Günter Eich: Züge im Nebel
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Günter Eich: Züge im Nebel
Günter Eich: Züge im Nebel Lerninhalte: % Erschließung des Inhalts der bekannten Kurzgeschichte % Wissen um den Aufbau der Kurzgeschichte % Wissen um den geschichtlichen Hintergrund (Nachkriegszeit) % Herausarbeiten der Charaktermerkmale der beiden Brüder % Herausarbeiten der Aussage der Kurzgeschichte % Untersuchen der sprachlichen Merkmale der Kurzgeschichte % Kennenlernen der BiograÞe des Verfassers Arbeitsmittel / Medien: % Textblätter (4) % Arbeitsblatt mit Lösung % Folien 1 / 2: Bilder aus der Nachkriegszeit # Schwarzhandel / Kontrolle durch Polizei % Folien 3 / 4: Bilder aus der Nachkriegszeit # Nahrungsmittelknappheit (Kartoffeln)/Trümmerfrauen % Folie 5: Lösung Arbeitsblatt % Folie 6: Lebenslauf von Günter Eich Albus: Kurzgeschichten Sekundarstufe I + II © Brigg Pädagogik Verlag GmbH, Augsburg Günter Eich Er wird am 1. Februar 1907 in Lebus/Mark Brandenburg als Sohn des Gutsverwalters Otto Eich und seiner Frau Helene, geb. Heine, geboren. Nach Abschluss der Schule studiert Eich Rechtswissenschaften und orientalische Sprachen in Leipzig, Paris und Berlin. Nach einigen Gedichten unter dem Pseudonym Erich Günter veröffentlicht Eich 1930 den ersten Gedichtband. Seit 1932 arbeitet er als freier Schriftsteller in Berlin und Dresden. 1933 folgt die Veröffentlichung des Lustspiels !Die Glücksritter", ein Jahr später die Erzählung !Katharina". 1939 wird Eich zur Luftwaffe als Kraftfahrer und Funker einberufen. 1940 heiratet er Else Burk. Beide wohnen in Berlin-Wilmersdorf. Gegen Ende des Krieges gerät Eich in amerikanische Kriegsgefangenschaft, wo er im Sommer 1945 entlassen wird. 1947 ist er Mitbegründer der Gruppe 47. Er ist auch deren erster Preisträger. 1948 veröffentlicht er das lyrische Werk !Abgelegene Gehöfte". 1949 lässt sich Eich von seiner erste Frau scheiden. 1951 wird ihm der Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste verliehen. Eich ist Mitglied im P.E.N.-Club. 1952 wird er mit dem !Hörspielpreis der Kriegsblinden" für das Hörspiel !Die Andere und ich" ausgezeichnet. Seit 1953 ist Eich mit der Schriftstellerin Ilse Aichinger verheiratet und wohnt in München. Im selben Jahr erfolgt die Veröffentlichung des Hörspiels !Träume". Ab 1955 ist er Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. 1958 wird der Hörspiel-Sammelband !Stimmen" veröffentlicht. Zahlreiche Auszeichnungen folgen, so 1959 die Verleihung des Georg-Büchner-Preises und 1960 die Auszeichnung mit dem Dr. Schleußner-Dr. Schiller-Preis für das beste Hörspiel des Hessischen Rundfunks. Mit seiner Frau unternimmt Eich zahlreiche Lesereisen, u. a. auf den Balkan und in den Nahen Osten, nach Indien, Thailand, Hongkong, Japan, Kanada und in die USA. 1963 bereist Eich Skandinavien, Frankreich und England. 1968 wird er mit dem Schiller-Gedächtnispreis des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet. Im selben Jahr erfolgt die Veröffentlichung des Erzählbandes !Kulka, Hilpert, Elefanten" und die Schrift !Ein Tibeter in meinem Büro. 49 Maulwürfe". Erste deutliche Krankheitssymptome machen sich bemerkbar. Erste Herzanfälle folgen. Am 20. Dezember 1972 stirbt Günter Eich in einem Sanatorium in Salzburg. 65 Verlaufsskizze I. Motivation Stummer Impuls Aussprache Überleitung Folien 1 / 2 (S. 74) Nahrungsmittelknappheit / Trümmerfrauen Zielangabe Tafelanschrift L: In dieser Zeit spielt eine Geschichte mit folgendem Titel. Züge im Nebel (Günter Eich) II. Textdarbietung Lehrervortrag Textblätter (S. 67#S. 70) Züge im Nebel Spontanäußerungen III. Texterschließung Tafelanschrift Aussprache Aussprache Arbeitsaufgabe Gruppenarbeit Klärung schwieriger Begriffe Morphium, Kommiss Morphium = Betäubungsmittel Kommiss = Militär, Militärdienst L: Zeit? Ort? Personen? Inhalt? L: In welchem Verhältnis standen die beiden Brüder früher zueinander? Wie ist ihr Verhältnis nach dem Gespräch? Zusammenfassung Gruppenberichte Textstellenbezüge L: Welche symbolische Funktion hat der !Nebel"? Aussprache L: Struktur der Kurzgeschichte? Aussprache Ergebnis Tafelanschrift Stummer Impuls Aussprache Leitfragen Folien 3 / 4 (S. 73) Schwarzhandel / Kontrolle durch Polizei Bewertung des Schwarzhandels? Wie bewerten beide Brüder den Schwarzhandel? Wie steht der Verfasser zu dieser Problematik? Wie wird die Kurzgeschichte weitergehen? Aussprache V. Sicherung Zusammenfassung Kontrolle Erlesen mit Aussprache 66 Arbeitsblatt (S. 71) Folie 5 (S. 72) Folie 6 (S. 65) Züge im Nebel Autorenporträt Albus: Kurzgeschichten Sekundarstufe I + II © Brigg Pädagogik Verlag GmbH, Augsburg IV. Wertung Züge im Nebel (Günter Eich) 5 10 15 20 Albus: Kurzgeschichten Sekundarstufe I + II © Brigg Pädagogik Verlag GmbH, Augsburg 25 30 35 40 45 50 Mir hatte die Sache von Anfang an nicht gefallen. Stanislaus meinte, weil es zweimal gut gegangen war, würde es auch das dritte Mal klappen. Mir leuchtete das nicht ein, aber schließlich ließ ich mich breitschlagen. Hätte ich nein gesagt, wäre mir jetzt wohler und den Schnaps hier hätte ich verkauft, anstatt ihn selber zu trinken. Wir fuhren am Abend ziemlich frühzeitig raus, Stanislaus und ich. Die Gegend kennst du bestimmt nicht und ich will dir auch nicht so genau beschreiben, wo es ist. Jedenfalls stellten wir das Auto bei einem Bauern ab, der ist ein Geschäftsfreund von uns. Ich ließ mir ein paar Spiegeleier braten und Stanislaus ging noch schnell bei Paula vorbei, die ist Magd nebenan. Dann stolperten wir los. Da muss man schon Bescheid wissen, wenn man sich da nachts zurechtÞnden will. Ich war schlechter Laune und sagte zu Stanislaus, er solle das verdammte Rauchen lassen, das ist doch schon beinahe was wie im Steckbrief ein besonderes Kennzeichen. Aber er kann nicht aufhören damit, er raucht von morgens bis abends und noch länger. Er sagte, ich wäre überhaupt ein Angsthase, und das ärgerte mich. Schließlich steckte ich mir selber eine an. Wir gingen quer über die Felder zum Bahndamm. Es war ein ekelhafter Nebel da, weil es so nahe am Wasser ist. Die Bahn ist eigentlich zweigleisig, aber wo die Brücke gesprengt war, ist erst ein Gleis wieder rübergelegt. Die Züge fahren hier ganz langsam, und das ist eine prima Stelle zum Aufspringen. Und weil ein paar Kilometer weiter wieder so eine langsame Stelle ist, kommt man auch gut wieder runter. Und das ist für uns natürlich wichtig. Ich habe nämlich gar keine Lust, irgendein Stück von mir auf die Schienen zu legen, wenn grade was drüber rollt. Übrigens stammt die ganze Idee von mir. Ich war darauf gekommen, als ich selber mal die Strecke fuhr und zum Fenster raussah. So eine Idee ist Gold wert, mein Lieber, aber mich kotzt sie jetzt an. Wir saßen unten am Bahndamm auf einem Stapel Schwellen und froren jämmerlich. Der Nebel schien noch dicker geworden zu sein. Der einzige Vorteil war, dass man in der nassen Luft die Züge von weit her hörte. Der erste kam aus der anderen Richtung, den konnten wir nicht brauchen. Der zweite war ein Personenzug. Man hörte ihn noch lange, nachdem er über die Brücke gerumpelt war. Dann war es still. Stanislaus rauchte, und hin und wieder tat ich·s auch. Wir gingen ein paar Schritte hin und her, um uns zu erwärmen. Stanislaus erzählte seine oberschlesischen Witze, die ich alle schon kannte. Dann sprachen wir von Gleiwitz und von der Schillerstraße, und das machte uns ein bisschen warm. Auf einmal pÞff in der Ferne eine Lokomotive, und wir machten uns wieder fertig. Der Güterzug, der jetzt kam, fuhr ziemlich schnell. Ich wusste auch genau, dass da nichts für uns drin war. Ich habe das im Instinkt. Ich winkte Stanislaus ab, aber der war ganz versessen, er schwang sich auf einen Wagen und schrie: !Emil, nimm den nächsten$" oder so was Ähnliches, und dann war er im Nebel verschwunden. So was Dummes. Den Wagen kriegte er bestimmt nie auf. Aber er weiß immer alles besser. Ich ließ den Zug vorbeifahren und wartete weiter. Warten muß man können. Drei in der anderen Richtung, und ich ärgerte mich schon, dass heute gar nichts klappte. Die Kälte ging mir immer tiefer, und Stanislaus kam nicht zurück, obwohl mehr als zwei Stunden vergangen waren. Ich blieb auch sitzen, als es wieder pÞff, und erst als die Lokomotive vorbei war und ich sah, dass es ein guter Zug war, kletterte ich auf den Bahndamm. Das Unglück wollte es, dass er sogar hielt. Kann man da widerstehen, wenn man so direkt eingeladen wird? Ich hangelte mich hoch, löste die Plombe und als wir abfuhren, wusste ich schon genau Bescheid, dass es Medikamente waren. Hier und da waren rote Kreuze drauf und so Apothekerwörter. Ein Paket, wo ich dachte, dass Morphium drin sein könnte, schmiss ich gleich raus. Das war natürlich dumm, weil wir nun auf beiden Flussseiten die Sachen außesen mussten. Aber das hatte ich mir im Moment nicht überlegt, die Gelegenheit war zu günstig gewesen. Das andere waren alles größere Kisten, die ich so nicht brauchen konnte. Als ich die erste aufhatte, fuhren wir grade über die Brücke. Ich gebe zu, dass der Lokführer trödelte, vielleicht lag es auch an den Signalen, aber ich kann auch sagen, dass ich genau und schnell gearbeitet habe. 67