsbereichen usw.
34
Sozialbürgerhäuser*
➔ Aufnahme in das Schulungskonzept für neue Mitarbeiter_innen
➔ Schulung aller Führungskräfte innerhalb von 3 Jahren
➔ Einrichtung einer Beauftragung bei der Leitung
➔ Aufnahme des Themas in die Öffentlichkeitsarbeit der SBH
*Sozialbürgerhäuser: dezentrale und regionalisierte Verwaltungseinheiten zur Erbringung der sozialen Dienstleistungen der Stadt für
Bürgerinnen und Bürger (z.B. Bezirkssozialarbeit, wirtschaftliche Hilfen, Jugendhilfe, Betreuungsstelle usw.)
Offene Kinder- und Jugendarbeit:
➔ Bildung eines Arbeitsgremiums
➔ Erarbeitung eines Konzepts zur Arbeit für und mit LGBTJugendlichen
➔ Beteiligung aller Träger und Gremien
➔ Verbindlicher Bestandteil des „Rahmenkonzepts der Offenen
Kinder- und Jugendarbeit in München“
➔ in Planung: Arbeitsmappe und Qualitätssiegel
35
Vortrag 5
Angebote für LGBTI-Jugendliche und ihr soziales Umfeld –
Angehörige und Fachleute
Ilka Borchardt
Ilka Borchardt bezog sich auf das Projekt „Homosexualität und Familien - eine Herausforderung für
familienbezogenes Fachpersonal“, das 2011 bis 2014
vom Lesben- und S
­ chwulenverband Deutschland
(LSVD) durchgeführt wurde. Sie konzentrierte sich auf
Themen und Herausforderungen für Angehörige und
Fachleute. Zentral ist das Coming-out, ein komplexes
Geschehen für das Individuum und das soziale Umfeld.
Für Fachleute ist es wichtig, das Coming-out-Geschehen
zu verstehen und sensibilisiert zu sein. Es ist zu unterscheiden zwischen einem äußeren und einem inneren
Coming-out. Das Coming-out ist nie ganz abgeschlossen,
denn jede neue soziale Situation, eine neue Schule, eine
neue Arbeit verlangen die erneute Auseinandersetzung
mit dem Coming-out. Wesentlich für die Beratung zum
Coming-out ist die Reihenfolge: Wer weiß zuerst davon,
dass ein Jugendlicher lesbisch oder schwul ist? Was folgt
für die Auseinandersetzung damit? Auch Eltern haben
in der Folge ein Coming-out – als Eltern eines schwulen
oder lesbischen Kindes, die sich in ihrem sozialen Umfeld
nun dazu verhalten. Die Kinder können eine Ressource
zur Unterstützung des Coming-outs der Eltern sein.
36
Die Konflikte der Eltern zu verstehen, ist wichtig für die
­beraterische Unterstützung. Fachleute sollten Jugendliche und Angehörige im Coming-out begleiten und
auf gesellschaftlicher Ebene darauf hinwirken, dass die
Rechte von LGBTI gestärkt werden. Sie sollten die Angebote öffnen und die LGBTI-Themen sichtbar machen
aber kein „Othering“ produzieren. Ein Weg hierbei ist
es, Stereotype und Unsicherheiten zu reflektieren und
Gegenbilder zu entwerfen.
Ilka Borchardt war Projektleiterin im Projekt:
„Homosexualität und Familien – eine Herausforderung für familienbezogenes Fachpersonal“
des Familien- und Sozialverein des Lesben- und
Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD). Das
Projekt lief von 2011 bis 2014 und wurde vom
­Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert.
Die folgende Präsentation hat sie vorgestellt.
Bedarfe von LSBT-Jugendlichen
zur sexuellen & reproduktiven Gesundheit
Angehörige & Fachleute
– Themen –
– Herausforderungen –
Coming-out
• inneres und äußeres Coming-out
• Nie ganz abgeschlossen
• Faktoren:
-- Sozialisation, Heterosexuelle & Geschlechternormen,
Einstellungen der Eltern, Peer-groups, Religiosität,
Moralvorstellungen, Öffentliche Meinung (auch des Staates),
Schule / Beruf, Identifikation mit anderen Homo-/Bisexuellen/
Trans*Menschen, Angst vor Stigmatisierung …
• Mehrfachdiskriminierung
• Reihenfolge?
-- Fremde, Bekannte, Freunde, Familie
Hauptthemen LSBT- Jugendliche
• Probleme (LSBT vs. Hetero-Jugendliche)
• Intolerante Familien vs. Schulklasse, Examen, Noten
• Schule, Mobbing vs. Weiterführende Schule, Karriere
• Angst vor dem Coming-out vs. Finanzielle Belastung durch
Ausbildung
• Schule und Familie als kritische Orte
37
LSBT-Jugendliche mit
Migrationshintergrund
• zum Teil besondere Stressfaktoren wie
Gewalt und Diskriminierung
• häufiger sexuelle als rassistische Diskriminierung
• sexuelle belastender als rassistische Diskriminierung
• sexuelle Diskriminierung v.a. von seiten der Familie
• (LSVD: Doppelt diskriminiert oder gut integriert? 2010)
Reaktionen von Eltern
• Erste Reaktionen
-- Habe ich etwas falsch gemacht?
-- Was wird jetzt aus meinem Kind? (HIV/Aids, Diskriminierung)
-- Dann werde ich ja nie Großmutter/Großvater!
• Weitere Reaktionen
-- Homosexualität als „Sünde“, als „Krankheit“,
als „Privatsache, über die nicht geredet werden muss“
Zusammenhänge der
Reaktionen (mit MH)
• Bildung der Eltern, Milieus der Eltern
→ keine signifikante Auswirkung
• Mehr vielfältige private Kontakte (private Integration)
→ positivere Reaktionen
• Homophobes Klima im Herkunftsland,
traditionelles Rollenverständnis
→ negativere Reaktionen
(LSVD: Doppelt diskriminiert oder gut integriert? 2010)
38
Coming-out der Eltern
• Ungleichzeitigkeit von Coming-out der Kinder und der Eltern!
• Meist Überraschung, Schock
• Phasen wie im Coming-out der Kinder
• Ressource: Kinder als „ExpertInnen“ für Coming-out
• Eigenes Coming-out mit Kindern abstimmen
Fachleute
• begleiten Jugendliche im Coming-out
• bereiten Jugendliche auf Coming-out der Angehörigen vor
• unterstützen Angehörige im Coming-out
• wirken auf sozialpolitischer Ebene
(Familienbilder, Vielfalt, reproduktive Rechte …)
Themen für Fachleute
• Safer Sex (für ALLE Jugendliche)
• Familienplanung (Insemination, Leihmutterschaft, Adoption)
• Diskriminierungsrisiken im Alltag, zum Beispiel Gesundheit
(gynäkologische Untersuchung, „Risikogruppen“ bei Blutspenden)
• Internalisierte Homonegativität (-phobie)
39
Empfehlungen an Fachleute
• Reflexion eigener Unsicherheiten/Stereotype:
• Motivation zur Vermeidung
• Gegenbilder, andere Bewertung der Bilder
• Vielfalt der Bilder
• Zeit für Bewusstmachung, kollegialer Austausch
Angebote öffnen
• Sexuelle Identität spielt eine Rolle! ABER: „Othering“ vermeiden
• Eigene Unsicherheiten/Stereotype reflektieren
• Mögliche Befürchtungen im Zusammenhang mit diesem
Öffnungsprozess offen und konstruktiv ansprechen
• Gleichgeschlechtliche Lebensweisen thematisieren, sich fortbilden
zum Beispiel zu (Mehrfach-)Diskriminierung, Anti-Bias, Diversity,
Privilegien verschiedener Lebensformen etc.
• Nicht wertfreie / diskriminierende Kommunikation oder Verhalten
(auch unter KollegInnen) ansprechen
Angebote öffnen II
• In Beratungsgesprächen nicht Heterosexualität voraussetzen,
sondern zum Beispiel geschlechtsneutral formulieren
• (Kultursensibles) Informationsmaterial zu Themen sexueller
Vielfalt an zentralen Plätzen auslegen
• Weiterführendes Material empfehlen können
• Gut sichtbar Plakate aufhängen
• Vernetzen, Austausch und Verlinken mit LSBT-Netzwerken und
Selbsthilfeorgansationen …
40
Resümee aus den Worldcafé Panels und Vorträgen
Das fördert LGBTI-jugendfreundliche Angebote –
Das bringt die sexuellen Rechte voran
Themen in Beratungen
Nicht selten gibt es starken
Leidensdruck bei LGBTI-Jugendlichen, der erkannt und
beraterisch begleitet werden
muss.
Zentrales Thema ist das
Coming-out. Es ist als komplexes Geschehen zu verstehen, in
das das gesamte soziale Umfeld
einwirkt. Das Coming-out ist nie ganz abgeschlossen.
Auch Eltern eines schwulen oder lesbischen Kindes
haben ein Coming-out und Beratungsbedarfe. Sie sind
manchmal geschockt und besorgt, schämen sich oder
lehnen ihre Kinder ab und suchen Wege, aus der Ablehnung herauszukommen. Andere wollen ihre Kinder
sofort bestmöglich unterstützen und suchen hierbei
den richtigen Weg. Die Konflikte der Eltern zu verstehen und aufzugreifen, ist wichtig für die beraterische
Unterstützung. Auch der Wunsch nach Enkeln ist ein
Beratungsthema.
Beratung kann ErzieherInnen, LehrerInnen,
BetreuerInnen in Behinderteneinrichtungen, Jugend­
hilfemitarbeiterInnen darin schulen, sensibel,
kompetent und respektvoll mit LGBTI umzugehen. Institutionen können bestärkt werden, in ihren fachlichen
Instrumenten und Standards LGBTI zu berücksichtigen.
Wie können Leitbilder gegen LGBTI-Mobbing installiert
werden? Das könnte ein wichtiges Thema von Multi­
plikatorInnen-Beratungen sein.
Um LGBTI-Jugendliche unterstützen zu können, ist
aktuelles Wissen über unterstützende, lokale Netzwerke vorzuhalten. Wichtig sind hierbei Jugendgruppen,
Wohneinrichtungen, Beratungsstellen, TherapeutInnen
und Schulaufklärungsprojekte,
die die Rechte von LGBTIJugendlichen bekanntmachen
und stärken.
Die Beratungsthemen von
Menschen mit inter- und –
transsexuellen Identitäten sind
bisher am wenigsten bekannt
und sollten dringend fachlich
bearbeitet werden.
Die Angebote sollten nach außen sichtbar machen, dass
sie qualifiziert und engagiert sind für die Anliegen von
LGBTI-Jugendlichen.
Partizipative Schule
Die gerechte Schule für alle ist eine enorm wichtige
Institution für eine lebendige Demokratie. Die Schule ist
für LGBTI-Kinder und Jugendliche ein sozialer Raum mit
hoher biographischer Bedeutung. Das System Schule als
Ganzes und die LehrerInnen sollten deshalb für LGBTIJugendliche und LGBTI-Themen sensibilisiert werden. Zu
einem optimalen Lernumfeld gehören auch fürsorglich
handelnde LehrerInnen. Wegen der hohen psychischen
Belastungen von LGBTI (zum Beispiel durch Abwertung
der eigenen Identität durch andere) ist die psychische
Gesundheit von LGBTI-Kindern und Jugendlichen
gefährdet und ihre Suizidalität ist höher. Rechtebasierte
präventive Maßnahmen für die Gesundheit sollten in
der Schule implementiert werden.
Inklusion in der Schule als (bildungs-)politische Aufgabe
sollte Menschen in ihrer individuellen Verschiedenartigkeit als Rechteinhaber berücksichtigen.
41
LGBTI ist kein exklusives Thema der Sexualaufklärung
(LGBTI ist nicht zu reduzieren auf eine sexuelle Praxis)
sondern eine allgemeine Bildungsaufgabe und auch
ein Gestaltungsauftrag demokratischer und partizipativer Institutionen und muss strukturell verankert
sein. Homonegativität und Transnegativität sind
gesamtschulische Themen und, ebenso wie die Sexualerziehung, eine fächerübergreifende/fächerverbindende
Aufgabe.
Es gibt bundesweit zahlreiche LGBTI-Bildungsangebote, die den Schulunterricht unterstützen können.
LGBTI-Bildungsprojekte und Kooperationen sollten
gewertschätzt und gefördert werden. Sie ersetzen nicht
die Aufgaben der LehrerInnen und der gesamten Schule.
LGBTI-Bildungsangebote und Sexualaufklärung werden
mancherorts öffentlich kontrovers debattiert. Mit Eltern,
LehrerInnen und PolitikerInnen sollte deshalb in den
Dialog getreten werden, um die Debatten mit rechtebasierten Argumenten zu führen und fundamentalen
homophoben Positionen entgegenzutreten.
Der pädagogische Auftrag von LehrerInnen beinhaltet
die Sensibilisierung für die Rechte von LGBTI-Kindern
und Jugendlichen. Dafür sollten sie während ihres
Studiums vorbereitet und ausgebildet werden. Die Kultusministerien sollten das in den Ausbildungscurricula
berücksichtigen.
Methodische Überlegungen zur Sexualpädagogik
Ein kritisches Reflektieren der sexualpädagogischen
Praxis sollte stattfinden. LGBTI-Themen sind primär
Themen der Identitätsfindung und des Rechts auf eine
Lebenspraxis und nicht Themenstellungen der sexuellen Praktiken. Es empfiehlt sich deshalb, LGBTI-Themen
nicht in direktem Zusammenhang mit Unterrichtsinhalten wie Verhütungsmittel, sexuelle Praktiken, STI/
HIV zu stellen. Weitere Fragen sind: Inwieweit achten
wir sprachlich auf LGBTI-Inklusion? Ist die Einteilung in
männliche und weibliche Gruppen sinnvoll? In wieweit
reproduzieren wir durch die eigene Arbeit Schubladendenken und klassische normative Kategorien und
Vorurteile (doing gender und undoing gender)? Wie
werden in den Methoden, Materialien und Broschüren
die Rechte von LSBTI-Kindern und Jugendlichen berücksichtigt?
42
pro familia-Angebote
Die Beratungsangebote von pro familia richten sich an
alle Menschen und somit auch an LGBTI. Da es keine
flächendeckenden speziellen Beratungsstellen für LGBTIMenschen gibt, ist es gerade in Gebieten mit fehlenden
Beratungsangeboten sinnvoll, auch LGBTI-Menschen
und deren Angehörige als Adressaten der pro familiaBeratungsangebote explizit zu erwähnen. Ansonsten
wird pro familia eher als Beratungseinrichtung nur für
die heterosexuelle Mehrheit wahrgenommen. Auch bei
der Online-Beratung sollte sich pro familia als Anlaufstelle bei LGBTI-Fragestellungen präsentieren und das
auch für Eltern.
Qualifizierung von Fachkräften
In der Qualifizierung sollten die drei Ebenen Wissen,
Kompetenzen und Haltungen immer zusammen
bearbeitet werden, denn Fachwissen für sich ist nicht
ausreichend, es braucht notwendig immer Handlungskompetenzen und Selbstreflexion. MitarbeiterInnen
sollten also mit Wissen und Kompetenzen und rechtebasierten Haltungen zu trans- und genderqueeren
Identitäten geschult werden. In Jugendhilfeeinrichtungen besteht wahrscheinlich besonders hoher
Schulungsbedarf.
Fachleute sollten Jugendliche und Angehörige im
Coming-out begleiten können und auf gesellschaftlicher Ebene darauf hinwirken können, dass die Rechte
von LBGTI gestärkt werden. Sie sollten die Angebote
öffnen und die LGBTI-Themen sichtbar machen aber
kein ­„Othering“ produzieren. Ein Weg hierbei ist es,
­Stereotype und Unsicherheiten reflektieren zu können
und Gegenbilder zu entwerfen. Spezifische Kenntnisse
und Kompetenzen sind für Beratungsanliegen von Menschen mit intersexuellen und transsexuellen Identitäten
und Fragen notwendig.
Qualifizierte Fachkräfte sollten sich nach außen hin
sichtbar machen können. Sie sollten von Jugendlichen ‚erkannt‘ werden wollen. Sie sollten in einem
Netz agieren, in dem sie auf qualifizierte LehrerInnen,
MitarbeiterInnen in Institutionen wie der Jugendhilfe
oder auch ÄrztInnen verweisen können. Regionale und
überregionale Verweissysteme gehören daher auch zu
einer umfassenden Qualifizierung. Allerdings werden
Angebote zu LGBTI-Fortbildungen für Professionelle oft
nicht wahrgenommen. Es stellt sich deshalb die Frage:
Wie können Lehrkräfte für Fortbildungen motiviert werden? Gibt es Hürden für Fachkräfte an Fortbildungen zur
sexuellen Vielfalt teilzunehmen? Wie können sie abgebaut werden? MitarbeiterInnen sollten darin geschult
sein, LGBTI-KollegInnen vor Mobbing und Diskriminierungen zu schützen.
In der Arbeit mit Jugendlichen haben LehrerInnen, SozialarbeiterInnen und SexualpädagogInnen auch eine
Schutzaufgabe und sollten darauf achten, dass einzelne
Jugendliche nicht mit dem Thema schwul/lesbisch in
einer Weise identifiziert werden, die sie zum Objekt
von Mobbing macht. Das Recht auf Vertraulichkeit und
Privatsphäre muss immer respektiert werden. Welche
Instrumente stehen den Fachkräften dafür zur Verfügung?
Sexuelle Vielfalt ist ein Querschnittsthema und es
betrifft alle Menschen, denn die Freiheit, den Sexualund Lebenspartner frei und selbstbestimmt wählen zu
können, ist ein zentrales Recht auch für heterosexuelle Jugendliche. Die Erfahrung, manchmal aus einer
normierten Geschlechterrolle zu fallen oder fallen zu
wollen, kennen auch Cis-Jugendliche.
Eine sexuelle Kultur der Selbstbestimmung, Freiheit und
Gewaltfreiheit ist das universelle Ziel. Qualifizierung
sollte deshalb die sexuelle Vielfalt nicht nur auf „Zielgruppen“ zuspitzen. Sexuelle Vielfalt ist ein inklusives
Rechteanliegen, das die Debatte um Inklusion bereichern kann: Inklusion bezieht sich in diesem Sinne nicht
mehr nur auf Behinderung, sondern auch auf Interkulturalität, Geschlecht, Sexualität usw.
Peerangebote sind wichtig für LGBTI-Jugendliche und
es gibt sehr gute Erfahrungen bei selbstverwalteten
LGBTI-Jugendzentren, die reflektiert werden sollten. Es
sollte mit LGBTI-Jugendzentren auf Augenhöfe zusam-
mengearbeitet werden und Erfahrungstransfer und
Kooperationen gesucht werden. Es sollten MitarbeiterInnen mit LGBTI-Erfahrung in die Beratungsteams
integriert werden.
LGBTI-jugendfreundliche kommunale
Angebote
LGBTI-Jugendliche finden oft in offenen Jugendzentren
oder städtischen bzw. kommunalen Einrichtungen keine
für sie und ihre Themen passenden Angebote.
In größeren Städten gibt es vereinzelt besondere
Angebote für schwule und lesbische Jugendliche, für
Transgender und intersexuelle Menschen finden sich
dagegen kaum oder keine Angebote. In kleineren Kommunen und ländlichen Gegenden gibt es bis jetzt kaum
Anlaufstellen. Auf kommunaler Ebene sollten nicht nur
spezifische Angebote von städtischen Einrichtungen
bzw. Jugendzentren mit qualifiziertem Fachpersonal für
LGBTI-Jugendliche gefördert werden, sondern auch die
Partizipation der selbstverwalteten LGBTI-Einrichtungen
mit den kommunalen Einrichtungen.
Wichtig ist es, die LGBTI-Jugendlichen in Entscheidungsprozesse einzubinden, die auf kommunaler Ebene
und in den Städten zu verbesserten Angeboten für die
Jugendlichen führen, also z.B. eine engere Verzahnung
von bereits existierenden selbstverwalteten Angeboten
mit den städtischen Verwaltungen. Das führt zu einem
differenzierteren Verständnis, wie man Angebote besser
auf die Bedürfnisse von LGBTI-Jugendlichen zuschneiden
kann. Eine bessere Vernetzung der LGBTI-Community
untereinander, aber auch mit städtischen Verwaltungen,
Jugendzentren und Beratungsstellen kann zu verbesserten Angeboten führen. Lokale Netzwerke können dabei
eine große Rolle spielen, um die Situation der LGBTIJugendlichen und passende Angebote zu verbessern.
43
Bei den Fachkräften in der Jugendhilfe sollte konsequent
darauf geachtet werden, dass sie zu LGBTI-Themen
geschult werden. Sie sollten Homophobie erkennen und
dagegen wirken können. Die Leitungen der kommunalen Jugendhilfe sollten darauf hinwirken, Instrumente
und Standards zu jugendfreundlichen Angebote zu
institutionalisieren, die selbstverständlich (inklusiv)
auch die Rechte und Anliegen von LGBTI-Jugendlichen
mitberücksichtigen. Kommunale Arbeitgeber und
­Personal- und Betriebsräte sollten sich sensibilisieren
für die Arbeitsbedingungen von LGBTI-MitarbeiterInnen
und insbesondere prüfen, ob es homophobes Mobbing
gibt.
Rechtebasierte Forschung
Forschung sollte sich verpflichten, die sexuellen Rechte
von Jugendlichen zu stärken. Sie sollte erforschen, wie
rechtebasierte Forschungsergebnisse in die (sozial-)
pädagogische und politische Praxis transferiert werden
können. Es sollte untersucht werden, wie am wirksamsten Vorurteile und Diskriminierungen, auch strukturelle
Diskriminierungen von LSBTI-Lebensweisen abgebaut
werden können. Es sollte untersucht werden, wie bei
pädagogischen Fachkräften Wissensvorräte, Kompetenzen und Rechtsempfinden gesteigert werden können,
um die existierende sexuelle und geschlechtliche
Vielfalt von Jugendlichen zu stärken. Dabei sollten partizipative Forschungsdesigns vorangebracht und verstärkt
eingesetzt werden. Methoden der Qualitätssicherung
und Evaluation von LGBTI-jugendfreundlichen Angeboten sollten in Kooperation mit Forschungsinstituten
entwickelt werden. Wie wirken LSBTI-Bildungsangebote
und Unterrichtsthemen? Forschung sollte ermitteln:
Was brauchen LGBTI-Jugendliche und ihre Eltern ganz
konkret?
44
Bei allen rechtebasierten Initiativen sollte ein ­„Othering“
von LGBTI-Jugendlichen vermieden werden. Forschung
sollte ihre Begrenzung deutlich machen: Inter- und
Transsexualität wird bisher meistens nicht mit untersucht. Die Forschungslücke zu Intersexualität in der
Jugendforschung ist augenfällig und sollte durch
rechtebasierte und partizipative Forschung geschlossen werden. Forschung hat auch einen langfristigen
Horizont und sollte nicht nur unter kurzfristigen Nutzenerwägungen betrachtet werden.
Von der noch laufenden bundesweiten Studie des
Deutschen Jugendinstituts können Erkenntnisse zu
Coming-out Verläufen erwartet werden. TeilnehmerInnen
Bachmann, Melanie, Landesschulamt und
Lehrkräfteakademie
Ommert, Alexandra, pro familia Bundesverband,
Frankfurt
Staatliches Schulamt, Landkreis und Stadt Kassel
Rodig, Andreas, Rainbows, LGBT*IQ Jugendinitiative,
Aschaffenburg
Baier, Daniela, Rainbows, LGBT*IQ Jugendinitiative,
Aschaffenburg
Bäumker, Anke, pro familia Friedberg Gießen
Berger, Chris, Rainbows, LGBT*IQ Jugendinitiative,
Aschaffenburg
Borchardt , Ilka, Lesben- und Schwulenverband
in Deutschland, LSVD, Köln
Eckert, Michael , Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung, BZgA, Köln
Eisenbraun, Verona, Landesschulamt und
Lehrkräfteakademie Hessen, Frankfurt
Gaupp, Dr. Nora, Deutsches Jugendinstitut (DJI),
München
Gfaller , Bernhard, pro familia Schweinfurt
Güldenpfennig, Jutta, pro familia Bundesverband
Henzler-Hübner, Holger, Gewerkschaft Erziehung
Wissenschaft (GEW) Baden-Württemberg
Höblich, Prof. Dr. Davina, Hochschule Rhein-Main,
Wiesbaden, pro familia Bundesverband
Keim, Dr. Doris, Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend (BMFSFJ), Bonn
Schläfke, Nadine, pro familia Dietzenbach
Schmauch, Prof. Dr. Ulrike, University of Applied Science,
Frankfurt
Schmitz, Alina, pro youth Berlin
Schuchardt, Dieter, pro familia Frankfurt am Main
Schütz, Gabriele, Bundesverband der Eltern, Freunde und
Angehörigen von Homosexuellen (BEFAH e.V.), Lorsch
Schütz, Willibald, Bundesverband der Eltern, Freunde
und Angehörigen von Homosexuellen (BEFAH e.V.),
Lorsch
Schulz, David, pro youth, Berlin
Seger, Patrick, pro familia Freiburg
Unterforsthuber, Andreas, Koordinierungsstelle für
gleichgeschlechtliche Lebensweisen, München
Völlger, Jörg, pro familia Nürnberg
Wehren, Fabian, Rainbows, LGBT*IQ Jugendinitiative,
Aschaffenburg
Well, Viktor, Rainbows, LGBT*IQ Jugendinitiative,
Aschaffenburg
Kempf, Sebastian , pro familia München
Begrüßung und Abschluss
Klocke Dr., Ulrich, Humboldt Universität, Berlin
Prof. Dr. Davina Höblich
Kordtländer, Ute, Bundesministerium für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Bonn
Projektleitung
Kreußer, Ingo, Pädagogisches Landesinstitut,
Rheinland-Pfalz, Bad Kreuznach
Sigrid Weiser
Langer, Dr. Antje, Goethe-Universität Frankfurt,
FB Erziehungswissenschaften
Moderation
Lencz, Heike, pro familia, Würzburg
Liebelt , Felix, pro familia Saarbrücken
Luke, Melanie, pro familia Bundesverband
Luley, Katharina, pro familia Darmstadt
Malach, Agi, pro youth Berlin
Julia Jancsó
ReferentInnen und GastgeberInnen in den Worldcafés:
Andreas Unterforsthuber, Lisa Müller, Ilka Borchardt, Dr.
Ulrich Klocke, Felix Liebelt, Melanie Luke,
Jutta Güldenpfennig, Alexandra Ommert, Sigrid Weiser.
Müller, Lisa, Lambda Jugendnetzwerk,
Projektkoordination IN & Out, Berlin
45
Anhang
„Anders ist normal“ –
Die Broschüre der pro familia für Jugendliche
„Anders ist normal“ wendet sich an Kinder und jüngere
Jugendliche. Die Broschüre klärt über die Vielfalt der
sexuellen Identitäten und Lebensweisen auf und vermittelt eine wertschätzende und rechtebasierte Haltung zu
allen Menschen.
Obwohl die Broschüre die wichtigsten Begriffe wie
„heterosexuell“, „lesbisch“, „schwul“, „bisexuell“ und
„transsexuell“ erläutert und benutzt, geht es ihr gleichzeitig darum zu vermitteln, dass die Etikettierung mittels
Sprache nur ein Behelfsinstrument ist und die sexuellen
46
Identitäten stattdessen wandelbar und durchlässig
sind. Ein „Othering“ im Sinne von Beschreibung von
Andersartigkeit soll vermieden und die Normalität von
Verschiedenheiten und gleichen Rechten betont werden.
Ihre Ziele sind die Förderung von Akzeptanz und Respekt
und die Stärkung der sexuellen Rechte.
Bestelladresse:
www.profamilia.de/publikationen
Anhang
Stadt München: Koordinierungsstelle für gleich­
geschlechtliche Lebensweisen
Die Koordinierungsstelle für
gleichgeschlechtliche Lebensweisen der Landeshauptstadt
München fördert die Gleichstellung und Antidiskriminierung
von Lesben, Schwulen und Transgender. Um die Ziele
zu verwirklichen, macht sie Fortbildungen (zum Beispiel
Workshops für LSBTI-MitarbeiterInnen der Stadtver­
waltung). Sie unterstützt LSBTI-Angebote durch Öffentlichkeitsarbeit. Sie berät die Gremien der Stadtverwaltung. Sie macht Fachberatungen zu LSBTI-Themen. Sie
führte eine Studie durch („Da bleibt noch viel zu tun …“).
Team / Kontakt
Unser Service für Sie
Wir bieten Informationen
•
•
•
•
zu gleichgeschlechtlichen Lebensweisen
zur LGBT-Gemeinde
zu verschiedenen Fachthemen
zur Lebenspartnerschaft
Sie gibt Broschüren und Plakate heraus. Sie fördert die
Rechte von Jugendlichen (wirsindfuerdichda.org) Webseite:
www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/
Direktorium/Koordinierungsstelle-fuergleichgeschlechtliche-Lebensweisen/Wir_ueber_uns.
html#Handlungsfelder
Bestelladresse:
www.profamilia.de/publikationen
Veröffentlichungen
Die Koordinierungsstelle bietet Informationen rund um das
Thema gleichgeschlechtliche Lebensweisen. Sie erhalten eine
Vielzahl an Veröffentlichungen kostenlos in der Koordinierungsstelle, darunter zum Beispiel:
Koordinierungsstelle
für gleichgeschlechtliche
Lebensweisen
Unter‘m Regenbogen – Lesben und
Schwule in München
Ergebnisse einer Befragung durch die
Landeshauptstadt München
Wir beraten Sie persönlich
Lesbische, schwule und transgender
Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter der
Stadtverwaltung
– bei Problemen am Arbeitsplatz
– bei Fragen zum Coming-out am
Arbeitsplatz
– bei sonstigem Unterstützungsbedarf
•
Leitung und Schwerpunkt Schwule
Andreas Unterforsthuber
Telefon: 089 23000942
[email protected]
Schwerpunkt Lesben
Ulrike Mößbauer
Telefon: 089 23000957
[email protected]
Teamassistenz
Marion Reiter
Telefon: 089 23001981
Fax: 089 23001982
[email protected]
• Lesbische, schwule und transgender
Bürgerinnen und Bürger
– bei Anliegen oder Problemen mit der
Stadtverwaltung
– bei Fragen zur Lebenspartnerschaft
• Städtische Dienststellen und Einrichtungen
– bei Fragen zum Thema gleichgeschlechtliche Lebensweisen (Fachberatung)
Mittendrin! Oder außen vor?
Wissenswertes über Lesben und Schwule
Zwischen allen Welten
Überlegungen zur Situation lesbischer
Migrantinnen und schwuler Migranten
in München
VielfALT anders leben
Hilfen und Angebote für Lesben, Schwule
und Transgender im Alter
Lesben l(i)eben in München
Ein Handbuch für Lesben in München
Ein Koffer buntes Leben
Ein Präventionsprojekt zum Thema
Lebensformen für Kinder
Gleich – Ganz – Anders
Bedeutung schwuler und lesbischer
Identität in Beratung und Therapie
Die Beratungen in der Koordinierungsstelle
sind streng vertraulich: Als Sozialpädagogin /
Sozialpädagoge unterliegen wir der Schweigepflicht nach § 203 StGB.
Auf Wunsch können Beratungen anonym
durchgeführt werden. Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter der Landeshauptstadt München
können das Beratungsangebot während der
Arbeitszeit wahrnehmen.
Damit wir uns genügend Zeit für Sie nehmen
können, bitten wir um eine telefonische
Terminvereinbarung.
Unser Beitrag auf allen Ebenen
Landeshauptstadt München
Direktorium
Koordinierungsstelle für
gleichgeschlechtliche Lebensweisen
Angertorstraße 7 (Eingang Müllerstraße)
80469 München
www.muenchen.de/koordinierungsstelle
Druck: Stadtkanzlei
Unsere Maßnahmen für Offenheit
und Wertschätzung
Wir unterstützen die Stadtspitze
und den Stadtrat indem wir
Wir unterstützen die LGBT-Gemeinde
indem wir
•
Stadtratsvorlagen erarbeiten
fachliche Stellungnahmen verfassen
die städtischen Gremien beraten
einen „Runden Tisch zur Gleichstellung
von Lesben, Schwulen und Transgendern“
leiten
• am fachbezogenen Beschwerdemanagement mitwirken
•
•
•
•
•
•
•
Netzwerke knüpfen
Kooperationen bieten
Maßnahmen koordinieren
(Frei-)Räume schaffen
• Ressourcen vermitteln
• Projekte fördern
• Zuschüsse vergeben
• die Münchner Regenbogen-Stiftung
gestalten
• gegen Homosexuellenfeindlichkeit
arbeiten
Wir unterstützen die städtischen
Referate indem wir
Fachberatung für die städtischen Referate
anbieten
• uns an der Umsetzung der städtischen
Antidiskriminierungspolitik beteiligen
• mit allen städtischen Gleichstellungsstellen
kooperieren
• die städtischen Maßnahmen für Lesben,
Schwule und Transgender koordinieren
und steuern
• an der Erarbeitung von Leitlinien, Vorgaben
und Dienstvereinbarungen mitwirken
• Führungskräfte und Produktverantwortliche
beraten
•
Wir fordern und fördern Akzeptanz von
Lesben, Schwulen und Transgendern
durch
• Öffentlichkeitsarbeit
– Presse- und Medienarbeit
– Kampagnen wie „Wir sind für Dich da“1
oder „Diskriminierung beginnt im Kopf“2
– Aufbereiten und Bereitstellen von
Informationen
– Präventionsarbeit
(z. B. „Ein Koffer buntes Leben“)
• Aufklärungs- und Bildungsarbeit
für alle Interessierten
– Fortbildungen
– Fachgespräche
– Schulungen
– Fachtage
• Schwerpunktarbeit
zu verschiedenen Themen
– Jugend
– Alter
– interkulturelle Verständigung
– Sichtbarkeit von Lesben
• Projekte
– LGBT-Altenwohnformen
– das schwullesbische Jugendzentrum
– das schwule Patenprojekt
– Ausstellung „Die Verzauberten“
Liebe Leserin, lieber Leser,
5 bis 10 Prozent der Bevölkerung sind lesbisch, schwul oder
transgender (transsexuell). Je sichtbarer sie in der Öffentlichkeit werden, desto deutlicher wird: Lesben, Schwule und
Transgender sind in allen Bereichen der Gesellschaft vertreten – in der Kultur, in der Politik, im Sozialwesen, im Sport,
im Arbeits- und Wirtschaftsleben.
Lesben, Schwule und Transgender haben sich aber auch
eigene Kulturen geschaffen. Einerseits, um sich in einem
akzeptierenden sozialen Umfeld bewegen zu können.
Andererseits, um miteinander und füreinander für Gleichberechtigung zu kämpfen. Studien zeigen: Je anerkannter und
lebendiger die Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender Gemeinde
(LGBT-Gemeinde) einer Großstadt ist, desto positiver wirkt
sie sich in diesen Kommunen auf das soziale, kulturelle und
wirtschaftliche Leben aller Bürgerinnen und Bürger aus.
Doch Lesben, Schwule und Transgender haben auch Erfahrungen mit Ausgrenzung, Benachteiligung und Verfolgung.
Die deutliche gesellschaftlich-rechtliche Liberalisierung der
letzten Jahre in Deutschland sollte nicht darüber hinweg
täuschen, dass Wertschätzung und Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Lebensweisen nach wie vor alles andere als
selbstverständlich sind.
Der Münchner Stadtrat hat deshalb 2001 die Einrichtung der
Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen
beschlossen. Ihr Aufgabenbereich ist an der Schnittstelle
zwischen Stadtpolitik, Stadtverwaltung, Bevölkerung und
LGBT-Gemeinde angesiedelt. Ziel ist, die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Lebensweisen zu fördern, die LGBTGemeinde in München zu stärken und Benachteiligungen
abzubauen.
Wir freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit und erfolgreiche Projekte.
Ihr Team der Koordinierungsstelle
Mehr Informationen unter:
www.muenchen.de/koordinierungsstelle
1 www.wirsindfuerdichda.org
2 www.diskriminierung-beginnt-im-kopf.de
47
Anhang
„Wie können wir Homo- und Transphobie bei Kindern
und Jugendlichen abbauen?“
Faltblatt der Humboldt Universität für LehrerInnen
Wie können wir Homo- und Transphobie bei Kindern und
Jugendlichen abbauen? Fragt das Faltblatt der Humboldt
Universität und richtet sich an LehrerInnen. Geantwortet
wird mit Ergebnissen aus der Befragung von Berliner
SchülerInnen und LehrerInnen, die die Humboldt-Uni-
versität durchgeführt hat. Das Faltblatt gibt Ideen und
Anregungen für die pädagogische Praxis und ist hier
erhältlich:
https://www.psychologie.hu-berlin.de/de/prof/org/
download/fb
„Schul-Leitbilder sind doch nur Kosmetik.“
Anti-Mobbing-Leitbild
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genüber. Darüber hinaus
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Hintergrund der Studie
Homophobe Beschimpfungen sind an Schulen weit verbreitet. Lehrkräfte greifen nicht immer dagegen ein,
möglicherweise weil sie darin kein Problem sehen oder weil sie nicht glauben, dass sie Verhalten und Ein1
stellungen ihrer Schüler_innen beeinflussen können. Trotz der Verbreitung von „Schwuchtel“ oder „Les2
be“ als Beschimpfungen wird Homosexualität, Bisexualität oder Transgeschlechtlichkeit , d. h. sexuelle
Vielfalt, im Unterricht kaum berücksichtigt. Heterosexualität ist dagegen omnipräsent, auch wenn dies den
meisten nicht bewusst ist: Wenn in Schulbüchern Paare oder Familien dargestellt werden, sind diese heterosexuell. Viele heterosexuelle Jugendliche sammeln in ihrer Schulzeit ihre ersten Erfahrungen mit Liebe
und Sexualität und zeigen Partner oder Partnerin stolz in der Öffentlichkeit. Lesbische, schwule, bisexuelle
oder transgeschlechtliche Jugendliche verstecken dagegen ihre sexuelle Identität aus Angst vor Mobbing.
Der Umgang einer Schule mit sexueller Vielfalt ist ein Ausdruck dafür, wie die Schule generell mit Anderssein, Mobbing und sozialer Vielfalt umgeht. Durch die vorliegende Studie wird deutlich, dass Schulen und
Lehrkräfte viele Möglichkeiten haben, Homo- und Transphobie ihrer Schüler_innen abzubauen und die
Akzeptanz sexueller Vielfalt zu verbessern.
Untersuchungsmethoden
In den Jahren 2011 und 2012 wurden an 20 Berliner Schulen 24 sechste und 26 neunte und zehnte Klassen befragt. In ihrer Verteilung auf Grundschulen, Integrierte Sekundarschulen, Gymnasien und Gesamtschulen waren diese repräsentativ für alle Berliner Schulen. Teilgenommen haben 787 Schüler_innen, 27
Klassenlehrer_innen, 14 Schulleiter_innen und 13 Elternvertreter_innen. 25 der 26 neunten und zehnten
Klassen nahmen etwa 9 Monate später ein zweites Mal an der Befragung teil. Die Befragungen fanden
während der Schulzeit statt und erfolgten überwiegend mit Online-, teilweise auch mit Papier-Fragebögen.
Untersucht wurde,
Ņ wie die Befragten gegenüber lesbischen, schwulen, bisexuellen und transgeschlechtlichen Personen
eingestellt sind (anhand von Selbstauskünften und eines Tests impliziter Einstellungen, der automatische Gefühlsreaktionen erfasst),
Ņ was sie über diese Gruppen wissen (anhand eines Tests mit 27 Wissensfragen),
Ņ wie sie sich ihnen gegenüber verhalten (anhand von Verhaltensbeobachtungen innerhalb der vergangenen 12 Monate durch andere Schüler_innen),
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Wie können wir
Homo- und Transphobie bei
Kindern und Jugendlichen abbauen?
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„Schwul“ oder „Schwuchtel“ wird
von 62% der Berliner Sechstklässler_innen und von 54% der
Neunt- und Zehntklässler_innen
als Schimpfwort verwendet
„Lesbe“ wird von 40% der Berliner
Sechstklässler_innen und von 22% der
Neunt- und Zehntklässler_innen als
Schimpfwort verwendet
In diesem Faltblatt lesen Sie ausgewählte Befunde
einer wissenschaftlichen Studie mit zwei Erhebungszeitpunkten 2011
und 2012.
Ņ wodurch Einstellungen, Wissen und Verhalten beeinflusst werden.
1 Anmerkungen zur Schreibweise: Der Gender_Gap steht für alle Geschlechter und Geschlechtsidentitäten. Der Unterstrich stellt
den Zwischenraum für alle Menschen dar, die sich in der Zwei-Geschlechter-Ordnung nicht wiederfinden.
2 Als transgeschlechtlich oder transgender bezeichnen sich Personen, deren gefühltes Geschlecht nicht dem bei der Geburt
zugewiesenen Geschlecht entspricht. Wenn Transgeschlechtlichkeit mit dem Wunsch nach angleichenden hormonellen und
operativen Eingriffen einher geht, spricht man von Transsexualität.
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finden Sie unter bksl.que
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3 Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport. (2001). Allgemeine Hinweise zu den Rahmenplänen für Unterricht
und Erziehung in der Berliner Schule A V 27: Sexualerziehung. Berlin: Sammlung Luchterhand Schulrecht Berlin 147.
48
„Sei nicht so mädchenhaft, Junge.“
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„In meiner Klasse gibt es keine, oder?“
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Details zu Methoden und Ergebnissen der ersten Erhebung dieser Studie finden Sie unter
Klocke, U. (2012). Akzeptanz sexueller Vielfalt an Berliner Schulen: Eine Befragung zu Verhalten, Einstellungen und Wissen zu lesbischen, schwulen, bisexuellen und transgeschlechtlichen Personen und deren
Einflussvariablen. Berlin: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft.
Verfügbar unter www.psychologie.hu-berlin.de/prof/org/download/klocke2012_1
Herausgeberin: Humboldt-Universität zu Berlin im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung für Bildung,
Jugend und Wissenschaft, Berlin, 2013. Autor: Dr. Ulrich Klocke (Humboldt-Universität zu Berlin).
Beratung: Yan Feuge (Bildungsinitiative Queerformat), Ulf Höpfner und Detlef Mücke (Schwule Lehrer
in der GEW), Conny Kempe-Schälicke (Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft).
„Heute ist das doch alles
kein Problem mehr.“
Ergebnisse und Anregungen
für die pädagogische Praxis
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Starre Geschlechterrollen hinterfragen
Reflektieren Sie Ihre eigenen Einstellungen zu Geschlechterrollen. Vielleicht passiert es auch Ihnen
ungewollt, dass Sie Ihren Schüler_innen vermitteln,
wie sich ein „richtiger Junge“ oder ein „richtiges Mädchen“ zu verhalten haben. Versuchen Sie, Verhalten
oder Kleidung, die geschlechtsuntypisch sind, gleichermaßen wertzuschätzen wie geschlechtstypische.
Akzeptieren Sie es, wenn ein Mädchen mit einem Jungennamen oder ein Junge mit einem Mädchennamen
angesprochen werden möchte.
Hinterfragen Sie gegenüber Ihren Schüler_innen, warum Jungen sich nicht „wie ein Mädchen“ und Mädchen
sich nicht „wie ein Junge“ verhalten dürfen. Dadurch
erweitern Sie die Verhaltensmöglichkeiten aller Schüler_innen unabhängig von ihrer sexuellen Identität.
„Warum soll ich eingreifen?
Die meinen das doch nicht so.“
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Intervention gegen Diskriminierung
Zwar haben sieben von acht Klassenlehrer_innen schon
einmal gezeigt, dass sie die Verwendung von „schwul“,
„Schwuchtel“ oder „Lesbe“ als Schimpfwörter nicht dulden. Jedes Mal interveniert allerdings nur jeder Zwanzigste. In der Tat zeigt die Untersuchung, dass homophobes
Verhalten bei den Schüler_innen nichts mit ihren Einstellungen zu tun hat. Das ändert allerdings nichts an der
Wirkung dieser Verhaltensweisen auf nichtheterosexuelle
Schüler_innen und auf das Klassenklima insgesamt.
Auch im Umgang mit homophobem Verhalten zeigt die
Untersuchung die Modellwirkung der Lehrkräfte: Die
Schüler_innen sind umso positiver zu lesbischen, schwulen, bisexuellen und transgeschlechtlichen Personen eingestellt, je häufiger ihre Klassenlehrer_innen gegen Diskriminierung intervenieren. Diese wiederum intervenieren
umso häufiger, je besser sie sich zu sexueller Vielfalt
auskennen.
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Anhang
„Homosexualität in der Familie - Angehörige kompetent
begleiten“ – Materialien für Fachkräfte
Solange LGBTI als „AbweichlerInnen“ (von der heterosexuellen Normalität) gesehen werden, führt ein
Coming-out von Jugendlichen zu Erschütterungen im
gesamten Familiensystem. Um alle Familienmitglieder
zu unterstützen und zu stärken hat der Lesben- und
­Schwulenverband Materialien für Fachkräfte in der
­ eratung herausgegeben. Dazu gehören ein MethodenB
Baukasten und ein Handbuch für Fachpersonal in
­Beratung und Pädaggogik. Die Downloads gibt es hier:
www.homosexualitaet-familien.de
Homosexualität in der Familie
Handbuch für familienbezogenes
Fachpersonal
49
Anhang
IN & OUT ist die bundesweite Peer-to-Peer-Beratungs­
stelle für schwule, lesbische, bisexuelle und trans*
­Jugendliche. Sie ist Teil des bundesweiten Netzwerks
Lambda.
Lambda ist Lobbyorganisation und vertritt die Interessen
und Rechte junger Lesben, Schwuler, Bisexueller und
Trans* (lsbt) in Politik und Öffentlichkeit.
zur gemeinsamen Freizeitgestaltung und Selbstver­
wirklichung, sondern fördern und stärken auch ihre sozialen Kompetenzen.
Lambda leistet auch direkte Hilfe in psychosozialen
Notsituationen. Im Zentrum stehen dabei die Beratung
von und für Jugendliche, Coming-out-Gruppen, Freizeiten, wöchentlich stattfindende Jugendgruppen und
Seminarangebote und noch vieles mehr. Diese Angebote ­bieten den Jugendlichen nicht nur die Möglichkeit
Die Emailberatung In & Out ist Teil dieses Engagements.
50
Der Webauftritt der Email-beratung ist hier:
www.lambda-online.de/index.php/beratung/
in-out-jugendberatung
Anhang
Übersicht über LSBTI-Jugendstudien seit 2000
LSBTI-Jugendliche sind ein neues Thema in der Forschung. Eine Übersicht neuerer Forschungsprojekte zu
LGBTI-Jugendlichen ergibt 20 Studien, die in den letzten
14 Jahren entstanden sind. Die folgende Übersicht ist von
Dr. Claudia Krell und Dr. Nora Gaupp, vom ­Deutschen
Jugendinstitut (DJI). Sie wurde der Präsentation ent­
nommen, die Dr. Nora Gaupp bei einen ExpertInnenWorkshop des pro familia Bundesverbands am
10. Dezember 2014 vorgestellt hat. LSBTI-Jugendstudien
Studie
Jahr
Autor_innen
Inhalte
Stichprobe
Alter
Methode
N
Sie liebt sie.
Er liebt ihn.
1999
Senats­
verwaltung
Berlin
Lebenssituation
Lesben, Schwule,
Bisexuelle
15–27
quantitativ
und
­qualitativ
217
Prähomo­
sexuelle
Kindheiten
2000
T. Grossmann
Kindheit/Jugend
von heute
erwachsenen
Schwulen
Schwule
20–40
quantitativ
und
­qualitativ
33
Schwule
Jugendliche
2001
Nieders. Minis­
terium für
Frauen, Arbeit
und Soziales
Lebenssituation
Schwule
15–25
quantitativ
und
­qualitativ
353
Diskriminierung
2003
Jugendnetz­
werk Lambda
Diskriminierung
und Gewalterfah­
rung
Lesben, Schwule,
Bisexuelle und
Transgender
13–26
quantitativ
und
­qualitativ
96
Homosexualität
und Schule
2004
Damm/
Einstellungen und
Häfner/Kämke/­ Sichtweisen zu
Kahlert/Thom/ Homosexualität
Wuttke/
­Zelasny
Lehrer _innen und
Schüler_innen
zweier
Berliner Gymnasien
quantitativ
850
Keine Angst,
die beißen nicht
2004
S. Timmer­
manns
Umgang mit Homo­
sexualität in der
Schule
jugendliche
Allgemein­
bevölkerung
13–26
quantitativ
und
­qualitativ
414
Uferlos
2004
M. Watzlawik
Erleben der
­sexuellen
­Orientierung
Lesben, Schwule,
Bi- und Hetero­
sexuelle
12–16
quantitativ
und
­qualitativ
809
Identitäts­
entwicklung
schwuler
Jugendlicher
2004
U. Bechle
Erwachsenwerden
von schwulen
Jugendlichen vs.
Heterosexuelle
Jugendliche,
Unterstützungsmöglichkeiten
schwule Jugendliche
und Männer
bis 25
quantitativ
180
Landjugend und
Homosexualität
2005
Kath.
Landjugendbewegung
Deutschlands
Spielt Homo- und
Bisexualität im
Verband eine Rolle,
Bedarf es einer Aus­
einandersetzung
Mitglieder der
Katholische Land­
jugendbewegung
v. a. 12–30
quantitativ
416
51
LSBTI-Jugendstudien
Studie
Jahr
Autor_innen
Inhalte
Stichprobe
Alter
Methode
Wir wollens
wissen
2005
Lambda NRW
Lebenssituation
Lesben, Schwule,
Bisexuelle
v. a. 18–27
quantitativ
3.834
Vielfalt fördern
2006
H. Kleyböcker
LSBTIFreundlichkeit
jugendrelevanter
Einrichtungen und
Schulen
Mitarbeiter_innen
jugendrelevanter
Einrichtungen
24–58
quantitativ
und
­qualitativ
24
Gewalt­
erfahrungen von
Schwulen und
Bisexuellen
2006/7
vs.
2007/8
Maneo
Ausmaß, Formen
und Folgen anti­
schwuler Gewalt
Schwule und
­bisexuellen Jugend­
liche und Männer
14–50
quantitativ
2.3949
vs.
17.477
Einstellungen
zur Homo­
sexualität
2008
B. Simon
Einstellungen zur
Homosexualität
Jugendliche mit
und ohne Migra­
tionshintergrund
14–20
quantitativ
922
LSBT-Jugend­
liche – online
gut beraten?
2008
F. Sobiecher/
M. Watzlawik
Studie zu Inter­
netangeboten für
LSBTI-Jugendliche
Anbieter/innen aus
dem LSBT-Bera­
tungsbereich und
aus dem Bereich
Sexualberatungen
quantitativ
207
Da bleibt noch
viel zu tun ...!
2011
A. Unterforsthuber
Befragung zur
­Situation von
­lesbischen,
­schwulen und
­transgender
­Kindern, Jugend­
lichen und Eltern
in München
Fachkräfte der
­Kinder- und
­Jugendhilfe
quantitativ
793
Akzeptanz
­sexueller ­Vielfalt
in Berliner
­Schulen
2012
U. Klocke
Verhalten, Einstel­
lungen und Wissen
zu LSBT und deren
Einflussvariablen
Schüler_innen,Eltern­ 6.–9.
vertreter_innen,
­Klassen
Klassenlehrer_innen,
Schulleiter_innen
quantitativ
und
­qualitativ
840
Lebenssituation
und Diskri­
minierungserfahrungen von
homosexuellen
Jugendlichen
2013
C. Krell
Pilotstudie zum
aktuellen DJI
­Forschungsprojekt
Schule, lesbische,
bisexuelle und
trans* Jugendliche,
Fachkräfte
quantitativ
und
­qualitativ
74
Inter*-Trans*Queer-Jugend­
liche online
2014
P. Focks
Partizipatives
­Projekt, Grundlage
für „meingeschecht.
de“
52
18–28
N
Anhang
Glossar
Bisexuell
Haltung, Identität und Lebensstil von Menschen, die
sowohl gleichgeschlechtliche als auch andersgeschlechtliche Menschen sexuell begehren.
Schwul
Haltung, Identität und Lebensstil von Männern, die
Männer sexuell begehren.
SRGR – Sexuelle und reproduktive
Gesundheit und Rechte
„Person, die sich mit ihrem Geschlechtseintrag bei der
Geburt identifiziert.“*
Auf Sexualität und Fortpflanzung bezogene Rechte im
Rang von individuellen Menschenrechten, mit engem
aber nicht ausschließlichem Bezug auf Gesundheit. Die
International Planned Parenthood Federation (IPPF) konkretisierte und kontextualisierte SRGR in der Charta der
sexuellen und reproduktiven Rechte (1995).
Intersexuell
Transgender
„Beschreibung für Personen, die genetisch, anatomisch
und/oder hormonell nicht eindeutig dem weiblichen
oder männlichen Geschlecht zugeordnet werden
können. Intersexuelle werden auch Hermaphroditen
oder Zwitter genannt oder bezeichnen sich als intergeschlechtlich oder zwischengeschlechtlich.“*
Menschen, „die sich nicht innerhalb des Zweigeschlechter-Systems (männlich, weiblich) einordnen. Manche
Transgender leben zwischen den Geschlechtern, andere
beschreiben sich als ‚weder noch‘ oder lehnen das Zweigeschlechter-System als solches ab.“*
Cis
Lesbisch
Haltung, Identität und Lebensstil von Frauen, die Frauen
sexuell begehren.
LGBTI oder LSBTI oder LSBT
Transsexuell
„Menschen, die bei ihrer Geburt einem Geschlecht
zugeordnet wurden, deren körperliche Erscheinung auch
eindeutig männlich oder weiblich ist, deren Geschlechtsidentität aber damit nicht übereinstimmt (zum Beispiel
männlicher Körper – weibliche Geschlechtsidentität).*
Abkürzung für Lesben, Gays bzw. Schwule, Bisexuelle,
Transgender und Intersexuelle.
Queer
„Steht sowohl für die gesamte Bewegung als auch
für die einzelnen ihr angehörenden Personen ... Eine
Besonderheit von Queer, im Vergleich zu Identitäten wie lesbisch oder schwul ist, dass die Betonung
auf der eigenen von der Heteronormativität abweichenden Geschlechtsrollen-Präsentation und/oder
Geschlechtsidentität und/oder Lebensform liegt und die
Geschlechtsidentität des anderen eine geringere Rolle
spielt.“*
*Die mit Anführungszeichen gekennzeichneten Zitate im
Glossar wurden entnommen:
„Basiswissen“ erstellt von TransInterQueer e. V. (TrIQ),
Berliner Verein von und für transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und queer lebende Menschen.
www.transinterqueer.org
53
Eine Welt voll Möglichkeiten durch Entscheidungsfreiheit
Sexuelle Rechte:
Eine IPPF Erklärung
Download:
www.profamilia.de/fileadmin/publikationen/profamilia/IPPF_Deklaration_Sexuelle_Rechte-dt2.pdf
54
Eine Welt voller
Möglichkeiten
durch Selbst­
bestimmung
Rahmenkonzept für
umfassende Sexualaufklärung
IPPF­Framework for
Comprehensive Sexuality
Education der International
Planned Parenthood
Federation (IPPF)
Deutsche Übersetzung
Download:
www.profamilia.de/fileadmin/publikationen/Fachpublikationen/IPPF-Hintergrund-140129-WEB.pdf
55
www.profamilia.de/Publikationen

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