Auswandern im Schnelldurchlauf

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Auswandern im Schnelldurchlauf
Emigration & Working Holidays
Report
Auswandern im
Schnelldurchlauf
W
arum Neuseeland? Am Anfang wollten wir
eigentlich nach Australien. Komischerweise
wollte das wohl fast jeder Neuzugang aus
Deutschland hier in Neuseeland. Viele schrecken allerdings vor den wilden und giftigen Tieren und den hohen
Temperaturen in Australien zurück. Wir nicht, es war
wohl eher das komplizierte Einwanderungsverfahren.
Wir hatten im Oktober 2006 eine Expo der Australier
in Berlin besucht, eigentlich nur um uns zu informieren, wie es denn so ist wenn man (wir) auswandern
möchte(n). Nicht dass wir Deutschland nicht mehr
mochten oder wie so manch einer die „Schnauze voll“
hatten. Uns ging es gut, wir hatten beide gut bezahlte
Jobs, eine Eigentumswohnung, Autos …
38 Unsere Familien und Freunde sagten: „Macht ihr mal!“
Ernst genommen hat uns wohl zu diesem Zeitpunkt
niemand.
Wir wollten etwas Neues beginnen. Wir wussten, wir werden nicht jünger und für uns war der Gedanke, uns irgendwann einmal zu sagen: „Hätten wir doch damals bloß …“
einfach unerträglich. Wir kamen aus der Expo und waren
fest entschlossen: Wir werden es versuchen!
Die nachfolgenden Wochenenden verbrachten wir dann
damit, uns über das Einwanderungsverfahren nach
Australien zu informieren, Lebensläufe hatte Markus
bereits in Berlin abgegeben. Das Verfahren gestaltete
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sich jedoch ziemlich zähflüssig und an einem verregneten Sonntagnachmittag im November fragten wir uns:
„Warum eigentlich Australien? Wir könnten doch auch
nach Neuseeland gehen!“
Informationssuche
Gesagt, getan! Die ersten Informationen sahen sehr
vielversprechend aus. Da die Neuseeländer im Gegensatz zu den Australiern keine Informationsveranstaltungen anbieten, recherchierten wir fleißig im Internet. Leider fanden wir keine wirklich erschöpfende
Quelle. Die Seite der Immigration enthält zwar alle
Informationen die man braucht, man muss jedoch
genau wissen, wonach man sucht (siehe dazu auch
den Beitrag von Peter Beiner, in der nächsten Ausgabe). Der nächste Schritt führt in zahlreiche Internet-Foren, allerdings wird hier sehr viel unfundiertes
Halbwissen meist ohne Quellenangaben und reichlich
Meinung statt Information verbreitet. Alles in allem
hatten uns die Foren mehr verwirrt als informiert.
Einen Durchbruch erzielten wir, als Markus von einem
Personalvermittler, Ervin, kontaktiert und angerufen
wurde. Er konnte uns dann genau erklären, welche
Möglichkeiten wir mit Visum oder Permanent Residence haben, welches Visum der Partner erhält und
worauf wir achten müssen. Wir standen noch im Kontakt mit zwei weiteren Personalvermittlern. Das Interesse war von allen Seiten groß, Konkretes ergab sich
allerdings nicht. Da wir gelernt hatten uns ein Ziel zu
setzen, legten wir uns auf einen Zeitraum bis März
2006 fest. Wenn sich bis dahin nichts ergeben würde,
würden wir das ganze Projekt fallen lassen – soweit
unser Plan.
Im Februar wollten wir dann „Nägel mit Köpfen“ machen
und wissen, wie realistisch unser Ziel wirklich war. Wir
buchten für Markus einen Flug nach Auckland, er vereinbarte vorab einen Termin bei einem der Personalvermittler. Der März-Termin stand und wir wollten wissen:
Haben wir eine Chance, in Neuseeland Fuß zu fassen
oder nicht?
Zehn Tage Jobsuche vor Ort
Markus flog also für zehn Tage nach Auckland, ein
paar Telefonnummern im Gepäck. Eine im Voraus
unterschriebene Kündigung hatte er vorsorglich bei
Christine zurück gelassen, da der nächste Kündigungstermin am Freitag vor der geplanten Rückkehr
lag. Von nun an ging es Schlag auf Schlag: Markus’
Ankunft in Auckland am Mittwochabend, einchecken im Hotel, Pre-paid Karte für das Handy kaufen und die drei Personalvermittler kontaktieren, mit
denen wir uns bereits ausgetauscht hatten. Die bei-
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den, bei denen Markus sich nicht angemeldet hatte,
waren ein wenig überrumpelt, aber dennoch zuversichtlich, ein oder zwei Termine vereinbaren zu können. Am Donnerstag war dann das erste Vorstellungsgespräch beim ersten Personalvermittler, am Freitag
beim zweiten Vermittler und beim ersten potenziellen
Arbeitgeber. Markus hatte wohl den Jetlag ein wenig
unterschätzt und konnte sich beim ersten Arbeitgeber nicht gewohnt sicher präsentieren. Der Ärger
darüber hielt sich jedoch in Grenzen, da diese Firma
auch nicht den besten Eindruck auf ihn machte. Die
Zeit verging wie im Flug und jeden Abend wurden die
Neuigkeiten brühwarm an Christine per Telefon und
Internet weitergegeben.
Am Wochenende war dann Zeit, sich Auckland und
Weiheke Island anzuschauen und ein wenig zu relaxen. Am Montag fand dann das Meeting mit Ervin
statt, der in Natura sogar noch freundlicher und professioneller war. Nachmittags erfolgte eine „Vorsondierung“ bei dem zweiten Personalvermittler. Am
nächsten Tag hatte Markus ein Vorstellungsgespräch
bei einer SAP-Consulting Firma, die einen sehr guten
Eindruck auf ihn machte. Nachmittags stellte sich
dann heraus, dass er den potenziellen Arbeitgeber
wohl ebenfalls beeindruckt hatte, denn er sollte sich
schon am nächsten Tag bei einem Kunden der Firma
vorstellen, man würde ihn dort für ein Projekt benötigen. Der Termin war ein voller Erfolg! Die anderen
beiden Personalvermittler konnten leider keine neuen
Termine in derselben Woche anbieten, hätten aber
Termine für die nächste Woche im Angebot. Doch da
musste Markus leider schon wieder zurück.
Als Markus im Februar 2006 von Deutschland nach
Neuseeland abgeflogen war, hoffte er auf ein Jobangebot ab Juli 2006, aber hier ticken die Uhren anders.
Die Consulting Firma war sehr interessiert an ihm,
aber das Problem war, dass Markus bei fristgerechter
Kündigung, unter Berücksichtigung aller Urlaubstage und der Überstunden, frühestens nach sechs
Wochen von Deutschland starten könnte. Sein potenzieller Arbeitgeber wollte ihn allerdings schon in vier
Wochen…
360° Autoren: Christine & Markus Müller
Christine und Markus Müller
sind im April 2006 nach Auckland ausgewandert. Beruflich
arbeitet Markus als Consultant
und Christine ist Administration
Assistant.
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360° EmigrationInfo
Wie finde ich einen Job in Neuseeland?
Schritt 1:
Zeugnisse und Abschlüsse
• bei einem beglaubigten Übersetzer ins Englische
übertragen lassen
• durch die NZQA (New Zealand Qualification Auth­or­ity, www.nzqa.govt.nz) prüfen lassen, bei manchen
Berufen ist eine Registrierung oder eine zusätzliche Prüfung notwendig, z. B. bei Ärzten, Anwälten (www.new-z.net/neuseeland/leben_arbeiten/arbeiten)
• Englische Berufsbezeichnung verwenden
• Lebenslauf (CV, resume) beginnt nach den Angaben zur
Person mit der aktuellen Situation, d.h. der zuletzt ausgeübte Job wird zuerst genannt, dann alle anderen Stellen vorher. Anschließend Studien- / Schulabschlüsse in
rücklaufender Reihenfolge. Passbilder sind nicht üblich.
Besondere Fähigkeiten sowie Referenzen ergänzen die
Bewerbung.
Schritt 2:
Jobangebote suchen
• in den größeren Tageszeitungen suchen, die onlineAngebote haben: z.B.
• Auckland: The New Zealand Herald (www.nzherald.co.nz),
• Wellington: The Dominion Post (www.dompost.co.nz),
• Christchurch: The Press (www.thepress.co.nz)
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•
•
•
www.search4jobs.co.nz
www.jobzone.co.nz
www.jobs.co.nz
www.jobuniverse.co.nz (IT, Computerindustrie)
Die Work and Income Agency, das Arbeitsamt, betreibt
ebenfalls eine Jobbank und gibt Tipps rund um die Jobsuche (www.winz.govt.nz).
Schritt 3:
Bewerbungen
• an Unternehmen schicken, v.a. Firmen, die ausländische Bewerber einstellen, Adressen von Firmen über
die ­Yellow Pages eruieren (www.yellow.co.nz/index)
• in Bewerberdatenbanken einstellen
• schon jetzt dem potenziellen Arbeitgeber versichern,
dass man bei einer Zusage die Stelle wirklich annimmt
(viele Arbeitgeber schrecken vor dem Risiko zurück,
dass es sich der Kandidat doch noch anders überlegt
und sie den Auswahlprozess umsonst gemacht hätten)
• vor Ort abgeben: mit Working Holiday-Visum oder
Skilled Migrant Visum in Neuseeland selbst suchen,
bzw. einen Personalvermittler einschalten.
• im Internet in den Jobbörsen: z.B.
• www.seek.co.nz
• www.trademejobs.co.nz
Personalvermittler / Private Jobagenturen
Wie die Familie Müller wenden sich viele Jobsucher
an private Arbeitsvermittler, die in Neuseeland ansässig sind und einen umfassenden Überblick über das
Arbeitsangebot sowie über die Nachfrage nach Arbeitskräften in den verschiedenen Berufssparten haben.
Unter www.nzs.com/business/employment/recruitment­companies/ kann man nach Regionen oder verschiedenen Berufen den Vermittler auswählen, der den eigenen Bedürfnissen entspricht.
Entscheidung
Sechs Wochen Stress pur!
Die Leitungen zu Christines Hauptzentrale liefen heiß.
Freitagmorgen stand noch alles auf Messers Schneide.
Der geplante Rückflug nach Deutschland war nachmittags um 17 Uhr (neuseeländischer Zeit). Das Interesse
des potenziellen Arbeitgebers war groß, die Kondi­
tionen ausgehandelt, nur die Zusage fehlte, da man mit
dem Kunden noch über die zwei zusätzlichen Wochen
verhandelte. Mittags in Neuseeland, Mitternacht in
Deutschland, war noch immer keine Zusage da und
Markus machte sich mit gemischten Gefühlen auf dem
Weg zum Flughafen. Nachdem er schon das Gepäck
eingecheckt hatte und auf dem Weg zum Zoll war, kam
dann endlich der Anruf: Zusage! Um vier Uhr nachts
wurde Christine dann vom Telefon geweckt. Wollen wir
wirklich? JA!
Nun sollten die hektischsten Wochen unseres Lebens folgen.
In sechs Wochen auswandern? Schaffen wir das? Christine
blieb also gleich wach und fing mit den ­Planungen an.
Alle Verträge auflisten und Kündigungen schreiben sollte
kein großes Problem sein, unsere Ordner waren ja gut
sortiert. Ausstiegsklauseln für Telefon / Internet und Versicherungen prüfen. Was machen wir mit der Eigentumswohnung, verkaufen oder vermieten? Wann und wie lösen
wir Christines Firma auf? Was passiert mit den Krankenversicherungen? Wann und wie verkaufen wir die Autos?
Welche Möbel nehmen wir mit und wie verschiffen wir
sie? Können wir unser geliebtes „Hund’sche“ mitnehmen und wie sind die Quarantäne-Bestimmungen? Was
­brauchen wir alles für das Arbeitsvisum und klappt das
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in der Zeitspanne? Spielt die Firma von Markus bezüglich des Urlaubs und der Überstunden mit? Wie verkaufen wir die Sachen, die wir nicht mitnehmen?
Nach der Rückkehr von Markus wurde Christines Liste
ergänzt und mit Prioritäten versehen. Als erste Aktion
kontaktierten wir die Botschaft in Berlin, um uns zu erkundigen, was wir alles für ein Arbeitsvisum brauchen. Man
versicherte uns, dass man das Visum rechtzeitig innerhalb von sechs Wochen ausstellen werde, wir uns aber
mit der Einreichung der Unterlagen sputen müssten.
Markus arrangierte sich mit seinem Arbeitgeber, musste
aber bis zum letzten Tag arbeiten. Also blieb die Organisation zum allergrößten Teil an Christine hängen.
Wohnungsauflösung
Wir entschieden uns, nur wenige Möbel mitzunehmen
und statt eines Containers nur eine Seekiste. Unser Hund
machte uns ein wenig Sorgen, denn nach den nötigen
Impfungen mussten sechs Monate vergehen, bevor er
nach Neuseeland durfte. Zum Glück vertrug er sich blendend mit dem Hund von Markus’ Eltern, sodass für ihn
ein Platz gefunden war. Die Wohnung in der kurzen Zeit
zu verkaufen schien unmöglich, also blieb vermieten
übrig. Wir verkauften oder verschenkten den größten Teil
unsere Möbel am Ende. Alles, was nicht im Flieger mit
konnte, wurde in die Seekiste verpackt. Verträge zu kündigen erwies sich als relativ problemlos, mit kleinen Ausnahmen. Unser Telefonanbieter war nicht so einfach zu
überzeugen und als sie uns endlich Glauben schenkten,
dass wir wirklich auswanderten, ging alles sehr schnell.
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Genau gesagt war ganz plötzlich das Telefon tot. Elf Tage
vor dem Auszug aus der Wohnung waren wir von Internet, Fax und Telefon abgeschnitten und mussten somit in
der heißen Phase ständig umherreisen, um zu faxen oder
einmal E-Mails abzurufen. Autos, besonders ein Cabrio,
unter Zeitdruck am Ende des Winters zu verkaufen, ist
wohl immer ein Verlustgeschäft.
Wir machten noch eine kleine „Abschiedstournee“ durch
Deutschland, um zum letzten Mal für lange Zeit unsere
in Deutschland verstreuten Familien zu besuchen. Auch
von den Hundefreunden verabschiedeten wir uns auf
unserer „Hundewiese“. Man würde uns sicherlich vermissen und wir bekamen überall rührende und vom Herzen kommende Geschenke. Es ist schon erstaunlich wie
persönlich und ideenreich Geschenke ausfielen, denn
jeder wusste, dass wir eigentlich keinen Platz im Gepäck
für Geschenke übrig hatten.
Visum
Der Antrag für das Visum verlief zunächst wirklich problemlos. Der Arzt in Frankfurt hatte Verständnis für
unseren Zeitdruck und ermöglichte uns einen kurzfris­
tigen Termin. Das polizeiliche Führungszeugnis erhielten
wir problemlos und schnell, unsere Unterlagen und Pässe
hatten wir nach Berlin gesendet und standen im Kontakt
mit dem immer freundlichen Botschaftspersonal. Wir
wurden sogar darauf hingewiesen, dass wir für das Work
to Residence-Visum qualifiziert sind und lediglich 25 Euro
mehr bezahlen müssten, um dieses zu erhalten. Im Unterschied zum normalen Work Visum kann man somit nach
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party. Spätestens an diesem Punkt wurde uns, unserer
Familie und unseren Freunden klar, dass wir weit weg
gehen würden und uns eine lange Zeit nicht sehen würden. Auf dieser Party nahmen wir Abschied, manch
einer hatte Tränen in den Augen, wir natürlich auch. Die
Party wurde feuchtfröhlich, Gäste reisten von weit her
an, da man uns so schnell nicht wieder treffen würde.
Man machte uns den Abschied wirklich nicht leicht, auch
wenn uns jeder seine Unterstützung zusagte. Die letzten
beiden Tage wären eigentlich fast schon ruhig verlaufen,
wenn nicht Markus noch einen Tag vor dem Abflug mit
dem Motorroller auf dem Weg zur Arbeit gestürzt wäre,
sich zum Glück aber nur die Schulter prellte und die
Hand aufschürfte, und Christine vor lauter Stress nicht
voller Pusteln am ganzen Körper gewesen wäre. Wir hatten ernsthaft Angst, dass man es bei der Einreise für eine
ansteckende Krankheit halten würde und uns nicht einreisen lassen würde.
Am 4. April war dann der letzte Arbeitstag von Markus und
um Mitternacht ging der Flieger … Es wurde also ernst.
Abreise …
zwei Jahren automatisch die Permanent Residence erhalten, ohne den langen Expression of Interest-Umweg und
ohne eine entsprechende Anerkennung der beruflichen
Qualifikationen durch die NZQA. Es lief zwar alles hektisch, aber trotz kleinerer Stolpersteine nach Plan.
Bis Christine dann einen Anruf von der Botschaft erhielt.
Zwar sei alles so weit fertig, allerdings sei die Anzahl
ihrer roten Blutkörperchen zu hoch. Deshalb sei die Akte
nach London gesendet worden und eine Verzögerung
der Bearbeitung drohte. Unser mühsam ausgearbeiteter
Zeitplan drohte sich in Luft aufzulösen. Wir fragten uns
auch, was wohl aus dem Jobangebot würde. Also machte
sich Christine auf dem Weg zum Hausarzt, der ihr schriftlich bestätigte, dass sie immer eine hohe, aber noch im
Rahmen liegende Anzahl von roten Blutkörperchen habe.
Markus übersetzte die Bestätigung auf Englisch und wir
faxten diese wiederum an die Botschaft. Das Schreiben
half, wir bekamen die Visumzusage telefonisch und vier
Tage vor Abflug auch unsere Pässe: mit Visa!
Letzte Tage in Deutschland
Die letzten sechs Tage wohnten wir bei den Eltern von
Markus. Es blieb noch die Organisation einer Abschieds-
42 Kurz nach 20 Uhr war es soweit: Aufbruch zum Flug­
hafen. Dort herrschte schon großer Auflauf: Die Eltern,
die Kinder, die Enkel, die Geschwister, die Neffen und
Nichten, alle waren gekommen. Wir machten in dem
großen Durcheinander noch ein paar Bilder und dann
hieß es Abschied nehmen und ab durch die Schleuse. Den
Abschied hatten wir uns schlimm vorgestellt, aber es war
dann doch viel tränenreicher und schlimmer als erwartet.
Es gab wohl niemanden, der keine Tränen vergoss.
Zwei Tage später: Ankunft in Auckland. Wir waren wirklich aufgeregt. Geht alles glatt? Dann der große Moment:
Die Passkontrolle und der Work Permit-Stempel in
unseren Pässen. Der Mann am Schalter war recht freundlich, das Ganze ging ruck, zuck. Christine hatte den Kragen hochgeschlagen, damit man nur keine Pustel sah. Er
wünschte uns noch viel Glück und alles Gute in Neuseeland. Nun waren wir also da, am anderen Ende der Welt,
18.000 Kilometer von zu Hause weg und völlig auf uns
allein gestellt, in dem Land der Welt, das am weitesten
von Deutschland entfernt liegt.
… und die ersten Schritte in der neuen Heimat
Wir merkten sofort, dass wir bei der Auswahl der
Kleidung falsch lagen. Unsere Sommerkleidung wäre
wohl angebrachter gewesen als die Herbstbekleidung.
Der Herbst in Neuseeland ist dann doch ein ganzes
Stück wärmer ... Wir checkten erst einmal im Hotel in
der Innenstadt ein und gingen unter die Dusche, um
anschließend das Zentrum zu erkunden. Unser erstes
neuseeländisches Abendessen gab es bei SubWay, wir
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kauften eine Zeitung mit Wohnungsangeboten und
schauten vom Hafen auf das Meer hinaus.
Am nächsten Morgen ging es dann zum Wohnungsmakler; Jan, eine Amerikanerin, die in Neuseeland
lebt, sprach schneller als unsere deutschen Ohren in
der Lage waren zu verstehen. Machte aber nichts, wir
schwirrten erst mal mit zwei Adressen für passende
Appartements in der Tasche ab. Unser Tatendrang
war ungebremst. Markus hatte von Deutschland aus
schon einen Termin bei einer Bank gemacht, damit
wir gleich ein Konto eröffnen konnten. Alles was wir
tun mussten, war zwei Formulare auszufüllen und 300 neuseeländische Dollar einzuzahlen. Eine halbe
Stunde später hatten wir ein Bankkonto, zwei funktionierende Bankkarten, Telefon- und Internetbanking
inklusive. Nebenbei erfuhren wir noch, dass wir eine
IRD-Nummer (Steuernummer) brauchen würden, und
wie wir diese bekämen. Der Punkt „Bank“ konnte auf
unserer To do-Liste abgehakt werden.
Wohnungssuche
Somit konnten wir den nächsten Punkt „Unterkunft“ in
Angriff nehmen. Wir beschlossen, erst einmal die Appartements von außen anzuschauen. Beide Gebäude machten einen ordentlichen Eindruck. Also zurück zu Jan und
mit ihr ging es ab durch die Straßen von Auckland, auf
Innen-Besichtigungs-Tour. Erst im strammen Fußmarsch,
dann per Auto; Jan schien sich noch immer nicht so ganz
an den Linksverkehr gewöhnt zu haben. Das erste Appartement befand sich am Viaduct Harbour, es war schön,
kam uns aber zu klein vor nach gewohnten 100 Quadrat-
© 360° Neuseeland 01 | 2008 Emigration & Working Holidays
360° Info
Tipps für Auswanderwillige
www.nzvillage.com, eine Reise- und Auswanderungscommunity, bietet untergliedert in mehrere Bereiche, z. B. Community, ­ Reisen, Neuseeland, viele nützliche Infos und Hinweise für Neuseeland-Interessierte, sei es als Urlauber oder
Auswanderer.
Sowohl die verschiedenen Regionen mit ihren jeweiligen landschaftlichen Höhepunkten, die aufregenden Städte der Inseln
mit ihren Must-See-Attraktivitäten als auch die Bewohner und
ihre faszinierende Kultur werden detailliert vorgestellt.
Die wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten des
Landes, Grundlegendes wie Feiertage, Radio / TV oder Shopping, aber auch Schulen und Universitäten sind weitere Themen der Site.
Vor allem aber ist sie eine Plattform zum Austausch von Erfahrungen und Insider-Informationen, die in einem Forum allen
Besuchern offen stehen. Dort gibt es regelmäßig Tipps für
Reise­routen, Motels oder Restaurants, aber auch konkrete Infos
zum alltäglichen Leben in Neuseeland sowie zur Gestaltung der
Auswanderung und ihrer notwendigen Organisation, die auf
eigenen Erlebnissen und Erfahrungen basieren und wertvolle
Hilfe für die Auswanderwilligen sind.
Ein Newsletter mit neuesten Infos rund ums Land, ein Bookshop und ein Online-Shop mit neuseeländischen Produkten
rundet das Angebot ab.
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Auckland in der Abenddämmerung
48 Vulkane haben durch ihre Eruptionen die Landenge von Auckland
gebildet und deren Erhebungen prägen noch immer das Stadtbild. Ein
Blick bei Sonnen­untergang auf die zu Füßen liegende Stadt entschädigt
für viele ­Strapazen, die bei einer Auswanderung in den ersten Tagen zu
ertragen sind.
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metern. Das zweite Appartement hatte zwar einen Carpark (Mangelware in Aucklands Innenstadt), war aber so
etwas von hässlich und laut, dass wir es nach nicht einmal drei Minuten wieder verlassen hatten.
Am frühen Abend telefonierten wir mit einer zu unseren
Überraschung sehr freundlichen Dame von Inland
Revenue (Steuerbehörde), die uns erklärte, wie wir am
schnellsten an das Antragsformular für eine Steuernummer kommen würden (aus dem Internet runterladen)
und was wir tun mussten, um innerhalb von drei bis vier
Tagen an diese Nummer zu kommen (sonst hätten wir
45% Steuern auf das erste Gehalt zahlen müssen).
Der Frust über das kleine Hotelzimmer, die mangelnde
Hygiene im Hotel und die Wohnungen, die wir bislang
gesehen hatten, saß, vor allem bei Christine, ziemlich
tief. Der Frust musste raus und wir hatten einen kurzen
Disput. Aber das Gute daran war: Wir entschieden uns,
vorerst in das erste Appartement zu ziehen, damit wir
endlich nicht mehr aus Koffern leben mussten. Gleichzeitig war der Druck, eine Wohnung finden zu müssen,
erst einmal weg.
Gewöhnen an das Alltägliche
Wir unterschrieben den Mietvertrag für ein halbes Jahr
und nachdem wir zwei Wochenmieten und eine Kaution von drei Wochenmieten auf den Tisch geblättert
haben, konnten wir einige Tage später einziehen. Bis
zur Ankunft unserer Seekiste sollte es noch fünf Wochen
dauern. Also besorgten wir uns eine Grundausstattung an Geschirr, ein Bett, ein Sofa, Tisch und Stühle.
Wir waren irgendwie froh, nicht zu viel eingepackt zu
haben, denn mehr als die Utensilien aus der Seekiste
hätten in das Apartment wohl nicht reingepasst. Die
Stromanmeldung ging per Telefon reibungslos vonstatten, einen Telefon- und Internetanschluss hatten wir
bereits nach drei Tagen und somit endlich wieder eine
Verbindung zur „alten“ Welt. Nun musste noch ein Auto
her. Die Autohändler sind in Auckland außerhalb der
Innenstadt und wir versuchten unser Glück zuerst mit
aktuellen Aushängen in BackPacker Hostels und Internetcafés. Wir wurden fündig und „Charlie Brown“, ein
uralter Nissan Prairie, gehörte nun zu unserer Familie;
wir waren endlich wieder mobil.
Der Alltag zog langsam in unser Leben ein. Markus hatte
bereits am 10. April seinen ersten Arbeitstag und damit
gerade mal drei Wochentage frei. Christine besuchte
eine Sprachschule um das verstaubte Schul­englisch wieder aufzupolieren. Nach erfolgreichem Abschluss fand
sie auch einen Job, in einem Café. Das war nicht unbedingt ihr Traumjob, aber sie konnte ihr erlerntes Englisch
umsetzen und ständig verbessern. An den Wochenenden
waren wir mit Erkundungstouren in und um Auckland
beschäftigt.
46 Was ist anders, wie kommt man klar?
Wir stellten schnell fest, dass vieles unbürokratischer
verläuft, als wir es gewohnt waren. Man muss sich nicht
beim Einwohnermeldeamt anmelden, das Auto meldet
man bei der Post um. Die Versicherung für den fahrbaren Untersatzschließt man dagegen am Telefon ab,
sofern man eine möchte. Die Steuernummer bekommt
man per Telefon und Fax, Geschäfte sind auch samstags
und sonntags geöffnet. Wir merkten aber auch schnell,
dass es immer ratsam ist, bei allem hinterher zu telefonieren. Erstens geht es dann oft schneller und zweitens weiß man dann auch, dass ein Antrag auch bearbeitet wird.
Das Leben läuft hier langsamer ab, Hektik kommt bei
den Neuseeländern selten auf. Wenn man sich wie wir an
die deutsche Ordnung und Pünktlichkeit gewöhnt hat, ist
man in der ersten Zeit ziemlich genervt von der Unpünktlichkeit der Kiwis. Wir mussten ebenso feststellen, dass
wir den Faktor „Heimweh“ nicht richtig eingeschätzt hatten. Viele Dinge konnten wir im Voraus planen, Risiken
ausschließen und Notfallpläne ausarbeiten, aber Heimweh lässt sich nicht planen.
Fazit und Ratschläge
Alles in allem ist das Projekt Auswandern für uns gut verlaufen. Die sechs Wochen, in denen wir mehr oder ­weniger
alles geregelt hatten, haben uns mit Sicherheit nicht nur
Nerven, sondern auch den ein oder a­nderen Euro gekostet. Aber Gelegenheiten soll man beim Schopfe packen
und neben der Möglichkeit nach Neuseeland zu gehen,
war der Eindruck, den Markus von seinem neuen Arbeitgeber gewonnen hatte, so gut, dass wir un­bedingt diese
Chance wahrnehmen wollten. Der Eindruck hat sich dann
auch bestätigt. Wir würden es heute nicht anders machen
als damals, vielleicht ein paar Kleinigkeiten besser organisieren, zum Beispiel uns früher um einen neuen Reise­
pass kümmern. Der Pass von ­Markus war nur noch 18
Monate gültig, weshalb das Visum nur für 18 Monate
statt der üblichen 32 Monate ausgestellt wurde. Viele
staatliche Leistungen sind aber an ein Visum von mindestens zwei Jahren gebunden, weshalb wir anfangs ein
paar Probleme hatten.
Das Gute für uns war und ist, dass wir keine bestimmten Erwartungen an Neuseeland hatten. Deshalb konnten
wir auch nicht enttäuscht werden. Es gibt hier Dinge, die
besser sind, es gibt Dinge, die schlechter sind. Man kann
nicht sagen, dass Neuseeland ein besseres oder schlechteres Land ist als Deutschland, es ist anders. Und ent­
weder man mag es oder man mag es nicht. Wir haben
viele neue Erfahrungen gemacht und unseren Horizont
erheblich erweitert. Deshalb würden wir auch jedem, der
mit dem Gedanken spielt nach Neuseeland auszuwandern, empfehlen, es zu versuchen. °
01 | 2008 © 360° Neuseeland
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+49 (0) 2 11 / 86 28 991
2. Unterschrift
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Bilker Allee 216
40215 Düsseldorf

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