Krankheit Anzeige- und Nachweispflichten des

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Krankheit Anzeige- und Nachweispflichten des
Krankheit
Anzeige- und Nachweispflichten des Arbeitnehmers
Erkrankt ein Arbeitnehmer und kann er deshalb nicht zur Arbeit erscheinen, hat dem Arbeitgeber die
Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen und nachzuweisen.
Unterrichtung des Arbeitgebers
Der Arbeitnehmer ist gemäß § 5 Abs. 1 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz) verpflichtet, dem Arbeitgeber
die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Hierbei handelt es
sich um eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht.
Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber bzw. die bei dem Arbeitgeber zuständige Stelle
wie z.B. die Personalabteilung über die Arbeitsunfähigkeit zu informieren hat. Grundsätzlich nicht
ausreichend ist eine Mitteilung an die Telefonzentrale, den Arbeitskollegen oder den Pförtner. Etwas
anderes gilt nur, wenn es in dem Betrieb üblich ist, die Mitteilung an diese Stelle zu machen. Die
Mitteilung ist nur entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer sicher davon ausgehen kann, dass dem Arbeitgeber
die Arbeitsunfähigkeit und deren Ausmaß bekannt sind, so z.B. nach einem Arbeitsunfall.
Die vom Arbeitnehmer vorzunehmende Meldung kann mündlich oder schriftlich erfolgen. Wegen des
Erfordernisses der „Unverzüglichkeit“ wird jedoch meist eine mündliche Mitteilung notwendig sein. Die
Meldung muss nicht persönlich, d.h. durch den Arbeitnehmer geschehen. Dies kann auch durch
Verwandte, Nachbarn Arbeitskollegen oder Freunde geschehen. Allerdings trägt der Arbeitnehmer in
diesen Fällen das Übermittlungsrisiko.
„Unverzüglich“ bedeutet, dass die Meldung „ohne schuldhaftes Zögern“ zu erfolgen hat. Danach hat der
Arbeitnehmer grundsätzlich dafür Sorge zu tragen, dass der Arbeitgeber bereits am ersten Tag der
Arbeitsunfähigkeit während der ersten üblichen Betriebsstunden informiert wird. Der Arbeitgeber
soll so früh wie möglich die Möglichkeit haben, sich auf die Abwesenheit des Arbeitnehmers
einzustellen.
Über Art und Ursache der Erkrankung muss der Arbeitnehmer nur dann Mitteilung machen, wenn dies
besondere Maßnahmen des Arbeitgebers erfordert (z.B. bei ansteckenden Krankheiten). Sofern eine
ärztliche Diagnose noch nicht vorliegt, hat der Arbeitnehmer eine „Selbstdiagnose“ anzustellen und dem
Arbeitgeber die voraussichtliche Dauer mitzuteilen.
Verletzung der Anzeigepflicht
Der Verstoß gegen die Anzeigepflicht kann für den Arbeitnehmer unterschiedliche Konsequenzen haben.
So kann dies grundsätzlich zunächst seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung beeinträchtigen. Der
Arbeitgeber hat u.U. ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 7 EFZG oder § 273 BGB, wenn der
Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit nicht rechtzeitig anzeigt. Erfolgt der Nachweis der
Arbeitsunfähigkeit später, muss der Arbeitgeber das Entgelt ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit
nachzahlen. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber ggf. Schadensersatz verlangen, wenn er nicht
rechtzeitig für eine Vertretung sorgen konnte, weil der Arbeitnehmer schuldhaft die Arbeitsunfähigkeit
nicht oder nicht rechtzeitig angezeigt hat.
Achtung: Der Verstoß gegen die Mitteilungspflicht kann außerdem zu einer Abmahnung und im
Wiederholungsfalle zu einer ordentlichen oder sogar zu einer außerordentlichen Kündigung führen.
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seine Arbeitsunfähigkeit nachzuweisen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 EFZG).
In der Regel hat dies durch Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erfolgen. Die Vorlage
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einer solchen Bescheinigung ist jedoch nicht notwendige Voraussetzung für die Entgeltfortzahlung im
Krankheitsfall. War der Arbeitnehmer nicht beim Arzt, so kann er die Arbeitsunfähigkeit im Streitfall
auch auf andere Weise darlegen und beweisen (z.B. durch Zeugnis des Ehepartners).
Verletzt der Arbeitnehmer seine Nachweispflicht, so drohen ihm grundsätzlich dieselben Folgen wie bei
der eben dargestellten Verletzung der Anzeigepflicht.
Vorlage der Bescheinigung
Die Pflicht des Arbeitnehmers zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung trifft den
Arbeitnehmer grundsätzlich nur dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage
andauert (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG). Grundsätzlich hat der Arbeitgeber das Entgelt auch bei
Nichtvorliegen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung fortzuzahlen.
Die Drei-Tage-Frist berechnet sich nach Arbeitstagen, wobei unter „Arbeitstag“ jeder Tag zu verstehen
ist, an dem im Betrieb tatsächlich gearbeitet wird. Ob der Arbeitnehmer an diesem Tag arbeiten muss ist
unerheblich.
Eine frühere Vorlage kommt nur in folgenden Fällen in Betracht:
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Durch Tarifvertrag kann seitens des Arbeitnehmers eine Verpflichtung zur Vorlage der
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung an dem ersten Krankheitstag bestehen.
Unter Umständen kann der Arbeitgeber die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch
schon früher verlangen (§ 5 Abs. 3 Satz 3 EFZG). Dies kann geschehen durch Regelung im
Arbeitsvertrag, durch Ankündigung am schwarzen Brett u.a. Eines sachlichen Grundes hierfür
bedarf es ebenso wenig wie einer Begründung. Das Recht besteht unabhängig von der Dauer der
Erkrankung. Dem Betriebsrat steht in diesen Fällen ein Mitbestimmungsrecht zu (§ 87 Abs. 1 Nr.
1 BetrVG).
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat die Feststellung zu enthalten, dass der Arbeitnehmer
arbeitsunfähig ist. Zudem muss aus ihr die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit hervorgehen,
ebenso wie ein Vermerk, dass der Krankenkasse unverzüglich eine Bescheinigung über die
Arbeitsunfähigkeit einschließlich der Angaben über den Befund und die voraussichtliche Dauer der
Arbeitsunfähigkeit zugesandt wird.
Aus der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss jedoch nicht die Art der Erkrankung hervorgehen.
Folgebescheinigung
Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Erstbescheinigung angegeben, hat der Arbeitnehmer
die Folgebescheinigung vorzulegen. Sie muss innerhalb derselben Frist vorgelegt werde, die auch für die
Erstbescheinigung gilt. Zudem hat er auch bei Fortsetzung der Arbeitsunfähigkeit die Pflicht, dem
Arbeitgeber unverzüglich, d.h. in den ersten Betriebsstunden eine entsprechende Mitteilung zu machen.
Das bloße Einreichen der Folgebescheinigung reicht nicht aus. Auch hier drohen in einem solchen Fall
die Abmahnung bzw. Kündigung.
Zweifel am Wahrheitsgehalt
Hat der Arbeitgeber Zweifel am Wahrheitsgehalt der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, so kann gemäß
§ 275 SGB V den Medizinischen Dienst der Krankenkasse beauftragen, eine Untersuchung des
Arbeitnehmers vorzunehmen.
Im Streitfall hat der Arbeitgeber die Umstände, die gegen die Richtigkeit der Bescheinigung sprechen,
darzulegen und zu beweisen. Der Beweis muss nicht absolut und über jeden denkbaren Zweifel erhaben
sein, es reicht vielmehr aus, dass hinreichende Zweifel am Beweiswert der
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bestehen.
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Entgeltfortzahlung
Sofern der Arbeitnehmer aufgrund seiner Erkrankung an der Arbeitsleistung gehindert ist, hat er für die
Dauer von sechs Wochen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Dieser Anspruch entsteht erstmals nach
vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses.
Hierbei ausreichend ist das Bestehen eine sog. faktischen Arbeitsverhältnisses. Hierbei handelt es sich
um ein Arbeitsverhältnis, welches wegen eines Formmangels oder wegen Anfechtung unwirksam ist, aber
praktisch durchgeführt wird.
Nach dem EFZG ausdrücklich anspruchsberechtigt sind auch:
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Teilzeitbeschäftigte, auch wenn sie nicht sozialversicherungspflichtig sind.
kurzfristig Beschäftigte, also z.B. auch Aushilfskräfte oder Werksstudenten,
nebenberuflich Beschäftigte, die noch in einem anderen Arbeitsverhältnis stehen.
Folgende Personen haben keine bzw. nur eingeschränkten Anspruch:
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freie Mitarbeiter,
Subunternehmer,
arbeitnehmerähnliche Personen,
Heimarbeiter,
Beamte,
unfreie Arbeitnehmer (Strafgefangene u.a.).
Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit
Kann ein Arbeitnehmer unverschuldet aufgrund Krankheit seine Arbeitsleistung nicht erbringen und ist
die Arbeitsunfähigkeit alleinige Ursache für die Arbeitsverhinderung, hat er einen Anspruch auf
Entgeltfortzahlung. Ein Verschulden an der Arbeitsunfähigkeit lässt einen Anspruch demnach entfallen.
Ein solches Verschulden wird z.B. in folgenden Fällen angenommen:
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Fehlverhalten im Straßenverkehr
Verletzung von Arbeitsschutzbestimmungen
Teilnahme an einer Schlägerei
Ausübung einer Sportart trotz mangelnder Eignung oder Ausübung einer außergewöhnlich
gefährlichen Sportart wie Kick-Boxen und Bungee-Springen.
Kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht in folgenden Sonderfällen:
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sofern die Arbeit wegen Streiks oder Aussperrung ausfällt und der betreffende Arbeitnehmer
aufgrund Arbeitskampfes seine Arbeitsleistung nicht erbracht hat.
für Arbeitnehmer in Erziehungsurlaub bzw. Elternzeit, sofern dieser wirksam angetreten
worden ist. Etwas anderes gilt für die während dieser Zeit ausgeübte Teilzeitbeschäftigung.
bei Kurzarbeit, wenn an dem betreffenden Tag überhaupt nicht bearbeitet worden wäre.
wenn die Nichtleistung der Arbeit ihren Grund auch in mangelnder Arbeitswilligkeit hat.
wenn der Arbeitnehmer zu einem Zeitpunkt erkrankt, zu dem er Überstunden abfeiert.
für eine Arbeitnehmerin im Mutterschutz während der gesetzlichen Schutzfristen bzw. in
den Fällen, in denen Beschäftigungsverbote bestehen. Der Anspruch auf Mutterschutzlohn
entfällt für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit.
im Urlaub.
wenn der Arbeitnehmer an einem Tag arbeitsunfähig erkrankt, der nur deshalb arbeitsfrei ist,
weil er vor- oder nachgearbeitet hat. Für Tage, an denen ausgefallene Arbeit vor- oder
Nachgearbeitet wird, besteht allerdings auch hinsichtlich der Mehrarbeit Anspruch auf
Entgeltfortzahlung.
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wenn das Arbeitsverhältnis ruht, weil der Arbeitnehmer Grundwehrdienst ableistet oder
an einer Wehrübung teilnimmt.
wenn die Arbeit wegen besonderer Witterung ausfällt und der Arbeitnehmer auch bei
Nicht-Vorliegen der Erkrankung keinen Anspruch auf Entgeltzahlung für diese Zeit des
Arbeitsausfalls gehabt hätte.
Höhe des Arbeitslosengeldes
In den ersten sechs Wochen seiner Krankheit wird dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt fortgezahlt. Für
Kleinbetriebe gelten besondere Bestimmungen.
Die Höhe hängt maßgeblich davon ab, ob die Entgeltfortzahlung aufgrund der gesetzlichen Regelung
oder eventuell davon abweichender Regelungen im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag gewährt wird.
Aufgrund des Lohnausfallprinzips muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das volle Entgelt fortzahlen,
das dieser erhalten hätte, sofern er gearbeitet hätte. Gleiches gilt auch, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf
einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit beruht.
Zum berücksichtigungsfähigen Arbeitsentgelt gehört:
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das gemäß Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsentgelt für die zu erbringende Arbeitszeit
zzgl. ggf. zu leistender Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit.
die Ausbildungsvergütung.
Zulagen, welche auf den besonderen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses beruhen.
Auslösungen bei Montagearbeitnehmern, allerdings nur, wenn sie nicht allein dem
Pauschalen Ersatz von tatsächlichen Aufwendungen dienen sollen.
Kinderzulagen.
Leistungszulagen und Leistungsprämien für besondere qualitative bzw. quantitative
Arbeitsleistung und der Arbeitnehmer sie in der Vergangenheit regelmäßig erhalten hat.
Naturalleistungen.
Ortszuschläge im öffentlichen Dienst.
Provisionen, welche der Arbeitnehmer erzielt hätte.
Prämien für besonderes Verhalten, soweit der Arbeitnehmer sie in der Vergangenheit
Stets erhalten hat.
Vermögenswirksame Leistungen.
Folgende Leistungen stellen kein berücksichtigungsfähiges Arbeitsentgelt dar:
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Überstundenentgelt.
öffentlich-rechtliche Leistungen wie z.B. Krankengeld, Schlechtwettergeld,
Mutterschaftsgeld und Kurzarbeitergeld.
Leistungen für Aufwendungen des Arbeitnehmers, die davon abhängig gemacht werden,
dass dem Arbeitnehmer entsprechende Aufwendungen tatsächlich entstanden sind und die
ihm während der Arbeitsunfähigkeit nicht entstehen (§ 4 Abs. 1a EFZG).
Außerdem hängt das fortzuzahlende Entgelt auch von der Arbeitszeit ab, die der Arbeitnehmer nach
seinem Arbeitsvertrag zu leisten gehabt hätte, wenn er nicht arbeitsunfähig erkrankt wäre.
Durch Arbeits- oder Tarifvertrag kann grundsätzlich von den gesetzlichen Bestimmungen nicht zu
Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden (§ 12 EFZG). Lediglich im Hinblick auf die
Bemessungsgrundlage können Abweichungen zu Ungunsten der Arbeitnehmer vereinbart werden.
Dauer der Entgeltfortzahlung
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Das Arbeitsentgelt wird seitens des Arbeitgebers immer für sechs Wochen fortgezahlt (§ 3 EFZG).
Erkrankt ein Arbeitnehmer mehrfach, so hängt die Entgeltfortzahlung davon ab, ob es sich um eine
Fortsetzungs- oder um eine Wiederholungserkrankung handelt.
Erkrankt ein Arbeitnehmer während eines Arbeitstages, so bleibt ihm der Vergütungsanspruch für diesen
Tag erhalten. Erst mit dem Folgetag setzt der Entgeltfortzahlungsanspruch ein. Anders ist dies, wenn er
schon vor Arbeitsaufnahme erkrankt, in diesem Fall beginnt die Entgeltfortzahlung bereits an diesem Tag.
Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung entsteht erst nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des
Arbeitsverhältnisses. Beruft sich der Arbeitgeber auf die Vier-Wochen-Frist, so muss er dies gegenüber
der Krankenkasse des Arbeitnehmers anzeigen.
Die Entgeltfortzahlung endet mit dem Ende der Arbeitsunfähigkeit, spätestens jedoch nach sechs Wochen
bzw. dem Ende des Arbeitsverhältnisses.
Wiederholungserkrankung
Eine Wiederholungserkrankung liegt vor, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf verschiedenen
Erkrankungen bzw. verschiedenen Ursachen beruht. In diesen Fällen entsteht der Anspruch auf
sechswöchige Entgeltfortzahlung jeweils neu.
Eine solche Wiederholungserkrankung liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer zu einem Zeitpunkt
erkrankt, in dem die zuvor eingetretene Arbeitsunfähigkeit noch nicht beendet war. In diesen Fällen läuft
die Sechs-Wochen-Frist weiter.
Fortsetzungserkrankung
Eine Fortsetzungserkrankung liegt vor, wenn dieselbe Krankheit erneut auftritt und die wiederholte
Erkrankung auf demselben Grundleiden beruht wie die Vorerkrankung bzw. auf dieselbe chronische
Veranlagung des Arbeitnehmers zurückzuführen ist. Hierbei genügt jede erneute Erkrankung an
demselben, medizinisch nicht ausgeheilten Grundleiden.
Auch in diesen Fällen hat der Arbeitnehmer für die einzelnen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit einen
Anspruch auf Entgeltfortzahlung von insgesamt sechs Wochen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 EFZG).
Eine verlängerte Entgeltzahlung im Falle einer Fortsetzungserkrankung besteht in folgenden Fällen:
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Wenn zwischen zwei Arbeitsunfähigkeitszeiträumen mehr als sechs Monate liegen, besteht
der Anspruch auf Entgeltfortzahlung für sechs Wochen neu – auch wenn eine
Fortsetzungserkrankung vorliegt (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EFZG)
Wenn zwölf Monate seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der
Fortsetzungserkrankung verstrichen sind (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EFZG).
Weigerung des Arbeitgebers
Ein krankenversicherungspflichtiger Arbeitnehmer hat gegenüber seiner Krankenkasse im Fall einer zur
Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankung regelmäßig einen Anspruch auf Krankengeld (§ 4 Abs. 2 SGB
V). Dieser Anspruch ruht, solange der Arbeitnehmer während der Erkrankung Entgeltfortzahlung von
seinem Arbeitgeber erhält.
Sollte sich der Arbeitgeber jedoch weigern, das Arbeitsentgelt fortzuzahlen, so ist die Krankenkasse
zur Leistung verpflichtet. In der Höhe, in der die Krankenkasse Krankengeld gezahlt hat, geht der
Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung auf die Krankenkasse über.
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Krankheit im Urlaub
Sollte der Arbeitnehmer während des Urlaubs erkranken, so werden ihm die durch ärztliches Zeugnis
nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet (§ 9 BUrlG).
Solange eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht vorgelegt wird, hat der Arbeitgeber ein
Leistungsverweigerungsrecht (§ 7 EFZG). Wird die Bescheinigung dagegen gar nicht vorgelegt, wird der
Urlaub nicht unterbrochen.
Die als Urlaubstage vorgesehenen Tage, auf die die Arbeitsunfähigkeit fällt, gelten als normale
Arbeitstage, für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu leisten ist. Die nachgewiesenen Tage der
Arbeitsunfähigkeit sind dem Arbeitnehmer nachzugewähren. Allerdings ist der Arbeitnehmer nicht
berechtigt, von sich aus den Urlaub zu verlängern. Eine Nachgewährung findet allerdings nur statt, sofern
der für die Gewährung des Urlaubs maßgebliche Urlaubszeitraum noch läuft, d.h. während des
Kalenderjahrs bzw. des Übertragungszeitraums.
Krankheit als Kündigungsgrund
Im Falle der Krankheit als Kündigungsgrund sind vier Fallgruppen zu unterscheiden. Bei allen vier
Fallgruppen findet jedoch zuvor ein identischer dreistufiger Prüfungsaufbau statt:
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Erste Stufe: Zunächst ist die Feststellung einer negativen Prognose hinsichtlich des
voraussichtlichen Gesundheitszustandes erforderlich
Zweite Stufe: Danach ist festzustellen, ob die bisherigen und nach der Prognose zu
erwartenden Auswirkungen des Gesundheitszustandes des Arbeitnehmers zu
erheblichen Beeinträchtigungen der betrieblichen Interessen führen (Störungen im
Betriebsablauf oder wirtschaftliche Belastungen).
Dritte Stufe: Hier ist eine Interessenabwägung vorzunehmen, in der dann zu prüfen ist,
ob die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer billigerweise nicht mehr
hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen.
Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankung
Hier kommt eine Kündigung in Betracht, wenn der Arbeitnehmer häufig für kurze Zeiten (z.B. einzelne
Tage wie Montage, Freitage oder Brückentage oder Zeiträume bis zu drei Tagen) krankheitsbedingt fehlt.
Es ist im Rahmen der negativen Gesundheitsprognose bei häufigen Kurzerkrankungen festzustellen, ob
objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang
rechtfertigen.
Zur Begründung der negativen Gesundheitsprognose sind nur Krankheiten geeignet, denen ihrer Natur
nach oder aufgrund ihrer Entstehung eine Aussagekraft für die Wiederholungsgefahr beizumessen ist.
Keine Berücksichtigung finden daher akute Verletzungen, ausgeheilte Krankheiten, Sportunfalle, sofern
ausgeschlossen ist, dass sie sich wiederholen, auf einmaligen Ursachen beruhende Fehltage,
Erkrankungen mit Ausnahmecharakter und auf Betriebsunfällen beruhende Fehlzeiten.
Eine negative Gesundheitsprognose kann eine Kündigung nur dann rechtfertigen, wenn durch weitere
Fehlzeiten Störungen im Betriebsablauf auftreten können.
Auch kündigungsbegründend können neben Betriebsablaufstörungen erhebliche wirtschaftliche
Belastungen für den Arbeitgeber sein. Dies können z.B. die zu erwartenden Lohnfortzahlungskosten
sein, falls sie jährlich über einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen aufzuwenden sind.
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Im Rahmen der Interessenabwägung ist unter Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob
die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer billigerweise nicht mehr hinzunehmenden
Belastung des Arbeitgebers führen. Hierbei können folgende Gesichtspunkte berücksichtigt werden:
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Lohnfortzahlungskosten,
Personalreserve (sind andere Mitarbeiter zur Überbrückung vorhanden),
Verschulden des Arbeitnehmers (an der Erkrankung/den Ausfallzeiten),
bisheriger Verlauf des Arbeitsverhältnisses (häufige Störungen u.a.),
betriebliche Verursachung (der Erkrankung/en),
Überbrückungsmaßnahmen (personelle Umorganisation u.a.),
Versetzung (als milderes Mittel anstelle Kündigung),
Sonstige Aspekte (Alter und Familienstand des Arbeitnehmers u.a.).
Kündigung wegen Langzeiterkrankung
Hier ist ebenfalls im Rahmen einer negativen Gesundheitsprognose eine Feststellung darüber zu treffen,
ob die lang andauernde Erkrankung darauf schließen lässt, dass der Arbeitnehmer auch in absehbarer
Zeit die arbeit nicht wieder aufnimmt. Hierbei können folgende Kriterien zur Beurteilung
hinzugezogen werden: Alter und Ursache der Erkrankung, Alter des Arbeitnehmers, Häufigkeit früherer
Erkrankungen.
Auch hier müssen die absehbaren weiteren Fehlzeiten oder gerade die Ungewissheit über die Rückkehr
des Arbeitnehmers zu unzumutbaren betrieblichen oder wirtschaftlichen Belastungen des
Arbeitgebers führen. Hierbei ist insbesondere festzustellen, ob der Arbeitnehmer ggf. durch eine
einzustellende Aushilfskraft ersetzt werden kann. Die Ungewissheit über die Rückkehr geht jedoch zu
Lasten des Arbeitnehmers.
Bei der Interessenabwägung sind auf Seiten des Arbeitgebers folgende Aspekte zu berücksichtigen:
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akute betriebliche Beeinträchtigung durch das Fehlen des Arbeitnehmers,
krankheitsbedingte Fehlzeiten aus der Vergangenheit,
sonstiges Arbeitsverhalten des Arbeitnehmers,
Überbrückungsmaßnahmen, z.B. Einstellung von Ersatzkräften.
Auf Seiten des Arbeitnehmers sind zu berücksichtigen:
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Lebensalter,
Länge der Betriebszugehörigkeit,
betriebliche Ursache der Erkrankung.
Kündigung wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit
Eine Kündigung ist stets auch dann in Betracht zu ziehen, wenn feststeht, dass der Arbeitnehmer auf
Dauer arbeitsunfähig ist, bzw. völlige Ungewissheit über die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit
herrscht.
Kündigung wegen krankheitsbedingter Leistungsminderung
Besteht eine erhebliche krankheitsbedingte Leistungsminderung in der Person des Arbeitnehmers, so
kann auch dies ein Kündigungsgrund sein. Hiervon geht die Rechtsprechung aus, wenn auch bei einer
dem Arbeitgeber möglichen und zumutbaren Versetzung des Arbeitnehmers die durchschnittliche
Leistung um ein Drittel im Hinblick auf die Normalleistung gemindert ist.
Bei der anzustellenden negativen Gesundheitsprognose hat das BAG es als ausreichende angesehen,
dass der Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum die genannten Leistungsminderung aufwies und
nach seinem eigenen Bekunden in Zukunft nicht zu erwarten war, dass sich dies alsbald ändern würde.
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Bei der Interessenabwägung sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:
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Ursache der Erkrankung,
Verlauf des Arbeitsverhältnisses,
Dauer der Betriebszugehörigkeit und
Lebensalter des Arbeitnehmers.
Außerordentliche (fristlose) krankheitsbedingte Kündigung
Eine krankheitsbedingte Kündigung ist grundsätzlich nur in Form der ordentlichen Kündigung unter
Einhaltung der Kündigungsfrist zulässig. Allerdings ist eine außerordentliche Kündigung
ausnahmsweise dann möglich, wenn die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist. Dies kann z.B. der
Fall sein bei
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besonderem Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer im Tarifvertrag bzw. in
einer Betriebsvereinbarung,
besonderem Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag,
sonstigem besonderem Kündigungsschutz.
Hier ist vorher vom Arbeitgeber zu prüfen, ob der Minderung der Leistungsfähigkeit nicht durch
organisatorische Maßnahmen begegnet werden kann. In jedem Falle ist dem Arbeitnehmer eine
Auslauffrist einzuräumen, die der Kündigungsfrist bei einer hypothetisch zulässigen ordentlichen
Kündigung entspricht.
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