Untitled - Galerie bei der Albertina

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Untitled - Galerie bei der Albertina
PRACHENSKY
Wilhelm
Nicolaus
PRACHENSKY
Markus
12. Mai bis 30. Juni 2016
Verkaufsausstellung
Galerie bei der Albertina ∙ Zetter
A-1010 Wien, Lobkowitzplatz 1
Mo-Fr 10-18 Uhr, Sa 11-14 Uhr
Tel. +43/1/513 14 16, Fax +43/1/513 76 74
[email protected]
www.galerie-albertina.at
GALERIE
BEI DER
ALBERTINA
ZETTER
Vorwort
In dieser Ausstellung präsentieren wir eine umfassende Werkschau der Arbeiten
von Wilhelm Nicolaus Prachensky und Markus Prachensky – Vater und Sohn –,
eine Gegenüberstellung der Generationen und ihrer unterschiedlichen Stile.
Trotz der divergenten Ausdrucksweisen der beiden Künstlerpersönlichkeiten
verbindet sie die Liebe zur Natur.
Ihr Hauptthema ist die Landschaft, oftmals auch in Kombination mit der Architektur.
Während Wilhelm Nicolaus Prachensky Werke ganz im Sinne der klassischen
Moderne schafft, gilt Markus Prachensky als einer der wichtigsten Wegbereiter
der gestisch-expressiven Malerei.
Es erwartet Sie eine spannende Ausstellung, in der Sie die gegensätzlichen
Positionen auf sich wirken lassen können.
Uns haben diese beiden Malerpersönlichkeiten schon lange in ihren Bann
gezogen und wir hoffen, dass es Ihnen ebenfalls so ergehen wird.
Für telefonische Auskünfte stehen wir jederzeit zur Verfügung und wir führen
Sie auch gerne persönlich durch die Ausstellung.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch.
Katharina Zetter-Karner und Christa Zetter
3
Wilhelm Nicolaus
PRACHENSKY
1898 wird Wilhelm Nicolaus Prachensky in Innsbruck als Sohn
des Schriftsetzers Josef Prachensky und seiner Frau Maria geboren.
1913-16 besucht er die Innsbrucker Staatsgewerbeschule,
Abteilung für Hochbau, später wechselt er in die Malereiabteilung.
1927 beteiligt er sich an der Ausstellung „Repräsentative Tiroler
Kunst“ in der Wiener Secession und im Oktober und November
an der Ausstellung Tiroler Künstler im Nemzeti Szalon in
Budapest. Eine Reise führt ihn an den Gardasee.
1916 wird Prachensky im Mai zum Ersten Tiroler Kaiserjäger-
1928-29 arbeitet Prachensky intensiv an architektonischen
Gestaltungen von Geschäftslokalen in Innsbruck. Mehrere
Studienreisen führen ihn nach Südtirol, Passau, Dürnstein und
Weißenkirchen sowie nach Heidelberg.
1918 beginnt Prachensky sein Studium an der Münchner
Akademie.
1931 entstehen, neben der Arbeit an Architekturprojekten,
zahlreiche Reisebilder auf Fahrten nach Bologna, Genua, Rapallo,
Pisa, Florenz, Siena und San Gimignano.
regiment nach Steyr zur Ausbildung eingezogen. Einige Ansichten
der Umgebung Steyrs entstehen.
1919 entsteht der expressionistische Entwurf eines „Volkskalenders 1920“ für die von seinem Vater geleitete „Innsbrucker
Buchdruckerei und Verlagsanstalt“. In diese Zeit fällt seine
Rezeption der Kunst Egon Schieles, wahrscheinlich auch über
Kontakte nach Wien.
1920 bestreitet Prachensky seine erste Einzelausstellung im
Innsbrucker Kunstsalon Unterberger. Einzelne Quellen weisen
auch auf eine Ausstellung im Taxishof in Innsbruck hin.
Prachensky zeigt Stadtansichten von Hall, München und Innsbruck
sowie Berglandschaften aus Tirol. Vermutlich noch aus seiner
Stationierung in Oberösterreich stammen Kontakte zu Linz, das
Ausgangspunkt einer größeren Bilderserie wird. Prachensky
bereist mehrere Städte des Inntals und es entstehen expressive
Städtebilder.
1924 beteiligt sich Prachensky an der Ersten Tiroler Kunstaus-
stellung in der Innsbrucker Messehalle. Die erste architektonische
Arbeit liegt mit der Neugestaltung der Halle im Grand Hotel
Kitzbühel vor. Mit einer Reise nach Südtirol und Italien beginnt
seine lebenslange Auseinandersetzung mit dem europäischen
Stadtbild. In Venedig entstehen zahlreiche Aquarelle.
1925 ist Prachensky Mitbegründer der Tiroler Künstlerver-
einigung „Die Waage“ mit Hans Andre, Leo Sebastian Humer,
Ernst Nepo und Franz Santifaller. Spätere Mitglieder sind Rudolf
Lehnert, Rudolf Wacker, Alphons Schnegg, Erwin Merlet und
Anton Hofer.
1926 arbeitet Prachensky, neben der Betreuung der Wanderausstellung Tiroler Künstler in Deutschland, weiter an seinen Städtebildern. In Zürich und Paris entstehen Gemälde und Aquarelle.
1932 Geburt des Sohnes Markus, der Maler wird und ab 1983
Professor an der Wiener Akademie der bildenden Künste ist.
1933 entwirft Prachensky gemeinsam mit seinem Bruder Theodor
die Fassadengestaltung des Sparkassengebäudes in der
Innsbrucker Maria-Theresien-Straße.
1934-35 entstehen wichtige architektonische Arbeiten, unter
anderem der Umbau des Feinkostgeschäfts Andrä Hörtnagl,
Innsbruck Burggraben, Umbauten der Zentralapotheke, InnsbruckAnichstraße, des Grandhotels Göbner in Gossensaß und der Bar
im Golfhotel Igls. Eine Reise nach Tschechien führt Prachensky
nach Prag, Brünn und Znaim.
1936 bekommt Prachensky den Österreichischen Staatspreis für
Malerei für ein Bild von der Wiener Karlskirche.
1937 erhält Wilhelm Nicolaus Prachensky die staatliche Befugnis
als Architekt. Zuvor hat sein Bruder Theodor die Pläne bei den
Baubehörden eingereicht.
1938-45 leistet Prachensky in der Deutschen Wehrmacht
Kriegsdienst als Leutnant. Wegen seiner Herzkrankheit hält er
sich mehrmals in Heeressanatorien auf. Es entstehen zahlreiche
Städtebilder aus Polen und Frankreich.
1945-55 gründet Wilhelm Nicolaus Prachensky gemeinsam
mit seinem Neffen Hubert ein Architekturbüro in der Innsbrucker
Templstraße. Eine expressive Werkphase bringt in der Malerei
seine Wende hin zu einem von der klassischen Moderne
inspirierten Kolorismus.
1956 erliegt Wilhelm Nicolaus Prachensky in Innsbruck seiner
Herzkrankheit.
5
WILHELM
NICOLAUS
PRACHENSKY
Wilhelm Nicolaus Prachensky gehört zu den bekanntesten
Künstlern der Zwischenkriegszeit in Tirol, ist aber durch seine
Studienzeit in München, die Ausstellungen seiner Bilder im In- und
Ausland und auch durch sein architektonisches Werk weit über
die Landesgrenzen hinaus bekannt. Prachenskys Bilder befinden
sich heute in vielen privaten Sammlungen und Museen wie dem
Ferdinandeum in Innsbruck, dem Leopold Museum in Wien und
dem Städtischen Museum in Düsseldorf.
In Innsbruck 1898 in ein aufgeschlossenes Elternhaus hineingeboren – der Vater war Redakteur, Verlagsleiter und Mitbegründer
der Sozialdemokratischen Partei Tirols – ist er schon früh mit dem
Pendeln zwischen Innovationsfreude und Traditionsbewusstsein
konfrontiert, ein Umstand, der sein malerisches wie architektonisches
Werk ein Leben lang bestimmen wird. Prägend ist überdies das
enge Verhältnis zu seinem älteren Bruder Theodor (1888-1970),
einem Architekten und Stadtplaner, der mit seinen Sozialbauten das
Stadtbild Innsbrucks nachhaltig beeinflusste. Theodor Prachenskys
bekanntestes Bauprojekt ist die Verbauung der Pembaurstraße, der
so genannte Pembaurblock in Innsbruck-Pradl. Theodor ermutigt
Wilhelm Nicolaus immer wieder zum Malen und Zeichnen und
ist auch bei manch architektonischem Projekt der späteren Jahre
eine professionelle Hilfe. In den Jahren 1913 bis 1916 erhält der
Künstler seine erste Ausbildung an der Staatsgewerbeschule in
Innsbruck in der Abteilung für Hochbau, wechselt dann aber in
die Klasse für Malerei.
Der Erste Weltkrieg bringt eine einschneidende Zäsur. 1916 wird
Wilhelm Nicolaus Prachensky zur Heeres-Ausbildung in Steyr
eingezogen und leistet anschließend Dienst bei den Tiroler Kaiserjägern an der Dolomitenfront. Hier entstehen zahlreiche Bergansichten, die ein beeindruckendes Frühwerk bilden und 1918 in der
viel beachteten Ausstellung „Die Kaiserjäger im Weltkriege“ in
Innsbruck gezeigt werden. Wohl wegen einer Herzerkrankung, die
er sich an der Front zugezogen hat und an der er Zeit seines Lebens
laboriert, wird Prachensky im Frühjahr 1918 nach Oberösterreich
verlegt und kann bald darauf sein Studium fortsetzen. Statt nach
Innsbruck zurückzukehren, wählt er die Münchner Akademie.
Spätestens seit der Weltausstellung 1867 in Paris hatte die
Münchner Schule die Führung in der deutschen Kunstlandschaft
übernommen und die Düsseldorfer Malerschule abgelöst. Neben
Paris war nun München eines der bedeutendsten Kunstzentren
in Europa und zog Künstler aus aller Welt an. Wilhelm Nicolaus
Prachensky tritt somit in die Fußstapfen Albin Egger-Lienz’, Hans
Weber-Tyrols und Wilhelm Thönys, die vor ihm die Münchner
Akademie besucht haben. Zeitgleich mit ihm sind unter den
Studenten Jean Egger und Sergius Pauser zu nennen.
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MALER UND ARCHITEKT
Der Einfluss der Münchner Schule auf die Kunst ihrer Zeit ist unbestritten. Aufgrund der geografischen Nähe und der vielen Tiroler
Absolventen der Münchner Akademie ist die Verflechtung hier
besonders groß. Wilhelm Nicolaus Prachensky erweitert seinen
künstlerischen Horizont und ist Neuem gegenüber aufgeschlossen.
Das zeigt auch seine intensive Auseinandersetzung mit der Kunst des
Expressionismus, die in die Zeit um 1920 fällt. Erwähnenswert ist
außerdem seine erste Einzelausstellung im Kunstsalon Unterberger
in Innsbruck, die ein großer Erfolg wird und hochrangige Künstlerkollegen wie Lois Welzenbacher, Clemens Holzmeister, Artur
Nikodem und Ernst Nepo anzieht.
In die frühen 1920er-Jahre fallen der Beginn seines architektonischen
Schaffens und ferner die ersten grafischen Arbeiten. In weiterer
Folge wird Wilhelm Nicolaus Prachensky wichtige Beiträge zur
Plakatkultur des österreichischen Tourismus liefern mit Sujets, die
heute noch im öffentlichen Bewusstsein verankert sind.
Zu den architektonischen Hauptwerken Wilhelm Nicolaus
Prachenskys zählen die Erweiterung und Innenraumgestaltung
des Grand Hotels in Kitzbühel, die Umgestaltung des Zentralkinos
in Innsbruck und die Fassade des Sparkassengebäudes in der
Innsbrucker Maria-Theresien-Straße, gemeinsam mit seinem Bruder
Theodor entworfen. Prachenskys Bauten sind gekennzeichnet durch
formale Reduktion und orientieren sich an der amerikanischen
Streamline-Moderne mit kurvigen, stromlinienartigen Formen, einer
langen, horizontalen Linienführung sowie nautischen Elementen wie
Bullaugenfenstern oder Relings. Vor allem in den 1930er-Jahren,
die seinen endgültigen Durchbruch als Architekt bringen, entstehen
im Innsbrucker Raum zahlreiche Wohn- und Geschäftshäuser.
Die Modernität der damals entstandenen Gebäude, das kühne
Formenvokabular sind überraschend, scheinen doch die Tiroler
Bauherren – keineswegs eine schmale Elite, sondern Hoteliers,
Unternehmer und Privatleute aus dem Bürgertum oder der Bauernschaft – in manchem weitaus aufgeschlossener gewesen zu sein
als jene in Wien. Auch der aufkeimende Tourismus, für dessen
Infrastruktur Großprojekte erforderlich wurden, mag hier eine
wesentliche Rolle gespielt haben. Prachensky gehört somit neben
Lois Welzenbacher und Clemens Holzmeister zu den maßgeblichen Architekten der Zwischenkriegszeit in Tirol. „Im gesamtösterreichischen Zusammenhang sind (seine) architektonischen Leistungen zu den Spitzen der Authentizitätskonstruktionen der um eine
zeitgemäße Interpretation ihrer Umwelt bemühten Zwischenkriegszeit zu zählen.“1
Henriette und Wilhelm Nicolaus Prachensky, 1932
Die Malerei vernachlässigt der Architekt Wilhelm Nicolaus
Prachensky aber keineswegs. 1925 ist er Mitbegründer der
Künstlergruppe „Die Waage“, der auch Ernst Nepo, Leo Sebastian
Humer, Rudolf Lehnert, Rudolf Wacker und Alphons Schnegg
angehören. Hier sollte eine Plattform für neue Kunst in Tirol
geschaffen werden, die den modernen Strömungen gegenüber
aufgeschlossen ist. Zeitgleich setzt sich Prachensky mit der
Malerei der Neuen Sachlichkeit auseinander. 1926 ist er an der
Wanderausstellung „Tiroler Künstler“ beteiligt, die in mehreren
deutschen Städten gezeigt wird. Das Städtische Museum in
Düsseldorf erwirbt ein Bild von Wilhelm Nicolaus Prachensky.
Ab 1924 entstehen auf zahlreichen Reisen innerhalb Österreichs,
nach Südtirol, Italien, Deutschland, Frankreich, Tschechien, Polen
und in die Schweiz Prachenskys berühmte Städtebilder, neben der
Landschaftsmalerei das Hauptthema in seinem Werk. In einem
Brückenschlag zwischen expressionistischer und neo-sachlicher
1 Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, S. 176
2 Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Eine Retrospektive“, Österreichische Galerie
Belvedere, Oberes Belvedere, Wien 2002, S. 46
8
Ausdrucksweise geht es ihm „um das reportagehafte Erfassen einer
Szene, einer Kulisse, einer Struktur“2.
Wilhelm Nicolaus Prachensky
1 Selbstporträt 1951
Nach biografisch wichtigen Momenten – 1930 der Heirat mit
Henriette Hnidy, Mutter seines 1932 geborenen Sohnes Markus,
und der Verleihung des Österreichischen Staatspreises für Malerei
1936 – bringen die Kriegsjahre 1939 bis 1945 eine weitere Zäsur
im Schaffen des Künstlers. Zum Wehrdienst eingezogen bleibt ihm
weniger Zeit zum Malen. Erst um 1950 läuft er mit einem bunten,
luftigen Spätwerk, zu dem auch wundervolle Blumenstillleben
zählen, zu neuer Höchstform auf. Die architektonische Arbeit
überlässt er im gemeinsam betriebenen Innsbrucker Planungsbüro
weitgehend seinem Neffen Hubert Prachensky.
Bleistift und Tempera auf Papier
Links unten signiert und datiert Prachensky 51
61,7 x 85 cm
Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky,
Innsbruck 1998, Abb. S. 39
1956 stirbt Wilhelm Nicolaus Prachensky viel zu jung an seiner
chronischen Herzkrankheit. Er hinterlässt ein vielfältiges Werk, das
ihn als großen Maler, Architekten und Grafiker seiner Zeit ausweist.
Sophie Cieslar
9
Wilhelm Nicolaus Prachensky
2 Winterlandschaft in den Dolomiten 1917
Öl auf Karton
Rechts unten und rückseitig monogrammiert und datiert W.P. 1917
26,5 x 32,8 cm
Die 1917 entstandene „Winterlandschaft in den Dolomiten“
fällt in die Zeit des Ersten Weltkriegs, die der Künstler bei den
Tiroler Kaiserjägern an der Dolomitenfront verbringt.1 Nach den
Studienjahren an der Innsbrucker Kunstgewerbeschule gehören
Bilder wie dieses zu den frühesten künstlerischen Äußerungen, die
gleichwohl eine Schlüsselstellung in seinem Schaffen einnehmen.
Die große Bedeutung, die der Künstler den Werken dieser
Periode selbst einräumt, kann man einem im Archiv Prachensky
zugänglichen Buchmanuskript entnehmen. In einer wegen
des Anschlusses an Deutschland 1938 nicht mehr zustande
gekommenen Monografie widmet Wilhelm Nicolaus Prachensky
den „Kriegsbildern“ ein eigenes Kapitel.
Motivisch betrachtet handelt es sich bei diesen durchwegs um
Landschaften, keine Kampfszenen wie bei anderen Malerkollegen.
Prachensky malt Bergrücken, einsame Gehöfte, Dörfer und
Talblicke, die sich ihm auf seinen unterschiedlichen Positionen im
Vallarsa, am Cogolo Alto, Col Santo, Cosmagon, am Pasubio
und Roiterücken bieten. In der seelischen Tiefe der Malerei ist er
noch dem Symbolismus und dem Jugendstil verhaftet, die Einflüsse
10
des Expressionismus sind im Werk erst ab 1918 bestimmend.
Thematisch ist Wilhelm Nicolaus Prachensky ein Tiroler mit einem
tiefen Verständnis für die raue Bergwelt, wie es sich auch in
den Werken Albin Egger-Lienz’, Alfons Waldes, Oskar Mulleys
und Artur Nikodems findet. Das Kompositionsprinzip späterer
Darstellungen ist schon zu erkennen, nämlich „die strenge
motivische Reduktion auf wenige ‚sprechende’ Hautpmotive“ und
eine „deutliche Konzentration auf Ausschnitte, auf als typisch
empfundene Details“2. Einfache, breite Pinselstriche ergeben
in lockerer Malweise „pastos eine der Steinwelt der Berge
entsprechende Rhythmik“3. Bilder der Kriegsjahre wurden 1918
in der viel beachteten Ausstellung „Die Kaiserjäger im Weltkriege“ in Innsbruck gezeigt.4
1 Das notwendige Malmaterial wurde Prachensky von seiner Familie an die Front
geschickt.
2 Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, S. 12
3 Ebda
4 In der Ausstellung waren auch Bilder von Oskar Mulley, Artur Nikodem, Paul Rittinger
und Erich Torggler zu sehen.
11
Wilhelm Nicolaus Prachensky
3 „Castell Mezzocorona“ 1917
Wilhelm Nicolaus Prachensky
4 Hall, Pfarrkirche 1920
Öl auf Karton
Rechts unten monogrammiert und datiert W.P. 1917
Rückseitig bezeichnet: Castell Mezocorona! [sic!] Janko
32,7 x 28 cm
Öl auf Karton
Rechts unten signiert und datiert W. PRACHENSKY 1920
83 x 69,5 cm
Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 61
12
Lit.: Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 73
Wilhelm Nicolaus Prachensky
5 Dachlandschaft 1920
Bleistift und Aquarell auf Karton
Rechts unten signiert und bezeichnet: WILHELM PRACHENSKY INNSBRUCK
Rückseitig datiert 26. Juni 1920; Künstleretikett: WILHELM NICOLAUS PRACHENSKY
INNSBRUCK TYROL
61,6 x 50,3 cm
Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 23, S. 84 und S. 116f.
Egon Schiele, Krumauer Stadtviertel (Häuserbogen I), 1915
The Israel Museum, Jerusalem
Ab 1919 setzt sich Wilhelm Nicolaus Prachensky verstärkt mit der
Malerei des Expressionismus, vor allem mit jener Egon Schieles,
auseinander. Diese Tendenz ist in Arbeiten wie der 1920 entstandenen „Dachlandschaft“ deutlich spürbar. In diesem Jahr bereist
Prachensky das Inntal und malt Städtebilder unter anderem von
Hall und Rattenberg, die durch ihre stimmungsgeladene Farbigkeit, eine Betonung der Umrisslinien und ihre locker lasierende
Malweise beeindrucken.
14
Die Zinnen im Bildvordergrund begrenzen den Standort des
Künstlers, von dem aus er auf eine aus geometrischen Formen
zusammengesetzte Dachlandschaft blickt. Er könnte auf Burg
Hasegg gestanden haben, die ebensolche Zinnen aufweist, und
auf den historischen Stadtkern von Hall in Tirol blicken. Motivische
Parallelen lassen diese Interpretation durchaus plausibel erscheinen. Die farbige Betonung der Umrisslinien, das Verwischen
der Farben von den Rändern zu einer weiß gelassenen Mitte hin,
die extreme Vogelperspektive und das Heranrücken des Motivs an
den Betrachter finden sich auch im Werk Egon Schieles, vor allem
in den Krumauer Städtebildern, wieder.
Wilhelm Nicolaus Prachensky
6 Ferrariwiese bei Innsbruck 1922
Öl auf Karton
Rechts unten signiert und datiert W.N.PRACHENSKY 22
Rückseitig zwei alte Etiketten: Felder vor Dorf Öl/Karton 51,5 x 68 1922
51,5 x 68 cm
Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 104 und S. 114
„Der Komplex der Landschaften und Stadtansichten aus den
Jahren 1918 bis 1922 bietet ein Stilspektrum, das in wesentlichen
Punkten den biographischen Anregungen während dieser Zeit
entspricht [...] So kann eine Anregungskette aus der symbolistischen Tradition der Tiroler Landschaftsmalerei, der Münchner
Szene und der Wiener Moderne konstruiert werden.“1 Neben den
Lehrjahren in Innsbruck und München und den damit verbundenen
Aufenthalten kann man auch Besuche bei der in Wien lebenden
Schwester Emmy annehmen. In dieser Zeit finden sich im Werk
Wilhelm Nicolaus Prachenskys verschiedenste Stilelemente
nebeneinander.
Das annähernd quadratische Format der „Ferrariwiese bei
Innsbruck“, die weite, frei gelassene Fläche im Bildvordergrund
und das bildfüllende All-over der Landschaft mit einem himmellosen, hoch angesetzten Horizont sind Stilelemente des Wiener
16
Jugendstils. Die Häuser am Wiesenrand hingegen sind expressiv
ineinander verschachtelt. Die Ferrariwiese am Fuß des Bergisels
war mehrfach Kriegsschauplatz während des Tiroler Volksaufstandes im Jahre 1809. Die Tiroler kämpften unter Andreas Hofer
gegen die französisch-bayrische Besatzung. Später wurde die
große, hügelige Grünfläche als Wintersportgebiet für Kinder
genutzt. In letzter Zeit findet sich dieses heute an der Brennerautobahn gelegene Areal wegen einer geplanten Schuttdeponie
häufig in den Medien. Wilhelm Nicolaus Prachensky hat hier
neben einer gekonnt inszenierten Landschaftsdarstellung, welche
die Weite und die zarte Ondulierung der Grasfläche meisterhaft
in Szene setzt, gleichzeitig auch einen schützenswerten
historischen Zustand eingefangen.
1 Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, S. 20
Wilhelm Nicolaus Prachensky
7 Steyr 1916
Bleistift und Aquarell auf Papier
Rechts unten monogrammiert und
datiert W.P. 1916
12,6 x 11,8 cm
(Passepartoutausschnitt)
Originalgröße
Wilhelm Nicolaus Prachensky
8 Tannen 1921
Öl auf Karton
Rechts unten signiert und datiert W. PRACHENSKY 1921
Rückseitig Künstleretikett: WILHELM NICOLAUS PRACHENSKY INNSBRUCK TYROL
67 x 51 cm
Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 82
Die 1921 entstandenen „Tannen“ sind mit ihrer gestupften, fleckigen Malweise den wohl vorhandenen postimpressionistischen
Tendenzen in der Malerei Wilhelm Nicolaus Prachenskys zuzurechnen. Der Kunsthistoriker Heinrich Hammer schreibt über Bilder
„von einer sprühenden Lebendigkeit, einer prickelnden Bewegung
in Form wie Farbe“1. Im Zentrum steht das malerische Geschehen,
das Motiv, die Tannen, ist bildfüllend wiedergegeben, rechts
seitlich vom Bildrand überschnitten. Die Umgebungslandschaft
ist nur schemenhaft angedeutet und kann nicht näher bestimmt
werden. Die expressive Pinselschrift weist wiederum über die
18
reine Impression hinaus. Wilhelm Nicolaus Prachensky versteht
es, die prägenden Strömungen seiner Zeit in seinen Arbeiten
harmonisch zu vereinen. „Prachensky nimmt das expressive
Kunstwollen seiner Zeit auf, er abstrahiert im Sinne der anderen,
er folgt der Tradition von Defregger über Egger-Lienz bis zu den
anderen Tiroler Künstlern, um dennoch auf der Suche nach sich
selbst eine Handschrift zu entwickeln, die feststellbar ist.“2
1 Heinrich Hammer, Wilhelm Prachensky, in: Bergland, Nr. 11, 1926, S. 20
2 Dieter Ronte, in: Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, S. 8
Wilhelm Nicolaus Prachensky
9 Felder 1923
Wilhelm Nicolaus Prachensky
10 Berglandschaft 1923
Bleistift und Aquarell auf Papier
Rechts unten monogrammiert und doppelt datiert WP April 1923
28,6 x 44,9 cm
Bleistift und Aquarell auf Papier
Rechts unten datiert 31. Okt. 1923
36,8 x 51 cm
Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 77
20
21
Wilhelm Nicolaus Prachensky
11 Burg 1920
Bleistift und Aquarell auf Papier
Rechts unten datiert 5 Okt 1920
31,7 x 24,7 cm (Passepartoutausschnitt)
22
Wilhelm Nicolaus Prachensky
12 Dorflandschaft 1920
Wilhelm Nicolaus Prachensky
13 Stadt am Fluss 1920
Bleistift und Aquarell auf Papier
Rechts unten datiert 9. Juni 1920
31,8 x 25,5 cm
Bleistift und Aquarell auf Papier
Rechts unten datiert 21. Juni 1920
31,8 x 25,7 cm
23
Wilhelm Nicolaus Prachensky
14 Winter in den Bergen 1920
Öl auf Karton
Rechts unten signiert und datiert W. PRACHENSKY 1920
Rückseitig Künstleretikett: WILHELM NICOLAUS PRACHENSKY
INNSBRUCK TYROL
93 x 70 cm
Provenienz: Sammlung Hierzenberger, Wien
Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 62f.
Auf zahlreichen Fahrten durch Tirol, die Wilhelm Nicolaus
Prachensky in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg unternommen
hat, bieten sich immer wieder Motive, die er in magischen
Momenten einzufangen versteht. Ein mildes Abendlicht hat sich
über die winterliche Landschaft gelegt und beleuchtet die in
diesem Hochformat übereinander lagernden Berghänge mit
zartrosa Schein. Über die expressiv gemalten Baumwipfel im
Vordergrund, die, nur teilweise schneebedeckt, in Braun-, Türkisund Blautönen ausgeführt sind, wandert der Blick des Betrachters
über einsame Gehöfte hinweg, über Täler und Schneehänge
24
zum graublauen Abendhimmel. In fast schraffierend anmutenden
Pinsellagen bedeckt der Künstler die Leinwand und lässt nur
an ganz wenigen Stellen grafische Elemente wie die Stämme
der Bäume oder die Umrisslinien der sanft geschwungenen
Bergrücken durchschimmern. Matthias Boeckl zieht hier Parallelen
zu frühen Bildern Wassily Kandinskys, die ebenfalls von schräg
laufenden Pinsellagen bestimmt sind.1
1 vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, S. 20
Wilhelm Nicolaus Prachensky
15 Tiroler Landschaft mit Hof 1923
Tempera auf Papier auf Karton
Rechts unten monogrammiert und datiert WP 1923
29 x 29 cm
Wilhelm Nicolaus Prachensky
16 „Berghöfe Im Wipptal“ 1920
Öl auf Karton
Rechts unten signiert und datiert W. PRACHENSKY 1920
Rückseitig signiert, bezeichnet und betitelt: W. PRACHENSKY INNSBRUCK Berghöfe Im Wipptal
74,3 x 62,5 cm
Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 64
vgl. Ausstellungskatalog „Hans Weber-Tyrol und seine Zeit“, Galerie im Lanserhaus, Eppan 2007, Abb. S. 39
26
27
Wilhelm Nicolaus Prachensky
17 Berghof 1922
Öl auf Karton
Rechts unten signiert und datiert W.N. PRACHENSKY 22
88,5 x 72 cm
Provenienz: Sammlung Hierzenberger, Wien
Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 85 und S. 128f.
Egon Schiele, Herbstbäume I, 1911
Privatsammlung
Die lineare Ausgestaltung des hinter dem Berghof ansteigenden
Hanges und die sich deutlich davon abhebenden, spärlich
belaubten Bäume erinnern an Egon Schieles berühmte „Vier
Bäume“ im Besitz des Belvedere in Wien oder an „Herbstbäume“,
heute in Privatbesitz. Auch der Farbauftrag, teils deckend, teils
lasierend, und die Betonung der grafischen Elemente im Bild
– wie die zarten, parallel zueinander stehenden Baumstämme
– weisen eine deutliche Verwandtschaft zum Werk des großen
österreichischen Expressionisten auf. Mit 1922 datiert, ist dieses
wundervolle Bild Wilhelm Nicolaus Prachenskys nur wenige Jahre
nach den Bildern Egon Schieles entstanden und zeitgleich mit der
„Ferrariwiese bei Innsbruck“ (Kat. Nr. 6). In der Malweise und
im Farbauftrag weisen die Gemälde Parallelen auf, wobei die
28
„Ferrariwiese“ noch stärker der Jugendstilmalerei und somit der
Wiener Tradition verbunden ist. Im „Berghof“ variiert Prachensky
zudem seine Vorliebe für erdige Farbtöne in meisterhafter Manier,
dadurch wirkt das Bild im Gegensatz zum dominierenden Grün
der „Ferrariwiese“ viel mehr dem Tirolerischen verhaftet. Wir
denken an die eindrucksvollen Berghöfe Oskar Mulleys und die
von Ockertönen geprägten Kompositionen Albin Egger-Lienz’.
Wilhelm Nicolaus Prachensky versteht es unzweifelhaft, die
Stilentwicklungen seiner Zeit zu absorbieren und in seinen Bildern
zu einem unverkennbaren eigenen Stil zu vereinen.
1 „Vier Bäume“ ist 1917 entstanden und die „Herbstbäume“ 1911.
Wilhelm Nicolaus Prachensky
18 Berghang 1917
Wilhelm Nicolaus Prachensky
19 Linz 1922
Öl auf Karton auf Hartfaser
Rechts unten signiert und datiert W. PRACHENSKY 1917
35,5 x 28,4 cm
Blick von Urfahr Richtung Innenstadt
Öl auf Karton
31 x 30,5 cm
Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 50
Lit.: Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 86
30
31
Wilhelm Nicolaus Prachensky
20 „Paris“ 1926
Wilhelm Nicolaus Prachensky
21 „Paris“ 1926
Notre-Dame de Paris
Bleistift und Tempera auf Papier
Links unten betitelt und datiert: Paris 23. Mai 1926
38,5 x 54,5 cm
Arc de Triomphe de l’Étoile
Bleistift und Tempera auf Papier
Links unten betitelt und datiert: Paris 24. Mai 1926
38,5 x 54,5 cm
Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 126
Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 125 und S. 127
32
33
Wilhelm Nicolaus Prachensky
22 „Arezzo“ 1925
Wilhelm Nicolaus Prachensky
23 „Verona“ 1924
Bleistift und Tempera auf Papier
Links unten betitelt und datiert: Arezzo 12. April 1925
38,3 x 54,4 cm
Bleistift und Aquarell auf Papier
Rechts unten betitelt und datiert: Verona 3. März 1924
48,6 x 33,3 cm
Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 122
34
35
Wilhelm Nicolaus Prachensky
24 Verona 1950
Torre dei Lamberti
Tempera auf Papier
Rechts unten signiert und datiert Prachensky 50
85 x 61 cm
36
Wilhelm Nicolaus Prachensky
26 Blumen 1955
Bleistift und Aquarell auf Papier
Rechts oben signiert und datiert Prachensky 55
28,8 x 20 cm (Passepartoutausschnitt)
Wilhelm Nicolaus Prachensky
25 Distel 1954
Wilhelm Nicolaus Prachensky
27 Blumen um 1920
Bleistift und Aquarell auf Papier
Rechts oben signiert und datiert Prachensky 54
28,8 x 20 cm (Passepartoutausschnitt)
Bleistift und Aquarell auf Papier
51 x 37 cm
38
Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 6
40
Wilhelm Nicolaus Prachensky
28 Blumen 1955
Wilhelm Nicolaus Prachensky
29 Blumen 1955
Bleistift und Aquarell auf Papier
Links unten signiert und datiert Prachensky 55
29,5 x 21 cm
Bleistift und Aquarell auf Papier
Rechts oben signiert und datiert Prachensky 55
29,5 x 21 cm
41
Wilhelm Nicolaus Prachensky
30 Ansicht eines Hauses 1955
Bleistift und Aquarell auf Papier
Links unten signiert und datiert Prachensky 55
29,5 x 21 cm
Wilhelm Nicolaus Prachensky
32 Blume 1954
Wilhelm Nicolaus Prachensky
33 Baum 1954
Bleistift und Aquarell auf Papier
Rechts oben signiert und datiert Prachensky 54
21 x 29,5 cm
Bleistift und Aquarell auf Papier
Rechts unten signiert und datiert Prachensky 54
20 x 28,8 cm (Passepartoutausschnitt)
Wilhelm Nicolaus Prachensky
31 Berghang 1955
Bleistift und Aquarell auf Papier
Rechts unten signiert und datiert Prachensky 55
29,5 x 21 cm
42
43
Wilhelm Nicolaus Prachensky
34 Baum 1955
Bleistift und Aquarell auf Papier
Rechts unten signiert und datiert Prachensky 55
29,5 x 21 cm
Wilhelm Nicolaus Prachensky
35 Lilie 1955
Wilhelm Nicolaus Prachensky
36 Winter in den Bergen 1955
Bleistift und Aquarell auf Papier
Links oben signiert und datiert Prachensky 55
Rechts unten nummeriert 98
29 x 20,5 cm (Passepartoutausschnitt)
Bleistift und Aquarell auf Papier
Links oben signiert und datiert Prachensky 55
20,2 x 28,7 cm (Passepartoutausschnitt)
44
45
Wilhelm Nicolaus Prachensky
37 Blumen 1954
Bleistift und Aquarell auf Papier
Rechts oben signiert und datiert Prachensky 54
29,5 x 21 cm
46
Wilhelm Nicolaus Prachensky
38 Blumen 1954
Wilhelm Nicolaus Prachensky
39 Kakteen 1955
Bleistift und Aquarell auf Papier
Links unten signiert und datiert Prachensky 54
29,5 x 21 cm
Bleistift und Aquarell auf Papier
Links oben signiert und datiert Prachensky 55
Links unten nummeriert 81
29,5 x 21 cm
47
Wilhelm Nicolaus Prachensky
40 Möbelentwurf Schrank um 1920
Mischtechnik auf Papier
Rechts unten bezeichnet: Original Entwurf WILHELM NICOLAUS
PRACHENSKY
25,5 x 31,7 cm (Passepartoutausschnitt)
Wilhelm Nicolaus Prachensky
41 Möbelentwurf Sessel um 1920
Mischtechnik auf Papier
Rechts unten signiert Wilhelm Nicolaus Prachensky
45,5 x 29,6 cm (Passepartoutausschnitt)
48
Markus
PRACHENSKY
1932 in Innsbruck als Sohn des Architekten und Malers Wilhelm
Nicolaus Prachensky geboren
1952 Übersiedlung nach Wien und Beginn eines Architekturstudiums an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Im Jahr
darauf besucht er auch die Malereiklasse und lernt Wolfgang
Hollegha, Josef Mikl und Arnulf Rainer kennen.
1954 Bekanntschaft mit Fritz Wotruba und Otto Mauer.
Im Atelier am Lobkowitzplatz entstehen geometrische Bilder.
1955 erste Ausstellungsbeteiligung in der Galerie nächst
St. Stephan. Markus Prachensky bezieht gemeinsam mit
Wolfgang Hollegha ein Atelier in der Liechtensteinstraße.
1956 gründet Prachensky mit Wolfgang Hollegha, Josef Mikl
und Arnulf Rainer die „Gruppe St. Stephan“.
1957 große Ausstellung mit Hollegha, Mikl und Rainer in der
Wiener Secession. Mehrmonatiger Aufenthalt und Ausstellung in
der Galerie Arnaud in Paris, arbeitet in Hamburg und Würzburg
1959 Malaktion „Peinture Liquide“ im Wiener Theater am
Fleischmarkt. Hier wird zum ersten Mal die Farbe Rot als bestimmendes Bildelement eingesetzt, jene Farbe, die unverkennbar
sein folgendes Werk prägen wird. Der Künstler malt in Wien und
Wiesbaden. Die Bildtitel dieser Zeit verweisen auf den jeweiligen
Standort seines Ateliers.
1960-67 weitere Serien, u. a. „Solitude“, Ausstellungen in Paris,
London, Berlin, Aschaffenburg, Bochum, München und Lausanne.
Prachensky malt in Berlin, Stuttgart, Wien und am Rechberg in der
Steiermark bei Wolfgang Hollegha.
1967-70 lebt Markus Prachensky in Los Angeles, „California
Paintings“ entstehen, Reise nach Mexiko. Kontakt mit dem international bedeutenden Kunstkritiker Clement Greenberg
1970 Rückkehr nach Europa (während eines Kuraufenthalts entstehen „Montanara“-Bilder). 1972 Heirat mit Brigitte Neundlinger
1974 erste Reise nach Sardinien wird zum Schlüsselerlebnis, es
folgen Reisen nach Apulien, in die Toskana, nach Umbrien und
ins Latium
1983-2000 Professor an der Akademie der bildenden Künste
in Wien
In den Jahren von 1974 bis 2010 ist Markus Prachensky immer
wieder auf Reisen, mehrmals besucht er Italien, oft Rom, Frankreich
(Korsika, Provence), aber auch Ägypten, Hongkong und Bali.
Hierbei entstehen unterschiedliche Serien, deren Titel auf die
jeweilige Quelle der Inspiration verweisen, vielfach ist neben
der Ortsangabe die Musik angeführt, zu der der Künstler gemalt
hat. Prachenskys Arbeiten sind in dieser Zeit in zahlreichen
Ausstellungen im In- und Ausland zu sehen.
2011 stirbt Markus Prachensky in Wien.
51
Markus
PRACHENSKY
ROT IST DIE FARBE
MEINES LEBENS
„Die Zeit ist reif, die Architektur ernst zu nehmen, alle Scherze
beiseite zu lassen und die verspielte Leichtheit der Bauhausära
endlich zu überwinden. Die Architektur als Kunst hat mit Funktion
nichts zu tun. Funktionelle Architektur ist angewandte Kunst. Jeder
Mensch soll seine eigene Architektur machen, soll seine Hände
dazu benützen, seine Architektur zu formen, zu kleben, zu graben,
zu kratzen, zu klammern, zu schüren, zu scherren und zu beissen
aus Federn, Bäumen, Gras, Papier, Erde und Heu.“1
Folge versucht sich Prachensky durch freie Zeichnung von den
konstruktiven Kompositionen zu lösen. „Um Befreiung ist es dann
immer gegangen, um den Widerspruch zwischen dem System
einer bildnerischen Ordnung und dem spontanen Gestus, der sie
aufsprengt.“4
Markus Prachensky ist aus Innsbruck nach Wien gekommen, um
auf Wunsch des Vaters bei Lois Welzenbacher Architektur zu
studieren – bei einer Familie mit so vielen prominenten Vertretern
dieser Zunft kein Wunder. „Ich war sehr beeinflusst von meinem
Elternhaus. Mein Vater war Architekt, hat aber auch gemalt. Ich
war also schon früh mit Malerei konfrontiert, habe auch bereits
als Kind begonnen, selbst nach der Natur zu zeichnen.“2 Der
Maler und Architekt Wilhelm Nicolaus Prachensky möchte einen
ihm finanziell sicherer erscheinenden Beruf für seinen Sohn.
Dieser weiß jedoch von Anfang an, dass er Maler werden
will. Dem damals schon schwer kranken Vater zuliebe beendet
er das Architekturstudium, besucht aber schon nebenher den
Abendakt bei Herbert Boeckl und wird in die Meisterklasse von
Albert Paris Gütersloh aufgenommen. Zu seinen Kommilitonen
gehören Josef Mikl, Wolfgang Hollegha und für ganz kurze
Zeit auch Arnulf Rainer (der nach nur drei Tagen die Akademie
wieder verlässt). Prachensky ist von der Aufbruchsstimmung im
Wien der Nachkriegszeit fasziniert. Im Elternhaus hat er in der
reich bestückten Bibliothek die Kunst der Romanik, Gotik und
Renaissance studiert, doch von den zeitgenössischen Strömungen
ist man abgeschnitten gewesen. Jetzt will die junge Generation im
Schnelldurchlauf alles nachholen, was man in den Kriegsjahren
verpasst hat. Begierig saugen die aufstrebenden Künstler alles in
sich auf. Es ist eine spannende Zeit, man trifft sich im Art-Club,
feiert im „Strohkoffer“ und diskutiert nächtelang, welcher Weg
in die Moderne wohl der richtige sein mag. Surrealismus oder
Abstraktion lautet die Frage. Für Markus Prachensky ist von Anfang
an klar, dass der Weg in die Abstraktion führen muss. „Ich wusste,
dass ich mich von der strengen Formensprache würde befreien
müssen.“3 Die künstlerischen Anfänge stehen, beeinflusst von
Piet Mondrian, im Zeichen des Abstrakt-Geometrischen. In der
Foto: Birgit Hutter
52
1955 bezieht Markus Prachensky mit Wolfgang Hollegha ein
gemeinsames Atelier in der Wiener Liechtensteinstraße und
gründet im Folgejahr mit Hollegha, Josef Mikl und Arnulf Rainer
die „Gruppe St. Stephan“. Monsignore Otto Mauer wird zum
wichtigen Mentor und die Galerie nächst St. Stephan in der
Grünangergasse, in den ehemaligen Räumen von Otto Kallirs
„Neuer Galerie“, wird zum Stützpunkt der jungen Künstler.
Bei einem Paris-Aufenthalt 1957 – er ist dort an einer von der
renommierten Galerie Arnaud veranstalteten Gruppen-Ausstellung
junger österreichischer Kunst beteiligt – lernt Markus Prachensky
Georges Mathieu, Pierre Soulages und Yves Klein kennen und
ist beeindruckt von der Malerei des Tachismus. Die endgültige
Befreiung aus einem geometrischen Grundgerüst und die damit
einhergehende totale Freisetzung der Farbe gelingt ihm 1959 in
der Malaktion „Peinture Liquide“ im Theater am Fleischmarkt, die er
1960 im Stadttheater Aschaffenburg wiederholt. Rote Farbe wird
aus Kübeln über den oberen Leinwandrand gegossen und rinnt in
Strömen unkontrolliert nach unten. „Rot wurde die Farbe, in der
das Drama sich aussprach, er nennt sie: seine Lebensfarbe.“5 In
„Peinture Liquide“ ist Prachensky den Prinzipien des Tachismus und
des amerikanischen „action painting“ am nächsten. Das Spontane,
der heftige Gestus beim Herausarbeiten unbewusster Emotionen
werden für das weitere Werk bestimmend.
„Die maximale persönliche Beteiligung am Entstehen eines Kunstwerkes ist nach wie vor unerlässlicher Bestandteil der Kreation.
Zwischen technischer Invention und künstlerischer Kreation zu unterscheiden, sollte Künstler, Kunsthändler und Sammler gleichermaßen
interessieren. Nicht Anonymität des Künstlers, nicht Kollektiv der
Idee, nicht intellektuelle Berechnung oder para-technische Erfindung,
nicht ein antiseptischer Abzug sind gefordert, sondern wirkliche
Malerei mit allen Höhen und Tiefen des Lebens und der Spiritualität
– enfin ‚retournons à la peinture’.“6
Ab Mitte der 1950er-Jahre beginnt Prachensky seine Bilderserien
nach ihrem Entstehungsort zu benennen (Berlin, Wiesbaden,
Aschaffenburg), ab den 1970er-Jahren verweisen die Titel auf
Reiseziele, die als Inspirationsquellen für die einzelnen Serien dienen.
Anhand der Namen von Werkfolgen kann man den Spuren des
Vielreisenden nachgehen. Prachensky besucht Kalifornien, Mexiko
und immer wieder Italien (Apulien, Umbrien, Latium, Maremma,
Sardinien, Rom), später folgen Aufenthalte in Korsika, Südfrankreich
(Provence, Calanques), Ägypten, Hongkong und Bali. Ziele sind
immer wieder antike Ausgrabungen oder geologisch interessante
Gebiete. Ein Kennzeichen der Serien ist, dass Prachensky innerhalb
dieser einem speziellen Farben- und Formenkanon treu bleibt, den
er zuerst auf Büttenpapier, dann auf Leinwänden vielfach variiert
und verschiedenartig komponiert. Ebenfalls in den Bildtiteln finden
sich jene Musikrichtungen wieder, von Klassik bis Jazz, die, beim
Malen gehört, als weitere Inspiration dienen. Auch hier bleibt der
Künstler innerhalb einer Serie einem Musikstil treu („Luxor Swing“,
„Swing de Provence“, „Angelo Duke“, „Umbria Quartetto“).
In all den Serien bildet Markus Prachensky einen charakteristischen
Stil aus, der den Gegensatz von Chaos und Ordnung, Disziplin
und Freiheit in sich birgt. Das scheinbar Eigenmächtige der Farbe
und das Moment des Zufalls bleiben zu jedem Zeitpunkt unter der
Kontrolle des Künstlers. Die Farbe erweckt die Leinwände zum
Leben und bleibt dabei doch stets an den Willen des Malers
gebunden. Die Bilder werden zu Manifesten der Leidenschaft
und des sich ständig erneuernden Lebens.
1983 wird Markus Prachensky als Professor an die Wiener Akademie
berufen und prägt mit seinem unverkennbaren, sich immer wieder
neu formierenden Stil nachfolgende Künstlergenerationen.
„Als einer der ganz wenigen hat Prachensky die Begeisterung
jugendlichen Arbeitens und Suchens bewahrt, er hat darüber
hinaus durch das mit den Jahren gestiegene Bedürfnis nach
Konzentration der formalen und farbigen Gestaltung an Ausdruck
und Überzeugungskraft gewonnen.“7
Sophie Cieslar
1 Markus Prachensky / Arnulf Rainer, 1958, in: Ausstellungskatalog „Markus
Prachensky. Eine Retrospektive“, Österreichische Galerie Belvedere, Oberes Belvedere,
Wien 2002, S. 121
2 Markus Prachensky, in: Ausstellungskatalog Belvedere (a. a. O.), S. 26
3 Ebda
4 Peter Iden, in: Ausstellungskatalog Belvedere (a. a. O.), S. 25
5 Ebda
6 Markus Prachensky, 1961, http://www.prachensky.net/de/werke/1960-1969.html
7 Gerbert Frodl, in: Ausstellungskatalog Belvedere (a. a. O.), S. 7f.
53
Markus Prachensky
42 „Rouge sur Noir“ 1958
Gouache auf Papier
Rechts unten signiert PRACHENSKY
Rückseitig datiert 1958
52,5 x 76 cm
Provenienz: Glasmalereiwerkstatt Ludwig Derix, Rottweil
Kleine Farbabplatzung rechts unten
Lit.: vgl. Wolfgang Fleischer, Markus Prachensky, Wien 1990, Tafel 7
vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Eine Retrospektive“,
Österreichische Galerie Belvedere, Oberes Belvedere, Wien 2002,
Abb. S. 74, Nr. 40f.
1958 malt Markus Prachensky im Haus von Arnulf Rainer in
Gainfarn in Bad Vöslau die Serien „Rouge sur noir – Gainfarn“
und „Rouge sur blanc – Gainfarn“ in Lack auf Leinwand oder
Hartfaser. Begleitend und als Vorbereitung entstehen Papierarbeiten auf schwarzem oder weißem Bütten. Die Befreiung der
Farbe aus jeglichem geometrischen Gerüst und die Vormachtstellung eines kräftigen Rot sind hier bereits weit gediehen und
werden dann in den Aktionen „Peinture Liquide“ 1959 am
Fleischmarkt in Wien und 1960 in Aschaffenburg auf die Spitze
getrieben. 1958 ist auch ein Jahr der engen Zusammenarbeit
Markus Prachenskys mit Arnulf Rainer und einer intensiven
gemeinsamen Ausstellungstätigkeit. Im April werden Arbeiten der
beiden Künstler in der „Galerie 33“ in Bern, im Mai / Juni in der
Galerie nächst St. Stephan in Wien gezeigt. Zur letztgenannten
Ausstellung erscheint ein Faltblatt mit Markus Prachenskys Gedicht
„rot auf schwarz / rot auf schwarz / rot auf schwarz“ als Plakat.
54
Heftige, rasch ins Bild gesetzte Pinselstriche überdecken einander
in kreuz und quer gesetzten Lagen. Einzelne Farbspritzer verlassen das engmaschig konstruierte „Farbknäuel“ über den Rand
hinaus und verweisen auf eine gedachte, mögliche Fortsetzung
jenseits der durch das Papier gesetzten Grenzen. Das Bütten
scheint für die Wucht der Farbexplosion fast zu klein dimensioniert.
Hier ist Markus Prachensky dem französischen Informel am
nächsten. Parallelen zur lyrischen Abstraktion eines Georges
Mathieu oder Wols drängen sich auf. Konstruktive und geometrische Elemente werden zugunsten einer spontanen Improvisation
aufgegeben, ein skripturaler Gestus bestimmt das Bild, wobei
bei Markus Prachensky schon hier die Wucht der Geste und die
Reduktion auf einen Farbton über Vergleichbares hinaus auf seine
weitere Entwicklung verweisen.
55
Markus Prachensky
43 Glasfensterentwurf für die Christus
der König-Kirche, Ruhstorf 1960-62
Ausführung der Glasfenster in der Glasmalereiwerkstatt
Ludwig Derix, Rottweil
Mischtechnik auf Papier, darüber graues Papier
mit Motivausschnitt, Entwürfe kaschiert auf Kartonmappe
Rechts oben in der Mappe signiert PRACHENSKY
Mappe geöffnet: 48,8 x 140 cm
Provenienz: Glasmalereiwerkstatt Ludwig Derix, Rottweil
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Eine Retrospektive“,
Österreichische Galerie Belvedere, Oberes Belvedere, Wien 2002, Abb. S. 65
vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red“,
Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 106f.
Christus der König-Kirche, Ruhstorf, Deutschland
56
Zum Schaffen Markus Prachenskys zählen auch mehrere
Glasfenster von Sakralbauten, primär in Deutschland, wo er
durch seine Ausstellungstätigkeit und vor allem die Malaktion in
Aschaffenburg einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden
war. Seine frühesten Entwürfe entstehen 1957 für die St. JosefsKirche in Hasloch bei Würzburg. Zwischen 1960 und 1962
arbeitet Prachensky an den Fenstern der Christus der KönigKirche in Ruhstorf an der Rott in der Nähe von Passau. Beide
Sakralbauten stammen von dem Architekten Hans Schädel,
dem Diözesan- und Dombaumeister des Bistums Würzburg
und Leitfigur des Sakralbaus in Deutschland nach dem Zweiten
Weltkrieg. In den Jahren 1948 bis 1973 werden unter seiner
Leitung 56 Kirchen gebaut. Von 1965 datieren zwei Glasfenster
Prachenskys für die St. Ulrichs-Kirche in Stuttgart und ab 1973
finden sich drei in der Apsis der gotischen Stadtpfarrkirche
St. Marien in Enns in Oberösterreich.
Unsere Entwürfe sind Vorarbeiten zur Christus der König-Kirche
in Ruhstorf. Christkönigkirchen gibt es in Deutschland seit
1926, als das erste Gotteshaus in Bischofsheim bei Mainz ein
solches Patrozinium erhielt. Die Christkönigsverehrung betont
die Königsherrschaft Gottes im Gegensatz zur weltlichen Politik,
bezieht sich aber auch auf die Passion Christi, als sich dieser
von Pilatus als „König der Juden“ titulieren ließ. Das kräftige
Rot und Orange in der Darstellung der Glasfenster kann als
Zeichen der Passion gedeutet werden. Im Gegensatz zu unserem
Entwurf, der von runden Formen geprägt ist, ist im ausgeführten
Fenster die Kreuzform als Sinnbild der Leiden und Auferstehung
Christi deutlicher hervorgehoben. Die schwarzen Pinselzüge, die
wohl für die seitlichen, schräg nach unten verlaufenden Partien
gedacht sind, erinnern in ihrem skripturalen Gestus an japanische
Schriftzeichen, sind aber in der Endausführung weitläufiger und
länger gestreckt, wodurch sich die zum Scheitelpunkt der Fenster
hin entwickelnde Aufwärtsbewegung noch verstärkt.
Christus der König-Kirche, Ruhstorf, Deutschland
57
Markus Prachensky
44 Acht Skizzen 1962
Glasfensterentwürfe für die Christus der König-Kirche, Ruhstorf
Tusche und Bleistift auf Papier
Je 30 x 21 cm
Provenienz: Glasmalereiwerkstatt Ludwig Derix, Rottweil
58
59
Markus Prachensky
45 Sechs Skizzen 1962
Markus Prachensky
46 Sechs Skizzen 1962
Glasfensterentwürfe für die Christus der König-Kirche, Ruhstorf
Tusche und Bleistift auf Papier
Je 30 x 21 cm
Provenienz: Glasmalereiwerkstatt Ludwig Derix, Rottweil
Glasfensterentwürfe für die Christus der König-Kirche, Ruhstorf
Tusche bzw. Tusche und Bleistift auf Papier
Je 30 x 21 cm
Provenienz: Glasmalereiwerkstatt Ludwig Derix, Rottweil
60
61
Markus Prachensky
47 „Solitude“ 1965
Acryl auf Büttenpapier
Rechts oben signiert und datiert PRACHENSKY 65
70,3 x 50,7 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red”,
Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 81
62
Markus Prachensky
48 „Solitude“ 1964
Tusche und Bleistift auf Papier
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 64
Rückseitig signiert, datiert und gewidmet: Markus
PRACHENSKY 1964 für Anita Kropp herzlichst P.
70 x 51 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Eine Retrospektive“, Österreichische
Galerie Belvedere, Oberes Belvedere, Wien 2002, Abb. S. 117, Nr. 75
„Einsamkeit braucht keine Adresse: Solitude.“1
Die 1964-65 entstandene Serie „Solitude“ ist eine der ganz
wenigen Werkfolgen, die in der Bildbezeichnung keinen Ortsnamen, sei es jener der Adresse des Ateliers oder der Name des
Landstriches, der Prachensky als Inspirationsquelle diente, tragen.
Sie ist in einer wichtigen frühen Schaffensphase entstanden,
die von einer intensiven Reisetätigkeit und ständigen Umzügen
geprägt ist. Markus Prachensky malt in Ateliers in Wien,
Aschaffenburg, Karlsruhe, Berlin und Stuttgart, seine Arbeiten
werden im Louvre in Paris, in London, Berlin, Bochum, München
und Amsterdam gezeigt.
1964 entstehen in Stuttgart die Bilder „Solitude – rot und weiß“,
„Solitude – rot und grün“ und „Solitude – rot und violett“, 1965
in Berlin „Solitude – rot und rot“ und „Solitude – rot und blau“.
In den Arbeiten der gesamten Werkfolge kombiniert Prachensky
kalligrafische Elemente in Rot am unteren Bildrand, die sich vom
weißen Grund abheben, mit fast monochromen Farbfeldern
im oberen Bereich. In nebenstehender Papierarbeit, die, 1964
entstanden, schon auf die Berliner Serie „Solitude – rot und blau“
verweist, hat sich aus dem mitternachtsblauen Farbfeld, das die
oberen zwei Drittel bedeckt, ein Tuscheklecks gelöst und fließt
64
in eine der unteren Dreiecksformen hinein. Auf einem breiten,
roten Farbblock reihen sich hier relativ symmetrisch geometrische
Formen, durch einen breiten Pinselstrich miteinander verbunden,
aneinander, wobei zwei Quadrate rechts und links die beiden
Dreiecke in der Mitte einrahmen. Die unteren Formen bilden
gleichsam das Fundament, wobei sie in ihrer durchscheinenden,
leichten Farbigkeit im Kontrast zum dunklen Farbblock darüber
stehen. „Das frei Schweifende [...] verdichtet sich, immer aufs
Neue, zu strukturierten Figuren, die wie Schriften, durch den
geistigen Rhythmus ihrer Bewegung, Gehalt und Bedeutung
erkennen lassen.“2 Die Serie „Solitude“ markiert in ihrer architektonischen Geschlossenheit, gepaart mit dem scheinbar spontan
gesetzten Pinselduktus, einen Wendepunkt im Schaffen Markus
Prachenskys, welcher erst die Weiterentwicklung der Folgejahre
ermöglicht. Insofern kann man die Bedeutung dieser Werkfolge
nicht genug betonen.
1 Wolfgang Fleischer, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky“, Willy-Brandt-Haus,
Berlin 2000, Galerie Georg Nothelfer, Berlin 2001 und Galerie Ulysses, Wien 2001,
S. 11
2 Otto Mauer, Eröffnungsrede in der Galerie Springer, Berlin 1960, in: Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“, Essl Museum, Klosterneuburg/Wien
2007-08, S. 20
Markus Prachensky
49 „Montanara“ 1971
Lack auf Karton auf Hartfaser
Rechts oben signiert und datiert Prachensky 71
55 x 46 cm
Im originalen Passepartout
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Eine Retrospektive“,
Österreichische Galerie Belvedere, Oberes Belvedere, Wien 2002, S. 203
„Montanara“ ist 1971 nach der Rückkehr Markus Prachenskys
aus Kalifornien und nach einer Mexikoreise entstanden. Da der
Künstler gesundheitlich etwas angeschlagen ist, reist er nach
Südtirol, wo er die Serie der kleinformatigen „Montanara“Bilder malt. Er arbeitet in Lack auf Karton und Hartfaser und
schafft eine intensive, verdichtete Serie, „in deren ruhigen
Schichtungen der Landschaftsbezug von sichtbarer Deutlichkeit
ist”1. Die Werkgruppe markiert den Übergang von den
kompakten Arbeiten der „Red on white – Los Angeles“-Serie
zu den immer aufgelockerteren Bildern der kommenden Jahre.
Auf nachtschwarzem Grund erhebt sich ein kräftiges Rot in
mehreren Schattierungen, im unteren Teil getragen von einem
satten Grün, das mit vorwitzigen Spritzern in die obere, dunkle
Hälfte vordringt. Die rote Form ist zum rechten Bildrand hin offen,
lässt in ihrem Zentrum noch den Blick auf das Grün frei, das
sich scharf gegen die nachtschwarze Fläche darüber abgrenzt.
Das Bild lebt von Kontrasten: das helle Rot und Grün, die sich
leuchtend von dem undurchdringlichen Schwarz abheben, die
lebendig und dynamisch-bewegte rote Form im Gegensatz zu
den parallel angelegten Farbtönen des Bildgrundes. Auch die
Emotionen des Betrachters werden hin- und hergerissen zwischen
Meditation im undurchdringlichen Schwarz und Euphorie, erzeugt
durch das lebendig-pulsierende Rot, das in dem sanften Grün
seinen Gegenpol findet. Nichts bleibt dem Zufall überlassen,
jedes Detail ist genau durchdacht und geplant und dennoch ist
alles von einer Spontaneität und Impulsivität durchdrungen, die
dem Werk Markus Prachenskys einen unverwechselbaren und
hohen Stellenwert in der österreichischen Malerei zuweisen.
Seine Arbeiten sind voll Leben und Kraft und vermögen in ihrer
meisterhaften Umsetzung zu beeindrucken. Der Künstler steigert
„die Bedeutungsvielfalt durch radikale Reduktion. Das ist es, was
Markus Prachensky mit jeder neuen Serie leistet”2.
1 Wolfgang Fleischer, Markus Prachensky, Wien 1990, S. 27
2 Wolfgang Fleischer, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky“, Willy-Brandt-Haus,
Berlin 2000, Galerie Georg Nothelfer, Berlin 2001 und Galerie Ulysses, Wien 2001,
S. 22
66
Markus Prachensky
50 „S. Angelo Duke“ 1977
Acryl auf Leinwand
Links unten signiert und datiert PRACHENSKY 77
Rückseitig doppelt signiert und datiert Markus PRACHENSKY 1977,
betitelt: „S. Angelo-Duke-A-Size-I.-1977
100,5 x 70,5 cm
Lit.: vgl. Wolfgang Fleischer, Markus Prachensky, Wien 1990, Abb. Nr. 45ff.
vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky“, Neue Galerie der Stadt Linz [u.a.], Linz,
Graz und Innsbruck 1997-98, Tafel 20
vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Eine Retrospektive“, Österreichische Galerie
Belvedere, Oberes Belvedere, Wien 2002, Abb. S. 136f., Nr. 89f.
1975 bereist Markus Prachensky die italienische Region Apulien
zum ersten Mal. Im Dezember 1976 markieren drei Kleinformate
den Beginn der Serie „Monte S. Angelo“. Die knapp 13.000 Einwohner zählende Stadt Monte Sant´Angelo liegt an den südlichen
Hängen des Gargano an der italienischen Ostküste und nennt
die dem Erzengel Michael geweihte Grottenkirche San Michele
eine ihrer Hauptattraktionen. Ihre Bedeutung als einer der ältesten
Pilgerorte des Abendlandes wird durch den Vermerk auf der
Liste des UNESCO-Weltkulturerbes eindrucksvoll dokumentiert.
Im Folgejahr 1977 entsteht die Werkfolge „S. Angelo Duke“,
begleitet von der Musik des berühmten amerikanischen JazzMusikers Duke Ellington.
Hauptmerkmal der Serie ist ihre besondere Expressivität, die
Verwendung von Farben wie Dunkelbraun, Orange, Violett und
der verschiedensten Rottöne. Die Leinwände beginnen sich zu
füllen, Tropf- und Spritzspuren laufen in alle Richtungen, der
weiße Grund ist zum Großteil bedeckt, die Komposition sprengt
68
fast den Rahmen, quillt über die Ränder hinaus. Den tektonischen
Bildaufbau, der immer wieder die Liebe zur Architektur durchblitzen lässt, gibt Markus Prachensky hier zugunsten einer überbordenden Dynamik kurzfristig auf. „Es geht ums Lasieren, Überschneiden, Überdecken, ums Fließen und Spritzen der immer
enger zusammenrückenden Farben. Dabei entsteht, neben der
so einfach überzeugenden Form, eine ganze Welt voller Details
mit einer eigenen Dynamik. Natürlich ist das kein Zufall: alles
Spritzen und Überfließen gehört an bestimmte Stellen und ist
längst vor der Bildwerdung ein Teil der Planung.“1 Diese Merkmale
kennzeichnen die Arbeiten Markus Prachenskys bis in die 1980erJahre hinein, wo sich die Formen in „Etruria“, „Maremma“ und
„Umbria“ wieder verfestigen und gerade Balken als Kontrapunkte
zu expressiv ausufernden Teilen gesetzt werden.
1 Wolfgang Fleischer, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky“, Willy-Brandt-Haus,
Berlin 2000, Galerie Georg Nothelfer, Berlin 2001 und Galerie Ulysses, Wien 2001,
S. 21
Markus Prachensky
51 „Etruria Meridionale“ 1981
Acryl auf Leinwand
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 81
Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus PRACHENSKY
1981 „Etruria meridionale-28-1981“
176 x 131 cm
Provenienz: Privatbesitz Boston
Lit.: vgl. Wolfgang Fleischer, Markus Prachensky, Wien 1990, Tafel 73
Die unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg international einsetzende abstrakte Malerei galt den jungen Künstlern (und
auch ihrem Publikum) als Symbol eines neuen Aufbruchs und
einer wiedererlangten Freiheit. Namen wie Jackson Pollock,
Robert Motherwell, Franz Kline oder Georges Mathieu stehen
für die vielfältigen internationalen Ausprägungen dieser machtvollen neuen Strömung. In Österreich setzt sich vor allem
Markus Prachensky von Anfang an ohne Wenn und Aber
mit der Abstraktion auseinander und gestaltet so maßgeblich
den künstlerischen Aufbruch nach dem Krieg voll Hoffnung
und Optimismus mit. Nach den so kraftvollen und unvermittelt
einsetzenden „Paukenschlägen“ der Serien „Rouge sur Noir“
sowie „Rouge sur Blanc“ und den Ausstellungserfolgen in der
Gruppe St. Stephan um Monsignore Otto Mauer folgt eine
jahrzehntelange, intensive Reisetätigkeit, deren Zielorte oft die
Inspiration zu Gemälden und deren charakteristischen Bildtiteln
sind. Markus Prachensky beginnt nach oft wechselnden Stationen
wie Paris, Stuttgart, Berlin oder Los Angeles und zahlreichen
viel beachteten und erfolgreichen Ausstellungen ab Mitte der
1970er-Jahre wiederholt die verschiedenen Regionen Italiens zu
bereisen und ist begeistert von der Schönheit und Farbenpracht
der Toskana oder Apuliens. Die hier im Laufe eines Jahrzehnts
gemalten Serien wie „Puglia marina“, „S. Angelo Duke“, „Etruria“,
„Maremma“ oder „Umbria“ markieren kraftvolle Weiterentwicklungen und neue Höhepunkte seines bisherigen Oeuvres.
Im Frühjahr 1980, ein Jahr, nachdem die Akademie der bildenden
Künste in Wien Markus Prachensky mit einer umfangreichen
Retrospektive gewürdigt hat, reist der Künstler in die Toskana und
besucht auch die etruskischen Ausgrabungsstätten in Umbrien
und Latium. Besonders die jahrtausendealten, oft wieder von der
Natur überwachsenen Siedlungen und Nekropolen von Cerveteri,
Populonia und Norchia mit ihren in den Tuffstein gemeißelten
Grabarchitekturen faszinieren den Künstler und finden großartige
malerische Ausformungen in den Serien „Etruria“ (1980), „Etruria
Meridionale“ (1981) sowie „Etruria Blues“ (1982).
70
Das hier gezeigte Bild gehört zur – mittlerweile sehr selten zu
findenden – Serie „Etruria Meridionale“ und ist 1981 entstanden.
Auf eine „raw canvas“, der besseren Kontrollierbarkeit der
Pinselführung wegen, setzt Markus Prachensky eine feste Basis
aus roten, grünen und ultramarinblauen vertikalen Balken. Die
strenge und klare Architektur der Farbbahnen, die in virtuos
gesetzten Spritzern enden – scheinbar zufälliger Ausfluss
eines ungestümen Malvorganges – wird durch das intensive,
dynamische Farbenspiel nochmals ins Monumentale gesteigert.
Regelrecht auf die Spitze getrieben hat der Künstler hier das
Spannungsverhältnis zwischen einfacher Formgestalt und
Komplexität der Farbwirkung. Ein großartiges Gemälde, eine
„Harmonie parallel zur Natur“, wie Cézanne das Malen verstanden hat, in dem ferne Reminiszenzen an die hohen, in den
Fels gehauenen Arkaden und Scheintüren der einst bunt bemalten
Fassaden der Totenstädte vor dem geistigen Auge des Betrachters
auftauchen.
„Von Erfahrung gesättigt, malt der mit einem heute fast schon
altertümlich anmutenden Können gesegnete Künstler, als ob es
ihm um nichts Anderes ginge als um unkontrollierte Selbstentäußerung, um Spontaneität und Improvisation: in Tat und Wahrheit ist jedoch der starke Ausdruck kontrolliert wie nur je einer.
Nicht zuletzt daher rühren die Größe und die Wirkung der
Malerei von Markus Prachensky.“1
1 Klaus Albrecht Schröder, Der Klang der Bilder. Notizen zu Markus Prachensky, in:
Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Die Akademiejahre. Die Bilder 1983-2000“,
Akademie der bildenden Künste, Wien 2000, S. 11
Markus Prachensky
52 „Umbria Rot“ 1988
Acryl auf Leinwand
Rechts oben signiert und datiert PRACHENSKY 88
Rückseitig betitelt und datiert: „Umbria rot-16-1988“
160 x 130 cm
Lit.: vgl. Wolfgang Fleischer, Markus Prachensky, Wien 1990, Tafel 116ff.
vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky“, Neue Galerie der Stadt Linz [u.a.], Linz,
Graz und Innsbruck 1997-98, Tafel 27
Markus und Brigitte Prachensky, 1984
1980 ziehen die etruskischen Ausgrabungsstätten Markus
Prachensky das erste Mal nach Umbrien. Weitere Besuche folgen
und ab 1986 betitelt er mehrere Werkserien mit „Umbria“, teils
noch mit einem Zusatz versehen. Nach „Umbria“ und „Umbria
Cantata“ folgt 1988 der Zyklus „Umbria Rot“. Wie der Name
schon verrät, dominiert hier wieder einmal die Farbe Rot,
wobei das Gelb, Grün, Blau und Braun der vorhergehenden
Serien nicht gänzlich verschwunden sind. Hat Prachensky in
„Umbria“ die Leinwände fast vollends mit Farbe bedeckt und
vertikale und horizontale Streifen miteinander kontrastiert, so
wachsen die quer gelagerten Pinselzüge in „Umbria Cantata“
von den Seiten ins Bild, wobei auch hier wenig vom Weiß des
Bildgrundes freigelassen wird. In „Umbria Rot“ stößt die Farbe
in heftigen Zügen von unten, an zwei Stellen von rechts ins Bild.
Das obere Drittel bleibt weiß. Leicht schräg gestellt berühren
und überlagern die Pinselstreifen einander, manche sind etwas
kürzer, manche länger ausgeführt. Das Rot beherrscht die rechte
72
Hälfte über die Mitte hinaus und bedrängt und dominiert die vier
andersfarbigen Striche links im Bild. Wie ein letztes Aufbäumen
der Andersfarbigen thront ein grellgelber Farbtupfen auf dem
blauen Band ganz links und versucht, spritzend in den Raum
darüber vorzudringen.
Man sieht also, wie die von ein und derselben Landschaft
gewonnenen Eindrücke doch zu vollkommen unterschiedlichen
Bildlösungen führen können. „Welches Format, welcher Bildinhalt
angemessen ist, welche Proportionen für das Verhältnis der
Farben zu wählen sind, welche Ansätze weitergeführt und welche
verworfen werden müssen – in Hinsicht auf solche Fragen ist
Erfahrung viel wert. Das Entscheidende an einem Bild aber muss
immer wieder erkämpft werden, jedesmal neu.“1
1 Markus Prachensky, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Eine Retrospektive“,
Österreichische Galerie Belvedere, Oberes Belvedere, Wien 2002, S. 29
Markus Prachensky
53 „Umbria Quartetto“ 1989
Acryl auf Leinwand
Rechts oben signiert und datiert PRACHENSKY 89
Rückseitig betitelt und datiert: Umbria quartetto-7-1989
160 x 120 cm
Lit.: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky“, Neue Galerie der Stadt Linz [u.a.], Linz,
Graz und Innsbruck 1997-98, Tafel 28
Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“, Essl Museum, Klosterneuburg/
Wien 2007-08, Abb. S. 58 (Atelierfoto linke Spalte)
Brigitte und Markus Prachensky im Atelier in der Baumgasse
Mit Bezug auf die zwei Jahre früher entstandene Serie „Umbria
Cantata“, in der der Rhythmus von Bachkantaten mit ihrer
eindrucksvollen kompositorischen Struktur und einer Vielfalt an
Formenkombinationen Einfluss auf die Kompositionen nimmt,
gibt es auch in „Umbria Quartetto“ horizontale Farbbalken, die
seitlich ins Bild wachsen und auf vertikale Pinselstriche treffen,
geradezu von ihnen angehalten werden. Allerdings lässt Markus
Prachensky hier wesentlich mehr vom Bildgrund frei und verdichtet
die Formen ausschließlich am unteren Bildrand. Lediglich zarte,
grüne Farbspritzer erobern den Raum darüber. Der Eigenart der
späten Quartette Ludwig van Beethovens ist hier Tribut gezollt.
Die Kompaktheit und Geschlossenheit des unteren Bilddrittels
steht im Kontrast zur Leere darüber. Man hat das Gefühl, dass
74
die dunklen und roten Farbbalken schwer nach unten sinken.
Dabei werden sie von einem etwas kürzeren, grellgelben Streifen
abgefangen, dessen Leichtigkeit und Transparenz – das Violett
des darüber liegenden Pinselzuges schimmert durch die gelbe
Lasur – ein Aufwärtsstreben vermitteln. Nach links hin prallt der
Farbblock in einen vertikalen, grünen Streifen, der von einer quer
dazu stehenden, gleichfarbigen Strebe abgestützt scheint, wie
um die Wucht des Aufpralls von rechts abzuwehren. Der Eindruck
eines vehementen Abbremsens und der dadurch aufeinander
prallenden Kräfte wird noch durch die Farbspritzer, welche
die abgerundeten Enden absondern, verstärkt. Eine machtvolle
Komposition, die mit ihrem Spiel von Dichte und Leere, von
Leichtigkeit und Schwere zu beeindrucken vermag.
Markus Prachensky
54 „Gallura“ 1990
Acryl auf Leinwand
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 90
Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus PRACHENSKY
1990 „Gallura-8-1990“ FL
155 x 120 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky“, Neue Galerie der Stadt Linz [u.a.],
Linz, Graz und Innsbruck 1997-98, Tafel 30
Markus Prachensky bereist 1989 Sardinien und arbeitet im
Folgejahr an der Serie „Gallura“, benannt nach der granitreichen
Region im Nordosten der Mittelmeerinsel. Es ist ein märchenhafter
Landstrich, umgeben von einem türkis leuchtenden Meer mit
bizarrer Felskulisse und einer kargen Hügellandschaft mit noch
unverfälschten, charmanten Dörfern im Landesinneren. Hier geht
es dem Künstler vor allem um die Eigenschaften der Materie und
die Kraft, die unsere Welt zusammenhält. Seine Bildinspiration
sind die vielfältigen Erscheinungsformen und Texturen dieser
Landschaft und des sie umgebenden Meeres, die er in dieser
Serie beeindruckend zu reduzierten Form- und Farberlebnissen
76
verdichtet. Außer Rot verwendet er hier ein intensives Gelb,
leuchtendes Grün und verschiedene Blautöne. Die Farbfelder
werden überlagert von einem umbrafarbenen, rasterartigen
Gitterwerk, einzelne, nach oben und unten wegspritzende
Farbtupfer verleihen der Komposition trotz der fest im Bildfeld
verankerten Formen eine gewisse Dynamik, die auch durch
die Schräglagerung des Rasters und die Überschneidung der
Farbfelder durch die Bildränder unterstrichen wird. Solche frühen
Leinwandbilder des Künstlers sind heute am Kunstmarkt sehr
selten zu finden.
Markus Prachensky
55 „Luxor Swing“ 1997
Acryl auf Leinwand
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 97
Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus PRACHENSKY 1997
„Luxor Swing-17-1997“
165 x 120 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky“, Südtiroler Kulturinstitut, Waltherhaus,
Bozen 1999, Abb. 21ff.
vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Die Akademiejahre. Bilder 1983-2000“,
Akademie der bildenden Künste, Wien 2000, Tafel 24f.
vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Eine Retrospektive“, Österreichische Galerie
Belvedere, Oberes Belvedere, Wien 2002, Abb. S. 178f., Nr. 123f.
1996 reist Markus Prachensky nach Ägypten und besucht Kom
Ombo und die Tempel in Assuan und Luxor. Die riesige Tempelanlage in Luxor wurde in mehreren Bauphasen errichtet und war
ursprünglich durch eine Sphingenallee mit dem 2,5 Kilometer
entfernten Karnak-Tempel verbunden. Als Bauherren des LuxorTempels fungierten Thutmosis III., Amenophis III., Amenophis IV.
(Echnaton), Tutanchamun, Haremhab und Ramses II. Auch heute
noch, als Ruine, ist die Architektur mit ihren monumentalen
Ausmaßen beeindruckend. Geweiht war die Anlage dem Gott
Amun, seiner Gemahlin Mut und deren Sohn Chons, dem Mondgott. Prachenskys 1997 wieder zu Jazzmusik entstandene Serie
heißt „Luxor Swing“.
78
Wie auch in den späteren römischen Bildern „Imperium
Romanum“ steht das Problem der Lastverteilung im antiken
Tempelbau im Zentrum der Komposition. Die breiten, hell- und
dunkelroten Balken tragen einen ockerbraunen, horizontal
gelagerten Teil. Diese Spannung aus Horizontale und Vertikale,
die noch durch die unterschiedliche Farbigkeit unterstrichen
wird, bestimmt das Bild. Den braunen Querbalken hat Markus
Prachensky wohl als Erstes ins Bild gesetzt und so die Komposition
in ihren Grundzügen angelegt, die Farbspritzer und Ausläufer
der roten Pinselstriche überdecken die Ockerform. Einmal
mehr beeindrucken die Dramatik und Spannung im Bild, die
durch den Kontrast aus Statik und Dynamik, tiefer Ruhe und
hervorbrechender Emotion entstehen.
Markus Prachensky
56 „California Revisited“ 2001
Markus Prachensky
57 „California Revisited“ 2001
Acryl auf Büttenpapier
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 01
78,5 x 53,5 cm
Acryl auf Büttenpapier
Links unten signiert und datiert PRACHENSKY 01
78,5 x 53,5 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“,
Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 70
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“,
Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 71
80
81
Markus Prachensky
59 „Cinque Terre“ 2003
Acryl auf Büttenpapier
Rückseitig bestätigt: Nachlass Markus Prachensky „Cinque
Terre – 2003“ bestätigt von Brigitte Prachensky Jänner 2016
Mit einer Expertise von Brigitte Prachensky, Wien
53,5 x 78,5 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“,
Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 98f.
Markus Prachensky
58 „Cinque Terre“ 2003
Acryl auf Büttenpapier
Rückseitig bestätigt: Nachlass Markus Prachensky „Cinque
Terre – 2003“ bestätigt von Brigitte Prachensky April 2016
Mit einer Expertise von Brigitte Prachensky, Wien
54 x 78,5 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“,
Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 98f.
82
83
Markus Prachensky
60 „Senatus Populusque Romanus“ 2004
Acryl auf Leinwand
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 04
Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus PRACHENSKY
2004 „Senatus Populusque Romanus-2004“
145 x 110 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red“,
Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 205 und S. 209
„Es geht um Schrift. Um Kalligraphie. Die Bilder wollen gelesen
werden. Das Unentzifferbare der Zeichen will verstanden werden.
Nein. Es geht um gefühlte Gestik. Um Spontaneität. Es geht um
Kraft und Energie, nicht Überlegung und Kalkül. Nein. Es geht um
Architektur. Also um Konstruktion. Um Statik und unverrückbare
Festigkeit. Um Harmonie der Teile. Um Propositionen. Es geht um
all dies und doch um ganz anderes. Prachenskys Bilder handeln
vom Drama der Existenz. Von ihrer Tragik. Auch von der Komödie.
Denn das Leben ist heiter und ernst zugleich, komisch und doch
immer blutig. Bis zum Letzten.“1
Kein anderer Werkzyklus ist so geprägt vom architektonischen Verständnis des Künstlers wie „Imperium Romanum“, 2004 bis 2006
nach mehreren Romreisen und der intensiven Auseinandersetzung
mit der römischen Geschichte und Architektur entstanden. Die
Werkgruppe besteht aus mehreren Serien: „Senatus Populusque
Romanus“, 2004, „Senatus Consultum“, 2005, und „Farnesina
Dixie“, 2006. Gesehenes und Erlebtes fließen hier in die Bilder ein.
Wir entdecken Reminiszenzen an die römische Architektur, an
Tempelbauten und Paläste, Ausgrabungen und Ruinen, die durch
ihre großartige Bauweise die Zeit überdauert haben. Die Erinnerung
an diese Stätten transformiert Markus Prachensky in seine gestische
Malerei. Sein Gefühl für die tragenden Elemente, für die Konstruktionsgesetze des antiken Bauens setzt er in säulenartige Farbstreifen,
Bögen und tympanonähnliche Elemente um. Mit den monochrom
schwarzen Bildhintergründen der Serie „Senatus Consultum“
84
verstärkt er die Leuchtkraft der in allen Arbeiten dominierenden
Rottöne noch. In „Farnesina Dixie“ heben sich die etwas heiterer
und verspielter wirkenden Formen von einem grauen Grund ab –
eine Reminiszenz an den gleichfarbigen Hintergrund der Fresken in
der Casa della Farnesina in Trastevere, die sich Agrippa, Freund
und Weggefährte des Augustus, erbauen ließ. Das Auflockern
der Tektonik mag auch mit dem Einfluss des Dixieland Jazz zu tun
haben, der beim Malen dieser Serie unterbewusst vorhanden war.
Wie prägend die Eindrücke von Rom, das er seit den frühen
1980er-Jahren immer wieder besucht hat, für sein Schaffen
gewesen sind, beschreibt der Künstler selbst am besten: „Schon
prima vista wusste ich, dass mich diese Stadt verschlingen würde
– und sie tat es auch. Ich blieb übrig als Liebhaber und Maler und,
wie ich glaube, als Chronist Roms aus meiner Sicht [....] Egal wo
auf der Welt ich mich gerade befand, lebte ich seit meiner Jugend
in Rom. Jetzt lebe ich in Rom, obwohl ich mich in Wien befinde
und hier male, hier fresse ich fröhlich in mich hinein Rom, die
Römer, die römische Küche, trinke die römischen Weine, lese die
Geschichte des römischen Weltreichs, der römischen Weltsicht, und
bin froh, nicht ein strenger und züchtiger Grieche sein zu müssen.“2
1 Klaus Albrecht Schröder, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Die französischen
Bilder“, Galerie Ulysses, Wien 2010, [o.S.]
2 Markus Prachensky, 2004, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Imperium
Romanum“, Galerie Ulysses, Wien 2007, [o.S.]
Markus Prachensky
61 „Senatus Populusque Romanus“ 2004
Acryl auf Büttenpapier
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 04
57,5 x 76,5 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“,
Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 100f.
Markus Prachensky
62 „Senatus Populusque Romanus“ 2004
Acryl auf Büttenpapier
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 04
57 x 76,3 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“,
Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 100f.
86
87
Markus Prachensky in Rom
Markus Prachensky
63 „Senatus Consultum“ 2005
Acryl auf Leinwand
Links unten signiert und datiert PRACHENSKY 05
Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus PRACHENSKY
2005 „Senatus Consultum-2005“
170 x 150 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“,
Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 78f.
vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red“,
Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 215
88
Markus Prachensky
64 „Senatus Consultum“ 2005
Acryl auf Leinwand
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 05
Rückseitig betitelt und datiert: „Senatus Consultum-2005“
130,5 x 115 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“, Essl Museum,
Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 59 (Atelierfoto rechts unten) und S. 78ff.
90
Markus Prachensky
65 „Senatus Consultum“ 2005
Acryl auf Büttenpapier
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 05
70 x 62 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“,
Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 102f.
92
Markus Prachensky
66 „Senatus Consultum“ 2005
Acryl auf Büttenpapier
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 05
69,5 x 62 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“,
Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 102f.
93
Markus Prachensky
67 „Farnesina Dixie“ 2006
Markus Prachensky
68 „Farnesina Dixie“ 2006
Acryl auf Büttenpapier
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 06
58 x 79,5 cm
Acryl auf Büttenpapier
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 06
79 x 59 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“,
Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 104f.
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“,
Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 104f.
94
95
Markus Prachensky
69 „Swing de Provence“ 2007
Acryl auf Leinwand
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 07
Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus PRACHENSKY 2007
„Swing de Provence-2007“
160 x 210 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“, Essl Museum,
Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 88f.
vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red“, Danubiana
Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 232f.
2007, im Anschluss an die römische Serie „Imperium Romanum“1,
bereist der Künstler den Süden Frankreichs. Ursprünglich will er
auch hier auf den Spuren der Römer wandeln und die Bauten in
St. Rémy, Aix, Orange und Arles besichtigen. Was ihn aber nun
viel mehr in seinen Bann zieht, sind die einzigartigen Landschaften
des Luberon, der Alpes Maritimes und die Felsformationen
von Les Mées, Sisteron, Les Baux und Roussillon. So entstehen
anschließend im Atelier zu den Jazzklängen des Swing – jener
Stilrichtung, die in den 1920er- und 1930er-Jahren in den USA
ihre Wurzeln hat und als deren Inbegriff die Big Band des
Pianisten Count Basie gilt – Arbeiten, in denen sich Markus
Prachensky auf die beeindruckenden Felsformationen, die Hügel,
Schluchten und das Licht der Provence bezieht.
Die untere Bildhälfte der Leinwand wird bestimmt von fünf Spitzbögen in hellem und dunklem Rot, die einander rhythmisch
überlagern. Die Scheitelpunkte werden von runden Klecksen
markiert, deren Farbe nach allen Seiten wegspritzt und die in
die schräg nach oben gelagerten, dunkelroten Balken der oberen
Hälfte hineinragen. Die Komposition ist charakterisiert durch
den eigentümlichen Kontrast zwischen der Statik, die durch die
architektonische Bogenform vermittelt wird, und deren malerischer
Ausformung, durch die alles in Bewegung zu geraten scheint.
Eine inhärente Dynamik, die von den dunklen Farbbalken darüber
vehement fortgesetzt wird. Sind es über imposanten Felstürmen
dahinziehende Wolken, die den Maler hier inspiriert haben?
In jedem Fall ist es die Struktur, das Gewachsensein der französischen Provence, die er hier gekonnt auf die Leinwand bannt.
1 „Senatus Populusque Romanus“ 2004, „Senatus Consultum“ 2005, „Farnesina Dixie“
2006
96
Markus Prachensky
70 „Korsika Bebop“ 2008
Acryl auf Leinwand
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 08
Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus Prachensky 2008
„Korsika Bebop – 2008“
190 x 140 cm
„Korsika Bebop“ entsteht nach einer weiteren Korsika-Reise,
auf der besonders die Halbinsel La Scandola mit ihren rot
leuchtenden Felsen, die steil ins Meer abfallen oder wie
versteinerte Giganten aus dem Wasser ragen, einen tiefen
Eindruck hinterlässt. Zu diesen Naturimpressionen mischen sich
die hektischen Bebop-Rhythmen, eine Jazz-Form jenseits der
Unterhaltungsmusik, die sich Anfang der 1940er-Jahre abseits
der großen Big Bands gebildet hatte.
„Ein Jahr später besuchte ich neuerlich Korsika, aber diesmal
nicht den Süden mit den stark geschichteten Kalksteinfelsen
Bonifacios, sondern den Nordwesten der Insel, die roten
98
Porphyrfelsen der L´Île rousse oder La Scandola. Bebop war die
Musik, die ich in den späten vierziger Jahren hörte, die im AFN1
sehr viel gespielt wurde, das war für mich, nach dem Chaos der
Naziherrschaft und des Krieges, eine stark ordnende Kraft und
zugleich Synonym für die Befreiung durch die Amerikaner. Aus
Reminiszenz an diese Zeit und die Klippen Korsikas vor Augen
entstand die Serie KORSIKA BEBOP.“2
1 American Forces Network
2 Markus Prachensky, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red“,
Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, S. 27
Markus Prachensky
71 „Korsika Bebop“ 2008
Markus Prachensky
72 „Korsika Bebop“ 2008
Acryl auf Büttenpapier
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 08
56,7 x 76,5 cm
Acryl auf Büttenpapier
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 08
57 x 76,5 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red”,
Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 239
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red”,
Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 239
100
101
Markus Prachensky
73 „Rythmes des Calanques“ 2009
Acryl auf Leinwand
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 09
Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus PRACHENSKY
2009 „Rythmes des Calanques-2009“
200 x 150 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red”,
Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 245
2009 entsteht die Serie „Rythmes des Calanques“, die durch die
Kombination von Rot, Gelb und leuchtendem Orange gekennzeichnet ist. Als Inspiration dienen hier die engen, steilwandigen
Kalksteinbuchten an der französischen Mittelmeerküste, die
so genannten Calanques. Die oft sehr tiefen und schmalen
Einschnitte in die Felsküste haben fjordartigen Charakter und
bestechen durch ihre einzigartige Flora und Fauna und das wie
in der Karibik schillernde Meer. Der Künstler selbst beschreibt
seine Eindrücke: „Im Jahr 2008 führte mich meine Herbstreise
erneut nach Südfrankreich, um die Calanques, die über zwanzig
Kilometer lange Steilküste zwischen Cassis und Marseille im
Département Bouches-du-Rhône, zu sehen. Da für mich die
Calanques, die ich von der Meeresseite aus sehen wollte, mit
dem Boot nur unter großen Schwierigkeiten zu erreichen gewesen
wären, ergab sich ein logistisches Problem, das ich durch das
Chartern eines Helikopters lösen konnte. Von Vence startend flog
ich über die Côte d’Azur nach Marseille und dann mehrfach das
Massif des Calanques entlang und konnte so die Kalksteinfelsen
sowie weite Teile des ebenen Hinterlands aus verschiedenen
Höhen erleben. Der Eindruck von neuen Farben und Formen
war unbeschreiblich. So entstanden die Bilder RYTHMES DES
CALANQUES.”1
102
Die Bilder der Serie sind charakterisiert durch die Verbindung
eines massiven, quer gelagerten Farbblocks aus parallelen, dicht
aneinander gesetzten Pinselstrichen, der einmal von rechts, dann
wieder von links ins Bild hineinragt und die steil aufsteigende
Felsküste versinnbildlicht, mit kalligrafisch anmutenden Strichen,
die diesen überlagern. Die wie römische Zahlen wirkenden
Zeichen spritzen energiegeladen nach allen Seiten hin weg. Sie
sind Symbol der Naturgewalten, die diese einzigartige Landschaft
geprägt haben, von Wind und Wasser, von den formenden
Kräften, die selbst harten Fels gestalten können. Einmal mehr
gelingt es Markus Prachensky, die Schönheit der Natur und das
eindrucksvolle Erleben derselben in seine kraftvolle Malerei
umzusetzen und so gleichsam ein bildnerisches Äquivalent zu
schaffen.
1 Markus Prachensky, 2009, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in
Red”, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, S. 30
Markus Prachensky
74 „Rythmes des Calanques“ 2009
Acryl auf Leinwand
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 09
Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus PRACHENSKY
2009 „Rythmes des Calanques-2009“
105 x 140 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red”, Danubiana
Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 250f.
104
105
Markus Prachensky
75 „Rythmes des Calanques“ 2009
Markus Prachensky
76 „Rythmes des Calanques“ 2009
Acryl auf Büttenpapier
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 09
56,5 x 76,3 cm
Acryl auf Büttenpapier
Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 09
76,5 x 57 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red”,
Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 248f.
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red”,
Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 248f.
106
107
Paolo Uccello, „Battaglia di San Romano“, 1438
National Gallery, London
„Als ich zwanzig war, sah ich in den Uffizien zum ersten Mal das
Bild La Battaglia di San Romano aus dem Triptychon von Paolo
Uccello, das er im Auftrag der Medici gemalt hatte. Da profane
höfische Malerei im Quattrocento eher selten war und in meinen
Augen die Darstellungen der Heiligen und der christlichen Erzählungen in dieser Zeit zu süßlich wurden, faszinierten mich die
Besessenheit Uccellos, seine Genauigkeit und starke Farbigkeit.
Bald danach konnte ich das zweite der drei Bilder im Louvre
besichtigen und die Thematik interessierte mich immer mehr und
mehr. Zurückgekehrt nach drei Jahren Aufenthalt an der amerikanischen Westküste stand ich fünfzehn Jahre später vor dem
dritten Bild des Triptychons in der National Gallery in London,
ausgehungert nach der Kunst von good old Europe. Jetzt wurde
mir klar, dass ich diese drei Bilder der italienischen Frührenaissance
irgendwann in meine Malerei einbeziehen würde. 2010, fast
sechzig Jahre nach meinem ersten Zusammentreffen mit Uccello in
Florenz begann ich mit der Arbeit an meinem Zyklus La Battaglia
di San Romano – Omaggio a Paolo Uccello.“1
Die berühmte Schlacht fand 1432 in der Nähe von Empoli statt.
Siena kämpfte, unterstützt von Mailänder Soldaten, gegen den
Erzrivalen Florenz, der als Sieger aus der Auseinandersetzung
hervorging. Cosimo de Medici beauftragte einige Jahre später
Paolo Uccello mit drei Tafelbildern, Sinnbildern seiner politischen
Macht. Die drei Werke sollten das Erdgeschoss seines Florentiner
Palastes zieren. Bereits im 19. Jahrhundert wurden sie aber auseinander gerissen und gingen an die unterschiedlichen Museen.
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Markus Prachensky ist fasziniert von der ausgeklügelten Komposition
der drei Bilder, dem Kontrast zwischen Bewegung und Statik,
zwischen Verharren und dem rasanten Vorwärtsdrängen in
den Schlachtenszenen – jener Spannung zwischen Archaik
und Vergänglichkeit, die schon früh auch die Arbeiten Markus
Prachenskys kennzeichnet. Inspirieren lässt er sich zusätzlich
von der Farbigkeit der drei Werke Uccellos. So ist der Bildgrund
der Serie, die sich auf das Tafelbild im Louvre bezieht, grün,
das Büttenpapier der Gruppe, die auf den Teil des Triptychons
in der National Gallery in London rekurriert, terrakottafarben
und ein ocker Bildträger verweist auf die Triptychonstafel aus
den Uffizien in Florenz. Die Anordnung der Pinselstriche im
jeweiligen oberen Bildteil kann als abstrahiertes Muster der
Lanzen aus den Arbeiten Uccellos gelesen werden. Lässt dieser
in der Komposition Freiräume, so finden sie sich bei Markus
Prachensky ebenfalls wieder, verdichten sich bei Uccello die
Figuren am unteren Rand, so folgt auch Prachensky diesem
Prinzip mit breiten Farbbalken. Es gelingt ihm, „die heftige Geste
des Farbauftrags in Übereinstimmung zu bringen mit der formalen
Fügung“2, die ihn an den Bildern Paolo Uccellos schon in jungen
Jahren faszinierte. In der formalen Zuspitzung und der daraus
resultierenden Dynamik tut sich eine Seelenverwandtschaft auf.
Meisterhaft rezipiert Prachensky in dieser – seiner letzten – Serie
das Prinzip von Ordnung und Unordnung, von Zügellosigkeit
und Beherrschtheit und von Enge und Weite, die all unser Sein
bestimmen.
1 Markus Prachensky, 2010, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective
in Red”, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, [o.S.]
2 Peter Iden, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. La Battaglia di San Romano.
Omaggio a Paolo Uccello“, Galerie Ulysses, Wien 2011-12, [o.S.]
Markus Prachensky
77 „La Battaglia di San Romano – London Red“ 2010
Acryl auf Büttenpapier
Rückseitig bestätigt: Nachlass Markus Prachensky
„La Battaglia di S. Romano – 2010“
bestätigt von Brigitte Prachensky April 2016
Mit einer Expertise von Brigitte Prachensky, Wien
59 x 80 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog “Markus Prachensky. Retrospective in Red”,
Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 264f.
109
Paolo Uccello, „Battaglia di San Romano“, 1438
Louvre, Paris
110
Markus Prachensky
78 „La Battaglia di San Romano – Paris“ 2010
Markus Prachensky
79 „La Battaglia di San Romano – Firenze“ 2010
Acryl auf Büttenpapier
Rückseitig bestätigt: Nachlass Markus Prachensky
„La Battaglia di S. Romano – 2010“
bestätigt von Brigitte Prachensky April 2016
Mit einer Expertise von Brigitte Prachensky, Wien
59 x 79,5 cm
Acryl auf Büttenpapier
Rückseitig bestätigt: Nachlass Markus Prachensky
„La Battaglia di S. Romano – 2010“
bestätigt von Brigitte Prachensky April 2016
Mit einer Expertise von Brigitte Prachensky, Wien
58 x 79 cm
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog “Markus Prachensky. Retrospective in Red”,
Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 261
Lit.: vgl. Ausstellungskatalog “Markus Prachensky. Retrospective in Red”,
Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 267
Paolo Uccello, „Battaglia di San Romano“, 1438
Uffizien, Florenz
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Dieser Katalog erscheint anlässlich der Ausstellung
Prachensky
Herausgeber und Eigentümer
Galerie bei der Albertina ∙ Zetter GmbH
A-1010 Wien, Lobkowitzplatz 1
Tel. +43/1/513 14 16, Fax +43/1/513 76 74
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Redaktion: Katharina Zetter-Karner, Christa Zetter
Redaktionelle Mitarbeit: Monika Girtler, Andrea Schuster,
Magdalena Track, Sophie Weissensteiner
Texte: Sophie Cieslar, Stefan Rodler
Lektorat: Andrea Schuster, Katharina Zetter-Karner
Grafik-Design: Maria Anna Friedl
Fotos:Archiv Prachensky
Graphisches Atelier Neumann, Wien
The Israel Museum, Jerusalem
Louvre, Paris
National Gallery, London
Uffizien, Florenz
Lithografie: Graphisches Atelier Neumann, Wien
Druck: Graphisches Atelier Neumann, Wien
© Galerie bei der Albertina ∙ Zetter GmbH, 2016
Angaben ohne Gewähr
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