Untitled - Galerie bei der Albertina
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Untitled - Galerie bei der Albertina
PRACHENSKY Wilhelm Nicolaus PRACHENSKY Markus 12. Mai bis 30. Juni 2016 Verkaufsausstellung Galerie bei der Albertina ∙ Zetter A-1010 Wien, Lobkowitzplatz 1 Mo-Fr 10-18 Uhr, Sa 11-14 Uhr Tel. +43/1/513 14 16, Fax +43/1/513 76 74 [email protected] www.galerie-albertina.at GALERIE BEI DER ALBERTINA ZETTER Vorwort In dieser Ausstellung präsentieren wir eine umfassende Werkschau der Arbeiten von Wilhelm Nicolaus Prachensky und Markus Prachensky – Vater und Sohn –, eine Gegenüberstellung der Generationen und ihrer unterschiedlichen Stile. Trotz der divergenten Ausdrucksweisen der beiden Künstlerpersönlichkeiten verbindet sie die Liebe zur Natur. Ihr Hauptthema ist die Landschaft, oftmals auch in Kombination mit der Architektur. Während Wilhelm Nicolaus Prachensky Werke ganz im Sinne der klassischen Moderne schafft, gilt Markus Prachensky als einer der wichtigsten Wegbereiter der gestisch-expressiven Malerei. Es erwartet Sie eine spannende Ausstellung, in der Sie die gegensätzlichen Positionen auf sich wirken lassen können. Uns haben diese beiden Malerpersönlichkeiten schon lange in ihren Bann gezogen und wir hoffen, dass es Ihnen ebenfalls so ergehen wird. Für telefonische Auskünfte stehen wir jederzeit zur Verfügung und wir führen Sie auch gerne persönlich durch die Ausstellung. Wir freuen uns auf Ihren Besuch. Katharina Zetter-Karner und Christa Zetter 3 Wilhelm Nicolaus PRACHENSKY 1898 wird Wilhelm Nicolaus Prachensky in Innsbruck als Sohn des Schriftsetzers Josef Prachensky und seiner Frau Maria geboren. 1913-16 besucht er die Innsbrucker Staatsgewerbeschule, Abteilung für Hochbau, später wechselt er in die Malereiabteilung. 1927 beteiligt er sich an der Ausstellung „Repräsentative Tiroler Kunst“ in der Wiener Secession und im Oktober und November an der Ausstellung Tiroler Künstler im Nemzeti Szalon in Budapest. Eine Reise führt ihn an den Gardasee. 1916 wird Prachensky im Mai zum Ersten Tiroler Kaiserjäger- 1928-29 arbeitet Prachensky intensiv an architektonischen Gestaltungen von Geschäftslokalen in Innsbruck. Mehrere Studienreisen führen ihn nach Südtirol, Passau, Dürnstein und Weißenkirchen sowie nach Heidelberg. 1918 beginnt Prachensky sein Studium an der Münchner Akademie. 1931 entstehen, neben der Arbeit an Architekturprojekten, zahlreiche Reisebilder auf Fahrten nach Bologna, Genua, Rapallo, Pisa, Florenz, Siena und San Gimignano. regiment nach Steyr zur Ausbildung eingezogen. Einige Ansichten der Umgebung Steyrs entstehen. 1919 entsteht der expressionistische Entwurf eines „Volkskalenders 1920“ für die von seinem Vater geleitete „Innsbrucker Buchdruckerei und Verlagsanstalt“. In diese Zeit fällt seine Rezeption der Kunst Egon Schieles, wahrscheinlich auch über Kontakte nach Wien. 1920 bestreitet Prachensky seine erste Einzelausstellung im Innsbrucker Kunstsalon Unterberger. Einzelne Quellen weisen auch auf eine Ausstellung im Taxishof in Innsbruck hin. Prachensky zeigt Stadtansichten von Hall, München und Innsbruck sowie Berglandschaften aus Tirol. Vermutlich noch aus seiner Stationierung in Oberösterreich stammen Kontakte zu Linz, das Ausgangspunkt einer größeren Bilderserie wird. Prachensky bereist mehrere Städte des Inntals und es entstehen expressive Städtebilder. 1924 beteiligt sich Prachensky an der Ersten Tiroler Kunstaus- stellung in der Innsbrucker Messehalle. Die erste architektonische Arbeit liegt mit der Neugestaltung der Halle im Grand Hotel Kitzbühel vor. Mit einer Reise nach Südtirol und Italien beginnt seine lebenslange Auseinandersetzung mit dem europäischen Stadtbild. In Venedig entstehen zahlreiche Aquarelle. 1925 ist Prachensky Mitbegründer der Tiroler Künstlerver- einigung „Die Waage“ mit Hans Andre, Leo Sebastian Humer, Ernst Nepo und Franz Santifaller. Spätere Mitglieder sind Rudolf Lehnert, Rudolf Wacker, Alphons Schnegg, Erwin Merlet und Anton Hofer. 1926 arbeitet Prachensky, neben der Betreuung der Wanderausstellung Tiroler Künstler in Deutschland, weiter an seinen Städtebildern. In Zürich und Paris entstehen Gemälde und Aquarelle. 1932 Geburt des Sohnes Markus, der Maler wird und ab 1983 Professor an der Wiener Akademie der bildenden Künste ist. 1933 entwirft Prachensky gemeinsam mit seinem Bruder Theodor die Fassadengestaltung des Sparkassengebäudes in der Innsbrucker Maria-Theresien-Straße. 1934-35 entstehen wichtige architektonische Arbeiten, unter anderem der Umbau des Feinkostgeschäfts Andrä Hörtnagl, Innsbruck Burggraben, Umbauten der Zentralapotheke, InnsbruckAnichstraße, des Grandhotels Göbner in Gossensaß und der Bar im Golfhotel Igls. Eine Reise nach Tschechien führt Prachensky nach Prag, Brünn und Znaim. 1936 bekommt Prachensky den Österreichischen Staatspreis für Malerei für ein Bild von der Wiener Karlskirche. 1937 erhält Wilhelm Nicolaus Prachensky die staatliche Befugnis als Architekt. Zuvor hat sein Bruder Theodor die Pläne bei den Baubehörden eingereicht. 1938-45 leistet Prachensky in der Deutschen Wehrmacht Kriegsdienst als Leutnant. Wegen seiner Herzkrankheit hält er sich mehrmals in Heeressanatorien auf. Es entstehen zahlreiche Städtebilder aus Polen und Frankreich. 1945-55 gründet Wilhelm Nicolaus Prachensky gemeinsam mit seinem Neffen Hubert ein Architekturbüro in der Innsbrucker Templstraße. Eine expressive Werkphase bringt in der Malerei seine Wende hin zu einem von der klassischen Moderne inspirierten Kolorismus. 1956 erliegt Wilhelm Nicolaus Prachensky in Innsbruck seiner Herzkrankheit. 5 WILHELM NICOLAUS PRACHENSKY Wilhelm Nicolaus Prachensky gehört zu den bekanntesten Künstlern der Zwischenkriegszeit in Tirol, ist aber durch seine Studienzeit in München, die Ausstellungen seiner Bilder im In- und Ausland und auch durch sein architektonisches Werk weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Prachenskys Bilder befinden sich heute in vielen privaten Sammlungen und Museen wie dem Ferdinandeum in Innsbruck, dem Leopold Museum in Wien und dem Städtischen Museum in Düsseldorf. In Innsbruck 1898 in ein aufgeschlossenes Elternhaus hineingeboren – der Vater war Redakteur, Verlagsleiter und Mitbegründer der Sozialdemokratischen Partei Tirols – ist er schon früh mit dem Pendeln zwischen Innovationsfreude und Traditionsbewusstsein konfrontiert, ein Umstand, der sein malerisches wie architektonisches Werk ein Leben lang bestimmen wird. Prägend ist überdies das enge Verhältnis zu seinem älteren Bruder Theodor (1888-1970), einem Architekten und Stadtplaner, der mit seinen Sozialbauten das Stadtbild Innsbrucks nachhaltig beeinflusste. Theodor Prachenskys bekanntestes Bauprojekt ist die Verbauung der Pembaurstraße, der so genannte Pembaurblock in Innsbruck-Pradl. Theodor ermutigt Wilhelm Nicolaus immer wieder zum Malen und Zeichnen und ist auch bei manch architektonischem Projekt der späteren Jahre eine professionelle Hilfe. In den Jahren 1913 bis 1916 erhält der Künstler seine erste Ausbildung an der Staatsgewerbeschule in Innsbruck in der Abteilung für Hochbau, wechselt dann aber in die Klasse für Malerei. Der Erste Weltkrieg bringt eine einschneidende Zäsur. 1916 wird Wilhelm Nicolaus Prachensky zur Heeres-Ausbildung in Steyr eingezogen und leistet anschließend Dienst bei den Tiroler Kaiserjägern an der Dolomitenfront. Hier entstehen zahlreiche Bergansichten, die ein beeindruckendes Frühwerk bilden und 1918 in der viel beachteten Ausstellung „Die Kaiserjäger im Weltkriege“ in Innsbruck gezeigt werden. Wohl wegen einer Herzerkrankung, die er sich an der Front zugezogen hat und an der er Zeit seines Lebens laboriert, wird Prachensky im Frühjahr 1918 nach Oberösterreich verlegt und kann bald darauf sein Studium fortsetzen. Statt nach Innsbruck zurückzukehren, wählt er die Münchner Akademie. Spätestens seit der Weltausstellung 1867 in Paris hatte die Münchner Schule die Führung in der deutschen Kunstlandschaft übernommen und die Düsseldorfer Malerschule abgelöst. Neben Paris war nun München eines der bedeutendsten Kunstzentren in Europa und zog Künstler aus aller Welt an. Wilhelm Nicolaus Prachensky tritt somit in die Fußstapfen Albin Egger-Lienz’, Hans Weber-Tyrols und Wilhelm Thönys, die vor ihm die Münchner Akademie besucht haben. Zeitgleich mit ihm sind unter den Studenten Jean Egger und Sergius Pauser zu nennen. 6 MALER UND ARCHITEKT Der Einfluss der Münchner Schule auf die Kunst ihrer Zeit ist unbestritten. Aufgrund der geografischen Nähe und der vielen Tiroler Absolventen der Münchner Akademie ist die Verflechtung hier besonders groß. Wilhelm Nicolaus Prachensky erweitert seinen künstlerischen Horizont und ist Neuem gegenüber aufgeschlossen. Das zeigt auch seine intensive Auseinandersetzung mit der Kunst des Expressionismus, die in die Zeit um 1920 fällt. Erwähnenswert ist außerdem seine erste Einzelausstellung im Kunstsalon Unterberger in Innsbruck, die ein großer Erfolg wird und hochrangige Künstlerkollegen wie Lois Welzenbacher, Clemens Holzmeister, Artur Nikodem und Ernst Nepo anzieht. In die frühen 1920er-Jahre fallen der Beginn seines architektonischen Schaffens und ferner die ersten grafischen Arbeiten. In weiterer Folge wird Wilhelm Nicolaus Prachensky wichtige Beiträge zur Plakatkultur des österreichischen Tourismus liefern mit Sujets, die heute noch im öffentlichen Bewusstsein verankert sind. Zu den architektonischen Hauptwerken Wilhelm Nicolaus Prachenskys zählen die Erweiterung und Innenraumgestaltung des Grand Hotels in Kitzbühel, die Umgestaltung des Zentralkinos in Innsbruck und die Fassade des Sparkassengebäudes in der Innsbrucker Maria-Theresien-Straße, gemeinsam mit seinem Bruder Theodor entworfen. Prachenskys Bauten sind gekennzeichnet durch formale Reduktion und orientieren sich an der amerikanischen Streamline-Moderne mit kurvigen, stromlinienartigen Formen, einer langen, horizontalen Linienführung sowie nautischen Elementen wie Bullaugenfenstern oder Relings. Vor allem in den 1930er-Jahren, die seinen endgültigen Durchbruch als Architekt bringen, entstehen im Innsbrucker Raum zahlreiche Wohn- und Geschäftshäuser. Die Modernität der damals entstandenen Gebäude, das kühne Formenvokabular sind überraschend, scheinen doch die Tiroler Bauherren – keineswegs eine schmale Elite, sondern Hoteliers, Unternehmer und Privatleute aus dem Bürgertum oder der Bauernschaft – in manchem weitaus aufgeschlossener gewesen zu sein als jene in Wien. Auch der aufkeimende Tourismus, für dessen Infrastruktur Großprojekte erforderlich wurden, mag hier eine wesentliche Rolle gespielt haben. Prachensky gehört somit neben Lois Welzenbacher und Clemens Holzmeister zu den maßgeblichen Architekten der Zwischenkriegszeit in Tirol. „Im gesamtösterreichischen Zusammenhang sind (seine) architektonischen Leistungen zu den Spitzen der Authentizitätskonstruktionen der um eine zeitgemäße Interpretation ihrer Umwelt bemühten Zwischenkriegszeit zu zählen.“1 Henriette und Wilhelm Nicolaus Prachensky, 1932 Die Malerei vernachlässigt der Architekt Wilhelm Nicolaus Prachensky aber keineswegs. 1925 ist er Mitbegründer der Künstlergruppe „Die Waage“, der auch Ernst Nepo, Leo Sebastian Humer, Rudolf Lehnert, Rudolf Wacker und Alphons Schnegg angehören. Hier sollte eine Plattform für neue Kunst in Tirol geschaffen werden, die den modernen Strömungen gegenüber aufgeschlossen ist. Zeitgleich setzt sich Prachensky mit der Malerei der Neuen Sachlichkeit auseinander. 1926 ist er an der Wanderausstellung „Tiroler Künstler“ beteiligt, die in mehreren deutschen Städten gezeigt wird. Das Städtische Museum in Düsseldorf erwirbt ein Bild von Wilhelm Nicolaus Prachensky. Ab 1924 entstehen auf zahlreichen Reisen innerhalb Österreichs, nach Südtirol, Italien, Deutschland, Frankreich, Tschechien, Polen und in die Schweiz Prachenskys berühmte Städtebilder, neben der Landschaftsmalerei das Hauptthema in seinem Werk. In einem Brückenschlag zwischen expressionistischer und neo-sachlicher 1 Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, S. 176 2 Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Eine Retrospektive“, Österreichische Galerie Belvedere, Oberes Belvedere, Wien 2002, S. 46 8 Ausdrucksweise geht es ihm „um das reportagehafte Erfassen einer Szene, einer Kulisse, einer Struktur“2. Wilhelm Nicolaus Prachensky 1 Selbstporträt 1951 Nach biografisch wichtigen Momenten – 1930 der Heirat mit Henriette Hnidy, Mutter seines 1932 geborenen Sohnes Markus, und der Verleihung des Österreichischen Staatspreises für Malerei 1936 – bringen die Kriegsjahre 1939 bis 1945 eine weitere Zäsur im Schaffen des Künstlers. Zum Wehrdienst eingezogen bleibt ihm weniger Zeit zum Malen. Erst um 1950 läuft er mit einem bunten, luftigen Spätwerk, zu dem auch wundervolle Blumenstillleben zählen, zu neuer Höchstform auf. Die architektonische Arbeit überlässt er im gemeinsam betriebenen Innsbrucker Planungsbüro weitgehend seinem Neffen Hubert Prachensky. Bleistift und Tempera auf Papier Links unten signiert und datiert Prachensky 51 61,7 x 85 cm Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 39 1956 stirbt Wilhelm Nicolaus Prachensky viel zu jung an seiner chronischen Herzkrankheit. Er hinterlässt ein vielfältiges Werk, das ihn als großen Maler, Architekten und Grafiker seiner Zeit ausweist. Sophie Cieslar 9 Wilhelm Nicolaus Prachensky 2 Winterlandschaft in den Dolomiten 1917 Öl auf Karton Rechts unten und rückseitig monogrammiert und datiert W.P. 1917 26,5 x 32,8 cm Die 1917 entstandene „Winterlandschaft in den Dolomiten“ fällt in die Zeit des Ersten Weltkriegs, die der Künstler bei den Tiroler Kaiserjägern an der Dolomitenfront verbringt.1 Nach den Studienjahren an der Innsbrucker Kunstgewerbeschule gehören Bilder wie dieses zu den frühesten künstlerischen Äußerungen, die gleichwohl eine Schlüsselstellung in seinem Schaffen einnehmen. Die große Bedeutung, die der Künstler den Werken dieser Periode selbst einräumt, kann man einem im Archiv Prachensky zugänglichen Buchmanuskript entnehmen. In einer wegen des Anschlusses an Deutschland 1938 nicht mehr zustande gekommenen Monografie widmet Wilhelm Nicolaus Prachensky den „Kriegsbildern“ ein eigenes Kapitel. Motivisch betrachtet handelt es sich bei diesen durchwegs um Landschaften, keine Kampfszenen wie bei anderen Malerkollegen. Prachensky malt Bergrücken, einsame Gehöfte, Dörfer und Talblicke, die sich ihm auf seinen unterschiedlichen Positionen im Vallarsa, am Cogolo Alto, Col Santo, Cosmagon, am Pasubio und Roiterücken bieten. In der seelischen Tiefe der Malerei ist er noch dem Symbolismus und dem Jugendstil verhaftet, die Einflüsse 10 des Expressionismus sind im Werk erst ab 1918 bestimmend. Thematisch ist Wilhelm Nicolaus Prachensky ein Tiroler mit einem tiefen Verständnis für die raue Bergwelt, wie es sich auch in den Werken Albin Egger-Lienz’, Alfons Waldes, Oskar Mulleys und Artur Nikodems findet. Das Kompositionsprinzip späterer Darstellungen ist schon zu erkennen, nämlich „die strenge motivische Reduktion auf wenige ‚sprechende’ Hautpmotive“ und eine „deutliche Konzentration auf Ausschnitte, auf als typisch empfundene Details“2. Einfache, breite Pinselstriche ergeben in lockerer Malweise „pastos eine der Steinwelt der Berge entsprechende Rhythmik“3. Bilder der Kriegsjahre wurden 1918 in der viel beachteten Ausstellung „Die Kaiserjäger im Weltkriege“ in Innsbruck gezeigt.4 1 Das notwendige Malmaterial wurde Prachensky von seiner Familie an die Front geschickt. 2 Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, S. 12 3 Ebda 4 In der Ausstellung waren auch Bilder von Oskar Mulley, Artur Nikodem, Paul Rittinger und Erich Torggler zu sehen. 11 Wilhelm Nicolaus Prachensky 3 „Castell Mezzocorona“ 1917 Wilhelm Nicolaus Prachensky 4 Hall, Pfarrkirche 1920 Öl auf Karton Rechts unten monogrammiert und datiert W.P. 1917 Rückseitig bezeichnet: Castell Mezocorona! [sic!] Janko 32,7 x 28 cm Öl auf Karton Rechts unten signiert und datiert W. PRACHENSKY 1920 83 x 69,5 cm Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 61 12 Lit.: Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 73 Wilhelm Nicolaus Prachensky 5 Dachlandschaft 1920 Bleistift und Aquarell auf Karton Rechts unten signiert und bezeichnet: WILHELM PRACHENSKY INNSBRUCK Rückseitig datiert 26. Juni 1920; Künstleretikett: WILHELM NICOLAUS PRACHENSKY INNSBRUCK TYROL 61,6 x 50,3 cm Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 23, S. 84 und S. 116f. Egon Schiele, Krumauer Stadtviertel (Häuserbogen I), 1915 The Israel Museum, Jerusalem Ab 1919 setzt sich Wilhelm Nicolaus Prachensky verstärkt mit der Malerei des Expressionismus, vor allem mit jener Egon Schieles, auseinander. Diese Tendenz ist in Arbeiten wie der 1920 entstandenen „Dachlandschaft“ deutlich spürbar. In diesem Jahr bereist Prachensky das Inntal und malt Städtebilder unter anderem von Hall und Rattenberg, die durch ihre stimmungsgeladene Farbigkeit, eine Betonung der Umrisslinien und ihre locker lasierende Malweise beeindrucken. 14 Die Zinnen im Bildvordergrund begrenzen den Standort des Künstlers, von dem aus er auf eine aus geometrischen Formen zusammengesetzte Dachlandschaft blickt. Er könnte auf Burg Hasegg gestanden haben, die ebensolche Zinnen aufweist, und auf den historischen Stadtkern von Hall in Tirol blicken. Motivische Parallelen lassen diese Interpretation durchaus plausibel erscheinen. Die farbige Betonung der Umrisslinien, das Verwischen der Farben von den Rändern zu einer weiß gelassenen Mitte hin, die extreme Vogelperspektive und das Heranrücken des Motivs an den Betrachter finden sich auch im Werk Egon Schieles, vor allem in den Krumauer Städtebildern, wieder. Wilhelm Nicolaus Prachensky 6 Ferrariwiese bei Innsbruck 1922 Öl auf Karton Rechts unten signiert und datiert W.N.PRACHENSKY 22 Rückseitig zwei alte Etiketten: Felder vor Dorf Öl/Karton 51,5 x 68 1922 51,5 x 68 cm Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 104 und S. 114 „Der Komplex der Landschaften und Stadtansichten aus den Jahren 1918 bis 1922 bietet ein Stilspektrum, das in wesentlichen Punkten den biographischen Anregungen während dieser Zeit entspricht [...] So kann eine Anregungskette aus der symbolistischen Tradition der Tiroler Landschaftsmalerei, der Münchner Szene und der Wiener Moderne konstruiert werden.“1 Neben den Lehrjahren in Innsbruck und München und den damit verbundenen Aufenthalten kann man auch Besuche bei der in Wien lebenden Schwester Emmy annehmen. In dieser Zeit finden sich im Werk Wilhelm Nicolaus Prachenskys verschiedenste Stilelemente nebeneinander. Das annähernd quadratische Format der „Ferrariwiese bei Innsbruck“, die weite, frei gelassene Fläche im Bildvordergrund und das bildfüllende All-over der Landschaft mit einem himmellosen, hoch angesetzten Horizont sind Stilelemente des Wiener 16 Jugendstils. Die Häuser am Wiesenrand hingegen sind expressiv ineinander verschachtelt. Die Ferrariwiese am Fuß des Bergisels war mehrfach Kriegsschauplatz während des Tiroler Volksaufstandes im Jahre 1809. Die Tiroler kämpften unter Andreas Hofer gegen die französisch-bayrische Besatzung. Später wurde die große, hügelige Grünfläche als Wintersportgebiet für Kinder genutzt. In letzter Zeit findet sich dieses heute an der Brennerautobahn gelegene Areal wegen einer geplanten Schuttdeponie häufig in den Medien. Wilhelm Nicolaus Prachensky hat hier neben einer gekonnt inszenierten Landschaftsdarstellung, welche die Weite und die zarte Ondulierung der Grasfläche meisterhaft in Szene setzt, gleichzeitig auch einen schützenswerten historischen Zustand eingefangen. 1 Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, S. 20 Wilhelm Nicolaus Prachensky 7 Steyr 1916 Bleistift und Aquarell auf Papier Rechts unten monogrammiert und datiert W.P. 1916 12,6 x 11,8 cm (Passepartoutausschnitt) Originalgröße Wilhelm Nicolaus Prachensky 8 Tannen 1921 Öl auf Karton Rechts unten signiert und datiert W. PRACHENSKY 1921 Rückseitig Künstleretikett: WILHELM NICOLAUS PRACHENSKY INNSBRUCK TYROL 67 x 51 cm Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 82 Die 1921 entstandenen „Tannen“ sind mit ihrer gestupften, fleckigen Malweise den wohl vorhandenen postimpressionistischen Tendenzen in der Malerei Wilhelm Nicolaus Prachenskys zuzurechnen. Der Kunsthistoriker Heinrich Hammer schreibt über Bilder „von einer sprühenden Lebendigkeit, einer prickelnden Bewegung in Form wie Farbe“1. Im Zentrum steht das malerische Geschehen, das Motiv, die Tannen, ist bildfüllend wiedergegeben, rechts seitlich vom Bildrand überschnitten. Die Umgebungslandschaft ist nur schemenhaft angedeutet und kann nicht näher bestimmt werden. Die expressive Pinselschrift weist wiederum über die 18 reine Impression hinaus. Wilhelm Nicolaus Prachensky versteht es, die prägenden Strömungen seiner Zeit in seinen Arbeiten harmonisch zu vereinen. „Prachensky nimmt das expressive Kunstwollen seiner Zeit auf, er abstrahiert im Sinne der anderen, er folgt der Tradition von Defregger über Egger-Lienz bis zu den anderen Tiroler Künstlern, um dennoch auf der Suche nach sich selbst eine Handschrift zu entwickeln, die feststellbar ist.“2 1 Heinrich Hammer, Wilhelm Prachensky, in: Bergland, Nr. 11, 1926, S. 20 2 Dieter Ronte, in: Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, S. 8 Wilhelm Nicolaus Prachensky 9 Felder 1923 Wilhelm Nicolaus Prachensky 10 Berglandschaft 1923 Bleistift und Aquarell auf Papier Rechts unten monogrammiert und doppelt datiert WP April 1923 28,6 x 44,9 cm Bleistift und Aquarell auf Papier Rechts unten datiert 31. Okt. 1923 36,8 x 51 cm Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 77 20 21 Wilhelm Nicolaus Prachensky 11 Burg 1920 Bleistift und Aquarell auf Papier Rechts unten datiert 5 Okt 1920 31,7 x 24,7 cm (Passepartoutausschnitt) 22 Wilhelm Nicolaus Prachensky 12 Dorflandschaft 1920 Wilhelm Nicolaus Prachensky 13 Stadt am Fluss 1920 Bleistift und Aquarell auf Papier Rechts unten datiert 9. Juni 1920 31,8 x 25,5 cm Bleistift und Aquarell auf Papier Rechts unten datiert 21. Juni 1920 31,8 x 25,7 cm 23 Wilhelm Nicolaus Prachensky 14 Winter in den Bergen 1920 Öl auf Karton Rechts unten signiert und datiert W. PRACHENSKY 1920 Rückseitig Künstleretikett: WILHELM NICOLAUS PRACHENSKY INNSBRUCK TYROL 93 x 70 cm Provenienz: Sammlung Hierzenberger, Wien Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 62f. Auf zahlreichen Fahrten durch Tirol, die Wilhelm Nicolaus Prachensky in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg unternommen hat, bieten sich immer wieder Motive, die er in magischen Momenten einzufangen versteht. Ein mildes Abendlicht hat sich über die winterliche Landschaft gelegt und beleuchtet die in diesem Hochformat übereinander lagernden Berghänge mit zartrosa Schein. Über die expressiv gemalten Baumwipfel im Vordergrund, die, nur teilweise schneebedeckt, in Braun-, Türkisund Blautönen ausgeführt sind, wandert der Blick des Betrachters über einsame Gehöfte hinweg, über Täler und Schneehänge 24 zum graublauen Abendhimmel. In fast schraffierend anmutenden Pinsellagen bedeckt der Künstler die Leinwand und lässt nur an ganz wenigen Stellen grafische Elemente wie die Stämme der Bäume oder die Umrisslinien der sanft geschwungenen Bergrücken durchschimmern. Matthias Boeckl zieht hier Parallelen zu frühen Bildern Wassily Kandinskys, die ebenfalls von schräg laufenden Pinsellagen bestimmt sind.1 1 vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, S. 20 Wilhelm Nicolaus Prachensky 15 Tiroler Landschaft mit Hof 1923 Tempera auf Papier auf Karton Rechts unten monogrammiert und datiert WP 1923 29 x 29 cm Wilhelm Nicolaus Prachensky 16 „Berghöfe Im Wipptal“ 1920 Öl auf Karton Rechts unten signiert und datiert W. PRACHENSKY 1920 Rückseitig signiert, bezeichnet und betitelt: W. PRACHENSKY INNSBRUCK Berghöfe Im Wipptal 74,3 x 62,5 cm Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 64 vgl. Ausstellungskatalog „Hans Weber-Tyrol und seine Zeit“, Galerie im Lanserhaus, Eppan 2007, Abb. S. 39 26 27 Wilhelm Nicolaus Prachensky 17 Berghof 1922 Öl auf Karton Rechts unten signiert und datiert W.N. PRACHENSKY 22 88,5 x 72 cm Provenienz: Sammlung Hierzenberger, Wien Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 85 und S. 128f. Egon Schiele, Herbstbäume I, 1911 Privatsammlung Die lineare Ausgestaltung des hinter dem Berghof ansteigenden Hanges und die sich deutlich davon abhebenden, spärlich belaubten Bäume erinnern an Egon Schieles berühmte „Vier Bäume“ im Besitz des Belvedere in Wien oder an „Herbstbäume“, heute in Privatbesitz. Auch der Farbauftrag, teils deckend, teils lasierend, und die Betonung der grafischen Elemente im Bild – wie die zarten, parallel zueinander stehenden Baumstämme – weisen eine deutliche Verwandtschaft zum Werk des großen österreichischen Expressionisten auf. Mit 1922 datiert, ist dieses wundervolle Bild Wilhelm Nicolaus Prachenskys nur wenige Jahre nach den Bildern Egon Schieles entstanden und zeitgleich mit der „Ferrariwiese bei Innsbruck“ (Kat. Nr. 6). In der Malweise und im Farbauftrag weisen die Gemälde Parallelen auf, wobei die 28 „Ferrariwiese“ noch stärker der Jugendstilmalerei und somit der Wiener Tradition verbunden ist. Im „Berghof“ variiert Prachensky zudem seine Vorliebe für erdige Farbtöne in meisterhafter Manier, dadurch wirkt das Bild im Gegensatz zum dominierenden Grün der „Ferrariwiese“ viel mehr dem Tirolerischen verhaftet. Wir denken an die eindrucksvollen Berghöfe Oskar Mulleys und die von Ockertönen geprägten Kompositionen Albin Egger-Lienz’. Wilhelm Nicolaus Prachensky versteht es unzweifelhaft, die Stilentwicklungen seiner Zeit zu absorbieren und in seinen Bildern zu einem unverkennbaren eigenen Stil zu vereinen. 1 „Vier Bäume“ ist 1917 entstanden und die „Herbstbäume“ 1911. Wilhelm Nicolaus Prachensky 18 Berghang 1917 Wilhelm Nicolaus Prachensky 19 Linz 1922 Öl auf Karton auf Hartfaser Rechts unten signiert und datiert W. PRACHENSKY 1917 35,5 x 28,4 cm Blick von Urfahr Richtung Innenstadt Öl auf Karton 31 x 30,5 cm Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 50 Lit.: Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 86 30 31 Wilhelm Nicolaus Prachensky 20 „Paris“ 1926 Wilhelm Nicolaus Prachensky 21 „Paris“ 1926 Notre-Dame de Paris Bleistift und Tempera auf Papier Links unten betitelt und datiert: Paris 23. Mai 1926 38,5 x 54,5 cm Arc de Triomphe de l’Étoile Bleistift und Tempera auf Papier Links unten betitelt und datiert: Paris 24. Mai 1926 38,5 x 54,5 cm Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 126 Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 125 und S. 127 32 33 Wilhelm Nicolaus Prachensky 22 „Arezzo“ 1925 Wilhelm Nicolaus Prachensky 23 „Verona“ 1924 Bleistift und Tempera auf Papier Links unten betitelt und datiert: Arezzo 12. April 1925 38,3 x 54,4 cm Bleistift und Aquarell auf Papier Rechts unten betitelt und datiert: Verona 3. März 1924 48,6 x 33,3 cm Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 122 34 35 Wilhelm Nicolaus Prachensky 24 Verona 1950 Torre dei Lamberti Tempera auf Papier Rechts unten signiert und datiert Prachensky 50 85 x 61 cm 36 Wilhelm Nicolaus Prachensky 26 Blumen 1955 Bleistift und Aquarell auf Papier Rechts oben signiert und datiert Prachensky 55 28,8 x 20 cm (Passepartoutausschnitt) Wilhelm Nicolaus Prachensky 25 Distel 1954 Wilhelm Nicolaus Prachensky 27 Blumen um 1920 Bleistift und Aquarell auf Papier Rechts oben signiert und datiert Prachensky 54 28,8 x 20 cm (Passepartoutausschnitt) Bleistift und Aquarell auf Papier 51 x 37 cm 38 Lit.: vgl. Matthias Boeckl, Wilhelm Nicolaus Prachensky, Innsbruck 1998, Abb. S. 6 40 Wilhelm Nicolaus Prachensky 28 Blumen 1955 Wilhelm Nicolaus Prachensky 29 Blumen 1955 Bleistift und Aquarell auf Papier Links unten signiert und datiert Prachensky 55 29,5 x 21 cm Bleistift und Aquarell auf Papier Rechts oben signiert und datiert Prachensky 55 29,5 x 21 cm 41 Wilhelm Nicolaus Prachensky 30 Ansicht eines Hauses 1955 Bleistift und Aquarell auf Papier Links unten signiert und datiert Prachensky 55 29,5 x 21 cm Wilhelm Nicolaus Prachensky 32 Blume 1954 Wilhelm Nicolaus Prachensky 33 Baum 1954 Bleistift und Aquarell auf Papier Rechts oben signiert und datiert Prachensky 54 21 x 29,5 cm Bleistift und Aquarell auf Papier Rechts unten signiert und datiert Prachensky 54 20 x 28,8 cm (Passepartoutausschnitt) Wilhelm Nicolaus Prachensky 31 Berghang 1955 Bleistift und Aquarell auf Papier Rechts unten signiert und datiert Prachensky 55 29,5 x 21 cm 42 43 Wilhelm Nicolaus Prachensky 34 Baum 1955 Bleistift und Aquarell auf Papier Rechts unten signiert und datiert Prachensky 55 29,5 x 21 cm Wilhelm Nicolaus Prachensky 35 Lilie 1955 Wilhelm Nicolaus Prachensky 36 Winter in den Bergen 1955 Bleistift und Aquarell auf Papier Links oben signiert und datiert Prachensky 55 Rechts unten nummeriert 98 29 x 20,5 cm (Passepartoutausschnitt) Bleistift und Aquarell auf Papier Links oben signiert und datiert Prachensky 55 20,2 x 28,7 cm (Passepartoutausschnitt) 44 45 Wilhelm Nicolaus Prachensky 37 Blumen 1954 Bleistift und Aquarell auf Papier Rechts oben signiert und datiert Prachensky 54 29,5 x 21 cm 46 Wilhelm Nicolaus Prachensky 38 Blumen 1954 Wilhelm Nicolaus Prachensky 39 Kakteen 1955 Bleistift und Aquarell auf Papier Links unten signiert und datiert Prachensky 54 29,5 x 21 cm Bleistift und Aquarell auf Papier Links oben signiert und datiert Prachensky 55 Links unten nummeriert 81 29,5 x 21 cm 47 Wilhelm Nicolaus Prachensky 40 Möbelentwurf Schrank um 1920 Mischtechnik auf Papier Rechts unten bezeichnet: Original Entwurf WILHELM NICOLAUS PRACHENSKY 25,5 x 31,7 cm (Passepartoutausschnitt) Wilhelm Nicolaus Prachensky 41 Möbelentwurf Sessel um 1920 Mischtechnik auf Papier Rechts unten signiert Wilhelm Nicolaus Prachensky 45,5 x 29,6 cm (Passepartoutausschnitt) 48 Markus PRACHENSKY 1932 in Innsbruck als Sohn des Architekten und Malers Wilhelm Nicolaus Prachensky geboren 1952 Übersiedlung nach Wien und Beginn eines Architekturstudiums an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Im Jahr darauf besucht er auch die Malereiklasse und lernt Wolfgang Hollegha, Josef Mikl und Arnulf Rainer kennen. 1954 Bekanntschaft mit Fritz Wotruba und Otto Mauer. Im Atelier am Lobkowitzplatz entstehen geometrische Bilder. 1955 erste Ausstellungsbeteiligung in der Galerie nächst St. Stephan. Markus Prachensky bezieht gemeinsam mit Wolfgang Hollegha ein Atelier in der Liechtensteinstraße. 1956 gründet Prachensky mit Wolfgang Hollegha, Josef Mikl und Arnulf Rainer die „Gruppe St. Stephan“. 1957 große Ausstellung mit Hollegha, Mikl und Rainer in der Wiener Secession. Mehrmonatiger Aufenthalt und Ausstellung in der Galerie Arnaud in Paris, arbeitet in Hamburg und Würzburg 1959 Malaktion „Peinture Liquide“ im Wiener Theater am Fleischmarkt. Hier wird zum ersten Mal die Farbe Rot als bestimmendes Bildelement eingesetzt, jene Farbe, die unverkennbar sein folgendes Werk prägen wird. Der Künstler malt in Wien und Wiesbaden. Die Bildtitel dieser Zeit verweisen auf den jeweiligen Standort seines Ateliers. 1960-67 weitere Serien, u. a. „Solitude“, Ausstellungen in Paris, London, Berlin, Aschaffenburg, Bochum, München und Lausanne. Prachensky malt in Berlin, Stuttgart, Wien und am Rechberg in der Steiermark bei Wolfgang Hollegha. 1967-70 lebt Markus Prachensky in Los Angeles, „California Paintings“ entstehen, Reise nach Mexiko. Kontakt mit dem international bedeutenden Kunstkritiker Clement Greenberg 1970 Rückkehr nach Europa (während eines Kuraufenthalts entstehen „Montanara“-Bilder). 1972 Heirat mit Brigitte Neundlinger 1974 erste Reise nach Sardinien wird zum Schlüsselerlebnis, es folgen Reisen nach Apulien, in die Toskana, nach Umbrien und ins Latium 1983-2000 Professor an der Akademie der bildenden Künste in Wien In den Jahren von 1974 bis 2010 ist Markus Prachensky immer wieder auf Reisen, mehrmals besucht er Italien, oft Rom, Frankreich (Korsika, Provence), aber auch Ägypten, Hongkong und Bali. Hierbei entstehen unterschiedliche Serien, deren Titel auf die jeweilige Quelle der Inspiration verweisen, vielfach ist neben der Ortsangabe die Musik angeführt, zu der der Künstler gemalt hat. Prachenskys Arbeiten sind in dieser Zeit in zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland zu sehen. 2011 stirbt Markus Prachensky in Wien. 51 Markus PRACHENSKY ROT IST DIE FARBE MEINES LEBENS „Die Zeit ist reif, die Architektur ernst zu nehmen, alle Scherze beiseite zu lassen und die verspielte Leichtheit der Bauhausära endlich zu überwinden. Die Architektur als Kunst hat mit Funktion nichts zu tun. Funktionelle Architektur ist angewandte Kunst. Jeder Mensch soll seine eigene Architektur machen, soll seine Hände dazu benützen, seine Architektur zu formen, zu kleben, zu graben, zu kratzen, zu klammern, zu schüren, zu scherren und zu beissen aus Federn, Bäumen, Gras, Papier, Erde und Heu.“1 Folge versucht sich Prachensky durch freie Zeichnung von den konstruktiven Kompositionen zu lösen. „Um Befreiung ist es dann immer gegangen, um den Widerspruch zwischen dem System einer bildnerischen Ordnung und dem spontanen Gestus, der sie aufsprengt.“4 Markus Prachensky ist aus Innsbruck nach Wien gekommen, um auf Wunsch des Vaters bei Lois Welzenbacher Architektur zu studieren – bei einer Familie mit so vielen prominenten Vertretern dieser Zunft kein Wunder. „Ich war sehr beeinflusst von meinem Elternhaus. Mein Vater war Architekt, hat aber auch gemalt. Ich war also schon früh mit Malerei konfrontiert, habe auch bereits als Kind begonnen, selbst nach der Natur zu zeichnen.“2 Der Maler und Architekt Wilhelm Nicolaus Prachensky möchte einen ihm finanziell sicherer erscheinenden Beruf für seinen Sohn. Dieser weiß jedoch von Anfang an, dass er Maler werden will. Dem damals schon schwer kranken Vater zuliebe beendet er das Architekturstudium, besucht aber schon nebenher den Abendakt bei Herbert Boeckl und wird in die Meisterklasse von Albert Paris Gütersloh aufgenommen. Zu seinen Kommilitonen gehören Josef Mikl, Wolfgang Hollegha und für ganz kurze Zeit auch Arnulf Rainer (der nach nur drei Tagen die Akademie wieder verlässt). Prachensky ist von der Aufbruchsstimmung im Wien der Nachkriegszeit fasziniert. Im Elternhaus hat er in der reich bestückten Bibliothek die Kunst der Romanik, Gotik und Renaissance studiert, doch von den zeitgenössischen Strömungen ist man abgeschnitten gewesen. Jetzt will die junge Generation im Schnelldurchlauf alles nachholen, was man in den Kriegsjahren verpasst hat. Begierig saugen die aufstrebenden Künstler alles in sich auf. Es ist eine spannende Zeit, man trifft sich im Art-Club, feiert im „Strohkoffer“ und diskutiert nächtelang, welcher Weg in die Moderne wohl der richtige sein mag. Surrealismus oder Abstraktion lautet die Frage. Für Markus Prachensky ist von Anfang an klar, dass der Weg in die Abstraktion führen muss. „Ich wusste, dass ich mich von der strengen Formensprache würde befreien müssen.“3 Die künstlerischen Anfänge stehen, beeinflusst von Piet Mondrian, im Zeichen des Abstrakt-Geometrischen. In der Foto: Birgit Hutter 52 1955 bezieht Markus Prachensky mit Wolfgang Hollegha ein gemeinsames Atelier in der Wiener Liechtensteinstraße und gründet im Folgejahr mit Hollegha, Josef Mikl und Arnulf Rainer die „Gruppe St. Stephan“. Monsignore Otto Mauer wird zum wichtigen Mentor und die Galerie nächst St. Stephan in der Grünangergasse, in den ehemaligen Räumen von Otto Kallirs „Neuer Galerie“, wird zum Stützpunkt der jungen Künstler. Bei einem Paris-Aufenthalt 1957 – er ist dort an einer von der renommierten Galerie Arnaud veranstalteten Gruppen-Ausstellung junger österreichischer Kunst beteiligt – lernt Markus Prachensky Georges Mathieu, Pierre Soulages und Yves Klein kennen und ist beeindruckt von der Malerei des Tachismus. Die endgültige Befreiung aus einem geometrischen Grundgerüst und die damit einhergehende totale Freisetzung der Farbe gelingt ihm 1959 in der Malaktion „Peinture Liquide“ im Theater am Fleischmarkt, die er 1960 im Stadttheater Aschaffenburg wiederholt. Rote Farbe wird aus Kübeln über den oberen Leinwandrand gegossen und rinnt in Strömen unkontrolliert nach unten. „Rot wurde die Farbe, in der das Drama sich aussprach, er nennt sie: seine Lebensfarbe.“5 In „Peinture Liquide“ ist Prachensky den Prinzipien des Tachismus und des amerikanischen „action painting“ am nächsten. Das Spontane, der heftige Gestus beim Herausarbeiten unbewusster Emotionen werden für das weitere Werk bestimmend. „Die maximale persönliche Beteiligung am Entstehen eines Kunstwerkes ist nach wie vor unerlässlicher Bestandteil der Kreation. Zwischen technischer Invention und künstlerischer Kreation zu unterscheiden, sollte Künstler, Kunsthändler und Sammler gleichermaßen interessieren. Nicht Anonymität des Künstlers, nicht Kollektiv der Idee, nicht intellektuelle Berechnung oder para-technische Erfindung, nicht ein antiseptischer Abzug sind gefordert, sondern wirkliche Malerei mit allen Höhen und Tiefen des Lebens und der Spiritualität – enfin ‚retournons à la peinture’.“6 Ab Mitte der 1950er-Jahre beginnt Prachensky seine Bilderserien nach ihrem Entstehungsort zu benennen (Berlin, Wiesbaden, Aschaffenburg), ab den 1970er-Jahren verweisen die Titel auf Reiseziele, die als Inspirationsquellen für die einzelnen Serien dienen. Anhand der Namen von Werkfolgen kann man den Spuren des Vielreisenden nachgehen. Prachensky besucht Kalifornien, Mexiko und immer wieder Italien (Apulien, Umbrien, Latium, Maremma, Sardinien, Rom), später folgen Aufenthalte in Korsika, Südfrankreich (Provence, Calanques), Ägypten, Hongkong und Bali. Ziele sind immer wieder antike Ausgrabungen oder geologisch interessante Gebiete. Ein Kennzeichen der Serien ist, dass Prachensky innerhalb dieser einem speziellen Farben- und Formenkanon treu bleibt, den er zuerst auf Büttenpapier, dann auf Leinwänden vielfach variiert und verschiedenartig komponiert. Ebenfalls in den Bildtiteln finden sich jene Musikrichtungen wieder, von Klassik bis Jazz, die, beim Malen gehört, als weitere Inspiration dienen. Auch hier bleibt der Künstler innerhalb einer Serie einem Musikstil treu („Luxor Swing“, „Swing de Provence“, „Angelo Duke“, „Umbria Quartetto“). In all den Serien bildet Markus Prachensky einen charakteristischen Stil aus, der den Gegensatz von Chaos und Ordnung, Disziplin und Freiheit in sich birgt. Das scheinbar Eigenmächtige der Farbe und das Moment des Zufalls bleiben zu jedem Zeitpunkt unter der Kontrolle des Künstlers. Die Farbe erweckt die Leinwände zum Leben und bleibt dabei doch stets an den Willen des Malers gebunden. Die Bilder werden zu Manifesten der Leidenschaft und des sich ständig erneuernden Lebens. 1983 wird Markus Prachensky als Professor an die Wiener Akademie berufen und prägt mit seinem unverkennbaren, sich immer wieder neu formierenden Stil nachfolgende Künstlergenerationen. „Als einer der ganz wenigen hat Prachensky die Begeisterung jugendlichen Arbeitens und Suchens bewahrt, er hat darüber hinaus durch das mit den Jahren gestiegene Bedürfnis nach Konzentration der formalen und farbigen Gestaltung an Ausdruck und Überzeugungskraft gewonnen.“7 Sophie Cieslar 1 Markus Prachensky / Arnulf Rainer, 1958, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Eine Retrospektive“, Österreichische Galerie Belvedere, Oberes Belvedere, Wien 2002, S. 121 2 Markus Prachensky, in: Ausstellungskatalog Belvedere (a. a. O.), S. 26 3 Ebda 4 Peter Iden, in: Ausstellungskatalog Belvedere (a. a. O.), S. 25 5 Ebda 6 Markus Prachensky, 1961, http://www.prachensky.net/de/werke/1960-1969.html 7 Gerbert Frodl, in: Ausstellungskatalog Belvedere (a. a. O.), S. 7f. 53 Markus Prachensky 42 „Rouge sur Noir“ 1958 Gouache auf Papier Rechts unten signiert PRACHENSKY Rückseitig datiert 1958 52,5 x 76 cm Provenienz: Glasmalereiwerkstatt Ludwig Derix, Rottweil Kleine Farbabplatzung rechts unten Lit.: vgl. Wolfgang Fleischer, Markus Prachensky, Wien 1990, Tafel 7 vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Eine Retrospektive“, Österreichische Galerie Belvedere, Oberes Belvedere, Wien 2002, Abb. S. 74, Nr. 40f. 1958 malt Markus Prachensky im Haus von Arnulf Rainer in Gainfarn in Bad Vöslau die Serien „Rouge sur noir – Gainfarn“ und „Rouge sur blanc – Gainfarn“ in Lack auf Leinwand oder Hartfaser. Begleitend und als Vorbereitung entstehen Papierarbeiten auf schwarzem oder weißem Bütten. Die Befreiung der Farbe aus jeglichem geometrischen Gerüst und die Vormachtstellung eines kräftigen Rot sind hier bereits weit gediehen und werden dann in den Aktionen „Peinture Liquide“ 1959 am Fleischmarkt in Wien und 1960 in Aschaffenburg auf die Spitze getrieben. 1958 ist auch ein Jahr der engen Zusammenarbeit Markus Prachenskys mit Arnulf Rainer und einer intensiven gemeinsamen Ausstellungstätigkeit. Im April werden Arbeiten der beiden Künstler in der „Galerie 33“ in Bern, im Mai / Juni in der Galerie nächst St. Stephan in Wien gezeigt. Zur letztgenannten Ausstellung erscheint ein Faltblatt mit Markus Prachenskys Gedicht „rot auf schwarz / rot auf schwarz / rot auf schwarz“ als Plakat. 54 Heftige, rasch ins Bild gesetzte Pinselstriche überdecken einander in kreuz und quer gesetzten Lagen. Einzelne Farbspritzer verlassen das engmaschig konstruierte „Farbknäuel“ über den Rand hinaus und verweisen auf eine gedachte, mögliche Fortsetzung jenseits der durch das Papier gesetzten Grenzen. Das Bütten scheint für die Wucht der Farbexplosion fast zu klein dimensioniert. Hier ist Markus Prachensky dem französischen Informel am nächsten. Parallelen zur lyrischen Abstraktion eines Georges Mathieu oder Wols drängen sich auf. Konstruktive und geometrische Elemente werden zugunsten einer spontanen Improvisation aufgegeben, ein skripturaler Gestus bestimmt das Bild, wobei bei Markus Prachensky schon hier die Wucht der Geste und die Reduktion auf einen Farbton über Vergleichbares hinaus auf seine weitere Entwicklung verweisen. 55 Markus Prachensky 43 Glasfensterentwurf für die Christus der König-Kirche, Ruhstorf 1960-62 Ausführung der Glasfenster in der Glasmalereiwerkstatt Ludwig Derix, Rottweil Mischtechnik auf Papier, darüber graues Papier mit Motivausschnitt, Entwürfe kaschiert auf Kartonmappe Rechts oben in der Mappe signiert PRACHENSKY Mappe geöffnet: 48,8 x 140 cm Provenienz: Glasmalereiwerkstatt Ludwig Derix, Rottweil Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Eine Retrospektive“, Österreichische Galerie Belvedere, Oberes Belvedere, Wien 2002, Abb. S. 65 vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red“, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 106f. Christus der König-Kirche, Ruhstorf, Deutschland 56 Zum Schaffen Markus Prachenskys zählen auch mehrere Glasfenster von Sakralbauten, primär in Deutschland, wo er durch seine Ausstellungstätigkeit und vor allem die Malaktion in Aschaffenburg einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden war. Seine frühesten Entwürfe entstehen 1957 für die St. JosefsKirche in Hasloch bei Würzburg. Zwischen 1960 und 1962 arbeitet Prachensky an den Fenstern der Christus der KönigKirche in Ruhstorf an der Rott in der Nähe von Passau. Beide Sakralbauten stammen von dem Architekten Hans Schädel, dem Diözesan- und Dombaumeister des Bistums Würzburg und Leitfigur des Sakralbaus in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. In den Jahren 1948 bis 1973 werden unter seiner Leitung 56 Kirchen gebaut. Von 1965 datieren zwei Glasfenster Prachenskys für die St. Ulrichs-Kirche in Stuttgart und ab 1973 finden sich drei in der Apsis der gotischen Stadtpfarrkirche St. Marien in Enns in Oberösterreich. Unsere Entwürfe sind Vorarbeiten zur Christus der König-Kirche in Ruhstorf. Christkönigkirchen gibt es in Deutschland seit 1926, als das erste Gotteshaus in Bischofsheim bei Mainz ein solches Patrozinium erhielt. Die Christkönigsverehrung betont die Königsherrschaft Gottes im Gegensatz zur weltlichen Politik, bezieht sich aber auch auf die Passion Christi, als sich dieser von Pilatus als „König der Juden“ titulieren ließ. Das kräftige Rot und Orange in der Darstellung der Glasfenster kann als Zeichen der Passion gedeutet werden. Im Gegensatz zu unserem Entwurf, der von runden Formen geprägt ist, ist im ausgeführten Fenster die Kreuzform als Sinnbild der Leiden und Auferstehung Christi deutlicher hervorgehoben. Die schwarzen Pinselzüge, die wohl für die seitlichen, schräg nach unten verlaufenden Partien gedacht sind, erinnern in ihrem skripturalen Gestus an japanische Schriftzeichen, sind aber in der Endausführung weitläufiger und länger gestreckt, wodurch sich die zum Scheitelpunkt der Fenster hin entwickelnde Aufwärtsbewegung noch verstärkt. Christus der König-Kirche, Ruhstorf, Deutschland 57 Markus Prachensky 44 Acht Skizzen 1962 Glasfensterentwürfe für die Christus der König-Kirche, Ruhstorf Tusche und Bleistift auf Papier Je 30 x 21 cm Provenienz: Glasmalereiwerkstatt Ludwig Derix, Rottweil 58 59 Markus Prachensky 45 Sechs Skizzen 1962 Markus Prachensky 46 Sechs Skizzen 1962 Glasfensterentwürfe für die Christus der König-Kirche, Ruhstorf Tusche und Bleistift auf Papier Je 30 x 21 cm Provenienz: Glasmalereiwerkstatt Ludwig Derix, Rottweil Glasfensterentwürfe für die Christus der König-Kirche, Ruhstorf Tusche bzw. Tusche und Bleistift auf Papier Je 30 x 21 cm Provenienz: Glasmalereiwerkstatt Ludwig Derix, Rottweil 60 61 Markus Prachensky 47 „Solitude“ 1965 Acryl auf Büttenpapier Rechts oben signiert und datiert PRACHENSKY 65 70,3 x 50,7 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red”, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 81 62 Markus Prachensky 48 „Solitude“ 1964 Tusche und Bleistift auf Papier Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 64 Rückseitig signiert, datiert und gewidmet: Markus PRACHENSKY 1964 für Anita Kropp herzlichst P. 70 x 51 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Eine Retrospektive“, Österreichische Galerie Belvedere, Oberes Belvedere, Wien 2002, Abb. S. 117, Nr. 75 „Einsamkeit braucht keine Adresse: Solitude.“1 Die 1964-65 entstandene Serie „Solitude“ ist eine der ganz wenigen Werkfolgen, die in der Bildbezeichnung keinen Ortsnamen, sei es jener der Adresse des Ateliers oder der Name des Landstriches, der Prachensky als Inspirationsquelle diente, tragen. Sie ist in einer wichtigen frühen Schaffensphase entstanden, die von einer intensiven Reisetätigkeit und ständigen Umzügen geprägt ist. Markus Prachensky malt in Ateliers in Wien, Aschaffenburg, Karlsruhe, Berlin und Stuttgart, seine Arbeiten werden im Louvre in Paris, in London, Berlin, Bochum, München und Amsterdam gezeigt. 1964 entstehen in Stuttgart die Bilder „Solitude – rot und weiß“, „Solitude – rot und grün“ und „Solitude – rot und violett“, 1965 in Berlin „Solitude – rot und rot“ und „Solitude – rot und blau“. In den Arbeiten der gesamten Werkfolge kombiniert Prachensky kalligrafische Elemente in Rot am unteren Bildrand, die sich vom weißen Grund abheben, mit fast monochromen Farbfeldern im oberen Bereich. In nebenstehender Papierarbeit, die, 1964 entstanden, schon auf die Berliner Serie „Solitude – rot und blau“ verweist, hat sich aus dem mitternachtsblauen Farbfeld, das die oberen zwei Drittel bedeckt, ein Tuscheklecks gelöst und fließt 64 in eine der unteren Dreiecksformen hinein. Auf einem breiten, roten Farbblock reihen sich hier relativ symmetrisch geometrische Formen, durch einen breiten Pinselstrich miteinander verbunden, aneinander, wobei zwei Quadrate rechts und links die beiden Dreiecke in der Mitte einrahmen. Die unteren Formen bilden gleichsam das Fundament, wobei sie in ihrer durchscheinenden, leichten Farbigkeit im Kontrast zum dunklen Farbblock darüber stehen. „Das frei Schweifende [...] verdichtet sich, immer aufs Neue, zu strukturierten Figuren, die wie Schriften, durch den geistigen Rhythmus ihrer Bewegung, Gehalt und Bedeutung erkennen lassen.“2 Die Serie „Solitude“ markiert in ihrer architektonischen Geschlossenheit, gepaart mit dem scheinbar spontan gesetzten Pinselduktus, einen Wendepunkt im Schaffen Markus Prachenskys, welcher erst die Weiterentwicklung der Folgejahre ermöglicht. Insofern kann man die Bedeutung dieser Werkfolge nicht genug betonen. 1 Wolfgang Fleischer, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky“, Willy-Brandt-Haus, Berlin 2000, Galerie Georg Nothelfer, Berlin 2001 und Galerie Ulysses, Wien 2001, S. 11 2 Otto Mauer, Eröffnungsrede in der Galerie Springer, Berlin 1960, in: Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“, Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, S. 20 Markus Prachensky 49 „Montanara“ 1971 Lack auf Karton auf Hartfaser Rechts oben signiert und datiert Prachensky 71 55 x 46 cm Im originalen Passepartout Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Eine Retrospektive“, Österreichische Galerie Belvedere, Oberes Belvedere, Wien 2002, S. 203 „Montanara“ ist 1971 nach der Rückkehr Markus Prachenskys aus Kalifornien und nach einer Mexikoreise entstanden. Da der Künstler gesundheitlich etwas angeschlagen ist, reist er nach Südtirol, wo er die Serie der kleinformatigen „Montanara“Bilder malt. Er arbeitet in Lack auf Karton und Hartfaser und schafft eine intensive, verdichtete Serie, „in deren ruhigen Schichtungen der Landschaftsbezug von sichtbarer Deutlichkeit ist”1. Die Werkgruppe markiert den Übergang von den kompakten Arbeiten der „Red on white – Los Angeles“-Serie zu den immer aufgelockerteren Bildern der kommenden Jahre. Auf nachtschwarzem Grund erhebt sich ein kräftiges Rot in mehreren Schattierungen, im unteren Teil getragen von einem satten Grün, das mit vorwitzigen Spritzern in die obere, dunkle Hälfte vordringt. Die rote Form ist zum rechten Bildrand hin offen, lässt in ihrem Zentrum noch den Blick auf das Grün frei, das sich scharf gegen die nachtschwarze Fläche darüber abgrenzt. Das Bild lebt von Kontrasten: das helle Rot und Grün, die sich leuchtend von dem undurchdringlichen Schwarz abheben, die lebendig und dynamisch-bewegte rote Form im Gegensatz zu den parallel angelegten Farbtönen des Bildgrundes. Auch die Emotionen des Betrachters werden hin- und hergerissen zwischen Meditation im undurchdringlichen Schwarz und Euphorie, erzeugt durch das lebendig-pulsierende Rot, das in dem sanften Grün seinen Gegenpol findet. Nichts bleibt dem Zufall überlassen, jedes Detail ist genau durchdacht und geplant und dennoch ist alles von einer Spontaneität und Impulsivität durchdrungen, die dem Werk Markus Prachenskys einen unverwechselbaren und hohen Stellenwert in der österreichischen Malerei zuweisen. Seine Arbeiten sind voll Leben und Kraft und vermögen in ihrer meisterhaften Umsetzung zu beeindrucken. Der Künstler steigert „die Bedeutungsvielfalt durch radikale Reduktion. Das ist es, was Markus Prachensky mit jeder neuen Serie leistet”2. 1 Wolfgang Fleischer, Markus Prachensky, Wien 1990, S. 27 2 Wolfgang Fleischer, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky“, Willy-Brandt-Haus, Berlin 2000, Galerie Georg Nothelfer, Berlin 2001 und Galerie Ulysses, Wien 2001, S. 22 66 Markus Prachensky 50 „S. Angelo Duke“ 1977 Acryl auf Leinwand Links unten signiert und datiert PRACHENSKY 77 Rückseitig doppelt signiert und datiert Markus PRACHENSKY 1977, betitelt: „S. Angelo-Duke-A-Size-I.-1977 100,5 x 70,5 cm Lit.: vgl. Wolfgang Fleischer, Markus Prachensky, Wien 1990, Abb. Nr. 45ff. vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky“, Neue Galerie der Stadt Linz [u.a.], Linz, Graz und Innsbruck 1997-98, Tafel 20 vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Eine Retrospektive“, Österreichische Galerie Belvedere, Oberes Belvedere, Wien 2002, Abb. S. 136f., Nr. 89f. 1975 bereist Markus Prachensky die italienische Region Apulien zum ersten Mal. Im Dezember 1976 markieren drei Kleinformate den Beginn der Serie „Monte S. Angelo“. Die knapp 13.000 Einwohner zählende Stadt Monte Sant´Angelo liegt an den südlichen Hängen des Gargano an der italienischen Ostküste und nennt die dem Erzengel Michael geweihte Grottenkirche San Michele eine ihrer Hauptattraktionen. Ihre Bedeutung als einer der ältesten Pilgerorte des Abendlandes wird durch den Vermerk auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes eindrucksvoll dokumentiert. Im Folgejahr 1977 entsteht die Werkfolge „S. Angelo Duke“, begleitet von der Musik des berühmten amerikanischen JazzMusikers Duke Ellington. Hauptmerkmal der Serie ist ihre besondere Expressivität, die Verwendung von Farben wie Dunkelbraun, Orange, Violett und der verschiedensten Rottöne. Die Leinwände beginnen sich zu füllen, Tropf- und Spritzspuren laufen in alle Richtungen, der weiße Grund ist zum Großteil bedeckt, die Komposition sprengt 68 fast den Rahmen, quillt über die Ränder hinaus. Den tektonischen Bildaufbau, der immer wieder die Liebe zur Architektur durchblitzen lässt, gibt Markus Prachensky hier zugunsten einer überbordenden Dynamik kurzfristig auf. „Es geht ums Lasieren, Überschneiden, Überdecken, ums Fließen und Spritzen der immer enger zusammenrückenden Farben. Dabei entsteht, neben der so einfach überzeugenden Form, eine ganze Welt voller Details mit einer eigenen Dynamik. Natürlich ist das kein Zufall: alles Spritzen und Überfließen gehört an bestimmte Stellen und ist längst vor der Bildwerdung ein Teil der Planung.“1 Diese Merkmale kennzeichnen die Arbeiten Markus Prachenskys bis in die 1980erJahre hinein, wo sich die Formen in „Etruria“, „Maremma“ und „Umbria“ wieder verfestigen und gerade Balken als Kontrapunkte zu expressiv ausufernden Teilen gesetzt werden. 1 Wolfgang Fleischer, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky“, Willy-Brandt-Haus, Berlin 2000, Galerie Georg Nothelfer, Berlin 2001 und Galerie Ulysses, Wien 2001, S. 21 Markus Prachensky 51 „Etruria Meridionale“ 1981 Acryl auf Leinwand Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 81 Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus PRACHENSKY 1981 „Etruria meridionale-28-1981“ 176 x 131 cm Provenienz: Privatbesitz Boston Lit.: vgl. Wolfgang Fleischer, Markus Prachensky, Wien 1990, Tafel 73 Die unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg international einsetzende abstrakte Malerei galt den jungen Künstlern (und auch ihrem Publikum) als Symbol eines neuen Aufbruchs und einer wiedererlangten Freiheit. Namen wie Jackson Pollock, Robert Motherwell, Franz Kline oder Georges Mathieu stehen für die vielfältigen internationalen Ausprägungen dieser machtvollen neuen Strömung. In Österreich setzt sich vor allem Markus Prachensky von Anfang an ohne Wenn und Aber mit der Abstraktion auseinander und gestaltet so maßgeblich den künstlerischen Aufbruch nach dem Krieg voll Hoffnung und Optimismus mit. Nach den so kraftvollen und unvermittelt einsetzenden „Paukenschlägen“ der Serien „Rouge sur Noir“ sowie „Rouge sur Blanc“ und den Ausstellungserfolgen in der Gruppe St. Stephan um Monsignore Otto Mauer folgt eine jahrzehntelange, intensive Reisetätigkeit, deren Zielorte oft die Inspiration zu Gemälden und deren charakteristischen Bildtiteln sind. Markus Prachensky beginnt nach oft wechselnden Stationen wie Paris, Stuttgart, Berlin oder Los Angeles und zahlreichen viel beachteten und erfolgreichen Ausstellungen ab Mitte der 1970er-Jahre wiederholt die verschiedenen Regionen Italiens zu bereisen und ist begeistert von der Schönheit und Farbenpracht der Toskana oder Apuliens. Die hier im Laufe eines Jahrzehnts gemalten Serien wie „Puglia marina“, „S. Angelo Duke“, „Etruria“, „Maremma“ oder „Umbria“ markieren kraftvolle Weiterentwicklungen und neue Höhepunkte seines bisherigen Oeuvres. Im Frühjahr 1980, ein Jahr, nachdem die Akademie der bildenden Künste in Wien Markus Prachensky mit einer umfangreichen Retrospektive gewürdigt hat, reist der Künstler in die Toskana und besucht auch die etruskischen Ausgrabungsstätten in Umbrien und Latium. Besonders die jahrtausendealten, oft wieder von der Natur überwachsenen Siedlungen und Nekropolen von Cerveteri, Populonia und Norchia mit ihren in den Tuffstein gemeißelten Grabarchitekturen faszinieren den Künstler und finden großartige malerische Ausformungen in den Serien „Etruria“ (1980), „Etruria Meridionale“ (1981) sowie „Etruria Blues“ (1982). 70 Das hier gezeigte Bild gehört zur – mittlerweile sehr selten zu findenden – Serie „Etruria Meridionale“ und ist 1981 entstanden. Auf eine „raw canvas“, der besseren Kontrollierbarkeit der Pinselführung wegen, setzt Markus Prachensky eine feste Basis aus roten, grünen und ultramarinblauen vertikalen Balken. Die strenge und klare Architektur der Farbbahnen, die in virtuos gesetzten Spritzern enden – scheinbar zufälliger Ausfluss eines ungestümen Malvorganges – wird durch das intensive, dynamische Farbenspiel nochmals ins Monumentale gesteigert. Regelrecht auf die Spitze getrieben hat der Künstler hier das Spannungsverhältnis zwischen einfacher Formgestalt und Komplexität der Farbwirkung. Ein großartiges Gemälde, eine „Harmonie parallel zur Natur“, wie Cézanne das Malen verstanden hat, in dem ferne Reminiszenzen an die hohen, in den Fels gehauenen Arkaden und Scheintüren der einst bunt bemalten Fassaden der Totenstädte vor dem geistigen Auge des Betrachters auftauchen. „Von Erfahrung gesättigt, malt der mit einem heute fast schon altertümlich anmutenden Können gesegnete Künstler, als ob es ihm um nichts Anderes ginge als um unkontrollierte Selbstentäußerung, um Spontaneität und Improvisation: in Tat und Wahrheit ist jedoch der starke Ausdruck kontrolliert wie nur je einer. Nicht zuletzt daher rühren die Größe und die Wirkung der Malerei von Markus Prachensky.“1 1 Klaus Albrecht Schröder, Der Klang der Bilder. Notizen zu Markus Prachensky, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Die Akademiejahre. Die Bilder 1983-2000“, Akademie der bildenden Künste, Wien 2000, S. 11 Markus Prachensky 52 „Umbria Rot“ 1988 Acryl auf Leinwand Rechts oben signiert und datiert PRACHENSKY 88 Rückseitig betitelt und datiert: „Umbria rot-16-1988“ 160 x 130 cm Lit.: vgl. Wolfgang Fleischer, Markus Prachensky, Wien 1990, Tafel 116ff. vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky“, Neue Galerie der Stadt Linz [u.a.], Linz, Graz und Innsbruck 1997-98, Tafel 27 Markus und Brigitte Prachensky, 1984 1980 ziehen die etruskischen Ausgrabungsstätten Markus Prachensky das erste Mal nach Umbrien. Weitere Besuche folgen und ab 1986 betitelt er mehrere Werkserien mit „Umbria“, teils noch mit einem Zusatz versehen. Nach „Umbria“ und „Umbria Cantata“ folgt 1988 der Zyklus „Umbria Rot“. Wie der Name schon verrät, dominiert hier wieder einmal die Farbe Rot, wobei das Gelb, Grün, Blau und Braun der vorhergehenden Serien nicht gänzlich verschwunden sind. Hat Prachensky in „Umbria“ die Leinwände fast vollends mit Farbe bedeckt und vertikale und horizontale Streifen miteinander kontrastiert, so wachsen die quer gelagerten Pinselzüge in „Umbria Cantata“ von den Seiten ins Bild, wobei auch hier wenig vom Weiß des Bildgrundes freigelassen wird. In „Umbria Rot“ stößt die Farbe in heftigen Zügen von unten, an zwei Stellen von rechts ins Bild. Das obere Drittel bleibt weiß. Leicht schräg gestellt berühren und überlagern die Pinselstreifen einander, manche sind etwas kürzer, manche länger ausgeführt. Das Rot beherrscht die rechte 72 Hälfte über die Mitte hinaus und bedrängt und dominiert die vier andersfarbigen Striche links im Bild. Wie ein letztes Aufbäumen der Andersfarbigen thront ein grellgelber Farbtupfen auf dem blauen Band ganz links und versucht, spritzend in den Raum darüber vorzudringen. Man sieht also, wie die von ein und derselben Landschaft gewonnenen Eindrücke doch zu vollkommen unterschiedlichen Bildlösungen führen können. „Welches Format, welcher Bildinhalt angemessen ist, welche Proportionen für das Verhältnis der Farben zu wählen sind, welche Ansätze weitergeführt und welche verworfen werden müssen – in Hinsicht auf solche Fragen ist Erfahrung viel wert. Das Entscheidende an einem Bild aber muss immer wieder erkämpft werden, jedesmal neu.“1 1 Markus Prachensky, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Eine Retrospektive“, Österreichische Galerie Belvedere, Oberes Belvedere, Wien 2002, S. 29 Markus Prachensky 53 „Umbria Quartetto“ 1989 Acryl auf Leinwand Rechts oben signiert und datiert PRACHENSKY 89 Rückseitig betitelt und datiert: Umbria quartetto-7-1989 160 x 120 cm Lit.: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky“, Neue Galerie der Stadt Linz [u.a.], Linz, Graz und Innsbruck 1997-98, Tafel 28 Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“, Essl Museum, Klosterneuburg/ Wien 2007-08, Abb. S. 58 (Atelierfoto linke Spalte) Brigitte und Markus Prachensky im Atelier in der Baumgasse Mit Bezug auf die zwei Jahre früher entstandene Serie „Umbria Cantata“, in der der Rhythmus von Bachkantaten mit ihrer eindrucksvollen kompositorischen Struktur und einer Vielfalt an Formenkombinationen Einfluss auf die Kompositionen nimmt, gibt es auch in „Umbria Quartetto“ horizontale Farbbalken, die seitlich ins Bild wachsen und auf vertikale Pinselstriche treffen, geradezu von ihnen angehalten werden. Allerdings lässt Markus Prachensky hier wesentlich mehr vom Bildgrund frei und verdichtet die Formen ausschließlich am unteren Bildrand. Lediglich zarte, grüne Farbspritzer erobern den Raum darüber. Der Eigenart der späten Quartette Ludwig van Beethovens ist hier Tribut gezollt. Die Kompaktheit und Geschlossenheit des unteren Bilddrittels steht im Kontrast zur Leere darüber. Man hat das Gefühl, dass 74 die dunklen und roten Farbbalken schwer nach unten sinken. Dabei werden sie von einem etwas kürzeren, grellgelben Streifen abgefangen, dessen Leichtigkeit und Transparenz – das Violett des darüber liegenden Pinselzuges schimmert durch die gelbe Lasur – ein Aufwärtsstreben vermitteln. Nach links hin prallt der Farbblock in einen vertikalen, grünen Streifen, der von einer quer dazu stehenden, gleichfarbigen Strebe abgestützt scheint, wie um die Wucht des Aufpralls von rechts abzuwehren. Der Eindruck eines vehementen Abbremsens und der dadurch aufeinander prallenden Kräfte wird noch durch die Farbspritzer, welche die abgerundeten Enden absondern, verstärkt. Eine machtvolle Komposition, die mit ihrem Spiel von Dichte und Leere, von Leichtigkeit und Schwere zu beeindrucken vermag. Markus Prachensky 54 „Gallura“ 1990 Acryl auf Leinwand Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 90 Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus PRACHENSKY 1990 „Gallura-8-1990“ FL 155 x 120 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky“, Neue Galerie der Stadt Linz [u.a.], Linz, Graz und Innsbruck 1997-98, Tafel 30 Markus Prachensky bereist 1989 Sardinien und arbeitet im Folgejahr an der Serie „Gallura“, benannt nach der granitreichen Region im Nordosten der Mittelmeerinsel. Es ist ein märchenhafter Landstrich, umgeben von einem türkis leuchtenden Meer mit bizarrer Felskulisse und einer kargen Hügellandschaft mit noch unverfälschten, charmanten Dörfern im Landesinneren. Hier geht es dem Künstler vor allem um die Eigenschaften der Materie und die Kraft, die unsere Welt zusammenhält. Seine Bildinspiration sind die vielfältigen Erscheinungsformen und Texturen dieser Landschaft und des sie umgebenden Meeres, die er in dieser Serie beeindruckend zu reduzierten Form- und Farberlebnissen 76 verdichtet. Außer Rot verwendet er hier ein intensives Gelb, leuchtendes Grün und verschiedene Blautöne. Die Farbfelder werden überlagert von einem umbrafarbenen, rasterartigen Gitterwerk, einzelne, nach oben und unten wegspritzende Farbtupfer verleihen der Komposition trotz der fest im Bildfeld verankerten Formen eine gewisse Dynamik, die auch durch die Schräglagerung des Rasters und die Überschneidung der Farbfelder durch die Bildränder unterstrichen wird. Solche frühen Leinwandbilder des Künstlers sind heute am Kunstmarkt sehr selten zu finden. Markus Prachensky 55 „Luxor Swing“ 1997 Acryl auf Leinwand Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 97 Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus PRACHENSKY 1997 „Luxor Swing-17-1997“ 165 x 120 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky“, Südtiroler Kulturinstitut, Waltherhaus, Bozen 1999, Abb. 21ff. vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Die Akademiejahre. Bilder 1983-2000“, Akademie der bildenden Künste, Wien 2000, Tafel 24f. vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Eine Retrospektive“, Österreichische Galerie Belvedere, Oberes Belvedere, Wien 2002, Abb. S. 178f., Nr. 123f. 1996 reist Markus Prachensky nach Ägypten und besucht Kom Ombo und die Tempel in Assuan und Luxor. Die riesige Tempelanlage in Luxor wurde in mehreren Bauphasen errichtet und war ursprünglich durch eine Sphingenallee mit dem 2,5 Kilometer entfernten Karnak-Tempel verbunden. Als Bauherren des LuxorTempels fungierten Thutmosis III., Amenophis III., Amenophis IV. (Echnaton), Tutanchamun, Haremhab und Ramses II. Auch heute noch, als Ruine, ist die Architektur mit ihren monumentalen Ausmaßen beeindruckend. Geweiht war die Anlage dem Gott Amun, seiner Gemahlin Mut und deren Sohn Chons, dem Mondgott. Prachenskys 1997 wieder zu Jazzmusik entstandene Serie heißt „Luxor Swing“. 78 Wie auch in den späteren römischen Bildern „Imperium Romanum“ steht das Problem der Lastverteilung im antiken Tempelbau im Zentrum der Komposition. Die breiten, hell- und dunkelroten Balken tragen einen ockerbraunen, horizontal gelagerten Teil. Diese Spannung aus Horizontale und Vertikale, die noch durch die unterschiedliche Farbigkeit unterstrichen wird, bestimmt das Bild. Den braunen Querbalken hat Markus Prachensky wohl als Erstes ins Bild gesetzt und so die Komposition in ihren Grundzügen angelegt, die Farbspritzer und Ausläufer der roten Pinselstriche überdecken die Ockerform. Einmal mehr beeindrucken die Dramatik und Spannung im Bild, die durch den Kontrast aus Statik und Dynamik, tiefer Ruhe und hervorbrechender Emotion entstehen. Markus Prachensky 56 „California Revisited“ 2001 Markus Prachensky 57 „California Revisited“ 2001 Acryl auf Büttenpapier Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 01 78,5 x 53,5 cm Acryl auf Büttenpapier Links unten signiert und datiert PRACHENSKY 01 78,5 x 53,5 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“, Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 70 Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“, Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 71 80 81 Markus Prachensky 59 „Cinque Terre“ 2003 Acryl auf Büttenpapier Rückseitig bestätigt: Nachlass Markus Prachensky „Cinque Terre – 2003“ bestätigt von Brigitte Prachensky Jänner 2016 Mit einer Expertise von Brigitte Prachensky, Wien 53,5 x 78,5 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“, Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 98f. Markus Prachensky 58 „Cinque Terre“ 2003 Acryl auf Büttenpapier Rückseitig bestätigt: Nachlass Markus Prachensky „Cinque Terre – 2003“ bestätigt von Brigitte Prachensky April 2016 Mit einer Expertise von Brigitte Prachensky, Wien 54 x 78,5 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“, Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 98f. 82 83 Markus Prachensky 60 „Senatus Populusque Romanus“ 2004 Acryl auf Leinwand Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 04 Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus PRACHENSKY 2004 „Senatus Populusque Romanus-2004“ 145 x 110 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red“, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 205 und S. 209 „Es geht um Schrift. Um Kalligraphie. Die Bilder wollen gelesen werden. Das Unentzifferbare der Zeichen will verstanden werden. Nein. Es geht um gefühlte Gestik. Um Spontaneität. Es geht um Kraft und Energie, nicht Überlegung und Kalkül. Nein. Es geht um Architektur. Also um Konstruktion. Um Statik und unverrückbare Festigkeit. Um Harmonie der Teile. Um Propositionen. Es geht um all dies und doch um ganz anderes. Prachenskys Bilder handeln vom Drama der Existenz. Von ihrer Tragik. Auch von der Komödie. Denn das Leben ist heiter und ernst zugleich, komisch und doch immer blutig. Bis zum Letzten.“1 Kein anderer Werkzyklus ist so geprägt vom architektonischen Verständnis des Künstlers wie „Imperium Romanum“, 2004 bis 2006 nach mehreren Romreisen und der intensiven Auseinandersetzung mit der römischen Geschichte und Architektur entstanden. Die Werkgruppe besteht aus mehreren Serien: „Senatus Populusque Romanus“, 2004, „Senatus Consultum“, 2005, und „Farnesina Dixie“, 2006. Gesehenes und Erlebtes fließen hier in die Bilder ein. Wir entdecken Reminiszenzen an die römische Architektur, an Tempelbauten und Paläste, Ausgrabungen und Ruinen, die durch ihre großartige Bauweise die Zeit überdauert haben. Die Erinnerung an diese Stätten transformiert Markus Prachensky in seine gestische Malerei. Sein Gefühl für die tragenden Elemente, für die Konstruktionsgesetze des antiken Bauens setzt er in säulenartige Farbstreifen, Bögen und tympanonähnliche Elemente um. Mit den monochrom schwarzen Bildhintergründen der Serie „Senatus Consultum“ 84 verstärkt er die Leuchtkraft der in allen Arbeiten dominierenden Rottöne noch. In „Farnesina Dixie“ heben sich die etwas heiterer und verspielter wirkenden Formen von einem grauen Grund ab – eine Reminiszenz an den gleichfarbigen Hintergrund der Fresken in der Casa della Farnesina in Trastevere, die sich Agrippa, Freund und Weggefährte des Augustus, erbauen ließ. Das Auflockern der Tektonik mag auch mit dem Einfluss des Dixieland Jazz zu tun haben, der beim Malen dieser Serie unterbewusst vorhanden war. Wie prägend die Eindrücke von Rom, das er seit den frühen 1980er-Jahren immer wieder besucht hat, für sein Schaffen gewesen sind, beschreibt der Künstler selbst am besten: „Schon prima vista wusste ich, dass mich diese Stadt verschlingen würde – und sie tat es auch. Ich blieb übrig als Liebhaber und Maler und, wie ich glaube, als Chronist Roms aus meiner Sicht [....] Egal wo auf der Welt ich mich gerade befand, lebte ich seit meiner Jugend in Rom. Jetzt lebe ich in Rom, obwohl ich mich in Wien befinde und hier male, hier fresse ich fröhlich in mich hinein Rom, die Römer, die römische Küche, trinke die römischen Weine, lese die Geschichte des römischen Weltreichs, der römischen Weltsicht, und bin froh, nicht ein strenger und züchtiger Grieche sein zu müssen.“2 1 Klaus Albrecht Schröder, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Die französischen Bilder“, Galerie Ulysses, Wien 2010, [o.S.] 2 Markus Prachensky, 2004, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Imperium Romanum“, Galerie Ulysses, Wien 2007, [o.S.] Markus Prachensky 61 „Senatus Populusque Romanus“ 2004 Acryl auf Büttenpapier Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 04 57,5 x 76,5 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“, Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 100f. Markus Prachensky 62 „Senatus Populusque Romanus“ 2004 Acryl auf Büttenpapier Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 04 57 x 76,3 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“, Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 100f. 86 87 Markus Prachensky in Rom Markus Prachensky 63 „Senatus Consultum“ 2005 Acryl auf Leinwand Links unten signiert und datiert PRACHENSKY 05 Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus PRACHENSKY 2005 „Senatus Consultum-2005“ 170 x 150 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“, Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 78f. vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red“, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 215 88 Markus Prachensky 64 „Senatus Consultum“ 2005 Acryl auf Leinwand Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 05 Rückseitig betitelt und datiert: „Senatus Consultum-2005“ 130,5 x 115 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“, Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 59 (Atelierfoto rechts unten) und S. 78ff. 90 Markus Prachensky 65 „Senatus Consultum“ 2005 Acryl auf Büttenpapier Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 05 70 x 62 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“, Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 102f. 92 Markus Prachensky 66 „Senatus Consultum“ 2005 Acryl auf Büttenpapier Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 05 69,5 x 62 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“, Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 102f. 93 Markus Prachensky 67 „Farnesina Dixie“ 2006 Markus Prachensky 68 „Farnesina Dixie“ 2006 Acryl auf Büttenpapier Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 06 58 x 79,5 cm Acryl auf Büttenpapier Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 06 79 x 59 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“, Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 104f. Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“, Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 104f. 94 95 Markus Prachensky 69 „Swing de Provence“ 2007 Acryl auf Leinwand Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 07 Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus PRACHENSKY 2007 „Swing de Provence-2007“ 160 x 210 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Prachensky. Frühe und späte Werke“, Essl Museum, Klosterneuburg/Wien 2007-08, Abb. S. 88f. vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red“, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 232f. 2007, im Anschluss an die römische Serie „Imperium Romanum“1, bereist der Künstler den Süden Frankreichs. Ursprünglich will er auch hier auf den Spuren der Römer wandeln und die Bauten in St. Rémy, Aix, Orange und Arles besichtigen. Was ihn aber nun viel mehr in seinen Bann zieht, sind die einzigartigen Landschaften des Luberon, der Alpes Maritimes und die Felsformationen von Les Mées, Sisteron, Les Baux und Roussillon. So entstehen anschließend im Atelier zu den Jazzklängen des Swing – jener Stilrichtung, die in den 1920er- und 1930er-Jahren in den USA ihre Wurzeln hat und als deren Inbegriff die Big Band des Pianisten Count Basie gilt – Arbeiten, in denen sich Markus Prachensky auf die beeindruckenden Felsformationen, die Hügel, Schluchten und das Licht der Provence bezieht. Die untere Bildhälfte der Leinwand wird bestimmt von fünf Spitzbögen in hellem und dunklem Rot, die einander rhythmisch überlagern. Die Scheitelpunkte werden von runden Klecksen markiert, deren Farbe nach allen Seiten wegspritzt und die in die schräg nach oben gelagerten, dunkelroten Balken der oberen Hälfte hineinragen. Die Komposition ist charakterisiert durch den eigentümlichen Kontrast zwischen der Statik, die durch die architektonische Bogenform vermittelt wird, und deren malerischer Ausformung, durch die alles in Bewegung zu geraten scheint. Eine inhärente Dynamik, die von den dunklen Farbbalken darüber vehement fortgesetzt wird. Sind es über imposanten Felstürmen dahinziehende Wolken, die den Maler hier inspiriert haben? In jedem Fall ist es die Struktur, das Gewachsensein der französischen Provence, die er hier gekonnt auf die Leinwand bannt. 1 „Senatus Populusque Romanus“ 2004, „Senatus Consultum“ 2005, „Farnesina Dixie“ 2006 96 Markus Prachensky 70 „Korsika Bebop“ 2008 Acryl auf Leinwand Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 08 Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus Prachensky 2008 „Korsika Bebop – 2008“ 190 x 140 cm „Korsika Bebop“ entsteht nach einer weiteren Korsika-Reise, auf der besonders die Halbinsel La Scandola mit ihren rot leuchtenden Felsen, die steil ins Meer abfallen oder wie versteinerte Giganten aus dem Wasser ragen, einen tiefen Eindruck hinterlässt. Zu diesen Naturimpressionen mischen sich die hektischen Bebop-Rhythmen, eine Jazz-Form jenseits der Unterhaltungsmusik, die sich Anfang der 1940er-Jahre abseits der großen Big Bands gebildet hatte. „Ein Jahr später besuchte ich neuerlich Korsika, aber diesmal nicht den Süden mit den stark geschichteten Kalksteinfelsen Bonifacios, sondern den Nordwesten der Insel, die roten 98 Porphyrfelsen der L´Île rousse oder La Scandola. Bebop war die Musik, die ich in den späten vierziger Jahren hörte, die im AFN1 sehr viel gespielt wurde, das war für mich, nach dem Chaos der Naziherrschaft und des Krieges, eine stark ordnende Kraft und zugleich Synonym für die Befreiung durch die Amerikaner. Aus Reminiszenz an diese Zeit und die Klippen Korsikas vor Augen entstand die Serie KORSIKA BEBOP.“2 1 American Forces Network 2 Markus Prachensky, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red“, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, S. 27 Markus Prachensky 71 „Korsika Bebop“ 2008 Markus Prachensky 72 „Korsika Bebop“ 2008 Acryl auf Büttenpapier Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 08 56,7 x 76,5 cm Acryl auf Büttenpapier Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 08 57 x 76,5 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red”, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 239 Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red”, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 239 100 101 Markus Prachensky 73 „Rythmes des Calanques“ 2009 Acryl auf Leinwand Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 09 Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus PRACHENSKY 2009 „Rythmes des Calanques-2009“ 200 x 150 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red”, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 245 2009 entsteht die Serie „Rythmes des Calanques“, die durch die Kombination von Rot, Gelb und leuchtendem Orange gekennzeichnet ist. Als Inspiration dienen hier die engen, steilwandigen Kalksteinbuchten an der französischen Mittelmeerküste, die so genannten Calanques. Die oft sehr tiefen und schmalen Einschnitte in die Felsküste haben fjordartigen Charakter und bestechen durch ihre einzigartige Flora und Fauna und das wie in der Karibik schillernde Meer. Der Künstler selbst beschreibt seine Eindrücke: „Im Jahr 2008 führte mich meine Herbstreise erneut nach Südfrankreich, um die Calanques, die über zwanzig Kilometer lange Steilküste zwischen Cassis und Marseille im Département Bouches-du-Rhône, zu sehen. Da für mich die Calanques, die ich von der Meeresseite aus sehen wollte, mit dem Boot nur unter großen Schwierigkeiten zu erreichen gewesen wären, ergab sich ein logistisches Problem, das ich durch das Chartern eines Helikopters lösen konnte. Von Vence startend flog ich über die Côte d’Azur nach Marseille und dann mehrfach das Massif des Calanques entlang und konnte so die Kalksteinfelsen sowie weite Teile des ebenen Hinterlands aus verschiedenen Höhen erleben. Der Eindruck von neuen Farben und Formen war unbeschreiblich. So entstanden die Bilder RYTHMES DES CALANQUES.”1 102 Die Bilder der Serie sind charakterisiert durch die Verbindung eines massiven, quer gelagerten Farbblocks aus parallelen, dicht aneinander gesetzten Pinselstrichen, der einmal von rechts, dann wieder von links ins Bild hineinragt und die steil aufsteigende Felsküste versinnbildlicht, mit kalligrafisch anmutenden Strichen, die diesen überlagern. Die wie römische Zahlen wirkenden Zeichen spritzen energiegeladen nach allen Seiten hin weg. Sie sind Symbol der Naturgewalten, die diese einzigartige Landschaft geprägt haben, von Wind und Wasser, von den formenden Kräften, die selbst harten Fels gestalten können. Einmal mehr gelingt es Markus Prachensky, die Schönheit der Natur und das eindrucksvolle Erleben derselben in seine kraftvolle Malerei umzusetzen und so gleichsam ein bildnerisches Äquivalent zu schaffen. 1 Markus Prachensky, 2009, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red”, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, S. 30 Markus Prachensky 74 „Rythmes des Calanques“ 2009 Acryl auf Leinwand Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 09 Rückseitig signiert, datiert und betitelt: Markus PRACHENSKY 2009 „Rythmes des Calanques-2009“ 105 x 140 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red”, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 250f. 104 105 Markus Prachensky 75 „Rythmes des Calanques“ 2009 Markus Prachensky 76 „Rythmes des Calanques“ 2009 Acryl auf Büttenpapier Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 09 56,5 x 76,3 cm Acryl auf Büttenpapier Rechts unten signiert und datiert PRACHENSKY 09 76,5 x 57 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red”, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 248f. Lit.: vgl. Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red”, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 248f. 106 107 Paolo Uccello, „Battaglia di San Romano“, 1438 National Gallery, London „Als ich zwanzig war, sah ich in den Uffizien zum ersten Mal das Bild La Battaglia di San Romano aus dem Triptychon von Paolo Uccello, das er im Auftrag der Medici gemalt hatte. Da profane höfische Malerei im Quattrocento eher selten war und in meinen Augen die Darstellungen der Heiligen und der christlichen Erzählungen in dieser Zeit zu süßlich wurden, faszinierten mich die Besessenheit Uccellos, seine Genauigkeit und starke Farbigkeit. Bald danach konnte ich das zweite der drei Bilder im Louvre besichtigen und die Thematik interessierte mich immer mehr und mehr. Zurückgekehrt nach drei Jahren Aufenthalt an der amerikanischen Westküste stand ich fünfzehn Jahre später vor dem dritten Bild des Triptychons in der National Gallery in London, ausgehungert nach der Kunst von good old Europe. Jetzt wurde mir klar, dass ich diese drei Bilder der italienischen Frührenaissance irgendwann in meine Malerei einbeziehen würde. 2010, fast sechzig Jahre nach meinem ersten Zusammentreffen mit Uccello in Florenz begann ich mit der Arbeit an meinem Zyklus La Battaglia di San Romano – Omaggio a Paolo Uccello.“1 Die berühmte Schlacht fand 1432 in der Nähe von Empoli statt. Siena kämpfte, unterstützt von Mailänder Soldaten, gegen den Erzrivalen Florenz, der als Sieger aus der Auseinandersetzung hervorging. Cosimo de Medici beauftragte einige Jahre später Paolo Uccello mit drei Tafelbildern, Sinnbildern seiner politischen Macht. Die drei Werke sollten das Erdgeschoss seines Florentiner Palastes zieren. Bereits im 19. Jahrhundert wurden sie aber auseinander gerissen und gingen an die unterschiedlichen Museen. 108 Markus Prachensky ist fasziniert von der ausgeklügelten Komposition der drei Bilder, dem Kontrast zwischen Bewegung und Statik, zwischen Verharren und dem rasanten Vorwärtsdrängen in den Schlachtenszenen – jener Spannung zwischen Archaik und Vergänglichkeit, die schon früh auch die Arbeiten Markus Prachenskys kennzeichnet. Inspirieren lässt er sich zusätzlich von der Farbigkeit der drei Werke Uccellos. So ist der Bildgrund der Serie, die sich auf das Tafelbild im Louvre bezieht, grün, das Büttenpapier der Gruppe, die auf den Teil des Triptychons in der National Gallery in London rekurriert, terrakottafarben und ein ocker Bildträger verweist auf die Triptychonstafel aus den Uffizien in Florenz. Die Anordnung der Pinselstriche im jeweiligen oberen Bildteil kann als abstrahiertes Muster der Lanzen aus den Arbeiten Uccellos gelesen werden. Lässt dieser in der Komposition Freiräume, so finden sie sich bei Markus Prachensky ebenfalls wieder, verdichten sich bei Uccello die Figuren am unteren Rand, so folgt auch Prachensky diesem Prinzip mit breiten Farbbalken. Es gelingt ihm, „die heftige Geste des Farbauftrags in Übereinstimmung zu bringen mit der formalen Fügung“2, die ihn an den Bildern Paolo Uccellos schon in jungen Jahren faszinierte. In der formalen Zuspitzung und der daraus resultierenden Dynamik tut sich eine Seelenverwandtschaft auf. Meisterhaft rezipiert Prachensky in dieser – seiner letzten – Serie das Prinzip von Ordnung und Unordnung, von Zügellosigkeit und Beherrschtheit und von Enge und Weite, die all unser Sein bestimmen. 1 Markus Prachensky, 2010, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. Retrospective in Red”, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, [o.S.] 2 Peter Iden, in: Ausstellungskatalog „Markus Prachensky. La Battaglia di San Romano. Omaggio a Paolo Uccello“, Galerie Ulysses, Wien 2011-12, [o.S.] Markus Prachensky 77 „La Battaglia di San Romano – London Red“ 2010 Acryl auf Büttenpapier Rückseitig bestätigt: Nachlass Markus Prachensky „La Battaglia di S. Romano – 2010“ bestätigt von Brigitte Prachensky April 2016 Mit einer Expertise von Brigitte Prachensky, Wien 59 x 80 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog “Markus Prachensky. Retrospective in Red”, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 264f. 109 Paolo Uccello, „Battaglia di San Romano“, 1438 Louvre, Paris 110 Markus Prachensky 78 „La Battaglia di San Romano – Paris“ 2010 Markus Prachensky 79 „La Battaglia di San Romano – Firenze“ 2010 Acryl auf Büttenpapier Rückseitig bestätigt: Nachlass Markus Prachensky „La Battaglia di S. Romano – 2010“ bestätigt von Brigitte Prachensky April 2016 Mit einer Expertise von Brigitte Prachensky, Wien 59 x 79,5 cm Acryl auf Büttenpapier Rückseitig bestätigt: Nachlass Markus Prachensky „La Battaglia di S. Romano – 2010“ bestätigt von Brigitte Prachensky April 2016 Mit einer Expertise von Brigitte Prachensky, Wien 58 x 79 cm Lit.: vgl. Ausstellungskatalog “Markus Prachensky. Retrospective in Red”, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 261 Lit.: vgl. Ausstellungskatalog “Markus Prachensky. Retrospective in Red”, Danubiana Meulensteen Art Museum, Bratislava 2013, Abb. S. 267 Paolo Uccello, „Battaglia di San Romano“, 1438 Uffizien, Florenz 111 Dieser Katalog erscheint anlässlich der Ausstellung Prachensky Herausgeber und Eigentümer Galerie bei der Albertina ∙ Zetter GmbH A-1010 Wien, Lobkowitzplatz 1 Tel. +43/1/513 14 16, Fax +43/1/513 76 74 [email protected] www.galerie-albertina.at Redaktion: Katharina Zetter-Karner, Christa Zetter Redaktionelle Mitarbeit: Monika Girtler, Andrea Schuster, Magdalena Track, Sophie Weissensteiner Texte: Sophie Cieslar, Stefan Rodler Lektorat: Andrea Schuster, Katharina Zetter-Karner Grafik-Design: Maria Anna Friedl Fotos:Archiv Prachensky Graphisches Atelier Neumann, Wien The Israel Museum, Jerusalem Louvre, Paris National Gallery, London Uffizien, Florenz Lithografie: Graphisches Atelier Neumann, Wien Druck: Graphisches Atelier Neumann, Wien © Galerie bei der Albertina ∙ Zetter GmbH, 2016 Angaben ohne Gewähr GALERIE BEI DER ALBERTINA ZETTER 113 www.galerie-albertina.at GALERIE BEI DER ALBERTINA ZETTER