Ungewöhnliche Kreationen bilden die Kernkompetenz von CORUM

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Ungewöhnliche Kreationen bilden die Kernkompetenz von CORUM
CORUM
| Die Meilensteine
STABWERK
& CO.
Ungewöhnliche Kreationen bilden die Kernkompetenz von CORUM.
Manche von ihnen, wie die Golden Bridge mit Stabwerk oder die
Segleruhr Admiral’s Cup, sind seit Jahrzehnten gleichbleibend begehrt.
TEXT: GISBERT L. BRUNNER
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Chronos
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CORUM
| Die Meilensteine
1976
1966
ROLLS-ROYCE
ROMULUS
1958
CHAPEAU CHINOIS
Mit Corum glaubte René Bannwart 1956 einen bislang
ungekannten Fantasienamen für seine neue Uhrenmarke
gefunden zu haben. Doch er musste sich eines Besseren
belehren lassen, und zwar von einem Geistlichen namens
Philip Corum. Die Zukunft des Newcomers am Uhrenmarkt beeinträchtigte das jedoch nicht. Bereits die erste
Kollektion, mit der Corum auf der Basler Uhrenmesse
vertreten war, zeigte einen hohen Anspruch hinsichtlich
Design und Originalität der Armbanduhren. René Bannwart und sein Kompagnon Gaston Ries wollten sich gestalterisch vom Üblichen abheben. Dem trug auch das bereits
1956 kreierte und 1958 vorgestellte Modell Chapeau Chinois Rechnung. Die breite, zur Gehäusemitte hin aufsteigende Lünette erinnerte an den bekannten Chinesenhut.
Als Uhrwerk fand das 6¾-linige Handaufzugskaliber
2410 von der Eta Verwendung. Die ungewöhnliche Schale
bestand aus 18-karätigem Gold.
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Bei der Romulus, die zu einem echten Klassiker der Corum-Kollektion werden sollte, verbannte René Bannwart
die Stundenmarkierungen vom Zifferblatt und verlegte sie
auf die Lünette. Aber bei der Umsetzung zeichneten sich
Probleme ab: Aufgedruckte Ziffern würden relativ schnell
abgerieben sein. Der Ausweg bestand darin, die Stundenzahlen in die Lünette zu gravieren. Anschließend wurden
sie der besseren Ablesbarkeit wegen mit Email ausgelegt.
Im ersten Modell aus dem Jahr 1966 tickte das Handaufzugskaliber Peseux 7000. Als die Quarztechnik in den
1970er Jahren um sich griff, lancierte Corum die abgebildete Version mit flacherem und vor allem wasserdichtem
Gehäuse. Die römischen Stundenzahlen wurden nun
glanzgraviert und nicht mehr emailliert.
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1968
MÜNZUHR
Die ersten zwölf Exemplare der 1968 in Basel vorgestellten
Münzuhr verkauften sich im Handumdrehen. Der Grund:
Sie war rundum kostbar, zeitlos und damit wertbeständig.
Die Verwendung einer historischen Goldmünze als schützende Hülle für ein mechanisches Uhrwerk gestaltete sich
freilich weitaus schwieriger als gedacht. Erst nach vielen
Versuchen gelang es den Gehäusemachern, ein 20-DollarStück – den sogenannten Doppeladler – so zu teilen und
auszuhöhlen, dass das flache Piguet-Kaliber 9000 hineinpasste. Der Verkauf dieser Armbanduhr jenseits des
großen Teichs, wo sie später sogar ans Präsidenten-Handgelenk fand, wäre seinerzeit fast an gründlichen Zollbeamten gescheitert. Tatsächlich existierte in den USA ein
Gesetz, das die Veränderung amerikanischer Münzen auf
amerikanischem Territorium untersagte. Hiervon war
Corum jedoch nicht betroffen, da die Umarbeitungen in
der Schweiz stattgefunden hatten.
Der berühmte Rolls-Royce-Kühlergrill faszinierte einen
Gehäusefabrikanten derart, dass er sich an Corum
wandte. Gemeinsam machte man sich an eine Miniaturisierung samt der legendären Figur „Spirit of Ecstasy“. Der
Autobauer zeigte sich skeptisch, als Corum 1975 die Bitte
äußerte, eine Lizenz zur Verwendung der Kühlerform, des
Maskottchens und des Namens zu erhalten. Also reiste eine
Firmendelegation nach La Chaux-de-Fonds, um die dortigen Uhrenateliers zu besichtigen. Die hohen Standards
überzeugten, einer Genehmigung stand nichts mehr im
Wege. Trotzdem vollzogen sich auch die weiteren Arbeiten
am neuen Modell Rolls-Royce in enger Abstimmung mit
dem britischen Lizenzgeber. Im Juni 1976 konnte Corum
die erste Armbanduhr dieses Typs in den Geschäftsräumen
des Londoner Juweliers Garrard einem auto- und uhrenbegeisterten Publikum präsentieren. Ausgestattet war sie,
wie schon die Münzuhr, mit dem Piguet-Kaliber 9000.
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CORUM
1992
| Die Meilensteine
ADMIRAL’S CUP MARÉES
1983
ADMIRAL’S CUP
1980
GOLDEN BRIDGE
Eines Tages im Jahr 1977 sprach der junge Uhrmacher Vincent Calabrese auf
Empfehlung von André Curtit, dem Direktor des Internationalen Uhrenmuseums in La Chaux-de-Fonds, bei Corum vor. Im Gepäck hatte er ein – noch
unausgereiftes – Uhrwerk, dessen Rädersatz in einer Linie angeordnet war.
Corum zeigte sich begeistert und erwarb die Idee. Damit begann die eigentliche
Arbeit, denn die Verwendung des Konstrukts in einer Armbanduhr erforderte
faktisch eine Neukonstruktion. Diese delikate und aufwendige Arbeit oblag
dem technischen Direktor Serge Steudler. Er musste den Prototypen verkleinern sowie Aufzug und Zeigerstellung für einwandfreie Funktion bei täglichem
Tragen umgestalten. 1979 war das 30 Millimeter lange Stabwerk mit drei übereinanderliegenden goldenen Brücken zur Serienreife gediehen. Corum hatte
zur Fertigung im eigenen Haus spezifische Maschinen entwickelt. Die Herstellung erforderte 85 Arbeitsgänge. Schon deshalb konnte die Marke jährlich nicht
mehr als 200 Exemplare auflegen. Aus der einzigartigen Bauweise resultierte
schließlich auch der Name: Golden Bridge.
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Das Leadermodell von Corum ist zweifellos die Admiral’s
Cup. Sie kann auf gleich zwei Vorläufer zurückblicken:
Namenspate ist eine quadratische und trotzdem wasserdichte Edelstahlarmbanduhr aus den 1960er Jahren, die
den Namen der berühmten Regatta erhielt. Der formale
Pate mit zwölfeckiger, facettierter Lünette und flachem Automatikwerk gelangte im Juni 1978 unter dem Namen Lion
Heart auf den Markt. Die Synthese mit engen Bezügen zum
Wasser- und ganz besonders zum Segelsport glänzte durch
ein spezifisches, natürlich für Corum geschütztes Zifferblattdesign. Die Verwendung nautischer Flaggen anstelle
der üblichen Stundenmarkierungen verschafften dieser
sportlichen Armbanduhr neben dem unverwechselbaren
Charakter auch einen hohen Wiedererkennungswert. Die
ausgefallene Zifferblatt-Idee stammte von Amedeo Meda
Folz, dem italienischen Corum-Agenten.
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1987
LES SPÉCIALES – MÉTÉORITE
Nur wenige Meteore erreichen als Meteoriten die Erdoberfläche. Gehören sie
dann auch noch zur Gattung der besonders seltenen Holosiderite, also der metallischen Meteoriten, dann sind sie besonders wertvoll. Geschnitten in feine
Zifferblattscheiben, offenbaren speziell die Eisenmeteoriten ihre außerirdische
Besonderheit: Keine Oberfläche gleicht der anderen. Die Exklusivität jedes
Exemplars der Les Spéciales – Météorite unterstrich die Gravur der Koordinaten des Fundorts im Gehäuseboden. Der spontane Erfolg gab Corum Recht:
Aus geplanten 200 Premieren-Armbanduhren wurden schließlich 500.
Neun Jahre nach der ersten Admiral’s Cup erschien eine beachtliche Weiterentwicklung mit dem Beinamen „Marées“.
Diese Armbanduhr wandte sich an Segler und andere
Sportler, die jederzeit über den Gezeitenwechsel Bescheid
wissen wollten. Dieser erfolgt zweimal täglich. Dabei steigt
das Wasser im Mittel alle zwölf Stunden und 25 Minuten.
Für die davon betroffenen Regionen lieferte die Admiral’s
Cup Marées Schlüsselinformationen wie Mondphase,
Zeiten von Ebbe und Flut sowie Strömungsstärke. Die drei
Einzelmechanismen, die sich zu der unter dem Zifferblatt
montierten Gezeitenkadratur vereinten, waren das Resultat rund dreijähriger Entwicklungsarbeit von 1988 bis
1991. Diese erfolgte durch eine Kooperation zwischen dem
Observatorium Genf und dem hydrographischen und
ozeanographischen Dienst der französischen Marine
(SHOM) im westfranzösischen Brest. Letzterer prüfte und
bestätigte auch die Genauigkeit des in seiner Art einmaligen, von Dubois Dépraz im Vallée de Joux gefertigten und
vom Automatikkaliber Eta 2892 angetriebenen Moduls.
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CORUM
| Die Meilensteine
SCHATZKISTE
»
DER
2009
KLASSIKER «
1997
Die Golden Bridge mit dem von Vincent Calabrese kreierten Stabwerk gehört zweifellos zu den Ikonen der Uhrmacherkunst, aber langgestreckte Goldgehäuse sind sicher
nicht jedermanns Sache. Deshalb präsentierte Corum
2009 eine neue, sportlich-markante Version des Brückenkonzepts mit Namen Ti-Bridge. Die beiden Buchstaben
wiesen dabei auf den für die Platine sowie die Brücken
verwendeten Werkstoff Titan hin. Während das Werk der
klassischen Golden Bridge zuletzt bei der ParmigianiSchwester Atokalpa gefertigt worden war, beschreitet Corum beim Kaliber CO007 neue Wege: Wie die komplette
Entwicklung erfolgt auch die Montage im eigenen Haus,
und die Werkteile stammen von Nivarox-FAR sowie der
Firma Cronode aus Le Locle. Titan verleiht dem Uhrwerk
neben seiner berühmten Leichtigkeit eine ganz eigene
Ausstrahlung. Die Zugfeder speichert Energie für 72 Stunden, und die Unruh vollzieht zusammen mit ihrer Flachspirale 28 800 Halbschwingungen pro Stunde.
TABOGAN
An Fantasie mangelte es Corum bei der Kreation neuer
Armbanduhren nie. Das Motto „Nichts ist unmöglich“
trifft auch auf ein Modell zu, das im Jahr 1997 seine Premiere feierte. Bereits der Name Tabogan, der eine Art von
Transportschlitten bezeichnet, signalisierte Andersartigkeit. Auf den ersten Blick nahm sich die streng rechteckige
Schale mit einer Größe von 24 mal 40 Millimetern aus wie
eine Evolution ähnlicher Zeitmesser aus den späten 1930er
Jahren. Dank einer Wölbung passte sie sich den Rundungen des Handgelenks perfekt an. Ein Handgriff genügte,
um die Armband- zu einer kleinen Tischuhr umzufunktionieren. In der Erst-Edition tickte das Handaufzugskaliber 8.10 von Frédéric Piguet. Die später vorgestellte Version „Carillon“ verfügte über einen Handaufzugswecker.
©Yacht/B. Scheurer
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BUBBLE
WEITERE THEMEN AUS YACHT classic 2/13:
Anfang 2000 übernahm Severin Wunderman Corum und
konnte den Umsatz mit neuen, sehr modisch orientierten
Produkten innerhalb kurzer Zeit verdoppeln. Allerdings
polarisierten die neuen Kreationen gewaltig. Vor allem die
tradierte Kundschaft konnte und wollte sich nicht in jedem Fall mit den sehr verjüngten Produkten abfinden. Zu
den spektakulären Newcomern mit opulenten Formen gehörte die Linie Bubble, die Frauen und Männer gleichermaßen ansprechen sollte. Die voluminösen Armbanduhren mit elf Millimeter dickem, hoch gewölbtem und der
besseren Ablesbarkeit wegen beidseitig entspiegeltem Saphirglas verstrahlten eine ungewohnte Opulenz. 45 Millimeter Gehäusedurchmesser und eine Wasserdichtheit bis
20 Bar hatten es in sich. Das galt auch für die manchmal
sehr ausgefallenen Zifferblattdesigns, zum Beispiel mit
Schweizer Kreuz, Totenkopf oder Jolly Joker.
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CORUM
| Die Meilensteine
IMPRESSUM:
2013
2011
GOLDEN BRIDGE
AUTOMATIC
Wenn sich ein formal außergewöhnliches Uhrwerk 30 Jahre
lang am Markt bewährt hat, ist es völlig legitim, eine neue
Evolutionsstufe ins Auge zu fassen. Das geschah bei Corum im Hinblick auf die 1980 lancierte Golden Bridge mit
manuellem Aufzug. Nach insgesamt vierjähriger Entwicklungsarbeit und Erprobung debütierte 2011 die schon
länger erwartete Automatikversion dieses Klassikers. Ein
Rotor über dem filigranen Stab war CEO Antonio Calce
jedoch zu wenig, denn der hätte die Optik mächtig gestört.
Ergo beschäftigten sich die Techniker mit einer linear
beweglichen Schwungmasse. Der vier Gramm wiegende
Platinkörper spannt die Zugfeder effizient in beiden Richtungen. Eine Stunde Bewegung bewirkt drei Stunden
Gangautonomie. Für den Vollaufzug braucht es gut 13
Stunden. Die Unruhfrequenz des Kalibers CO313 liegt bei
vier Hertz. Das Werk setzt sich aus 194 Komponenten zusammen. Die Platine und die Brücken bestehen aus massivem, farblich auf das Gehäusematerial abgestimmtem
Gold. Die Edition ist grundsätzlich unlimitiert, aber 2011
fertigte Corum aus Kapazitätsgründen nur 170 Uhren in
Rot- und 70 Exemplare in Weißgold.
TI-BRIDGE AUTOMATIC
DUAL WINDER
Als neuestes Mitglied der Bridge-Kollektion präsentiert
sich die Ti-Bridge Automatic Dual Winder. Wie der Modellname erkennen lässt, wird das Manufakturkaliber
CO207 gleich doppelt aufgezogen, und zwar von kooperierenden Mikrorotoren. Ähnlich den Rädern alter Dampflokomotiven sind die kleinen, kugelgelagerten Schwungmassen durch eine Art Schubstange miteinander verbunden.
Auf diese Weise bewegen sie sich stets im Gleichklang.
Hinter den beiden Stahlscheiben, die durch den Sichtboden zu erkennen sind, befinden sich Halbzylinder, gefertigt
aus dem Schwermetall Wolfram. Nach Vollaufzug stehen
72 Stunden Gangautonomie zur Verfügung. Das Formgehäuse misst großzügige 52 mal 42 Millimeter.
Hier geht’s zum Chronos-Test der Corum
Admiral’s Cup Legend 42 Annual Calendar
von 2012:
www.watchtime.net/tests/
corum-admirals-cup-im-test
Teilnehmer an Deutschlands
feinstem Uhrendinner
Interessiert? Anmeldung unter
watchtime.net/ibg
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BASEL GENF 2013
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08.06.2016, 08:15:37
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